Migros Magazin 49 2010 d NE

Politisches

Rsslispiel

Sibylle Gerber ist Bereiterin

im Nationalgestt in Avenches.

Nun will der Bund die Gelder

streichen. Doch die Pferde-

freunde wehren sich. SEITE 10

BilderJeanRevillard/Rezo,LimmatdruckAG

Adressnderungen am Postschalter melden oder dem regionalen Mitgliederdienst: Tel. 058 565 84 01

E-Mail: [email protected]

AusgabeAare,AZA3321Schnbhl-Shoppyland.PsdgDPAG

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Migros-Magazin 49, 6. Dezember 2010

M-Infoline:

Tel. 0848 84 0848* oder Fax

0041 44 277 20 09 (Ausland).

[email protected];

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M-CUMULUS: Tel. 0848 85

0848* oder +41 44 444 88 44

(Ausland).

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Redaktion Migros-Magazin:

Postfach 1751, 8031 Zrich,

Tel. 044 447 37 37,

Fax 044 447 36 01

[email protected];

www.migrosmagazin.ch;

*Normaltarif

BilderPhilippDubs,MatthaisWilli,OliverLang,LimmatdruckAG

Grenzen setzen und

helfen

Hans Schneeberger,

Chefredaktor

EDITORIAL

Sie war noch nie eine Frau der leisen Tne. Alice

Schwarzer, die grosse Dame des Feminismus, wirft

sich mit Verve in die Schlacht um die Gleich-

berechtigung. Legt sich mit Patriarchen der alten

Schule an und kmpft gegen die jungen, selbst-

verliebten Macker in der Wirtschaft. Und stellt

sich schtzend vor Frauen, die sich nicht wehren

knnen. Wen wunderts also, dass sie auch

im Prozess gegen Jrg Kachelmann in der ffent-

lichkeit die Position der klagenden Radio-

moderatorin einnahm und sich gegen einen

voreiligen Vor-Freispruch Kachelmanns wehrte?

Dass sich Alice Schwarzer in ihrem neuen Buch nun

auch gegen den strker werdenden politischen

Islamismus in Europa wehrt, ist die logische

Konsequenz ihres lebenslangen Engagements.

Vor allem in der Frage des Kopftuchs ist die

Kmpferin zu spren. Wir sollten Mdchen aus

demmuslimischen Kulturkreis die Chance geben,

sich frei zu erfahren, sagt sie im Gesprch mit

unserer Redaktorin Ruth Brderlin.

Den Vorwurf, dies sei intolerant, mag die 68-Jhrige

nicht mehr hren: Es gebe eine falsche Toleranz,

gibt sie zu bedenken, und wir mssten aufpassen,

dass wir nicht in die Kulturfalle tappten. Im

Namen einer anderen Kultur oder Religion legt

man pltzlich unterschiedliche Massstbe an

die Menschenrechte an. Aber Menschenrechte

sind universell, unabhngig von Glauben und

Kultur.

Von gefhlsduseligem Laisser-faire also keine Spur.

Klare Spielregeln durchsetzen, aber auch bereit

sein, die Muslime bei der Integration imWesten

tatkrftig zu untersttzen das ist fr Alice

Schwarzer die Zukunftsformel fr das Neben-

einander in Europa. Das Interview lesen Sie

auf Seite 32.

[email protected]

Hoch hinaus 108

Einmal im Leben sollte

man eine Skitour in der

Walliser Gletscherwelt

machen. Ex-Ski-Star

Pirmin Zurbriggen

empfiehlt eine

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DIESEWOCHE

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Einlochen 43

Golf soll ein Breitensport werden.

Dafr setzt sich die Migros ein.

Das historische Migros-Bild 45

SAISONKCHE

Kabeljau mit Ren Mgli 84

Der Reedereichef stellt nur Frauen ein.

Im Reich der Zitrusfrchte 88

Sie bringen den Krper in Fahrt und

schmecken sagenhaft gut.

DAS BESTE

Guten Morgen mit Birchermesli 91

aber sss muss es sein 93

Jedem seine Zahnbrste 95

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IHRE REGION

Neues aus Ihrer Genossenschaft 99

BESSER LEBEN

Liebe geht, Schmerz kommt 107

Outdoor: Hoch hinaus 108

Tiere: Lulu jagt Krhen 115

RUBRIKEN

Migros-Woche 6

Leserbriefe 9

Auf ein Wort 18

Bild der Woche 23

Kolumne: Der Hausmann 30

Bitte melde dich 121

Glcksgriff 123

Rtsel/Impressum 125

MEINE WELT

Roland Grossenbacher 126

Tschiibii sammelt alles, was mit

Musik zu tun hat.

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Alice Schwarzer 32

Die einflussreiche Feministin ber den

Prozess von Jrg Kachelmann, ein

mgliches Kopftuchverbot und den Islam.

Lulu jagt Krhen 115

Armando Petr und sein

Falke Lulu gehen zusam-

men auf Beizjagd. Und

sie sind erfolgreich darin.

Das grosse Adventsspiel 48

So nehmen Sie teil und gewinnen mit etwas Glck tolle Preise.

Christkinder wie wir 50

Gibt es das Christkind? Ja, und nicht nur einmal. Elf Menschen, die am

24.Dezember Geburtstag feiern.

Krippenspiel, Teil 2: Hurra, die Kostme sind da! 58

Die Migros sponsert Kostme und Bhnenaustattung fr das

Krippenspiel in der Zrcher Kreuzkirche. Jetzt kanns richtig losgehen.

Interview mit Philosoph Stefan Klein bers Nehmen und Geben 74

Geben ist schner als Nehmen. Wissenschaftsautor Stefan Klein erklrt,

weshalb.

Geschenkideen fr die ganze Familie 78

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WEIHNACHTEN


MENSCHEN

Im Land der Pferde 10

Das Nationalgestt in Avenches

soll aus Spargrnden schliessen.

Hockey im Blut 16

Familie Klsi steht auf

Unihockey. Vater Thomas ist

Schiedsrichter und Sohn

Robin eine Zukunftshoffnung.

Rettung fr die Igel 20

Ann Bachmann und ihr Hund

Jay spren Igel auf und retten sie.

INTERVIEW

Alice Schwarzer 32

NEUES AUS DER MIGROS

Oranger Zeitgeist 39

Die neuen M-Watches werden

im Tessin gefertigt in Handarbeit.

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Die Migros gratuliert dem neuen

Nationalratsprsidenten

Migros-Verwaltungsrat Jean-Ren Germanier wurde mit einem

Glanzresultat zum Nationalratsprsidenten gewhlt.

Schler zeichnen Chocolate

Kochen mit den Lilibiggs

Mit dem neuen Kochbuch kommen kleine Kche gross heraus.

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echtzeitig zu Weih-

nachten erscheint

ein neues Kochbuch,

ideal als Geschenk fr

Kinder im Alter zwi-

schen 6 und 12 Jahren.

Die Lilibiggs, die Kinder-

figuren der Migros, prsen-

tieren auf 44 Seiten 15 feine

kindergerechte Rezepte, die

den Geschmacksrichtungen

sss, sauer und salzig zugeordnet

sind. Um den jungen Feinschme-

ckern den Einstieg in die Kunst

des Kochens zu erleichtern, verra-

ten die Lilibiggs zustzlich viele

Tipps, Tricks und allerleiWissens-

wertes rund ums Kochen und

Essen. Die Rezepte stammen von

Der Walliser Jean-Ren Germa-

nier (FDP) ist vergangeneWoche

mit 163 von 170 gltigen Stim-

men zum Nationalratsprsiden-

ten gewhlt worden. An der Spit-

ze des Nationalrats lst der

51-jhrige Germanier die Aargau-

er Sozialdemokratin Pascale Bru-

derer ab. Seine Position als

hchster Schweizer will Germa-

nier dazu nutzen, die verschiede-

nen Regionen im ganzen Land

einander nher zu bringen. Ver-

stndigungsprobleme wird er

dabei allemAnschein nach keine

haben: Der Winzer und Verwal-

tungsrat des Migros Genossen-

schaftbundes spricht drei Lan-

dessprachen inklusive Schwei-

zerdeutsch.

