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Nanobiotechnologie I:Nanobiotechnologie I:Nanobiotechnologie I:Nanobiotechnologie I: Grundlagen Grundlagen Grundlagen Grundlagen und technische Anwendungenund technische Anwendungenund technische Anwendungenund technische Anwendungen molekularer, funktionaler Biosystememolekularer, funktionaler Biosystememolekularer, funktionaler Biosystememolekularer, funktionaler Biosysteme
TechnologieanalyseTechnologieanalyseTechnologieanalyseTechnologieanalyse
Herausgeber:
VDI-Technologiezentrum
Graf-Recke-Str. 84
40239 Düsseldorf
im Auftrag und mit Unterstützung des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung
(BMBF)
Diese Technologieanalyse entstand im Rahmen des Vorhabens ”Identifikation und
Bewertung von Ansätzen Zukünftiger Technologien” (Förderkennzeichen NT 2113) der
Abteilung Zukünftige Technologien Consulting des VDI-Technologiezentrums
(Projektleitung: Dr. Dr. A. Zweck) im Auftrag und mit Unterstützung des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), Referat 513.
Durchführung: VDI-Technologiezentrum
Dr. Marcus Wevers
Abteilung: Zukünftige Technologien Consulting
Graf-Recke-Str. 84
40239 Düsseldorf
Dr. Dr. D. Wechsler
Abteilung: Physikalische Technologien
Graf-Recke-Str. 84
40239 Düsseldorf
Zukünftige Technologien Nr. 38
Düsseldorf, im Juli 2002
ISSN 1436-5928
Für den Inhalt zeichnen die Autoren verantwortlich. Die geäußerten Auffassungen
stimmen nicht unbedingt mit der Meinung des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung überein.
Außerhalb der mit dem Auftraggeber vertraglich vereinbarten Nutzungsrechte sind alle
Rechte vorbehalten, auch die des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen oder
vollständigen photomechanischen Wiedergabe (Photokopie, Mikrokopie) und das der
Übersetzung.
Titelbild: Verschiedene Aspekte eines integrierten, nanobiotechnologischen Modellsystems: ein biomolekulares Motorprotein von nur 10 nm Durchmesser (F0-F1-ATPase, rot) zusammen mit Bakterio-rhodopsin (grün) in der Membran einer Liposomkapsel (Ausschnitte rechts oben und rechts unten). Bakteriorhodopsin arbeitet als lichtgetriebenen Protonen-Pumpe, die in Form von ATP-Molekülen (Adenosintriphosphat) die Energie für F0-F1-ATPase Biomotoren auf einem Substrat liefert. Die Pfeile stellen den Transportweg der Protonen dar. Im kleinen Ausschnitt links oben ist eine elektronenmikro-skopische Aufnahme der Pfosten zu sehen, auf deren Nickelspitze jeweils ein hybrides biomolekulares Motorsystems sitzt. Es besteht ebenfalls aus dem F0-F1-ATPase-Biomotor, der in anderen Experimenten mit einem Rotor aus metallischem Nickel versehen wurde (vgl. Abschnitte 5.1.1 und 6.1.2). Mit freundlicher Genehmigung von C.D. Montemagno (2001)
Zukünftige Technologien-Consulting (ZTC)
des VDI-Technologiezentrums
Graf-Recke-Straße 84
40239 Düsseldorf
Das VDI-Technologiezentrum ist als Einrichtung des
Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) im Auftrag und mit Unterstützung des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) tätig.
Dank gilt einer Vielzahl von wissenschaftlichen Fachleuten für Anregungen und
Diskussionen. Insbesondere möchten wir für Hinweise und Ratschläge folgenden
Experten danken:
PD Dr. F. Bier, Dr. H. Brückl, Dr. O. Bujok, Dr. H. Engelhardt, Dr. W. Fritzsche,
Prof. Dr. H. Gaub, Dr. J. Gobrecht, Prof. Dr. N. Hampp, Dr. H. Hess, Dr. M.
Knoblauch, Dr. L. Liu, Prof. Dr. W. Meier, Dr. M. Mertig, Dr. A. Neubauer, Dr. H.
Neves, Prof. Dr. D. Oesterhelt, Dr. K. Oiwa, Dr. C. Plank, Prof. Dr. J. Rädler, Dr. S.
Waigert, Dr. J. Wessels
VorwortVorwortVorwortVorwort
Im Rahmen der Früherkennungstätigkeiten des VDI-Technologiezentrums werden im
Auftrag des BMBF zukunftsrelevante Technologieoptionen aufgegriffen, vertiefend
bewertet und schließlich – zumindest zum Teil – in Form von Technologieanalysen
vorgestellt. Nach unseren Arbeiten zur Nanotechnologie aus den Jahren 1994
(Grundlagen) und 1998 (Anwendungen) und zahlreichen Analysen zu Teilaspekten der
Nanotechnologie (Ratsersondentechniken, Nanoröhren etc.) fokussieren wir den Blick
im Rahmen der vorliegenden Technologieanalyse auf das Grenzgebiet zwischen Physik
und Biologie.
Die besten Beispiele perfekt funktionierender Nanomaschinen stellen biologische Zellen
oder auch schon ihre funktionellen Bestandteile dar. Die Nanobiotechnologie macht sich
Aufbau und Organisation funktioneller Einheiten nach biologischem Vorbild zu Nutze,
um zu innovativen Anwendungen in unterschiedlichsten Technologiebereichen zu
gelangen. Das Feld präsentiert sich dabei in zweifacher Perspektive, die zu einer
Zweiteilung der Technologieanalyse führte. Zum einen geht es um den Einsatz von
Nanotechnologie für die Herstellung und Untersuchung biologischer Systeme. Diese
Anwendungen zielen auf den Bereich Medizin und Life-Sciences ab. Zum anderen gibt
es auch biomolekulare Systeme, die nanotechnologische Anwendungsmöglichkeiten
unterstützen.
Letzterer Perspektive widmet sich die vorliegende, erste Technologieanalyse zur
Nanobiotechnologie, während sich eine zweite, zur Zeit noch in Arbeit befindliche
Technologieanalyse eingehend der zuerst genannten Möglichkeit widmen wird. Unter
Einbeziehen aktueller Forschungsergebnisse werden technische Anwendungschancen,
Nutzen und Hindernisse diskutiert und aussichtsreiche Teilgebiete identifiziert.
Zugleich wird eine Strukturierung des noch recht jungen und doch hochinteressanten
Forschungsgebietes vorgenommen. Schon bei Ausarbeitung der ersten Technologie-
analyse wurde deutlich, dass sich das Feld der Nanobiotechnologie sehr inhomogen
darstellt und für einige erwartete Anwendungen eine langfristige Betrachtungs-
perspektive erforderlich ist.
Das VDI-Technologiezentrum unterstützt mit der Technologieanalyse nicht nur das
laufende Fördermaßnahme zu Nanobiotechnologie des BMBF, sondern zeigt auch die
vielfältigen, langfristigen Zukunftsoptionen auf und hofft, Anstöße für einen weiteren
Innovationsschub aus dem Nanokosmos beitragen zu können.
Dr. Dr. Axel Zweck
InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis
1111.... EINFÜHRUNGEINFÜHRUNGEINFÜHRUNGEINFÜHRUNG 1111
1.1 Beschreibung des Technologiefeldes 1
1.2 Definition Nanobiotechnologie 4
1.3 Zielsetzung der Technologieanalyse 5
1.4 Basis der Technologieanalyse 7
1.5 Strukturierung der Technologieanalyse 7
2222.... PRODUKTIONSPROZESSEPRODUKTIONSPROZESSEPRODUKTIONSPROZESSEPRODUKTIONSPROZESSE ZUR HERSTELLUNG NAN ZUR HERSTELLUNG NAN ZUR HERSTELLUNG NAN ZUR HERSTELLUNG NANOSKALIGER OSKALIGER OSKALIGER OSKALIGER STRUKTURENSTRUKTURENSTRUKTURENSTRUKTUREN 9999
2.1 Selbstorganisationsphänomene von Biomolekülen 10
2.2 Selbstorganisation als Verfahren der Nanobiotechnologie 14
2.3 Biomineralisation 23
2.4 Zusammenfassende Bewertung 28
3.3.3.3. BIOMEMBRABIOMEMBRABIOMEMBRABIOMEMBRANENNENNENNEN 31313131
3.1 Membranen auf der Basis von S-Schichten 31
3.2 Biomimetische Polymermembranen 34
3.3 Zusammenfassende Bewertung 35
4.4.4.4. BIOBASIERTE SENSOBIOBASIERTE SENSOBIOBASIERTE SENSOBIOBASIERTE SENSORENRENRENREN 38383838
4.1 Beispiel für einen biomolekularen, chemomechanischen Sensor 39
4.2 Sensoren auf der Basis von S-Schichten 39
4.3 Zusammenfassende Bewertung 41
5555.... LICHTENERGETISCHE PLICHTENERGETISCHE PLICHTENERGETISCHE PLICHTENERGETISCHE PROZESSEROZESSEROZESSEROZESSE 43434343
5.1 Teilschritte zu einer künstlichen Photosynthese 43
5.2 Biomimetische Photovoltaik ("Grätzel Zelle") 47
5.3 Zusammenfassende Bewertung 48
6666.... BIOMOLEKULARE MOTORBIOMOLEKULARE MOTORBIOMOLEKULARE MOTORBIOMOLEKULARE MOTOREN UND AKTUATOREEN UND AKTUATOREEN UND AKTUATOREEN UND AKTUATORENNNN 51515151
6.1 Transport und Antrieb mit biomolekularen Motoren 51
6.2 Biomolekulare Aktuatoren und Schalter 61
6.3 Zusammenfassende Bewertung 64
7777.... ANWENDUNGSBEREICHE ANWENDUNGSBEREICHE ANWENDUNGSBEREICHE ANWENDUNGSBEREICHE IN DER INFORMATIONSIN DER INFORMATIONSIN DER INFORMATIONSIN DER INFORMATIONS---- UND UND UND UND KOMMUNIKATIONSTECHNOKOMMUNIKATIONSTECHNOKOMMUNIKATIONSTECHNOKOMMUNIKATIONSTECHNOLOGIELOGIELOGIELOGIE 69696969
7.1 Biologische Moleküle zur Herstellung molekularer Elektronikarchitekturen 70
7.2 Bioelektronische Bauteile 72
7.3 Zusammenfassende Bewertung 77
7.4 Bakteriorhodopsin und DNS als Datenspeicher und Sicherheitsmerkmal 78
7.5 Zusammenfassende Bewertung 85
7.6 DNS zur Informationsverarbeitung (DNA Computing) 85
7.7 Zusammenfassende Bewertung 88
7.8 Beiträge zur Neurotechnologie 89
7.9 Zusammenfassende Bewertung 92
8888.... INDIKATOREN FÜR DIEINDIKATOREN FÜR DIEINDIKATOREN FÜR DIEINDIKATOREN FÜR DIE ENTWICKLUNG UND UMS ENTWICKLUNG UND UMS ENTWICKLUNG UND UMS ENTWICKLUNG UND UMSETZUNG DES ETZUNG DES ETZUNG DES ETZUNG DES TECHNOLOGIEFELDESTECHNOLOGIEFELDESTECHNOLOGIEFELDESTECHNOLOGIEFELDES 93939393
8.1 Literatur- und Patentrecherche 93
8.2 Nationale und internationale FuE-Aktivitäten 97
8.3 Spezielle Nanobiotechnologie-Aktivitäten in Deutschland 98
8.4 Marktpotenzial 99
9999.... GESAMTBEWERTUNG UNDGESAMTBEWERTUNG UNDGESAMTBEWERTUNG UNDGESAMTBEWERTUNG UND AUSBLICK AUSBLICK AUSBLICK AUSBLICK 101101101101
9.1 Anwendungsorientierter Technologieaufbau 102
9.2 Umfassende Technologiekompetenz 102
9.3 Synergie mit Nano2Bio-Applikationen 105
9.4 Selbstorganisation 105
9.5 Interdisziplinarität 106
9.6 Fazit 107
10101010.... ANHANGANHANGANHANGANHANG 108108108108
10.1 Literaturverzeichnis 109
10.2 Auswahl einiger nationaler und internationaler Arbeitsgruppen 115
Einführung 1111
1.1.1.1. EINFÜHRUNGEINFÜHRUNGEINFÜHRUNGEINFÜHRUNG
Seit der Erfindung des Rastertunnelmikroskops forschen Wissenschaftler
intensiv nach Möglichkeiten, den Nanokosmos zu erobern und ihn mit
Hilfe der Nanotechnologie für technische Anwendungen nutzbar zu
machen. Auf diesem Weg wurden viele neue Werkzeuge zur Herstellung
und Manipulation von submikroskopisch kleinen Strukturen entwickelt
[Bachmann 1998].
Auch in biologischen Organismen sind nanoskalige Werkzeuge
vorhanden, deren Verständnis die Kontrolle von komplexen Systemen
auf der molekularen Ebene ermöglichen könnte. Es gibt eine Vielzahl
kooperierender und vernetzt arbeitender Nanomaschinen: angefangen bei
der Energieerzeugung (z.B. Photosynthesezentren, die mit Hilfe von
Licht biochemisch nutzbare Energiespeichermoleküle herstellen), über
molekulare Fabriken (Mitochondrien) und molekulare Transportsysteme
(Mikrotubuli und Motorproteine) bis hin zu einem Datenspeicher- und
Datenlesesystem großer Kapazität, das auf den Erbgutmolekülen (DNS)1
basiert. Eine besondere Rolle spielen dabei funktionelle Biomoleküle, die
z.B. als Bestandteil von Lichtsammel- und Umwandlungsanlagen,
Signalwandler, Katalysatoren, Pumpen oder Motoren arbeiten. Zum Auf-
bau und Unterhalt dieser Strukturen nutzt die Natur keine aufwendigen
Apparaturen, sondern die Selbstorganisationsfähigkeit biomolekularer
Bauteile.
Die Fortschritte in der Biologie bei der Aufklärung molekularer Mecha-
nismen und der Struktur funktioneller Proteine bilden eine Grund-
voraussetzung für die Anwendung und Integration der biomolekularen
Funktionen in technischen Systemen. Im Gegenzug eröffnet sich nun
durch die Nanotechnologie die Möglichkeit, isolierte funktionstragende
Biomoleküle gezielt für technische Anwendungen zu nutzen. Mit
zunehmendem Verständnis der biologischen Baupläne, die der Selbst-
organisation und speziell der Biomineralisation zugrunde liegen, ergeben
sich auch neue Anwendungschancen für neuartige Konstruktions-
methoden nanoskaliger Strukturen und Werkstoffe.
1.11.11.11.1 Beschreibung des Technologiefeldes Beschreibung des Technologiefeldes Beschreibung des Technologiefeldes Beschreibung des Technologiefeldes
Die Nanobiotechnologie ist ein sehr junges, interdisziplinäres und i.a.
sehr weit gefasstes Forschungsgebiet. Es bildet auf der Nanoskala eine
Schnittstelle zwischen der Forschung an biologischen und nicht-
1 Desoxyribonukleinsäure (DNS)
Innovationsschub aus dem Nanokosmos: Treffpunkt molekulare Biologie
2222 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
biologischen Systemen und hat deren technische Nutzung in verschie-
denen Bereichen zum Ziel.
Motiviert ist die Forschung vor allem durch die allgemeine Entwicklung
zur Miniaturisierung von Bauteilen und deren Funktionalisierung – auch
mit Hilfe der Nanotechnologie. Dieser Trend hat auch die Biotechnologie
und Medizin erfasst.
Die Nanobiotechnologie befindet sich aufgrund des hohen Grades an
Interdisziplinarität unmittelbar an der Schnittstelle zu den biologischen
Disziplinen Biochemie (eher Materialaspekte) und Biophysik (eher
methodische, struktur-analytische Aspekte). Verfahren, die in der
Nanobiotechnologie zur Herstellung von anwendbaren Bauteilen benötigt
werden, kommen zum einen aus der Biotechnologie (z.B. die Isolierung
funktioneller Biomoleküle oder gentechnische Verfahren für die Kon-
struktion bzw. Analyse spezifischer DNS-Moleküle) und zum anderen
aus der Nanotechnik, wenn es z.B. um Erzeugung von Nanopartikeln,
-strukturen oder auch die Anknüpfung an nicht-biologische Strukturen
geht.
Vergleicht man Prinzipien in der belebten Natur mit entsprechenden
technischen Verfahren und Systemen, so werden einige gravierende
Unterschiede offensichtlich (s. Tabelle 1.1, vgl. [Stümper-Jansen 1996]).
Ein typisches Beispiel sind die energieaufwändigen Herstellungsverfah-
ren heutiger Technik und die vergleichsweise energiearme, selbstorgani-
sierte Umsetzung biologischer Baupläne für hochkomplexe Einheiten wie
Protein-Maschinen in der Zelle. Diese Unterschiede beruhen im
wesentlichen darauf, dass in der Natur die Produktion aller Stoffe, die die
Zelle benötigt, auf der Nanoskala abläuft. Außerdem findet in lebenden
Organismen Stoffwechsel statt, wodurch Wachstum und Regeneration
sowie der Abtransport von Abfallstoffen, die laufend entstehen, erst
möglich wird. Hierzu entwickelte sich evolutionär eine hoch effiziente
und hoch spezialisierte Maschinerie in biologischen Zellen. Dabei
kommen verschiedene, als Nanomaschinen betrachtbare Moleküle wie
z.B. funktionale Proteine zum Einsatz, die für die Energieversorgung,
Informationsverarbeitung, chemische Produktion, Transport etc.
zuständig sind. Diese Produktionsmaschinen wurden für bestimmte
Aufgaben optimiert, die der Zelle bzw. dem Zellverbund das Überleben
sichern sollen. Wir sind noch weit davon entfernt, den gesamten
biologischen Nano-Apparat beschreiben, geschweige denn ihn technisch
nutzen zu können. Der erste Schritt in diese Richtung ist die Aufklärung
der Einzelprozesse und die Umsetzung ausgewählter funktionaler
Einheiten in kontrollierbare Systeme für technische Anwendungen.
Interdisziplinäre Verflechtung
Gravierende Unterschiede: biologische und technische Systeme
Einführung 3333
Verfahren oder Eigenschaft
Typische Realisierung in technischer Systemumgebung
Typische Realisierung in biologischen Systemen
Herstellungs-prozess
- top down - großtechnische Fertigung
mit makroskopischen Geräten.
- technische Verfahren für große Mengen
- bottom up - Selbstorganisationsprozesse,
langsames Wachsen funktioneller Einheiten auf molekularer Ebene, Verbindung zu größeren Systemen
Kontrollier-barkeit
- nur in kleinen Ausschnitten auf molekularer bzw. atomarer Ebene möglich oder als statistisches Ensemble
- durch Vielzahl spezialisierter und in einem Netzwerk zusammen-arbeitender Nanomaschinen auf molekularer Ebene
Materialien - generalisierter Bausatz (breite Palette an Elementen und Verbindungen mit unterschiedlichsten Eigenschaften)
- flexibler Grundbausatz (wenige Klassen von Biomaterialien, für unterschiedliche Funktionen optimierbar)
- Biokomposite auf der Nano- bzw. Mikroskala
Energieaufwand - hoch (oft Hochtemperatur-bereich), vergleichsweise geringe Wirkungsgrade, Verlust durch Abwärme
- gering (höchst effiziente Umwandlungskette mit chemischen Trägerstoffen, dadurch aber auch molekulare Abfallprodukte)
Umwelt-verträglichkeit
- häufig problematisch - biologisch abbaubare Produkte, unter natürlichen Bedingungen i.d.R. kein Problem
Haltbarkeit, Stabilität, Veränderbarkeit
- über sehr breiten Bereich von (extremen) Umgebungsbedingungen (Temp., Druck, pH, etc.) existieren technische Lösungen.
- i.d.R. langzeitstabil, aber keine Selbstreparatur und eher unflexibel.
- vergleichsweise empfindlich - aber: nachwachsend,
flexibel, regenerationsfähig, natürliche Abbauprozesse, selbstkorrigierend
Tabelle 1.1: Vergleich technischer und biologischer Systeme
4444 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
1.21.21.21.2 Definition NanobiotechnologieDefinition NanobiotechnologieDefinition NanobiotechnologieDefinition Nanobiotechnologie
Die Nanobiotechnologie ist in der Regel durch folgende Aspekte
charakterisiert:
•= Nanoskaligkeit (in mindestens zwei Dimensionen, d.h. keine
einfache, nm dicke Schicht) spielt für die Anwendung eine
funktionstragende Rolle (die Funktion ist an Nanoskaligkeit
oder die molekulare Struktur gebunden)
•= Biokomponente ist Bestandteil der Anwendung
•= Potenzial zum Maßschneidern der funktionellen Einheiten oder
zur Kontrolle bzw. für eine Ansteuerung auf der Nanoskala ist
gegeben (technologischer Aspekt)
Eine sinnvolle Einteilung der Anwendungen, die auch zur Strukturierung
der Technologieanalyse herangezogen wurde, orientiert sich an den
Transferrichtungen zwischen nanoskaligen Systemen / Nanotechnologie
auf der einen Seite und biologischen Systemen / Biotechnologie auf der
anderen Seite. Unter dem Kürzel "Nano2Bio"2 lässt sich die Nutzung der
Nanotechnologie für die Analyse und Herstellung biologischer
Nanosysteme zusammenfassen. Die Hauptanwendungsbereiche sind
Biotechnologie und Life-Sciences. Dem gegenüber steht "Bio2Nano" für
die Nutzung bio(techno)logischer Materialien und Baupläne zur
Herstellung funktionaler, technischer Nanosysteme. Diese könnten in den
Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologie, der Energie-
und Umwelttechnik, etc. für technische Anwendungen nutzbar gemacht
werden.
Die Nanobiotechnologie stellt Anwendungsmöglichkeiten in Aussicht,
die zu Systemkomponenten eines konkreten Produkts oder zu Analyse-
und Herstellungsverfahren führen können.
Für die verschiedenen Anwendungen mit nanobiotechnologischem
Charakter lassen sich im Bereich "Bio2Nano" drei Anwendungsebenen
identifizieren:
•= Nanofabrikation und Nanostrukturierung mit biobasierten Methoden
•= technische Nutzung funktioneller Biomoleküle, Hybridsysteme
•= Konstruktion technisch-biologischer Schnittstellen
Die erste Option stellt vor allem die Zubringerrolle der Nanobio-
technologie für die Nanotechnologie heraus. Hier geht es im
wesentlichen um die Nutzung des biologischen Prinzips der
2 In Anlehnung an englische Abkürzungen wie „B2B“ = „business to business“.
Zwei Transfer-richtungen:
Nano → Bio
Bio → Nano
Drei Anwendungsebenen
Einführung 5555
Selbstorganisation molekularer Einheiten zu komplexeren Gebilden, wie
z.B. das Anordnen von Nanopartikeln auf DNS-Gerüststrukturen. Der
zweite Aspekt beinhaltet den Einsatz der Funktionen isolierter
Biomoleküle (wie z.B. die Licht getriebene Protonenpumpe Bakterio-
rhodopsin, vgl. Umschlagillustration) in technischen Systemen bzw. in
Kombination mit nicht-biologischen Bauteilen (z.B. Hybridsystem aus
einem Protein und einem metallischen Rotor). Der dritte Punkt umfasst
alle Anwendungsperspektiven, die mit biologisch-technischen
Schnittstellen verknüpft sind. Um eine Schnittstellenfunktion zwischen
biologischen und technischen Materialien herzustellen, ist die
Möglichkeit einer chemischen Kopplung wichtig, die z.B. für Gold-
oberflächen oder Halbleiternanopartikel (z.B. Zink- oder Cadmiumsulfid)
durch Thiol-Gruppen erreicht wird. Die Schnittstellen besitzen meist
auch eine Signalwandler-Funktion, die für den direkten Informations-
transfer zwischen biologischen und technischen Systemen genutzt
werden kann. Beispielsweise stellt das bakterielle Membranprotein
Bakteriorhodopsin, das Photonen (Licht) in elektrische (Spannungs-
differenz) bzw. chemische Information (Protonengradient) umwandelt,
einen photoelektrischen bzw. photochemischen Signalwandler dar.
Die Technologieanalyse des umfassenden Forschungsgebietes der
Nanobiotechnologie nähert sich der Thematik von den potenziellen
Anwendungsfeldern her und ist in zwei aufeinander folgende Studien
unterteilt. Die vorliegende Studie befasst sich mit den Grundlagen und
technischen Anwendungen außerhalb der Life-Sciences (vorwiegend
"Bio2Nano"-Aspekt), während die zur Zeit in Arbeit befindliche
Technologieanalyse die medizinisch-diagnostischen, pharmazeutischen
und therapeutischen Anwendungen aus den Life-Sciences (überwiegend
"Nano2Bio") enthalten wird.
1.31.31.31.3 Zielsetzung der TechnologieanalyseZielsetzung der TechnologieanalyseZielsetzung der TechnologieanalyseZielsetzung der Technologieanalyse
Die vorliegende Technologieanalyse dient der zukunftsorientierten
Identifizierung und Bewertung der Anwendungsmöglichkeiten der
Nanobiotechnologie im Rahmen der Technologie-Früherkennungs-
aktivität der Abteilung Zukünftige Technologien-Consulting des VDI-
Technologiezentrums für das BMBF. Sie wurde in Abstimmung mit dem
laufenden BMBF-Förderprogramm zur „Nanobiotechnologie“ erstellt.
Ziel: Informationstransfer
6666 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
Maßgebliches Ziel der Technologieanalyse ist ein Informationstransfer in
folgende Richtungen:
•= Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und
andere Stellen der Forschungsförderung sollen objektiv informiert
werden, so dass ein notwendiger Forschungs- und Koordinier-
ungsbedarf innerhalb und außerhalb des Technologiegebietes
abgestimmt werden kann. Darüber hinaus sollen zukünftige
Ausschreibungen und das laufende Förderprogramm „Nanobio-
technologie“ unterstützt werden.
•= In der Nanotechnologie, den Biowissenschaften sowie
angrenzenden Forschungsfeldern tätige Wissenschaftler sollen
Informationen über fachfremde Erfahrungen und Untersuchungs-
ergebnisse erhalten, die zu interessanten und interdisziplinären
Kooperationen führen können.
•= Industriellen Anwendern werden durch den Überblick
Anregungen vermittelt und die Kontaktaufnahme zu potentiellen
Forschungspartnern ermöglicht.
•= wissenschaftlich vorgebildeten Interessenten und Entscheidungs-
trägern (u.a. Politiker, Fachjournalisten) wird ein unkomplizierter
Einstieg in die Thematik ermöglicht.
Die Technologieanalyse versteht sich auch als Innovationsanalyse im
Sinne der übergreifenden Zielorientierung der Forschungs- und
Technologiepolitik des BMBF. Ziel ist es dabei, zur Sicherung der
wirtschaftlichen und technologischen Wettbewerbsfähigkeit innovative
wissenschaftliche Forschungsergebnisse und technische Entwicklungen
schneller als bisher in marktfähige Produkte umzusetzen und Inno-
vationshemmnisse zu beseitigen. Weiterhin spielt die Orientierung an
gesellschaftlichen Problemen, insbesondere in den Bereichen Umwelt,
Gesundheit und Ernährung, eine wichtige Rolle für die Prioritätensetzung
der Forschungspolitik.
Ausgehend von dem recherchierten Stand der Forschung werden im
Rahmen der Technologieanalyse die jeweiligen Anwendungs-
perspektiven und Realisierungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung
bisheriger Verfahren bzw. Konkurrenzverfahren sowie der innovative
und technologiespezifische Charakter erörtert. Im Sinne einer
Technikvorsorge werden zudem frühzeitig anwendungsrelevante
Anforderungen und Entwicklungshemmnisse identifiziert und analysiert.
Dem Leser soll anhand charakteristischer Beispiele eine Vorstellung
davon vermittelt werden, worin das Potenzial der Nanobiotechnologie in
technischen Anwendungsbereichen besteht.
Zukünftiges Potenzial der Nanobiotechnologie
Einführung 7777
1.41.41.41.4 Basis der TechnologieanalyseBasis der TechnologieanalyseBasis der TechnologieanalyseBasis der Technologieanalyse
Die Technologieanalyse basiert im wesentlichen auf gezielter
Rechercheaktivität und vertiefter Analyse der Ergebnisse. Als spezielle
Informationsquellen dienten Fachliteratur, wissenschaftliche Informa-
tionsdienste, Internet-Informationsseiten von Forschern, Literatur- und
Patentdatenbanken und Kongressbeobachtungen.
Um diese Erkenntnisse zu verifizieren und auf eine gesicherte Basis zu
stellen wurden zahlreiche Expertenbefragungen durchgeführt. Auf der
Grundlage dieser Informationen wurden Analysen und Bewertungen zu
den Teilgebieten vorgenommen.
Neben fachwissenschaftlichen Aspekten interessierten dabei insbesonde-
re Anwendungsperspektiven, Entwicklungshemmnisse und Forschungs-
aktivitäten. Die durchgeführte Literatur- und Patentrecherche dient
insbesondere dazu, den Stand Deutschlands und Europas im Vergleich zu
den beiden großen Forschungsregionen USA und Japan/Südost-Asien
darzustellen.
1.51.51.51.5 StrukStrukStrukStrukturierung der Technologieanalyseturierung der Technologieanalyseturierung der Technologieanalyseturierung der Technologieanalyse
Übersicht der vorgestellten Anwendungs- bzw. Technologiefelder:
•= Produktionsprozesse o Nanofabrikation (Selbstorganisationsverfahren)
o Materialsynthese (Biomineralisation)
•= Biosensoren und Biomembranen (z.B. in der Umwelt-,
Produktions- und Lebensmitteltechnik)
•= Lichtenergetische Prozesse (z.B. biologisch unterstützte
Photovoltaik)
•= Biomolekulare Motoren und Aktuatoren (z.B. das
Mikrotubuli-Kinesin Transportsystem)
•= Informations- & Kommunikationstechnologie o Molekularelektronik (Konstruktion, Verdrahtung,
Bauteile)
o Datenspeicherung
o Sicherheitsmerkmale
o Bezug der Nanobiotechnologie
��zum DNA-Computing
��zur Neurotechnologie
8888 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
Die potenziellen Anwendungen in den Bereichen Produktionsprozesse,
Energieerzeugung, Biomembranen, Biosensorik, Biomolekulare Motoren
und Aktuatoren sowie Informations- und Kommunikationstechnologie
werden in den folgenden Kapiteln exemplarisch vorgestellt und jeweils
mit zusammenfassenden Bewertungen versehen.
Im Anschluss werden Forschungsaktivitäten auf nationaler wie inter-
nationaler Ebene anhand von Publikationen und Patenten dargestellt,
sowie das Marktpotenzial der Technologie diskutiert.
Die Gesamtbewertung mit Ausblick gibt schließlich Auskunft über
generelle Erkenntnisse, die sich aus dieser Analyse ergeben haben.
Im Anschluß daran werden in einer zweiten Technologieanalyse die
Anwendungen in den Life-Science-Bereichen (mit dem Schwerpunkt Nano2Bio) vorgestellt. Diskutiert werden u.a. die Themen
- Biochip-Technologien für das high-throughput screening (HTS)
- in vivo Einsatz funktionaler Nanopartikel, z.B. zur Freisetzung und
zum Transport von Wirkstoffen (drug delivery)
- künstlicher Gewebeaufbau (tissue engineering)
- Biokompatibilität.
Produktionsprozesse 9999
2.2.2.2. PRODUKTIONSPROZESPRODUKTIONSPROZESPRODUKTIONSPROZESPRODUKTIONSPROZESSE ZUR SE ZUR SE ZUR SE ZUR HERSTELLUNG NANOSKALHERSTELLUNG NANOSKALHERSTELLUNG NANOSKALHERSTELLUNG NANOSKALIGER IGER IGER IGER STRUKTURENSTRUKTURENSTRUKTURENSTRUKTUREN
Nanoskalige Systeme aus strukturell angeordneten molekularen Bau-
steinen oder Atomclustern besitzen häufig Eigenschaften, die sie als
funktionale Einheiten für technische Anwendungen u.a. in der Sensorik,
Optik bzw. Optoelektronik oder Molekularelektronik in Frage kommen
lassen.
Nanostrukturen können nicht nur durch verschiedene "top down"-
Technologien wie z.B. optische oder Ionenstrahl-Lithographieverfahren
erzeugt werden, sondern in vielen Fällen auch durch das Zusammen-
setzen einzelner Bausteine ("bottom up"). Die "top down"-Verfahren sind
teilweise mit hohem technischen Aufwand und Kosten verbunden. In der
Nanobiotechnologie werden bottom up-Verfahren unter Verwendung von
Biomolekülen und biologischen Bauprinzipien entwickelt
a) zur Fabrikation nanoskaliger Systeme (z.B. Selbstorganisation
von DNS-Molekülen und bakteriellen Membranproteinen) oder
zur Nanostrukturierung (Biomoleküle als Template)
b) für eine auf der Nanoskala kontrollierte Materialsynthese (Biomineralisation)
Das zugrundeliegende Prinzip beim Aufbau natürlicher Materialien und
Strukturen ist die Selbstorganisation einzelner Moleküle unter definier-
ten Randbedingungen zu komplexen strukturellen Einheiten. Sie wird in
den folgenden Abschnitten eingehender dargestellt.
Ein spezieller biologischer Prozess, bei dem die Selbstorganisation eine
essentielle Funktion besitzt, ist das Wachstum. Bei biologischen
Wachstumsprozessen werden unterschiedlichste funktionelle Materialien,
sogar bis hin zu anorganischen Kristallen, im Organismus hergestellt, die
zum Aufbau von Gewebe oder Knochen benötigt werden. Die
Biomineralisation ist aus technischer Sicht besonders interessant, da die
komplexen Kristallisationsprozesse in der Natur zwar selbstorganisiert,
aber sehr viel kontrollierter als in industriellen Verfahren ablaufen. Von
einem tiefergreifenden Verständnis dieser Vorgänge werden Verbesser-
ungen für technische Produktionsabläufe und neue Verfahren erwartet.
Ein weiteres Beispiel ist das regenerative Wachstum von Bakterien.
Dabei reorganisieren sich die etwa 500 000 Zellhüllenproteine der
kristallinen Membran eines Bakteriums lokal ständig neu, um pro
Sekunde ca. 500 neue Proteinbausteine in das vorhandene Gitter
aufzunehmen [Sara/Sleytr 1999]. Voraussetzung hierfür ist eine große
Naniobiotechnologische "bottom up" Verfahren: Selbstorganisation, Biomineralisation
10101010 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
Vielfalt an möglichen Verknüpfungsstellen der Proteine für stabile
Anordnungen. Diese Reorganisationsfähigkeit von bakteriellen Zell-
hüllenmembranproteinen (sogenannte S(urface)-Schicht-Proteine und -
Glykoproteine) bietet in Form technisch hergestellter S-Schichten
Anwendungspotential, z.B. als Ultrafiltrationsmembranen, nanoporöse
Template für Metallisierungen oder für die Aufreihung von Nano-
partikeln, die u.a. Potenzial als hochsensible Sensoren besitzen (vgl.
Abschnitte 2.2.3, 3.1 und 4.2).
Zu Anwendungen im Bereich der Produktionsprozesse gehören im
Prinzip auch die wohl bekannten Katalyseverfahren der Biotechnologie,
die hauptsächlich auf Enzymen basieren, welche mit Hilfe der
Gentechnik an die gewünschten Produkte angepasst werden können. Hier
sind in den letzen Jahren z.B. durch die Verwendung von enzymatischen
Biokatalysatoren in organischen Lösungsmitteln große Weiterentwick-
lungen erfolgt [Schmid et al. 2001]. Da dieses Feld bereits in der
Biotechnologie etabliert ist, wird darauf in der vorliegenden Technologie-
analyse nicht näher eingegangen. Hingegen wird die Materialsynthese
spezieller Nanopartikel durch Nanoreaktorik in Liposomen oder Vesikeln
als Teilgebiet der Nanobiotechnologie betrachtet (s.u.).
2.12.12.12.1 Selbstorganisationsphänomene von BiomolekülenSelbstorganisationsphänomene von BiomolekülenSelbstorganisationsphänomene von BiomolekülenSelbstorganisationsphänomene von Biomolekülen
Der Begriff "Selbstorganisation" wird für viele Prozesse verwendet, bei
denen sich (molekulare) Einzelbausteine spontan zu einer größeren,
wohlgeordneten Einheit zusammenlagern, meist ohne eine starke
chemische Bindung einzugehen. Solche spontanen Ordnungsprozesse
sind allgegenwärtig und treten in vielen Bereichen des täglichen Lebens
auf (Kristallisation, Wachstum von lebenden Organismen usw.). Auch in
der Chemie (selbstorganisierte Monolagen, Mizellenbildung) und
molekularen Biologie (Bildung eines Tabakmosaikvirus oder von
Zellmembranen) wird dieses Prinzip häufig angetroffen
[Whitesides/Mathias/Seto 1991], das letztendlich den gesamten Ablauf
des Lebens bestimmt und Eigenschaften wie das Regenerationsvermögen
von biologischen Systemen ermöglicht.
Die entstehenden Gebilde haben häufig besondere Eigenschaften wie
eine (komplexe) Gesamtstruktur oder eine gleichmäßige Ausrichtung, die
für eine technische Nutzung vorteilhaft ist (z.B. SAM, self-assembled monolayers, für Sensoranwendungen).
Unter der "Technik" der Selbstorganisation (auch von biologischen
Materialien bzw. Molekülen) läßt sich im allgemeinen die Kontrolle und
Produktionsprozesse 11111111
die Nutzung geeigneter Selbstorganisationsphänomene als Konstruktions-
prinzip für funktionelle Schichten, Partikel oder Bauteile verstehen. In
der Elektronik wird beispielsweise die spontane Bildung nanoskaliger,
pyramidenförmiger GaAs-Quantenpunkte für Laseranwendungen genutzt
[Bimberg/Grundmann/Ledentsov 1998]. Hier wird der grundsätzliche
Vorteil der Nutzung von Selbstorganisationsphänomenen für technische
Zwecke deutlich: obwohl es theoretisch auch mit Rastersondentechniken
möglich wäre, diese Atomanordnung zu erreichen, wäre der Aufwand
unverhältnismäßig größer. Überlässt man das System hingegen unter
bestimmten Bedingungen sich selbst, gelangt man ohne weiteren
Aufwand zu dem gewünschten Produkt.
Technisch nutzbare Selbstorganisationsphänomene von Biomolekülen
sind vor allem für Herstellungsverfahren von nanostrukturierten
Systemkomponenten und für das spezifische Andocken von funktionellen
Einheiten von großer Bedeutung. Im folgenden sollen Selbst-
organisationsphänomene von bestimmten Biomolekülen, die aus
nanobiotechnologischer Sicht relevant sind, exemplarisch beleuchtet
werden.
