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1 Mit einer kleinen Gruppe von 8 Personen besuchten wir vom 19. - 26.03.2016 Istanbul, das ehemalige Konstantinopel. Vor der Fahrt schreckten immer wieder Anschläge in der Türkei und zuletzt auch in Istanbul etliche, die eigentlich noch mitfahren wollten, ab. So blieb ein kleiner Kern übrig, der sowohl die zahlreichen Sehenswürdigkeiten Istanbuls besichtigen als auch zugleich einen Eindruck über die aktuelle Entwicklung in der Türkei gewinnen wollte. Auf dem Flughafen Düsseldorf erreichte uns die Meldung: Terror-anschlag in Istanbul mit 5 Toten. Wir informierten uns über das Geschehen, blieben aber dabei, unsere geplante Fahrt fortzusetzen. Nach der Ankunft in Istanbul erfuhren wir von unserem Führer, zunächst sollten alle Touristen möglichst im Hotel bleiben. Daher verständigten wir uns mit dem Führer darauf, unser ursprünglich geplantes Besuchsprogramm um einen Tag zu ver- schieben. Doch es hielt uns am nächsten Tag nichts im Hotel, sondern wir erkun- deten Istanbul auf eigene Faust. So besuchten wir die touristischen und kulturellen Highlights wie die

Mit einer kleinen Gruppe von 8 Personen besuchten wir vom ... · 1 Mit einer kleinen Gruppe von 8 Personen besuchten wir vom 19. - 26.03.2016 Istanbul, das ehemalige Konstantinopel

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Mit einer kleinen Gruppe von 8 Personen besuchten wir vom 19. - 26.03.2016

Istanbul, das ehemalige Konstantinopel. Vor der Fahrt schreckten immer wieder

Anschläge in der Türkei und zuletzt auch in Istanbul etliche, die eigentlich noch

mitfahren wollten, ab. So blieb ein kleiner Kern übrig, der sowohl die zahlreichen

Sehenswürdigkeiten Istanbuls besichtigen als auch zugleich einen Eindruck über die

aktuelle Entwicklung in der Türkei gewinnen wollte. Auf dem Flughafen Düsseldorf

erreichte uns die Meldung: Terror-anschlag in Istanbul mit 5 Toten. Wir informierten

uns über das Geschehen, blieben aber dabei, unsere geplante Fahrt fortzusetzen.

Nach der Ankunft in Istanbul erfuhren wir von unserem Führer, zunächst sollten alle

Touristen möglichst im Hotel bleiben. Daher verständigten wir uns mit dem Führer

darauf, unser ursprünglich geplantes Besuchsprogramm um einen Tag zu ver-

schieben. Doch es hielt uns am nächsten Tag nichts im Hotel, sondern wir erkun-

deten Istanbul auf eigene Faust. So besuchten wir die touristischen und kulturellen

Highlights wie die

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gingen durch Teile der Altstadt in Richtung Galatabrücke und ließen uns dort in

einem Fischrestaurant von uns ausgesuchte Fische auf unterschiedliche Weise zube-

reiten und uns kulinarisch verwöhnen.

Nach erfolgter Stärkung, fuhren wir mit der Tünel-Bergbahn zur Fußgängerzone

Istiklal Caddesi, bummelten weiter in Richtung Taksim-Platz mit dem Unabhängig-

keitsdenkmal und kamen dabei am Ort des Anschlages vorbei.

