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Aktualisierter Auszug 2005 eines Artikels in der Fachzeitschrift „Tracés“ vom 5. Februar 2003./ P.-A. Oggier 1 Die Autobahnen der Jahre 1950-1960 haben ihre wirtschaftlichen Versprechen als moderne, schnelle, sichere, leistungsfähige Transportachsen gehalten, die Siedlungs- und Industriegebiete sind gewachsen. Die Schattenseite zeigte sich aber nach und nach: Autobahnen werden heute auch als Lärm- und Schadstoffquelle erkannt. Sie verursachen soziale und ökologische Eingriffe, Narben in der Landschaft, werden sogar als Fehlentwicklung wahrgenommen, die über das primäre Ziel hinweg Mehrverkehr verursacht. Autobahnen werden heute auch von jenen bekämpft, die sie früher gefordert hatten. Die positiven Effekte wie schnelle Verbindungen, Entlastung der Siedlungsgebiete, Erhöhung der Sicherheit hatten auch unerwünschte Folgen. Deshalb werden Brücken und Tunnel gebaut. Aber der Komfort hat seinen Preis: der Energieverbrauch für Verkehr und Transport steigt. Kann man da von nachhaltigen Autobahnen sprechen? Auch die Rhone-Autobahn zwischen Siders und Leuk ist dieser Sensibilitätsentwicklung ausgesetzt. In den 1960er Jahren als Strassenachse geplant und 1991 als Verkehrskonzept mit einer Vertauschung der Eisenbahn- mit der Strassenachse genehmigt, versteht sich dieses Bauprojekt als Mittel zur Wiederherstellung von Ökologie und Landschaft. Die Autobahn durch den Pfynwald wird zu einer mentalen Revolution beitragen; sie wird als erster regionaler Naturpark im Wallis unter dem Leitmotiv der Nachhaltigkeit erlebt. Der Bericht zu dieser Nationalstrassenstrecke unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Entwicklung erläutert einige Aspekte zum Ort und zum Projekt. N a c h h a l t i g e E n t w i c k l u n g zwischen Siders und Leuk Abb. 1: Felssturzgebiet des Illgrabens und Schwemmkegel von Susten. Abb. 2: Die wilde Rhone im Pfynwald im Vordergrund und die Hügel des prähistorischen Bergsturzes im Hintergrund. Pierre-Alain Oggier

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Aktualisierter Auszug 2005 eines Artikels in der Fachzeitschrift „Tracés“ vom 5. Februar 2003./ P.-A. Oggier 1

Die Autobahnen der Jahre 1950-1960 haben ihre wirtschaftlichen Versprechen als moderne, schnelle, sichere, leistungsfähige Transportachsen gehalten, die Siedlungs- und Industriegebiete sind gewachsen. Die Schattenseite zeigte sich aber nach und nach: Autobahnen werden heute auch als Lärm- und Schadstoffquelle erkannt. Sie verursachen soziale und ökologische Eingriffe, Narben in der Landschaft, werden sogar als Fehlentwicklung wahrgenommen, die über das primäre Ziel hinweg Mehrverkehr verursacht.

Autobahnen werden heute auch von jenen bekämpft, die sie früher gefordert hatten. Die positiven Effekte wie schnelle Verbindungen, Entlastung der Siedlungsgebiete, Erhöhung der Sicherheit hatten auch unerwünschte Folgen. Deshalb werden Brücken und Tunnel gebaut. Aber der Komfort hat seinen Preis: der Energieverbrauch für Verkehr und Transport steigt. Kann man da von nachhaltigen Autobahnen sprechen?

Auch die Rhone-Autobahn zwischen Siders und Leukist dieser Sensibilitätsentwicklung ausgesetzt. In den 1960er Jahren als Strassenachse geplant und 1991 als Verkehrskonzept mit einer Vertauschung der Eisenbahn- mit der Strassenachse genehmigt, versteht sich dieses Bauprojekt als Mittel zur Wiederherstellung von Ökologie und Landschaft. Die Autobahn durch den Pfynwald wird zu einer mentalen Revolution beitragen; sie wird als erster regionaler Naturpark im Wallis unter dem Leitmotiv der Nachhaltigkeit erlebt. Der Bericht zu dieser Nationalstrassenstrecke unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Entwicklung erläutert einige Aspekte zum Ort und zum Projekt.

