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An der Universität lernten wir, dass die Kanäle mit Rea-mern, Kerr- oder Hedström-Feilen aufzubereiten sind. Vor-wiegend verwandten wir dabei die Step-Back-Methode. Eswurde darauf hingewiesen, Zipp und Ellbow bei der Aufbe-reitung zu vermeiden und die Kanäle wurden mit lateralerKondensation abgefüllt. Mir war zu diesem Zeitpunkt nur
klar, dass ich einen erdenklich ordentlichen Raum schaffenmuss, um meine möglichst vielen Guttaperchastifte einzu-bringen. Bei verschiedenen Fortbildungen, besonders beiKursen bei dem großen Franklin S. Weine erfuhr ich mehrüber Kanalanatomie, die Notwendigkeit der Keimfreiheitund die Wichtigkeit des Kofferdams. Wir fertigten uns indi-viduelle Feilen, indem wir sie entsprechend bogen und feil-ten die Enden so, dass sie bei der Aufbereitung bei ge-krümmten Kanälen keinen Ellbow produzierten. Diesgeschah alles mit sehr viel Aufwand und war sehr arbeits-und zeitintensiv. Die daraus resultierenden Ergebnisse wa-ren meist zufriedenstellend, allerdings hatte ich extrem sel-ten auch nur annähernd abgefüllte Seitenkanäle. Weitere Kurse warfen meine ursprünglichen Gedankenüber den Haufen. Mittlerweile weiß ich, dass der einzigeGrund des Aufbereitens der ist, meine Spülkanüle einzu-bringen. Die ausreichende Spülung ist der Garant für eineerfolgreiche Wurzelfüllung. Ich spüle mit warmer, fünf-prozentiger Natriumhypochlorid-Lösung nicht weniger
als eine Stunde. Die Lösung muss die Bakterien im Wur-zeldelta so lange penetrieren, um eine möglichst großeKeimreduktion zu erzielen. Dadurch wird unser Problem,die apikale Parodontitis, eine polymikrobielle Erkrankung,verursacht durch opportunistische, anaerobe Mikroorga-nismen, verhindert. Meine Längenbestimmung wird nichtmehr durch Röntgenmessaufnahmen festgelegt, son-dern durch Endometrie mit dem Längenmesssystem vonMorita.
Moderne Wurzelfülltechnik mit thermoplastischer Guttapercha
Ich erzähle meinen Patienten immer, dass sich meiner Meinung nach in keiner anderen Disziplininnerhalb der Zahnheilkunde so viel getan hat wie im Bereich der Endodontie. Obschon natür-
lich auch in anderen Bereichen bedeutende Fortschritte gemacht wurden, aber für mich hat sichdas Thema Endodontie revolutioniert. Ich habe meine Praxis jetzt etwas mehr als 10 Jahre
und Patienten, bei denen ich am Beginn meiner Praxistätigkeit eine Wurzelfüllung gemacht habeund die jetzt eine neue bekommen, sind erstaunt über den Wandel der Behandlungsweise.
Heiko Jakob
DS 2/2006 www.FranzMedien.com
Aufbereitung vormals massiv obliterierter Kanäle
Beispiel einer schwierigen apikalen Wurzelanatomie
Beispiel einer schwierigen apikalen Wurzelanatomie (der 6er wurde nichtin unserer Praxis gemacht)
BEISPIEL 1
Seit nunmehr einigen Jahren bereite ich mit rotierendenNickel-Titan-Feilen meine Kanäle auf – welch ein Fort-schritt bringt uns dieses geniale Material! Durch diese Artvon Feilen hat es einen Paradigmenwechsel von Step-Back-Technik hin zu Crown-Down, Balanced Forced bzw.Step-Down gegeben. Auch die universitäre Lehrmeinung wurde ab Ende der90er Jahre angeglichen. Durch dieses Verfahren zeichnetsich in den letzten Jahren eine erfreuliche Entwicklung zuhöherer Qualität in der Wurzelkanalbehandlung ab. DerWechsel zur Crown-Down-Technik bringt viele Vorteile,bei den sehr schwierigen Zähnen bekommen wir neueChancen der Aufbereitungsmöglichkeit und bei den ein-fach zu lösenden Fällen wird die Aufbereitung erheblichzeitsparender und leichter.
Dies ist nicht nur eine erhebliche Aufwertung meiner Ar-beit, sondern nebenbei auch eine massive Schonung mei-ner Handmuskulatur. Zudem besitze ich, seit nunmehr einigen Jahren, ein Opera-tionsmikroskop, auf das ich nicht mehr verzichten möchte.Der Einblick in die Kanalanatomie erreicht komplett andereDimensionen, die man nicht erahnen würde, wenn man esnicht sähe. Seit ich das Mikroskop benutze, finde ich übri-gens in >95% der oberen Sechser einen vierten mesiopala-tinalen Kanal. Ich denke nicht, dass sich meine Patienten aufeinmal so geändert haben und plötzlich mehr Kanäle be-kommen, ich denke, es liegt wohl daran, dass ich sie frühereinfach nicht gefunden habe. Mittlerweile gehe ich davonaus, dass in den <5% der Molaren mit drei Kanälen der vier-te durch mich nicht gefunden wurde.
