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Musiktheorie an ihren Grenzen: Neue und Alte Musik 3. Internationaler Kongress für Musiktheorie 10.-12. Oktober 2003 3. Internationaler Kongress für Musiktheorie 10.-12. Oktober 2003. Musik-Akademie der Stadt Basel Bearbeitet von Angelika Moths, Markus Jans, John MacKeown, Balz Truempy 1. Auflage 2009. Taschenbuch. 468 S. Paperback ISBN 978 3 03910 475 8 Format (B x L): 15 x 22,2 cm Gewicht: 710 g Weitere Fachgebiete > Musik, Darstellende Künste, Film > Musikwissenschaft Allgemein Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

Musiktheorie an ihren Grenzen: Neue und Alte Musik ......innerhalb der Partitur praktischer Musikausbildung an? Wer sich mit unbefangenem Blick (und Ohr) durch das Programm des Basler

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  • Musiktheorie an ihren Grenzen: Neue und Alte Musik

    3. Internationaler Kongress für Musiktheorie 10.-12. Oktober 20033. Internationaler Kongress für Musiktheorie 10.-12. Oktober 2003. Musik-Akademie der Stadt Basel

    Bearbeitet vonAngelika Moths, Markus Jans, John MacKeown, Balz Truempy

    1. Auflage 2009. Taschenbuch. 468 S. PaperbackISBN 978 3 03910 475 8

    Format (B x L): 15 x 22,2 cmGewicht: 710 g

    Weitere Fachgebiete > Musik, Darstellende Künste, Film > MusikwissenschaftAllgemein

    Zu Inhaltsverzeichnis

    schnell und portofrei erhältlich bei

    Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft.Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programmdurch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr

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  • Klang-Zusammenschau – ein Theorie-Kongress an der Musik-Akademie Basel

    JOHN P. MACKEOWN

    „Theoriebildung an ihren Grenzen: …“ unter diesem programmati-schen Titel fand der 3. Kongress der Gesellschaft für Musiktheorie (GMTH) vom 10. bis 12. Oktober 2003 in Basel statt. Einerseits öff-nete sich die GMTH hiermit auch geographisch der internationalen (deutschsprachigen) Diskussion; andererseits bot die Basler Musik-Akademie (Hochschule für Musik, Schola Cantorum Basiliensis und Allgemeine Musikschule) ein Forum, das den musiktheoretischen Arbeitsbereich vom Mittelalter-Studiengang bis zum Elektronischen Studio, von historischer bis zu kompositorischer Reflexion abdeckt.

    „… Alte und Neue Musik“ bildeten Schwerpunkte für die aus über 50 Themenvorschlägen ausgewählten Referate: 1. Theorien der Musik des 20. Jahrhunderts: ihre Konzepte, ihre

    Vermittlung, ihr Verhältnis zur Komposition 2. Musikalische Wirklichkeit des 15./16. Jahrhunderts versus Kon-

    trapunkt im Unterricht 3. Tonalität in Schuberts späten Werken

    Unter dem Titel „Unvorhersehbares betrachten“ wurden vier Ateliers zu Theorie und Improvisation angeboten. Drei Konzerte akzentuierten das thematische Programm und öffneten den Kongress auch einem allgemein interessierten Publikum. Kongress-Rituale begegnen Vorurteilen: Eine Fachgemeinde organisiert ihren The-men-Bazar für spezialisierte Hamsterkäufe, einen Referate-Marathon für verbale Wettläufe? Einmal mehr stimmt die Theoretikerzunft ihren trockenen Fächerkanon innerhalb der Partitur praktischer Musikausbildung an? Wer sich mit unbefangenem Blick (und Ohr) durch das Programm des Basler Theorie-Kongresses bewegte, bekam

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    bei aller Referatsprosa auch reichlich Gelegenheit, sinnliche Zwischentöne zu hören (nicht nur in Konzerten) oder gar selbst zu improvisieren. In vielen Präsentationen gelangen erfinderische Wort-Bild-Ton-Kombinationen dort, wo Musiktheorie sich immer wieder neu der Herausforderung stellt, zugleich „in“ und „über“ Musik zu denken, Musikdenken ebenso zur Sprache wie zum Klingen zu bringen … Ein grenzgängerischer Gedankenaustausch zu „Theorie und Komposi-tion im 20. Jahrhundert“ – ein differenzierender Dialog zu „Tonalität bei Schubert“ – ein musikwissenschaftlicher Monolog zu „Satzlehre und ästhetische Erfahrung“ … Bereits die drei Eröffnungsvorträge durchmessen auf unterschiedlichste Art – von Argumentation bis As-soziation – das Spannungsfeld, in dem sich Musiktheorie zwischen interpretatorischem Umgang mit historischem Repertoire und konzi-pierender Arbeit im aktuellen Musikschaffen entfaltet.