Die Migros wnscht Jean-

Ren Germanier ein erfolg-

reiches Prsidialjahr 2011.

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und Konturstift je

50 Franken zu gewinnen.

Leitet ein Jahr lang den Ratsbetrieb: Der Walliser Freisinnige Jean-Ren Germanier.

Liebe Migros, wir fanden die

Werbung mit dem Huhn Chocolate

so cool, dass wir, die Mittelstufen-

klasse von Humlikon ZH, dazu eine

Bildergeschichte gemacht haben.

Viel Spass beim Anschauen!

Die Bildergeschichte handelt von

MIGROSWOCHE

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IST 300 FRANKEN WERT

FRISCH IN DER

MIGROS

BilderPeterKlaunzer/Keystone,UeliChristoffel,bab.ch/StockFood

Schler zeichnen Chocolate

Kochen mit den Lilibiggs

Mit dem neuen Kochbuch kommen kleine Kche gross heraus.

Gtterfrchte

In Indien wird sie wegen ihrer himmlischen Ssse

den Gttern dargeboten: Die Mango. Die aro-

matische Frucht wird auch hierzulande immer

beliebter. In ihrer Heimat Brasilien, wo die

meisten Mangos herkommen, ist gerade Sommer

und somit Erntezeit. Tipp: Die Frucht so lange bei

Zimmertemperatur reifen lassen, bis sie anfngt

zu duften und auf Druck leicht nachgibt.

Einstiegshilfe fr Kinder

in die Welt der Kochknste.

den Profis der Saisonkche,

der Kochzeitschrift der Migros.

Die 15 Rezepte sind ausgewogen,

auf den Geschmack der Kinder

speziell abgestimmt und las-

sen sich ganz einfach um-

setzen. Das Kochbuch

enthlt darber hinaus

wertvolle Tipps und In-

formationen fr die Grossen

respektive fr Eltern, Grosseltern

und Gtti, die aufzeigen, worauf

beimKochenmit Kindern speziell

geachtet werden sollte. Koch-

spass mit den Lilibiggs ist ab De-

zember in allen grsserenMigros-

Filialen erhltlich, kostet 9.95

Franken und ist ein ideales

Weihnachtsprsent.

Mit einem Stromer macht Velo-

fahren Spass: Bis Ende Dezem-

ber kommen Sie erst noch 300

Franken gnstiger zum effizi-

enten, leistungsstarken Elekt-

rofahrrad. Und so gehts:

Bringen Sie einfach Ihr altes

fahrtchtiges Velo in den M-way-

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und macht tatschlich Spass.

Fans der Diva unter den Hhnern

knnen sich das Werk

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LESERBRIEFE

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MM 48: Hilfe, uns gehen die

rzte aus, Artikel ber die

Schweizer Hausrzte.

Das Einkommen

von Neurologen

Im Interview mit demMigros-

Magazin zur Hausarzt-Geschich-

te habe ich flschlicherweise

gesagt, dass Neurologen doppelt

so viel verdienen wie Hausrzte.

Diese Aussage ist so nicht

korrekt. Ich entschuldige mich

bei allen Leserinnen und Lesern

fr diese Falschaussage. Neurolo-

gen haben nmlich ein hnliches

Jahreseinkommen wie Hausrz-

te. Die von mir gemachte

Aussage betraf Urologen und

Neurochirurgen.

Elisabeth Bandi-Ott

Leiterin Lehre/Klinische Dozentin

Institut fr Hausarztmedizin IHAMZ

der Universitt Zrich

MM 47: Leserbrief zum

Solidaritts-Extra im MM 45.

Spenden sind

zweckgebunden

Selbstverstndlich sind Spenden

an die Glckskette zweckgebun-

den. Der Wille eines Spenders ist

garantiert. Haiti ist fr Haiti und

Tsunami war fr Tsunami. ber

die richtige Verwendung wachen

nicht nur eine Projektkommissi-

on und der Stiftungsrat der

Glckskette, sondern auch die

Stiftungsaufsicht des Bundes.

Sollte jemals aus zwingenden

Grnden eine Zwecknderung

erforderlich sein, muss dies von

diesen Gremien abgesegnet

werden. Dass der Wiederaufbau

in Haiti viel Zeit in Anspruch

nehmen wird, war allen von

Anfang an klar. Ausserhalb der

Hauptstadt gehen die Projekte

von 14 Schweizer Partnerhilfs-

werken zgig voran, im Januar

knnen die ersten Huser

bezogen werden. Grosse Proble-

me gibts in Port-au-Prince selber,

wo allein die Beseitigung des

Schutts noch anderthalb Jahre

dauern drfte. Zudem verspricht

man sich raschere Fortschritte

nach den Wahlen Ende Novem-

ber. Zuerst muss dort eine

handlungsfhige Regierung ihre

Hausaufgaben machen. Eine

Zwei-Millionen-Stadt wieder

aufzubauen ist ein Jahrzehnte-

werk. Roland Jeanneret

Glckskette

Schreiben Sie uns: Wir freuen uns ber Briefe und Mails zu Artikeln im Migros-Magazin. Je krzer Ihr Brief, desto grsser die Chance, dass er verffentlicht wird. Zuschriften

knnen durch die Redaktion gekrzt werden. Per Post an Redaktion Migros-Magazin, Leserbriefe, Postfach 1751, 8031 Zrich, oder per Mail an [email protected]. Und

vergessen Sie bitte nicht, Ihre Adresse und Ihre Telefonnummer anzugeben.BildTinaSteinauer

Patrizia Huber (rechts) ist 100 Prozent fr ihre Familie da.

MM 47: Vollberuflich Mutter, Portrt von Patrizia Huber.

Die gemeinsame Zeit

ist unbezahlbar

Glck ist nie ganz ohne Leid, denn sein Begleiter ist der

Neid. Dieser alte Spruch ist mir in den Sinn gekommen, als

ich die brbeissigen Reaktionen auf den Bericht ber Familie

Huber las. Ich zumindest wnsche der engagierten Mutter

weiterhin viel Freude an ihrer Aufgabe und der ganzen Familie

eine schne gemeinsame Zeit sie ist unbezahlbar.

Susanne von Allmen, 5724 Drrensch

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10

|


Sibylle

bleibt im

Sattel

Der Bundesrat will das Nationalgestt

in Avenches aus seinem Budget streichen.

Doch er hat nicht mit dem Widerstand der

Pferdegemeinde gerechnet. Sibylle Gerber

und ihre Kollegen schpfen Hoffnung.

MENSCHENNATIONALGESTT

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S

ibylle Gerber ist in ihremEle-

ment. Schwungvoll besteigt

sie den Freiberger Hengst

Nco und reitet ber den Hof.

Reiten ist meine Leidenschaft.

Dass ich das zumeinemBerufma-

chen kann, ist einfach grossartig,

sagt die 21-Jhrige. Fr sie ist ein

Traum in Erfllung gegangen: Sie

darf im Nationalgestt in Aven-

ches VD, dem Heiligtum der Rs-

seler, ihre Ausbildung zur Bereite-

rin absolvieren. Sichtlich stolz

trgt Sibylle ihre Reitweste mit

dem Logo der Eidgenossenschaft

drauf.WhrendmehrererMonate

war nicht klar, ob sie dieses bald

wrde entfernen mssen.