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Patientin mit röntgenologischen Aufhellungen apikal und vertikal, werdenkt da nicht an ein parodontales Problem? Kürretage wäre hier die absolut falsche Therapie!
Röntgenkontrolle, jetzt wissen wir auch, woher der distale Knochen-einbruch rührt
Es wurden die definitiven Restaurationen entfernt und Provisorien herge-stellt, nunmehr kann der Kofferdam angelegt werden
BEISPIEL 2
Die durch das Provisorium trepanierten Zähne
Die abgefüllten Zähne mit der komprimierten Guttapercha
Abschlussbild der wiederbefestigten Kronen
/// NUN ZUM PROCEDERENach dem unabdingbaren Anlegen des Kofferdams (ichbenutze hierbei zumeist den sehr einfach anzulegendenEinwegkofferdam von Zirc) schaffe ich eine ausreichendgroße Zugangskavität. Auf die ausreichende Größe kannich nur immer wieder deutlich hinweisen, da mir oft beiüberwiesenen Patienten auffällt, dass die Kollegen sich dasLeben erheblich leichter hätten machen können, wenn siesich Überblick verschafft hätten. Hierbei ist darauf zu ach-ten, dass man einen senkrechten Zugang zum Kanal hat.Dadurch bekomme ich die geringste Kanalkrümmung. DieReinigung des apikalen Drittels wird durch die Begradigungerleichtert. Nach Abtragung des gesamten Pulpenkammer-daches werden die Kanäle mit kleinen Feilen dargestellt.Ich gehe dabei nicht in die Tiefe und versuche auch nichtschon aufzubereiten, ich will nur die Anatomie und dieDurchgängigkeit überprüfen. Als übliche Feilen benutze ichhierfür 06–10er Reamer. Übrigens sei nur am Rande er-wähnt, dass es im meiner Praxis keine Hedstöm-Feilenmehr gibt! Nachdem ich die Kanäle gefunden habe, begin-ne ich das Preflairing mit den Gates-Bohrern. Dies nimmtmeist einen großen Teil der Zeit bei der Aufbereitung ein.Nach jedem Durchgang mit den Gates-Bohrern spüle ichden Kanal, gehe mit meiner Patency-Feile in den Kanal,spüle erneut und nehme anschließend den nächst größe-ren Gates-Bohrer. Wenn ich mit Größe drei nicht mehr
weiterkomme, fange ich wieder bei der Größe eins an. Die-ser Vorgang wird so lange wiederholt, bis ich einen gutenKanalzugang habe. Es ist darauf zu achten, dass die Gates-Bohrer immer mit Druck auf die nach außen liegende Ka-nalwand aus dem Kanal gezogen werden. Es ist völlig nor-mal, wenn dabei einige Gates-Bohrer brechen. Röntgenbil-der werden nicht als Messaufnahme angefertigt, sondernnur, um sich der Kanalanatomie gewiss zu werden. Im Folgenden wird die Kanallänge endometrisch gemes-sen und mit den Nickel-Titan-Feilen nach der Crown-Down-Technik aufbereitet. Die Patency-Feile muss immerglatt und ohne Widerstand einbringbar sein. Ich benutzedie Nickel-Titan-Feilen Mity Rotofiles, da man mit diesenFeilen theoretisch auch Step-Back arbeiten kann und eineschöne Aufbereitung für die heiße Multi-Fill-Guttaperchabekommt. Die Feilen werden zudem mit einem EDTA-Gleitmittel beschickt, da dieses das Aufbereiten erleich-tert. Je nachdem wie lange meine Aufbereitung dauert,führe ich meine Spülungen noch am aufbereiteten Kanalfort. Es ist darauf zu achten, dass man keinesfalls zuschnell spült. Es sollte nicht mehr als 1 ml pro Minute inden Kanal eingebracht werden. Als Spülkanülen verwen-de ich die Kanülen nach Dr. J. Buquet.Die Spülung mit Chlorhexidin ist im Falle eines Gangränsoder einer Revision zur Bekämpfung des Enterococcusfaecalis zusätzlich zu empfehlen. Nach abgeschlossener
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Kontrollaufnahme nach drei Monaten. Die Aufhellungen sind restlos verschwunden
Auf der Eingangsaufnahme könnte man denken, dass es sich um einenFurkationsbefall handelt, nach der Wurzelfüllung weiß man, warum dieWurzelspitzenresektionen oftmals nicht erfolgreich sind
Der abgefüllte Zahn, man beachte die Auffüllung der internen Resorption.Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Zahn langfristig entwickelt
Alio loco durchgeführte, nicht erfolgreiche Wurzelfüllung mit frakturiertemInstrument
BEISPIEL 4BEISPIEL 3
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Aufbereitung (bei der Multi-Fill-Technik mindestens ISO35, besser ISO 40) und der ausgedehnten Spülung gehtes dank der thermoplastischen Guttapercha des Multi-Fill-Systems dann schnell und ohne extremen Aufwand demEnde entgegen.