    Klaus Huber (Bremen/Panicale) und Balz Trümpy (Basel) erkun-den gemeinsam Randregionen Neuer Musik, lenken hier aber die Aufmerksamkeit auf Kernfragen gestalterischen Denkens. Erörtert Huber etwa „Mikrointervallik“, bestätigt er nicht gängige Konzepte gleichschwebender Oktavunterteilungen (etwa in 24 „Vierteltöne“ statt der traditionellen 12 „Halbtöne“); auch die Identität von „glei-chen“ Tönen in unterschiedlichen Oktavregistern stellt er in Frage. Vielmehr will er aus seiner kompositorischen Erfahrung mit alternati-ven Tonsystemen auf „nicht reduzierbare“ Farbwerte und Tonorte sensibilisieren, auf Bezüge zu naturphysikalischen Gegebenheiten und außereuropäischen Musikkulturen … Anhand einer praktischen De-monstration läßt er auch in das Teiltonspektrum einer am Klavier an-geschlagenen Bass-Saite hineinhören. Ebenso regt er zu einer offenen Wahrnehmung von Musik an – gleich Kindern, die auch eine Sprache verstehen, die sie noch nicht können ... Hier treffen sich Hubers Ge-danken im Dialog mit Balz Trümpys Entwurf einer Musiktheorie, welche sich nicht nur an diskursiv oder deduktiv angelegten Denkmo-dellen herkömmlicher „Wissenschaft“ orientiert.

    Marie-Agnes Dittrich (Wien) entwickelt im Gespräch mit John P. MacKeown (Basel) ein differenziertes Bild von Tonalität bei Schu-bert: Ihre musikalische Eigenart deckt sich nicht mit Theorie-Systemen, die auf H. Riemann oder H. Schenker zurückgehen: Deren Verständnis von Tonalität in hierarchischen Quintbeziehungen stützte sich stark auf die Analyse von Beethovenschen Sonatensätzen. Damit

  • Klang-Zusammenschau 13

    können viele bei Schubert stil- und formprägende Klangfortschreitun-gen nicht sinnvoll erfasst werden: Terzbeziehungen, Chromatik oder dur/moll-Variantenbildungen treten nicht nur semantisch motiviert in seinem Liedschaffen auf, sondern sind auch in seinem Instrumental-werk strukturell integriert. Auch ideell/ideologisch übermalte Schu-bert-Bilder – der Wiener Komponist als „anarchischer“, „unhero-ischer“ „Nicht-Beethoven“ – will Dittrich nicht unreflektiert in der Musikanalyse mittransportieren.

    Wulf Arlt (Basel) entwickelt seine generellen Überlegungen zu „Satzlehre und ästhetische Erfahrung“ aus einem Bericht über die konsequente historische Ausrichtung der Studiengänge jener Schola Cantorum Basiliensis, der er in den 70er Jahren vorstand. Über sein kontextuelles Verständnis historischer Satzlehre hinaus forderte er einen „radikalen Methodenpluralismus“ für Lehre und Forschung an Musikhochschulen, ein Postulat, welches im Kongressverlauf nicht nur Einzelreferate zur „Alten Musik“ einlösen …

    Die Anfrage eines Studen-ten, wie der berühmte Ak-kord aus Kurtágs „Stele“ aufzufassen sei, erwiderte er mit dem Rat, den Ak-kord erst einmal am Kla-vier anzufassen … Roland Moser (Basel) fragt nach sinnlichen Entstehungsbe-dingungen von Musik ...