N a c h h a l t i g e E n t w i c k l u n g zwischen Siders und Leuk

Abb. 1: Felssturzgebiet des Illgrabens und Schwemmkegel von Susten.Abb. 2: Die wilde Rhone im Pfynwald im Vordergrund und die Hügel des prähistorischen Bergsturzes im Hintergrund.

Pierre-Alain Oggier

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Der kleine Wildbach im Illgraben transportiert Jahr für Jahr 250'000 m3 Schlamm, Geröll und Steinblöcke und hat im Laufe der Zeit einen der imposantesten Schwemmkegel der Schweiz gebildet (Abb. 1). Dieser Kegel von Sustensperrt das Tal und erzeugt flussabwärts eine grosse Geschwindigkeit der Rhone im Pfynwald. Auf den sieben Kilometern zwischen Leuk und Siders verliert der Fluss 90 Meter an Höhe. Ein viel älteres geologisches Phänomen ist der grosse nacheiszeitliche Bergsturz, dessen Rutschflächen noch gut sichtbar sind und der in der Ebene zwischen Varen und Salgesch zahlreiche Hügel hinterlassen hat (Abb. 2). Die Anhöhe des Gorwetsch (Abb. 3) wirft seinen kalten Schatten während fünf Monaten im Jahr auf den gesamten Pfynwald. Damit ist dieser Talabschnitt fast vollständig im Naturzustand belassen.

Die grosse Vielfalt an topografischen Bedingungen verbunden mit einem geringen menschlichen Einfluss erklärt, warum der Pfynwald den Ruf einer einmaligen Biodiversität geniesst. Trockenwiesen, Kiefer- und Eichenwälder (Abb. 4), Teiche und Moore (Abb. 5), Wildwasser, Quellen und Rinnsale sowie traditionelle Landwirtschaft (Abb. 6) machen den Pfynwald mit einer Fläche von 100 km2 zu einem Vogelrevier mit mehr Arten als im gesamten Kanton Zürich mit 1780 km2. Die Dynamik der wilden Rhone bietet zahlreichen seltenen Vögeln – dem Flussuferläufer und dem Flussregenpfeiffer (Abb. 9) – und mindestens zwanzig Arten von Wildbienen (Abb. 10), die in der Schweiz nur hier vorkommen, sowie zahlreichen seltenen Insektenarten, die nur an natürlichen Flussufern vorkommen, einen Lebensraum.

Die Teiche sind im Bundesinventar der Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung enthalten und beherbergen mindestens 26 Libellenarten. Zudem wurden über 500 Pflanzenarten erfasst, darunter alle Nadelbäume der Schweiz. Zu dieser Vielfalt kommt die Seltenheit einzelner Arten, so kommen die kleine Kronwicke und der klebriger Zahntrost in der Schweiz einzig hier vor.

Abb. 3: Der Gorwetsch erhebt sich am linken Rhoneufer über dem Pfynwald.Abb. 4: Reiche Flora und Fauna Im Unterholz des Pfynwaldes.Abb. 5: Teich mit Ponton und erodiertem Ufer.Abb. 6: Obstgarten und Magerwiese.

Pfynwald

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Auch wenn der Besucher nicht alle Arten erkennt, wird er von dieser Vielfalt der Landschaft beeindruckt sein. Die Intimität der in Hügel eingebetteten Teiche, die Harmonie der Waldbäche, die Kraft der wilden Rhone (Abb. 11), der beängstigende Illgraben mit aktiver Erosion, die Trockenheit der Steppe.Diese idyllische Sicht verlangt allerdings einige Korrekturen. Eine dreispurige Kantonsstrasse durchquert den Pfynwald, 150 Hektaren der überschwemmbarenEbene sind von der Landwirtschaft und Industrie vereinnahmt worden (Abb. 12). Drei Kieswerke (Abb. 13) und 15 Kilometer Dämme (auf einer Flussstrecke von sieben Kilometern) beschneiden die Freiheit der Rhone, die zudem infolge der Wasserkraftnutzung im Winter ausgetrocknet ist. Die Höhenstufe wird mit einem Stauwehr bei Susten und einem Kraftwerk in Chippis zur Stromerzeugung genutzt. Im Pfynwald befinden sich zudem drei Campingplätze und Armeeübungsplätze. Kurz: der Pfynwald ist kein intakter Ort mehr.