2.1.12.1.12.1.12.1.1 MonoMonoMonoMono---- und Multilagensystemen und Multilagensystemen und Multilagensystemen und Multilagensystemen
Eine sehr einfache und seit langem bekannte Variante der
Selbstorganisation ist die von biologischen Lipiden oder lipidähnlichen,
amphiphilen3 Molekülen. Sie bestehen aus einem kurzen hydrophilen
Teil und einem langgestreckten lipophilen Korpus und ordnen sich zu
zweidimensionalen monomolekularen oder Doppel- und Multischichten
an. Lipide wie z.B. Phospholipide bilden auch die Doppelschichten in
biologischen Membranen, die auch funktionelle Proteine inkorporieren
können. Aus solchen Nanometer dünnen Schichten können wiederum,
begünstigt durch Template oder bestimmte Konzentrationsverhältnisse,
z.B. Mizellen, Vesikel oder Liposome4 entstehen [Laval/Chopineau/
Thomas 1995, Singh/Markowitz/Chow 1995].
3 Amphiphile Moleküle besitzen ebenso wie Lipide einen hydrophilen und einen lipophilen Teil. 4 Als Mizellen werden i.a. kleine Bestandteile in einer kolloidalen Lösung bezeichnet, die sich durch besondere Beschaffenheit (Kristallstruktur; als Molekülverband etc.) von der Umgebung abheben. Lipid-Mizellen sind Aggregate von Lipiden mit nach innen gerichteten hydrophoben und nach außen gerichteten hydrophilen Gruppen, so dass Fettbestandteile durch die hydrophile Hülle in Wasser gelöst werden können. Bei inversen Mizellen ist die Orientierung der Gruppen umgekehrt. Vesikel sind aus einer Biomembran bestehende nanoskalige intrazelluläre "Transportgefässe". Liposome sind wasserlösliche, geschlossene Vesikel aus Lipiddoppelschichten. Sie werden vor allem für den Wirkstofftransport in der Medizin eingesetzt und entsprechen einem einfachen Modell einer Zellmembran.
Selbstorganisation: vom Phänomen zur Nanofabrikations-technik
Selbstorganisation in biologischen Schichten: Lipide und Self-assembled Monolayers (SAM)
12121212 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
Self-assembled monolayers (SAM) sind normalerweise zweidimensio-
nale, aufgrund nicht-kovalenter Kräfte regelmäßig angeordnete
Molekülaggregate und können z.B. mit der Langmuir-Blodgett-Technik
künstlich erzeugt werden. Solche SAM lassen sich, kombiniert mit
anderen Nanoherstellungsverfahren, zur Erzeugung nanoskaliger,
funktioneller Strukturen nutzen [Köhler 2001]. Sie lassen sich z.B. durch
Photolithografie oder sogenannte „Soft-Lithografie“-Verfahren
[Xia/Whitesides 1998] wie Mikro-Kontaktprinting weiter strukturieren.
Ferner eignen sie sich durch Einführen entsprechender Ankergruppen in
die von der Oberfläche wegweisenden Reste der schichtbildenden
Moleküle für die Immobilisation von Enzymen und Antikörpern
[Singh/Markowitz/Chow 1995].
Durch sandwich-artiges Aufbringen einer weiteren Moleküllage mit
entgegengesetzter Ausrichtung (Bildung von Doppellipidschichten) oder
Einführen zusätzlicher Verknüpfungsgruppen am äußeren Molekülende,
können auch mehrere Schichten auf die erste aufgebracht werden
[Whitesides/Mathias/Seto 1991].
Eine weitverbreitete Variante ist die Bildung von 2-D periodischen SAM
aus Kohlenwasserstoffen mit einer am Ende angekoppelten Thiolgruppe
auf einem Goldsubstrat und einer gleichorientierten Ausrichtung der
Kohlenwasserstoff-Ketten. Die Thiol-Gold-Wechselwirkung ist sehr stark
und verleiht der Struktur eine relativ hohe mechanische Stabilität. Diese
Schichtanordnungen können z.B. für Sensoranwendungen weiter
modifiziert werden und eignen sich zur Anbindung von biologischen
Molekülen als Rezeptoren oder reaktiven Gruppen an den organischen
Teil der Moleküle. Eine entsprechend funktionalisierte Schicht lässt sich
beispielsweise mit photolithografischen Verfahren oder durch Stempel-
und Prägetechniken weiter strukturieren. Thiol-Gold-SAM Anordnungen
bilden die Grundlage für viele Biosensoren [Knichel et al. 1995,
Bier/Kleinjung/Scheller 1997]. Allerdings ist die Herstellung kalibrierter
Biosensorsysteme teilweise sehr schwierig und kostspielig, so dass
intensiv nach Alternativen geforscht wird.
2.1.22.1.22.1.22.1.2 Selbstorganisierte, dreidimensionale StrukturenSelbstorganisierte, dreidimensionale StrukturenSelbstorganisierte, dreidimensionale StrukturenSelbstorganisierte, dreidimensionale Strukturen
In Gegenwart von Templaten können sich Lipide und lipidähnliche
Substanzen auch zu dreidimensionalen Hüllen wie sphärische Mizellen
und Vesikeln oder zylinderförmigen Tubuli einrollen [Laval/Chopineau/
Thomas 1995, Singh/Markowitz/Chow 1995].
Thiol-Gold-Kopplung zur Integration biologischer Schichten mit technischen Systemen
Produktionsprozesse 13131313
2.1.2.1 Mizellen, inverse Mizellen und Vesikel
Ein Beispiel aus dem Alltag für die Bildung von Mizellen sind Tenside in
Spül- und Waschmitteln. Hier bilden die lipidähnlichen Tensidmoleküle
im Wasser sphärische Hohlräume mit einer hydrophoben Innenseite und
einer hydrophilen Hülle, die Fettreste verkapseln und trotzdem
wasserlöslich bleiben. In bestimmten organischen Lösungsmitteln5
können sich inverse Mizellen bilden, die einen hydrophilen Innenraum
von einigen Nanometern Durchmesser aufweisen.
Die Bildung abgeschlossener Kompartimente wie normaler oder inverser
Mizellen in einem Lösungsmittel kann auch für die Durchführung
chemischer Reaktionen im Inneren der Kompartimente genutzt werden.
Damit lassen sich z.B. auch Nanopartikel herstellen, die nicht sofort
wieder zu größeren Aggregaten zusammenklumpen.
Vesikel oder Liposome mit Doppellipidmembranen eignen sich für
Untersuchungen als Modellmembranen, in die auch funktionelle Proteine
inkorporiert werden (vgl. Abschnitt 5.1.2). Andere Anwendungen der
Vesikelbildung sind z.B. die Stabilisierung von Proteinen und Enzymen
(in Umgebungen, die normalerweise zu einer Denaturierung führen
würden), die lokale, gezielte Wirkstofffreisetzung oder eine Verwendung
als Mikro-Bioreaktoren [Gregoriadis 1993]. Mit Hilfe der
Nanobiotechnologie könnten in Zukunft vielleicht solche
"Nanobioreaktoren" gezielt mit spezifischen Ionenkanälen oder
Ionenpumpen ausgestattet werden, die komplexere Synthesen und
besserer Steuerung der Produkte ermöglichen sollen.
2.1.2.2 Röhrenförmige Anordnungen
Auch bei der Bildung von Mikrotubuli aus Tubulin-Proteineinheiten, die
sich zu Röhren von einigen µm Länge und einem Durchmesser von ca.
24 nm zusammensetzen, erfolgt der Aufbau durch Selbstorganisation
[Engelborghs 1994]. Mikrotubuli bilden u.a. in der Zelle die Zytoskelett-
Filamente, die als Transportschienen z.B. für Vesikel dienen, und für die
Beweglichkeit und Formveränderbarkeit der Zelle, speziell in der Mitose
(Zellteilung), eine wichtige Rolle spielen.
Mikrotubuli werden auch zusammen mit Linearmotorproteinen für die
Herstellung biomolekularer Motorsysteme verwendet (vgl. Kapitel 6.1.1).
5 Apolare Lösungsmoleküle besitzen kein permanentes elektrisches Dipolmoment und sind daher hydrophob (z.B. Tetrachlorkohlenstoff).
Modellsysteme für biologische Hüllen: Mizellen, Vesikel und Liposome
14141414 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
2.22.22.22.2 Selbstorganisation als Verfahren der Selbstorganisation als Verfahren der Selbstorganisation als Verfahren der Selbstorganisation als Verfahren der NanobiotechnologieNanobiotechnologieNanobiotechnologieNanobiotechnologie
Für technische Anwendungen der Nanobiotechnologie spielen bislang
vor allem zwei weitere Systeme und deren Selbstorganisations-Produkte
eine entscheidende Rolle, die in den folgenden Abschnitten eingehend
beschrieben werden:
•= gerichtete (auch als programmierte oder algorithmische
bezeichnete) Selbstorganisation von DNS-Molekülen
•= Selbstorganisation von bakteriellen Membranproteinen
(S-Schichten)
2.2.12.2.12.2.12.2.1 Hybridisierung von DNSHybridisierung von DNSHybridisierung von DNSHybridisierung von DNS----MolekülenMolekülenMolekülenMolekülen
Grundlage für den Selbstorganisationsprozess von DNS-Molekülen sind
selektive Hybridisierungsreaktionen. Ein DNS-Molekül setzt sich aus
Nukleotid-Grundbausteinen (bestehend aus einem Zucker, Phosphorsäure
und einer Nukleinbase wie Adenin, Thymin, Guanidin oder Cytosin)
zusammen, die paarweise zueinander komplementär sind. Jeweils ein
Paar aus A-T bzw. G-C-Basen ist in der Doppelhelix-Struktur durch zwei
bzw. drei Wasserstoffbrückenbindungen fest aneinander gebunden. Diese
Paarbildung ist mit einer relativ hohen Bindungsenergie verbunden und
für die große Affinität komplementärer Basen zueinander verantwortlich.
Diese Selektivität ermöglicht erst die gezielte Nutzung der DNS für
Selbstorganisationsverfahren. Oligonukleotide (3-10 Nukleotide) und
Polynukleotide erkennen dadurch komplementäre Stränge und binden
sich an diese. Durch diese Hybridisierung zweier DNS-Stränge nimmt
die DNS die typische Doppelhelixstruktur ein, in deren Inneren die
Basenpaare mit gewissem Abstand übereinander liegen. Dieser
Erkennungsprozess kann technisch zur gezielten Verknüpfung von
Einheiten genutzt werden, da komplementäre DNS-Stränge selektiv
angekoppelt werden können. Durch entsprechende Wahl der
Nukleinbasen-Abfolge in einem Oligonukleotid kann die Verknüpfung
und damit das Produkt der Selbstorganisation vorherbestimmt werden
("programmierte" oder "gerichtete" Selbstorganisation).
2.2.22.2.22.2.22.2.2 Nanobiotechnologische DNSNanobiotechnologische DNSNanobiotechnologische DNSNanobiotechnologische DNS----SelbstorganisationsSelbstorganisationsSelbstorganisationsSelbstorganisationsprozesseprozesseprozesseprozesse
Die selektiv verlaufende Bildung der Basenpaare bei der Hybridisierung
von Oligonukleotiden und DNS, ermöglicht nanotechnische Anwen-
dungen wie programmierbare Positionierhilfen, molekulare Steckbretter
oder die Konstruktion komplexerer Einheiten [Niemeyer 2000, Niemeyer
molekulare DNS-Erkennungs-reaktion: Grundlage der programmierbaren Selbstorganisation
Produktionsprozesse 15151515
2001]. Damit lassen sich aus molekularen oder nanoskaligen
Bauelementen, die mit entsprechenden DNS-Strängen verbunden sind,
komplexe Gebilde konstruieren, welche wiederum für verschiedene
Anwendungen, z.B. in der Molekularelektronik oder für die Detektion
spezifischer DNS-Moleküle genutzt werden können.
2.2.2.1 Positionierhilfe für Nanobausteine
Durch die nanoskalige Anordnung von DNS-Ankergruppen auf
metallischen oder anderen Substraten lassen sich "molekulare
Steckbretter" generieren, auf die durch Hybridisierung gleichzeitig und
selektiv an verschiedenen Bindungsstellen eine Vielzahl unterschied-
licher funktioneller Einheiten aufgebracht oder Rezeptoren immobilisiert
werden können.
Die Gruppe um A.P. Alivisatos (University of California, Berkeley)
verfolgt eine bestimmte Strategie zur eindeutigen Positionierung
molekularer Bausteine mittels DNS-Moleküle. „Nanokristallmole-
küle“ aus 1,4 nm großen Goldclustern, welche mit gezielt synthetisierten
Oligonukleotiden funktionalisiert sind, werden konstruiert, indem diese
selektiv an die jeweils komplementären Abschnitte einer Gerüst-DNS
binden [Alivisatos et al. 1996].
Kolloide Goldpartikel von etwa 13 nm Größe können mit einer ähnlichen
Methode, die in der Arbeitsgruppe von Chad A. Mirkin entwickelt
wurde, miteinander verknüpft werden. Allerdings wurden hier die DNS-
Stränge als reine Verknüpfungselemente und nicht in Form eines
Gerüstes genutzt. Dazu werden zunächst Nanopartikel zweier Größen mit
DNS-Strängen funktionalisiert. Nach Zugabe von komplementären DNS-
Verbindungssträngen werden die Nanopartikel gemäß der durch die
Basensequenz programmierten Regeln (z.B. A-B-A-B..., vgl. Abbildung
2.1) zu regelmäßigen Netzwerken verknüpft. Diese DNS-programmierte
Aggregation kann durch thermische Denaturierung und Re-Hybridi-
sierung vollständig reversibel gesteuert werden [Mirkin et al. 1996].
Durch die Aggregation ändern sich zudem die optischen Eigenschaften
der Partikel, was sich in einem Farbumschlag von rot nach blau äußert, so
dass die Reaktion zur Detektion spezifischer DNS-Sequenzen genutzt
werden kann. Mit dieser Methode konnte bereits die Identifizierung des
Milzbranderregers Anthrax demonstriert werden [Mirkin 2000].
Auch für die effiziente Konstruktion von nano- bzw. molekular-
elektronischen Bauteilen besitzen Selbstorganisationsprozesse, in denen
DNS-Stränge als Positionsbestimmungsmarker eingesetzt werden, großes
Anwendungspotenzial. Ein Beispiel für eine experimentelle Umsetzung
Gesteuerte Nanofabrikation mit DNS-Ankergruppen
16161616 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
dieses Prinzips ist die Vernetzung metallischer Röhrchen [Service 1999].
Dazu werden die Nanoröhren zunächst in den Hohlräumen von porösen
Filtermembranen durch Abscheidung von Metalldampf hergestellt. Diese
Metallröhrchen bestehen z.B. an den Enden aus Platin und in der Mitte
aus Gold.6 An die Gold-Teilstücke wiederum können Thiolgruppen
geheftet werden, die ihrerseits mit DNS-Oligomeren verknüpft und so
eindeutig adressierbar sind. Mit weiteren Oligonukleotiden können dann
gezielt einzelne Einheiten aus metallischen Nanoröhren zu
dreidimensionalen Anordnungen verbunden werden. Dabei findet eine
Hybridisierung der verschiedenen komplementären Oligomere unter-
einander statt. Die DNS-Moleküle fungieren hierbei als eine Art
"programmierbarer Klettverschluss", der die Verknüpfung und korrekte
Positionierung nur zueinander passender Drahtstücke ermöglicht.
Mit dieser Technik wurden einfache Formen wie Dreiecke und Kreuze
hergestellt. Trotzdem ließ es sich nicht vermeiden, dass in einigen Fällen
Baueinheiten durch nicht-komplementäre DNS-Stränge verbunden wur-
den.
G. Whitesides und Mitarbeiter haben mit hexagonalen, Mikrometer
großen Goldpartikeln demonstriert, dass prinzipiell auch größere
Strukturen durch molekulare Selbstorganisationsphänomene erzeugt
6 Mittlerweile ist es auch möglich, eine ganze Palette an unterschiedlichen Metallen zu Nanoröhren zu kombinieren und die Abfolge bzw. Länge der Metallstücke für eine Art Balkenkode-Verfahren zu nutzen: S.R. Nicewater-Pena, R. G. Freeman, B.D. Reiss, L. He, D.J. Pena, I.D. Walton, R. Cromer, C.D. Keating, M.J.Natan, "Submicrometer Metallic Barcodes", Science, 294, S. 137-140 (2001). Für die Kommerzialisierung dieser Technik wurde die Firma Nanoplex Technologies, Inc. gegründet.
Abbildung 2.1: rechts: Selbstorganisation
zweier Nanopartikelsorten
A und B (beschichtet mit
DNS-Positionierhilfe-
Markern ) mit komplemen-
tärer Verbindungs-DNS zu
einem regelmäßig
angeordnetem Aggregat
unten: Elektronen-
mikroskop-Aufnahme einer
Partikelanordnung mit
unterschiedlich großen A-
und B-Teilchen. (Balken =
20 nm)
Quelle: C. Mirkin,
Northwestern Univ.;
http://www.chem.
northwestern.edu/~mkngrp/
Produktionsprozesse 17171717
werden können. Je nach Beschichtung der Hexagon-Flächen und –Kanten
mit hydrophilen oder hydrophoben Molekülen lagern sich die Partikel
von selbst zu Stapeln oder mosaikartigen Flächen zusammen [Clark et al.
2000]. DNS-Moleküle sollten sich in ähnlicher Weise als pro-
grammierbare Positionsbestimmungsmarker auch für (noch) größere
Konstrukte einsetzen lassen. 2.2.2.2 Programmierte DNS-Konstruktionen
Durch geschickte Wahl der Basensequenzen kann die Art der
Verflechtung beim Hybridisierungsprozess von Oligonukleotiden und
damit die Topografie der entstehenden Moleküle vordefiniert werden.
Ned C. Seeman von der Universität New York konnte mit dieser
Methode bereits einige spektakuläre, komplexere Strukturen realisieren
(z.B. Würfel [Chen/Seeman 1994] oder Kuboktaeder [Zhang/Seeman
1994], siehe Abbildung 2.2).
Die topografischen Eigenschaften der DNS-Doppelhelix lassen sich auch
dazu benutzen, um zu erweiterten Strukturen zu gelangen. Dazu werden
verschiedene DNS-Einzelstränge, statt wie in der Doppelhelix-Struktur
vollständig hybridisiert, nur an bestimmten Stellen miteinander
verflochten, indem die anderen Stellen schon durch gezielt eingebaute
komplementäre Basenabschnitte blockiert wurden. Aus vier DNS-
Strängen lässt sich z.B. eine fest miteinander verflochtene Teilstruktur
konstruieren, die als „DNA tiles“ bezeichnet wird und eine gewisse
Steifigkeit aufweist. An den Enden bzw. „Eckpunkten“ dieser DNS-
Flechtwerke ragen nicht-hybridisierte Basensequenzen heraus, die zur
Verknüpfung mit weiteren DNS-Flechtwerken genutzt werden können.
Auf diese Weise lassen sich periodische Anordnungen aus unterschied-
lichen Sorten von DNS-Fliesen aufbauen. Ein Forschungsziel ist es
dabei, einen kompletten zweidimensionalen "DNS-Kristall" zu
konstruieren. Die DNS-Flechtwerke können darüber hinaus auch zum
programmierten Aufbau periodischer Muster und komplexerer Strukturen
eingesetzt werden [Winfree et al. 1998].
Solche Strukturen könnten sich auch unter entsprechenden Umgebungs-
bedingungen gemäß den in den Bausteinen vorgegebenen Regeln neu
anordnen.
Die Arbeiten von Ned C. Seeman haben gezeigt, wie sich DNS-Moleküle
als strukturelle Bauelemente für die programmierbare, selbstorganisieren-
de Konstruktion einsetzen lassen. Obwohl solche komplexen DNS-
Gebilde derzeit nicht in technischen Anwendungen genutzt werden, ist es
sinnvoll, das Potenzial für programmierbare Strukturen zu erforschen, die
Abbildung 2.2: Computermodelle eines
Würfels (a) und eines
Kuboktaeders (b), dessen
Kanten aus DNS-
Doppelhelices gebildet
werden.
Quelle: N.C. Seeman,
New York Univ.;
http://seemanlab4.chem.
nyu.edu/
DNS-Moleküle als Nanokonstruktions-material
(a)
(b)
18181818 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
in Zukunft vielleicht in Nanomaschinen oder für programmierbare
Materialien eingesetzt werden können. Auch die Kombination mit
anderen Nanoeinheiten wie Clustern etc. verspricht interessante
Funktionalitäten, wie z.B. schaltbare DNS-Aggregate. Die visionäre
Hoffnung ist dabei, dass sich mit Hilfe programmierbarer Selbst-
organisation molekulare Gerüststrukturen für die Verknüpfung mole-
kularer Bauelemente von zukünftigen Rechnersystemen oder Nano-
maschinen generieren lassen. In Abschnitt 6.2.2 finden sich Beispiele für
nanomechanische DNS-Konstruktionen nach diesem Prinzip.
2.2.2.3 Streptavidin-Biotin-Kopplungen Streptavidin ist ein Protein, das an vier Stellen Biotin-Moleküle binden
kann. Sobald Biotin-Moleküle diese Bindungspositionen erkennen, gehen
sie eine sehr feste Bindung mit dem Protein ein. Dieses Verhalten kann
zur Kopplung nanoskaliger bzw. molekularer Baueinheiten, die entweder
mit Biotin oder Streptavidin funktionalisiert sind, genutzt werden. Ein
Biotin- oder Streptavidin-Anker lässt sich z.B. durch Einführen einer
Thiolgruppe in das Biotin- oder Streptavidin-Molekül erzeugen. Dabei
wird die Baugruppe über die Thiolgruppe chemisch an eine (metallische)
Oberfläche gebunden. Bauteile mit den passenden Ankern fügen sich
leicht in einer selbstorganisierten Weise zusammen. Dieses Prinzip lässt
sich in verschiedenen Anwendungen nutzen.
In der DNS-Analytik können beispielsweise über eine Biotin-Strept-
avidin-Kopplung DNS-Moleküle an magnetische Partikel gekoppelt
werden, wodurch die Separation von Hybridisierungsprodukten mittels
Magnetfeldern erfolgen kann. Auch die Befestigung von Actinfilamenten
als Rotorblätter an F0-F1-ATPase-Nanomotoren (vgl. Abschnitt 6.1.2)
wurde mit diesen Verbindungsbausteinen durchgeführt. Schließlich
gelingt es, mit Hilfe von Biotin-Streptavidin-Kopplungen zwischen
nanoskaligen Bauelementen komplexe Netzwerk aus Gold-Nanopartikeln
[Mann et al. 2000] oder aus DNS-Doppelstrangmolekülen aufzubauen
[Niemeyer et al. 1999].
Im Gegensatz zur programmierbaren Positionierung mit DNS-Molekülen
fehlt für einzelne Biotin- bzw. Streptavidin-Gruppen jedoch die selektive
Positions- bzw. Bindungskontrolle.
Kopplung auf der Nanoskala: feste Bindung zwischen Streptavidin-Proteinen und Biotin-Molekülen
Produktionsprozesse 19191919
2.2.32.2.32.2.32.2.3 Selbstorganisation von bakteriellen MembranSelbstorganisation von bakteriellen MembranSelbstorganisation von bakteriellen MembranSelbstorganisation von bakteriellen Membranproteinen proteinen proteinen proteinen zu Szu Szu Szu S----SchichtenSchichtenSchichtenSchichten
Die Herstellung von S-Schichten in makroskopischen Dimensionen zielt
auf viele technische Bereiche ab [Pum/Sleytr 1999, Pum et al. 1999].
Anwendungsmöglichkeiten liegen neben S-Schicht-Ultrafiltrations-
Membranen (s. Abschnitt 3.1) vor allem in der Nutzung der Funktion von
S-Schichten als nanoskalige, periodische Template (vgl. Abschnitt
2.2.3.1) zum Aufbau nanoskaliger Strukturen.
S-Schichten sind zweidimensionale und kristalline Oberflächenstrukturen
in den Zellhüllen vieler Bakterien (vgl. Abbildung 2.4). Sie bestehen aus
regelmäßig angeordneten Membranproteinen [Sleytr et al. 1999]. Die
mittlere Dicke einer solchen Schicht beträgt 5-10 nm. Die Membran-
proteine besitzen die Fähigkeit zur Selbstorganisation. Sie bilden auf
einer Skala von ca. 3-30 nm unterschiedliche periodische Anordnungen
aus Untereinheiten, die aufgrund der Periodizität sehr regelmäßige Poren
von 2-8 nm Durchmesser aufweisen (siehe Abbildung 2.5). Durch
Zugabe entsprechender Reagenzien lassen sich S-Schichtproteine leicht
isolieren und an unterschiedlichen Oberflächen zu vielfältigen, neuen
Mustern rekristallisieren. Die Kontrollierbarkeit dieser Eigenschaft über
die Umgebungsbedingungen (z.B. Temperatur, pH-Wert, Ionenzusam-
mensetzung und -stärke) und insbesondere durch die Substratoberfläche
öffnet den Weg zu nanobiotechnischen Anwendungen [Pum/Sleytr
1999].
Da sich die Proteine relativ leicht funktionalisieren lassen, eignen sich S-
Schichten geradezu als eine Art molekularer Steckbretter. Beispielsweise
können an die Außenseite der Proteinmatrix funktionelle Einheiten wie
Enzyme und Antikörper angehängt werden, die als Ionenfänger wirken
(z.B. Dendrimere, Kronenether etc.) bzw. bestimmte Moleküle abfangen
Abbildung 2.3: Rekristallisationsmöglich-
keiten und –produkte von
S-Schichten auf
verschiedenen Oberflächen
Quelle: [Pum et al. 1999]
Zellhüllenproteine mit Nanostruktur: selbstorganisierende S-Schichten
20202020 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
können (z. B. durch Hybridisierung von Oligonukleotiden). Eine weitere
Charakteristik der S-Schichten ist das gute Anhaften an biologischen
Zellen. Diese Funktion kann man z.B. für die gezielte Immobilisation von
Zellen und biologisch aktiven (Makro-) Molekülen auf Biosensoren
nutzen (vgl. Abschnitt 4.2).
Native S-Schicht-Proteine sind unter Flüssigkeit (mit Zusatz von
Bakteriostatika) bei Raumtemperatur gut zwei bis drei Monate haltbar,
bei 4°C erhöht sich die Haltbarkeit auf etwa ein Jahr. Die Denaturierung
setzt je nach Protein bei ca. 60-70° C ein. Diese Stabilitätsgrenzen sind
bei technischen Anwendungen zu berücksichtigen.
Trotz der Erfolge bei der Strukturaufklärung von S-Schichten und
obwohl sich bereits jetzt erste technische Anwendungsmöglichkeiten
ergeben, sind noch einige Grundfragen offen, die für eine industrielle
Anwendung erarbeitet werden sollten. Insbesondere sind Fortschritte bei
der exakten Lokalisierung der Aminosäuren in der S-Schicht nötig, da
diese für die Funktionsweise z.B. bei der Anbindung funktioneller
Gruppen entscheidend sind.
2.2.3.1 S-Schicht-Template und Substrate
S-Schichten können zur Übertragung ihres periodischen, nanoskaligen
Musters genutzt werden (Templatfunktion). Präzise, regelmäßige Nano-
partikel- bzw. Metallclusteranordnungen mit neuen physikalischen
Eigenschaften sind für viele potenzielle Anwendungen im Bereich der
molekularen Elektronik, nicht-linearen Optik interessant, könnten aber
auch als speziell funktionalisierte Membranen für die Mikroreaktorik und
Sensorik eingesetzt werden, wie in Abschnitt 3.1.2 und 4.2 dargestellt
wird. Bislang konzentrieren sich die Forschungen auf die Herstellung der
Partikelanordnungen. Es ist jedoch nötig, die physikalischen und
chemischen Eigenschaften dieser neuen Materialkonfigurationen
eingehend zu untersuchen, um das Anwendungspotenzial voll
auszuschöpfen.
Als Herstellungsmöglichkeiten für solche Strukturen wurden verschie-
denste Verfahren mit Hilfe von S-Schicht-Templaten erprobt, z.B.
kolloidale Kristallisation [Nagayama 1992], Monolagenabscheidung
[Murray/Kagan/Bawendi 1995], Ätzgrubentechnik [Douglas/De-
vaud/Clark 1992] oder nanoskalige Ätzmasken [Winningham et al.
1998]. Mit Hilfe von S-Schichten, die auf einem festen Substrat rekris-
tallisiert wurden, lassen sich monodispers Cadmiumsulfid- [Shenton/
Abbildung 2.4: kristalline S-Schicht eines
Bakteriums mit periodischer
Anordnung der Proteine
Quelle: U.B. Sleytr, Zentrum für
Ultrastrukturforschung
(Univ. für Bodenkultur,
Wien);
http://www.boku.ac.at/zuf/
Abbildung 2.5: Modell einer quadratischen
S-Schicht
Quelle: U.B. Sleytr, Zentrum für
Ultrastrukturforschung
(Univ. für Bodenkultur,
Wien);
http://www.boku.ac.at/zuf/
Produktionsprozesse 21212121
Pum/Sleytr 1997] und Gold-Nanopartikel [Dieluweit/Pum/ Sleytr 1998]
abscheiden. Eine gleichförmige Anordnung von Nanopartikeln auf S-
Schichten ist auch für mehrere Übergangsmetalle mit hohem
Schmelzpunkt realisiert worden (Ti, Cr, V) [Moore et al. 1998].
Regelmäßige Clusterarrays lassen sich alternativ aus einem Metallfilm,
der auf eine S-Schicht aufgedampft wird, mittels selektiven Ionenätzens
herstellen. Bei der Abscheidung von Platinatomen wurde festgestellt,
dass die Metallpartikel sich bevorzugt in den Poren des 2-D-
Proteinkristalls bilden [Mertig et al. 1999]. Ähnliches gilt auch für die
Abscheidung von CdS-Clustern [Shenton et al. 1998]. Der genaue
Mechanismus der Abscheidungsprozesse ist unklar, allerdings wurde ein
Modell vorgeschlagen, das von sich periodisch ändernden Oberflächen-
ladungen ausgeht [Pum/Sara/Sleytr 1989].
Im folgenden werden einige Anwendungsbeispiele aufgelistet:
•= Ein konkretes Beispiel für den potenziellen Einsatz solcher
nanostrukturierter Filme sind ferromagnetische Nanopartikel-Anord-
nungen, die unter Verwendung der Technik des Magnetron-Sputterns
und durch Trockenätzen mit Argon-Ionen präpariert werden können
[Panhorst et al. 2001]. Auf dem hexagonalen S-Schichtmuster mit
einer Gitterkonstante von 18 nm lassen sich ferromagnetische Nano-
partikel aus Co, Fe, FeCo, CoNi oder NiFe abscheiden. Diese
Strukturen sollen letztendlich dazu verwendet werden, periodische
Anordnungen von Nanomagneten als Datenspeichermedien zu erzeu-
gen.
•= In dem von der EU im 5. Rahmenprogramm geförderten Nanotechno-logy Information Devices-Projekt namens BIOAND (Biomolecule driven assembly of nanoparticle based electronic 'devices', IST-
1999-11974) sollen zur Konstruktion nano-elektronischer Bauteile
Selbstorganisations-Werkzeuge nach Strategien entwickelt werden,
die aus der Natur adaptierbar sind. Dabei werden die
Selbstorganisationsmöglichkeiten von DNS-Molekülen und S-
Schichten zu einer Nanofabrikations-Strategie verknüpft (vgl.
Abschnitt 7.1.1).
•= S-Schichten können in einer Doppellagen-Resist-Technik eingesetzt
werden. Dabei wird der Photoresist mit einer S-Schicht überzogen,
die dann z.B. mit DUV Licht durch eine Photomaske strukturiert
wird. Anschließend dient die S-Schicht selbst als Maske und der
Photoresist kann auf diese Weise an den freigelegten Stellen mit
einem Licht anderer Wellenlänge weggeätzt werden [Sleytr et al.
2002]. Aufgrund der geringen Dicke der S-Schicht erwartet man eine
Abbildung 2.6: S-Schichten als (a)
Substrate für Platin-
Nanokristalle bzw. (b)
Template für regelmäßige
Ferritin-Anordnung
Quelle: [Pum et al. 1999]
(b)
(a)
22222222 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
verbesserte Kantenschärfe des übertragenen Musters, so dass S-
Schichten als nanostrukturierende, natürliche Resistmaterialien
vorgeschlagen wurden [Pum/Sleytr 1999].
•= Eine andere Einsatzmöglichkeit bieten S-Schichten als Substrate für
nanoskalige Membranstrukturen und als molekulare Steckbretter. Ihre
verhältnismäßig leicht und spezifisch funktionalisierbare Oberfläche
ist geeignet, um z.B. Avidin, Biotin, Thiolgruppen, Enzyme,
Antikörper, DNS oder Proteine und ganze Zellen kovalent zu binden
bzw. zu immobilisieren. Außerdem lassen sich S-Schichten bau-
steinartig mit anderen biologischen Membranen, z.B. Phospholipiden,
kombinieren. S-Schichten sind daher ideal als Substrat für den
Aufbau komplexer Biomembranen geeignet. Die Steckbrettfunktion
ist insbesondere für Multi-Analyt-Biosensoren von Nutzen. Diese
Anwendungen werden in den Abschnitten 3.1 und 4.2 näher
behandelt.
2.2.42.2.42.2.42.2.4 Biomolekulare TemplateBiomolekulare TemplateBiomolekulare TemplateBiomolekulare Template
Neben den S-Schichten gibt es weitere selbstorganisierende Systeme aus
Biomolekülen wie z.B. Mizellen, Vesikel, Mikrotubuli oder auch Viren,
die als nanoskalige Template insbesondere für eine Metallisierung
(Schichtüberzug aus Metallatomen) in Frage kommen [Schnur 1993]. Die
Metallisierung kann entweder über die Gasphase oder durch Abscheiden
aus einer Metallsalz-Lösung erreicht werden. Durch Bedampfung mit
verschiedenen Metallen lassen sich z.B. aus dem stäbchenförmige Tabak-
mosaikvirus Nanoröhren aus anorganischen Materialien herstellen.
Um die Eignung als "Nanodrähte" zu testen, wurden Mikrotubuli-
Röhrchen metallisiert, indem sie zunächst durch Adsorption von Pt-
Katalysatorpartikeln aktiviert und dann durch Abscheidung aus einer
Lösung beschichtet wurden [Kirsch et. al. 1997]. Bei einem anderen
Verfahren zur Herstellung metallischer Nanostrukturen werden
absorbierte Mikrotubuli als eine Art lithografische Maske für ein Gold-
beschichtetes Glassubstrat eingesetzt, so dass nach einem Trocken-
ätzschritt metallische Goldlinien an den von Mikrotubuli maskierten
Stellen zurückbleiben. Diese "Drähte" konnten kontaktiert und ihre
elektrischen Eigenschaften gemessen werden [Fritzsche et al. 1999]. Im
Prinzip lassen sich auf diese Weise auch andere Biomoleküle als
nanoskalige Masken für Strukturierungszwecke benutzen.
Ein gravierender Nachteil der Metallbedampfung sind die Unregel-
mäßigkeit und die Dicke der abgeschiedenen Schicht (mehrere 100
Nanometer). Alternativ zu Metallbedampfungen können wesentlich
Biologische Strukturierungs-vorlagen für Metallisierungen
Produktionsprozesse 23232323
dünnere Metallschichten durch das Abscheiden aus Metallsalzlösungen
auf biologischen Templaten hergestellt werden. Dazu werden die
Metallsalze mit einem Reduktionsmittel reduziert, wobei sich Cluster von
Metallatomen auf dem Templat bilden. Diese wachsen durch kontrollierte
Reduktion weiter und bilden schließlich dünne Metallfilme.
2.2.52.2.52.2.52.2.5 VirusVirusVirusVirus----SubstrateSubstrateSubstrateSubstrate
Ein Beispiel für die Vielzahl der Möglichkeiten, wie sich biologische
Nanoobjekte als Substrate für Funktionalisierungen nutzen lassen, ist das
selbstorganisierende, 30 nm große, sphärische Pflanzenvirus "Cowpea
Mosaik Virus". Es ist aus 60 identischen Proteinen aufgebaut, die
reaktive Cystein-Aminosäurgruppen tragen. Durch Einfügen eines
weiteren Peptids in den Proteinaufbau wird die Cysteingruppe nach
außen befördert, ohne dass sich die Gesamtstruktur des Virus ändert. An
die Cysteine lassen sich nun funktionelle Gruppen wie Fluoreszenz-
farbstoffe, Zuckermoleküle oder Nanocluster aus Gold anhängen [Wang
et al. 2002].
Solche funktionalisierten Virus-Partikel könnten als Nanobausteine
verwendet werden oder mit metallischen Nanopartikeln gekoppelt
werden. Es gelingt auch, das Virus so zu modifizieren, dass Cystein-
Gruppen sowohl nach innen als auch nach außen weisen und damit
gleichzeitig auch der innere Hohlraum funktionalisiert werden kann.
Durch Vernetzen von funktionalisierten Virus-Einheiten lassen sich
neuartige, "programmierbare" Kompositmaterialien herstellen, deren
Anwendungsmöglichkeiten noch zu untersuchen sind.
2.32.32.32.3 BiomineralisationBiomineralisationBiomineralisationBiomineralisation
Biologische Systeme besitzen in vielen Fällen eine hochentwickelte
Kontrolle über Kristallisationsprozesse, die u.a. zum Aufbau von
Knochen und Zähnen wichtig sind. Viele Organismen können nicht nur
Kristallformen oder Kristallmodifikationen bestimmen, sondern sie
können kleinste Nanokristallite je nach Funktion zu filigranen
silikathaltigen Strukturen (z.B. Kieselalgen, Diatomeen) oder zu harten
Schalen anordnen (z.B. Muscheln). Dabei handelt es sich in der Regel
um Kompositmaterialien, die aus einem (selbstorganisiert wachsenden)
Gerüst aus bioorganischen Polymeren mit eingebetteten anorganischen
Kristalliten bestehen. In diesem Verbund erlangen diese Biomaterialien
an die Anforderungen spezifisch angepasste (mechanische) Eigenschaften
wie z.B. eine größere Bruchzähigkeit oder Härte. Das durch biologische
gezielte Materialsynthese durch Nutzung molekularer, biologischer Wachstumsprinzipien
24242424 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
Template auf der Nanoskala gesteuerte Wachstum kristallinen Materials
z.B. von Knochen, Schalen oder Zähnen wird in der Regel als
Biomineralisation bezeichnet [Baeuerlein 2000]. Bio-organische
Materialien wie Proteine und Lipide bilden eine Gerüststruktur aus, auf
der die Kristallite aus anorganischem Material (u.a. Hydroxylapatite,
Calciumcarbonate, Silikate, Eisenoxide) abgeschieden werden. Die
organischen Moleküle sind zusätzlich auf einer Längenskala von 1-
100 nm mit funktionellen Gruppen versehen, die als Kristallisationskeime
fungieren (z.B. Sulfat-, Carboxylat- oder Phosphatgruppen). Durch diese
Gerüststruktur wird das Wachstum einer bestimmten Kristallmodifikation
in Morphologie und Orientierung vorgeprägt. Das geschieht zum Teil
durch eine gezielte Ablösung bestimmter Proteine von dem Gerüst,
welche auch die Kristallisationskinetik beeinflusst. Im Organismus wird
außerdem die Konzentration der Lösung bzw. die Übersättigung der
abzuscheidenden Phase gesteuert. Durch kontrollierte Ablagerung
einzeln gewachsener Kristallfragmente in räumlich eng begrenzten
Kompartimenten wird makroskopisches Wachstum ermöglicht.