Denn im Februar erklrte der

Bundesrat, er wolle die Ausgaben

von sechs Millionen Franken pro

Jahr fr das Nationalgestt strei-

chen. Der Grund: Der Bundmuss

jhrlich 1,5 Milliarden Franken

sparen. So verlangt es die vom

Volk befrwortete Schuldenbrem-

se. Ins Visier der Beamten in Bern

kamen die Pferde, weil sie im Ge-

gensatz zu den Khen nicht der

Ernhrung, sondernmehrheitlich

demHobby- und Sportbereich die-

nen. Daher fand der Bundesrat,

die Finanzierung des Gestts sei

keine Kernaufgabe des Bundes,

sondern knne auch Privaten

berlassenwerden, sagtManfred

Btsch, Direktor des Bundesamtes

fr Landwirtschaft. Seit Frhling

luft die Rsselergemeinde gegen

dieses Vorhaben Sturm.

Politische Untersttzung

fr das Nationalgestt

Mit parlamentarischenVorstssen

sollte das Gestt gerettet werden

(siehe Interview Seite 15). Der

Stnderat hat eineMotion von Pe-

ter Bieri (CVP), die den Bund zum

Erhalt des Nationalgestts ver-

pflichtet, letzte Woche gutgeheis-

sen. Der Nationalrat wird ihm im

Frhling wohl folgen. Der Bund

drfte aber laut Manfred Btsch

dennoch die Ausgaben reduzie-

ren. Private sollen der traditions-

reichen Institution unter die Arme

greifen, damit die Bundessubven-

tionen nur noch knapp fnf Mil-

lionen pro Jahr betragen.

1899 gegrndet, ist das Natio-

nalgestt fr die Erhaltung der

Freiberger Rasse sowie fr For-

schung undAusbildung imPferde-

bereich verantwortlich. Von den

60Mitarbeitern in Avenches sind

15 Lernende. Der Betriebsleiter

des Gestts, Ruedi vonNiederhu-

sern (45), hat fr die Sparplne nur

beschrnkt Verstndnis. Doch der

stmmige Berner gibt sich diplo-

matisch. Als Bundesanstalt msse

man sich der politischen Diskus-

sion stellen. Spter fgt er an:

Die Situation ist eine Belastung.

Doch wir lassen uns im Alltag

nichts anmerken.

Von Niederhusern ist seit

25 Jahren dabei. Politischer Druck

ist fr ihn nicht neu. Wozu noch

Pferde zchten?, fragte der

Bund schon in denNeunzi-

Die 21-jhrige Sibylle Gerber

wird im Nationalgestt

zur Bereiterin ausgebildet.


|


gerjahren. Schliesslich sind

die Zeiten vorbei, als die

Huftiere frLandwirtschaft,Trans-

port und Militr wichtig waren.

Doch sind die aus dem Jura stam-

menden Freiberger die einzige

noch existierende originale

Schweizer Pferderasse. Nur schon

wegen der Arterhaltungmsse sie

geschtzt werden, fordern Pferde-

fans. Ruedi von Niederhusern

sagt: Der Freiberger ist ein lie-

bes, anstndiges und sicheres

Tier. Er hat sich vom Arbeits-

zum Freizeitpferd entwickelt.

Kaum eine andere Rasse sei so gut

fr Reitanfnger geeignet.

Mit 55 Hengsten stellt das Na-

tionalgestt den Fortbestand der

Freiberger sicher. DieHengste ge-

ben ihren Samen beinahe im Ak-

kord ab. 180000 kleine Rhrchen

voller Sperma stehen in den Khl-

tnken. Den Stutenwird der wert-

volle Saft dann knstlich einge-

fhrt. Ab und zu kommen die

Hengste auch in denGenuss einer

echten Paarung. In den ber das

ganze Land verteilten Aussensta-

tionen wird auf natrliche Weise

gedeckt. Jedes vierte der rund

90000 Pferde in der Schweiz sei

ein Freiberger, erklrt vonNieder-

husern. Der Freiberger ist ein

Schweizer Kulturgut, sagt er.

Waswrde demLand denn fehlen,

wenn er verschwnde? Das kann

man sich bei allen nationalen

Symbolen fragen.Waswre, wenn

wir die Schweizer Fahne nicht

mehr htten?, sagt von Nieder-

husern.

Pferdehaltung ist fr die

Bauern ein Nebenerwerb

Keine Frage, sondern ein Fakt ist,

dass das Reiten boomt. Jedes Jahr

wchst der Pferdebestand in der

Schweiz umdrei Prozent. Speziell

Frauen haben das Reiten wieder-

entdeckt. Oft sind die Tiere bei

Bauern eingestellt, die sich so ein

wichtiges Zusatzeinkommen er-

wirtschaften. Als einzigartiges

Pferdezentrum untersttzt das

Nationalgestt die Landwirte mit

Rat und Tat. Der Bedarf an Bera-

tung steigt wegen neuer Tier-

schutznormen und der Ausbil-

dungspflicht fr Pferdehalter stn-

dig. Verglichen mit dem Nutzen

fr die Bauern seien die Ausgaben

fr das Nationalgestt gering, fin-

det man in Avenches.

Neben Hengsten und Sperma

ist hier noch etwas reichlich vor-

handen: Blut. Dominik Burger

(49) ffnet die Tr zu einem Tief-

khler. Rhrchen steht an Rhr-

chen, alle gefllt mit gefrorenem

Blut. Wir haben eines der grss-

ten Genarchive fr Pferde welt-

weit, sagt der Forschungsleiter

voller Stolz. 8000 Blutproben

werden bei minus 80 Grad

gelagert. Blutanalysen hel-

Im Land der Pferde

LINKS: Forschung im Dienst

des Pferdes. Dominik Burger,

Chef des Forschungsbereichs,

im Labor.

OBEN: Hengst Carino beim

Absamen, assistiert von

Mitarbeiter Hubert Clment.

RECHTS: Betriebsleiter Ruedi

von Niederhusern mit

Hengst Nepal. Er arbeitet seit

25 Jahren mit den Freibergern,

diesen lieben, anstndigen

Pferden, wie er sagt.

Dr. med. Roland Ballier,

Leitender Arzt Fachkurhaus

Seeblick: Die Teilnehmer

der Kurwochen lernen, die

speziell fr sie entwickel-

ten Konzepte in die Praxis

umzusetzen. Wir sind spe-

zialisiert auf die urschliche und komple-

mentrmedizinische Behandlung von Stoff-

wechselstrungen. Dabei handelt es sich

vor allem um bergewicht, Diabetes, Herz-

Kreislauferkrankungen, Blutdruckstrungen

und deren Folgen.

___________________________________

Weg mit berflssigen Kilos

Entgiften und vitalisieren Sie Ihren Krper.

In einer Vitalkur- und Kurswoche lernen Sie

bergewicht, Bluthochdruck, zu hohes Cho-

lesterin, Diabetes sowie Erschpfungs- und

Mdigkeitszustnde in den Griff zu bekom-

men. Sie erzielen schon nach kurzer Zeit

berzeugende Fortschritte.

Erfolglos habe ich mich von Dit zu Dit

gehungert

Dies ist die Aussage von vielen Hilfesu-

chenden. Schuld am Misserfolg hat der so-

genannte Jo-Jo-Effekt, das Zusammenspiel

von Verhaltensmustern und krperlichen

Grundbedrfnissen. Die daraus entstehende

Negativwirkung wird unterschtzt, denn sie

erschwert die Behandlung ernhrungsab-

hngiger Strungen. In einer Vitalkur- und

Kurswoche wird Ihnen gezeigt, wie Sie dank

der EPD-Ernhrungstherapie diese Probleme

lsen. Informationen zu EPD finden Sie auf

www.epd-ernaehrungsprogramm.ch.

