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Ausgangspunkt des Erkenntnisweges – Der Beginn jeder Forschung
Platon: Die Idee Kant: Ding an sich
Was ist es … ?
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Naturwissenschaft (Physik) ist recht gut bei der Beantwortung auf Fragen wie:
• Welche Eigenschaften hat es? • Welche Lage im Raum hat es? • Was tut es? • Was tut es, wenn…? • Kann man / wie kann man das was es tut
vorhersagen, steuern, beeinflussen? • …
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• Was ist Gerechtigkeit? • Was ist der Sinn des Lebens? • Gibt es einen Gott? • …
Grenzen der naturwissenschaftlichen Beantwortung:
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Grenzen der naturwissenschaftlichen Beantwortung:
• Was ist Energie?
• Was ist Raum, Zeit?
Feynman: „Es ist wichtig, einzusehen, dass wir in der heutigen Physik nicht wissen, was Energie ist.“
Augustinus: „Was also ist die Zeit? Wenn niemand mich danach fragt, weiß ich's, will ich's aber einem Fragenden erklären, weiß ich's nicht.“
Newton: „Zeit, Raum, Ort und Bewegung, als allen bekannt, erkläre ich nicht.“
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Was ist die Natur der Naturwissenschaft?
Frage innerhalb der Naturwissenschaft nicht beantwortbar!
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Natur der Naturwissenschaft
Wortspiel:
Die Wesenheit
Die Eigenart
Das Charakteristische
Gegenstandsbereich, den wir mit Natur bezeichnen
„Natur, Umwelt, natürliche Umgebung des Menschen, Erde, Sonnensystem, Universum, …“
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Was ist Naturwissenschaft?
• Wissenschaft, die sich mit einem Gegenstandsbereich, den wir Natur nennen, beschäftigt
• Wissenschaft, die zur Beantwortung ihrer Fragen (eine) bestimmte Methode(n) anwendet. – „naturwissenschaftliche Methode“
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Karl Popper Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie:
• Induktionsproblem - Methodologie Die Frage nach der Geltung der Naturgesetze: „Bekanntlich berechtigen uns noch so viele Beobachtungen von weißen Schwänen nicht zu dem Satz, dass alle Schwäne weiß sind.“
• Abgrenzungsproblem - Gegenstandsbereich Die Frage nach den Grenzen der wissenschaftlichen Erkenntnis:
„Mir war klar, daß alle diese Leute nach einem Abgrenzungs-kriterium suchten […]
Und mir war auch klar, daß mein Abgrenzungskriterium besser war als das ihre.“
Popper, K.R. (1934): Logik der Forschung. Springer. Wien. Popper, K.R. (1974): Ausgangspunkte. Meine intellektuelle Entwicklung. Hamburg: Hoffmann und Kampe.
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Probleme mit erkenntnistheoretischen Kriterien lösen?
Wissenschaft charakterisiert durch …? Einwände …
Objektivität Objektivität ist selbst historisch gewachsen
Intersubjektivität Es gibt Bereiche, in denen nur sehr wenige Wissenschaftler Expertise teilen
Systematischer Zweifel: undogmatisch Es gibt auch wissenschaftsimmanente Stabilisierungsmuster
Wiederholbarkeit von Experimenten
Es gibt auch singuläre Ereignisse (Supernova) oder lokales Wissen und Ressourcen, die Wiederholungen durch andere Wissenschaftler verunmöglichen
Verifikation (Bestätigung) Es gibt logische Einwände (Popper)
Falsifikation (Bewährung) Hat forschungspraktisch geringe Bedeutung
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Ab ~1970: Thomas Samuel Kuhn (1962):
Ernst Kircher: „Für mich ist dieses Buch eine Pflichtlektüre für Naturwissenschafts-didaktiker.“
sozialkonstruktivistische Perspektive auf Wissenschaften
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• Frage der Philosophie • Wissenschaftstheorie • Wissenschaftsgeschichte
– (HPS): History and Philosophy of Science
• Wissenschaftssoziologie
Was ist Wissenschaft?
Vor allem von
methodologische / epistemologische / wissenschaftssoziologische Demarkation
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Wissenschaft vs Metaphysik Ontologie, Philosophie des Geistes
Platon: Ideenlehre Aristoteles: Erste Philosophie (Metaphysik) Zweite Philosophie (Physik) Thomas von Aquin: „Königin der Wissenschaften“ Kant: „Prolegomena“ Hegel, Fichte, Schelling: Deutscher Idealismus Heidegger, Satre: Sein und Zeit Das Sein und das Nichts
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Wissenschaft vs Pseudowissenschaft
Popper: Marxismus, Psychoanalyse, Astrologie Esoterik: Radiästhesie, Geomantie, Telepathie, Wünschelrutengehen, etc. … Verschwörungstheorien, Weltuntergangstheorien: 21.12.2012
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Die Informationen dieser Website zur ATOX®-Technologie sind wie die Homöopathie, Akupunktur und weitere Naturheilverfahren in den Bereich der Erfahrungswissenschaften einzuordnen. Die wesentlichen Grundlagen des Denkmodells, auf dem ATOX® basiert, werden immer mehr durch die neuesten Erkenntnisse aus der Quantenphysik und Biophysik bestätigt, jedoch werden sie von der derzeit herrschenden Lehrmeinung der Schulmedizin noch nicht akzeptiert, da sie in diesem Sinne nicht wissenschaftlich nachweisbar sind
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Worauf ist Verlass?