Obwohl die wichtigsten Mechanismen der biologischen Kristallisation
heute weitgehend identifiziert sind, ist die Biomineralisation noch längst
nicht in allen Einzelheiten verstanden. Ein wichtiges Forschungsziel für
die bessere Kontrolle des Wachstums vieler Kristalle ist die spezifische
Erkennung bestimmter Kristallflächen durch Adsorption geeigneter
Proteine, die das Kristallwachstum lenken können.
Abbildung 2.7: Konzept für Protein
gesteuerten Kristallaufbau
nach biologischem Vorbild.
Durch bifunktionale
Peptidmoleküle können
Festkörperstrukturen aus
einzelnen Bauelementen
(z.B. Nanokristallen)
aufgebaut werden.
Quelle: A.M. Belcher,
Texas Univ.;
http://www.cm.utexas.edu/
Produktionsprozesse 25252525
Anwendungspotential für die Umsetzung der Biomineralisationsprin-
zipien in technische Produkte findet sich nicht nur im medizinischen
Bereich (z.B. bei der Entwicklung künstlicher Knochenmaterialien). Die
relativ hohe Belastbarkeit von Knochen oder Schalen bei gleichzeitig
niedrigem Gewicht und Materialverbrauch sind auch für Konstruktions-
werkstoffe wünschenswerte Eigenschaften (vgl. [Fratzl 2002]). Ein
anwendungsorientiertes Ziel der Biomineralisationsforschung ist daher
die Aufklärung und Übertragung der nanoskaligen Strukturprinzipien auf
technische Systeme (Bionik) bzw. die Herstellung analog aufgebauter
Konstruktions- und Funktionsmaterialien. Darüber hinaus können bereits
bestimmte Biomineralisationsprozesse für die präzise Herstellung
technisch interessanter Kristalle genutzt werden.
Dieses biologische "bottom up"-Aufbauprinzip auf der Nanoskala auch
für neuartige Funktionswerkstoffe und Konstruktionsmaterialien umzu-
setzen, stellt eine Herausforderung dar, die auch mit Hilfe der Nanobio-
technologie gemeistert werden soll, indem funktionelle biologische
Materialien wie modifizierte Peptide oder spezialisierte Proteine zur
Steuerung des Wachstums von Nanokristalliten und gleichzeitig als
funktionelle Gerüststruktur eingesetzt werden.
Einige aktuelle Beispiele hierfür werden in den folgenden Abschnitten
dargestellt.
2.3.12.3.12.3.12.3.1 Ferritin für magnetische NanopartikelFerritin für magnetische NanopartikelFerritin für magnetische NanopartikelFerritin für magnetische Nanopartikel
Der ferrimagnetische Eisen-Proteinkomplex Ferritin kommt in
bestimmten biologischen Organismen vor, kann aber auch biosynthetisch
in Bakterien hergestellt werden. Er enthält einen Kern aus Eisen(III)oxid,
der in die Proteinhülle eingebunden ist (Durchmesser von Ferritin ca. 5-6
nm). Natürliches Ferritin zeigt rein ferrimagnetisches Verhalten, während
die künstlich produzierten Ferritin-Kristalle ferrimagnetische oder
antiferromagnetische Anordnungen aufweisen können. Die Perfektion
des Kristallaufbaus der biologisch gezüchteten Magnete konnte bisher
auf technischem Weg nicht erreicht werden. Solche magnetischen
Nanokristallite, die exakt definierte Domänen magnetischer Zustände
darstellen, sind für die Herstellung von Festplatten-Datenspeichern
interessant.
Die Firma NanoMagnetics Ltd.7 (Bristol, GB) hat eine Technologie
entwickelt, um mit Hilfe von veränderten Ferritin-Proteinen magnetische
Nanopartikel herzustellen, die in den Protein-Hohlräumen wachsen. Die
Kristallite zeichnen sich durch ihre thermische Stabilität und
7 www.nanomagnetics.com
Perfekt biosynthetisierte Nanokristalle für magnetische Datenspeicher
26262626 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
Gleichförmigkeit aus. NanoMagnetics produziert nanopartikuläre Filme,
die isolierte magnetische Körner in einer nanoskaligen, hexagonalen
Bienenwaben-artigen Kristallform enthält. Die Firma hält es für möglich,
dass mit diesem Material Festplattenspeicher mit einer Kapazität von 4,5
Terabit / inch2 entwickelt werden können (Limit für bisherige Technik:
100 Gigabit / inch2).8
2.3.22.3.22.3.22.3.2 Proteinbibliothek für HalbleiterkristalleProteinbibliothek für HalbleiterkristalleProteinbibliothek für HalbleiterkristalleProteinbibliothek für Halbleiterkristalle
Ein weiteres Beispiel für die Anwendung von Biomineralisations-
prinzipien auf der Nanoskala sind Proteine, die sich selektiv an
Kristalloberflächen anlagern. Die Arbeitsgruppe von Angela M. Belcher
(Universität Texas) konnte zeigen, dass mit löslichen, polyanionischen
Proteinen die Bildung bestimmter Kristalle kontrolliert werden kann
[Belcher et al. 1996]. Die Forscher versuchen derzeit mit einem
kombinatorischen Screening unter Einsatz von „Phage display“ (einem
biotechnologischen Protein-Testverfahren [Bains 1998], siehe Abbildung
2.8) eine Proteinbibliothek zu erstellen, in der Peptide bzw. Proteine auf
ihre selektive Affinität zu Oberflächen nicht-biologischer Materialien wie
ZnS, GaAs oder Si getestet werden [Whaley et al. 2000]. Speziell für
III-V-Halbleiter wurden Peptide gefunden, die spezifisch an bestimmte
Kristallflächen binden. Diese Resultate sollen für die Züchtung
monokristalliner Halbleiter mit definierten Eigenschaften genutzt werden.
8 Pressemitteilung "Prelude Trust Invests Further in NanoMagnetics", NanoMagnetics vom 24.01.2000
Abbildung 2.8: Phage-Display-Methode zur
Ermittlung spezifisch an
anorganische Kristall-
oberflächen bindender
Peptide
Quelle: A.M. Belcher,
Texas Univ.;
http://www.cm.utexas.edu/
Produktionsprozesse 27272727
Für die Vermarktung der Ergebnisse wurde die Firma „Semzyme“
gegründet [Ball 2001]. Von Bedeutung sind die Ergebnisse außer für die
Halbleiterindustrie z.B. auch für die Entwicklung von Zahn- oder
Knochenersatzmaterialien.
2.3.32.3.32.3.32.3.3 Biologische NanoreaktorenBiologische NanoreaktorenBiologische NanoreaktorenBiologische Nanoreaktoren
Anstelle von Proteinen oder Vesikeln können auch die Innenräume von
sphärischen oder röhrenförmigen Viren als eine Art Nanoreaktionsgefäß
für die Synthese nanoskaliger Partikel verwendet werden. Beispiele für
die Mineralisation von anorganischen Verbindungen in einer sphärischen
Pflanzenvirusmatrix sind verschiedene Polyoxometallate [Douglas/
Young 1999]. Der röhrenartige Tabakmosaikvirus mit einem äußeren
Durchmesser von 18 nm und einer Länge von ca. 300 nm leitet die
Mineralisation z.B. von Eisenoxyhydroxiden, Blei- bzw. Cadmiumsulfid
oder Siliziumdioxid ein. Dadurch entstehen Fasern mit einem dünnen
mineralischen Überzug, so dass der Durchmesser der Stäbchen auf 20-30
nm anwächst [Shenton et al. 1999].
2.3.42.3.42.3.42.3.4 Künstliche KristallisationsgerüsteKünstliche KristallisationsgerüsteKünstliche KristallisationsgerüsteKünstliche Kristallisationsgerüste
Ein künstliches Fasergerüst für die gerichtete Mineralisation von
Hydroxyapatiten, einem mineralischen Bestandteil von Knochen und
Zähnen, konnte durch die pH-Wert induzierte Selbstorganisation von
Peptid-Amphiphilen generiert werden [Hartgerink/ Beniash/ Stupp 2001].
Diese Nanofasermatrix nimmt für die Kristallisation die gleiche Funktion
wie Kollagenfibrillen ein. Dieser Selbstorganisationsprozess kann
reversibel durch Oxidation und Reduktion von Disulfid-Brücken
zwischen den Peptiden gesteuert werden. Die Kristallite, die zwischen
den Fasern wachsen, sind in Längsrichtung der Fasern orientiert.
Diese Struktur entspricht der niedrigsten hierarchischen Organisations-
stufe in natürlichem Knochenmaterial. Dennoch stellt die Arbeit einen
wichtigen Schritt auch auf dem Weg zu künstlicher Knochensubstanz
dar. Durch die Wahl der Aminosäuren in den Peptiden kann der
Mineralisationsprozess im Prinzip modifizert und evtl. auf spezielle
Anwendungen abgestimmt werden.
2.42.42.42.4 Zusammenfassende Bewertung Zusammenfassende Bewertung Zusammenfassende Bewertung Zusammenfassende Bewertung
Für die technische Nutzung molekularer biologischer Prozesse und funk-
tioneller Biomoleküle zur Produktion von Nanostrukturen kristallisieren
28282828 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
sich erste Verfahren heraus, die als "nanobiotechnologisch" bezeichnet
werden können. Charakteristisch hierfür ist die Nutzung und Kontrolle
von Selbstorganisationsprozessen bestimmter biologischer Moleküle.
Mit etablierten, konventionellen top-down-Strukturierungsverfahren der
Mikro- und Nanotechnologie [Köhler 2001] wie z.B. die parallel
strukturierende Photolithografie erreicht man heute in der Computerchip-
produktion für laterale Strukturen Auflösungen bis etwa 180 nm.
Weiterentwicklungen für die Herstellung kleinerer Strukturen im sub
100nm-Bereich wie z.B. die EUV-Lithografie [Service 2001-a] sind
technisch sehr aufwendig und meist mit hohen Investitionskosten
verbunden.
Die Ausnutzung geeignet kontrollierbarer Selbstorganisationsprozesse
dürfte mehr als eine Alternative zu diesen top-down-Strukturier-
ungstechniken oder einer denkbaren, aber äußerst umständlichen
atomaren bzw. molekularen Positionierung mittels Rastersonden-
techniken darstellen. Es wurden bislang jedoch nur für bestimmte
Materialklassen geeignete, teilweise sehr unterschiedliche Selbstorgani-
sationsprozesse gefunden. Beispiele hierfür finden sich in der supra-
molekularen Chemie [Vögtle 1992], in der häufig Selbstorganisations-
prozesse für die Synthese bestimmter Strukturen genutzt werden.
Unter den nanobiotechnologischen Selbstorganisationstechniken sind
insbesondere die Hybridisierung von DNS-Molekülen bzw. Oligo-
nukleotiden und die Bildung von 2-dimensional kristallinen
Proteinschichten (S-Schichten) Gegenstand zahlreicher Untersuchungen.
Aufgrund der hohen Selektivität der Hybridisierungsreaktion liegt der
Vorteil von DNS-Molekülen in der einfachen Programmierbarkeit der
Selbstorganisation. Außerdem können DNS-Moleküle z.B. über
Thiolgruppen oder eine Biotin-Streptavidin-Kopplung an bestimmte
anorganische Oberflächen oder Partikel geheftet werden.
Die Entwicklung eines (universellen) bottom-up-Konstruktionsverfahrens
mit Hilfe von DNS zur Durchführung einer programmierbaren
Selbstorganisation stellt in jedem Fall ein lohnenswertes Forschungsziel
dar (z.B. zum Aufbau molekularer Elektronikarchitekturen, vgl.Abschnitt
7.1).
Die selbstorganisierte Bildung von speziellen Proteinschichten hat im
Vergleich dazu andere Vorteile. Zweidimensional kristalline S-Schichten
besitzen regelmäßige Porenanordnungen auf der Nanoskala. Darüber
hinaus zeichnet sie die Vielfalt der durch Rekristallisation realisierbaren
Strukturen aus. Allerdings weisen großflächige S-Schichten höchstens
auf der Mikroskala strenge Periodizität auf. Diese Eigenschaften
Nanobio- technologische Herstellungstechniken für nanoskalige Strukturen und Materialien
Programmierbare DNS-Selbst-organisation
Produktionsprozesse 29292929
prädestinieren die S-Schichten als vielseitig einsetzbare Substrate für
Metallisierungen und Funktionalisierung durch andere Baugruppen. Die
dabei entstehenden nanostrukturierten Metalloberflächen oder Cluster-
gitter eignen sich prinzipiell z.B. für Sensoranwendungen oder als
Katalysatoren. Solche Anwendungsmöglichkeiten sind Gegenstand
aktueller Forschungsprojekte. Nachteilig bei der Verwendung von S-
Schichten ist vor allem der hohe Herstellungsaufwand für die
biomolekularen Schichten.
Im Rahmen von Grundlagenexperimenten werden verschiedenste nano-
skalige Biomaterialien metallisiert (vgl. 2.2.4). Sie könnten prinzipiell
z.B. als Schattenmaske für Lithografie-Verfahren herangezogen werden.
Eine große Schwierigkeit besteht allerdings z.B. in der exakten tionierung
und Fixierung der Biomoleküle. Des weiteren stellt die kontrollierte
Abscheidung dünner Metallfilme ein Problem dar, so dass sich für diese
Methode kaum Anwendungspotenzial im Bereich konventioneller Litho-
grafieverfahren ergeben wird. A
Prinzipiell stellt die Metallisierung von Biomolekülen in Kombination
mit Selbstorganisationseigenschaften einen Herstellungsprozess dar, der
nanoskalige und technisch nutzbare Objekte, z.B. Nanoröhren für die
Molekularelektronik, bereitstellen kann. Die anwendungsbezogene
Brauchbarkeit muß sich jedoch erst noch im Rahmen von weiteren und
systematischen Forschungsanstrengungen erweisen.
Die Biomineralisation schließlich ist eine Methode, um biomimetisch
oder mit Hilfe von Biomolekülen, Charakteristiken bei der Bildung von
(anorganischen) Kristallen wie Form, Größe, Orientierung oder
Modifikation (bestimmter Aspekt der Kristallstruktur) zu kontrollieren.
Da viele physikalische Eigenschaften wie z.B. Piezo- oder Pyroelek-
trizität von der kristallografischen Beschaffenheit und Güte der Kristalle
abhängen, ist ein kontrollierbares Kristallwachstum für viele Anwen-
dungen in der Elektronik und Optik eine Voraussetzung. Ein anderes
Anwendungsgebiet findet sich z.B. in der pharmazeutischen Industrie, wo
Kristallisationsprozesse häufig zur Produktreinigung eingesetzt werden.
Des weiteren ist die Biomineralisation u.a. für die Medizintechnik bei der
Entwicklung künstlicher Knochen oder Zahnersatzmaterialien relevant.
Ein Großteil der Biomineralisationsforschung ist noch stark an den
Grundlagen orientiert. Die meisten experimentellen Ansätze für die
kontrollierte Mineralisation anorganischer Materialien sind biomimetisch
[Mann et al. 1993]. Sie nutzen synthetisch-organische Verbindungen
anstelle von Biomolekülen wie Peptiden oder Proteinen für die Bildung
einer Matrix mit Kristallisationskeimen bzw. zur Kontrolle der
zweidimensional kristalline S-Schichten als Template und Substrate
Biomineralisation
30303030 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
Geschwindigkeit des Kristallwachstums einzelner Flächen [Sedlak/
Antonietti/Cölfen 1998]. Gründe dafür sind u.a. die leichtere Hand-
habung und die bessere Verfügbarkeit solcher Moleküle. Künstliche
Fasern aus selbstorganisierenden Peptid-Amphiphilen zeigen jedoch,
dass sich auch mit biologischen Materialien die natürlichen
Mineralisierungsprozesse nachbilden lassen.
Durch die Funktionalisierung von Gerüststrukturen (z.B. mit Hilfe der
DNS-Selbstorganisationstechnik) als Kristallisationskeime, die in genau
definierten Abständen und Orientierungen an DNS-Ketten oder andere
Trägersubstanzen gebunden sein können, eröffnen sich neue
Perspektiven zur Parameterkontrolle beim Kristallwachstum speziell
anorganischer Verbindungen. Auch hier besteht noch ein hoher
Forschungsbedarf.
Biomembranen 31313131
3.3.3.3. BIOMEMBRANENBIOMEMBRANENBIOMEMBRANENBIOMEMBRANEN
Ein interessanter Anwendungsbereich für die Nanobiotechnologie könnte
sich in der Herstellung und Funktionalisierung von Membranen ergeben,
die nicht nur für die Medizin z.B. zu Dialysezwecken, sondern auch im
Umweltbereich oder für biotechnologische Produktionsprozesse von
Bedeutung sind. Die effiziente Stofftrennung mit Filtermembranen ist in
vielen technischen Anwendungsbereichen wie z.B. (chemische)
Produktion, Lebensmitteltechnik, Biotechnologie, Pharmazie oder
(industrieller) Wasseraufbereitung vertreten.
Für Biomembranen in industrieller Anwendung gibt es jedoch einige
Kriterien, die meist schwierig zu erfüllen sind:
•= die biologischen Komponenten müssen unter technischen Beding-
ungen stabil sein
•= Membranen müssen für großtechnische Mengen geeignet sein
(hinreichend hohe Durchflussraten)
•= niedrige Produktionskosten
Biofunktionalisierte Membranen, z.B. in Biosensoren, stellen ein anderes,
potenzielles Anwendungsgebiet dar. Hierbei dienen die Membranen
meist als Immobilisationsmatrix für Rezeptoren, die spezifisch auf
bestimmte Biomoleküle reagieren. Mit funktionellen Proteinen wie
Ionenpumpen könnten aber auch andere, technisch interessante Mem-
branen entwickelt werden.
Im folgenden werden einige nanobiotechnologische Forschungsarbeiten
zu solchen Anwendungsmöglichkeiten vorgestellt.
3.13.13.13.1 Membranen auf der Basis von SMembranen auf der Basis von SMembranen auf der Basis von SMembranen auf der Basis von S----SchichtenSchichtenSchichtenSchichten
S-Schichten können sowohl für Filtrationszwecke als auch für
funktionelle Membranen eingesetzt werden (siehe Abbildung 3.1). Diese
Optionen werden im folgenden erläutert.
3.1.13.1.13.1.13.1.1 SSSS----SchichtSchichtSchichtSchicht----Ultrafiltrationsmembranen (SUM)Ultrafiltrationsmembranen (SUM)Ultrafiltrationsmembranen (SUM)Ultrafiltrationsmembranen (SUM)
Konventionell eingesetzte Ultrafiltrationsmembranen, die aus amorphen
Polymeren hergestellt werden, besitzen in der Regel eine sehr breite
Porengrößenverteilung. Bessere Stofftrennungsergebnisse können mit
identischen Porenweiten erzielt werden. Dies kann mit nanobiotechno-
Technische Einsatzbereiche biologischer Membranen: Filtermembranen und funktionelle Membranen
32323232 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
logisch gefertigten S-Schicht-Ultrafiltermembranen (SUM) auf einem
Polymersubstrat erreicht werden. Die Poren von bakteriellen
Membranproteinen, können aufgrund ihrer Kristallinität in einem
Größenbereich von etwa 2-6 nm durch die Wahl des Proteins definiert
eingestellt werden. Solche Membranen könnten u.a. zu Dialysezwecken
oder für die Wasseraufbereitung eingesetzt werden [Sara/Sleytr 1999].
Die S-Schichten werden als Produkt eines Selbstorganisationsprozesses
auf einer porösen Trägerschicht abgeschieden (bei dieser handelt es sich
typischerweise um Mikrofiltermembranen mit i.d.R. sehr unterschied-
lichen Porenweiten). Um die Stabilität der Proteinschichten, die im
Normalfall nur durch relativ schwache Wasserstoffbrückenbindungen
zusammengehalten werden, zu erhöhen, werden die S-Schichtkristallite
mit chemischen Reagenzien kovalent zu einer mechanisch und chemisch
stabileren Matrix verbunden. Dadurch halten die S-Schichten beispiels-
weise Autoklaven-Bedingungen bei 200°C und pH-Werte zwischen 2
und 14 aus.
Die Ultrafiltermembranen wurden am Zentrum für Ultrastruktur-
forschung der Universität für Bodenkultur, Wien entwickelt. Nach 10
Jahren Forschungsarbeit gelingt es der Gruppe nun multikristalline S-
Schicht Ultrafiltrationsmembranen mit einer Fläche von 30 x 60 cm2
herzustellen.9 Die Lizenz für dieses Verfahren liegt bei der Firma
Nanosearch Membrane GmbH, einer Ausgründung des Wiener Instituts.
Der Vorteil der SUM-Poren besteht in ihrer verhältnismäßig scharfen
Durchlässigkeitsgrenze für Makromoleküle (z.B. Proteine wie Myo-
9 "S-layer Ultrafiltration Membranes exhibit precise Extrusion Values", Canon Communications LCC, 2001, http://www.devicelink.com/emdm/97/01/tnultrafilt.html
Abbildung 3.1: Querschnitt (a) einer
S-Schicht-Ultrafiltrations-
membran, die nur kleinste
Partikel durchlässt (kleine
schwarze Kreise) und (b)
einer funktionellen S-
Schicht-Biomembran mit
immobilisierten
funktionellen Molekülen
(prinzipieller Aufbau).
Quelle: nach [Sleytr et al. 2002]
S-Schicht
Monoschichtenimmobilisierterfunktioneller Moleküle
Mikrofiltermembran alsTrägerschicht (Querschnitt)
(a) Filtrationsmembran (b) Funktionelle Membran
erhöhte S-Schicht-Stabilität durch chemische Proteinvernetzung
Biomembranen 33333333
globin) mit einem Molekulargewicht von 30-40 000 g/mol bzw. ein
Durchmesser von etwa 4-5 nm.
Für die meisten (organischen) Moleküle (kleiner als etwa 1-2 nm) ist
dieser Porendurchmesser allerdings immer noch zu groß, so dass diese
Membranen sich nicht dazu eignen, um beispielsweise Schwermetalle
oder organische Schadstoffe aus Abwässern herauszufiltern. Für Makro-
moleküle wie z.B. Enzyme oder Proteine werden jedoch scharfe
Trennungen erreicht, so dass Anwendungen in der Biotechnologie oder
Pharmazie (Produktreinigung) möglich sind [Sleytr et al. 2002]. Ein
weiterer Nachteil der Membranen ist die aufwändige Herstellung
(Biofermentatoren, schwierig zu steuernder Prozess etc.), die das Produkt
im Vergleich sehr teuer macht. Die Stabilität der Membranen ist in der
Regel ebenfalls begrenzt.
Für technische Membranen, die häufig hohen Temperaturen oder
Drücken widerstehen müssen, sind Biomaterialien in aller Regel nicht
geeignet. Nanoporöse, keramische Membranfolien werden bereits für
diese Anforderungen entwickelt, während biomolekulare Membranen
eher in niedrigeren oder mittleren Temperaturbereichen eingesetzt
werden könnten. In Konkurrenz zu anderen nanoporigen, festkörper-
basierten oder polymeren Materialien haben S-Schichten für einfache
Filtrationszwecke auf lange Sicht wenig Chancen. Ausnahmen könnten
Bereiche sein, in denen die hohe Schärfe der Trennung aufgrund der
Porenweite im nm-Bereich wichtig ist, z.B. Produktions- und Produkt-
reinigungsverfahren in der Biotechnologie oder Pharmazie. Die Funk-
tionalisierung von Filtermembranen lässt sich mit Biomembranen
ebenfalls leichter verwirklichen, so dass auch dadurch gegenüber
konventionellen Filtermaterialien (Polymere, Keramik etc.) ein gewisser
Vorteil besteht.
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit stellt der Einsatz kristalliner
S-Schichten als Schutzmembran in Biosensoren zur Abtrennung des
Sensors von der Analyt-Umgebung dar (vgl. Abschnitt 4.2) [Sleytr et al.
2002]. Auch Bakterien schirmen sich mit einer solchen, relativ
beständigen Proteinschicht, die eine kontrollierte Durchlässigkeit besitzt,
gegen die Umgebung ab. Der Vorteil liegt darin, dass hierfür nur relativ
kleine S-Schicht-Membranen hergestellt werden müssten.
3.1.23.1.23.1.23.1.2 Funktionelle SFunktionelle SFunktionelle SFunktionelle S----SchichtSchichtSchichtSchicht----MembranenMembranenMembranenMembranen
Eine Anwendungsmöglichkeit für partiell metallisierte S-Schichten ist die
Herstellung funktionalisierter biomolekularer Membranen, die z.B. für
Mikroreaktoren interessant sind, um den Massentransport und chemische
Einsatzmöglichkeiten in technischen Anwendungen
Nanocluster auf S-Schicht-Substraten für Katalysezwecke
34343434 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
Reaktionen zu steuern. Ausgangspunkt ist dabei die Metallisierung der S-
Schichten, die sowohl über die [MW3]Gasphase (gepulste Laserdesorption)
als auch durch Abscheidung aus einer Metallionen-haltigen Lösung
durchgeführt werden kann. Indem die S-Schichten auf selektive
Adsorptionszentren begrenzt und somit nur unvollständig metallisiert
werden, bilden sich mit hoher Regelmäßigkeit angeordnete, nanodisperse
Katalysatorpartikel, die eine hohe Oberflächendichte auf der biomole-
kularen Membran besitzen. Öffnungen von typischerweise 500 nm auf
einem flachen Substrat können damit dekoriert werden. Bisher wurden
Experimente mit Platin-, Pt/C-, Palladium- oder Nickel-Metall
durchgeführt [Pompe et al. 1998].
Auch für die Immobilisierung von Proteinen in Membranen sind S-
Schichten in Kombination mit einer Doppellipidschicht verwendbar.
Diese funktionellen Biomembranen werden vor allem zur Entwicklung
von Biosensoren eingesetzt (vgl. Abschnitt 4.2).
3.23.23.23.2 Biomimetische Polymermembranen Biomimetische Polymermembranen Biomimetische Polymermembranen Biomimetische Polymermembranen
In biologischen Membranen (wie z.B. Phospholipid-Doppelschichten
oder Tetraether Lipidfilme) sind viele funktionelle Moleküle (meist
Proteine) integriert, die bestimmte Aufgaben erfüllen. Beispiele hierfür
sind Ionenkanäle, die nur bestimmte Ionen durchschleusen oder
Ionenpumpen, die an der Energieversorgung der Zellen beteiligt sind.
Auch in künstliche, selbstorganisierte Doppellipid-Membranschichten
können funktionelle Moleküle inkorporiert werden. Solche Membran-
schichten lassen sich häufig als selbstorganisierte Monolagen herstellen
(vgl. Abschnitt 2.1.1). Allerdings sind diese einfachen Membranen
mechanisch nicht sehr stabil, so dass verstärkt an stabilisierten oder
aufgetragenen Membranen geforscht wird. Wie bereits erwähnt stellen
dabei S-Schichten als Substrat eine Stabilisierungsmöglichkeit dar.
Funktionelle Membranen aus organischen Di- und Tri-Block-Copoly-
meren (DBCP bzw. TBCP) bieten eine im Vergleich zu Doppellipid-
membranen erhöhte Stabilität und Haltbarkeit. Gleichzeitig können auch
in die synthetisch erzeugten Monoschichten funktionelle Proteine
integriert werden. Diese Protein-Hybridmembranen stellen etwa 2-3 mal
dickere biomimetische Varianten von Doppellipidmembranen dar. Sie
bestehen aus einem lipophilen Mittelteil mit zwei hydrophilen
Endgruppen. Die Anordnungsmöglichkeiten für diese Moleküle, die sich
durch die Mischung mit Wasser einstellen lassen, reicht von monolagigen
Filmen über vesikelartige, sphärische Hüllen, lamellare Gele bis zu
Synthetische Membranen zur Inkorporierung funktioneller Biomoleküle
Biomembranen 35353535
Kanalsystemen, die an die Struktur von Zeolithen erinnern [Cardin et al.
2001]. Aufgrund der amphiphilen Eigenschaften dieser Schichten können
funktionelle Proteine wie z.B. Ionenkanäle und –pumpen dauerhaft
inkorporiert werden.
Es eröffnen sich einige Anwendungsmöglichkeiten. So konnte ein
nanomechanischer, akustischer Sensor mit Hilfe des Ionenkanal-Proteins
MscL in einem 10 nm dicken TBCP-Film, der über eine Nanopore
gespannt wurde, realisiert werden, da sich der Kanal druckabhängig
öffnet und schließt. Das System ließe sich möglicherweise auch als
Aktuator in Form eines Überdruckventils für Mikrofluidiksysteme
verwenden, das bei zu großem Druck den Kanal öffnet. Vesikelartige,
sphärische TBCP-Kapseln mit speziellen biomolekularen Ionenkanälen
oder –pumpen könnten in Zukunft für die Nanopartikel-Synthese genutzt
werden [Meier 2001]. Eine weiterer Vorschlag für eine technische
Anwendung von TBCP-Membranen mit integrierten Ionenpumpen aus
Proteinen ist eine „biomimetische Brennstoffzelle" [Nardin et al. 2001].
3.33.33.33.3 Zusammenfassende BewertungZusammenfassende BewertungZusammenfassende BewertungZusammenfassende Bewertung
Biologische oder biomimetische Membranen werden von mehreren
Systemen gebildet, z.B.:
•= Doppellipidschichten
•= S-Schichten
•= biomimetische Membranen aus organischen Polymeren
Anwendungsbereiche für Biomembranen sind u.a. spezielle Filtersysteme
und Biosensoren vor allem in der Lebensmittelindustrie und im medizi-
nischen Bereich. Ein weiterer wichtiger Sektor für Filteranwendungen
wird in Zukunft die Trinkwasseraufbereitung sein.10
Doppellipidmembranen sind verhältnismässig leicht herzustellen (z.B.
durch Langmuir-Blodgett-Technik), aber relativ instabil und für Filtra-
tionszwecke ungeeignet, da sie keine Poren besitzen. Durch Funktionali-
sieren der Membran mit geeigneten Biomolekülen (z.B. spezifischen
Ionenkanälen oder –pumpen) könnten spezielle Membranen für
komplexe Aufgaben konstruiert werden. Ein Beispiel für eine Funk-
10 Business Communications Corporation (BCC) geben in "Membrane & Separation Technology News" vom 19.09.1999 für die kommenden 20 Jahre ein Marktvolumen für Trennmembranen von insgesamt ca. 70 Mrd. USD in den USA und für die Hauswasserversorgung 1999 in Japan 700 Mio. USD an.
36363636 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
tionalisierung einer Doppellipidmembran mit zwei Proteinkomplexen in
einem Liposom findet sich in Abschnitt 5.1.1.
Selbstorganisierte S-Schichtmembranen sind in der Regel schwierig
herzustellen und damit sehr teuer. Sie müssen außerdem häufig durch
geeignete Substrate stabilisiert werden (z.B. Aufbringen auf eine
Polymermembran). Auch stellt die Übertragung von Labormaßstäben in
technische Dimensionen ein nicht-triviales Problem dar. Vorteilhaft ist
die sehr enge Porenverteilung, die eine sehr gute Trennwirkung für
verhältnismäßig große Moleküle bzw. Molekülaggregate (Porendurch-
messer einige nm) ermöglicht. Zwar sind die S-Schichten höchstens auf
der µm-Skala wirklich periodisch angeordnet, allerdings fällt dies bei
Membrananwendungen nicht so sehr ins Gewicht wie für Strukturierung-
en mit Nanopartikeln.
Ein weiteres Hindernis im Hinblick auf eine technische Anwendbarkeit
besteht in der Bioabbaubarkeit und damit in der Langzeitunbeständigkeit
der biologischen Materialien (Proteine), die im Prinzip mit der von
verschiedenen Lebensmitteln (d.h. von Wochen bis Monate bei
entsprechenden Vorkehrungen und Bedingungen wie niedrige Tempera-
turen, Sauerstoffausschluss, Konservierungsmittel etc.) vergleichbar ist.
Ein großes Potenzial von S-Schichten als membranartige Gerüststruktur
liegt auch in der gezielten Immobilisierung funktioneller Biomoleküle an
der Oberfläche bzw. in den Poren. Auf diese Weise könnten funktionelle
Membranen mit Sensor/Aktuator-Wirkung realisiert werden, die
Lösungsmittelmoleküle durchlassen, aber gleichzeitig etwa mit bestim-
mten gelösten Stoffen reagieren, oder aber auch über Ionenpumpen den
transmembranen Stofftransport steuern bzw. einen Gegengradienten
aufbauen.
In Konkurrenz zu anderen nanoporigen, festkörperbasierten oder
polymeren Materialien haben S-Schichten für Filtrationszwecke auf
lange Sicht wohl wenig Chancen.11 Ausnahmen könnten Bereiche sein, in
denen die hohe Schärfe der Trennung im nm-Bereich wichtig ist, z.B.
Produktions- und Produktreinigungsverfahren in der Biotechnologie oder
Pharmazie. Damit lassen sich aber nur sehr große Moleküle erfassen,
während die meisten (organischen) Moleküle ungehindert passieren.
Wegen der genannten Stabilitätsnachteile und des Herstellungsaufwandes
von biologischen S-Schichtmembranen wird die Entwicklung mittelfristig
11 Es gibt beispielsweise hochtemperatur- und –druckbeständige, keramische Nanopar-tikel- bzw. nanoporöse Membranen. Sie können vergleichsweise günstig und im großen Maßstab hergestellt werden.
S-Schichtmembranen
Biomembranen 37373737
von den rein biologischen Modellsystemen zu biomimetischen
Membranmaterialien wie Di- und Triblockcopolymeren gehen. Diese
vereinen die Vorteile der technisch gut kontrollierbaren und preis-
werteren Herstellung, sowie einer höheren Stabilität. Gleichzeitig
erlauben sie wie biologische Doppellipidmembranen den Einbau funktio-
neller Biomolekülen. Mit Hilfe der Nanobiotechnologie könnten in
Zukunft Verfahren entwickelt werden, um Membranen maßzuschneidern
und zu funktionalisieren. Dies stellt ein neues, spannendes Forschungs-
gebiet dar, in dem noch erheblicher anwendungsbezogener Forschungs-
bedarf besteht.
38383838 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
4.4.4.4. BIOBASIERTE SENSOREBIOBASIERTE SENSOREBIOBASIERTE SENSOREBIOBASIERTE SENSORENNNN
Biosensoren sind in vielen technischen Bereichen einsetzbar. In der
Umwelttechnik will man beispielsweise Schadstoffe und mikrobiolo-
gische Bestandteile in Abwässern detektieren. Mit Hilfe von Biosensoren
werden zuverlässige Systeme angestrebt, die eine automatische Überwa-
chung ermöglichen. In anderen Bereichen wie beispielsweise in der
Lebensmitteltechnik wird intensiv an der Entwicklung "künstlicher
Nasen" geforscht, die viele Substanzen simultan erfassen und zuverlässig
identifizieren können, um z.B. festzustellen, ob eine Ware verdorben ist.
Auch bei Produktionsverfahren können Biosensoren helfen, den Prozess-
ablauf oder die Emission organischer Schadstoffe zu überwachen. In der
Pharmazie dienen sie auch zur Überprüfung der Keimfreiheit oder
Produktreinheit von Medikamenten. Im medizinisch/diagnostischen
Bereich finden sie z.B. zur Bestimmung des Glucosegehaltes im Blut bei
Diabetes Einsatz.
Ein Biosensor besteht aus einem (Affinitäts-) Rezeptor, der nach dem
Schlüssel-Schloss-Prinzip funktioniert, und einer Signalwandler-Kom-
ponente (Transducer). Beispiele für (makro-) molekulare, biologische
Rezeptoren, die auf der Affinität zu bestimmten Zielmolekülen basieren,
sind Enzyme, Antigene, Antikörper, Rezeptoren, und Nukleinsäuren.
Außerdem können ganze Zellen, Zellorganellen, Bakterien oder Mikro-
organismen verwendet werden, um ein Erkennungsereignis zu detek-
tieren. Immunosensoren beruhen z.B. auf Antigen-Antikörper-Wechsel-
wirkungen, die in optische oder elektrische Signale umgewandelt werden.
In der Regel liefert ein physiko-chemischer Signalwandler ein analytisch
verwertbares Signal (hauptsächlich in optischer oder elektrischer Form),
das proportional zur Konzentration des Analyten ist.
Im Prinzip können geeignete biologische Moleküle auch als kombinierte
Rezeptor-Signalwandler-Einheiten eingesetzt werden. Wichtig für
physikalische bzw. optische Detektionsverfahren, die auf kleinste
Veränderungen an der Sensoroberfläche reagieren, wie Evaneszenzfeld-,
Oberflächenplasmon- (SPR) und Oberflächen-Akustische Wellen
(SAW)-Spektroskopie ist ein möglichst geringer Abstand zur
Detektoroberfläche. Daher sind ultradünne Schichten, speziell
selbstorganisierte Monolagen, die eine gute Anbindung der biologischen
Rezeptoren ermöglichen, besonders wichtig.
Im folgenden werden einige Beispiele für Biosensoren mit Bezug zur
Nanobiotechnologie dargestellt.