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Sie bauen rasch und gesund ber-

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Der Seeblick ist eine effiziente, zielorien-

tierte Einrichtung zur Behebung von ge-

sundheitlichen Problemen. Christian Schmid

Ich hatte massive gesundheit-

liche Probleme. Nach einer

Odyssee durch Arztpraxen,

Mengen von Medikamenten,

die mir nichts nutzten, landete

ich im Seeblick. Hier verbes-

serte sich meine Darmttigkeit nach kurzer

Zeit. Es wurde eine Grundlage fr die Erho-

lung des Darms geschaffen. Ich hatte einen

tollen Vorher-Nachher-Effekt: ein neues

Lebensgefhl. In zwei Wochen reduzierte ich

8.5 kg Gewicht, fhle mich nun fitter und die

morgendliche Mdigkeit ist fast ganz weg.

___________________________________

Ich habe 10 kg abgenommen und fhle

mich um Jahre jnger. Sibylle Brunner

Ich wollte abnehmen, entgif-

ten und entschlacken, ich war

schliesslich massiv bergewich-

tig. Ein Bekannter hat mir einen

Aufenthalt im Seeblick empfoh-

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liebe die Mesli und Frapps. In den letzten

vier Jahren war ich vier Mal im Seeblick und

habe 10 kg abgenommen. Ich fhle mich

wie geputzt und um Jahre jnger.

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fen beispielsweise, Krank-

heiten auszumerzen und

die Fortschritte in der Zucht zu

beschleunigen.UnsereForschung

hat das Ziel, dasWohlbefinden der

Tiere und die Wirtschaftlichkeit

der Pferdezucht zu verbessern,

erklrt Burger, dem die Begeiste-

rung fr seine Arbeit anzumerken

ist. Ich bin neugierig und finde es

spannend, immer neuen Fragen

nachzugehen.

Die Einrichtungen im Natio-

nalgestt erlauben fortpflanzungs-

medizinische Untersuchungen an

Pferden, weshalb hier auch Tier-

rzte ausgebildet werden. Er-

forscht wird aber beispielsweise

auch, weshalb frei lebende Stuten

viel fruchtbarer sind als solche in

Stallhaltung. Das Nationalgestt

machte einen einfachen Versuch:

Neben den Boxen der Stutenwur-

de einHengst gehalten. Und siehe

da! Durch seine blosse Anwesen-

heit wurden die Stuten fruchtba-

rer. Mit solchen Experimenten

habenwir in der Fachwelt fr Auf-

sehen gesorgt und werden welt-

weit an Veranstaltungen eingela-

den, sagt Dominik Burger.

Es geht darum, gute

Handarbeit zu erhalten

Unterdessen nht Laura Jan in

der Werkstatt ein Lederband. Die

18-Jhrige lernt, Zaumzeuge, St-

tel und Steigbgelhalter zu verar-

beiten. Ihr gefalle die Handarbeit,

erzhlt die angehende Sattlerin

aus Avenches. Doch braucht es

das traditionelle Handwerk heute

berhaupt noch? Ja, findet Lau-

ra, es gehrt zu unserem kultu-

rellen Erbe undmuss vonHand zu

Hand weitergegeben werden.

Die Frage hat ihren Lehrmeister

KurtWalter (53) in eineArt heilige

Wut versetzt: Dieses Zaumzeug

hier wurde 1957 hergestellt. Dass

es heute noch hlt, ist ein Beweis

fr seine hervorragende Qualitt.

Und jetzt schauen Sie mal zu!

Walter halbiert mit einem saube-

ren Schnitt einen Streifen Leder.

Man ist versucht zu applaudieren,

whrend der Sattler mit Nach-

druck meint: Verstehen Sie? Es

geht darum, gute Handarbeit zu

erhalten.

Text Daniel Btler

Bilder Jean Revillard/Rezo

INTERVIEW

Am 1. Dezember

2010 hat der

Stnderat eine

Motion zur

Erhaltung des

Nationalgestts angenommen.

Der Zuger CVP-Stnderat

Peter Bieri (58) ber seinen

Vorstoss.

Wie Luzern ohne

die Kapellbrcke

Peter Bieri, sind Sie ein

Pferdefreund?

Ja, ich hatte frher ein

eigenes Pferd und war zu

Beginn meiner militrischen

Laufbahn bei der Train-

Truppe.

Warum soll das National-

gestt weitergefhrt

werden?

Weil wir unsere Landwirt-

schaft untersttzen und

unseren Beitrag zur Arten-

vielfalt sprich Biodiversitt

leisten wollen. Der Freiber-

ger ist die einzige Schweizer

Pferderasse. Stellen Sie

sich den Jura ohne seine

Pferde vor. Das wre wie

Luzern ohne Kapellbrcke.

Weshalb wurde Ihre

Motion angenommen?

Meine berlegungen

berzeugten den Stnderat

offensichtlich. Entscheidend

war sicher auch, dass das

Nationalgestt und die

Pferdezchter gewillt sind,

die Kosten fr den Bund

zu senken.

Wie geht es weiter?

Mit dem positiven Entscheid

des Stnderats drfte

das Gestt gerettet sein.

Im Frhling wird sich wohl

auch der Nationalrat hinter

die Motion stellen. Damit

wre der Bund verpflichtet,

das Nationalgestt weiter-

zufhren.

Im Land der Pferde

OBEN: Laura Jan lernt als Sattlerin, Lederwaren zu reparieren. Ein

schtzenswertes Handwerk, findet sie.

UNTEN: Die zuknftige Finanzierung des idyllischen National-

gestts ist immer noch ungewiss.

16

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Robin hlt Papa im Schuss

Familie Klsi ist vom Unihockey-Virus infiziert. Vater Thomas ist Schiedsrichter, und Sohn

Robin spielt mit dem Ball, seit er laufen kann. Die beiden trainieren oft in der eigenen

Sportarena. Die hat Thomas Klsi in die Heubhne seines alten Bauernhauses gebaut.

MENSCHENUNIHOCKEY

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obin Klsi nimmt Mass, holt

aus und schlenzt den weissen

Ball mit seinem Schlger ins

hohe Eck des Tors. Yeah! Der

bald 6-Jhrige ist zufrieden und

reisst die Arme hoch. Dabei ver-

gisst er, dass er ganz allein auf dem

Spielfeld mitten in einer Heu-

bhne steht. Robin liebt Uniho-

ckey, wie sein Vater Thomas. Die-

ser steht zurzeit als Schiedsrichter

an der Unihockey-Weltmeister-

schaft in Finnland im Einsatz.

Wenn er da ist, erklrt der 36-jh-

rige Finanzberater Sohn Robin

mit viel Geduld die Regeln des

Spiels immer und immerwieder.

Vor allem aber feuert er seinen

Sohn enthusiastisch an: Ja, Ro-

bin, hau den Ball rein!

Robin kann sich in der Halle

stundenlang austoben

Gehts nach Thomas Klsi, soll

Robin schon bald im Klub des

Dorfs Grnenmatt BE im Team

stehen. Frs Training habe ich

ihm in der leer stehenden Heu-

bhne unseres Bauernhauses ein

Spielfeld eingerichtet.Darin tobt

sich Robin aus. Manchmal stun-

denlang. Fr mich ist es das

Schnste, wenn ich den Ball dort

im Tor versenke, wo ich hingezielt

habe. Und er zieht erneut den

Schlger auf, das scheint schon

Routine. Denn kaumkonnte ermit

anderthalb Jahren laufen, schlug

Robin mit einem Doppelmeter-

Messband auf den kleinen Ball.