    „Nicht sehr ergiebig im Gespräch ...“ – eine Benn-Gedichtzeile zitie-rend, zugleich einen Kurtág-Akkord anschlagend: Roland Moser (Ba-sel) pointiert in der Sektion 20. Jahrhundert erst vom Klavier aus sein Plädoyer für eine Musiktheorie, welche auch körperlich greifbare Er-findungsmomente in ihre Reflexion aufnimmt. Komposition kann erspielt, Klangsinn erspürt werden, Notentexte entstehen nicht zuletzt am Tisch, am Klavier, mit dem Stift auf Papier ... Entstehungsfakto-ren, schwer in Wort oder Zahl abstrahierbar, vielmehr konkret tradier-bar: „treiben wir Musikethnologie auch an uns selbst!“ – und wiede-rum aus Benns „Chopin“ zitierend: „er seinerseits konnte/ die Nottur-

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    nos nicht begründen.“ Ganz auf literarisch-kritischem Terrain bewegt sich Ludwig Holtmeier (Dresden/Freiburg) mit seinem Versuch, Im-pulse für heutige Musiktheorie aus Adornos ästhetischen Schriften zu gewinnen. Obwohl darin progressive Ideen und Intuitionen auftreten, gehen sie mit einem merkwürdig konservativen musikanalytischen Instrumentarium einher. Kritik an Adorno führt hier aber auch zu ei-ner Kritik des Analysebegriffs der (späten) Wiener Schule ... Chris-toph Neidhöfer (Montreal) untersucht Wechselwirkungen zwischen Analyse und Komposition in jenem dodekaphonen Stilbereich, in dem Dokumente schriftlicher Selbstorganisation der Komponisten einen Rekonstruktionsversuch ihrer Strategien besonders nahelegen: Schreibspuren in der autographen Partitur verraten Schönbergs Rei-henerforschung während der Arbeit am Klavierkonzert. Diesem empi-rischem Vorgehen stellt Neidhöfer die Arbeitsweise Milton Babbitts gegenüber, der an Schönbergs Zwölftontechnik eine mathematische Systemtheorie entwickelte und diese auch für das eigene Komponie-ren nutzte. Eine Skizzenfolge zu Weberns frei atonalem opus 10/4 richtet wiederum Augen- und Ohrenmerk auf melodisch-intervallische Interessen des Komponisten, die in ästhetisch oder rational orientier-ten Analysen (H. Lachenmanns resp. D. Lewins) ignoriert bleiben. Schuberts Antlitz verliert sich in tödlich ausweglo-sem Schneegebirge ... Modernste multimediale Präsentationsformen akti-vieren Edith Metzner und John Leigh (Dresden) für ihre „musiktheoretische Collage“ zu Schuberts „Der Wegweiser“. Ihre „Winterreise“-Interpreta-tion liebt das Wandern von Wort zu Bild zu Ton. Im digitalen Datenfluss werden zeitgeschichtli-che, musikalische, poeti-sche, graphische, biographische Materialien simultan auf die Leinwand projiziert: Informierte Lied-Analyse – suggestiv inszeniert.

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    Die Schubert-Sektion vertieft die Diskussion von bereits im Eröff-nungsreferat angesprochenen Werken: Bernd Redmann (Köln) legt im Andante des G-Dur Quartetts ein „entwicklungs-genetisches Verfah-ren” frei, welches in horizontalen und vertikalen Dimensionen Materi-altendenzen der Einleitung satzumgreifend ausfaltet. Andreas Ickstadt (Berlin) beobachtet in Schuberts Es-Dur Messe eine Häufung alterier-ter Akkorde, chromatischer Rückungen und „Ansätze einer neuen tonalen Logik“ (Sanctus: Grossterz-Zirkel über ganztöniger Bass-Skala) – eine Potenzierung von Klangphänomenen, welche Schuberts Tonalität weder in etablierten Theoriesystemen noch in gängigen Ge-schichtsmodellen unterbringen lassen. Deutungsfragen drängen sich auf, treten doch diese „Erschütterungen tonaler Ordnungen“ im Mess-Ordinarium auf. Für Stefan Rohringer (München) manifestiert sich Tonalitätsentwicklung vom 18. ins 19. Jahrhundert exemplarisch in Formen, die einem Sonatenprinzip folgen. Schuberts eigenwillige harmonische Verläufe sieht er weder in Theorien aufgehoben, die sie einem Tonalitätssystem polarisierter Quinträume „subordinieren“ (Schenker-Federhofer), noch in „parataktischen“ Konzeptionen ver-wandtschaftlicher Funktionsbeziehungen (Riemann-Hinrichsen). Vielmehr betont er bei Schubert eine bewusst angestrebte Vielfalt tonaler Verfahren und beobachtet bis ins Spätwerk ein Nebeneinander konventioneller Schemata und riskanter Experimente.