• Woher stammt das Wissen?
• Wie wurde es generiert?
• Wer verfasste den Artikel?
•Wer / Was wurde als Quelle herangezogen?
• Wer waren die Reviewer?
Wer ist EXPERTE?
Wer trifft Entscheidungen?
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Douglas Allchin (2010, 2011)
NOS als Konfidenz-Problem:
Frage nach der Vertrauenswürdigkeit und Glaubwürdigkeit in wissenschaftsinformierten Diskursen,
die Meinungs- und Urteil-Bildung und/oder Entscheidungen erfordern
Allchin, D. (2011). Evaluating Knowledge of the Nature of (Whole) Science. Science Education 95(3), 518-542. Allchin, D. (2010). Evaluating NOS Understanding: A Whole Science Approach. http://www.hipst.uni-hamburg.de/archive%20of%20papers.html
Socio-scientfic issues
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Wissenschaftliches Expertenwissen wird über Medien vermittelt - Dazwischen viele Filter!
Politische Entscheidungsträger
(Wissenschaftlich gebildete)
Wissenschaftliche Experten
Wissenschafts-journalisten
Experten-gruppen
Pressesprecher
Redaktionen
Journalisten
Laien
Gutachter
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• socio-scientific issues im Bereich Technik haben oft mit Risikobewertung / Technikfolgenabschätzung zu tun
• wissenschaftliche Evidenz kann widersprüchlich sein (“Es gibt viele Studien.”)
Urteile und Entscheidungen müssen unter Unsicherheitsbedingungen gefällt werden
• naturwissenschaftliches Wissen kann zwar hilfreich sein, es ist aber von begrenzter Funktion
es sagt einem nicht was man tun soll! (Grenze der NW!)
Schwierigkeit bei der Entscheidungsfindung, der Meinungsbildung:
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Wie kann man als Laie naturwissenschaftliche Expertise z. B. im Kontext Klimawandel beurteilen?
Man kann die Klimamodelle der Klimaforschungsinstitute nicht nachrechnen
Letztlich eine Glaubensfrage?
Man kann aber beurteilen, ob der/die Wissenschaftler(-Gruppe) Anerkennung und Glaubwürdigkeit genießt!
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• Verfügen über Forschungsmittel und weitere Ressourcen
• Publikationen in bedeutenden wiss. Journalen und
Handbüchern
• häufiges Zitieren durch andere Wissenschaftler
• Anerkennung der Expertise durch weitere Wissenschaftler
• Preise und Auszeichnungen
• guter Ruf des Wissenschaftlers innerhalb der
Wissenschaftlergemeinschaft und darüber hinaus
„Einen (guten) Namen haben“
Erkennbare Merkmale wissenschaftlicher Expertise:
Keine epistemologischen Kriterien
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Probleme mit erkenntnistheoretischen Kriterien lösen?
Wissenschaft charakterisiert durch Einwände
Objektivität Objektivität ist selbst historisch gewachsen
Intersubjektivität Es gibt Bereiche, in denen nur sehr wenige Wissenschaftler Expertise teilen
Systematischer Zweifel: undogmatisch Es gibt auch wissenschaftsimmanente Stabilisierungsmuster
Wiederholbarkeit von Experimenten
Es gibt auch singuläre Ereignisse (Supernova) oder lokales Wissen und Ressourcen, die Wiederholungen durch andere Wissenschaftler verunmöglichen
Verifikation (Bestätigung) Es gibt logische Einwände (Popper)
Falsifikation (Bewährung) Hat forschungspraktisch geringe Bedeutung
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(Natur)Wissenschaften und (natur)Wissenschaftliches Wissen ist eine menschliche, eine soziale Konstruktion es ist das, was nach Filterprozessen übrig bleibt es kann keine Wahrheit oder Sicherheit garantieren
Sozialkonstruktivistische Perspektive auf Wissenschaften
(Scientific) Community bestimmt, was wissenschaftliches Wissen ist und was nicht
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Geltungsbedingungen der Scientific Community
• Regelt Zugangsbedingungen über Zertifikate (BA, MA, PhD, Diplomarbeit, Promotion, Habilitation)
• Gegenseitige soziale Kontrolle: (peer-reviews in Journalen, Besetzungskommissionen,…)
• Hirarchie der Expertise geregelt durch: – Plenarvorträge/Sondergäste auf wissenschaftlichen
Tagungen – Lehrbuch-Autorenschaft, Handbook Herausgeber – Wissenschaftliches Zitieren (Web of Science, SCI, impact
factor, Hirschfaktor,…)
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War die „klassische“ Wissenschaft anders?