SowohlMutter wie Vater Klsi

sind sportliche Menschen. Tho-

mas spielte frher bei Grnenmatt

in der NLB, realisierte dann aber

seine Grenzen: Ichwar zuwenig

talentiert. Deshalb verlegte er

sich auf das Amt des Unparteii-

Thomas Klsi pfeift in der

hchsten Schweizer Liga und an

Lnderspielen. Robin trumt von

einer grossen Unihockeykarriere.

schen und ist so zur zentralen Fi-

gur auf dem Feld geworden. Seine

Frau Caroline (33), gelernte

Spenglerin und Sanitrinstallateu-

rin, trainierte Leichtathletik-Sie-

benkampf: Sie bte sich in drei

verschiedenen Laufsportarten,

Speerwerfen, Kugelstossen sowie

Hoch- und Weitsprung. Doch das

hat die dreifache Mutter vor der

ersten Schwangerschaft aufgege-

ben. Aber ich pflege ja immer

noch einen Vierkampf hier in un-

serem Haus, mit drei kleinen und

einem grossen Kind! Zwischen

Windeln, Erziehung, Haushalt

und Kche. Caroline Klsi lacht,

packt den kleinen Finn und ver-

schwindet zum Stillen.

Die Landwirtschaft lag

Bauernsohn Thomas nicht

Familie Klsi wohnt in einemBau-

ernhaus aus dem Jahr 1786, das sie

in den letzten beiden Jahren nach

den strengen Gesetzen des Denk-

malschutzes umgebaut hat. Doch

bei der Jungfamilie stehen nicht

Milch und Getreide im Zentrum.

Melken war nicht mein Ding,

stellte ThomasKlsi fest, als er den

Bauernhof Anfang 2008 vorzeitig

von seinem Vater bernahm. Bei

uns dreht sich jetzt imBauernhaus

vielmehr alles um den Unihockey-

Ball, sagt Thomas Klsi.

Unihockey ist nach Fussball

und Volleyball die Sportart mit

denmeisten lizenzierten Spielern

in der Schweiz: rund 30000.Weil

es wenig Ausrstung braucht und

der Verband einfach strukturiert

ist, hat der Sport viel mehr Mit-

glieder als beispielsweise Eis-

hockey oder Handball. Was der

Sportart aber fehlt, ist eine grosse

Bekanntheit. Thomas Klsi

wnscht sich fr den Verband

nochmehrMedienprsenz. Denn

wer kennt schon Daniel Streit

oder Mathias Hofbauer, laut Ro-

bin die beiden besten Unihockey-

spieler der Schweiz.

Die Klsis sind entschlossen,

noch mehr Kinder zu haben. Wer

weiss, vielleicht entsteht daraus ja

ein Klsi-Unihockeyteam. Ein Tor-

schtze vom Dienst wre mit Ro-

bin auf jeden Fall schon vorhan-

den, und Medienprsenz wre

garantiert. Text Mathias Haehl

Bilder Ruben Wyttenbach

Infos: www.swissunihockey.ch

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AUF EINWORT Migros-Magazin 49, 6. Dezember 2010

25 JAHRE LINDENSTRASSE

Die Lindenstrasse ist

wie das richtige Leben

Braten Sie auch Spiegeleier,

wenn Sie wtend sind?

Das ist eine Spezialitt von Mut-

ter Beimer, dafr ist sie legendr.

Nein, das mache ich nicht. Aber

ich muss zugeben, ich denke je-

desMal an sie, wenn ich Spiegel-

eier brate. Ich habe noch nie eins

gegessen, ohne an sie zu denken.

Immerhin ist sie seit der ersten

Folge dabei.

Heute gilt die Serie als kult, am

Anfang jedoch als bieder und

langfdig. Warum gefiel sie

Ihnen trotzdem von Anfang an?

Ich mochte die Art, wie sie ge-

macht ist und wie immer aktuel-

le Themen aufgegriffen und in

die Handlung integriert werden.

Sei das die Auslnderproblema-

tik oder Wahlen, Aids, die Fi-

nanzkrise und Homosexualitt.

In der Lindenstrasse geht es zu

wie im richtigen Leben.

Immer die gleichen Schauspie-

ler, die immer die gleichen

Charaktere spielen. Wird das

nicht langweilig?

Keineswegs! Es gibt ein paar we-

nige, die seit dem Anfang dabei

sind. Daneben herrscht ein Kom-

men und Gehen. Da gibt es Ab-

wechslung, denn jeder bringt

natrlich seine eigene Geschich-

te mit oder ndert den Gang der

Dinge. Es passiert so viel, damuss

man einfach jeden Sonntag

schauen, sonst verpasst man et-

was.

Wie haben Sie es geschafft,

keine Folge zu verpassen?

Unter anderem dank der Linden-

strssler, also den Mitgliedern

des Fanklubs. Sie schenkten mir

schon vor Jahren einen Video-

rekorder. Wobei ich die Serie am

liebsten original am Sonntag

schaue. Ich schtze es gar nicht,

wenn ich an dem Abend ander-

weitig verpflichtet bin.

Besuchte der Fanklub schon

einmal die Aufnahmestudios in

Kln?

Aber sicher, bereitsmehrereMa-

le. Wir durften beim Dreh zu-

schauen und sogar als Statisten

mitspielen. Ich kam im Reise-

bro vor, und meine Kollegen

sassen beim Griechen Vasily in

der Taverne Akropolis. Das war

fr uns eine ganz grosse Sache

und machte wahnsinnig Spass.

Haben Sie einen Liebling

in der Serie?

Ich habemehrere Lindenstrasse-

Lieblinge. Aber Mutter Beimer,

das heisst die Schauspielerin

Marie-LuiseMarjan, mag ich be-

sonders gern. Wohl auch, weil

ich sie persnlich kennenlernen

durfte und schon mal bei ihr zu

Hause eingeladen war.

Wie ist sie privat?

Ein Fgnscht, immer in Be-

wegung und unterwegs und

berall anzutreffen. Sie ist eine

sehr aktive und schicke Frau.

Ganz und gar nicht gluckenhaft

und bieder wie in der Serie. Wo-

bei sie sich in den letzten Jahren

auch in der Serie sehr positiv ent-

wickelte.

Mutter Beimer ist eine der we-

nigen, die noch nie einen Men-

schen umgebracht hat. Welches

ist Ihr Lieblingsmord?

Zweifellos der von Lisa, die den

Pfarrer mit einer Bratpfanne er-

schlagen hat und straflos da-

vongekommen ist. Sie lebt mun-

ter weiter, als wre nichts ge-

wesen, hat mittlerweile ein Kind

und erwartet anscheinend das

zweite. Sie stellte schon dermas-

sen viel an, sie ist wirklich ein

Fall fr sich. Hervorragend.

Wen mgen Sie nicht?

Ichmag alle, auch die Bsen und

Unsympathischen. Sie bringen

Leben rein und machen das

Ganze spannend.

Die schwarzen Raben von

Mutter Beimer sind ein Running

Gag. Verbrennen Ihre Weih-

nachtsguetsli auch immer?

Nein, das ist mir noch nie pas-

siert. Ich staune aber, wie sich

die Drehbuchschreiber seit 25

Jahren immerwieder etwasNeu-

es einfallen lassen, warum die

Guetsli wieder verbrennen.

Interview Ruth Brderlin

Seit 1985 schaut die Zrcher

Anwaltssekretrin Barbara

Knoch (61) jeden Sonntagabend

Lindenstrasse. Sie ist

Grnderin des Schweizer

Fanklubs und verpasste keine

der 1306 Folgen. Jetzt freut sie

sich auf die grosse Jubilums-

ausgabe am 12. Dezember 2010.

Ich habe noch

nie Spiegeleier

gegessen, ohne

anMutter Beimer

zu denken.

MANN DERWOCHE

FRAU DERWOCHE

Nervenkostm

Ursina Muzsnyai ist seit 38

Jahren Kioskfrau im Zrcher

Quartier Hirslanden und hat

Nerven wie Drahtseile. Zehn

Mal wurde sie schon berfal-

len. Sie wurde mit Pfefferspray

traktiert, auf den Kopf ge-

schlagen und mit Messer und

Pistole bedroht. Nun rumte

ihr krzlich eine Einbrecher-

bande nachts auch noch die

Zigarettenvorrte leer. Auf-

geben kommt fr die tapfere

Dame trotzdem nicht in Frage.