Abb. 7a: Pfynwald 1995: dreispurige Kantonsstrasse (gelb) im Herzen des Pfynwaldes und einspurige Eisenbahnlinie (orange) rechtsufrig; Dämme (rot) und Kiesabbau (grün) verhindern die Flussdynamik der Rhone.

Abb. 7b: Das Verkehrskonzept Pfynwald 2010: zweispurige Eisenbahnlinie im Tunnel (orange), Kantonsstrasse (gelb) an Stelle der alten SBB-Linie, überdeckte Autobahn (schwarz) an Stelle der alten Kantonsstrasse.

Abb. 8: Revitalisierung der wilden Rhone (königsblau), Vergrösserung der Moore und Teiche (hellblau), Erhaltung der traditionellen Landwirtschaft (grün) und Schaffung von Zugängen für Fussgänger (Doppelpfeile).

Einspurige Eisenbahnlinie

������ ����

Kantonsstrasse

Rhone

Föhrenwald

KantonsstrasseDoppelspurige Eisenbahnlinie

Unterirdische Autobahn

RhonefussstegWilde Rhone

Weiherfusssteg

Sumpfgebiet

Traditionnelle Landwirtschaft

1995

2010

Kompensationsmassnahmen

Illgrabenfusssteg

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Im Rahmen der Projektstudie 1:1‘000 stellte sich die Frage der Verlängerung der Tunnels zum Schutz des Bestehenden. Die defensive Haltung wich jedoch einem umfassenderen Ansatz. Warum zusätzlich 40 Millionen Franken pro Kilometer in Tunnel investieren, wenn mit weniger finanziellem Aufwand mehr erreicht werden kann. Dieser proaktive Ansatz wurde auch vom Bundesamt für Strassenverkehr und vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft unterstützt. Die Kosten für einen halben Kilometer Tunnel konnten für Ausgleichsmassnahmen im Pfynwald (Abb. 8) eingesetzt werden: Revitalisierung des Flussbereiches, Schutz und Vergrösserung der Teiche, Unterstützung der traditionellen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung und Schaffung von Zugängen für Fussgänger.

Abb. 13: Kiesgewinnung in der wilden Rhone zwischen Leuk und Siders.

Rhone-Autobahn

Landschaftskonzept

Nirgends sonst verdient die A9 den Namen Rhone-Autobahn wie hier. 1960 wurde das Trassee der Autobahn auf der rechten Flussseite projektiert mit weiteren Dämmen der Rhone, um den Pfynwald zu umfahren, der gerade ins Bundesinventar der Landschaften von nationaler Bedeutung aufgenommen wurde. Im Rahmen der Überprüfung des Projektes 1980 wurden auch ökologischen Erkenntnissen Rechnung getragen. Wie der Pfynwald ist auch die wilde Rhone einzig in der Schweiz. Ein kleines Verlust an Waldfläche zerstört den Pfynwaldnicht viel, der Wert der Rhone verlangt aber dessen Bewegungsfreiheit auf der gesamten Breite.

Nach Jahren der wissenschaftlichen, technischen und politischen Auseinandersetzungen genehmigte der Bundesrat 1991 das generelle Projekt der A9 zwischen Siders und Leuk. Das Projekt (Abb. 7) sieht einen zweispurigen Eisenbahntunnel für Geschwindigkeiten von 160 km/h vor, den rechtsufrigen Bau der Kantonsstrasse auf dem alten Trassee der Eisenbahn und schliesslich den Bau einer überdeckten Autobahn auf dem Trassee der alten Kantonsstrasse mitten im Pfynwald am Fusse des Gorwetsch. Diese Umlagerung der Verkehrsachsen erlaubt die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse ohne neue Eingriffe in die Landschaft, indem sie bestehende oder unterirdische Trassees nutzt.

Abb. 9: Flussregenpfeiffer. (Foto: R.-P. Bille)Abb. 10: Wildbiene.

Abb. 11: Zwischen Leuk und Siders breitet sich das Flussbett der Rhone aus.Abb. 12: Industriezone von Siders.