Biosensoren in der Umweltanalytik, Lebensmittel- und Biotechnologie
Biobasierte Sensoren 39393939
4.14.14.14.1 Beispiel für einen biomolekularen, Beispiel für einen biomolekularen, Beispiel für einen biomolekularen, Beispiel für einen biomolekularen, chemomechanischen Sensorchemomechanischen Sensorchemomechanischen Sensorchemomechanischen Sensor
Das sogenannte allosterische "Maltose-bindende Protein", das seine
Konformation ändert, sobald ein spezifisches Molekül (hier die Maltose)
an das Protein bindet, ist ein Beispiel für ein Proteinsystem, das
reversibel auf chemische Veränderung reagiert. Dieses Prinzip wurde bei
Bakterien entdeckt, die solche Proteine als Sensoren einsetzen, um
Zuckerquellen aufzuspüren. Dem Forscherteam um H.W. Hellinga vom
Duke Medical Center ist es gelungen, das isolierte Protein über einen
biomolekularen Anker und eine Komplexierung mit Nickel an eine
selbstorganisierte Monoschicht auf einer Goldelektrode zu binden
[Benson et al. 2001]. In das Protein wurde an einer bestimmten Stelle
eine redoxaktive Rutheniumgruppe eingefügt, so dass diese durch die
hervorgerufene Strukturänderung (eine Knickbewegung in der Mitte des
Proteins wie bei einem Scharnier) von einer relativ oberflächennahen
Position in eine weiter entfernte Stellung gebracht wird (vgl. Abbildung
4.1). Der Abstand der Rutheniumgruppe von der Elektrodenoberfläche
lässt sich als elektrochemisches Signal detektieren.
Der Mechanismus ist für die Entwicklung eines Biosensors nutzbar, um
die Konzentration von Maltose im mikromolaren Bereich zu bestimmen.
Die hohe Adaptionsfähigkeit des Sensors wurde auch durch die
Entwicklung eines Glukose-Sensors für die Messung im Blutserum
demonstriert, der nach dem gleichen Prinzip mit chemisch veränderten
Proteinen arbeitet. Es lässt sich aus dem Protein sogar ein Zink-Detektor
konstruieren.12 Das zugrundeliegende Redoxgruppen-Prinzip müsste auch
auf andere Rezeptormoleküle und –proteine übertragbar sein, so dass sich
auch Sensoren für andere Substanzen entwickeln lassen sollten.
4.24.24.24.2 Sensoren auf Basis von SSensoren auf Basis von SSensoren auf Basis von SSensoren auf Basis von S----SchichtenSchichtenSchichtenSchichten
Wie in Abschnitt 2.2.4 bereits erwähnt lässt sich das nanoskalige Raster,
das die Poren der S-Schichten bilden, als Templat für eine kontrollierte,
regelmäßige Anordnung von Nanopartikeln wie Metall- oder Halbleiter-
cluster nutzen. Außerdem eignet sich die Proteinoberfläche auch zur
Immobilisierung funktioneller Biomoleküle, die als Rezeptoren in
Sensoren fungieren können. Da die chemischen und elektronischen
Eigenschaften von Clustern bzw. Nanopartikeln extrem sensibel auf ihre
12 "Report: Proteins can be engineered as widely adaptable "boielectronic" sensors", Duke News Service, Duke University, 30.8.2001
Abbildung 4.1: Funktionsprinzip des
Proteinsensors. Das über
einen Nickelkomplex an
eine elektrisch leitfähige
Substratoberfläche gebunde
Protein (hellgrau) mit einer
Redoxgruppe (dunkelgrauer
Kreis) durchläuft durch die
Reaktion mit dem Analyt
(mittelgraue Raute) eine
Konformationsänderung.
Dadurch vergrößert sich der
Abstand der Redoxgruppe
zum Substrat, der elektrisch
detektiert werden kann.
Quelle: nach [Benson et al. 2001]
Analyt
40404040 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
Umgebung reagieren, liegt eine sensorische Anwendung dieser
Charakteristik nahe.
Die periodische Anordnung ermöglicht einerseits eine dichte Anordnung
vieler Sensormoleküle und andererseits eine einfache Kalibrierung dieser
(im Prinzip) gleichwertigen Meßpunkte. So könnten z.B. Veränderungen
der kollektiven Eigenschaften der Anordnung in Abhängigkeit
adsorbierter Substanzen gemessen werden. Als Techniken hierfür bietet
sich Oberflächen-Resonanz akustischer Wellen oder bei metallisierten
Schichten auch optische Methoden wie Evaneszenzfeld und Oberflächen-
plasmonenresonanz an.
Die Strukturdichte solcher Anordnungen liegt mit ca. 1012 Cluster/cm2
um mehrere Größenordnungen über den gegenwärtig in der Mikro-
elektronik verwendeten [Mertig et al. 1999]. Mit solchen Clusterarrays
sollen z.B. selektive Gassensoren realisiert werden, die mit verschiedenen
physikalischen Verfahren auslesbar sind. Für Hochtemperaturanwen-
dungen, bei denen die S-Schichtproteine natürlicherweise denaturiert
würden, muss die S-Schicht wieder entfernt werden und dient somit
lediglich als Hilfsmittel für die Präparierung dichter Clusteranordnungen.
Wie sich dadurch die Eigenschaften der Clusteranordnungen ändern, ist
derzeit noch Forschungsgegenstand. Ansonsten ist die S-Schicht jedoch
als Strukturstabilisator erwünscht bzw. stört die Funktion nicht.
Für die Konstruktion von Biosensoren ist die kontrollierte
Immobilisierung von Rezeptormolekülen eine wichtige Voraussetzung
[Turner/Karube/Wilson 1987]. Deshalb wird der Einsatz von S-
Schichtsubstraten für die Entwicklung amperometrischer und optischer
Biosensoren zur Detektion einer Vielzahl von Makromolekülen geprüft.
Zur Herstellung einer Sensorschicht wurden Enzyme kovalent an S-
Schichtfragmente oder S-Schicht-Selbstorganisationsprodukte gebunden
und danach auf einem porösen Festkörpersubstrat (z.B. polymere
Ultrafiltrationsmembranen) adsorbiert.
Bei den amperometrischen Sensoren wird eine dünne Goldschicht für den
elektrischen Kontakt auf die Sensorschicht aufgebracht [Neubauer/
Pum/Sleytr 1993, Neubauer et al. 1994]. Für die optische Detektion von
biochemischen Reaktionen hingegen wurde die Sensorschicht direkt auf
die Spitze einer optischen Faser gesetzt [Neubauer et al. 1996]. Ein
biobasierter Sensor, der mit Infrarot-Strahlung arbeitet, konnte durch die
Rekristallisation von S-Schichtproteinen unmittelbar auf dem zylindri-
schen Teil einer infrarot-transparenten Faser und einer anschließenden
Beschichtung mit einem Enzym hergestellt werden [Taga et al. 1993].
Mit Hilfe des Evaneszenzfeldspektrums konnte die Konzentration der
nanostrukturierte Clusteranordnungen als Sensoren
S-Schicht-Biosensoren Immobilisierung funktioneller Moleküle
Biobasierte Sensoren 41414141
chemischen Reaktionsprodukte bestimmt werden. Die Größe der
Sensorelektroden lag zwar im Millimeterbereich, aber die
Immobilisierung biologischer Rezeptoren mit S-Schichten bietet weiteres
Miniaturisierungspotenzial.
Darüber hinaus eignen sich S-Schichten hervorragend als Immobilisa-
tionsmatrix für Enzyme, Antikörper oder Bakterien usw., die die
eigentliche Sensorfunktion tragen und in vielen Biosensoren eingesetzt
werden. Derartige, hochsensible Sensoren könnten z.B. speziell für den
Einsatz in der Umweltanalytik (Schwermetallhaltige Industrieabfälle,
geologische Abwässer), Lebensmittelanalytik oder als Biosensor für
Hochdurchsatz-Analyseverfahren entwickelt werden. Eine Übersicht über
einige Biosensoren, die auf Basis von S-Schichten zur Immobilisierung
verschiedener Enzyme entwickelt wurden, und deren mögliche
Anwendungsgebiete, die naturgemäß hauptsächlich im Life-Science-
Bereich liegen, gibt die nachfolgende Tabelle 4.1 [Sleytr et al. 2002].
Sensor Typ immobilisierte Enzyme potenzieller
Anwendungsbereich Monoenzym Schicht Glucose Glucose-Oxidase Medizin Ethanol Alcohol-Oxidase Medizin Xanthin Xanthine-Oxidase Lebensmitteltechnologie Multienzym Schicht Maltose Maltase und Glucose Oxidase Biotechnologie Sucrose β-Fructosidase, Mutarotase,
Glucose Oxidase=Biotechnologie
Cholesterol Cholesterol Esterase und Cholesterol Oxidase
Medizin
Tabelle 4.1: S-Schicht-Biosensoren
4.34.34.34.3 Zusammenfassende BewertungZusammenfassende BewertungZusammenfassende BewertungZusammenfassende Bewertung
Nach wie vor besteht Bedarf für die Steigerung der Leistungsfähigkeit
von Biosensoren, insbesondere im Hinblick auf Sensitivität und eine
simultane Multianalyt-Detektion. Durch den nanobiotechnologischen
Einsatz funktioneller Biosysteme (wie z.B. signalwandelnde Proteine
oder membranbildende S-Schichtproteine) könnten solche Verbesser-
ungen erzielt werden.
Probleme, die eine technische Anwendung zur Zeit noch erschweren,
sind die Haltbarkeit von S-Schichten und die Handhabung einzelner
Sensormoleküle sowie deren Kontaktierung. Proteine und Enzyme sind
an Luft normalerweise nicht sehr lange beständig. Allerdings könnten,
wie bereits praktiziert, z.B. Sensorträger oder Teststreifen in einer
Probleme für technische Einsetzbarkeit
42424242 Nanobiotechnologie I: Grundlagen und Anwendungen
luftdichten Verpackung aufbewahrt und nur für den einmaligen
Gebrauch genutzt werden.
Insbesondere Sensorentwicklungen für Anwendungsbereiche außerhalb
der Life-Sciences, bei denen eine Biokomponente auf der Nanoskala
eingesetzt wird, sollten grundsätzlich mit etablierten Sensorsystemen
(hinsichtlich Leistungsfähigkeit, Haltbarkeit bzw. Stabilität und
Produktionskosten) verglichen werden.
S-Schichten eignen sich gut zur Immobilisierung von Enzymen und
Antikörpern, die für Biosensoren eingesetzt werden können. S-Schicht-
Biosensoren wurden als Labormuster bereits für verschiedene Analyte in
der Medizin, Lebensmittel- und Biotechnologie entwickelt, allerdings
bisher nicht marktfähig umgesetzt.
Hochsensible Biosensoren und speziell Biochip-Analysesysteme werden
in erster Linie für medizinische Zwecke entwickelt. Dort besteht der
zentrale Bedarf und der größte Marktanteil, wodurch folglich auch mehr
Forschungsgelder fließen.13
Wie bereits erwähnt, wird der Life-Science-Bereich jedoch erst in der
nachfolgenden Technologieanalyse näher thematisiert.
Biosensoren, die auf technisch relevante Substanzen wie Gase oder
Schwermetalle reagieren, sind bisher nicht entwickelt worden und
aufgrund der mangelnden Stabilität von Biomolekülen in technischen
Umgebungen auch schwer zu realisieren. Die Verwendung von S-
Schicht-Templaten zur Präparation dichter Clusteranordnungen, welche
ebenfalls als Sensor dienen sollen, ist ein interessanter Ansatz, bei dem
nicht die biologische Funktion des Moleküls sondern die nanoskalige
Geometrie der Anordnung und die Funktionalisierbarkeit der Proteine
genutzt wird. Wenn es ohne größere Probleme gelingen sollte, die S-
Schichtproteine unter Erhalt der Clusteranordnung zu entfernen, wären
auch stabile Sensoren für höhere Temperaturbereiche möglich. Hierfür
sind noch weitere Forschungsanstrengungen erforderlich.
13 Die Schätzungen für das weltweite Marktvolumen von Biochips gehen allerdings weit auseinander. Frost&Sullivan: ca. 3,3 Mrd. USD für 2004; P. Evers, Clinca Report (“Biochips and microarrays”, 20.11.2000, PJB Publications Ltd.): 0,95 Mrd. USD; Line Strategic (nur für DNA-Chips) 0,455 Mrd. USD für 2002)
Energieerzeugung und -umsetzung 43434343
5.5.5.5. LICHTENERGETISCHELICHTENERGETISCHELICHTENERGETISCHELICHTENERGETISCHE PROZESSE PROZESSE PROZESSE PROZESSE
Verglichen mit dem industriellen Aufwand in der Energietechnik, z.B.
zur Stromerzeugung mit Kraftwerken, hat die Natur viel elegantere
Lösungen gefunden, die biologische Organismen mit Energie versorgen.
Sonnenlicht wird mit Hilfe der Photosynthese14 hauptsächlich in Pflanzen
und Bakterien in chemische Energie umgewandelt, also in verschiedenen
chemischen Verbindungen gespeichert. Durch Nahrungsaufnahme
können wiederum andere Organismen aus diesen energiereichen Stoffen
ihre Energie beziehen. Dabei fällt zwar auch eine große Menge
"biologischer Abfall" an, der jedoch in das Ökosystem eingebunden ist
und auf natürliche Weise wieder abgebaut bzw. in den Kreislauf
zurückgeführt werden kann. Es ist verlockend, dieses Potenzial der Natur
auszuschöpfen. Dafür müssen die Mechanismen zunächst verstanden und
die biologischen Prozesse an technische Bedingungen angepasst werden.
Mit Hilfe der Methoden, die in der Nanobiotechnologie entwickelt
werden, ist es vielleicht sogar möglich, die biologischen Systeme für
technische Bedürfnisse zu optimieren und ihre Leistungsfähigkeit zu
erhöhen.
5.15.15.15.1 Teilschritte einer künstlichen PhotosyntheseTeilschritte einer künstlichen PhotosyntheseTeilschritte einer künstlichen PhotosyntheseTeilschritte einer künstlichen Photosynthese
Derzeitige Forschungsanstrengungen zur Nutzung der Photosynthese
natürlicher Organismen basieren auf der rein biotechnologischen
Verwendung von (genetisch modifizierten) Algen und Mikroorganismen.
Die Umsetzung des Prinzips in künstliche Systeme steht noch aus. Erste
Ansätze sind in biomolekularen Lichtsammelanlagen zu sehen, in denen
dieser Teil der biologischen Photosynthese nachgeahmt wird. Ebenso
gehört die lichtgetriebene Produktion von ATP-Molekülen (Adeno-
sintriphophat) als Energieträgern zu den Umsetzungsversuchen.
14 Die Photosynthesereaktion ist der elementare Schritt bei der Energieumwandlung in der Natur. Bei der Photosynthese der Pflanzen werden in einem komplexen Zusammenspiel vieler Reaktionen, die bis heute noch nicht vollständig aufgeklärt sind, CO2 und Wasser mit Hilfe von Licht in einem Gesamtsystem, das zwei sogenannte Photozentren (Photosystem I und II) und einen Antennenkomplex in der Zellmembran enthält, zu Zuckermolekülen umgesetzt. Der Antennenkomplex, der Chlorophyll-moleküle enthält, um eintreffende Lichtquanten extrem schnell an das Reaktionszentrum weiterzuleiten, dient zur effizienten Ausnutzung der solaren Energie. Dabei liegt der theoretische Wirkungsgrad der Photosynthese-Lichtreaktion unter idealen Bedingungen bei 34 %. Die Energie wird danach in einer ganzen Kaskade von photochemischen Reaktionen weitergeleitet, wobei sie in verschiedenen chemischen Stoffen zwischen-gespeichert wird (Gesamtwirkungsgrad der Photosynthese ca. 2 %).
44444444 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
5.1.15.1.15.1.15.1.1 künstliche Antennensystemekünstliche Antennensystemekünstliche Antennensystemekünstliche Antennensysteme
Bei der natürlichen Phototsynthese wird durch ein dichtes Netz von
photoaktiven Molekülen (Chromophoren) die Energie eintreffender
Photonen sofort zu einem Reaktionszentrum weitergeleitet. Durch
Nachbildung solcher biologischer Antennensysteme hoffen Forscher, für
technische Anwendungen effiziente Lichtsammelsysteme entwickeln zu
können, um eine solare Energieversorgung zu ermöglichen.
Durch die Kombination von Zinkchlorin und einer Fulleren-Bacterio-
chlorin-Verbindung in Wasser konnte am MPI für Strahlungschemie in
Mülheim/Ruhr die multiple Funktion als Lichtempfänger, Elektronen-
spender und Elektronenempfänger nachgeahmt werden [Tamiaki et al.
1996]. Zinkchlorine schließen sich, ähnlich wie Bacteriochlorine in der
Natur, zu stäbchenförmigen Anordnungen zusammen, absorbieren Licht
und leiten dessen Energie an den Fulleren-Bacteriochlorin-Komplex
weiter, welcher sich in die Zinkaggregate integrieren läßt [Miyatake et al.
1999]. Das Bacteriochlorin empfängt die Lichtenergie von der
Zinkchlorin-Verbindung und leitet sie an das Fulleren in Form eines
Elektrons weiter. Dieses System könnte, analog zur pflanzlichen
Photosynthese, energiereiche Reaktionsprodukte liefern, wenn mit dem
Fulleren eine weitere Reaktionskette initiiert würde. Es liesse sich z.B.
auch benutzen, um quasi als Schalter chemische Prozesse zu initiieren
oder unter Dauerlichteinwirkung photochemische Reaktionen zu
katalysieren.
Die farbtragenden, photoaktiven Bestandteile (Chromophore) der
Lichtsammelanlagen sind in natürlichen Systemen durch Selbst-
organisation zu Aggregaten in einer Proteinmatrix angeordnet. Da die
kovalente Verknüpfung von Chromophoren mit zunehmender
Komplexität ein immer schwierigeres Unterfangen wird, nutzen Forscher
des MPI für Kolloid- und Grenzflächenforschung unter Leitung von H.
Möhwald eine einfachere Art der Selbstorganisation: eine schichtweise
(layer-by-layer) Selbstorganisation von gegensätzlich geladenen
Polyelektrolyten. Dabei bilden sich Mikrokapseln mit großer Oberfläche,
deren Hüllen schichtweise aus verschiedenen Molekülen zusammenge-
setzt werden können. Auf diese Weise ist es möglich, photosensitive
Schichten z.B. aus vier unterschiedlichen, photoaktiven Molekülen zu
synthetisieren, die einen gerichteten, stufenweisen Transfer von
photonisch angeregten Elektronen senkrecht zur Hülle zum Reaktions-
zentrum ins Innere der Kapsel bewirken. Durch Beschichten der Hülle
mit unterschiedlichen Chromophoren kann auch stufenweiser, lateraler
Fulleren-Bakteriochlorin-Komplexe als Lichtsammelanlagen
biomimetische, photo-aktive Systeme
Energieerzeugung und -umsetzung 45454545
Energietransfer erreicht werden und das Absorptionsspektrum verbreitert
werden [Dai/Dähne/Möhwald 2001].
Eine andere Möglichkeit, ein künstliches, von der Natur inspiriertes
Antennensystem nachzubilden, besteht in der Verwendung von Zeolithen
mit Röhrenkanälen, in die Farbstoffmoleküle (ähnlich den Porphyrin-
systemen in Chlorophyll) dicht gestapelt, aber ohne direkte Wechselwir-
kung untereinander eingebracht werden [Pauchard/Devaux/Calzaferri
2000]. Dies ermöglicht schnellen, photoinduzierten Tranfer von
Elektronen durch den Zeolithen, die am Ende der Kanäle abgefangen
werden können.
Auch langgestreckte Anordnungen aus Imidazolporphyrin-Komplexen
besitzen die Fähigkeit, photoelektrisch angeregte Elektronen als
künstliche Lichtsammelantennen über große Entfernungen zu transpor-
tieren [Ogawa/Yobuke 2000].
5.1.25.1.25.1.25.1.2 Lichtgetriebene ATPLichtgetriebene ATPLichtgetriebene ATPLichtgetriebene ATP----ProduktionProduktionProduktionProduktion
In Form von transmembranen Protonengradienten kann die Energie bei
der Photosynthese von Bakterien zwischengespeichert werden und dient
z.B. zur Produktion von ATP-Molekülen.
Ein photosynthetisches System lässt sich in der Doppellipidschicht eines
Liposoms realisieren. Es besteht aus einer Kombination eines
Lichtsammelsystems (einer die Membran durchspannenden Triade von
Karotin-Porphyrin-Naphthochinon-Molekülen Q-P-C, siehe Abbildung
5.1) mit F0-F1-ATP-Synthase-Einheiten, die als Protonenpumpe bzw. zur
katalytischen ATP-Produktion dienen [Steinberg-Yfrach et al. 1998]. Das
Innere des Liposoms ist mit Wasser gefüllt. Der F1-Kopf der ATPase
befindet sich auf der anderen Seite der Membran. Lichteinfall bewirkt
eine Ladungstrennung in der Karotin-Porphyrin-Naphthochinon-Kette,
wobei die Chinongruppe ein Radikalanion an der Außenseite und das Abbildung 5.1: Zum Funktionsprinzip
eines photosynthetisch
arbeitenden Liposoms.
Doppellipidmembran mit
Q-P-C-Molekültriade und
F1ATPase-
Protonenpumpen.
Quelle: Arizona State Univ.;
http://photoscience.la.
asu.edu/bionano/
research5.htm
46464646 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
Karotin ein Radikalkation an der Innenseite der Membran bildet. Durch
Elektronentransfer auf lipophile Chinonmoleküle, die sich ebenfalls in
der Liposom-Membran befinden, wird das Chinon unter Aufnahme eines
Protons an der Membranaußenseite zu einem Hydrochinon reduziert.
Dieses wird wieder zur Innenseite der der Membran transportiert, wo das
Hydrochinon oxidiert und deprotoniert wird. Auf diese Weise erhöht sich
die Protonenkonzentration im Inneren des Liposoms. Der so entstehende
Protonengradient treibt die F0F1-ATPase-Pumpe an und bewirkt an der
Membranaußenseite die katalytische Bildung von ATP aus ADP und
freien Phosphationen. Die Bestrahlung dieser künstlichen, photo-
synthetischen Membran mit sichtbarem Licht liefert ATP
(Quantenausbeute von ca. 7 %).
Mit einem ähnlichen System ist es gelungen, die ATP-Produktion mit
einem ATP getriebenen biomolekularem Linearmotorsystem zu koppeln
[Hess et al. 2001]. Dabei schwammen die ATP-produzierenden Vesikel
frei in einer Pufferlösung herum. Die photochemisch aktive Komponente
ist dabei Bakteriorhodopsin, das gemeinsam mit F0-F1-ATP-Synthasen in
eine Liposommembran integriert werden kann.
Bei natürlichem Bakteriorhodopsin handelt es sich um ein dem mensch-
lichen Sehpurpur verwandtes Retinal-Protein, das im Photosynthese-
apparat des in Salzmarschen lebenden Bakteriums Halobacterium salinarum vorkommt. Das Retinal stellt dabei die funktionstragende
(lichtabsorbierende, chromophore) Molekülgruppe dar. Der Bakteriorho-
dopsin-Proteinkomplex befindet sich in der kristallinen Purpurmembran,
einer Monoschicht [g4]aus regelmäßig angeordneten Bakteriorhodopsin-
Molekülen und Lipiden. Das Protein hat die Funktion einer Licht
getriebenen Protonenpumpe, die Wasserstoffionen (Protonen) durch die
Zellmembran transportiert. Mit diesen Protonen wird eine F1-ATP-
Abbildung 5.2: Vision eines nanoelektro-
mechanischen Systems
(NEMS) mit verschiedenen
Funktionseinheiten, die von
einer ATP-produzierenden
Kombination aus einer
F1-ATPase und einer in die
Membran integrierten
Lichtumwandlungsantenne
besteht
Quelle: D. Gust, Arizona State
Univ.;
http://photoscience.la.asu. edu/bionano/research5.html
Bakteriorhodopsin: lichtgetriebene Protonenpumpe und ATP-Lieferant
Energieerzeugung und -umsetzung 47474747
Synthase angetrieben, die ATP-Moleküle als Energieträger für den
Organismus synthetisiert. Zu den ersten Anwendungsvorschlägen für
Bakteriorhodopsin gehörte neben der Meerwasserentsalzung [Oesterhelt
1976, Hind/Mills 1980] die unmittelbare Energieumwandlung von
Sonnenlicht in chemische Energie oder Strom [Eisenbach et al. 1977].
Für die vorgeschlagene Anwendung zur Entsalzung von Meerwasser ist
auch ein dem Bakteriorhodopsin verwandtes Protein, das Halorhodopsin,
sehr interessant. Es funktioniert als Licht getriebene Chloridionenpumpe
[Hampp 2000b].[g5]
Die Kombination des Bakteriorhodopsin-Photosystems mit einer ATP-
Synthase in der Membran eines Liposoms stellt eine Möglichkeit für die
direkte Umwandlung von Licht in chemische Energie dar. Eine makro-
skopische Purpurmembran aus dicht-gepackten Proteinkomplexen, die
die selektive Diffusion der Anionen zum Ladungsausgleich durch
entsprechende Trägermoleküle ermöglicht, wäre daher prinzipiell für die
direkte Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie geeignet.
Allerdings befindet sich diese Entwicklung aufgrund der großen
Schwierigkeit, das Verfahren hochzuskalieren, noch in einem sehr
grundlagenorientierten Forschungsstadium. Ein weiteres Problem ist die
erforderliche, gleichmäßige Ausrichtung der Bakteriorhodopsin-
Moleküle über eine große Fläche, damit der photoelektrische Effekt
nutzbar ist.
5.25.25.25.2 Biomimetische Photovoltaik (GrätzelBiomimetische Photovoltaik (GrätzelBiomimetische Photovoltaik (GrätzelBiomimetische Photovoltaik (Grätzel----Zelle)Zelle)Zelle)Zelle)
Die Farbstoff-Solarzelle, die sogenannte Grätzel-Solarzelle (auch als
biomimetische Solarzelle oder Bio-Solarzelle bezeichnet), ist benannt
nach ihrem Erfinder M. Grätzel von der TU Lauseanne (CH)
[O'Regan/Grätzel 1991]. Sie beruht auf dem Prinzip der Photosynthese,
in der das Licht durch eine dichte Anordnung von komplexen
Farbstoffmolekülen absorbiert und Elektronen an das Reaktionszentrum
weitergeleitet werden. Bei der Grätzel-Zelle wird ein Farbstoff benutzt,
der ausgehend von biologischem Chlorophyll (ein Phthalocyanin)
chemisch optimiert wurde, um die Lichtquanten einzufangen. Bei den
optimierten Farbstoffmolekülen handelt es sich um Osmium- oder
Ruthenium-Polypyridinkomplexe, die wesentlich langlebiger (mehr als
50 Mio. Photozyklen) als Chlorophyll sind. Die Farbstoffmoleküle sind
auf einem Film aus TiO2-Nanokristalliten adsorbiert, der eine sehr große
aktive Oberfläche bietet. Der Elektrolyt der Solarzelle ist eine Iod-Iodid-
integriertes nanobio-technologisches System: Liposome mit Bakteriorhodopsin
48484848 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
Mischung15, die den Ladungstransport zu den Elektroden aus Platin
bewerkstelligt.
Mit optimierten Zellen können Wirkungsgrade bis zu 10 % erreicht wer-
den. Der größte Vorteil der Grätzelzelle sind die niedrigen Herstellungs-
kosten. Außerdem arbeitet die Solarzelle auch bei diffusem Lichteinfall
ausreichend effizient. Dadurch hat sie bei der Industrie großes Interesse
geweckt. Unter anderem arbeitet Toshiba in Japan und GreatCell S.A. in
Lauseanne (eine Tochterfirma von Leclanché S.A.) an der Weiter-
entwicklung der Farbstoff-Solarzelle. Darüber hinaus erscheint die Solar-
zelle transparent und öffnet damit einen Weg zur Entwicklung von
selbstabdunkelnden Fenstern (sogenannten "smart windows"), die bei
starker Sonneneinstrahlung Strom liefern und gleichzeitig sich durch das
bei der Reaktion gebildete Iod dunkel färben sollen.=
Die Grätzelzelle ist ein gutes Beispiel dafür, dass in der Technik
biologische Prinzipien in optimierter Form eingesetzt werden können.
Damit ist in der Regel die Vereinfachung biologischer Moleküle auf ihre
wesentlichen Funktionseinheiten (z.B. das Farbstoffmolekül des Chloro-
phylls) verbunden. Diese Vorgehensweise ist sicherlich für viele
Bereiche, innerhalb und außerhalb der nanobiotechnologischen For-
schung, als sinnvoller Realisierungsschritt zu erachten.
5.35.35.35.3 Zusammenfassende BewertungZusammenfassende BewertungZusammenfassende BewertungZusammenfassende Bewertung
Die Energieerzeugung nach dem Photosynthese-Muster der Pflanzen und
Bakterien ist heute noch nicht unmittelbar in technische Systeme
umsetzbar.
Mit Hilfe funktioneller Biomoleküle und der Umsetzung der Prinzipien
bei Photosyntheseprozessen ist jedoch die Entwicklung von Teilsystemen
möglich, die für spezielle Anwendungen genutzt werden können.
•= Lichtsammelantennen für photochemische Prozesse
•= Lichtgetriebene ATP-Produktion
•= biomimetische Photovoltaik (Grätzel-Zelle)
Die Produktion von ATP-Molekülen mit Lichtenergie könnte in Zukunft
für eine kontrollierte Energieversorgung von Nanomaschinen, die ATP-
15 Dieser aggresive Elektrolyt greift den Kleber für die Glasplatten der Solarzellen an. Dieses Problem scheint jedoch bei Toshiba zufriedenstellend gelöst zu sein.
Energieerzeugung und -umsetzung 49494949
Moleküle als Antriebsenergie umsetzen können (z.B. biomolekulare
Motoren, vgl. Abschnitt 6.1), genutzt werden.
Molekulare Lichtsammelsysteme, die eine effizientere Nutzung der
Lichtenergie ermöglichen, sind nicht nur für die Photovoltaik von
Interesse. Die Photochemie stellt für molekulare Lichtsammelanlagen ein
aussichtsreiches Gebiet z.B. für die Entwicklung von „Lichtreaktoren“
dar, die über diese Lichtantennen ihre Energie für photochemische
Synthesen in Mikrokapseln beziehen könnten. Beispielsweise könnten
Liposome, Mikrokapseln, Kolloide etc. als Miniatur-Reaktionsgefäße
benutzt werden, um darin photochemische Synthesereaktionen ablaufen
zu lassen. Die Photoenergie müsste von Lichtsammelanlagen in der
Membran bereit gestellt werden. Alternativ könnten synthetische Systeme
aus organischen Molekülaggregaten bzw. Kolloiden verwendet werden.
Die Grätzel-Solarzelle wird bereits kommerziell weiterentwickelt und in
einigen Jahren für verschiedene Einsatzbereiche auf den Markt kommen.
Der größte Vorteil liegt darin, dass diese Solarzelle in der Herstellung
vergleichsweise billig ist (gegenüber Silizium-Solarzellen etc.).
Die Grätzel-Zelle kann nur sehr bedingt mit der Nanobiotechnologie in
Verbindung gebracht werden. Sie zeigt aber auf, dass biologische
Funktionsprinzipien auch mit nicht-biologischen Systemen (hier:
Farbstoffmoleküle und TiO2-Nanokristallite) umgesetzt werden können,
und somit eine technische Realiserung möglich wird.
Generell ist bei Anwendungen lichtenergetischer Prozesse der Trend zu
verzeichnen, dass funktionelle Einheiten aus den biologischen Systemen
isoliert und für die technischen Bedürfnisse angepasst werden müssen.
Diese Vorgehensweise ist sicherlich auch für die meisten anderen
Anwendungsgebiete innerhalb der Nanobiotechnologie erforderlich.
Die dargestellten Beispiele weisen wieder auf den starken Grundlagen-
charakter hin, der das Technologiefeld Bio2Nano prägt. Sie sollten
deshalb in erster Linie aufzeigen, an welchen Hebeln die Nanobiotech-
nologie ansetzen kann, um energetische Prozesse, beispielweise mit
gezielt manipulierten (hybriden) Systemen, auf der Nanoskala zu steuern
bzw. zu optimieren. Insbesondere die kontrollierte und effektive Nutzung
von Lichtenergie für photochemische Prozesse (s.o.) dürfte sich als
vielversprechendes Aufgabenfeld für die Nanobiotechnologie erweisen.
Für Energieerzeugung und -Umsetzung im herkömmlichen Sinne, die
von rein physikalischen bzw. chemischen Technologiefeldern (Photovol-
50505050 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
taik, Brennstoffzellen, Windkraft etc.) dominiert wird, ist seitens der
Nanobiotechnologie jedoch kaum Konkurrenz bzw. wesentliches
Verbesserungspotential zu erwarten.
Biomolekulare Motoren und Aktoren 51515151
6.6.6.6. BIOMOLEKULARE MOTBIOMOLEKULARE MOTBIOMOLEKULARE MOTBIOMOLEKULARE MOTOREN UND OREN UND OREN UND OREN UND AKTUATORENAKTUATORENAKTUATORENAKTUATOREN
Biologische Motoren sind hochspezialisierte Proteinmaschinen von
wenigen nm Größe, die auf ihre speziellen Aufgaben hin optimiert sind,
z.B. als Schalter, Pumpen oder für den Transport. Aktuatoren wandeln
chemische Energie in mechanische Energie um, indem sie ihre Struktur
verändern und so auf ein damit gekoppeltes System einwirken.
In den folgenden Abschnitten werden zuerst typische molekulare
Biomotoren dargestellt und im weiteren einige teilweise künstlich
generierte, biomolekulare Aktuatorsysteme. Erste Anwendungsmöglich-
keiten werden ebenfalls diskutiert.
6.16.16.16.1 Transport und Antrieb Transport und Antrieb Transport und Antrieb Transport und Antrieb mit biomolekularen mit biomolekularen mit biomolekularen mit biomolekularen MotorenMotorenMotorenMotoren
Die biologischen Motorsysteme mit Transport- oder Antriebsfunktion
lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen:
•= Linearmotor-Systeme aus einem Motorprotein (z.B. Myosin oder
Kinesin) und einem Schienensystem (Actinfilamente für Myosin
bzw. Mikrotubuli für Kinesine)
•= Rotationsmotoren (Bsp. F0-F1-ATPase).
Der Rotationsmotor F0-F1-ATPase ist gleichzeitig eine Pumpe für
Wasserstoffionen (Protonen), die wie die Linearmotoren-Proteine Myosin
und Kinesin mit Adenosintriphosphat (ATP) angetrieben wird. ATP-
Moleküle sind Zuckerringe (Ribose), an die ein Adenosinrest und ein
Triphosphatrest gebunden sind. Die letzte Bindung zwischen den drei
Phosphatgruppen des Triphosphatrestes können relativ leicht gespalten
werden und speichern chemische Energie. Bei der enzymkatalysierten
Hydrolyse von ATP wird diese Energie freigesetzt und das ATP in ADP
(Adenosindiphosphat) umgewandelt. Normalerweise entsteht ATP bei
der Glycolyse in den Mitochondrien der Zelle bzw. wird in Pflanzen
während der Photosynthese hergestellt.
Die funktionellen Motorproteine lassen sich verhältnismäßig gut für
Untersuchungszwecke isolieren. Um eine technische Nutzung zu
ermöglichen, müssen jedoch je nach Zielfunktion mehrere Kriterien bzw.
Kontrollfunktionen für das Funktionieren eines molekularen Motors
52525252 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
erfüllt sein: Ein-/Aus-Schalter, Geschwindigkeit, Bewegungsrichtung,
Andocken und Abladen von Transportgut, Kraftübertragung für Antrieb.
Diese Kriterien sind bei isolierten Motorsystemen außerhalb des
biologischen Organismus im Hinblick auf technische Anwendungen nicht
einfach zu erfüllen. Beispielsweise ist es zwar ohne weiteres möglich,
Mikrotubuli und Kinesin-Moleküle zusammenzubringen, und den
Bewegungsprozeß über den Energielieferanten ATP zu initiieren und
aufrecht zu erhalten, aber schwieriger ist es, die Dynamik und Richtung
dieses Prozesses zu steuern. Ein technisch sehr schwieriges Problem ist
auch das gezielte Be- und Entladen durch Steuerung von außen. In Zellen
geschieht die „Beladung“ beispielsweise, indem mit Motorproteinen
versehene Vesikel an den Mikrotubuli entlang wandern.
In biologischen Systemen wird in der Regel eine große Kraftübertragung
nicht mit einzelnen, hochleistungsfähigen Motoren erreicht, sondern
durch das Zusammenwirken vieler solcher Antriebe. So beruht beispiels-
weise die Muskelbewegung auf der konzertierten Bewegung unzählig
vieler molekularer Myosin-Actin-Maschinen in nur 50µm durchmessen-
den Muskelfasern.16
Im folgenden werden erste Ansätze dargestellt, um zu biologischen
Motorsystemen zu gelangen, die kontrolliert für technische Zwecke
eingesetzt werden können. Hierbei stellen die Kombination mit
anorganischen bzw. metallischen Komponenten sowie die Integration und
Ankopplung von Mikrosystemen wichtige Ziele dar.
16 Die Muskelkontraktion ist ein gutes Beispiel für die Leistungsfähigkeit eines biomolekularen Motorsystems. Eine Muskelfaser (Skelett-Muskelzelle) besteht aus Bündeln von Myofibrillen in Längsrichtung (Durchmesser einer Muskelfaser ca. 50µm, Länge bis zu 500 000 µm). Die Myofibrillen werden aus seriell verknüpften Aktorelementen (aneinandergereihte Sarcomere) gebildet, die wiederum aus ineinander greifenden und gegeneinander beweglichen Einheiten von Actin-Filamenten und Myosin-Filamenten bestehen (ca. 2,5 µm lang). Die Sarcomere sind durch eine Scheibe miteinander verbunden, die bei der Muskelkontraktion den Endpunkt für die Bewegung der Myosin-Filamenten entlang den Actinfilamenten darstellen. Die Actin-Filamente hängen an diesen Scheiben, zwischen denen die Myosin-Filamente mit Bewegungs-apparaten in beide Richtungen liegen. Jedes Filament wird aus vielen helical verdrillten Actin- bzw. Myosin-Einzelmolekülen gebildet. Durch ATP-Hydrolyse bewegen sich die Myosin-Filamente auf beiden Seiten entlang den Actin-Filamenten auf die Scheiben zu und ziehen so das Sarcomer zusammen. Bei einer Kette von ca. 20 000 Sarcomeren, die sich von 5 auf 4 cm verkürzt, nimmt die Länge jedes Sarcomers von 2,5 µm auf 2,0 µm ab.
Biomolekulare Motoren und Aktoren 53535353
6.1.16.1.16.1.16.1.1 LinearmotorenLinearmotorenLinearmotorenLinearmotoren
Im wesentlichen gibt es zwei technisch nutzbare Systeme von biolo-
gischen Linearmotoren, die aus einer Transportschiene (S) und einem
Motorprotein (M) bestehen:
•= Actin (S) – Myosin (M)
•= Mikrotubuli (S) – Kinesin (M)
Das System Actin-Myosin, das den Proteinmotoren in Muskeln ent-
spricht, weist im Vergleich zum zweiten System folgende Charakteristika
auf:
1. Actin-Filamente sind wesentlich flexibler als Mikrotubuli.
2. der Myosinteil ist im Vergleich mit einem Kinesin größer.
Während das Actin-Myosin-System vornehmlich in der Muskelforschung
eine Rolle spielt, wird es insbesondere in Japan auch für Anwendungs-
zwecke untersucht. Im Vordergrund steht dabei die Kontrolle der
Bewegung.
Der Forschergruppe von K. Oiwa ist es gelungen, die Bewegung von
Actinfilamenten auf vorgegebene Polymerbahnen zu beschränken, indem
Myosin an diese gebunden wurde [Suzuki et al. 1997, vgl. Abbildung
6.1]. Kürzlich wurde gezeigt, dass die Kopfregion eines Myosinmotors
für die Bewegungsrichtung (zum positiven oder negativen Ende des F-
Actinfilaments) verantwortlich ist [Homma et al. 2001]. Vermutlich
hängt dies mit den molekularen Bestandteilen zusammen, die die
Untereinheiten des Motorkopfes verbinden und die Struktur-
veränderungen während der Bewegung beeinflussen. Diese Entdeckung
ist sicher ein grundlegender Schritt für die angestrebte Kontrolle der
Bewegungsrichtung von Actin-Myosin-Systemen.
Eine kürzlich veröffentlichte Untersuchung legt eine neue Einsatzmö-
glichkeit für Actin-Myosin nahe: die Steuerung der Viskosität einer
Abbildung 6.1: Actin-Bewegungen auf
Polymerbahnensystem mit
Myosin (entlang Konturen
"C", "R", "L" und liegende
"8").
Quelle: H. Suzuki, Kansai
Advanced Research
Center-Nair;
http://www-
karc.crl.go.jp/nano/
suzuki/motor-e.html
Myosinmotoren auf Actin-Schienen
54545454 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
Polymermischung, die auch Actin und Myosin enthält, durch die Zugabe
von ATP.
Aufgrund dieser Energiezufuhr fangen die Biomotoren an, die ver-
hedderten Polymermoleküle regellos in alle Richtungen auseinander zu
schieben und dadurch die Viskosität zu senken [Humphrey et al. 2002].
Dieser Prozess verläuft allerdings noch recht langsam und lässt sich nicht
gut steuern, so dass noch weitere detaillierte und anwendungsbezogene
Untersuchungen erforderlich sind.
Kinesin-Moleküle sind im Vergleich zu Myosinen die für technische
Anwendungen wesentlich besser untersuchten Motorproteine. Kinesine
besitzen einen langen Molekülschwanz, der an ein Transportgut (z.B. ein
Vesikel) oder eine Oberfläche gebunden werden kann, und einen meist
doppelköpfigen Vorderteil17, der an einen Mikrotubulus bindet. Der
Transportmechanismus ist weitgehend aufgeklärt und verläuft unter
Aufnahme von ATP an einer Kopfgruppe des Kinesins. Durch die
Energiezufuhr bei der ATP-Hydrolyse des Kinesins kann das Molekül
eine Bindung lösen und seine Konformation ändern. Dabei führt das
Molekül eine Hebelbewegung aus, die den Transport bewirkt. Kinesin
bewegt sich in Schritten von ca. 8-16 nm an einem Mikrotubulus entlang
und stoppt bei einer Gegenkraft von etwa 5-7 pN [Mehta et al. 1999].
Für das Transportsystem aus Mikrotubuli und Kinesin werden die
folgenden Alternativen für die bewegte Einheit in vitro untersucht:
entweder bewirken auf einer Substratoberfläche immobilisierte Kinesin-
moleküle den Transport von Mikrotubuli oder Kinesin-beschichtete
Teilchen wandern an immobilisierten Mikrotubuli entlang.
Oberflächen-gebundene Mikrotubuli als Schienensystem eignen sich für
den Transport größerer, Kinesin-beschichteter Objekte, welche gleichzei-
tig an mehrere Mikrotubuli binden können, so daß die Ladung nicht
herunterfällt, wenn das Ende eines einzelnen Tubulus erreicht wird
[Limbris/Steward 2000].
Da Mikrotubuli aufgrund ihres Aufbaus aus asymmetrisch angeordneten,
heterodimeren Tubulin-Proteinuntereinheiten eine strukturelle Polarität
mit einem positiven und einem negativen Ende aufweisen, ist die Lage
der Moleküle wichtig. Die Voraussetzung für dieses Transportsystem ist
eine isopolare Anordnung, in der die positiven Enden alle zu einer Seite
orientiert sind.
17 Es gibt auch Varianten mit nur einer Kopfgruppe.
Transportsysteme aus Mikrotubuli und Kinesinmotorproteinen
Mikrotubuli als Schienensystem
Biomolekulare Motoren und Aktoren 55555555
Am Institut für molekulare Biotechnologie in Jena ist es den Mitarbeitern
von K.J. Böhm und E. Unger gelungen, verschiedene Mikrometer-große
Objekte aus Glas, Gold und Polystyrol an isopolar ausgerichteten
Mikrotubuli-Arrays entlang zu transportieren [Böhm et al. 2001].
Leichter, als Mikrotubuli zu immobilisieren, ist es, Kinesinmoleküle auf
ein Substrat aufzubringen, üblicherweise Glas, so daß Mikrotubuli auf
der Kinesinschicht in Bewegung versetzt werden (vgl. Abbildung 6.1).
Gekrümmte Bahnen und Kreuzungen lassen sich so durch eine präzise
Bedeckung mit Kinesin realisieren. Eine Führungsschiene für die
Mikrotubuli kann man z.B. durch Einritzen von Gräben, in denen
Kinesin-Moleküle adsorbiert werden, realisieren. Die Adsorption findet
selektiv in nm-breiten Gräben von PTFE-Filmen [Suzuki et al. 1995,
Dennis/Howard/Vogel 1999] bzw. in Polyurethan-Substraten, welche mit
einer Abdrucktechnik aus einer Siliziumvorlage hergestellt werden
können, statt. Es ist auch möglich dies durch Veränderung der
Chemiesorptionseigenschaften der Oberfläche (hydrophob bzw.
hydrophil) zu erreichen [Suzuki et al. 1997, Nicolau et al. 1999].
Der Transport-Mechanismus unterliegt der Brownschen Molekularbewe-
gung: zunächst sucht die Spitze eines vorwärtslaufenden Mikrotubulus
nach dem nächsten Kinesin, wobei es leicht hin und her pendelt, so daß
leichte Richtungsänderungen und das Erklimmen von Wänden bis zu
einem gewissen Grad möglich sind. Falls der vorwärtslaufende Mikrotu-
bulus keine Kinesinmoleküle mehr findet, kann er regelrecht
"entgleisen". Die Kraft eines einzelnen Kinesins (ca. 5 pN) reicht für
Bewegungsänderungen mit einem maximalen Krümmungsradius von ca.
2 µm aus, so dass durch gleichzeitiges Einwirken mehrerer Kinesin-
moleküle auf einen Mikrotubulus ein Krümmungsradius von bis zu
einigen 100 nm erreicht werden könnte [Hess et al. 2001]. =
Eine japanische Forschergruppe unter Leitung von Taro Uyeda hat eine
einfache Methode entwickelt, die axiale Bewegungsrichtung eines Mikro-
Abbildung 6.1: Das Bild zeigt das Prinzip
der Bewegung von Mikro-
tubuli durch immobilisierte
Kinesin-Linearmotoren. Die
Beschichtung des
Glasträgers wurde aus einer
Kinesin- und Casein-
haltigen Proteinlösung
hergestellt.
Quelle: H. Hess, Univ. of
Washington;
Kinesinantrieb für Mikrotubuli
56565656 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
tubulus auf einer mit Motorproteinen versehenen Glasplatte festzulegen.
In die geradlinige Bahn für die Mikrotubuli wurden pfeilförmige
Ausbuchtungen von einigen µm Breite eingelassen, deren Spitzen in
Richtung der weiterführenden Bahnen zeigen (vgl. Abbildung 6.2).
Durch diese Geometrie sinkt die Wahrscheinlichkeit erheblich, den Weg
gegen die Pfeilrichtung fortzusetzen, so dass der Hauptfluss des
Transports in Richtung des Pfeils gezwungen wird. Die Mikrotubuli, die
sich entgegen der Pfeilrichtung bewegen, treffen nur selten auf die
Öffnung an der Rückseite des Pfeils. Statt dessen wandern sie in die
hinteren Ecken und müssen dort ihre Bewegungs in Richtung Pfeilspitze
umkehren [Hiratsuka et al. 2001].
Die Kontrolle des Start- und Endpunkts einer Bewegung ist schwierig, da
das Kinesinmolekül nicht sehr sensitiv auf Konzentrationsänderungen
von bestimmten Ionen oder den pH-Wert reagiert, wodurch üblicherweise
molekulare Prozesse kontrolliert werden können.
Einem Forscherteam um Viola Vogel von der University of Washington
und Joe Howard vom MPI für Molekulare Zellbiologie und Genetik in
Dresden ist es gelungen, unter Zuhilfenahme von UV-Licht eine
begrenzte Kontrolle zu erzielen [Hess et al. 2001]. Dazu benutzten sie
das Enzym Hexokinase, das sehr schnell ATP verbraucht und dadurch
wie eine Bremse auf die Kinesinmotoren wirkt. Schließlich kommen
diese zum Stillstand, wenn keine ATP-Moleküle mehr zur Verfügung
stehen. Die als Energielieferant für die Bewegung nötigen ATP-Moleküle
befinden sich zunächst in einer inaktivierten Form ("caged ATP"
[Dantzig/Higuchi/Goldman 1998]), aus der sie durch UV-Licht in die
freie Form überführt werden, so dass sie die Kinesinmotoren antreiben
können. Durch aufeinander abgestimmte UV-Lichteinwirkung
(Belichtungszeit zur Freisetzung von ATP ca. 30 s) und Zugabe von
bremsenden Enzymen können so ATP-Konzentrationsmaxima und -
minima erreicht werden. Die Verzögerungszeit von etwa 10 Minuten bis
zum vollständigen Stopp der Bewegungen wäre für technische
Einsatzzwecke allerdings sehr lang. Der Vorgang kann solange
wiederholt werden, bis das Reservoir an „caged“ ATP verbraucht ist.
Um Transportgut an Mikrotubuli zu befestigen, haben die Forscher die
Wechselwirkung zwischen Biotin und Streptavidin genutzt (diese wird
routinemäßig in der Biotechnologie eingesetzt, vgl. Abschnitt 2.2.2.3).
Das Molekül Biotin wird an die Mikrotubuli gebunden, was zur Folge
Abbildung 6.2: Pfeilförmige Geometrien
photolithografisch erzeugter
Gräben in einem
Glassubstrat erzeugen eine
Vorzugsrichtung (entlang
der Pfeilspitzen) für die
Mikrotubuli-Bewegung.
Die Bewegungsabfolge ist
schematisch auf Elektronen-
mikrografien dargestellt.
Eine Filmsequenz der
Mikrotubuli-Bewegung
kann unter folgender
Adresse heruntergeladen
werden:
http://unit.aist.go.jp/
genediscry/motility/biophys
j/moviedl.html
Quelle: nach [Hiratsuka et
al. 2001]
2
1
3
1
23
4
5
Biomolekulare Motoren und Aktoren 57575757
hat, daß Objekte, die eine Streptavidingruppe tragen, an die
Biotingruppen gebunden werden18.
Hierbei wurden Versuche mit einer Mischung aus etwa gleich vielen
biotinylierten Mikrotubuli und Streptavidin-beschichteten Polystyrol-
Kügelchen durchgeführt. In einem statistischen Prozeß haben
Mikrotubuli die Polystyrol-Ladungen aufgenommen und über eine
Kinesin-beschichtete Oberfläche transportiert. Dabei wurden die
Kügelchen regellos und spontan abgesetzt, an andere Mikrotubuli
weitergereicht oder zu größeren Ansammlungen von Kügelchen gepackt
[Hess et al. 2001].
Die Entwicklung von Steuermechanismen u.a. durch chemische Modi-
fikation der Biomoleküle (z.B. eine photospaltbare oder z.B. pH-
abhängige Streptavidin-Biotin-Kupplung) für das Be- und Entladen stellt
für potenzielle Transportanwendungen ein wichtiges Forschungsziel dar.
Eine erste konkrete Anwendungsperspektive für biologische Linear-
motoren wurde ebenfalls von der Forschergruppe um V. Vogel und J.
Howard präsentiert [Hess et al. 2002]. Die regellose Bewegung vieler
fluoreszenzmarkierter Mikrotubuli auf einer mit Motorproteinen
(Kinesin) beschichteten Oberfläche wird zur topographischen Kartierung
von Materialien benutzt. Da die Mikrotubuli nicht beliebig über Kanten
hinweg gleiten können und das Motorsystem über die Anbringung der
Kinesinmotoren zudem sensibel auf die Art der Oberfläche (z.B. hydro-
phil oder hydrophob) einstellbar ist, können so Kantenstrukturen und
kleinste Hohlräume indirekt über die markierten Mikrotubuli mit einem
optischen Mikroskop identifiziert werden. Durch Überlagern von schnell
hintereinander aufgenommenen Mikroskop-Bildern lässt sich eine
detaillierte Darstellung der Materialoberfläche erhalten. Die Auflösungs-
grenze liegt dabei in einer Größenordnung von ca. 50 nm. Außerdem
ermöglicht es die Fluoreszenzmethode, die Mikrotubuli bei entsprechen-
der Transparenz der Materialien auch in kleinen Aushöhlungen zu
verfolgen und damit topografische Informationen zu erhalten. Die
Methode könnte ebenfalls dazu benutzt werden, um Materialfehler fest-
zustellen.
Das Verfahren befindet sich jedoch noch im Forschungsstadium.
Außerdem gilt es abzuklären, inwieweit ein tatsächlicher konkurrenz-
fähiger Mehrwert im Vergleich zu der Vielzahl an etablierten Methoden
zur Charakterisierung von Oberflächen entstehen kann.
18 TRN News, 4./11. Juni 2001 „Molecular shuttle gains light throttle“
potenzielle Anwendung: Oberflächenanalyse mit fluoreszierenden Motorproteinenen
58585858 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
6.1.26.1.26.1.26.1.2 RotationsmotorenRotationsmotorenRotationsmotorenRotationsmotoren
Der am besten untersuchte biologische Rotationsmotor ist die Protonen
transportierende F0-F1-ATP-Synthase (Kurzbezeichnung ATPase), die in
der Zellmembran für die Synthese von ATP sorgt. Nach dem gleichen
Prinzip sorgt durch Kopplung an eine Geißel (Flagella) die F0-F1-ATPase
für den Antrieb eines Bakteriums (ca. 12 000 Umdrehungen / min).
Dieser Rotationsmotor ist mit nur ca. 10 nm Breite das kleinste bekannte
Motorsystem und besteht aus zwei funktionellen Einheiten: der F0-
Einheit mit einem Protonenkanal, die hydrophobe Eigenschaften aufweist
und daher in die Membran integriert ist, und der katalytischen F1-ATPase
mit hydrophilen Eigenschaften, die in den Untereinheiten ATP hydroly-
sieren bzw. synthetisieren kann. Die F1-ATPase wiederum besteht aus
einem Ring von je drei alternierenden α- und β-Untereinheiten, zwischen
denen die katalytischen Zentren liegen. Den Verbindungsschaft
(Rotorstab) bilden die Polypeptide des F0-Teils und die γ, δ, ε-Unterein-
heiten des F1-Kopfes (siehe Abbildung 6.3). Die γ−Einheit ragt etwas
über den α/β-Ring hinaus und kann für technische Zwecke mit einem
Rotorblatt verbunden werden bzw. ist bei bestimmten Bakterien an eine
Geissel gekoppelt.
Wenn Protonen aufgrund eines transmembranen Protonengradienten
durch die F0-Einheit fließen, rotiert der Schaft der F1-ATPase im
Uhrzeigersinn und es wird in den katalytischen β-Zentren ATP
produziert. Dabei wird eine Geschwindigkeit von mehreren Tausend
Umdrehungen pro Minute und ein Drehmoment von ca. 80-100 pN
erzeugt, was im Vergleich zu anderen biomolekularen Motoren der
höchste Kraftübertrag ist [Noji et al. 1997]. Hydrolyse von ATP kehrt die
Drehrichtung der γ-Untereinheit um und pumpt Protonen auf die
Außenseite der Membran. Der Prozess ist also reversibel.
Einer japanischen Forschergruppe [Hiroyuki et al. 1997] gelang es,
diesen biologischen Motor zu modifizieren (durch Expression einer
Abbildung 6.3: F1-ATPase-Rotationsmotor
mit einem Ring aus alter-
nierenden α- und β-Einhei-
ten. Das Rotorblatt (ein
Actinfilament) ist am Schaft
(Rotationsachse, γ-Einheit)
befestigt.
Quelle: [Noji et al. 1997]
Biomolekulare Motoren und Aktoren 59595959
gentechnisch veränderten F1-ATPase eines thermophilen Bakteriums)
und die Rotation sichtbar zu machen, indem sie ein fluoreszierendes
Actinfilament als Rotorblatt (5 nm Durchmesser, 1 bis 4 µm Länge) über
eine Streptavidin-Biotin-Bindung angekoppelt haben (vgl. Abbildung
6.3). Inzwischen konnten die Details des Mechanismus noch weiter
aufgeklärt werden, indem die Bewegung einer Goldperle von 40 nm
Durchmesser, die an der Schaftspitze des γ-Teils befestigt war, mit der
„laser imaging“-Methode verfolgt wurde [Yasuda et al. 2001].
Wissenschaftler um C. Montemagno von der Universität Cornell konnten
sogar quasi das erste hybride Motorsystem auf der Nanoskala aus einem
biologischen Antrieb und anorganischen Komponenten generieren
[Soong et al. 2000]. Dazu wurde ein Propeller aus Nickelmetall, um ein
Vielfaches größer als der Motor selbst (750-1400 nm lang, 150 nm breit),
auf der Spitze der γ-Einheit angebracht (s. Abbildung 6.4). Mehrere F1-
ATPase-Motoren wurden auf 200 nm hohe Pfeiler mit einem Durch-
messer von ca. 50-120 nm postiert, die aus einem Substrat sukzessive mit
verschiedenen Techniken der Nanotechnologie (Elektronenstrahl-
Lithographie und Nanoimprint-Verfahren) heraus geformt und
abschließend mit einer Nickelkappe versehen wurden [Bachand et al.
2000]. [g6]Die Verbindung der Metalloberflächen und der biomolekularen
Teile des Systems erfolgte mit Biotin-Streptavidin-Verknüpfungen. In
einer Lösung aus ATP liefen von 400 solcher Rotoren auf einem
gemeinsamen Substrat zumindest fünf kontinuierlich und störungsfrei
gegen den Uhrzeigersinn, während die übrigen teilweise wieder zerfielen
Abbildung: 6.4 F1-ATPase-Rotoren (B) mit
Rotorblättern aus Nickel
auf Mikrometer großen
Pfosten befestigt (A, D).
Ausschnitt C zeigt, dass
sich einige Rotoren
bewegen.
Quelle: C. Montemagno,
Cornell Univ.;
http://falcon.aben.cornell.
edu/
Biomolekulares Hybridsystem: F1-ATPase-Motor mit metallischem Rotorblatt
60606060 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
bzw. sich nicht montieren ließen. Die Aufhängungspunkte der
Rotorblätter lagen dabei zwischen ¼ und 1/3 der Gesamtlänge des Rotors,
wobei es keine bevorzugte Stelle zu geben schien. Die Drehgeschwin-
digkeit betrug ca. 8 Umdrehungen pro Sekunde für die 750 nm langen
Rotoren (ca. 1 Umdrehung/s bei 1400 nm Länge).
Für die unmittelbare Energieversorgung eines F0-F1-ATPase-Motors
bietet sich die Kombination mit einem Bakteriorhodopsin an. Wie bereits
in Abschnitt 5.1.2 beschrieben wurde, ist der Einbau von Bakterio-
rhodopsin und der F1-ATP-Synthase in ein Liposom möglich, so dass
dieses durch Umwandlung von Licht in chemische Energie ATP
bereitstellen kann, mit dem dann wiederum z.B. ein anderer F1-ATPase-
Motor angetrieben wird (vgl. Umschlagillustration).
Als Schalter für den Motor wurden bislang nur wenige Möglichkeiten
gefunden. In der Montemagno-Arbeitsgruppe wird zu diesem Zweck mit
einer Zink-Verbindung gearbeitet, die wie eine Art Knüppel wirkt, den
man in Radspeichen wirft. Als weitere Alternative bietet sich die oben
dargestellte Variante mit „eingesperrten“ ATP-Molekülen an, die sich in
abgewandelter Form auch auf Rotationsmotoren anwenden lassen sollte.
Eine andere Möglichkeit, die Rotation durch ein externes Signal zu
beeinflussen, haben Forscher aus Japan bei einem künstlich erzeugten F1-
ATPase-Komplex entdeckt, der durch die Wahl der Umgebungsbeding-
ungen (oxidierend oder reduzierend) "schaltbar" ist. Dazu wurden
bestimmte Segmente der Rotorachse einer redox-sensitiven Chloroplast-
F1-ATPase in eine bakterielle F1-ATPase integriert. Der eigentliche
Schalter ist eine Disulfidbrücke, die die Rotation teilweise blockiert, so
dass das Enzym im oxidierten Zustand etwa dreimal weniger aktiv ist als
im reduzierten Zustand [Bald et al. 2000]. Dadurch verlief unter
oxidierenden Bedingungen (Kupferdichlorid) die Rotation mit häufigen,
abrupten und typischerweise mehrminütigen Unterbrechungen. Bei der
reduzierten Form (Reduktionsmittel ist Thioredoxin-f) wurde die Rota-
tion hingegen nur einige Male von sehr kurzen Pausen unterbrochen,
vermutlich aufgrund der sogenannten ADP-Inhibition, die jedoch leicht
überwunden werden kann [Bald et al. 2001].
Der „Schaltvorgang“, der eigentlich besser als noch relativ unspezifische
Beeinflussung bezeichnet werden sollte, verläuft auf einer Zeitskala von
5- 10 min.
Steuerungs-möglichkeiten
Biomolekulare Motoren und Aktoren 61616161
6.26.26.26.2 BiomolBiomolBiomolBiomolekulare Aktuatoren und Schalterekulare Aktuatoren und Schalterekulare Aktuatoren und Schalterekulare Aktuatoren und Schalter
Das technologische Potenzial "intelligenter" mechanisch aktiver Proteine,
die auf äußere Reize reagieren, wird seit langer Zeit diskutiert [Kuhn
1949, Kuhn 1951]. In Japan wurden mit künstlichen Proteinen, die eine
chemisch betrachtet einfache Struktur haben, respektable Teilerfolge
erzielt (allerdings sind die Moleküle für technische Anforderungen wenig
geeignet) [Osada et al. 1992, Osada 1995].
Im folgenden wird an dem Beispiel des kristalloiden P-Proteins ein
Protein-Aktuator für Mikrofluidik-Anwendungen gezeigt. Außerdem
werden zwei Beispiele für Molekül-spezifisch steuerbare Schalter aus
DNS-Konstruktionen dargestellt.
6.2.16.2.16.2.16.2.1 ProteinProteinProteinProtein----AktuatorAktuatorAktuatorAktuator
In den röhrenförmigen Siebzellen mancher Pflanzen steuert das kristallin
vorliegende P-Protein als Ventilklappe den Durchfluss verschiedener
Zellsäfte, indem es durch Aufnahme von Calciumionen eine reversible
Konformationänderung durchläuft [Knoblauch et al. 1998]. In der Zelle
regeln Calciumionenpumpen (Ca2+-ATP-Synthasen) diesen Prozess.
Die nanoskalige Strukturänderung des Proteins bewirkt zugleich eine
mikroskopisch sichtbare Veränderung des Kristalls. Die damit ver-
bundene Funktion des P-Proteins als eine Art Absperrhahn wäre auch für
mikrofluidische Systeme von Interesse. Die besondere Langlebigkeit
zeichnet dieses Biomolekül gegenüber anderen künstlichen und
natürlichen Proteinen aus. Es ist als langzeitaktiver Bestandteil der Zelle
angelegt und übersteht dort mindestens einen Halbjahreszyklus mit
entsprechenden Temperaturschwankungen.
Der Arbeitsgruppe um A. van Bel an der Universität Gießen ist es
gelungen, Kristalle des Proteins z.B. an Verengungsstellen von dünn
ausgezogenen Glaskapillaren einzusetzen. Die Proteinkristalle lassen sich
als Ventilklappen in Abhängigkeit von chemischen und elektrischen
Steuersignalen schalten. Dies geschieht chemisch durch Zugabe von
Calciumionen (schließen) bzw. mit EDTA als starkes Komplexierungs-
mittel, um die Ionen wieder aus dem Protein zu entfernen (öffnen). Dabei
reagiert das Protein äusserst sensibel, selbst auf geringste Ca-
Konzentrationen oder auch auf andere zweiwertige Kationen (z.B.
Strontium). Für eine externe Steuerung muß die Kapillare allerdings für
die Ionen durchlässig sein.
Alternativ kann die Steuerung auch über den pH-Wert erfolgen, wobei
eher eine Art Quellungsmechanismus, der jedoch den gleichen Effekt
hat, die Änderungen in dem P-Protein bewirkt. Zur Zeit wird an einer
natürlicher Aktuator: kristalloides P-Protein
62626262 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
elektrisch steuerbaren Änderung des pH-Wertes und damit einer externen
Kontrolle gearbeitet.
Neben einer Anwendung als Mikrofluidik-Ventil, das sich in Abhängig-
keit von der Ionenkonzentrationen schließen kann (z.B. für Dialysesys-
teme) kann die Strukturänderung des Proteins auch als Aktuator
eingesetzt werden. Dieser Effekt lässt sich an dem Transport kleiner
Härchen durch P-Proteine demonstrieren und unter dem Mikroskop
beobachten.
Darüber hinaus bewirkt die hohe Sensitivität auf Calcium- oder
Strontiumionen eine registrierbare Veränderung, die für die Entwicklung
entsprechender Ionensensoren genutzt werden kann.
Einer Forschergruppe um B. Yurke von den Lucent Technologies Bell
Labs gelang es in Zusammenarbeit mit dem Physics Dept. der Universität
Oxford, aus drei künstlichen DNS-Strängen molekulare "Pinzetten" zu
konstruieren, die mit einem weiteren DNS-Strang quasi als eine Art
"Treibstoff" geöffnet und geschlossen werden können [Yurke et al.
2000]. Die Pinzette wird aus mehreren in bestimmten Bereichen
hybridisierten DNS-Strängen gebildet. Ein DNS-Molekül, das in der
Mitte nicht hybridisiert ist, dient quasi als Scharnier. Zwei weitere DNS-
Molekülen sind zu den beiden freien Schenkeln des ersten Moleküls
komplementär und bilden stabile Doppelhelices mit diesen. Dabei ragen
an beiden Armen freie DNS-Abschnitte über die Enden hinaus. Es
entsteht eine in der Mitte flexible V-förmige Struktur. Durch Hinzufügen
eines weiteren DNS-Moleküls (A), welches zu den freien Enden
komplementär ist, lässt sich die Pinzette schließen (vgl. Abbildung 6.4).
Man kann dies auch als Schaltvorgang betrachten.
Mit Hilfe von Fluoreszenzmarkern an den beiden Enden der "Pinzette"
kann man verfolgen, ob sie geöffnet oder geschlossen ist, da sich die
Intensität der Fluoreszenz in Abhängigkeit des Abstands der beiden
Fluoreszenzgruppen zu einander stark ändert. Das Öffnen funktioniert
mit Hilfe eines weiteren DNS-Strangs (B), der den Strang (A) durch
Hybrisidierung, beginnend an den freien Enden von (A), wieder ablöst.
Der so gebildete DNS-Doppelstrang zwischen (A) und (B) stellt das
Abfallprodukt des Prozesses dar.
Der entscheidende Vorteil, den diese DNS-Maschinen bieten, ist die
Selektivität, mit der einzelne Pinzetten angesprochen werden können,
weil sie nur auf die passenden "Treibstoff"-Moleküle reagieren. Obwohl
bislang nur Experimente durchgeführt wurden, die zeigen, dass das
Prinzip funktioniert, kann man sich als Fernvision vorstellen, dass
Abbildung 6.4: Molekulare DNS-Pinzette.
a) offen, b) Zugabe
komplementärer
Verbindungs-DNS, c)
geschlosen
Quelle: Bell Labs;
http://www.bell-
labs.com/project/feature/
archives/dna/
Biomolekulare Motoren und Aktoren 63636363
komplexe Gerüststrukturen, deren Schalter selektiv ansteuerbar sind, in
Zukunft als molekulare Konstruktions- und Positionierungssysteme zum
Einsatz kommen können. Hierfür ist es sicherlich auch von Vorteil, dass
in der Regel keine starken chemischen Bindungen eingegangen werden
müssen, die nach einer Positionierung schwierig wieder selektiv zu lösen
wären.
Eine andere Art biomechanischen "Schalter" hat N. Seeman aus mit
einander verflochtenen DNS-Molekülen konstruiert (DX- oder double-
crossover-Moleküle). Das Schaltelement besteht aus zwei starren Armen,
die über einen nicht verflochtenen Doppelhelix-Abschnitt miteinander
verbunden sind (siehe Abbildung 6.5). Diese bildet quasi ein Scharnier,
das durch Zugabe von positiv geladenen Kobaltionen von der rechts-
gängigen Helixform (B-DNS) in die linksgängige (Z-DNS) überführt
wird. Durch die Konformationsänderung kommen die Arme einmal auf
der gleichen Seite des Moleküls zu liegen und einmal auf entgegen-
gesetzten Seiten. Diese Lageänderung lässt sich durch Fluoreszenzmarker
verfolgen.
In Kombination mit der Methode von B. Yurke (s.o.) konnte Seeman
inzwischen auch eine modifizierte Variante seiner Schalterkonstruktion
aus verflochtenen DNS-Molekülen erzeugen, die sich durch Zugabe
individueller DNS-Stränge ebenfalls zwischen rechts- und linksgängiger
Helixform gezielt hin- und herschalten lässt [Yan et al. 2002].
Der Vorteil der beiden Verfahren von Yurke und Seeman ist die
Selektivität auf molekularem Niveau. Wünschenswert wäre zudem ein
anderer Steuermechanismus, z.B. durch Licht wie bei photochemisch
schaltbaren Azo-Gruppen in supramolekularen Verbindungen [Vögtle
1992], anstelle der Zugabe eines Reagenz (hier: eine Steuer-DNS oder
Ionen).
Abbildung 6.5: Nanomechanischer B-Z-
Schalter aus verflochtenen
DNS-Molekülen. Zwei
Stellungen der mitteleren
DNS-Abschnitte:
a) rechtsgängige Helix
(B-DNS),
b) linksgängige Helix
(Z-DNS)
Quelle: N. Seeman, Univ.
New York;
http://seemanlab4.chem.ny
u.edu/homepage.html
64646464 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
6.36.36.36.3 Zusammenfassende BewertungZusammenfassende BewertungZusammenfassende BewertungZusammenfassende Bewertung
Die Bewertung der biomolekularen Motor- und Aktuatorsysteme erfolgt
getrennt.
6.3.16.3.16.3.16.3.1 Biomolekulare MotorenBiomolekulare MotorenBiomolekulare MotorenBiomolekulare Motoren
Nanoskalige Motorsysteme mit Transport und Antriebsfunktionen sind
insbesondere
•= Linearmotoren aus einem Motorprotein (z.B. Kinesin oder Myosin)
und einem Schienensystem (Filamente aus Actin oder Mikrotubuli)
•= Rotationsmotoren aus einem zweiteiligen funktionellen Protein-
komplex (F0-F1-ATP-Synthase), der gleichzeitig als Protonenpumpe
arbeitet.
Während die Ziele der Grundlagenforscher (Bewegungs- und Transport-
kontrolle) relativ klar umrissen sind, erscheinen die Anwendungs-
perspektiven eher schemenhaft und auf Teilaspekte beschränkt. Obwohl
die Formulierung konkreter Anwendungsvisionen möglich ist, wird
oftmals gar nicht thematisiert, was transportiert bzw. zu welchem Zweck
etwas angetrieben werden soll.
Im Hinblick auf mögliche Industriebeteiligung in Forschungsprojekten ist
unbedingt eine Konkretisierung von Anwendungszielen und Realisier-
ungswegen nötig.
Der nachfolgende Überblick listet deshalb auf der Hand liegende und
teilweise oben dargestellte Einsatzmöglichkeiten auf, die sich auf ein
konkretes anwendungsbezogenes Forschungsvorhaben zuspitzen lassen:
•= gerichteter Transport, z.B. von gefüllten Vesikeln, molekularen
Bauteilen, Wirkstoffen. Transportaufgaben im Bereich der Nano- und
Mikrofluidik
•= (rotierende) Verteilungs- und Sortieranlagen für molekulare Fabriken
•= molekulare Maschinen zur Reaktionskontrolle
•= nanomechanische Pumpen und Ventile
•= Antrieb mit molekularen Rotationsmotoren
•= Nanoskalige mobile Erkennungssysteme
Nicht zuletzt durch einen Vergleich mit biologischen Transport-
mechanismen auf verschiedenen Längenskalen im zellulären Bereich
(druckgetriebene Fluidik in Gefäßen für große Strecken – aktiver
Transport mit Linearmotorproteinen auf der Mesoskala, z.B. bei der
Forschungsziele: technische Anwendungen
Biomolekulare Motoren und Aktoren 65656565
Zellteilung – diffusionskontrollierte Selbstorganisation für kleinste
Distanzen) kann man auf Anwendungsbereiche für künstlichen,
molekularen Transport schließen.
Eine konkrete Anwendung könnte der gerichtete Transport winzigster
Stoffmengen oder (makromolekularer) Baueinheiten in lab-on-a-chip-
Systemen sein. Schließlich wird auch in feinsten Nervenenden der
Transport mit Hilfe gefüllter Vesikel bewerkstelligt, welche gekoppelt an
Motorproteine an Filamentproteinen entlang wandern. Eine Doppellipid-
schicht-Kapsel als Transportmittel analog zu Vesikeln wäre denkbar, um
den Stofftransport in Submikrometer breiten und geeignet beschichteten
Kanälen oder entlang Mikrotubuli-Schienen durchzuführen.
Vorstellbar ist auch, dass Linearmotoren als Aktuatoren für winzig kleine
Pumpen oder Ventile in mikrofluidischen Lab-on-a-chip-Systemen
eingesetzt werden könnten. Es gibt Überlegungen, beispielsweise einen
Kolben in einem winzigen Plastik- oder Silizium-Zylinder mit einem
ATP-getriebenen Kinesin-Motor zu versehen, indem die Innenseite des
Zylinders mit Mikrotubuli bedeckt und der Kolben mit Kinesin be-
schichtet wird. Es ist jedoch sehr fraglich, ob derartige Systeme, falls sie
realisiert werden, mit schnell reagierender und weiter entwickelter
Mikro- und Nanotechnik überhaupt konkurrieren könnten.
Ein zentrales Problem für alle potenziellen Anwendungen mit
biologischen Motoren stellt die Kontrolle über die Bewegung dar.
Für eine technische Anwendung z.B. als steuerbares Transportsystem
muss zunächst ein hinreichend schnell reagierender Schaltmechanismus
zum Einschalten des Motors, für die Kontrolle der Bewegungsrichtung
und der Geschwindigkeit gegeben sein. Außerdem muss das Transportgut
an definierten Punkten aufgenommen und abgeladen werden können.
Diese Kriterien werden bislang jedoch nur ansatzweise erfüllt und sind
Gegenstand aktueller Forschung. Es besteht noch ein hoher
Forschungsbedarf auf der Grundlagenseite.
Ähnliche Kontrollprobleme gibt es auch bei dem Rotationsmotor F0-F1-
ATPase. Obwohl es gelungen ist, nanostrukturierte Rotorblätter aus
Nickel mit solchen Miniaturmotoren anzutreiben, fehlt noch die
Kontrolle über Start und Ende der Bewegung. Bei den Experimenten von
C. Montemagno (s.o.) waren wegen mangelnder Befestigung der
Rotorblätter außerdem nur wenige Prozent der Motoren operabel. Selbst
die Positionierung der Rotorblätter war nicht exakt. Auch für dieses
System ist deshalb noch ein hoher, möglichst an Anwendungen
orientierter Forschungsbedarf auszumachen.
Forschungsbedarf: Steuerungs-möglichkeiten für Biomotoren
66666666 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
Die Steuerungsproblematik wird in dem am Ende des Abschnitts 6.1.1
dargestellten Beispiel zur Oberflächenanalyse auf geschickte Weise
umgangen, indem die statistische, regellose Bewegung fluoreszenzmar-
kierter Mikrotubuli auf Kinesin beschichteten Oberflächen zur
Materialprüfung ausgenutzt wird. Der Vorteil der Methode liegt darin,
dass mit verhältnismäßig einfachen Mitteln (fluoreszenzmarkierte
Biomoleküle und Mikroskop) Informationen über die Materialeigen-
schaften auf der Nanoskala erhalten werden können. Hier könnte bereits
kurz- oder mittelfristig eine technische Anwendung für biomolekulare
Motoren entstehen, falls die neue Methode zur Oberflächencharakteri-
sierung gegenüber bereits etablierten Verfahren in entsprechenden, noch
durchzuführenden Tests entscheidende Vorteile zeigt.
Ein weiteres entscheidendes Kriterium ist die Frage der Haltbarkeit und
Stabilität unter den gegebenen Bedingungen.
Vor allem die Anfälligkeit von Motorproteinen gegenüber photo-
aktiviertem Luftsauerstoff und Spuren von Zersetzungsenzymen, welche
zu einer allmählichen Zerstörung des Motorsystems führen, dürfte für die
Umsetzung in technische Produkte, die nicht nur für kurze Zeiträume
oder/und einen Einzelvorgang beständig sein müssen, ein großes Problem
darstellen.
Die Motorproteine sind auf Wasser und relativ milde äußere
Bedingungen angewiesen (etwa unterhalb 60-80°C). Abhilfe könnten
möglicherweise wärmebeständigere Proteine bieten, die durch Gen-
Expression in extremophilen Bakterien erzeugt werden könnten. Ein
Organismus ersetzt normalerweise kontinuierlich biologisches Material,
um die Zerstörung durch die Umgebungsbedingungen und den
biologischen Zerfall auszugleichen. Daher müssten auch nanobiotechno-
logische Systeme auf Proteinbasis nach einer gewissen Zeit ausge-
wechselt werden. Eine Vision als Alternative zur Verbesserung der
Haltbarkeit von Proteinen wäre es also, die Selbstreplikations- bzw.