Hut ab vor so viel Courage,

Madame.

BilderWDR/Seip,SophieStieger(Tages-Anzeiger)

Seit 1985 schaut die Z

Hosen an im Rock

Im Erfolgsmusical Die Schwei-

zermacher wird der Part der

resoluten Hauswartin Frau Galli

knftig von einem Mann gespielt.

VolksschauspielerWalter

Andreas Mller (65) schwingt

fortan nicht nur den Staub-

wedel, sondern auch gekonnt

die Hften. Erfahrung mit dem

Geschlechterwechsel hat er

gengend. WAM spielte schon in

frheren Jahren mit

Bravour die

Detektivin Miss

Marple und die

Titelrolle in

Charleys Tante.

Alles eher herbe

Frauen, die zwar

einen Rock

tragen, aber

definitiv die

Hosen

anhaben.

Ganz wie

Frau Galli.

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ays Schwanz fhrt in dieHhe,

die Nase klebt am Boden.

Rasend schnell schiesst der

Appenzeller-Border-Collie-Misch-

ling durch den Garten eines Ein-

familienhauses in Zrich. Quer

durch die tiefen Bsche, um die

Holzbeige herumund schliesslich

unter die grosse Tanne. Am ande-

ren Ende der langen Lederleine

folgt Ann Bachmann (29) ihrem

Hund. Kurz darauf bellt Jay aufge-

regt unter der Tanne hervor. Tat-

schlich, als Ann Bachmann nach-

schaut, findet sie einen jungen

Igel unter der Tanne.

Das Haus soll bald abgerissen

werden. Da die Bewohner Igel-

freunde sind, haben sie Ann Bach-

mann und ihren Igelsuchhund

gerufen, um den Garten zu pr-

fen, bevor dieser gerodet wird und

die Baumaschinen auffahren.

Ann und Jay sind das einzige

Igel-Suchteam der Schweiz

Ann Bachmann und Jay sind das

bisher einzige Igel-Suchteam in

der Schweiz und nehmen seit

einem Jahr Auftrge entgegen.

Vor drei Jahrenhabe ich entdeckt,

dass Jay ein Talent hat, Igel zu fin-

den, sagt die eidgenssisch diplo-

mierte Tierpflegerin undHundein-

struktorin. Im Garten meiner El-

tern strmte Jay pltzlich los und

belltewie verrckt.Da sah ich, dass

er einen Igel aufgesprt hatte.

Der Mischlingsrde hatte

schon immer einen ausgeprgten

Jagdtrieb. Anfangs jagte Jay alles,

was sich bewegte, und zeigte sich

aggressiv. Deswegen hat ihn seine

frhere Besitzerin als Einjhriger

abgegeben. Als neue Besitzerin

begann Bachmannmit demHund

zu arbeiten. Er brauche wie jeder

Hund geistige und krperlicheHe-

rausforderungen. Jay arbeitet ger-

ne mit der Nase. Das setze ich auf

der Igelsuche gezielt ein.

Jay hat das Leben der Tier-

pflegerin verndert. Damit sie ihn

berallhin mitnehmen kann,

wechselte sie den Job und arbeitet

Suech Igeli!

Ann Bachmann und ihr Hund Jay sind das einzige

Igelsuchteam der Schweiz. Mit ihrer Arbeit bewahren die

beiden viele Tiere vor dem sicheren Tod.

heute Teilzeit fr den Tierschutz-

vereinWinterthurund imIgelzent-

rumZrich (IZZ). Vor zwei Jahren

grndete sie zusammenmit ihrem

Partner zudem eineHundeschule.

Dort bietet sie neben der Hunde-

ausbildung auch Verhaltensthera-

pien fr Hunde an. Vor Kurzem

liess sie sich, motiviert durch ihre

Erfolge mit Jay, zur diplomierten

tierpsychologischen Beraterin

I.E.T. (Institut fr angewandte

Ethologie und Tierpsychologie)

weiterbilden. Jay hat nicht nur

viel von mir gelernt, sondern ich

vor allem auch von ihm, sagt Ann

Bachmann und streichelt ihrem

Hund liebevoll den Kopf. Die er-

folgreiche Igelsuche hat zwar nur

knapp 15 Minuten gedauert, war

aber enorm anstrengend fr Jay.

Wenn er seine rote Schabrake mit

dem aufgenhten schwarzen Igel-

logo nicht trgt, ist der Misch-

lingsrde ruhig und zutraulich.

Whrend zweier Jahre hat Ann

Bachmann mit Jay die Igelsuche

trainiert. Zuerst habe ich ihn ge-

lehrt, sich vor dem Igel hinzule-

gen und ihn nicht zu berhren. So

zeigt er mir zuverlssig den Fund

eines Igels an. Es ist sehr wichtig,

dass der Hund sich beherrschen

kann und den Igel nicht verletzt.

Die Stacheltierchen riechen,

wenn ein Hund im Anzug ist und

kugeln sich sofort ein. So auch der

Jungigel, den Ann Bachmann mit

den Handschuhen unter der Tan-

ne hervorholt. Er muss sich fr

denWinterschlaf noch etwasmehr

Fett anfressen, den er bald antre-

ten sollte. Igelmssenmindestens

550Gramm schwer sein, damit sie

den Winterschlaf berstehen.

Die junge Frau packt das immer

noch zur Kugel geformte Tierchen

in eine mit Stroh gefllte Trans-

portbox und bringt es ins IZZ.

Dort wgt sie den Igel mit der

Kchenwaage und untersucht ihn.

Er kommt zu den anderen neun

Igeln, die zurzeit im Igelzentrum

wegen Parasiten, einemgebroche-

nen Bein oder anderen Krankhei-

ten behandelt werden und auf ihre

Auswilderung warten. Igel sind

Die Suche nach dem Igel dauert meist nicht lange. Aber sie ist fr Jay sehr anstrengend. Nach getaner Arbeit gnnt

MENSCHENSPRHUND

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21

Wildtiere, die nicht fr lngere

Zeit eingesperrt bleiben drfen.

Auch wenn einige unserer Besu-

chermit der Zeit richtig zutraulich

werden, sagt Ann Bachmann.

Die Nachfrage ist gross, ein

zweiter Hund in Ausbildung

Das IZZ stellt das gesamteMateri-

al zur Verfgung, um eine Um-

siedlung des Igels zu vereinfachen:

eine Futterkiste, die nur fr Igel

zugnglich ist und wo der Igel mit

Katzenfutter gefttert wird, eine

Schlafbox, die mit Laub gefllt

wird, und einen zehnMeter langen

Zaun, der den Igel davor bewahrt,

wieder in sein ursprngliches Re-

vier zurckzukehren, wo die Bag-

ger am Werk sind. Nach Abbruch

des Objekts, wenn keine Gefahr

mehr fr den Igel besteht, mssen

der Zaun entfernt werden, spter

auch die Kisten. Dann ist der Igel

wieder auf sich allein gestellt.

Igel verstecken sich am liebs-

ten in Laubhaufen, Scheiterbeigen

oder im Gebsch. Wenn sich sol-

che Verstecke auf einem Gebiet

befinden, wo eine Siedlung abge-

rissen oder Bauerwartungsland

gerodet wird, kann man selber

vorsichtig und von Hand das Ver-

steck abtragen und nach Igeln su-

chen.Wenn es sich um einen grs-

seren, verwilderten Garten han-

delt, den man selber nicht durch-

suchen kann, sollte man sich an

Ann Bachmann wenden mg-

lichst schon einen Monat vor der

Rodung, damit sie entsprechend

planen kann. Ann Bachmann er-

hlt von Bewohnern der Abbruch-

huser, Nachbarn, Baugenossen-

schaften oder Bauunternehmen

mehr Auftrge, als sie alleine aus-

fhren kann. Deswegen bildet sie

zurzeit den Hund einer Freundin

ebenfalls zum Igelsprhund aus.