Ein verhangenes Schaufenster, zahlreiche Blumen und Pressevertreter machten uns

als Passanten deutlich, was hier geschehen war. In den folgenden Tagen konnten wir

unser geplantes Programm mit

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Unterirdischem Palast,

,

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problemlos durchführen. Gespannt verfolgten wir die Meldungen im Fernsehen,

doch in Istanbul schien es wieder weitgehend ruhig zu sein und so bestand kein

Grund zur Beunruhigung. Vor der geplanten Besichtigung des

Dolmabahce-Palastes,

erreichte uns die Meldung von den Anschlägen in Brüssel mit zahlreichen Toten. Auf

einmal war der Terror wieder da, diesmal an einem Ort, der bis dahin verschont

geblieben war. Im Hotel verfolgten wir am Abend die Bilder aus Brüssel und be-

griffen, dass der Terror auch in Zukunft Thema bei geplanten Reisen sein wird. Doch

sind die Regionen, die heute noch als sicher gelten, dies morgen auch noch? In

Istanbul erlebten wir hautnah die Folgen von Terroranschlägen: leere Hotels, das

Fernbleiben der großen Kreuzfahrschiffe, die Ernüchterung bei unserem Führer, der

immer wieder über stornierte Reisen informiert wurde und die Händler im Bazar, die

fast schon verzweifelt ihre Produkte anboten. Die Folgen für den Tourismus waren

deutlich spürbar und wir fragten uns, was bedeutet dies für die Menschen in Istanbul

und der Türkei, wenn dieser wichtige Wirtschaftszweig zusammenbricht. Als

Touristen vor Ort profitierten wir sicherlich davon, denn die sonst so beliebten

Sehenswürdigkeiten blieben weitgehend verwaist und wir konnten in aller Ruhe

ohne die sonst üblichen Menschenmassen die touristischen Höhepunkte erleben. So

erlebten wir in diesen Tagen Istanbul in einer von Touristen gemiedenen Zeit. Auf

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den Straßen sahen wir auch die Veränderung der letzten Jahre. Immer mehr Frauen

mit Kopftuch, Schleier oder Burka. Zufall oder Folge einer politischen Wende unter

Erdogan?

Istanbul als offene und westlich orientierte Stadt verändert sich m.E. nicht nur

äußerlich deutlich. Kritik an der Regierung ist selten und oft nur hinter vorgehaltener

Hand zu hören. Der Präsident Erdogan besitzt einen starken Rückhalt in der Bevöl-

kerung und dennoch scheint die Entwicklung mit unseren Vorstellungen von Demo-

kratie und Meinungsfreiheit immer schwerer vereinbar. Auch gesellschaftliche Ent-

wicklungen sind spürbar. Wir hörten in diesen Tagen in den Medien von der Frau des

Staatspräsidenten Aussagen, die sicherlich die Rolle der Frau verändern sollen und

nach unserem Denken eher rückläufig sind. Nach ihrer Meinung sollten Frauen

eigentlich im Harem aufwachsen und die Zahl der Kinder stärker zunehmen, um die

Bevölkerungszahl von 100 Millionen zu erreichen. Diese Beobachtungen stimmen

nachdenklich, auch in der Frage einer etwaigen Mitgliedschaft der Türkei in der EU.

Doch können wir unser Gesellschafts- und Demokratieverständnis immer so leicht

auf andere übertragen? Haben nicht viele Länder, die den sog. Arabischen Frühling

erlebten, längst wieder eine andere Richtung eingeschlagen? Daher bleiben nach

einem Besuch der türkischen Metropole offene Fragen, zugleich aber bleibt die

Faszination dieser Weltstadt, die immer wieder einen Besuch wert ist und aufgrund

der Freundlichkeit seiner Bewohner einen Reiz ausübt, dem man sich nicht

entziehen kann. Wer mit dem Schiff eine Bosporusfahrt unternimmt, wird Eindrücke

mitnehmen, die man nicht vergessen kann. So wird Istanbul auch weiterhin ein Ziel

für Menschen sein, die Kultur suchen und erleben wollen. Zugleich werden aber die

Fragen, in welche Richtung sich die Türkei entwickeln wird, spannend und offen

bleiben.

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„Stadt der Tulpen“

Blick auf Sülemaniye

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Tulpenmoschee

Chora-Kirche

Friedhelm Haun im April 2016