Selbstreparaturfähigkeit von biologischen Organismen in die Systeme zu
integrieren. Solche biologischen Prinzipien technisch handhabbar zu
machen, wäre ohnehin für viele technischen Systeme von größtem
Interesse, jedoch bislang noch nicht mal ansatzweise umgesetzt und
deshalb auch nicht in dieser Technologieanalyse näher darstellbar (sie
würden in den Bereich der Selbstorganisation fallen, vgl. Kap. 2).
Biomolekulare Motoren und Aktoren 67676767
Nicht nur biologische Nanomotoren und –maschinen werden derzeit
erforscht19, sondern u.a. auch eine Vielzahl funktioneller supramole-
kularer Systeme [Balzani et al. 2000]. Sie sind in der Regel leichter
ansteuerbar, z.B. weil gezielt photoaktive Gruppen in die Moleküle
eingeführt werden können, um die Maschinen mit Lasern einzuschalten.
Auch in punkto (thermische) Stabilität sind synthetische Moleküle eher
im Vorteil, so dass die nanobiotechnologischen Forschungsanstrengungen
stets im interdisziplinären Sinne die Entwicklungen innerhalb der
Nachbardiszplinen verfolgen und ggf. miteinbeziehen sollten.
6.3.26.3.26.3.26.3.2 Biomolekulare Aktuatoren und SBiomolekulare Aktuatoren und SBiomolekulare Aktuatoren und SBiomolekulare Aktuatoren und Schalterchalterchalterchalter
Bei den in Kapitel 6.2 vorgestellten Anwendungen stehen zwei
unterschiedliche Systeme im Vordergrund:
•= Aktuatorprotein als Mikroventilklappe
•= individuell ansteuerbare DNS-Molekularschalter
Für die Mikrofluidik sind steuerbare Mikroventilklappen wie das in
Kristallform vorliegende P-Protein interessant. Die Steuerung erfolgt bei
diesem Aktuatorprotein über ein nanoskaliges Bindungsereignis, das eine
über die Nanoskala hinauswirkende Änderung der Kristallstruktur zur
Folge hat. Es ist also auch in der Lage, quasi als Interface zwischen
Nano- und Mikrokosmos zu operieren. Im Vergleich zu anderen
Biomolekülen zeichnet es sich vor allem durch zwei Eigenschaften aus:
•= lange Haltbarkeit (in der Pflanze mindestens ein Halbjahreszyklus)
•= leichtere und schnellere Schaltbarkeit: statt ATP als Energielieferant
können Calciumionen bzw. Komplexierungsmittel oder alternativ
pH-Wertänderung eingesetzt werden
Anwendungsmöglichkeiten, die derzeit erforscht werden, sind
Mikroaktuatoren, Mikroventilklappen sowie selektive Calcium- und
Strontium-Sensoren für kleinste Ionenkonzentrationen. Während
Ventilklappen im Bereich der Mikrofluidik starke Konkurrenz durch
mikro- und nanotechnologische Steuersysteme erfahren werden, dort aber
einen relativ breiten Einsatzbereich hätten, sind für spezielle Calcium-
oder Strontium-Sensoren eher Nischenanwendungen denkbar.
19 Vgl. z.B. Workshop "Molecular Motors", DECHEMA, Frankfurt (19.-20.11.2001)
68686868 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
Auch individuell steuerbare Aktuatoren aus DNS-Molekülen könnten
langfristig in nanomechanischen Elementen Anwendung finden. Im
Bereich der Nano- und Mikroreaktionstechnik ist z.B. der Einsatz mole-
kularer Pinzetten als flexible Klammern denkbar, um nanoskalige
Objekte (biologischer oder nicht-biologischer Natur) in einer definierten
Orientierung auf einem Substrat zu fixieren.
Informations- und Kommunikationstechnologie 69696969
7.7.7.7. ANWENDUNGSBEREICHANWENDUNGSBEREICHANWENDUNGSBEREICHANWENDUNGSBEREICHE IN DER E IN DER E IN DER E IN DER INFORMATIONINFORMATIONINFORMATIONINFORMATIONSSSS---- UND UND UND UND KOMMUNIKATIONSTECHNOKOMMUNIKATIONSTECHNOKOMMUNIKATIONSTECHNOKOMMUNIKATIONSTECHNOLOGIELOGIELOGIELOGIE
Die herkömmliche CMOS-Technologie20 für Silizium-basierte
Computerchips wird in absehbarer Zeit an ihre physikalischen Grenzen
der Miniaturisierung und Leistungsfähigkeit stoßen21, auch wenn z.B. die
angestrebte Weiterentwicklung der Chip-Produktion auf Basis der
sogenannten EUV-Lithografie Strukturen in Aussicht stellt, deren Größe
deutlich unter 100nm liegt [Meindl/Chen/Davis 2001]. Insbesondere die
elektronischen Eigenschaften der immer kleiner werdenden Strukturen
selbst (im Hinblick auf die materialspezifischen Eigenschaften wie
Leitfähigkeit und Isolierbarkeit) werden die Miniaturisierung der
konventionellen Chip-Technologie letztlich in ihre physikalischen
Schranken verweisen. Darüber hinaus steigen der Produktionsaufwand
und die Kosten mit zunehmender Verringerung der Strukturgrößen (z.B.
durch Verwendung von EUV-Licht mit entsprechenden Optiken etc.)
stark an. Will man diese Probleme lösen, muss ein Weg zu billigeren und
noch besser auflösenden Lithografieverfahren gefunden werden oder
bzw. und langfristig ein Paradigmenwechsel angestrebt werden, z.B. hin
zu einer "Molekularelektronik" sowie zu neuartigen, räumlich vernetzten
Computerarchitekturen, auch unter Einbeziehung mehrwertiger Logiken
[Normile 2001].
Die Nanobiotechnologie könnte hierzu in mehreren Teilbereichen
Beiträge leisten:
•= Hilfsmittel für den Aufbau einer molekularen Architektur, die selbst
nicht aus biologischen Molekülen bestehen muss (sondern
beispielsweise auf Kohlenstoff-Nanoröhren basieren kann).
•= funktionelle Biomoleküle für bioelektronische Bauelemente.
•= Datenspeicherung mit Biomolekülen.
•= DNS-Moleküle für parallele Rechenoperationen.
•= Integration neuronaler Informationsverarbeitung in künstliche
Systeme.
In den folgenden Abschnitten werden diese Punkte diskutiert und an
charakteristischen Beispielen der aktuelle Stand der Forschung
aufgezeigt. Im Anschluss daran findet jeweils eine Bewertung des damit
20 CMOS = complementary metal-oxide semiconductor 21 "Technology Roadmap for Nanoelectronics", ed. R. Compano, European Commision, 2000
70707070 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
verbundenen Potentials statt, um die Rolle der Nanobiotechnologie für
zukünftige Entwicklungen im IuK-Bereich klarer herauszustellen.
7.17.17.17.1 Biologische Moleküle zur Herstellung Biologische Moleküle zur Herstellung Biologische Moleküle zur Herstellung Biologische Moleküle zur Herstellung molekularer Elektronikarchitekturenmolekularer Elektronikarchitekturenmolekularer Elektronikarchitekturenmolekularer Elektronikarchitekturen
Mit einem Verkleinerungsgrad der elektronischen Bauelemente auf
molekulare Größen wären z.B. hochdichte Speicher und extrem
leistungsfähige Rechnersysteme möglich. Bisher lassen sich einzelne
Labormuster von Bauteilen wie Transistoren und Dioden für
grundlegende Funktionen eines Speichers bzw. Prozessors z.B. aus
Kohlenstoff-Nanoröhren konstruieren. So konnte bereits ein Einzel-
elektronentransistor mit Hilfe von definiert geknickten Kohlen-
stoffnanoröhren realisiert werden [Postma et al. 2001]. Den Arbeits-
gruppen von C. Dekker (TU Delft) und C.M. Lieber (Harvard University)
ist es auch gelungen, einfache funktionsfähige Schaltkreise aus Nano-
röhren zu konstruieren [Bachtold et al. 2001, Huang et al. 2001].
Auch Quantenpunkte aus Halbleiter-Nanopartikeln könnten ebenso wie
gezielt designte organische Moleküle (mit Halbleiter-Charakteristik bzw.
definierten Tunneleigenschaften) für die Realisierung von nanoskaligen
Computerbauteilen eine wichtige Rolle spielen.
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse der Grundlagenforschung gibt
es noch einige zentrale Problemstellungen für die ein großer Beitrag
seitens der Nanobiotechnologie wünschenswert wäre:
Neben der gezielten Positionierung der Bauteile ist der Aufbau eines
komplexen Netzwerks von miteinander verknüpften molekularen
Schaltelementen das Hauptproblem. Obwohl mit Hilfe eines
Rasterkraftmikroskops die Kontrolle einzelner Moleküle gelingt,
erscheint es aufgrund dessen geringer Arbeitsgeschwindigkeit aussichts-
los, das gesamte Produktionsverfahren für einen Chip einschließlich der
Verdrahtung damit zu bewältigen. Die Nutzung von Selbstorganisations-
prozessen zum Aufbau molekularer Elektronikarchitekturen, wäre
deshalb ein sehr wichtiger Beitrag der Nanobiotechnologie, der gerade
für die Probleme des schnellen Zusammenbaus und der gezielten
Verdrahtung neue Möglichkeiten eröffnet (siehe auch Kapitel 2). Des
weiteren könnten funktionelle Bioeinheiten als molekulare Werkzeuge
auch bei der Positionierung von Bauteilen Verwendung finden (vgl.
Abschnitt 6.2.2).
Informations- und Kommunikationstechnologie 71717171
7.1.17.1.17.1.17.1.1 Selbstorganisation für molekulare Selbstorganisation für molekulare Selbstorganisation für molekulare Selbstorganisation für molekulare ElektronikarchitekturenElektronikarchitekturenElektronikarchitekturenElektronikarchitekturen
Für eine zukünftige Molekularelektronik, die aus einzelnen, molekularen
Komponenten wie Drähten und Schaltelementen zusammengesetzt wäre,
stellen nanobiotechnologische, kontrollierbare Selbstorganisations-
prozesse eine ideale Basis als effiziente Konstruktionshilfe dar. Die
grundlegenden Verfahren der Selbstorganisation wurden bereits in
Kapitel 2.2 dargestellt.
Die Herstellung elektronisch ansteuerbarer Strukturen auf einem
Halbleiterchip wird auch von der Industrie mit großem Interesse verfolgt.
In diesem Zusammenhang sollen zwei EU-Projekte aus dem 5.
Rahmenprogramm kurz vorgestellt werden, an denen zwei große
Industrieunternehmen (Motorola bzw. Sony) beteiligt sind.
Im EU-Projekt "DNA based electronics"22 wird u.a. an der Entwicklung
von Methoden, die eine spezifizierbare Anordnung von Kohlenstoff-
Nanoröhren mit Hilfe von DNS-Markern erlaubt, gearbeitet. Dazu
werden zunächst kovalente Verknüpfungen von Nanoröhren mit DNS-
Strängen hergestellt, welche dann zur selektiven Bindung an komplemen-
täre DNS-Moleküle (quasi Ankerstellen für die Nanoröhren) dienen, die
auf einem Substrat (z.B. auf einem Halbleiterchips) fixiert sind.
Die Fixierung einzelner Nanoröhren mit DNS-Markern stellt einen
wichtigen Schritt auf dem Weg zur Nutzung von Selbstorganisations-
prozessen beim Aufbau komplexerer Chipstrukturen dar.
In dem in Abschnitt 2.2.3.1 bereits angesprochenen EU-Projekt
"BIOAND"23 sollen drei stufenweise aufeinander aufbauende Demon-
stratoren von kontaktierten Metall- bzw. Halbleiter-Nanoclustern
konstruiert werden (s. Abbildung 7.1):: zunächst die einfache
Kontaktierung eines einzelnen (a) Nanopartikels als funktioneller Einheit,
dann zweier benachbarter, mit einander verbundener Cluster auf einem
Siliziumsubstrat (b) und schließlich die Konstruktion eines Arrays von
kontaktierten Nanopartikeln auf quasi vorprogrammierten Plätzen, die
auf einem S-Schichtsubstrat positioniert sind (c). Die Kontaktierung
22 Beteiligte Partner: TU Delft (NL), Motorola S.A. – Prais (F), TU München (D), Universität Basel (CH), Technion-Israel Institute of Technology – Haifa (IL). Projektleitung: TU Delft, Projektkoordinator: Prof. C. Dekker 23 Beteiligte Partner: Sony International Europe GmbH– Stuttgart (D), Universität Hamburg (D), Consejo Superior de Investigaciones Cientificas – Barcelona (E), National University of Ireland – Dublin (IR), National Microelectronics Research Centre – Cork (IR), Zentrum für Ultrastrukturforschung – Wien (AU). Projektleitung: Sony International Europe GbmH, Hamburg; Koordinator: Dr. Jurina Wessels
a)
c)
b)
Abbildung 7.1: Zum BIOAND-Projekt.
Drei aufeinander
aufbauende Demonstratoren
(a), (b), (c)
(s. Text)
Quelle: EU-Projektbeschreibung;
http://www.boku.ac.at/zuf/
bioand.htm
(b)
(c)
(a)
72727272 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
erfolgt über DNS-Stränge, die durch Hybridisierung mit einander
verbunden und anschließend metallisiert werden.
Im Rahmen dieses Projektes ist es gelungen, an den DNS-Molekülen
metallische Nanopartikel aus einer Lösung abzuscheiden, so dass der
resultierende Draht mit einem äußerst geringen Durchmesser gute
elektrische Eigenschaften aufwies.24
Die verschiedenen Anordnungen auf den Demonstratoren sollen Einzel-
elektronenübergänge bzw. resonante Tunnelcharakteristiken aufweisen.
7.27.27.27.2 Bioelektronische BauteileBioelektronische BauteileBioelektronische BauteileBioelektronische Bauteile
Neben der Anwendung molekularer biologischer Komponenten als Kon-
struktionshilfe wird auch die unmittelbare Verwendung funktioneller
Biomoleküle als elektronische oder optoelektronische Bauelemente in der
Molekularelektronik angestrebt.
Das wohl einfachste Bauelement, ein elektrisch leitender Draht, lässt sich
beispielsweise auf Basis metallisierter biologischer Moleküle wie DNS
und Mikrotubuli realisieren. Außerdem wird daran geforscht, ob DNS-
Moleküle selbst als elektrische Leiter benutzt werden können.
Jedoch konzentriert sich die Entwicklung von molekularen Elektronik-
bausteinen wie Drähte, Dioden und Transistoren nicht in erster Linie auf
biologische Verbindungen. Nach wie vor spielen anorganische Halbleiter
aber auch organische Verbindungen (z.B. trans-Polyacetylen, Poly-
diacetylen, Kohlenstoffnanoröhren oder Dithiol-Benzen-Derivate) die
weitaus größere Rolle. Hierbei sind insbesondere die Fortschritte bei den
leitfähigen Polymeren und den Kohlenstoffnanoröhren ermutigend. Über
deren chemische Bindungseigenschaften kann dann schließlich wieder
die Brücke zur Integration biologischer Moleküle geschlagen werden.
Im folgenden werden einige Beispiel für Biomoleküle dargestellt, die in
Zukunft eine Rolle für die Molekularelektronik spielen könnten, allen
voran die bereits angesprochenen Nanodrähte aus biologischen
Molekülen wie DNS. Photoelektrische Systeme werden im Abschnitt
7.2.2 vorgestellt. Im Anschluss daran folgt eine kurze Darstellung von
Forschungsanstrengungen, die auf biomolekulare Transistoren
ausgerichtet sind.
24 J. Wessels bei Fachgespräch Molekularelektronik, VDI-Technologiezentrum, Düsseldorf (26.09.2001), vgl. [Hoffknecht/Hoffschulz 2001]
Informations- und Kommunikationstechnologie 73737373
7.2.17.2.17.2.17.2.1 DNSDNSDNSDNS----Moleküle als NanodrähteMoleküle als NanodrähteMoleküle als NanodrähteMoleküle als Nanodrähte
Zur Verdrahtung elektronischer Bauteile auf der Nanoskala werden im
Bereich der Biomoleküle vor allem DNS-Stränge in Augenschein
genommen. Neben der relativ guten Handhabbarkeit und Stabilität liegt
der Vorteil der Nutzung von DNS-Ketten wiederum in der Fähigkeit,
komplementäre Bindungspartner zu erkennen, so dass molekulare
Verbindungen gezielt an vordefinierten Bindungspositionen angebracht
werden können.
7.2.1.1 Leitfähigkeit von DNS-Molekülen
Die elektrische Leitfähigkeit von DNS-Oligomeren ist derzeit noch nicht
vollständig geklärt, wenngleich es nach langen Kontroversen in einigen
Punkten Konsens gibt [Dekker/Ratner 2001]:
Das Rückgrat der Doppelhelixstruktur besitzt negativ geladene
Phosphatgruppen, die üblicherweise von positiven Gegenionen umgeben
sind. Im Inneren der Doppelhelix sind Basenpaare gestapelt, deren
Elektronenorbitale entlang der Helix teilweise überlappen und so
elektronischen Transport ermöglichen sollten.
Nach neueren Arbeiten scheinen zwei Transportmechanismen an der
Leitung des elektrischen Stroms entlang des Basenstapels beteiligt zu
sein: Zum einen tunneln Elektronen relativ schnell über eine kurze
Distanz von höchstens fünf Basenpaaren [Harriman 1999]. Der zweite
Mechanismus kann als "thermisches Hüpfen" der Elektronen bezeichnet
werden, vergleichbar mit einer Diffusion, bei der die Elektronen bzw.
Elektronenlöcher auf einem Basenpaar lokalisiert sind. Beide
Mechanismen wurden experimentell bestätigt [Giese et al. 1999].
Der Ladungstransport über weite Strecken sollte also durch eine Serie
kurzer Transporte erfolgen, wobei dem "thermischen Hüpfen" die
dominante Rolle zugesprochen wird.
Eine Untersuchung der Leitfähigkeit von DNS in der Gruppe von C.
Dekker konnte jedoch über Strecken von mehr als 100 nm überhaupt
keine Leitfähigkeit mehr nachweisen [C. Dekker, Workshop "DNA-based
molecular construction", Jena, 24.-25.05.2002].
In der Regel müssen die DNS-Stränge metallisiert oder Ionen eingebaut
werden, um eine für technische Zwecke angemessene Leitfähigkeit zu
erzielen. Im folgenden werden einige Forschungsarbeiten dazu kurz
dargestellt.
74747474 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
7.2.1.2 DNS-Moleküle mit eingelagerten Ionen
Die Wasserstoffbrücken der DNS-Doppelhelix, die sich zwischen den
Basenpaaren befinden, werden in stark basischer Umgebung aufge-
brochen und ermöglichen die Einlagerung positiver Metallkationen wie
z.B. Zn2+, Ni2+, Co2+ (M-DNS), die zu einer starken Erhöhung der
Leitfähigkeit führt [Aich et al. 1999]. Gleichzeitig besitzt diese M-DNS
weiterhin die Fähigkeit zur Hybridisierung mit komplementären Oligo-
meren. Eine darauf aufbauende Anwendung könnte auch die Entwick-
lung eines schnellen Detektionsverfahrens für Mutationen in der DNS
mit Hilfe von Leitfähigkeitsmessungen sein.25
7.2.1.3 Metallisierte DNS-Drähte
DNS-Stränge werden auch als Template genutzt, um durch deren
Metallisierung leitende, nanoskalige Drähte zu erhalten. Dies gelang
erstmals 1998, indem Forscher des Technion Israel Institutes of
Technology in Haifa Nanodrähte durch Abscheiden von Silber auf DNS-
Molekülen zwischen zwei Elektroden herstellten [E. Braun et al. 1998].
Zunächst wurden kürzere Oligomere mit Thiolgruppen an zwei Gold-
elektroden angebunden. Diese Ankergruppen wurden mit komplemen-
tären DNS-Strängen zu Drähten verbunden. Durch Abscheiden von
Silber aus einer Silberionen haltigen Lösung bildeten sich leitfähige
Silberdrähte mit ca. 100 nm Durchmesser. Durch die Wahl der Abschei-
dungsbedingungen können die elektrischen Eigenschaften der Nano-
drähte eingestellt werden.
Ein weiterer Untersuchungsgegenstand ist die Frage, ob das Prinzip auf
kompliziertere Anordnungen von Elektroden und DNS-Verbindungen
übertragbar ist.
7.27.27.27.2.2.2.2.2 Photoelektrische SystemePhotoelektrische SystemePhotoelektrische SystemePhotoelektrische Systeme
Viele biologische Moleküle reagieren auf Licht durch Umwandlung in
elektrische Signale. Damit kommen sie auch als wichtige Schnittstelle
zwischen elektronischer und optischer Datenverarbeitung in Frage. Im
folgenden werden einige biomolekulare photoelektrische Systeme,
aufgeteilt nach der Art der Biokomponenten, vorgestellt.
•= Bakteriorhodopsin
Aufgrund seiner photochromen und photoelektrischen Eigen-
schaften nimmt das Protein Bakteriorhodopsin eine herausragende
25 Pressemitteilung, University of Saskatchewan (21.5.2000)
Informations- und Kommunikationstechnologie 75757575
Stellung bei der Verwendung als funktionelles Biomolekül für
Datenspeicherungszwecke und als bioelektronisches Material ein
(vgl. Abschnitt 7.4.1) [Hampp 2000a].
Der photoinduzierte Ladungstransport kann auch zur Entwicklung
von Photodetektoren und Bewegungssensoren auf Basis von
Bakteriohodopsin genutzt werden [Vsevolodov 1998].
Das Funktionsprinzip eines licht-adressierbaren Signalwandlers
wurde außerdem von Claudio Nicolini erforscht (Fondazione
El.B.A. – Advanced Electronic and Biotechnology, Genua)
[Nicolini et al. 1997].
•= Photosystem I
Aus dem Photosyntheseapparat der Pflanzen lässt sich ein
spezieller Proteinkomplex, das sogenannte Photosystem I (PS-I),
als komplexe Einheit isolieren, das sich wie eine stabile Diode
verhält [Lee et al. 1998]. Einige Eigenschaften dieses Protein-
komplexes machen ihn für technische Anwendungen interessant:
beispielsweise bindet das PS-I an metallische Oberflächen
[Lee/Lee/Greenbaum 1996], was eine Kombination eines solchen
Systems mit konventionell genutzten technischen Systemen
erleichtern dürfte. Ferner behält der isolierte Komplex bei
Metallisierung seine photophysikalischen Eigenschaften bei [Lee
et al. 1995]. Ein weiterer Vorteil ist, dass PS-I-Komplexe sich an
ebenen Flächen durch Selbstorganisation ausrichten [Lee/Lee/
Greenbaum 1997]. Am Oak Ridge National Laboratory werden
technische Anwendungsmöglichkeiten dieses funktionellen
Biomoleküls untersucht, wobei zur Zeit insbesondere an einem
Retina-Implantat gearbeitet wird. Ein visionäres und sehr
ambitioniertes Ziel der Forschungen ist es, PS-I-Komplexe als
molekulare, fehlertolerante Gatter für logische Operationen zu
benutzen [Greenbaum/Lee/Lee 1998].
•= DNS-Photodetektor
Ein Forscherteam vom italienischen Nationalen Nanotechnologie
Forschungsinstitut hat kürzlich mit Hilfe von DNS einen
Photodetektor konstruiert. Ein winziger Chloroform-Tropfen mit
Desoxyguanosin, einer der vier Basenbausteine der DNS, wurde
zwischen die Spitzen zweier Elektroden plaziert. Beim
Verdampfen des Chloroforms bilden sich durch Selbstorgani-
sation bandartige Strukturen zwischen den Spitzen der Elektroden
76767676 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
aus. Bei Lichteinfall entsteht aufgrund der photoelektrischen
Anregung der Elektronen eine Spannung zwischen den
Elektroden. Die Nukleosidbrücke ist etwa doppelt so
lichtempfindlich wie konventionelle Halbleiterphotodetektoren
[Rinaldi et al. 2001].
•= Phthalocyanin
Phthalocyanine, zu denen auch Chlorophyll und Häm gehören
(sie sind in Pflanzen und im Blut an elektronischen Transport-
prozessen beteiligt), zeigen auf einem leitenden oder halbleiten-
den Substrat eine elektro-optische Sensitivität, die nach [Nicolini
1995] eine Elektronen-Schaltzeit von weniger als einer Pico-
sekunde bei Raumtemperatur ermöglicht.
Es existieren außerdem eine ganze Reihe weiterer Molekülklassen, die
sich von biologischen Funktionseinheiten (z.B. Farbstoffzentren) ableiten
lassen, wie z.B. Porphyrine, Cytochrome etc, deren physikalische
Eigenschaften. (wie z.B. Photoaktivität oder Elektronentransfer) als funk-
tionelle Materialien für (opto)elektronische Bauelemente untersucht
werden. Diese Verbindungen, die teilweise nur noch das molekulare
Grundgerüst der biologischen Vorbilder enthalten, zeigen, dass
funktionale Biomoleküle als Modellsysteme für technische Einsatzmög-
lichkeiten verändert werden können. Dieser Grenzbereich der Nanobio-
technologie, bei dem die Modifikation bzw. Optimierung der Moleküle
im Vordergrund steht, ist aber eher als Teilgebiet der (metallorganischen)
Chemie anzusehen.
7.2.37.2.37.2.37.2.3 biomolekularer Transistor und Einzelelektronenbiomolekularer Transistor und Einzelelektronenbiomolekularer Transistor und Einzelelektronenbiomolekularer Transistor und Einzelelektronen----
TunnelelementeTunnelelementeTunnelelementeTunnelelemente
An dieser Stelle sollen noch kurz zwei Beispiele Erwähnung finden, die
darauf abzielen, auch das zentrale elektronische Bauelement der moder-
nen Informationsverarbeitung aus Biomolekülen zusammenzusetzen:
Wissenschaftler der Universitäten Viterbo, Lecce, Modena und Leiden
untersuchen beispielsweise ein einzelnes Kupfer-haltiges Protein
(Azurin) zwischen zwei 10 nm auseinander liegenden Mikroelektroden-
spitzen, um einen biomolekularen Transistor herzustellen. Dabei fungiert
das Azurin-Molekül als Transistorgatter, das über eine äußere Spannung
Informations- und Kommunikationstechnologie 77777777
zwischen einem leitenden und einem isolierenden Zustand geschaltet
werden kann.26
Einen Einzelelektronentransistor haben E. Ben-Jacob, Z. Hermon, S.
Caspi von der Universität Tel Aviv vorgeschlagen [Ben-Jacob/Hermon/
Caspi 1999]. Ihr Konzept basiert auf einem Bauteil aus zwei
metallisierten, T-förmig verknüpften DNS-Strängen. An der Verknüpf-
ungsstelle selbst bleibt die DNS metallfrei. Diese Stelle fungiert als
Tunnelstromelement des Transistors, so dass über den einen DNS-Strang
die Grundspannung angelegt werden kann und die Gatter-Spannung über
den anderen DNS-Strang kapazitiv eingekoppelt wird.
Derzeit suchen Forscher z.B. am IPHT in Jena [W. Fritzsche, Workshop
"DNA based molecular construction", Jena, 24.-25.05.2002] nach Mög-
lichkeiten, die theoretischen Konzepte für DNS-Drähte unter zusätzlicher
Verwendung von Nanopartikeln zur Konstruktion molekularer Tran-
sistorelemente bzw. quantenmechanischer Bauteile umzusetzen.
7.37.37.37.3 Zusammenfassende BewertungZusammenfassende BewertungZusammenfassende BewertungZusammenfassende Bewertung
Das Potenzial der Nanobiotechnologie für eine zukünftige Molekular-
elektronik lässt sich in zwei Bereiche einteilen:
1. Nanokonstruktion und Kontaktierung mittels Selbstorganisations-
verfahren
2. Molekularelektronische Bauteile
1) Nanobiotechnologische Selbstorganisationsverfahren könnten zum
Aufbau und zur Verknüpfung komplexer nanoskaliger Elektronik-
Architekturen genutzt werden. Hierunter fällt hauptsächlich die Nutzung
der Hybridisierungsfähigkeit von DNS-Molekülen. Diese Oligonukleo-
tide dienen dabei als Markierungen, die eine eindeutige Information über
die Verknüpfungsstellen eines Bauelementes innerhalb der Architektur
beinhalten.
2) Gleichzeitig kann eine Verknüpfung über DNS-Stränge als Draht zur
Kontaktierung von Bauelementen genutzt werden, wenn es gelingt, eine
26 Weitere Informationen hierzu finden sich im Internet unter: http://infm.cineca.it/preventivi_consuntivi/ preventivo01_b/difelice/project.pdf
78787878 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
ausreichende Leitfähigkeit (metallisierte DNS, geeignete Dotierung) zu
gewährleisten.
Des weiteren kommen funktionelle Biomoleküle auch für komplexere
Bauteile in Frage. Insbesondere photoelektrische Systeme stellen als
Signalwandler interessante Modellsysteme für bioelektronische
Anwendungen in der Optoelektronik dar.
Schwierigkeiten bereitet die Handhabung bioelektronischer Systeme auf
der molekularen Ebene, und die Herstellung von Bauteilen mit kon-
kurrenzfähigen Eigenschaften vor allem in Hinblick auf Leitfähigkeit,
Schaltgeschwindigkeit, Stabilität und großtechnischer Reproduzierbar-
keit. Molekularelektronische Bauteile auf nicht-biologischer Basis (z.B.
Kohlenstoffnanoröhren, vgl. [Hoffknecht/Hoffschulz 2002]) weisen in
vielerlei Hinsicht die besseren Eigenschaften auf. Eine endgültige
Favorisierung bestimmter Entwicklungsrichtungen kann aus heutiger
Sicht jedoch noch nicht vorgenommen werden.
Bei der Bewertung einer zukünftigen Molekularelektronik muss der ca.
40 jährige Entwicklungsvorsprung der konventionellen Halbleitertechnik
berücksichtigt werden. Die Erforschung der Optionen einer molekülba-
sierten elektronischen Informationsverarbeitung steht trotz der
Fortschritte speziell bei den Kohlenstoff-Nanoröhren noch am Anfang.
Die Molekularelektronik ist sicherlich noch über 10 Jahre von der
Umsetzung in Produkte entfernt. Dennoch ist es sinnvoll, den Weg für
die Entwicklung zukünftiger Anwendungen bereits jetzt zu ebnen und
anwendungsorientierte Machbarkeitsstudien durchzuführen. Auf dieser
Grundlage sollten sich die Chancen verschiedener Ansätze innerhalb der
Molekularelektronik auch besser beurteilen lassen. Das bereits vor-
handene Interesse der Halbleiter-Industrie im Sinne einer anwendungs-
orientierten Grundlagenforschung stellt für diesen Technologiebereich
eine sehr hilfreiche aber auch notwendige Umsetzungsbasis dar.
7.47.47.47.4 Bakteriorhodopsin und DNS als Datenspeicher Bakteriorhodopsin und DNS als Datenspeicher Bakteriorhodopsin und DNS als Datenspeicher Bakteriorhodopsin und DNS als Datenspeicher und Sicherheitsmerkmalund Sicherheitsmerkmalund Sicherheitsmerkmalund Sicherheitsmerkmal
In diesem Kapitel wird zunächst die funktionelle Vielfalt des Proteins
Bakteriorhodopsin dargestellt, vor allem in Hinblick auf dessen
photochrome und photoelektrische Eigenschaften, um im Anschluß daran
die Anwendungsperspektiven für Bakteriorhodopsin im Bereich der
Datenspeicherung und als Identifikationsmerkmal zu erörtern.
Molekularelektronik noch weit entfernt
Informations- und Kommunikationstechnologie 79797979
Großes Potenzial für eine hohe Informationsdichte bieten auch DNS-
Moleküle, die als kompakt gewundene Ketten27 im Kern biologischer
Zellen die genetischen Informationen speichern. Die Daten sind dabei in
Form der Abfolge von Nukleinbasen kodiert (vgl. Abschnitt 7.4.4). Diese
Eigenschaft kann prinzipiell auch zur Kodierung von Information für
technische Zwecke genutzt werden.
7.4.17.4.17.4.17.4.1 Anwendungen von BakteriorhodopsinAnwendungen von BakteriorhodopsinAnwendungen von BakteriorhodopsinAnwendungen von Bakteriorhodopsin
Bakteriorhodopsin nimmt als funktionelles Biomolekül eine heraus-
ragende Stellung ein. Deswegen sollen an dieser Stelle kurz die
unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten, die im Rahmen der
Nanobiotechnologie eine Rolle spielen können, diskutiert werden.
Es lassen sich drei grundsätzliche Wirkungsmechanismen für
Bakteriorhodopsin identifizieren [Hampp 2000a]:
•= Photochromie
•= Photoelektrizität
•= Phototransport von Protonen
Prinzipiell bietet Bakteriorhodopsin die Voraussetzungen für einfache
(opto-) elektronische Bauteile (vgl. Abschnitt 7.2.2). Es besitzt darüber
hinaus eine bemerkenswerte thermische und chemische Stabilität (in
Wasser bis zu 80 °C, in getrockneter Form bis 140 °C stabil, sowie
beständig über einen pH-Wert Bereich von 2-12 und gegen einige
organische Lösungsmittel). Für (modifiziertes) Bakteriorhodopsin exis-
tiert eine ganze Palette von Anwendungsmöglichkeiten [siehe z.B.
Hampp 2000a, Hampp 2000b]. In der Tabelle 7.1 sind einige davon
zusammengestellt.
Ladungstransport photoelektrisch photochrom - ATP Generierung - Meerwasserentsalzung - Elektrizitätserzeugung
- ultraschnelle Lichtdetektion / Strahlungsdetektion
- Photodetektor - Künstliche Retina - Bewegungsdetektor
- Informationsspeicher (2D, 3D, holografisch)
- optischer Lichtschalter - Signalkonditionierung - Lichtmodulator (Pha-
senkonjugation etc.) - neuronale Netze,
Mustererkennung - Interferometrie
Tabelle 7.1: Anwendungsmöglichkeiten für Bakteriorhodopsin
27 Die ca. 6⋅109 Basenpaare mit einer Gesamtlänge von ca. 2 m sind auf 46 DNS-Moleküle, die das menschliche Genom bilden, verteilt und befinden sich im nur etwa 10µm durchmessenden Zellkern.
80808080 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
Für die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten sind allein in Japan
60 Patente vergeben worden, in den USA 24 und in Europa lediglich 13
Patente [Hampp 2000a].
Je nach Art der Anwendung ist eine unterschiedliche Qualität, z.B. eines
Bakteriorhodopsin-Films, hinsichtlich der gleichmäßigen Orientierung
und Verteilung des Bakteriorhodopsins, sowie der Porösität und Dicke
erforderlich.
Bakteriorhodopsin-Moleküle ohne langreichweitige Ordnung in einer
Polymermatrix eignen sich z.B. für Anwendungen, die allein auf den
photochromen Eigenschaften basieren. Im Vergleich dazu ist eine homo-
gene Verteilung bei der Informationsverarbeitung und -speicherung
wichtig. Zu den photoelektrischen Anwendungsmöglichkeiten (genutzt
wird die photoinduzierten Ladungstrennung) zählt u.a. auch die
Entwicklung einer künstlichen Retina: eines in Pixel unterteilten,
photoelektrischen Detektors, der optische in elektronische Informationen
umwandelt, ähnlich wie es in der natürlichen Retina geschieht.
Verschiedene Möglichkeiten wurden untersucht, um das Bakterio-
rhodopsin selektiv an technische Bedürfnisse anzupassen [Ni et al. 1990]:
•= genetische Mutationen an der Aminosäuresequenz des Chromo-
phors und des Protonentransportweges
•= chemische Modifikationen am Chromophor
Eine herausragende, für technische Anwendungen wichtige Eigenschaft
ist die Photochromie, d.h. der lichtinduzierte Farbwechsel, der reversibel
und mit einer exzellenten Lichtechtheit abläuft. In der gentechnisch
veränderten Variante BR-D96N 28 wird z.B. die Lichtempfindlichkeit
erhöht und die Lebensdauer des Zwischenzustands M von Millisekunden
auf Minuten gesteigert. Dies hat zur Folge, dass eine lilafarbene
Purpurmembranschicht aus BR-D96N durch intensive Bestrahlung mit
Licht ausgebleicht werden kann (blaßgelb), während der natürliche Typ
BR-WT keine Anzeichen für eine solche Veränderung zeigt. Die
Beständigkeit über viele Millionen Farbwechsel ist von anderen
synthetischen photochromen Verbindungen bisher unerreicht (sie
erreichen nur 10 000 bis 100 000 Zyklen).
7.4.27.4.27.4.27.4.2 Datenspeichersysteme mit BakteriorhodopsinDatenspeichersysteme mit BakteriorhodopsinDatenspeichersysteme mit BakteriorhodopsinDatenspeichersysteme mit Bakteriorhodopsin
Bei natürlichem Bakteriorhodopsin (wild type, WT-BR) wird durch die
Absorption von Lichtquanten ein Photozyklus angeregt, der verschiedene
28 D96N bezeichnet die Position, an der eine Aminosäure ausgetauscht ist.
Informations- und Kommunikationstechnologie 81818181
elektronische Zustände durchläuft. Einige spezielle Zustände können
durch Laserlicht verschiedener Wellenlänge hin und her geschaltet
werden. Die Übergänge zwischen bestimmten Zuständen sind
gleichzeitig mit strukturellen Veränderungen verknüpft, welche die
Lebensdauer einer Konfiguration entscheidend beeinflussen können.
Durch geeignete Nutzung und Veränderung der Zwischenzustände und
Lebensdauern können die photochromen Eigenschaften von
Bakteriorhodopsin gezielt zur Informationsspeicherung eingesetzt
werden.
Ein Funktionsmuster für einen solchen optischen Datenspeicher wurde
im Rahmen des BMBF-Verbundprojekts "B-Safe" mit Partnern aus der
Industrie in Form eines einmal beschreibbaren Datenstreifens auf einer
Ausweiskarte realisiert.29 Die dabei verwendete Bakteriorhodopsin-
Variante kann durch grünes Licht von lila (Grundzustand) nach gelb in
den angeregten "M-Zustand" geschaltet werden, welcher wiederum durch
blaues Licht in den Grundzustand zurückgeschaltet werden kann. In
einem 60 x 10 mm großen Test-Speicherbereich kann damit eine
Datenmenge aus Bildern oder digitalen Daten von ca. 1 Megabyte
gespeichert werden.
Ein dreidimensionaler optischer Volumenspeicher ist ein weiterer
Bakteriorhodopsin-Speichertyp, der seit längerem untersucht wird, sich
aber noch immer in einem Versuchsstadium befindet [Birge et al. 1999].
Hierbei müssen hohe technische Anforderungen erfüllt werden, u.a. bei
der Laseranordnung und –steuerung sowie bei Herstellung des
Speichermediums selbst. Anwendungsziel ist ein Massenspeicher, der
aber angesichts der kontinuierlich steigenden Leistungsfähigkeit
etablierter Speichermedien, kaum als ernsthafte Konkurrenz anzusehen
ist.
Schließlich ist Bakteriorhodopsin prinzipiell auch zur holografischen
Datenspeicherung geeignet. Allerdings ist hier große Konkurrenz durch
andere Holografiespeichermaterialien gegeben, z.B. Lithiumniobat oder
chemisch synthetisierte Spezial-Blockcopolymere.
Darüber hinaus stellt sich wiederum die kritische Frage, ob bei der
rasanten Weiterentwicklung konventioneller Datenspeicher die Holo-
grafie-Speichertechnik (unabhängig vom eingesetzten Datenträgermate-
rial) überhaupt eine konkurrenzfähige Alternative darstellen kann.
29 InfoPhysTech, Nr. 40, "Bakteriorhodopsin als photochromes Sicherheitspigment und biologischer Datenspeicher", VDI-Technologiezentrum, Düsseldorf (2002); kostenloser Download unter www.vdi.de/infophystech.
Bakteriorhodopsin-Speichervarianten
optischer Datenspeicher
82828282 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
7.4.37.4.37.4.37.4.3 Sicherheitstechnische Anwendungen von Sicherheitstechnische Anwendungen von Sicherheitstechnische Anwendungen von Sicherheitstechnische Anwendungen von BakteriorhodopsinBakteriorhodopsinBakteriorhodopsinBakteriorhodopsin
Die Farbwechseleigenschaft des genetisch modifizierten Bakterio-
rhodopsins BR96N bietet die Option, neuartige Sicherheitspigmente aus
diesem Material herzustellen, die zum Fälschungsschutz eingesetzt
werden können. Durch den mit bloßem Auge wahrnehmbaren
Farbwechsel von lila zu blaßgelb ist kein zusätzliches Gerät für die
Detektion erforderlich.
Um solche Pigmente für Tinten und Druckfarben [Hampp/Neebe/Seitz
2000] zu erhalten, werden im Rahmen des "B-Safe"-BMBF-Projekts
(vgl. Fußnote29) mikro- und nanotechnologische Verfahren eingesetzt
(Nanopartikelbildung, Mikroverkapselung, Elektro-Koagulation). Wird
ein Dokument mit einer solchen Druckfarbe versehen, zeigt das
enthaltene Bakteriorhodopsin im unbelichteten Zustand eine violette
Farbe. Unter dem Licht einer Schreibtischlampe oder einer anderen
intensiveren Strahlungsquelle verblasst das Pigment zu gelb. Dieser
Farbwechsel ist schnell genug, damit er auch während eines
Kopiervorgangs ausgelöst wird. Damit läßt sich eine Kopie leicht vom
Original unterscheiden. Im Dunkeln kehrt das Bakteriorhodopsin auf dem
Originaldokument wieder in den violetten Ausgangszustand zurück.
Eine weitere Möglichkeit das Bakteriorhodopsin als Sicherheitsmerkmal
einzusetzen liegt in dem Aufbau des Proteinkomplexes aus 248
Aminosäuren. Viele davon sind für die photochromen Eigenschaften
nicht relevant sind (z.B. die außerhalb der Trägermembran liegenden
Kettenteile). Durch gentechnische Modifizierung können solche
Aminosäure-Teilsequenzen ausgetauscht werden und, ähnlich wie die
Basensequenzen in DNS-Molekülen, zur Kodierung von Informationen
verwendet werden (vgl. nächster Abschnitt). Die Reihenfolge und Art der
Aminosäuren könnte somit als eine Art Adressaufkleber z.B. die exakte
Herkunft eines Dokuments festlegen: Charakteristische Aminosäure-
ketten lassen sich identifizieren und so der Ursprung des Dokuments
zurückverfolgen.
7.4.47.4.47.4.47.4.4 DNSDNSDNSDNS----DatenspeicherDatenspeicherDatenspeicherDatenspeicher
Die gesamte Erbgutinformation ist in der Basenabfolge der DNS
gespeichert, die sich über Tausende von Genen erstreckt, die wiederum
aus unterschiedlich langen Abschnitten von DNS bestehen. Es bietet sich
deshalb an, die "natürliche Form" der Datenspeicherung auch
nanobiotechnologisch zu nutzen, indem spezielle Basenabfolgen mit
Sicherheits-farbpigmente mit Bakteriorhodopsin
Aminosäuresequenz als Identifizierungscode
Informations- und Kommunikationstechnologie 83838383
bestimmten Werten (einzelne Bits) identifiziert werden, die durch
Sequenzanalyse der DNS wieder ausgelesen werden können.
Speziell für Langzeitdatenspeicherung bzw. Archivierung erscheint DNS
aus mehreren Gründen geeignet: bei entsprechender Lagerung kann die
Information im Prinzip sehr lange lesbar gehalten werden. Vorteilhaft ist
außerdem, dass sich die DNS-Analytik aufgrund ständiger Verbesser-
ungen aller Voraussicht nach in Zukunft zu einer grundlegenden Technik
entwickeln wird. Zudem lässt sich das Informationsträgermolekül mit
einfachen Mitteln (PCR)30 vervielfältigen, so dass genügend Sicherheits-
kopien bei geringem Platzbedarf angelegt werden könnten.
Nachteile sind der labortechnische Aufwand beim Schreiben und Lesen
der Daten, die geringe Schreib-/Lese-Geschwindigkeit und die (zwar
geringe aber trotzdem zu berücksichtigende) Fehlerrate bei der
Vervielfältigung mit der PCR-Methode.
Eine experimentelle Umsetzung des generellen Funktionsprinzips wurde
kürzlich für einen komplexen Beispielsatz mit Hilfe zweier
unterschiedlicher Sorten von DNS-Molekülen mit programmierter
Basensequenz als Informationsträger und mittels selektiver PCR-
Vervielfältigung zum Auslesen der Daten demonstriert [Bancroft et al.
2001].
Michael K. Heller hat ein Konzept für einen optischen multi-
Wellenlängen-DNS-Speichers entworfen.31 Dazu werden Oligonukleotide
an vorprogrammierten Plätzen auf einem Chip positioniert und an-
schließend mit weiteren DNS-Molekülen hybridisiert. Diese tragen unter-
schiedliche Fluoreszenzmarker und können auf mehreren Frequenzen
Daten speichern. Die sich aus den verschiedenen DNS-Doppelsträngen
und Fluoreszenzmarkern ergebenden Lumineszenzmuster können mit
Quenchern oder Donor- und Akzeptormolekülen modifiziert werden, um
unterschiedliche Helligkeiten und Farben zu erzeugen. Auf diese Weise
enthält ein von einem Laserstrahl abgetasteter Bereich ein Vielfaches an
Information und liefert eine multi-spektrale Antwort auf den Teststrahl.
Das Funktionsprinzip wurde bereits experimentell umgesetzt: Insgesamt
konnten 100 Typen geeigneter Chromophore identifiziert und bis zu 256
Bit auf einer Fläche von ca. 1 µm Durchmesser gespeichert werden.
Aufgrund der bereits oben genannten Nachteile beim Schreiben der
Daten, ist auch bei diesem Verfahren kaum damit zu rechnen, dass es
sich gegenüber bekannten Massenspeichermedien (CD, DVD, Festplatten
etc.) durchsetzen kann.
30 Polymerasekettenreaktion 31 Nanogen, Inc. San Diego, siehe Investor/News „That DNA sound fantastic! Nanogen explores a new biotech Hi-Fi application“, www.nanogen.com
Informationscodierung mit DNS
optischer DNS-Datenspeicher
84848484 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
7.4.57.4.57.4.57.4.5 DNSDNSDNSDNS----SicherheitsanwendungenSicherheitsanwendungenSicherheitsanwendungenSicherheitsanwendungen
Die Basenabfolge eines DNS-Abschnittes kann natürlich auch zur
Verschlüsselung von Information eingesetzt werden. Im folgenden
werden zwei Beispiele für diesen Anwendungsbereich gegeben.
An den Universitäten Dortmund und Köln hat man zur Demonstration
eines Steganografie-Verfahrens32 eine verschlüsselte DNS-Nachricht mit
unzähligen anderen DNS-Strängen gemischt.33 Der Empfänger kann die
richtige DNS jedoch nur herausfiltern, wenn er den passenden Schlüssel
(d.h. die komplementäre DNS-Basenfolge) besitzt.
Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert ein DNS-Produktschutz, der
von der Firma "november AG"34 entwickelt wird. Um sich gegen
Produktpiraterie zu schützen, können komplementäre DNS-Einzelstränge
benutzt werden, von denen der eine in extrem niedriger Konzentration
auf das Produkt aufgebracht wird. Der zweite wird zu einem
"Haarnadelmolekül" gebogen und am Ende mit einem Nanopartikel-
Fluoreszenzmarker sowie einer gegenüberliegenden Quench-Gruppe
versehen, durch die im gebogenen Zustand die Fluoreszenz unterdrückt
wird. Erst wenn das Molekül durch Hybridisierung mit der exakt
passenden DNS-Sequenz wieder aufgebogen wird, fluoresziert der
Farbstoff und kann identifiziert werden.
Um den zur Kodierung benutzten Teil der DNS zu verstecken, ist er
zusätzlich zusammen mit nicht-kodierenden Teilsequenzen am Produkt
angebracht. Eine Fälschung wird dadurch noch weiter erschwert, da
hierfür eine präzise Nachstellung aller DNS-Moleküle erforderlich wäre.
Die Beispiele zeigen (wie auch die programmierte Selbstorganisation,
vgl. 2.2.2), dass die Entwicklung von Verfahren zur definierten
Herstellung von Basensequenzen35 auch für nicht Life-Science-
Anwendungen von Beutung ist.
32 Bei der Steganografie wird die kodierte Nachricht in einer Vielzahl ähnlicher Informationsträger versteckt. 33 Informationsdienst Wissenschaft (www.idw-online.de) „Erbgutmolekül DNA eignet sich zum Verschlüseln von Daten“, 13.09.2000 34 Weiterführende Informationen zur "Ident-Technik" findet man auf der Firmen-Webseite www.november.de. 35 Die Firma Egea Biosciences z.B. hat ein System entwickelt (GeneWriter), dass die programmierte, fehlerfreie Zusammensetzung von bis zu 10 000 Basenpaaren in 48 Stunden ermöglicht (www.egeabiosciences.com).
Informations- und Kommunikationstechnologie 85858585
7.57.57.57.5 Zusammenfassende BewertungZusammenfassende BewertungZusammenfassende BewertungZusammenfassende Bewertung
Die photochromen und photoelektrischen Eigenschaften des Protein-
komplexes Bakteriorhodopsin lassen sich prinzipiell für die Daten-
speicherung nutzen. Dabei wird ein durch externe Lichtsignale
steuerbarer Photozyklus ausgenutzt. Durch gentechnisches oder
chemisches Modifizieren der Proteinstruktur und des Chromophors
lassen sich die photochromen Eigenschaften des Moleküls anpassen, so
dass durch Laserlicht Daten geschrieben und gelesen werden können.
Wie bereits erwähnt, ist es im Vergleich zu der rasanten Verbesserung
konventioneller Speichertechnologien sehr fraglich, ob Systeme auf Basis
von Bakteriorhodopsin damit jemals mithalten können. Außerdem besteht
speziell bei holografischen Speichersystemen starke Konkurrenz seitens
anderer Materialsysteme (siehe 7.4.2). An dieser Stelle sei im speziellen
noch auf die supramolekularen Ansätze von Hewlett-Packard in
Zusammenarbeit mit der UCLA hingewiesen [Collier et al. 2000, Collier
et al. 1999]. Auch sie stellen alternative Speichersysteme auf
molekularem Niveau mit hoher theoretischer Speicherdichte in Aussicht.
Das vorgestellte Kopierschutzverfahren, bei dem Bakteriorhodopsin als
Sicherheitsmerkmal Verwendung findet, ist im Vergleich dazu
wesentlich anwendungsnäher, leichter realisierbar und als Echtheits-
schutz für Dokumente durchaus als konkurrenzfähig zu erachten.
Auch bei der Verwendung von DNS-Molekülen haben sicherheits-
technische Anwendungen gegenüber reinen Speicherzwecken weitaus
bessere Marktchancen. Mögliche Konkurrenz zur individuellen Mar-
kierung von Objekten (sogenanntes "Barcoding") besteht jedoch durch
andere Verfahren, die z.B. mit unterschiedlich fluoreszierenden Nano-
partikeln in Mikrokügelchen (Firma QuantumDot Corp.) oder mit
metallischen Nanoröhren (Firma Nanoplex Technologies, Inc.) arbeiten.
7.67.67.67.6 DNS zur Informationsverarbeitung (DNA DNS zur Informationsverarbeitung (DNA DNS zur Informationsverarbeitung (DNA DNS zur Informationsverarbeitung (DNA Computing)Computing)Computing)Computing)
Mit dem Begriff "DNA-Computing" verbindet sich die Vorstellung,
biologische Informationsverarbeitung auf der Basis des Hybridisierungs-
prozesses von DNS-Molekülen, also dem Erkennen komplementärer
Abschnitte, in höchstleistungsfähige molekulare Rechensysteme
86868686 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
umzusetzen. Im folgenden wird das Grundprinzip kurz erläutert, und der
Bezug zur Nanobiotechnologie diskutiert.
Zur Lösung eines Optimierungsproblems (z.B. des Travelling-Salesman-
Problems) wird in der Regel folgende Strategie vorgeschlagen bzw. für
einfache Probleme im Labormaßstab bereits angewandt:
Zunächst werden aus gezielt synthetisierten Startmolekülen mit definier-
ten ("programmierten") Basensequenzen sämtliche Lösungsmöglich-
keiten (z.B. "alle möglichen Wege von A nach B") für das gegebene
Problem generiert. Aus diesen wird in mehreren Schritten die gesuchte
optimale Lösung extrahiert, die eine zusätzliche Bedingung erfüllen muss
(z.B. "der kürzeste Weg von A nach B"). Dabei kommen normalerweise
verschiedene biotechnologische Verfahren zur Manipulation von DNS-
Molekülen zum Einsatz, z.B.
•= Veränderung der DNS-Ketten mit Restriktionsenzymen und
Ligasen
•= Gelelektrophorese und Massenspektrometrie als Selektions-
verfahren
•= PCR zur Vermehrung spezifischer DNS-Stränge
•= Sequenzanalyse-Verfahren wie DNS-Chips etc.
Da die Bildung der hybridisierten DNS-Doppelstränge einen massiv
parallelen Prozess darstellt, der binnen weniger Sekundenbruchteile
abläuft, wird dem DNA-Computing immer wieder ein grosses Potenzial
zugeschrieben.
7.6.17.6.17.6.17.6.1 Beispiele für DNSBeispiele für DNSBeispiele für DNSBeispiele für DNS----RechensystemeRechensystemeRechensystemeRechensysteme
Zur Lösung kombinatorischer Probleme, wie etwa einer vereinfachten
Version des Travelling-Salesman-Problems, hat z.B. L. Adleman das
oben beschriebene DNA-Computing-Verfahren angewandt (die jeweili-
gen Einzelschritte wurden bereits in einer anderen Technologieanyse
dargestellt [Böltau 2000]). Mittlerweile ist es einem Forscherteam um L.
Adleman und P. Rothemund gelungen, ein spezielles 20 Variablen
umfassendes Problem auf Basis von DNS-Rechenverfahren zu lösen
[Braich et al. 2002]
Im Prinzip lassen sich mit DNS-Molekülen auch die einzelnen logischen
Operationen durchführen, die in konventionellen Computern ablaufen
[Borchard-Tuch 2000]. Dies wurde in verschiedenen Ansätzen verfolgt
[Regaldo 2000, Mao et al. 2000] und geschieht unter sukzessiver
Durchführung verschiedener Reaktionen, die mit entsprechendem
Informations- und Kommunikationstechnologie 87878787
Arbeitsaufwand verbunden sind [Lipton 1996, Rothemund 1996,
Gupta/Parthasarathy/Zaki 1997]. Dieser Aufwand läßt sich durch die
Verwendung von Festkörperoberflächen als Basis des DNS-Rechners
verringern, indem die repetitiven chemischen Prozesse vereinfacht
werden [Liu et al. 2000]. Zugleich ist diese Methode, die in Abbildung
7.2 erläutert wird, ein Beispiel dafür, wie typische Verfahren aus der
Nanobiotechnologie, z.B. die Anbindung von DNS über eine Thiol-
Gruppe an eine Gold-Oberfläche, für das DNA-Computing eingesetzt
werden können.
Von den künftigen Entwicklungen der Nanobiotechnologie, speziell im
Bereich der nanoskaligen Hybridsysteme und der DNS-Selbst-
organisation, dürfte dann auch die Weiterentwicklung dieses
oberflächengebunden DNA-Computings, sowie die DNS-Analyse selbst,
profitieren.
Ein anderes DNS-Rechensystem basiert auf nanobiotechnologisch
hergestellten, zweidimensionalen DNS-Flechtwerken (vgl. Abschnitt
2.2.2.2), die zur Ausführung logischer Operationen gemäß ihrer
programmierten Kombinationsmöglichkeiten miteinander verknüpft
werden. Durch die richtige Verknüpfung entsteht ein ununterbrochener,
durch alle Flechtwerke gehender DNS-Strang, der als Ausgabe-DNS
benutzt wird, und an dem sich das Ergebnis der Rechnung durch
Basensequenzanalyse ermitteln lässt [Mao et al. 2000]. Anwendungs-
Abbildung 7.2: DNS-Rechner auf Festkör-
persubstrat.
Ausgangspunkt ist zunächst
die Erzeugung von DNS-
Einzelmolekülen. Diese
werden mit einer reaktiven
Gruppe versehen und unge-
ordnet an die Festkörper-
oberfläche gebunden (2).
Die Rechenoperationen
laufen zyklisch in drei
Schritten ab (3-5): zunächst
werden die Moleküle, die in
der Lösungsmenge
verbleiben sollen, mit kom-
plementären DNS-Strängen
hybridisiert (3). Danach
entfernt man mit einem
Enzym, das oberflächenge-
bundene DNS-
Einzelstränge zerstören
kann, die nicht
hybridisierten DNS-
Moleküle (4). Die ver-
bliebenen DNS-Molekülen
werden durch Entfernen der
komplementären DNS-
Stränge für die nächste
Operation vorbereitet (5).
Nach der letzten
Rechenoperation können
die übriggebliebenen
Moleküle, die an der Ober-
fläche haften, unmittelbar
analysiert werden (6).
88888888 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
möglichkeiten liegen hier eher in der programmierten Selbstorganisation
von größeren DNS-Bauteilen (vgl. Abschnitt 2.2.2.2).
Ein guttes Beispiel für eine systematische Vorgehensweise ist die
Entwicklung eines automatisierten DNS-Rechensystems aus einem
"Software-System" (Daten-DNS- und Programm-DNS-Doppelstränge mit
nicht hybridisierten, "klebrigen" Enden) und einem "Hardware-System"
(zwei Enzyme, Fok-I und Ligase, zum programmierbaren
Auseinanderschneiden und Zusammenfügen von DNS-Strängen)
[Benenson et al. 2001]. Es erlaubt die Konstruktion kleiner Programm-
einheiten (Automaten) mit verschiedenen Ausgabezuständen. Eine
Kombination solcher elementaren Programme kann z.B aus einer Liste
von Nullen und Einsen bestimmen, ob die Zahl der Einsen gerade oder
ungerade ist oder alle Nullen vor den Einsen stehen etc.36
Abschliessend soll ein weiteres Beispiel die technologische Vielfalt
innerhalb dieses Forschungsbereiches widerspiegeln.
An der GMD in St. Augustin wurden in der BioMIP-Gruppe von
J. McCaskill z.B. ein optisches Programmierverfahren für die DNS-
Oligonukleotide und ein ausgeklügelter Durchfluss-Mikroreaktor zur
automatisierten Analyse der DNS-Ergebnis-Moleküle entwickelt [Gast/
Noort 2000]. Analog zu anderen Methoden, die in der Nanobio-
technologie zum Einsatz kommen, werden DNS-Fragmente an
paramagnetische Mikrokügelchen geheftet. Diese magnetisierbaren
Partikel erlauben einen automatisierten Transport in einer Kaskade von
Selektionsmodulen, in denen spezifisch DNS-Stränge aus dem Gemisch
der DNS-Moleküle herausgefiltert werden.
7.77.77.77.7 ZuZuZuZusammenfassende Bewertungsammenfassende Bewertungsammenfassende Bewertungsammenfassende Bewertung
Das DNA-Computing basiert auf der Eigenschaft von DNS-Molekülen,
selektiv an komplementäre DNS-Fragmente zu binden, und der
Möglichkeit, praktisch beliebige Basensequenzen zu synthetisieren und
zu analysieren. Im Prinzip verlaufen die Berechnungen aufgrund der
extrem hohen Zahl gleichzeitig ablaufender Bindungsereignisse bei
entsprechend vielen DNS-Molekülen hochparallel.
36 NovusGene Inc., eine Joint-Venture von Olympus Optical und Mitsui Knowledge Industry, hat am 28.01.2002 die Entwicklung des weltweit ersten automatischen DNA-"Rechners", der zur Gen-Analytik eingesetzt werden soll, bekannt gegeben (vgl. auch [D. Normile 2002])
Informations- und Kommunikationstechnologie 89898989
Ein erzielbarer Mehrwert im Vergleich zu konventionellen Computer-
systemen und deren rasanter Weiterentwicklung (von Alternativ-
perspektiven wie die Molekularelektronik gar nicht erst zu reden) ist
jedoch eher skeptisch zu beurteilen:
Zunächst sind andere Rechnersysteme selbstverständlich ebenfalls
parallelisierbar. Darüber hinaus ist das DNA-Computing dadurch
limitiert, dass die benötigte Materialmenge37 mit der Komplexität des zu
lösenden Problems stark anwächst – zumindest wenn man die
Parallelisierung durch Erzeugung aller denkbaren Lösungsmöglichkeiten
als einfaches "trial and error" Verfahren gebraucht.
Obwohl die einzelnen Reaktionszeiten für die auftretenden Hybridisier-
ungen sehr kurze Rechenzeiten möglich erscheinen lassen, liegt ein
weiterer Engpass in der Geschwindigkeit, mit der die spezifischen DNS-
Basensequenzen hergestellt und ausgelesen werden können (die Schreib-
Lese-Geschwindigkeit für Daten).
Anhand dieses Problems, das auch für den Biochip-Bereich bzw. die
Gentechnik i.a. von großer Bedeutung ist, lässt sich der Bezug zwischen der Nanobiotechnologie und dem DNA-Computing darstellen: Es wird
gehofft, dass speziell durch innovative Methoden aus dem Bereich der
Nanobiotechnologie nanoskalige Auslesemethoden und Herstellungs-
prozesse zur Erzeugung differenzierter, funktionaler DNS-Anordungen
ermöglicht bzw. wesentlich verbessert werden.
Es ist aus heutiger Perspektive schwer vorstellbar, dass sich das DNA-
Computing für den IuK-Bereich zu einer konkurrenzfähigen Technologie
weiterentwickeln kann. Es ist aber durchaus denkbar, dass die Schnitt-
stellen und verwandten Aspekte zum High-throughput Screening38 (vor
allem das spezifische Erkennen, Anordnen und Herstellen bestimmter
biologischer Substanzen) zu einer konstruktiven Synergie zwischen
Konzepten und Methoden aus dem DNA-Computing und dem
analytischen Life-Science-Bereich führen werden.
7.87.87.87.8 BeitragBeitragBeitragBeitrag zur Neurotechnologie zur Neurotechnologie zur Neurotechnologie zur Neurotechnologie
Die Nanobiotechnologie bewegt sich an der molekularen Schnittstelle
von biologischen Systemen mit technischen Umgebungen. Auch auf
37 Hiermit sind Probleme verbunden von der benötigten Grösse des Reaktionsgefässes über die Reaktionssteuerung bis zu einer evtl. nicht mehr vernachlässigbaren Fehlerrate bei der Vielzahl an chemischen Reaktionen, die sich ereignen. 38 Dieser Bereich und die zugehörigen nanobiotechnologischen Verfahren werden in der nachfolgenden Technologieanalyse (Nano2Bio) dargestellt.
90909090 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
neuronaler Ebene wird eine Verbindung dieser beiden Welten angestrebt.
Wäre man beispielsweise nach dem biologischen Vorbild des
Gehirnaufbaus in der Lage künstliche hybride neuronale Netze
aufzubauen, könnten hochflexible, lernfähige Systeme für
informationstechnische Anwendungen hergestellt werden.
Solche Anwendungsvisionen liegen noch weit in der Zukunft. Es wird
jedoch in der Neurotechnologie und -biologie bereits seit längerem an
den Grundlagen solcher neuronaler Verschaltungen und der
Reizsteuerung für medizinisch-therapeutische Anwendungen geforscht.
Bereits heute können im Rahmen der Neurobionik z.B. einfache Retina-
oder Cochlear-Implantate realisiert werden, die die Wiederherstellung
der rudimentären Sinnesfunktionen beim Sehen bzw. Hören ermöglichen.
Auch Epilepsie-Anfälle können durch Elektroden, die ins Gehirn
eingepflanzt wurden und dort Nervengewebe stimulieren, abgemildert
oder gar verhindert werden.
Obwohl Nervenzellen bereits auf der Mikrometerskala angesteuert
werden können, sollte durch die Nanobiotechnologie besonders in
Hinblick auf die Entwicklung molekularer Schnittstellen eine
Verbesserung des technisch-biologischen Informationsaustausches zu
erzielen sein.
Im folgenden werden einige Beispiele aus der Neurotechnologie
vorgestellt, um u.a. die langfristige Perspektive der Kopplung zwischen
Elektronik und Nervenzellen zu neuronalen Netzwerken aufzuzeigen.
7.8.17.8.17.8.17.8.1 Neuronale SchnittstellenNeuronale SchnittstellenNeuronale SchnittstellenNeuronale Schnittstellen
Die Signalübertragung zwischen einem Siliziumsubstrat und einer
Nervenzelle läßt sich über eine kapazitive Kopplung realisieren (vgl.
[Fromherz 2001]). Auf diese Weise ist es möglich, mit einem Feldeffekt-
Transistor die Signalübertragungsaktivität des Neurons zu messen bzw.
durch einen Spannungsimpuls vom Silizium-Chip aus die Nervenzelle
anzuregen.
Beispielsweise hat man in der Arbeitsgruppe um P. Fromherz vom MPI
für Biochemie die Aktivität einer Nervenzelle aus einem Rattenhirn
gemessen, die auf einen Siliziumchip mit einer Kette von Feldeffekt-
Transistoren plaziert und dort mehrere Tage kultiviert wurde
[Vassanelli/Fromherz 1999]. Es gelang den Forschern auch, in einem
Netzwerk aus Nervenzellen auf einem speziell präparierten Siliziumchip,
die Signalübertragung zwischen zwei durch Nervenfortsätze (Neurite)
verbundenen Zellen zu beobachten [Zeck/Fromherz 2001].
Informations- und Kommunikationstechnologie 91919191
Die Signalübertragung durch Nervenzellen innerhalb eines neuronalen
Netzwerkes wird vor allem über spezifische Ionenkanäle (z.B. für
Natrium- oder Kaliumionen) gesteuert, die sich an bestimmten Stellen in
der Doppellipidmembran der Nervenzelle befinden. Der Erforschung
ihres strukturellen Aufbaus und ihrer Wirkungsweise kommt eine
besondere Bedeutung für die Neurotechnologie zu.
Prinzipiell könnten verschiedene Zustände von Ionenkanälen zur
Informationsverarbeitung verwendet werden, indem sie durch externe
Kontrolle zwischen diesen Zuständen hin und her geschaltet werden.
Mit der konventionellen, aber eher umständlichen „patch-clamp“-
Technik ist es bereits möglich, für einzelne Ionenkanäle festzustellen, ob
sie geöffnet oder geschlossen sind.
Die Integration isolierter Ionenkanäle in eine synthetischen Chip-
Umgebung ist z.B. an der TU Dresden in der Arbeitsgruppe Prof. Dr.
R. Salzer gelungen.39 Verschiedene "Reizungen" der Ionenkanäle z.B.
durch Pharmaka können mit Lasern vermessen werden. Dies ist von
großem Interesse für die Entwicklung bestimmter Wirkstoffe, die auf
Membranproteine einwirken.
Ein wichtiger Fortschritt bei der unmittelbaren Verknüpfung von
Nervenzellen mit elektronischen Halbleiterbauelementen auf molekularer
Ebene ist an der University of Texas gelungen. Die Forschergruppe von
C.D. Schmidt benutzt als Brücke zwischen der Oberfläche einer
Nervenzelle und einem Cadmiumsulfid-Nanokristall ein kleines
Peptidfragment. Dieses bindet am einen Ende über das an der Außenseite
von Nervenzellen vorhandene Protein Integrin und auf der anderen Seite
durch eine Sulfidbrücke an den Cadmiumsulfid-Nanokristall, welcher das
quantenmechanische Tunneln von Elektronen erlaubt. Durch diese
Konstruktion einer materialtechnischen Schnittstelle läßt sich ein direkter
elektrischer Kontakt herstellen, der als spezifische Verbindung zwischen
Nervenzellen und Halbleiterbauelementen genutzt werden kann [Winter
et al. 2001].
7.8.27.8.27.8.27.8.2 Beeinflussung des NervenwachstumsBeeinflussung des NervenwachstumsBeeinflussung des NervenwachstumsBeeinflussung des Nervenwachstums
Das gerichtete Wachstum biologischer Zellen mit Hilfe der
Nanotechnologie auf sub-mikrostrukturierten Siliziumsubstraten wird
z.B. am Nanobiotechnology Center (NBTC) an der Cornell University
von Harold Craighead untersucht [Turner et al. 1997]. Ziel ist es, das
39 Informationsdienst Wissenschaft (www.idw-online.de), "Ionenkanal-Sensor-Chip der TU Dresden auf Analytica in München vorgestellt", 28.03.2002
92929292 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
selektive Wachstum verschiedener Nervenzellen (Astroglia, Astrocyten
und LRM55) bzw. der Neuriten durch die chemische Modifikation der
Oberfläche und deren Topologie zu beeinflussen, um definierte Netz-
werke von Neuronen zu konstruieren [Craighead/James/Turner 2001].
Beispielsweise ist es gelungen, Astrogliazellen bevorzugt entlang eines
Gitters von Polylysin-Linien, die mittels Mikrokontakt-Printing auf einem
Substrat aufgebracht wurden, wachsen zu lassen. Auch die
Neuritenbildung verlief mit hoher Selektivität auf den Polylysin-Linien
[John et al. 1997]. Eine topologische Kontrollmöglichkeit stellen
Säulenstrukturen dar, die z.B. bei Nervenzellen vom Typ LRM55-Zellen
oder Primärcortex-Astrocyten abhängig von der Größe der Säulen zu
einem selektiven Wachstum führen [Turner et al. 2000].
7.97.97.97.9 Zusammenfassende Bewertung Zusammenfassende Bewertung Zusammenfassende Bewertung Zusammenfassende Bewertung
In der Neurobionik werden hauptsächlich mit mikrotechnischen
Methoden verschiedene elektronisch ansteuerbare Implantate entwickelt,
die eine prinzipielle Ankopplung an das Nervensystem auf der
Mikroskala erlauben und teilweise im humanmedizinischen Bereich
bereits eingesetzt werden.
Hingegen sind künstliche, hybride neuronale Netzwerke noch im Stadium
der reinen Grundlagenforschung und als eher visionär zu betrachten.
Komplexe Netzwerke würden analog zum menschlichen Gehirn
hochflexibel und lernfähig sein, sowie bestimmte Aufgabenstellungen
äußerst schnell bearbeiten können.40
Die Nanobiotechnologie kommt auf der molekularen Ebene hinzu, wo es
um Kontrolle des Wachstums von Nervenzellen oder die Schnittstellen-
konstruktion (unter Einbeziehung subzellulärer Systeme wie Ionen-
kanäle) geht. Hierfür ist es sowohl für medizinische als auch technische
Anwendungsfelder wichtig, grundlegende und systematische Forschungs-
arbeit zu leisten. Neben den dargestellten Methoden könnte z.B. auch die
Umwandlung von optischen oder elektronischen Signalen in chemisch/
ionische, etwa durch lichtgetriebene Ionenpumpen wie Bakteriorhodop-
sin, in dieses Forschungsfeld miteinbezogen werden.
Geforscht wird derzeit auch an Biochips mit isolierten Ionenkanälen, um
z.B. ein Hochdurchsatzscreening für bestimmte Wirkstoffe zu ermöglich-
en und als Fernvision hybride Systeme zur Informationsverarbeitung
bereitzustellen. Es bietet sich also auch hier wie beim DNA-Computing
40Prinzipien der Informationsverarbeitung in neuronalen Netzwerken werden schon seit Jahren vor allem auf Softwareebene nachgestellt und z.B. im Bereich der Mustererkennung sowie in der Künstlichen-Intelligenz-Forschung eingesetzt.
Informations- und Kommunikationstechnologie 93939393
(s.o.) die Möglichkeit zu einer konstruktiven Synergie zwischen den
Forschungsarbeiten für den anwendungsnäheren Life-Science-Bereich
und den noch fernen neurotechnologischen Systemen zur Informations-
verarbeitung.
Da im Rahmen der Neurotechnologie außerdem noch die direkte
technische Ankoppelung an das menschliche Gehirn thematisiert wird
(rudimentär umgesetzt z.B. für Epilepsi-Patienten, s.o.), dürften die
Entwicklungen innerhalb dieses Technologiebereiches noch große
Aufmerksamkeit auf sich ziehen und kontrovers diskutiert werden.
94949494 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
8.8.8.8. INDIKATOREN FÜR DINDIKATOREN FÜR DINDIKATOREN FÜR DINDIKATOREN FÜR DIE ENTWICKLUNG UND IE ENTWICKLUNG UND IE ENTWICKLUNG UND IE ENTWICKLUNG UND UMSETZUNG DES TECHNOUMSETZUNG DES TECHNOUMSETZUNG DES TECHNOUMSETZUNG DES TECHNOLOGIEFELDES LOGIEFELDES LOGIEFELDES LOGIEFELDES
8.18.18.18.1 LiteraturLiteraturLiteraturLiteratur---- und Patentre und Patentre und Patentre und Patentrecherchecherchecherchecherche
Obwohl die Nanobiotechnologie ein noch sehr junges Forschungsgebiet
ist, gibt eine Literatur- und Patentrecherche einen groben Überblick über
den Stand und die Tendenzen von Forschung und Entwicklung auf
diesem Gebiet.
Als besondere Schwierigkeit erweisen sich hierbei Breite und Kom-
plexität des Forschungsfeldes, die eine klare Zuordnung allgemeiner
Begriffe wie "Nanobiotechnologie" nicht zulassen. Daher wurden
Recherchen mit unterschiedlichen Suchbegriffen für die verschiedenen in
der vorliegenden Technologieanalyse dargestellten Anwendungsbereiche
durchgeführt. Da zu erwarten ist, dass im Life-Science-Bereich
wesentlich mehr Anwendungen entwickelt werden, wurde zum Vergleich
auch dieser Bereich in der Aufspaltung der Treffer und bei den
Suchbegriffen berücksichtigt.
Als geeignete Datenbank für eine Patentrecherche wurde WPINDEX
gewählt (Derwent World Patents Index), weil hier nicht nur der
Originaltext aus dem Patent ausgeführt wird, sondern eine von
Gutachtern bewertete Beschreibung. Für die Literaturrecherche stellt die
Datenbank CAPLUS, die neben Fachpublikationen auch Patente,
Kongressberichte und technische Berichte enthält, eine gute Ausgangs-
basis dar. Zum Vergleich wurde auch die reine Wissenschaftpublikations-
Datenbank SCISEARCH hinzugezogen, die nur Fachjournale erfasst.
Die Recherche geht von einer Obermenge aus den Teilbegriffen "nano"
und "bio" aus, die irgendwo in dem relevanten Text vorkommen müssen.
Als Untermengen werden daraus Nanoproduktion (DNS-Selbst-
organisation, S-Schichten, Template und Biomineralisation), "Nanobio"-
Sensoren, "Nanobio"-Membranen, künstliche Photosynthese/Photo-
voltaik, (bio)molekulare Motoren, Nanobio-Elektronik, DNA-Computing,
Informationsverarbeitung mit zusätzlichen Stichwörtern gebildet.
Außerdem wird für Begriffe wie z.B. "S-layer" gegengeprüft, ob sie unter
einem anderen Namen (z.B. "bacterial membrane proteine") zu finden
sind. Dabei stellte sich heraus, dass speziell in diesem Stichwort eine
grosse Unsicherheit liegt. In CAPLUS werden 798 Treffer für
"membran? and (bacterial? or protein?)" als Untermenge von "nano? und
bio?" (? = beliebige Zeichenfolge) und nur 15 Treffer für "S-layer"
Indikatoren für die Entwicklung und Umsetzung 95959595
angezeigt, während in SCISEARCH für die gleichen Suchbegriffe 292
bzw. 20 Treffer zu finden sind. Für die medizinischen Anwendungen
wurden in Verknüpfung mit "nano" und "bio" Suchbegriffe wie "drug
delivery", "tissue engineering", "medical", "pharmaceutical", "DNA-
/Gene-chip" und "microarray" gewählt. Dabei kann es zu
Überschneidungen kommen, indem z.B. Fundstellen zur DNS-
Selbstorganisation aufgelistet werden, die ebenfalls bei (medizinischen)
Sensoren oder bei der Kategorie Nanobio-Elektronik erscheinen. Das
Auftreten solcher Problemfälle wurde stichprobenartig überprüft und
wenn möglich durch weitere Begriffe eingeschränkt.
Verglichen mit der Zahl der Sucherfolge für die medizinischen
Stichworte ist die Anzahl der Treffer für die in der vorliegenden
Technologieanalyse untersuchten Systeme in den Literatur- und Patent-
datenbanken weitaus geringer (vgl. Diagramm 8.1). Dabei ist noch nicht
berücksichtigt, dass von den verbliebenen Treffern ein sehr großer Teil
noch eher zu den Anwendungen im Life-Science-Bereich gezählt werden
muss (speziell bei Sensoren und Membranen). Dadurch wird die An-
nahme bestätigt, dass zum einen die meisten technischen Anwendungen
nanobiotechnologischer Verfahren und Systeme zunächst im Life-
Science-Bereich liegen, und zum anderen dieser Bereich bei weitem
überwiegt. Die unterschiedliche Entwicklung zeigt auch der unmittelbare
Vergleich der Treffer für medizinische und nicht-medizinische Sucherfol-
ge in der CAPLUS-Datenbank. Hier ist ein deutlich steilerer Anstieg der
Zahl der Publikationen für den medizinischen Bereich zu verzeichnen.
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
CAPLUS - nicht med.SCISEARCH - nicht med.CAPLUS - medizinischWPINDEX
Abbildung 8.1: Zahl der Publikationen und Patente in CAPLUS, SCISEARCH von 1990-2000. CAPLUS in medizinische und nicht-medizinische Anwendungen unterteilt. Zum Vergleich Zahl der Patente in WPINDEX mit Suchbegriff "?nano? und ?bio?".
96969696 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
Die Recherche im nicht-medizinischen Bereich zeigt in allen drei
untersuchten Datenbanken einen ähnlicher Verlauf.
Erst seit knapp fünf Jahren nimmt die Zahl der Publikationen und Patente
im Nanobiotechnologiebereich stark zu. Dies zeigt, dass die Entwicklung
der Anwendung der Nanobiotechnologie noch in den Anfängen steckt.
Für die Patente ist zusätzlich eine 18 Monatssperre zu berücksichtigen,
bevor diese in eine Datenbank aufgenommen werden können.
Innerhalb der technischen, Nicht-Life-Science-Anwendungen sind
Produktionsverfahren für Nanostrukturen, Membranen und Sensoren in
beiden Literaturdatenbanken (CAPLUS, SCISEARCH) am stärksten
vertreten. Dieses Ergebnis spiegelt sich auch in der Patentrecherche
wider. Mit großem Abstand folgen die Anwendungen zur "Nanobio"-
elektronik.
Die Patentdatenbank WPINDEX erlaubt eine tiefergehende
Kategorisierung der Treffer. Insgesamt werden 1023 Patente mit "nano"
und "bio" als relevant eingestuften Begriffen bzw. Wortteilen gefunden.
Die Sortierung nach der IPC-Hauptklasse bietet eine klarere Zuordnung
zu verschiedenen Technologie-Teilgebieten (vgl. Diagramm 8.3).
Beinahe 40% sind Anwendungen im medizischen Bereich (IPC-
Hauptklasse A41). Große Anteile finden sich bei Messen und Prüfen
(G01, umfasst auch Sensorik) sowie Mikrobiologischen Verfahren (C12),
bei denen u.a. Sensoren und Membranen eine wichtige Rolle spielen
können. Patente zu grundlegenden elektronischen Bauteilen sind nur
Abbildung 8.2: Vergleich der Trefferhäufigkeit in den selbst-definierten Kategorien (Bio2Nano) zu Suchbegriffen für die Datenbanken SCISEARCH, CAPLUS und WPINDEX
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
45%
Produ
ktion
von
Nanos
trukt
uren
Biose
nsor
en
Mem
bran
en
Energ
ieerz
eugu
ng
mole
kulare
Mot
oren
Bioele
ktro
nik
Info
rmat
ions
vera
rbeit
ung
DNA-Com
putin
g
SCISEARCH
CAPLUS
WPINDEX
Indikatoren für die Entwicklung und Umsetzung 97979797
marginal vertreten. Eine weitere Untergliederung mit speziellen
Suchbegriffen für die gleichen Kategorien wie in den anderen Daten-
banken reduziert die Zahl der "Nanobiotechnologie"-Patente bezüglich
hier vorgestellter Anwendungen (Bio2Nano) auf 433, aber die Verteilung
auf die Kategorien ist vergleichbar zu den Tendenzen in CAPLUS und
SCISEARCH (s.o.).
Bei der Analyse der Autoren in der CAPLUS-Datenbank (siehe
Diagramm 8.4) zeigt sich, dass mit grossem Abstand die meisten
Publikationen und Patente aus den USA kommen (46 %), gefolgt von
Deutschland (9 %), Japan und England (je 8 %). Dieser generelle Trend
lässt sich ebenfalls in der Patent-Datenbank WPINDEX für die Kategorie
"Prioritätsländer" (PRC), die auf die eigentliche Forschung und
Entwicklung abzielt, erkennen. Eine Aufteilung nach "Patentländern"
(PCS), die eher auf künftige Märkte zielt, zeigt, dass die meisten Patente
auch in Deutschland angemeldet werden und damit gerechnet wird, dass
hier ein potenzieller, wichtiger Markt liegt.
Abbildung 8.3: Aufteilung der IPC-Hauptklassen in der WPINDEX-Trefferliste (Suchbegriff: "?nano? und ?bio?")
Biochemie, Bier,
Spirituosen, Wein, Essig, Mikrobiologie, Enzymologie,
Mutation, genet.
Techniken13%
Organ. makromolek.
Verb.9%
Organ. Chemie9%
Messen, Prüfen17%
Grundlegende elektron. Bauteile
3%
Medizin, Tiermed., Hygiene
37%
Physikal. od. chem. Verf. od.
Vorricht. allgemein
11%
Optik1%
USA
GERMANYJAPAN
UK
CHINA
FR,CAN,
Abbildung 8.4: Herkunft der Autoren für
Nanobiotechnologie (tech-
nische Anwendungen,
bio2nano) in CAPLUS.
98989898 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
Die Zweiteilung der Technologieanalyse in eine Studie zu den
Potenzialen der technischen Anwendungen und Anwendungen im
Bereich der Life-Sciences erweist sich auch aus Sicht der Literatur- und
Patentanalyse als sinnvoll, weil sich diese Anwendungsgebiete substan-
ziell unterschiedlich darstellen und bewertet werden müssen.
8.28.28.28.2 Nationale und internationale FuENationale und internationale FuENationale und internationale FuENationale und internationale FuE----AktivitätenAktivitätenAktivitätenAktivitäten
Die USA zeigen im gesamten Nanobiotechnologie-Bereich die größte Aktivität, was sich an der Zahl der Publikationen, Patente und
Konferenzen zu diesem Thema ablesen lässt. Die meisten Forschungs-anstrengungen zielen auf den wirtschaftlich interessanten Life-Science-Markt ab. Die USA sind jedoch auch in den anderen Anwendungs-
gebieten tätig, wie z.B. in der Molekularelektronik und bei molekularen
Motoren. Besonders an molekularen Motoren und Maschinen wird auch
in Japan sehr intensiv geforscht.
Knapp vor Japan liegt Deutschland bei den Forschungsaktivitäten
deutlich hinter den USA. Deutschland besitzt einige starke Arbeits-
gruppen, die sich auch den technischen Anwendungsmöglichkeiten
außerhalb der Life-Sciences zuwenden.
Die Nanobiotechnologie wird international mit unterschiedlichem Focus
gefördert.
•= In den USA ist die Nanobiotechnologie als Bestandteil der
Nanotechnologie in der National Nanotechnology Initiative (NNI)
integriert und erhält eine Sonderrolle eher durch die Einrichtung
spezieller Forschungszentren wie z.B. das Nanobiotechnology
Center (NBTC) mit Hauptsitz an der Universität Cornell, oder
durch spezielle Nanobiotechnologie-Konferenzen.
•= In Japan wurden mit relativ geringem Budget einige Forschungs-
programme zur Nanotechnologie aufgelegt, die auch biomoleku-
lare Wissenschaften abdecken (vor allem von der Science &
Technology Agency, STA). Neben BioMEMS / mikrofluidischen
Systemen zielen diese Forschungen vor allem auf Bioelektronik
und Forschung an biomolekularen Motorsystemen ab. Ein sehr
großer Teil dieser Forschungsaktivitäten bezieht sich jedoch auf
den Nano2Bio-Aspekt oder angrenzende Gebiete z.B. aus der
supramolekularen / organischen Chemie oder Kohlenstoff-
Indikatoren für die Entwicklung und Umsetzung 99999999
Nanoröhren.41 Ein Nachteil für Forscher in Japan ist die
mangelnde interdisziplinäre Zusammenarbeit.
•= Im Asiatisch-pazifischen Raum zeigen Korea und China
besonders im Bereich von Biochips / BioMEMS große
Aktivitäten.
•= Im 5. und 6. EU-Rahmenprogramm wird auch die Nanobio-
technologie berücksichtigt – sowohl bei der Etablierung europa-
weiter Netzwerke als auch im Rahmen von Forschungsvorhaben
(bislang mehr als 20 Projekte aus den Bereichen "Quality of Life
and Management of Living Resources" und "User-friendly
Information Society", z.B. das BIOAND-Projekt)
(http://www.cordis.lu/nanotechnology)
•= In Deutschland existiert seit April 2000 eine spezielle Förder-
bekanntmachung des BMBF zur Nanobiotechnologie (geplantes
Fördervolumen bis 2006 ca. 50 Mio∈ ).
8.38.38.38.3 Spezielle NanobiotechnologieSpezielle NanobiotechnologieSpezielle NanobiotechnologieSpezielle Nanobiotechnologie----Aktivitäten in Aktivitäten in Aktivitäten in Aktivitäten in DeutschlandDeutschlandDeutschlandDeutschland
•= www.nanobio.de – Web-Seite mit Informationen zur BMBF-
Fördermaßnahme "Nanobiotechnologie" und zu den laufenden
Projekten
41 vgl. Asian Technology Information Program (ATIP)-Bericht "Bio-Nanotechnology in Japan" (ATIP99.069, 1999)
100100100100 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
•= NanoBioNet (www.nanobionet.de)– regionales Netzwerk mit
breiter Nano/Bio-Perspektive (Saarland-Rheinhessen-Pfalz)
•= Kongresse und thematische Workshops:
o NanoBioTec (www.nanobiotec.de)– jährlicher Kongress,
Münster (Sept. 2000, 2001, 2002)
o W.E. Heräus-Seminar: NanoBionics I, II –
(http://www.chemie.uni-marburg.de/nanobionics/),
Marburg (Juli 2000, Sept. 2002)
o Molekulare Nanotechnologie, Schloss Augustusburg,
IPHT Jena (Aug. 1999, Sept. 2000, Sept. 2001)
o DNA-based molecular construction, IPHT Jena (Mai
2002)
o aktuelle Veranstaltungstermine unter www.nanobio.de
8.48.48.48.4 Marktpotenzial Marktpotenzial Marktpotenzial Marktpotenzial
Die in der Technologieanalyse vorgestellten Beispiele für Nanobio-
technologie sind auf unterschiedliche Weise in der Lage, Produkte zu
beeinflussen. Wie bereits im einleitenden Kapitel erwähnt wurde, besitzt
die Nanobiotechnologie in vielen Fällen vor allem eine Zubringerrolle,
indem neuartige Herstellungs-, Analytik- oder Kontaktierungsverfahren
entwickelt werden. Beispiele sind Selbstorganisation mit DNS-
Molekülen, Biomineralisation oder S-Schichtsubstrate. In den anderen
Fällen könnten sich tatsächlich funktionelle Baueinheiten in einem
technischen Produkt realisieren lassen (beispielsweise funktionelle
Proteine in Biosensoren oder in bioelektronischen Bauelementen für
technisch-biologische Schnittstellen).
Die meisten nanobiotechnologischen Entwicklungen zielen auf den Life-Science-Markt ab. In diesem Marktbereich besteht ein relativ hoher
Bedarf an Lösungen für hochsensitive nanoskalige analytische Verfahren,
Wirkstofftransportsysteme, biokompatible Materialien und funktionali-
sierten Nanopartikeln. Dementsprechend hoch ist auch das Markt
potenzial: Allein für den Diagnostikbereich mit DNS- / Protein-Chips,
Lab-on-Chip-Systeme etc. werden bis zu 40 Mrd. US $ im Weltmarkt bis
2005 erwartet. Der Markt für Pharmaka, der in Zukunft zu 50% durch
Nanotechnologie beeinflussbar sein soll, betrug bereits im Jahr 2000 ca.
380 Mrd. US $. Obwohl in erster Linie Nano2Bio-Anwendungen wie
Biochip-Verfahren oder Methoden zur lokalen Wirkstofffreisetzung für
diesen Marktbereich in Frage kommen, können auch die in dieser
Analyse angesprochenen Techniken für Bio2Nano-Anwendungen im
Indikatoren für die Entwicklung und Umsetzung 101101101101
Life-Science-Markt Teilbereiche abdecken (z.B. mit Biosensoren,
molekularen Transportsystemen, Biomembrantechnologie, selbstorgani-
sierten Konstruktionsprozessen, etc.).
Das Marktpotenzial im rein technischen Anwendungsbereich ist zahlen-
mäßig derzeit noch nicht seriös abschätzbar. Die Entwicklungen sind
zum einen i.a. noch zu grundlegend, zum anderen ist noch unklar, ob die
neuen Verfahren und Techniken gegen bestehende Konkurrenz aus
bewährten Technologiebereichen bestehen können.
102102102102 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
9.9.9.9. GESAMTBEWERTUNG UGESAMTBEWERTUNG UGESAMTBEWERTUNG UGESAMTBEWERTUNG UND AUSBLICKND AUSBLICKND AUSBLICKND AUSBLICK
Die dargestellten Forschungsanstrengungen sind sehr heterogen und zu
einem großen Teil durch Grundlagenforschung geprägt. Unter Ein-
beziehung aktuellster Forschungsergebnisse wurde eine große Vielfalt an
Technologiebereichen und Anwendungspotentialen für den Bio2Nano-
Sektor identifiziert, die hier nochmals im Überblick dargestellt sind:
•= Produktionsprozesse o Nanofabrikation (Selbstorganisationsverfahren)
o Materialsynthese (Biomineralisation)
•= Biosensoren und Biomembranen (z.B. in der Umwelt-,
Produktions- und Lebensmitteltechnik, Pharmazie)
•= Lichtenergetische Prozesse (z.B. biologisch unterstützte
Photovoltaik)
•= Biomolekulare Motoren und Aktuatoren (z.B. das
Mikrotubuli-Kinesin Transportsystem)
•= Informations- & Kommunikationstechnologie o Molekularelektronik (Konstruktion, Verdrahtung,
Bauteile)
o Datenspeicherung
o Sicherheitsmerkmale
o Bezug der Nanobiotechnologie
��zum DNA-Computing
��zur Neurotechnologie
Für jeden Bereich wurde eine zusammenfassende Einzelbewertung
erstellt, die am Ende des jeweiligen Kapitels für einen analysierten
Technologie- bzw. Anwendungsbereich zu finden sind.
Im folgenden werden darüber hinausgehende, generalisierbare Zusam-
menhänge hervorgehoben und zukunftsorientierte Schlußfolgerungen für
den Bio2Nano-Sektor gezogen:
9.19.19.19.1 Anwendungsorienter TechnologieauAnwendungsorienter TechnologieauAnwendungsorienter TechnologieauAnwendungsorienter Technologieaufbaufbaufbaufbau
Von wenigen Ausnahmen abgesehen befinden sich die dargestellten
Forschungsanstrengungen noch im Stadium der Grundlagenforschung. Es
wird an Technologiebausteinen, der Charakterisierung interessanter
biologischer Systeme und grundsätzlichen Problemstellungen gearbeitet.
Gesamtbewertung und Ausblick 103103103103
In vielen Bereichen wurde bereits der Beweis erbracht, dass das
zugrundeliegende Prinzip funktioniert (proof-of-principle). Teilweise
werden dabei vielversprechende Perspektiven (etwa bei der Selbst-
organisation oder den funktionalisierbaren Eigenschaften von Bakterio-
rhodopsin) aufgezeigt, teilweise besitzen die Untersuchungen aber eher
akademischen Charakter, da häufig viele anwendungsrelevante Problem-
stellungen (wie Probleme der Reproduzierbarkeit, Stabilität, Haltbarkeit,
Steuerung, konkurrenzfähigen Performance, keine Angaben über aus-
sagekräftige, anwendungsrelevante Parameter, etc.) nicht untersucht
wurden.
Für die meisten dargestellten Forschungsergebnisse ist hinsichtlich einer
möglichen Umsetzung in marktfähige Produkte ein langfristiger
Zeithorizont anzusetzen (10 Jahre und mehr)42. Obwohl noch viele
grundlegende Aspekte abzuklären und technologische Hürden zu
überwinden sind, ist aus mehreren Gründen bereits in diesem Stadium
eine anwendungsorientierte Ausrichtung zu befürworten:
Zum einen ist es durchaus möglich, selbst für so grundlagenorientierte
Forschungsbereiche wie die molekulare Maschinentechnologie konkrete
Anwendungsvisionen zu entwerfen (vgl. Kapitel 6).
Zum anderen hat die Analyse von Forschungsprojekten innerhalb des
Technologiefeldes Bio2Nano gezeigt, dass durchaus Interesse seitens der
Großindustrie besteht, sich schon in diesem Forschungsstadium zu
engagieren – z.B. bei den EU-Projekten „BIOAND“ (Sony) und „DNA-
based electronics“ (Motorola).
Hierdurch sollte es möglich sein, bereits gegenwärtig anwendungs-
relevante Weichen zu stellen, sowie frühzeitig die grundlegenden, tech-
nologischen Anforderungen zu erfüllen(vgl. Abschnitt 9.2).
In diesem Sinne ergänzen sich Grundlagenorientierung und Anwen-
dungsbezug. Das Zusammenspiel von konkretisierten Anwendungs-visionen, systematischen Machbarkeitsstudien, Potentialanalysen und
Industriebeteiligung dürfte trotz langfristiger Ausrichtung für Bio2Nano
einen anwendungsorientierten Technologieaufbau ermöglichen.
Folgende zentrale Forschungsaspekte sind hierbei zu berücksichtigen:
42 Mittelfristig (5-10 Jahre) umsetzbar erscheinen hingegen z.B. der Kopierschutz und einfache Speichersysteme auf Basis von Bakteriorhodopsin (siehe Abschnitt 7.4.3) oder auch S-Layer basierte Sensorsysteme und Katalysatoren (vgl. Abschnitte 3.1 und 4.2).
104104104104 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
•= weitere Aufklärung und systematische Nutzung biologischer
Mechanismen wie Selbstorganisation, Biomineralisation, Selbst-
reparaturfähigkeit, Photosynthese, neuronale Informations-
verarbeitung etc.
•= Entwicklung von materialtechnischen und Nano-(Mikro)-Makro-
Interfaces, Hybridsystemen
•= anwendungsbezogene Konstruktion und Analyse von Hybridsys-
temen, Signalwandlern und molekularen Maschinensystemen
•= Test der technisch nutzbaren Eigenschaften weiterer, evtl.
biotechnologisch veränderter Bio-Materialien (bisher vor allem
DNS, Bakteriorhodopsin, S-Layer, Mikrotubuli)
9.29.29.29.2 Umfassende TechnologiekompetenzUmfassende TechnologiekompetenzUmfassende TechnologiekompetenzUmfassende Technologiekompetenz
Der Technologiebereich Bio2Nano ist vor allem auf Anwendungsfelder
ausgerichtet, die eigentlich von anderen Technologien dominiert werden.
Deshalb ist es erforderlich, einen kontinuierlichen Abgleich durch-
zuführen, der über die Perspektiven der Nanobiotechnologie und den
damit verbundenen Mehrwert für die jeweiligen Anwendungsbereiche
Auskunft gibt. Es reicht beispielsweise nicht aus, bioelektronische Bau-
teile zu entwickeln, wenn keine Aussichten auf eine konkurrenzfähige
Performance besteht.
Es müssen deshalb Forschungsgruppen gebildet werden, die über eine
umfassende Technologiekompetenz verfügen, z.B. durch Einbeziehung
von Industriepartnern, die bereits im anvisierten Anwendungsbereich mit
konventionellen Technologien vertreten sind.
Für eine gezielte Vorgehensweise und zur umfassenden Erschließung der
Innovationspotentiale sind folgende Punkte zu berücksichtigen:
•= perspektivischer Leistungsvergleich zu bereits etablierten Technolo-
gien und deren Entwicklungspotentialen, genaue Identifikation des
möglichen Mehrwertes durch Einbringen der Nanobiotechnologie.
•= Vergleich zu anderen neuen Technologien (z.B. nicht-biologische
molekulare Maschinen, physikalisch-chemisch dominierte Anstreng-
ungen zur Entwicklung einer Molekularelektronik).
•= Prüfung der Kombinierbarkeit von Technologien (z.B. Hybridsys-
teme), um neue Synergien zu ermöglichen.
Gesamtbewertung und Ausblick 105105105105
•= Evtl. ist eine rein biomimetische Übertragung von biologischen
Prinzipien und Funktionalitäten in technische Systeme möglich
(vorteilhaft wenn biospezifische Nachteile wie geringe Stabilität,
Haltbarkeit, wässriges Medium etc. auftreten und eine Rolle spielen).
9.39.39.39.3 Synergie mit Nano2BioSynergie mit Nano2BioSynergie mit Nano2BioSynergie mit Nano2Bio----ApplikationenApplikationenApplikationenApplikationen Einige der Forschungsanstrengungen, die in dieser Technologieanalyse
dargestellt wurden, sind auch für den lebenswissenschaftlichen Bereich
(Nano2Bio) von großer Bedeutung. Technisch nutzbare Selbstorganisa-
tionsphänomene dürften z.B. auch für die nanoskalige Funktionalisierung
von Biochips eine große Rolle spielen. Auch die biologisch-technische
Schnittstellenproblematik, Analyse- und Manipulationssysteme, der Auf-
bau hybrider Systeme betreffen beide Teilbereiche der Nanobiotechno-
logie, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität.
Aufgrund der Anwendungsnähe des Nano2Bio-Bereiches ist damit zu
rechnen, dass dort stattfindende Entwicklungen schneller vorankommen
und quasi als „Spin-off-Technologie“ auch Bereiche des Bio2Nano-
Gebietes befruchten werden (insbesondere die Beiträge zur Neuro-
technologie, zum DNA-Computing und zum Aufbau einer molekularen
Maschinentechnologie).
Natürlich wird der Transfer auch in die andere Richtung erfolgen, jedoch
ist es vor allem für eine anwendungsrelevante Bio2Nano-Entwicklung im
rein technischen Bereich ein entscheidender Faktor, dass im Life-
Science-Sektor übertragbare Technologien entwickelt werden.
9.49.49.49.4 SelbstorganisationSelbstorganisationSelbstorganisationSelbstorganisation
Will man eine der hier vorgestellten Technologien hervorheben, dann ist
es die technische Nutzung von Selbstorganisationsphänomenen (vgl.2.2). Der gezielte bottom-up Aufbau nanoskaliger Strukturen (z.B.
für die Molekularelektronik) benötigt völlig neuartige Produktions-
verfahren, die im Idealfall eben auf Selbstorganisationsprinzipien
zurückgreifen können. Die Bedeutung, die diesem Technologiebereich
zugemessen wird, lässt sich auch an der seit 2001 steigenden Zahl von
Artikeln in den Wissenschaftsmagazinen Science und Nature ablesen, die
sich mit Selbstorganisationsphänomenen befassen.
106106106106 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
Trotz der Bedeutung dieses Teilbereiches fehlt eine systematischen Auf-
arbeitung dieses Technologiefeldes: Die einzelnen Prinzipien sollten
klassifiziert werden, um gezielt Schwerpunkte setzen zu können. Des
weiteren gilt es, die Leistungsfähigkeit verschiedenster Selbstorganisa-
tionsprozesse zu kombinieren, zu verbessern und letztlich für die
Produktionstechnik nutzbar zu machen.
Eine Technologieanalyse, speziell auf diesen Themenbereich ausge-
richtet, könnte hierfür wichtige Vorarbeit leisten. Hierbei müssen neben
den biologischen Selbstorganisationsphänomenen auch die aus dem
Bereich der Chemie und der Physik einbezogen und miteinander
verglichen werden.
Die Selbstorganisation wird zwar bereits im Rahmen von BMBF-
Fördermassnahmen berücksichtigt, jedoch nur als jeweils untergeordneter
Technologieteilbereich. Ein eigenständiges, klar strukturiertes und
zielgerichtetes Forschungsprogramm für die fächerübergreifende Technologie der Selbstorganisation dürfte jedoch einen entscheidenden
Schritt in Richtung anwendungsbezogener Produktionsverfahren vor
allem für nanoskalige Strukturen darstellen.
9.59.59.59.5 InterdisziplinaritätInterdisziplinaritätInterdisziplinaritätInterdisziplinarität
Für eine erfolgreiche und innovative nanobiotechnologische Forschungs-
arbeit ist interdisziplinäres Know-how unumgänglich. Wissen aus den
Bereichen Physik, Chemie und Biologie muss kombiniert werden, um
wertvolle Beiträge zur Nanobiotechnologie zu leisten – nicht zuletzt, um
auch den Abgleich zu anderen Technologien sowie Synergien zu
ermöglichen (siehe Abschnitt 9.2).
Viele der angesprochenen Experten haben auf die hohe Bedeutung der
Interdisziplinarität für dieses Technologiefeld hingewiesen. Es wurde
sogar empfohlen, den Aufbau und das Einbringen interdisziplinärer Qualitäten durch Förderprogramme aktiv zu unterstützen.
Folgende Punkte sollten hierbei eine große Rolle spielen:
•= Gezielte Workshops zur Zusammenführung verschiedener Experten-
gruppen.
•= Das Errichten räumlich benachbarter, fachübergreifender und
anwendungsbezogener Forschungs, Entwicklungs- und Ausbildungs-
strukturen (etwa wie am CeNS der Universität München, oder der
Gesamtbewertung und Ausblick 107107107107
Technologiepark Münster unter Einbeziehung der ortsansässigen
Universität und Fachhochule).43
•= Aufbau ausgewogener Netzwerke mit klaren Vorgaben zur
interdiszplinären Umsetzung von Forschungsvorhaben, zu einer
umfassenden Technologieberatung und zum Technologietransfer.
9.69.69.69.6 FazitFazitFazitFazit
Im folgenden sind nochmals die wichtigsten Aussagen für den Bereich Bio2Nano zusammengestellt:
•= dominiert von Grundlagenforschung.
•= breit gefächertes, in großen Teilen wenig homogenes Forschungs-
feld mit vielen potentiellen Anwendungsbereichen, langfristiger
Zeithorizont.
•= ein anwendungsorienter Technologieaufbau ist trotzdem möglich,
umfassende Technologiekompetenz zum innovativen Abgleich
erforderlich.
•= zentrale Forschungsaspekte, siehe unter Abschnitt 9.1.
•= interdisziplinäre Kompetenz und Zusammenarbeit sind essentiell.
In der geplanten Fortsetzung der Technologieanalyse wird die Nanobio-
technologie auf den von den Life-Sciences dominierten Teilbereich
„Nano2Bio“ fokussiert. Diesem Technologiefeld kann eine deutlich
konkretere, sehr anwendungsbezogene und vergleichsweise zeitnahe
Perspektive zugeschrieben werden. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass
sich hierbei auch Schlußfolgerungen ergeben werden, die sich teilweise
deutlich von den hier erhaltenen Ergebnissen unterscheiden.
43Insbesondere in den USA wird die interdisziplinäre Kooperation und Ausbildung (z.B. interdisziplinäre Nanotechnologie-Studiengänge an der Cornell University) wesentlich intensiver betrieben als hierzulande.
108108108108 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
Anhang 109109109109
10.10.10.10. ANHANGANHANGANHANGANHANG
10.110.110.110.1 LiteraturverzeichnisLiteraturverzeichnisLiteraturverzeichnisLiteraturverzeichnis Aich, P., S. L. Labiuk, L. W. Tari, L. J. T. Delbaere, W. J. Roesler, K. J. Falk, R. P. Steer, J. S. Lee,
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Anhang 115115115115
10.210.210.210.2 Auswahl einiger nationaler und internationaler Auswahl einiger nationaler und internationaler Auswahl einiger nationaler und internationaler Auswahl einiger nationaler und internationaler Arbeitsgruppen im Bereich Bio2NanoArbeitsgruppen im Bereich Bio2NanoArbeitsgruppen im Bereich Bio2NanoArbeitsgruppen im Bereich Bio2Nano
Ansprechpartner, Institut, Adresse Spezielle Forschungsgebiete Beispiele in der
Technologieanalyse Prof. Dr. Angela M. Belcher University of Texas, Dept. of Chemistry and Biochemistry Austin TX 78712 Campus Code A5300, Welch 4.222 (USA) Tel.: 001 512-471-1154 Fax: 001 512- 471-8696 email: [email protected] http://www.cm.utexas.edu/belcher/
•= Biomaterials •= Bioengineering •= Bioelectronics •= Bio-magnetic Materials •= Bio-molecular Machines •= Super-molecular Asembly
Biomineralisation Nanofabrikation (Proteine) vgl. Kap. 2
Priv.-Doz. Dr. Frank Bier Fraunhofer Institut Biomedizinische Technik Arthur Scheunert-Allee 114-116 14558 Bergholz-Rehbrücke Tel.: (033) 200-88-37 Fax: (033) 200-88-452 email: frank.bier@ibmt.
fraunhofer.de http://www.ibmt.fhg.de/ ibmt3ambtmolekular_index.html
•= Nanobiotechnologie •= Molekulare Bioanalytik &
Bioelektronik •= Transducer/Biosensoren •= Chip-Rezeptorkopplung
Bionanostrukturierung •= BioChip-Analysemethode •= Biomolekulare Wirkungsanalyse
Nanobiofabrikation / DNS-Selbstorganisation Biosensorik, Bioanalytik vgl. Kap. 2, 4
Prof. Dr. Cees Dekker Molecular Biophysics group, Dept. of Applied Physics & DIMES, Delft University of Technology Lorentzweg 1 NL-2628 CJ Delft Tel.: 0031 15-278-6094 Fax: 0031 15-278-1202 email: [email protected] http://www.mb.tn.tudelft.nl/user/ dekker/index.html
•= DNA mediated assembly •= DNA and enzymes •= Nanofluidics (DNA, Nanotubes) •= Conductance meassurements on
DNA
molekulare Bioelektronik (DNS und Nanoröhren) Nanofabrikaition (DNS-Positionierung) vgl. Kap. 7.1, 7.1.1
116116116116 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
Dr. Wolfgang Fritzsche Institut für Physikalische Hochtechnologie (IPHT) Abt. Biotechnische Mikrosysteme Winzerlaer Str. 10 07745 Jena Tel.: (03641) 2063-04 Fax: (03641) 2063-99 email: [email protected] http://www.ipht-jena.de/ BEREICH_3/index_b3.html
•= Molekulare Nanotechnologie •= gezielte Adsorption von
Biomolekülen auf festen Substraten •= elektrische Messungen an
molekularen Strukturen •= Benutzung einzelner Moleküle als
lithografische Masken •= Gold-Nanopartikel als neuartige
Marker für DNA-Chips •= DNA-Nanotechnologie
Nanobiofabrikation, DNS Biomolekulare Elektronik vgl. Kap. 2, 7.1
Prof. Dr. Michael Grätzel Labor. for Photonics and Interfaces Swiss Federal Institute of Technology CH-1015 Lausanne Tel.: 0041 21-693-3112 Fax: 0041 21-693-6100 email: [email protected] http://sb.epfl.ch/icmb/graetzel_e.htm
•= künstliche Photosynthese •= Katalyse •= Bioelektronik
lichtenergetische Prozesse vgl. Kap. 5.2
Prof. Dr. Devens Gust Photosythesis Center Dept. of Chemistry & Biochemistry Arizona State University Box 871604, Tempe, AZ 85287-1604 (USA) Tel: 001 480-965-4430 Fax: 001 480-965-8607 email: [email protected] http://photoscience.la.asu.edu/
•= photosynthesis •= solar energy harvesting •= biomimetic conversion •= molecular electronics and
optoelectronics
lichtenergetische Prozesse vgl. Kap. 5.1
Prof. Dr. Norbert Hampp Philipps-Universität (FB Chemie) Hans-Meerwein-Straße Geb. H 35032 Marburg Tel.: (06421) 282-5778 Fax: (06421) 282-5798 email: [email protected] http://www.chemie.uni-marburg.de/ ~hampp/index.html
•= Bakteriorhodopsin als biologisches Material für die optische Informationsverarbeitung
•= Rastersondenmikroskopie an biologischen Materialien
•= Biosensoren
Datenspeicherung und Sicherheitstechnik mit Bakteriorhodopsin vgl. Kap. 7.4
Anhang 117117117117
Prof. Dr. Jonathon Howard Max Planck Institute of Molecular Cell Biology and Genetics Pfotenhauerstrasse 108 01307 Dresden Tel.: (0351) 2102-500 Fax: (0351) 2102-020 email: [email protected] http://www.mpi-cbg.de/
•= Molecular and cellular mechanics •= molecular mechanisms of force
generation by motor proteins •= structural basis for the regulation of
motor proteins •= Microtubule dynamics •= Mechanoelectrical transduction by
cutaneous sensory receptors •= Remodeling of the extracellular
matrix
Biomolekulare Motoren vgl. Kap. 6.1.1
Prof. Dr. Christine D. Keating 152 Davey Laboratory The Pennsylvania State University University Park, PA 16802 (USA) Tel.: 001 814-863-7832 Fax: 001 814-865-192 email: [email protected] http://research.chem.psu.edu/ cdkgroup/
•= Functional Architectures •= DNA-directed nanowire assembly •= Synthetic Cells •= stripped metal bar codes
Nanofabrikation vgl. Kap. 2
Prof. Dr. Stephen Mann School of Chemistry, University of Bristol, UK-Bristol BS8 1TS Tel.: 0044 117-9289-935 Fax: 0044 117-9251-295 email: [email protected] http://www.chm.bris.ac.uk/inorg/ mann/webpage.htm
•= Biomineralization •= Biomimetic Materials Chemistry •= Magnetic Proteins and
Bioinorganic Nanocomposites •= Centre for Organized Matter
Chemistry
Biomineralisation vgl. Kap. 2.3
Prof. Dr. Chad A. Mirkin Department of Chemistry & Institute for Nanotechnology Northwestern University 2145 Sheridan Road Evanston, IL 60208-3113 (USA) Tel.: 001 847-491-2907 Fax: 001 847-467-5123 email: camirkin@chem. northwestern.edu http://www.chem.northwestern.edu/ ~mkngrp/
•= DNA Nanoparticle Assembly and Diagnostics
•= DNA-driven Nanoparticle Assembly
•= DNA-Detection Arrays •= Fundamental Properties of
Nanoparticle Assemblies •= New Nanoparticle Compositions
and Shapes •= Nanoparticle Strategies for DNA
Sequence Detection •= Dip-Pen Nanolithography
Nanofabrikation, DNS-Selbstorganisation vgl. Kap 2
111111118888 Nanobiotechnologie I:Grundlagen und Anwendungen
Prof. Dr. Carlo D. Montemagno Dept. of Biological and Environ- mental Engineering Cornell University, 304 Riley-Robb Hall Ithaca, NY 14853-5701 (USA) Tel.: 001 607-255-2280 Fax: 001 607-255-4080 email: [email protected] http://www.bee.cornell.edu/faculty/ faculty-bio.cdm11.htm
•= Applied Nanotechnology and Engineering
•= Biomolecular Motor Research (F1-ATPase)
biomolekulare Motoren (F1-ATPase) vgl. Kap. 6.1.2
Prof. Dr. Christof M. Niemeyer Universität Dortmund, Biologisch- Chemische Mikrostrukturtechnik Otto-Hahn Str 6 44227 Dortmund Tel.: (0231) 755 6128 Fax: (0231) 755 5048 email: [email protected] http://www.uft.uni-bremen.de/ biotech/cmn/
•= Halbsynthetische DNA-Protein-Konjugate
•= Molekulare Nanotechnologie •= DNA-directed assembly •= Biomimetic bottom-up-strategies
Nanofabrikation, DNS-Selbstorganisation vgl. Kap. 2
Prof. Dr. Kazuhiro Oiwa Kansai Advanced Research Center, Protein Biophysics Group 588-2 Iwaoka, Nishi-ku, Kobe 651-24, (Japan) Tel.: 0081 78-969-2230 Fax: 0081 78-969-2239 email: [email protected] http://www-karc.crl.go.jp/d331/ index-E.html
•= biomolekulare Linearmotoren, Kontroll- und Steuersysteme
biomolekulare Linearmotoren vgl. Kap. 6.1.2
Prof. Dr. Wolfgang Pompe, Dr. Michael Mertig Technische Universität Dresden Institut für Werkstoffwissenschaft Hallwachstr. 3 01062 Dresden Tel.: (0351) 463-314 Fax: (0351) 463-31422 email: [email protected] http://www.mpgfk.tu-dresden.de/ arbeitsgruppe/gruppe.html
•= Biomineralisation •= BioNanotechnologie und
Strukturbildung •= Metallische Nanostrukturen auf
biomolekularen Templaten •= Molekulardynamische Simulation
der Clusterbildung •= Einzelmolekülmanipulation und
molekulare Maschinen •= Biomolekulare Strukturbildung an
Oberflächen und Biofilmbildung •= Biomineralisation •= Nanostrukturen auf biomolekularen
Templaten •= Rasterkraftmikroskopische
Untersuchungen an biologischen Proben
Nanobiostrukturierung / S-Schichten (Template, Substrate, Metallisierung) vgl. Kap. 2, 4
Anhang 119119119119
Prof. Dr. Ned C. Seeman Department of Chemistry New York University 1066 Waverly Building New York, NY 10003, (USA) Tel: 001 212-998-8395 email: [email protected] http://www.nyu.edu/pages/chemistry/ Faculty/seeman.html
•= DNA Nanotechnology •= nanomechanical device •= DNA Based Computing.
Nanofabrikation (DNS) DNA-Computing vgl. Kap. 2, 6.2.2
Prof. Dr. Uwe B. Sleytr, Prof. Dr. Dietmar Pum, Prof. Dr. Paul Messner, Prof. Dr. Margit Sára Zentrum für Ultrastrukturforschung und Ludwig Boltzmann Institut für Molekulare Nanotechnologie der Universität für Bodenkultur Wien Gregor Mendelstr.33 A-1180 Wien Tel: 0043 147-654-2200 Fax: 0043 147-891-12 E-Mail: [email protected] http://www.boku.ac.at/zuf/
•= Nanostrukturen •= Nanoglybiologie •= Molekulare Biotechnology und
biomimetische Membranen
S-Schicht Subtrate / Template, Filtrationsmembranen vgl. Kap. 2.2, 3, 4
Dr. Viola Vogel Department of Bioengineering University of Washington Box 351721 Bagley Hall, Room 422B (USA) Tel.: 001 206-543-1776 Fax: 001 206-685-3300 email: [email protected] http://depts.washington.edu/bioe/ people/vogel.shtml
•= Molecular shuttles and tracks •= Organic-matrix controlled
mineralization
biomolekulare Motoren vgl. Kap. 6.1.2