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Die Gemeinden und Eigentümer wurden in einen Reflexionsprozess einbezogen, der durch die Dienststelle für Strassen- und Flussbau, Sektion Nationalstrassen, geleitet wurde. Es ging um die Entwicklung eines umfassenden und langfristigen Ansatzes, der der zukünftigen Situation mit allen Aktivitäten Rechnung trägt und die landschaftlichen und ökologischen Qualitäten verbessert.

Die öffentliche Vernehmlassung des Landschaftskonzepts Pfynwald fand 1995 gleichzeitig mit dem Strassen- und Bahnprojekt statt. Es sah Begleitmassnahmen in Form einer Schutzverordnung vor, die die geplanten Massnahmen garantiert. Es sah ebenfalls die Anpassung der Waldbewirtschaftung und die vermehrte Nutzung erneuerbarer Ressourcen vor. Gesamthaft ging es darum, die verschiedenen Nutzungen zu optimieren, Konflikte zu reduzieren und das Verhältnis zwischen den Nutzen und den unvermeidbaren Eingriffen zu verbessern. Für das Konzept erhielt der Kanton Wallis 1998 den Preis der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung VLP-ASAN.

Der Tunnelbau für die Eisenbahnlinie kam gut voran, die neue Linie konnte im September 2004 in Betrieb genommen werden (Abb. 14b und 14c). Die neue Kantonsstrasse ist im Bau und wird 2006 dem Verkehr übergeben. Im Sinne des Konzeptes hat die Dienststelle für Strassen- und Flussbau, Sektion Nationalstrassen, das Autobahnprojekt überarbeitet.

Abb. 14: Das Ausbruchmaterial des SBB-Tunnels dient als Aufschüttung eines Rebberges: a) vor den Arbeiten, b) 2002 und c) 2004.

Stand der Massnahmen

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Zum Landschaftskonzept wurde ein Bewirtschaftungskonzept für die Kieswerke erarbeitet, der Kies als erneuerbare Ressource wird beim Strassenbau verwendet. Diese neue Kiesnutzung hat bereits den Hochwasserschutz erhöht, den Flussbereich vergrössert und revitalisiert (Abb. 17). Die anpassungsfähige Gewinnungsstrategie definiert jährliche Ziele aufgrund kartografischer und ökologischer Erhebungen und erlaubt, die Eingriffe den Sicherheitsbedürfnissen im Respekt der natürlichen Werte anzupassen. Die Zunahme seltener Vögel und Insekten sind Beweis der Wirksamkeit dieses Vorgehens.

Die Dienststelle für Strassen- und Flussbau, Sektion Nationalstrassen, ist sich der Wichtigkeit der Information für die Öffentlichkeit bewusst. Sie hat deshalb im Zentrum des Gebietes ein Gebäude erstellt: das Informationszentrum A9 (www.a9-vs.ch) zusammen mit einem Restaurantbetrieb. Damit ist der dauerhafte Betrieb des Gebäudes gewährleistet. Walliser Produkte werden angeboten in Zusammenarbeit mit den Produzenten und der Walliser Landwirtschaftskammer.

Die Dienststelle Wald und Landschaft hat zum Schutz der Natur einen neuen Waldbewirtschaftungsplan erarbeitet. Darin soll insbesondere ein besonntes blumenreiches Unterholz als Nahrungsquelle für Schmetterlinge (Abb. 15) und Heuschrecken sowie Reptilien gefördert werden. Die Eigentümer sind mit einbezogen und erhalten Subventionen, um den Prinzipien des Forstplanes nachzuleben.

Abb. 15: Appolofalter.Abb. 16: Mauereidechse.Abb. 17: Rhone mit veränderndem Flusslauf und Inseln.

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Der Staatsrat hat eine Verordnung für einen dynamischen Schutz erlassen; die Situation soll nicht eingefroren werden, es sollen vielmehr konzertierte Massnahmen mit allen Beteiligten durchsetzt werden. Es geht darum, die Schutzziele zu konkretisieren und die Potentiale der verschieden Bereiche umzusetzen.