    Kontrapunkt 1597: In Thomas Morleys Plaine and Easie Introduction to Practicall Mu-sicke wird er als „Descant“ erarbeitet: Schüler und Lehrer improvisieren „Zwie-gesang“ über einem cantus firmus oder Bassmodell. Kontrapunkt 2003: Referenten von Bremen bis Lyon berichten, wie sie in historischer Satzlehre Improvisationspraktiken der Renaissance reaktivieren.

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    Grenzüberschreitungen zur Improvisation prägt die Sektion 15./16. Jahrhundert, wo aktuelle Vermittlung kontrapunktischer Fähigkeiten und historische Auseinandersetzung mit Kompositionspraktiken der Renaissance ineinandergreifen: Thomas Daniel (Köln) relativiert die Relevanz Fux’scher Gattungslehre für idiomatische Renaissance-Stilübungen. Hubert Moßburger (Bremen/Hannover) befürwortet den (Wieder-)Einbezug heterogener Improvisations- und Stilarten des 15. und 16. Jahrhunderts in einen Unterricht, der sich sonst zwischen Werkanalyse und Stilkopie eines homogenen Kirchenstils einpendelt. Jean-Yves Haymoz (Genf/Lyon) dokumentiert anhand reicher Tonbei-spiele aus der Unterrichtspraxis, wie weit Stil-Improvisation – von modaler Mehrstimmigkeit bis zu instrumentalem Partimentospiel – historische Satzlehre als „théorie en acte“ mittragen kann. Dominique Muller (Basel) lädt mit seiner subtilen Interpretation des Wort-Ton-Verhältnisses in Jacques Vides Chanson Las j’ay perdu mon espincel dazu ein, „nach allen Richtungen zu lesen und zu hören“. „Unvorhersehbares betrachten“: Sechs Basler Improvisations-Dozen-ten richten Ateliers für Realisation und Reflexion von Musik ex tem-pore ein: zur cantus firmus Improvisation des 15. Jahrhunderts (Craw-ford Young), zur englischen Division-Praxis des 17. Jahrhunderts (John P. MacKeown), im Dialog zwischen Continuo-Cembalo und Jazz-Piano (Jesper Christensen und Hans Feigenwinter) und in einer freien Session mit aktiver Teilnahme von Kongressbesuchern (Nicolas Rihs und Hansjürgen Wäldele).

    Konzerteindrücke regen zum weiteren Austausch zwischen Hörern und In-terpreten, Theoretikern und Komponisten an: Jürg Henneberger bringt mit dem Ensemble Phoe-nix Basel in einer Werk-folge von Ives bis Huber „Zwischentöne“ alterna-tiver Stimmungen zum Schillern. Jesper Chris-tensen bringt Motetten

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    von Praetorius und Agazzari nach ihren eigenen Aufführungsangaben mit einem großen improvisierenden Continuo-Orchester zum „Knittern“. Das Improvisations-Duo Nicolas Rihs und Hansjürgen Wäldele bringen mitternächtliche „Raumansich-ten“ des Neuen Saales zum Vibrieren.

    Auch in der Plenumsdiskussion der Kongressteilnehmenden tut sich ein breites Interesse an stärker mündlich und dialogisch orientierten Präsentationsformen kund – die Referate könnten auch nachträglich für den jeweils von der gastgebenden Hochschule betreuten Kongress-bericht nach schriftlichen Textkonventionen ausgearbeitet werden.

    Der Kongress wurde ermöglicht dank der großzügigen Unterstützung von: Stiftung Artephila (Zug), Beny von Moos (Luzern), Schweizerische Akademie für Geistes- und Sozialwissenschaften SAGW (Bern), Gesellschaft für das Gute und Gemeinnützige GGG, Heivisch und Novartis (Basel), sowie Schweizer Radio DRS. Das Konzert „Zwischentöne“ wurde am 9. März 2004 auf Schweizer Radio DRS II gesendet. Das Agazzari-Praetorius-Projekt wurde für ein Konzert der „Freunde Alter Musik in Basel“ (21. April 2005) weiterentwickelt.