Damit schon bald ein zweites

Team fr Einstze bereitsteht. Bis

es aber so weit ist, hrt nur Jay auf

das Kommando: Suech Igeli!.

Text Katrin Meier

Bild Renate Wernli

www.izz.ch/igelsuchhund;

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Die Suche nach dem Igel dauert meist nicht lange. Aber sie ist fr Jay sehr anstrengend. Nach getaner Arbeit gnnt Ann Bachmann ihm eine lange Pause.

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BILD DERWOCHE

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BilderRogerBerger/Leser-Reporter20MinutenOnline,RalfSuter

MINUS EINWASSERFALL

FRAGE DERWOCHE

Warumkann ein

Schwangerschafts-

test auch bei

Mnnern positiv

sein?

Das kommt tatschlich vor und

zeigt alles andere als ein freudiges

Ereignis an. Es ist vielmehr eine

dringende Aufforderung, sofort zum

Urologen zu gehen. Bei Hodenkrebs

produzieren Mnner ein Alfa-

Fetoprotein (AFP) sowie das

Hormon HCG. Beides entsteht

normalweise nur whrend einer

Schwangerschaft. Warum Mnner

ihren Urin testen? Aus Jux und

Tollerei.

Wennman Sankt

Leodegar streicht,

musswenigstens

ein Heiliger-Ospel-

und ein Sankt-

Burn-out-Tag her.

Lukas Niederberger (46),

Zentralredaktor des Pfarrei-

blatts des Kantons Luzern,

ussert im Tages-Anzeiger

seine Meinung zu den Plnen

des Luzerner Wirtschaftsver-

bandes. Der will den Feiertag

zu Ehren des Stadtheiligen

streichen, weil am 2.Oktober

alle Luzerner zum Shoppen

nach Zrich pilgern und den

einheimischen Gewerbe-

treibenden Zehntausende

Franken Umsatz entgehen.

ZITAT DERWOCHEZITAT DERRRRRRWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWWOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOCHE

Eine ganze Felsplatte samt den darauf stehenden Tannen krachte im Muotathal ber 200 Meter in die

Tiefe. Ein paar Sekunden spter waren nicht nur die markante Felsnase, Bume und 100000 Kubikmeter

Fels weg, sondern auch der prchtige Richitobelfall. Er war mit ber 100 Metern einer der hchsten

Wasserflle der Schweiz und das Wahrzeichen vomMuotathal SZ.

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MENSCHENDOLMETSCHER

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25

Damit alle

lachen knnen

Premiere am Arosa Humor-Festival:

Gebrdensprachdolmetscher Renato

Pesavento bersetzt das Programm

des deutschen Kabarettisten Django Asl.

H

tten Sie gewusst, dass fr

den Namen Christoph Blo-

cher in der Gebrdensprache

eine niedersausende Faust steht?

Oder fr Micheline Calmy-Rey

eine Haarstrhne? Und fr Pascal

Couchepin nicht gerade poli-

tisch korrekt seine prominente

Nase? Bei der Tagesschau des

Schweizer Fernsehens, fr die der

Gebrdensprachdolmetscher Re-

nato Pesavento (40) regelms-sig

bersetzt, muss es eben schnell

gehen, da kannman nicht jeden

Namen umstndlich buchsta-

bieren. Eine ganz neue Auf-

gabe stellt sich Pesavento

am 10.Dezember. Dann

nmlich dolmetscht er

das Programm Fragil

des deutschen Kabaret-

In der Schweiz leben

schtzungsweise

10 000 Gehrlose

Zurzeit gibt es in der Schweiz

mehr als 90 professionelle

Gebrdendolmetscher. Sie

werden von der Stiftung Procom

vermittelt (www.procom-

deaf.ch). Eine Ausbildung zum

Gebrdensprachdolmetscher

kann man an der Interkantonalen

Hochschule fr Heilpdagogik

in Zrich absolvieren

(www.hfh.ch). In der Schweiz

werden die deutschschweizeri-

sche, die franzsische und die

italienische Gebrdensprache

verwendet. Manche Schwer-

hrige knnen auch Dialekt von

den Lippen ablesen.

www.sgb-fss.ch

www.bgd.ch

tisten Django Asl (38) am Arosa

Humor-Festival eine Premiere

fr denKnstler, denDolmetscher

und das Festival. Die Veranstalter

startenmit dieserVorstellung einen

Versuchsballon. Man rechnet an

jenemAbendmit bis zu 150 gehr-

losen Zuschauerinnen und Zu-

schauern. Ihr Feedbackwird dann

mit entscheiden, ob dasGebrden-

sprachangebot im nchsten Jahr

vielleicht weiter ausgebaut wird.

Die Idee findet Django Asl

gut, auchwenn er sichmomentan

noch schwer vorstellen kann, wie

sein Programmwohl in Gebrden-

sprache wirkt. Wichtig ist ihm,

dass die bersetzung alle hren-

den Zuschauer nicht von seinem

Programm ablenkt. Das

wird kein Duo-Abend. Die

Renato Pesavento (links) wird in Arosa Django Asls Gags fr Gehrlose bersetzen.

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Bhnenmitte gehrtmir!,

stellt er schon einmal vorab

klar. Und wie Pesavento die ber-

setzung dann hinbekomme, sei ja

zumGlck sein Problem,meint er

und lacht. Der knstlerische Lei-

ter des Festivals, Frank Baumann,

hat Asl fr dieses Experiment ge-

zielt ausgewhlt: Er ist ein gross-

artiger Polit-Texter und damit bes-

ser bersetzbar als zum Beispiel

ein Musiker.

Nicht alles kann man

eins zu eins bersetzen

Tatschlich kommt da eine echte

Herausforderung auf den Gebr-

densprachdolmetscher zu. Denn

Django Asl ist ein waschechter

Bayermit trkischemPass. Zu sei-

nen Markenzeichen gehrt nicht

nur sein bayerischer Dialekt, son-

dern auch das Parodieren eines

trkischenGastarbeitersmit einer

eher eigen-willigen Auffassung

von deutscher Grammatik.

Eins zu eins kann ich das

wirklich nicht bersetzen, gibt

Pesavento zu. Ich kann den Zu-

schauern dann nur gebrden, dass

Django Asl bayerisch spricht,

oder dass er jetzt gerade redet

wie ein Trke, der nicht richtig

Deutsch kann. Und das wieder-

um ist fr einen Gehrlosen be-

sonders schwer vorstellbar, da er

diese Situation im Gegensatz zu

Hrenden meist noch nie erlebt

hat. Ein Gehrloser muss sich

das dann so vorstellen, als wrde

ein Trke die trkische und die

deutsche Gebrdensprache ver-

mischen, erklrt Pesavento. Auch

Wortspiele wrden schwierig.

Es kann schon sein, dass Gehr-

lose nicht jedenWitz gleichwitzig

finden wie Hrende. Ich habe es

auch schon umgekehrt erlebt,

erzhlt er.

Als er 18 war, kam Renato Pe-

savento zum ersten Mal mit der

Gebrdensprache in Berhrung,

als ein Gehrloser ihn im Zug

nach der Uhrzeit fragte. Pesavento

war sofort fasziniert. Wie ein

Magnet habe es ihn zu dieser

Ausbildung hingezogen, sagt er.