Auch die Gemeinden sind einbezogen. Sie haben einen interregionalen Verein „Pfyn-Finges – Lebens- und Erlebnisraum“ (www.pfin-finges.ch) gegründet mit dem Zweck, den Schutz zu fördern als Grundlage der Vermarktung lokaler Produkte, Tourismus, Freizeit und nachhaltige Entwicklung in der Region. Das Ganze mündet heute in den Vorschlag, einen Naturpark zu gründen, der über die Grenzen des geschützten Bereichs geht.

In diesem Rahmen hat die Pfynwald-Kommission in enger Zusammenarbeit mit dem interregionalen Verein ein touristisches Erschliessungskonzept (Abb. 18) erarbeitet, um eine attraktive und dynamische Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, die durch die Kanalisierung der Besucherströme auf Wege mit hohem emotionellem Wert zugleich die Freude des Besuchers weckt und den Schutz gewährleistet. In dieser Optik sind die drei Fussgängerbrücken über die Rhone, die Teiche und den Illgraben zu sehen. Damit werden den Besuchern ausserordentliche Aussichtspunkte auf die schönsten Ökosysteme des Pfynwaldes angeboten.

Bekümmerte Geister werfen dem Projekt vor, die meisten Autofahrer und Bahnbenutzer um die Sicht auf den Pfynwald zu bringen und den Energieverbrauch auf dieser Teilstrecke zu erhöhen. Zwar kann die Richtigkeit dieser Behauptung nicht abgestritten werden, aber es fragt sich, ob diese Kriterien stichhaltig sind. Der Pfynwald ist im Begriff, ein Ort mit sehr hohem Erholungswert zu werden, zugänglich in jeder Jahreszeit. Die Besucher und Automobilisten, die dort Halt machen, können einen der wenigen ruhigen Freizeitorte der Rhoneebene geniessen. Der Entscheid des Bundesrates von 1991, die Eisenbahn in den Tunnel zu verlegen und die Autobahn zu überdecken, zeugt von grosser Weitsicht: Indem er die Wahl getroffen hat, den Pfynwald zu schützen, hat der Bundesrat den Willen der Gesellschaft vorweggenommen, die Biodiversität zu fördern.

Bleibt die Kritik betreffend Energie; sie muss auf ein anderes Niveau gestellt werden, denn mehr als 40 Prozent der motorisierten Fahrten in der Schweiz dienen der Freizeit, oft um aus wenig angenehmen Siedlungen zu fliehen. Wenn es wirklich ums Energiesparen geht, müsste eine gezielte und effiziente Wirtschaftspolitik, insbesondere bezüglich Verkehr und Wahl des Verkehrsmittels verfolgt werden. Die Biodiversität desPfynwaldes darf nicht geopfert werden, weil er das Pech hat, auf dem Trassee der Nationalstrasse zu liegen.

Im vorliegenden Fall denken wir, die Ansprüche der mobilen Gesellschaft, die Sorgen um vernünftige Investitionen, die Anforderungen der Landschaft und des Naturraumes und den Schutz der Biodiversität in Einklang gebracht zu haben und dies in einer Ecke der Schweiz, die Rilke als gleichzeitig ein wenig Provence und Spanien beschreibt.

Pierre-Alain Oggier, ZoologeVerantwortlicher Mitarbeiter Bereich Umwelt

Dienststelle für Strassen- und FlussbauSektion Nationalstrassen

Av. de France, CH-1951 Sion

Abb. 18: Das touristische Erschliessungskonzept sieht ein streng geschütztes Kerngebiet (blau), differenzierte Bereiche, Zugangsorte, Animation und Regeln vor.

Ausser Abb. 9 und 18 stammen alle Bilder vom Autor.

Schlussfolgerung

PP

P PP

- effizienter Schutz der Natur gemäss konkreten und messbaren Zielen, gemessen am funktionierenden Ökosystem, an der Anzahl ausgewählter Arten, an harmonischen Landschaften usw.,

- die Nutzung aller natürlichen Ressourcen im regionalen Lebens- und Wirtschaftsraum,

- Anregung der nachhaltigen Entwicklung durch den Schutz des Kapitals, das Suchen von Synergien und die Maximierung des Nutzens,

- Bildung eines Modells für benachbarte Gemeinden und Regionen.

Die Gesamtheit dieser Massnahmen trägt zur Strategie bei, die folgendes anvisiert: