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Patientenfall 2 – Hypersensibilität durch freiliegenden Kronenrand Eine Patientin (60 Jahre) stell- te sich mit freiliegendem Kronen- rand an Zahn 22 vor. Dieser war aufgrund des freiliegenden Kro- nenrands mit Dentinexpostion lo- kal kälteempfindlich. In der PZR wurde vor der Reinigung die De- sensibilisierungspaste drei Se- kunden lang mit dem Schaum- stoffpellet aufgetragen. Sie lässt sich zu Beginn wie zum Abschluss vorsichtig mit einem Heidemann- spatel auftragen. Durch leichtes Abstreifen füllt sich der Spalt, und die Paste wirkt dort wie in einem kleinen Reservoir etwas länger. Patientenfall 3 – Hypersensibilität aufgrund von Schmelzrissen Die Oberkiefer-Frontzähne ei- ner Patientin (28 Jahre) wiesen Schmelzrisse auf, die sich bis zur Gingiva zogen. Diagnostiziert wur- de eine Hypersensibiltät wegen der nicht intakten Oberfläche (dünne Schmelzschicht). Die Zäh- ne waren allgemein sehr kälte- empfindlich. Vor der Zahnreini- gung wurde die Elmex-Paste zur Desensibilisierung mit einer Ein- wirkzeit von fünf bis zehn Sekun- den einmassiert. Wegen der guten Mundhygiene mussten abrasive Polierpasten kaum eingesetzt wer- den. Die abschließende Politur mit der Elmex-Sensitive-Profes- sional-Desensibilisierungspaste erfolgte mit dem Gummikelch. Dr. med. dent. Thomas Herold, Essen ZFA Tamina Theresa Reitz, Essen Eine Literaturliste kann unter [email protected] angefordert werden. Ausgabe 38/12 Zahnmedizin Die ZahnarztWoche 11 Methoden der Wurzelfüllung – viele Wege führen zum Ziel Die moderne endodontische Therapie (3) O rientiert sich die Überwei- sungskultur in der deut- schen Zahnmedizin tra- ditionell mehr an den klassischen Fächern wie Chirurgie/Oralchirur- gie, Kieferorthopädie und Par- odontologie, ist die gezielte Über- weisung zur endodontischen The- rapie noch die Ausnahme. Der im zweiten Beitrag (siehe DZW 37/12) beschriebene Wan- del „vom Frust zur Lust“ in der Wahrnehmung der Endodontie mag einigen Lesern ein wenig zu euphorisch klingen. Sicherlich lastet ein gewisser Erfolgsdruck auf den Schultern derjenigen Be- handler, die die Behandlung privat liquidieren. Allerdings lässt sich dieser Erfolgsdruck durch adä- quate Fallselektion minimieren. Je kritischer die Fallselektion ist, desto besser wird die eigene Er- folgsprognose. Der dritte Teil un- serer kleinen VDW-Serie beschäf- tigt sich mit den Themen Wurzel- füllung, postendodontische Ver- sorgung und Revisionen. Die Wurzelfüllung soll das aus- geformte und gereinigte endo- dontische System möglichst drei- dimensional, komplett und herme- tisch verschließen. Auch wenn die Wurzelfüllung im endodontischen Quartett Wurzelkanalformung, Reinigung und Desinfektion, Wur- zelfüllung und dichte postendo- dontische Versorgung eher der unwichtigere Part ist („es ist viel wichtiger, was man rausholt, als was man reintut“), sollte die Wur- zelfüllung natürlich im Sinne des dichten Verschlusses optimal sein. Hierbei werden ein hoher Anteil von „Kernmaterial“, also Guttaper- cha, und ein möglichst geringer Sealeranteil angestrebt. Bei der Beurteilung der Erfolgsprogno- se ist die laterale Kondensation immer noch Goldstandard. Führt man sich allerdings die Komple- xität und Dreidimensionalität des Wurzelkanalsystems vor Augen, ist es fraglich, ob gerade das postu- lierte Verhältnis von Guttapercha zu Sealer mit der lateralen Kon- densation bestmöglich erreicht wird. Hier sind diverse thermoplas- tische Techniken (zum Beispiel klassische Schilder-Technik, ther- momechanische Kondensation, trägerstiftbasierte Guttapercha- systeme oder reine Injektions- techniken) eine reizvolle Alterna- tive (Abb. 1 bis 4). Auch wegen ih- rer Anwenderfreundlichkeit eta- blieren sich diverse thermoplas- tische Systeme zunehmend auch in Deutschland mit dem Ziel, kom- plexe dreidimensionale Struktu- ren (Isthmen, Stege, interne Re- sorptionen etc.) besser zu füllen. Auch wenn es bisher noch keinen wissenschaftlich signifikanten Be- leg für die Überlegenheit dieser Warmtechniken gegenüber der lateralen Kondensation gibt, sind sie sicherlich eine vielverspre- chende Alternative. Als leicht erlernbarer und prak- tikabler Einstieg in die thermo- plastischen Füllmethoden sind trägerstiftbasierte Systeme, wie zum Beispiel GuttaMaster oder Thermafil, empfehlenswert. Alle anderen Warmtechniken wie zum Beispiel thermomechanische Kon- densation, Schildertechnik oder die reine Injektionstechnik, sind techniksensitiv und benötigen sehr viel Übung. Grundsätzlich kann nicht jeder ausgeformte Wur- zelkanal mit einer beliebigen Wur- zelfülltechnik gefüllt werden. So ist die Konizität der Präparation wichtig für die jeweilige Warm- technik. Benötigt man für die trä- gerstiftbasierten Systeme und die thermomechanische Kondensa- tion eher geringere Konizitäten von mindestens 4 Prozent, besser aber 6 Prozent, sind für eine erfolg- reiche Anwendung von Schilder- und Injektionstechnik Konizitä- ten von 8 bis 10 Prozent vorteilhaft. Jeder Kollege, der mit dem Ge- danken spielt, die soeben beschrie- benen Techniken anzuwenden, muss absolut sicher in der Form- gebung der Wurzelkanäle sein. In diesem Zusammenhang ist die Bereitstellung von formkongru- enten Guttaperchastiften (oder Trägerstiften) und NiTi-Instrumen- ten durch die Hersteller als An- wendungserleichterung zu sehen (Abb. 5). Zur dreidimensionalen (Fortsetzung auf Seite 12) 1 2 3 4 5

Methoden der Wurzelfüllung – viele Wege führen zum Ziel · Patientenfall 2 – Hypersensibilität durch freiliegenden Kronenrand Eine Patientin (60 Jahre) stell - te sich mit

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Patientenfall 2 – Hypersensibilität durchfreiliegenden Kronenrand

Eine Patientin (60 Jahre) stell-te sich mit freiliegendem Kronen-rand an Zahn 22 vor. Dieser waraufgrund des freiliegenden Kro-nenrands mit Dentinexpostion lo-kal kälteempfindlich. In der PZRwurde vor der Reinigung die De-sensibilisierungspaste drei Se-kunden lang mit dem Schaum-stoffpellet aufgetragen. Sie lässtsich zu Beginn wie zum Abschlussvorsichtig mit einem Heidemann-spatel auftragen. Durch leichtesAbstreifen füllt sich der Spalt, unddie Paste wirkt dort wie in einemkleinen Reservoir etwas länger.

Patientenfall 3 – Hypersensibilität aufgrundvon Schmelzrissen

Die Oberkiefer-Frontzähne ei-ner Patientin (28 Jahre) wiesen

Schmelzrisse auf, die sich bis zurGingiva zogen. Diagnostiziert wur-de eine Hypersensibiltät wegender nicht intakten Oberfläche(dünne Schmelzschicht). Die Zäh-ne waren allgemein sehr kälte-empfindlich. Vor der Zahnreini-gung wurde die Elmex-Paste zurDesensibilisierung mit einer Ein-wirkzeit von fünf bis zehn Sekun-den einmassiert. Wegen der gutenMundhygiene mussten abrasivePolierpasten kaum eingesetzt wer-den. Die abschließende Politurmit der Elmex-Sensitive-Profes-sional-Desensibilisierungspasteerfolgte mit dem Gummikelch.Dr. med. dent. ThomasHerold, EssenZFA Tamina Theresa Reitz,Essen n

Eine Literaturliste kann [email protected] angefordertwerden.

Ausgabe 38/12 Zahnmedizin Die ZahnarztWoche 11

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Methoden der Wurzelfüllung –viele Wege führen zum ZielDie moderne endodontische Therapie (3)

O rientiert sich die Überwei-sungskultur in der deut-schen Zahnmedizin tra-

ditionell mehr an den klassischenFächern wie Chirurgie/Oralchirur-gie, Kieferorthopädie und Par-

odontologie, ist die gezielte Über-weisung zur endodontischen The-rapie noch die Ausnahme.

Der im zweiten Beitrag (sieheDZW 37/12) beschriebene Wan-del „vom Frust zur Lust“ in derWahrnehmung der Endodontiemag einigen Lesern ein wenig zueuphorisch klingen. Sicherlichlastet ein gewisser Erfolgsdruckauf den Schultern derjenigen Be-handler, die die Behandlung privat

liquidieren. Allerdings lässt sichdieser Erfolgsdruck durch adä-quate Fallselektion minimieren.Je kritischer die Fallselektion ist,desto besser wird die eigene Er-folgsprognose. Der dritte Teil un-

serer kleinen VDW-Serie beschäf-tigt sich mit den Themen Wurzel-füllung, postendodontische Ver-sorgung und Revisionen.

Die Wurzelfüllung soll das aus-geformte und gereinigte endo-dontische System möglichst drei-dimensional, komplett und herme-tisch verschließen. Auch wenn dieWurzelfüllung im endodontischenQuartett Wurzelkanalformung,Reinigung und Desinfektion, Wur-zelfüllung und dichte postendo-dontische Versorgung eher derunwichtigere Part ist („es ist vielwichtiger, was man rausholt, alswas man reintut“), sollte die Wur-zelfüllung natürlich im Sinne desdichten Verschlusses optimal sein.Hierbei werden ein hoher Anteilvon „Kernmaterial“, also Guttaper-cha, und ein möglichst geringerSealeranteil angestrebt. Bei derBeurteilung der Erfolgsprogno-se ist die laterale Kondensationimmer noch Goldstandard. Führtman sich allerdings die Komple-xität und Dreidimensionalität desWurzelkanalsystems vor Augen,ist es fraglich, ob gerade das postu-lierte Verhältnis von Guttaperchazu Sealer mit der lateralen Kon-densation bestmöglich erreicht

wird. Hier sind diverse thermoplas-tische Techniken (zum Beispielklassische Schilder-Technik, ther-momechanische Kondensation,trägerstiftbasierte Guttapercha-systeme oder reine Injektions-

techniken) eine reizvolle Alterna-tive (Abb. 1 bis 4). Auch wegen ih-rer Anwenderfreundlichkeit eta-blieren sich diverse thermoplas-tische Systeme zunehmend auchin Deutschland mit dem Ziel, kom-plexe dreidimensionale Struktu-ren (Isthmen, Stege, interne Re-sorptionen etc.) besser zu füllen.Auch wenn es bisher noch keinenwissenschaftlich signifikanten Be-leg für die Überlegenheit dieserWarmtechniken gegenüber derlateralen Kondensation gibt, sind

sie sicherlich eine vielverspre-chende Alternative.

Als leicht erlernbarer und prak-tikabler Einstieg in die thermo-plastischen Füllmethoden sindträgerstiftbasierte Systeme, wiezum Beispiel GuttaMaster oderThermafil, empfehlenswert. Alleanderen Warmtechniken wie zumBeispiel thermomechanische Kon-densation, Schildertechnik oderdie reine Injektionstechnik, sindtechniksensitiv und benötigensehr viel Übung. Grundsätzlich

kann nicht jeder ausgeformte Wur-zelkanal mit einer beliebigen Wur-zelfülltechnik gefüllt werden. Soist die Konizität der Präparationwichtig für die jeweilige Warm-technik. Benötigt man für die trä-gerstiftbasierten Systeme und diethermomechanische Kondensa-tion eher geringere Konizitäten vonmindestens 4 Prozent, besser aber6 Prozent, sind für eine erfolg-reiche Anwendung von Schilder-und Injektionstechnik Konizitä-ten von 8 bis 10 Prozent vorteilhaft.

Jeder Kollege, der mit dem Ge-danken spielt, die soeben beschrie-benen Techniken anzuwenden,muss absolut sicher in der Form-gebung der Wurzelkanäle sein. Indiesem Zusammenhang ist dieBereitstellung von formkongru-enten Guttaperchastiften (oderTrägerstiften) und NiTi-Instrumen-ten durch die Hersteller als An-wendungserleichterung zu sehen(Abb. 5). Zur dreidimensionalen

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Ausgabe 38/12Zahnmedizin

Methoden der Wurzelfüllung – viele Wege …Wurzelfüllung (WF) aller übli-cherweise vorkommenden ana-tomischen/topografischen Situa-tionen ist die Beherrschung ver-schiedener WF-Techniken wün-schenswert.

Der bakteriendichte Verschlussdes Zahns ist integraler Bestand-teil der endodontischen Therapieund sollte zur Vermeidung einerReinfektion und einer Fraktur zeit-nah durchgeführt werden. Diemodernen Adhäsivsysteme ma-

chen eine Stiftinsertion immer ent-behrlicher. Der alte Lehrsatz „Einwurzelgefüllter Zahn ist mit einemStiftaufbau und einer Krone zu ver-sorgen“ fällt heute unter die Kate-gorie Mythen. Entscheidende Indi-kation für einen Stiftaufbau ist derSchädigungsgrad des Zahns. Vongroßer Bedeutung sind weiterhinder Ferrule-Effekt sowie die biolo-gische Breite. Auch wenn die wis-senschaftliche Datenlage nicht ein-deutig ist, sollte bei indizierter Stift-insertion Systemen mit dentin-

ähnlichem Elastizitätsmodul (Glas-faserstifte) gegossenen Stiftengegenüber der Vorzug gegebenwerden. Konfektionierte Stiftsys-teme sind nicht mehr adäquat.

Noch bis vor wenigen Jahren gal-ten Zähne mit radiologisch vollstän-

diger Obliteration, bereits beste-henden WF/Silberstiften, Stiftauf-bauten (Abb. 6 bis 16), frakturier-ten Instrumenten sowie periradi-kulären Osteolysen größeren Um-fangs als nicht revisionsfähig. Glei-ches galt für bereits resezierte Zäh-ne. Ohne Differenzierung der Auf-wand-Nutzen-Relation (Abb. 17bis 21)und in Unkenntnis der tech-nischen Möglichkeiten resultiertehieraus häufig entweder die Dia-gnose „nicht erhaltungsfähig“oder die Indikation zur Wurzel-

spitzenresektion (WSR) ohne Be-rücksichtigung der Infektionsbe-seitigung.

Einen maßgeblichen Einflussauf die Prognose bei Revisionenund somit auf die Entscheidung„Revision oder WSR“ hat die In-

tegrität der apikalen Strukturen.Nach Gorni und Gagliani sind nicht-chirurgisch gut zu lösende Pro-bleme orthograde Revisionen beinicht iatrogen veränderter Wur-zelkanalmorphologie mit einerHeilungsrate von 81,4 Prozent,während die Heilungsrate bei Re-visionen mit veränderter Kanal-morphologie lediglich mit 32,9Prozent angegeben wurde.

Da die Einschätzung der Unver-sehrtheit beziehungsweise iatro-genen Schädigung der apikalen

Wurzelkanalmorphologie anhandder Ausgangsröntgenbilder oftnur unzureichend möglich ist, soll-te zuerst orthograd revidiert wer-den. Stellt sich hierbei heraus,dass eine Verletzung der Apikal-region vorliegt (Verblockung, Stu-

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fe, Transportation, Perforation),sollte in Kombination eine WSR zu-sätzlich erfolgen. Hierbei sind dieRetropräparation mit Ultraschallund die retrograde Füllung mitMineral Trioxide Aggregate (MTA)Standard. Die oben beschriebenenProbleme gehören heute zur Rou-tine der endodontischen Revision,sind aber wegen der Anforderun-gen an die Behandlerkompetenzund technische Ausstattung eherein Betätigungsfeld für den spe-zialisierten Kollegen.