/// VORAB ETWAS THEORIE ZUR ABFÜLLTECHNIKDie Idee dieser Abfülltechnik besteht darin, erwärmteGuttapercha durch Rotation mittels eines Nickel-Titan-Compaktors in den geschaffenen Hohlraum forciert ein-zubringen, um damit einen den angestrebten dreidimen-sional hermetischen Verschluss des gesamten Wurzel-kanalsystems zu gewährleisten. Die Multi-Phase-Technikarbeitet in einzeitiger, zweiphasiger Arbeitsweise durchdie unterschiedlichen Guttapercha-Arten. Die Phase-I-Guttapercha, ist eher stabil und entspricht in seiner Zu-sammensetzung derjenigen der Guttapercha-Stifte. DiePhase-II-Guttapercha hat einen niedrigeren Schmelz-
punkt, hat eine geringere Viskosität und zeichnet sich vorallem durch seine hohen adhäsiven Kräfte aus. Die Obdu-ration geschieht durch einen Compaktor, der wie eineumgekehrte Hedström-Feile gestaltet ist. Untersuchun-gen haben gezeigt, dass die apikale Abdichtungsqualitätdieser Art von Wurzelfülltechnik signifikant höher ist alsbei der zumeist verwandten lateralen Kondensation.
/// DIE PRAKTISCHE ANWENDUNG DER ABFÜLLTECHNIK
Es gibt die Möglichkeit, die Guttapercha mit oder ohneSealer in das Kanalsystem einzubringen. Wenn ich einenSealer benötige, benutze ich hierbei immer AH 26. Nachdem Beschicken des Compaktors mit der Phase-I- undPhase-II-Guttapercha sollte man den Compaktor zügig inden Kanal einbringen. 15 Sekunden sollten dabei nicht
überschritten werden. Der Compaktor wird ohne Rota-tion auf die Arbeitslänge gebracht (ausgemessene Kanal-länge minus 1 Millimeter). Man sollte das Rotieren desCompaktors nicht beginnen, wenn man das Gefühl hat,dass dieser fest sitzt, es ist dann besser, noch etwas zu-rückzuziehen.Dann erst lässt man den Compaktor mit 3000 bis zu ma-ximal 5000 RPM rotieren, hält ihn 1–2 Sekunden auf derArbeitslänge und zieht ihn dann langsam, mit leichtemDruck auf eine Kanalseite, wieder aus dem Kanal. DiesesHalten ist wichtig, da der Compaktor aufgrund seinerBauweise versucht, sich aus dem Kanal zu drücken. DieserDruck bewirkt zudem, dass die Guttapercha das apikaleDelta und die akzessorischen Hohlräume obduriert. Aber, was passiert mit einem weit offenen Apex? DieGuttapercha wird nur eine bestimmte Länge über dasEnde des Compaktors hinaus transportiert. Man mussalso schon bei der Aufbereitung darauf achten, um wel-che Art von Foramen es sich handelt und die definitiveKanallänge muss genau gekannt werden.Obendrein besteht die Möglichkeit, den Apex mit einemMasterpoint zu verschließen und die Guttapercha wie beider Microseal-Technik einzubringen. Dadurch wird einegute Durchmischung erzielt.
Natürlich existiert kein Verfahren, das man nur aufgrundeines gelesenen Artikels perfekt beherrscht, und es gibtauch hier eine Lernkurve, die es zu bewältigen gilt.Grundsätzlich ist festzustellen, dass das Auftragen derGuttapercha auf den Compaktor geübt werden muss unddass der Kanal ordentlich aufbereitet sein muss. Es emp-fiehlt sich sicherlich, vorher an einigen Blöcken zu übenund zudem extrahierte Zähne zu bearbeiten. Und esbleibt zu bemerken, dass nur die anatomischen Struktu-ren des Kanalsystems obduriert werden können, die zu-vor mittels Spülung freigemacht wurden!Letztendlich ist es aber eine eher leicht erlernbare Tech-nik, die in kurzer Zeit sehr gute Ergebnisse liefert. Da diekorrekte Aufbereitung der Kanäle schon schwierig genugist, soll dies ein Trost sein.
AUTORDr. Heiko JakobUerdinger Straße 246, 47800 KrefeldTel.: 02151/502727, Fax: 02151/502728E-Mail: [email protected], Internet: www.drjakob.de
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System
Großaufnahme des Compaktors
Der mit Phase I und Phase II beschickte Compaktor