Seit zehn Jahren arbeitet er nun

als Dolmetscher, und die Gebr-

den gehen ihm oft schneller von

der Hand, als manch Hrender

artikulieren kann. Das Finger-

alphabet ist oft nur ein Hilfsmit-

tel, das etwa bei Ortsnamen oder

Fremdwrtern zum Einsatz

kommt. Selbst Personennamen

werden, wenn mglich, durch

eine Namengebrde ausgedrckt.

Auch die Mimik kann ein bedeu-

tender Teil der Gebrde sein.

Neben der Tagesschau, bei

der er imWechselmit sechs Kolle-

ginnen imEinsatz ist,machen pri-

vate Auftrge Pesaventos Haupt-

beschftigung aus: Teamsitzun-

gen, Behrdengnge, Elternaben-

de, aber auch Hochzeiten oder

Beerdigungen. Man nimmt sehr

intensiv am Leben der Menschen

teil, fr die man bersetzt.

Manchmal muss man

Tragisches bersetzen

Das knne manchmal auch emo-

tional schwierig sein. Er erinnert

sich an eine Beerdigung, bei der

das Lied Time to Say Goodbye

des blinden Tenors Andrea Bocel-

li gespielt wurde. Ich konnte

nicht den ganzen Text bersetzen,

sonst htten mich meine Gefhle

bermannt. Auch bei der Tages-

schau knne es passieren, dass

man tragische Nachrichten dol-

metschen msse, die einem

nahegingen. Am Anfang habe er

deshalb regelmssig Supervisions-

sitzungen besucht.

Eine andere Art Auftrag nimmt

er nur ungern an: Arztbesuche.

Da nmlich wird ihm einfach

schlecht, sobald er Blut oder Sprit-

zen sieht, gesteht Pesavento la-

chend. Es bereitet ihm Freude,

eine Brcke schlagen zu knnen

zwischen Hrenden und Gehr-

losen. Dem Experiment, einen

Kabarettisten zu bersetzen, sieht

er mit Spannung entgegen.

Django Asl nimmt es eher ge-

lassen. Fr ihnwird es schliesslich

ein ganz normaler Auftritt. Mei-

ne Befriedigung besteht darin, am

Ende sagen zu knnen: Ich hatte

einen schnen Abend und die Zu-

schauer auch.Und dazu gehren

in Arosa heuer zum ersten Mal

auch die Gehrlosen.

Text Sonja Bonin

Bilder Christian Benedikt

Das aktuelle Programm Fragil gibt es

auch auf CD: www.django-asuel.de

Der deutsche Kabarettist Django Asl (rechts) freut sich auf das Experiment, stellt aber klar: Die Bhnenmitte gehrt mir!

MENSCHENDOLMETSCHER

|

27

Auftritte

Django Asl mit ber-

setzung in Gebrdensprache:

10. 12. 2010, 17.30 Uhr,

Arosa Humor-Festival

Weitere Auftritte von

Django Asl in der

Schweiz:

Mo., 6. 12. 2010,

20 Uhr im Theater Fauteuil

in Basel

Di., 7. 12. 2010, 20.30 Uhr

in der Chollerhalle in Zug

Mi., 8. 12. 2010,

20 Uhr im Theater

La Cappella in Bern

Do., 9. 12. 2010, 20.15 Uhr

im Kulturm in Solothurn

Sa., 11. 12. 2010, 20 Uhr im

Millers Studio in Zrich

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Moosacherstrasse 23, 8804 Au-Wdenswil (am Zrichsee)

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DERHAUSMANN Migros-Magazin 49, 6. Dezember 2010

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Du schon hier?,

entfhrt mir. Ist

was passiert?

Anna Luna

kommt berra-

schend bereits

kurz nach elf Uhr

von der Schule

heim. Ich weiss noch nicht einmal, was ich

kochen will, wollte mich gerade ins Quar-

tiermigi aufmachen. Lehrerstreik!, klrt

siemich auf. Statt zu unterrichten, htte die

Lehrerschaft sich zusammengesetzt, um zu

debattieren, wie sie sich gegen dieberlas-

tung wehren knnte.

Nichts gegen die Lehrerinnen und Lehrer, ich be-

neide sie nicht. Nur geht mir unweigerlich

durch denKopf, wirHausfrauen knnten ja

auch mal ja: streiken! Von berlastung

knnen wir ein, zwei Liedlein singen. Im-

merhin leisten wir in der Schweiz jhrlich

und falls Sie nicht ohnehin gerade kfelen

(frau gnnt sich ja sonst nichts), ist es viel-

leicht besser, wenn Sie sich jetzt setzen

wir leisten unbezahlte Arbeit im Wert

von 370Milliarden Franken. Aberwiewoll-

te, wer Gratisbez macht, streiken? Das

Telefon reisstmich aus demGedankenspiel.

EinHerr von Swissaid fragt, ob ich nicht

Eh, haben Sie jetzt Pech, unterbreche ich

ihn, dass ich grad vor einer halben Stunde

denMdecins sans frontires 50 Stutz ber-

wiesen habe undmein Spendenkonting

Ob ich nichtwenigstensmeinen jhrlichen

Betrag aufrunden mchte? Jhrlicher Be-

trag? Stimmt, ganz vergessen dawar doch

vor Jahren die freundliche junge Frau, die

mich auf offener Strasse berredete, Swiss-

aid per Lastschriftverfahren jedes Jahr 120

Franken zukommen zu lassen. Der nette

Callcentermensch spricht von Saatgut-

multis und verarmten Bauern und

ich denke: Was koche ich heute bloss? Um

abzukrzen, sage ich: Dann halt.Momoll,

runden Sie den Betrag auf jhrlich 150

Franken auf!

Adieu! Allein in

den letzten zehn

Tagen gingen Pro

Juventute, Christli-

cherFriedensdienst,

Pro Natura, Caritas,

Tierschutz, Hel-

vetas, die Schweize-

rische Bibliothek

fr Blinde, das Sterbehospiz Lighthouse,

dieser Kambodschadoktor, Terre des

hommes, ein Waisenheim in Nepal, eine

Stiftung fr Alterswohnen und zwei fr

Menschenmit BehinderungmichumSpen-

den an.Die Caritasaktion der Blinden legte

Doppelkarten mit Landschaftsaufnahmen

bei, leider nicht mein Stil. Das Rote Kreuz

schickte ungefragt einen Eisschaber frs

Autofenster, den wir mangels Auto nicht

wirklich gebrauchen knnen, und ich habe

trotzdem brav einbezahlt. Hans meinte im

Ernst: Gu, das ist ein Teigschaber?, und

steckte ihn in die Kchenschublade.

Die Adventsbettelei ist in vollem Gang. Und be-

stimmt wollen die Kinder nchste Woche

auch bei Jeder Rappen zhlt wieder mit-

spenden. Aber warum kommen die alle,

alle immer zur Vorweihnachtszeit? Ahnen

sie unser schlechtes Gewissen angesichts

der ppigenGeschenkkufe? Zielen sie auf

den 13.Monatslohn? Sorry, hab ich keinen.

Oder rechnen sie sich aus, das in diesen

Kerzenschimmertagen zelebrierte eigene

Familienglck stimme einen empfindsamer

fr dasUnglck anderer?Gewisswre jedes

beschriebene Schicksal der Anteilnahme

wrdig, aber nhme ich stets Anteil, ich

wrde

Richtig: das Kochen vergessen. Schon strmt

Hans in die Wohnung: Was gits z sse?

Himmel, schon zehn nach zwlf? Ich:

hm, es gibtRascher Blick in denVor-

ratsschrank. Tomatenrisotto! Kurzer

Blick auf die Packung des Fertigrisottos

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Basel 0617115577

Bern 0319961313

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grsstenTiroler See umrahmen und eine wunderbare Glitzerlandschaft, die

geradezu aufWinter-Enthusiasten zu warten scheint. 200 Loipenkilometer,

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Migros Magazin 49 2010 d NE