Hier steht das DentalmikroskopimMittelpunkt und gehört zur Grund-ausstattung des „Spezialisten“.Da derlei komplexe Behandlungenweder von den diagnostischenRöntgenbildern noch vom klini-schen Befund hinsichtlich des zuerwartenden Ergebnisses ein-schätzbar sind, ist es sinnvoll, sichein Zeitlimit (zum Beispiel eineStunde) zu setzen, innerhalb des-sen die fallrelevanten Problem-stellungen sukzessive abgearbei-tet werden. Jetzt wird entschieden,ob die Behandlung abgebrochenoder komplett durchgezogen wird(Abb. 22 bis 24). Im Falle einesAbbruchs („besser ein Ende mitSchrecken als ein Schrecken oh-ne Ende“) wird in der Praxis desAutors diese Stunde entsprechendder betriebswirtschaftlichen Kal-kulation in Rechnung gestellt.

Die neue GOZ ist, wie im erstenTeil bereits erwähnt (DZW 36/12),für den Bereich der Endodontienahezu unverändert und berück-sichtigt die Möglichkeiten der mo-dernen Endodontie überhauptnicht. Gerade bei schwierigen undzeitaufwendigen Behandlungenbleibt eigentlich nur die Möglich-keit der Honorarvereinbarung nachParagraf 2 Absatz 1 GOZ. Auchwenn die erst kürzlich erschiene-ne wissenschaftliche Mitteilungder Deutschen Gesellschaft fürEndodontologie und Traumatolo-gie (DGET) zur Abbildung endo-dontischer Therapien in der GOZmit der klaren Definition von Ana-logien (zum Beispiel Entfernungalter Wurzelfüllungen, Entfernungfrakturierter Instrumente, Per-forationsdeckung etc.) ein Fünk-chen Hoffnung aufkommen lässt,wird erst die harte und voraussicht-lich langjährige Auseinanderset-zung vor Gericht Rechtssicher-heit in der Abrechnung von Ana-logpositionen schaffen. Eine trans-parente Kostenvorhersage mit er-kennbarem „Eigenanteil“ für denPatienten (auch Privatpatient undnoch mehr Beihilfeberechtigter)vor Behandlungsbeginn reduzie-ren nach Erfahrung des Autorsunangenehme Auseinanderset-zungen nach Nichterstattung er-heblich.

Jeder Zahnarzt wird in bestimm-ten Fällen an seine Grenzen sto-ßen. Misserfolge sind nicht ver-meidbar und immer wieder An-lass für Ärger; Misserfolge lassensich aber minimieren. Das Schlüs-selwort zum Erfolg ist die Fallse-lektion. Therapie „am Limit“, egalob bei der Endodontie, Implan-tologie oder endodontischen Mi-krochirurgie (bei jeder Therapie!),senkt tendenziell die Erfolgspro-gnose und führt somit bei allenBeteiligten zu Enttäuschung, Frus-

tration und Stress. Selbstkritischsollten die eigenen Möglichkei-ten und Grenzen unter Berück-sichtigung der apparativen Aus-stattung erfolgen. Der Schwie-rigkeitsgrad einer Wurzelkanal-behandlung lässt sich anhand be-stimmter Parameter bereits vorder Behandlung objektivieren (Er-reichbarkeit des Zahns, röntgen-ologische Anzeichen für Oblite-rationen, Krümmungen, zusätzli-che Kanalsysteme, nicht abge-schlossenes Wurzelwachstum, re-sorptive oder periradikuläre Ver-änderungen, Revisionen etc). Ei-ne Überweisung an den Spezialis-ten mit der entsprechenden Aus-stattung und fachlichen Experti-se ist keinesfalls ein Zeichen vonSchwäche im Sinne fachlicher In-kompetenz, sondern ein Zeichenvon Größe und Verantwortungs-bewusstsein. Jeder reflektiertePatient erkennt dies an. Der Haus-zahnarzt gewinnt an Ansehen. Zwi-schen Überweiser und Überwei-sendem sollten klare Absprachenzum Behandlungsmandat und zurInfrastruktur bestehen (Informa-tionsfluss, Röntgenbilder, Instruk-tion des Patienten, Rücküberwei-sung, Arztbericht, weitere Thera-pieempfehlungen etc.).

Die Endodontie ist heute dasRückgrat der Zahnerhaltung undkann bei kritischer Indikations-stellung in jedem individuellenEinzelfall mit ausgezeichneten Er-folgsprognosen aufwarten. Mit ei-nem strukturierten Behandlungs-protokoll lassen sich heute beiüberschaubarem Investitionsvo-lumen sehr gute und vorhersag-bare Ergebnisse erzielen.

Dies führt nicht nur zur Patien-tenbindung, sondern auch zur Ge-winnung neuer Patienten (im Sin-ne einer Zielgruppendefinition),verbunden mit „Bema-freien“ Ho-norarumsätzen. Bei einer nichtgeringen Anzahl von Zähnen mitvorhersehbaren morphologischenBesonderheiten oder anderenKomplikationen sollte allerdingsrechtzeitig an die Überweisungan einen Spezialisten gedacht wer-den.Dr. Torsten Neuber, Münster n

Abb. 1: Ausgangsbefund mit periradikulärer Parodontitis mesial und distalAbb. 2: Typischer sanduhrförmiger Querschnitt der distalen Wurzel eines

unteren 6ers mit Konfluenz im unteren WurzeldrittelAbb. 3: Dreidimensionale Wurzelfüllung (WF) in Schilder-Technik, kli-

nischAbb. 4: Röntgenologische KontrolleAbb. 5: Reciproc-Instrument R25 mit formkongruenten Papierspitzen

und Guttapercha-StiftenAbb. 6: Symptomloser Zahn 11 vor geplanter Neuüberkronung bei in-

suffizienter, ca. 30 Jahre alter (wahrscheinlich Pasten-) WF Abb. 7: Zustand nach Entfernung der KroneAbb. 8: Der Stiftaufbau wird bis auf das Niveau des Kanaleingangs

zurückgeschliffen.Abb. 9: Aufbereitung Richtung apikal zunächst mit feinen Diamant-

schleifkörpernAbb. 10: Spätere Freipräparation mit UltraschallAbb. 11: Dadurch wird Platz für das eigentliche unter Wasserkühlung

stattfindende Freirütteln mit Ultraschall geschaffen.Abb. 12: Entfernung von Zementresten und alter Pastenfüllung, voll-

ständige Instrumentierung, Reinigung und Füllung des bisherunbehandelten und somit nicht desinfizierten Wurzelkanalbereichsim unteren Wurzeldrittel

Abb. 13: Röntgenologische AnsichtAbb. 14: Adhäsiver Aufbau mit Kompositstift (DT Light Post SL, VDW)Abb. 15: Röntgenkontrolle

Abb. 16: Die Röntgenkontrolle nach einem Jahr nach Neuüberkronung istunauffällig.

Abb. 17: Technisch relativ leichte Revision bei Zahn 12 mit symptomati-scher periradikulärer Parodontitis. Die röntgenologisch schein-bar richtige Länge der Wurzelfüllung führt häufig zur Einschät-zung „WF o.B., also WSR“. Bei genauer Betrachtung ergibt sicheine nicht adäquate Formgebung und daraus resultierend nichtadäquate Desinfektion sowie eine nicht dichte und daher insuf-fiziente WF. Eine WSR ist hier kontraindiziert!

Abb. 18: Schon bei der Zugangskavität zeigt sich eine schwarze, fötideMasse in der Guttapercha.

Abb. 19: Fötide Masse auch in der entfernten GuttaperchafüllungAbb. 20: Röntgenkontrolle unmittelbar nach der Revision mit randstän-

diger WFAbb. 21: Kontrolle nach 20 Monaten mit vollständiger AusheilungAbb. 22: Technisch extrem komplexe und schwierige Revision. Üblicher-

weise als hoffnungslos eingeschätzter Zahn 37 mit großem Sub-stanzverlust, periradikulärer Parodontitis, konfektioniertem Stiftdistal, nicht behandelten mesialen Wurzelkanälen und von derNorm abweichender Wurzelanatomie

Abb. 23: Erst nach Abklärung von Stiftentfernbarkeit, Restsubstanz, In-strumentierbarkeit der mesialen Kanäle wird das komplette Be-handlungsprotokoll durchgezogen. Kontrolle unmittelbar nachWF in reiner Injektionstechnik und adhäsivem Aufbau

Abb. 24: Kontrolle nach einem Jahr mit ausgeheilter Läsion Fotos: VDWBI

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