• Historisch belegte Briefwechsel zwischen Wissenschaftlern
• Zensur durch Institutionen (Royal Society, Newton) • Animositäten zwischen Zeitgenossen • Öffentliche Vorführungen in Salons etc.:
Zeugenschaft
Wissenschaftssoziologische Kriterien entscheidend für Wissenschaftlichkeit
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Über Naturwissenschaften lernen = Über Wissenschaften lernen
(Natur)wissenschaftliche Bildung: „Scientific Literacy“
als Beitrag zur Allgemeinbildung
Kompetenzmodell Matura NEU: WISSEN - HANDELN - BEWERTEN
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Beschäftigung mit Naturwissenschaft befähigt SchülerInnen zum logischen und kritischen Denken: • Analysefähigkeit von Prozessen • Angemessene Fragestellungen • Vertrauen/Misstrauen von Beweisen: Evidenz
Naturwissenschaftliche Geisteshaltung Übertragung auf sämtliche Lebensbereiche
Dewey, J. (1930): Demokratie und Erziehung: Eine Einleitung in die philosophische Pädagogik. Breslau. Ferdinand Hirt
John Dewey ~ 1900 amerikanischer Reformpädagoge und Philosoph (Pragmatismus)
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Erweiterung des PISA Rahmenkonzepts naturwissenschaftlicher Grundbildung:
Klieme, E., Artelt, C., Hartig, J., Jude, N., Köller, O., Prenzel, M., Schneider, W., & Stant, P. (Hrsg.) (2010): Pisa 2009. Bilanz nach einem Jahrzehnt.
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Deng et al. 2011: Students´ Views of the Nature of Science (VNOS):
A Critical Review of Research (Metastudie)
Forschungsstand
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Adäquate Ansichten über NdN helfen:
• den Prozess der (Natur)Wissenschaften zu verstehen
• fundierte Meinung / überlegte Entscheidungen zu „socio-scientific issues“ zu haben / zu treffen
• Wissenschaften als ein entscheidendes Element der menschlichen Kultur zu verstehen
• über die wissenschaftliche Gemeinschaft, die „scientific community“ und deren Regeln Bescheid zu wissen
• wissenschaftliche Inhalte besser zu verstehen
Deng et al. (2011): Students´Views of the Nature of Science: A Critical Review of Research. Science Education.
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Ernüchterndes Ergebnis:
Es gibt keine einheitliche Defintion was die Natur
der Naturwissenschaft (NOS) ist
Es gibt keinen Konsens welche Ansichten über die
NdN (VNOS) überhaupt adäquat sind
45 Lederman (2006): Nature of Science: Past, Present and Future. Second international Handbook of Science Education
Lederman 2006:
If one considers the differences among the works of
Popper (1959), Kuhn (1962), Lakatos (1970), Feyerabend
(1975), Laudan (1977), and Giere (1988), it becomes quite
clear that perceptions of NOS are as tentative (vorläufig),
if not more so, than scientific knowledge itself. In short,
NOS is analogous to scientific knowledge.
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Was sollen Schülerinnen und Schüler über die Natur der Naturwissenschaft wissen?
Gretchenfrage:
Was unterrichten?
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• ist vorläufig und nie absolut sicher. Es kann und wird sich im Lauf der Zeit verändern
• basiert auf Empirie, d.h. auf direkten oder indirekten Beobachtungen der natürlichen Welt
• ist subjektiv, d.h. es beinhaltet den persönlichen Hintergrund, Lebenslauf etc. des Forschers und ist von seinem Wissen/Erfahrungen beeinflusst („theoriegeladen“)
• beinhaltet notwendigerweise ein menschliches Element: logische Schlussfolgerungen, Vorstellungsvermögen und Kreativität
• ist in die Gesellschaft und Kultur eingebettet und dadurch bedingt, genauso wie es selbst beides bedingt
• S/S sollen den Unterschied zwischen Beobachtung und Schluss kennen
• S/S sollen die unterschiedliche Funktion, Bedeutung und die Beziehung von und zwischen Theorien und Gesetzen kennen
Lederman: Naturwissenschaftliches Wissen:
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Herr Pfeifer möchte in einer achten Klasse ein Elektrizitätsmodell einführen - Alltagsgeschäft für Physiklehrinnen und -lehrer. Er möchte dies anhand eines Versuchs tun: Auf den Lehrertisch stellt er zwei sich berührende Blechdosen auf Styroporscheiben. Er reibt nun vor den Augen der Klasse einen Kunststoffstab, den er den Dosen bis auf wenige Zentimeter nähert. Anschließend trennt er die Dosen voneinander und entfernt den Kunststoffstab. Mit einem empfindlichen Elektroskop demonstriert er seinem Publikum, dass beide Dosen ungleichnamig elektrisch geladen sind. Zufrieden nimmt man das Ergebnis zur Kenntnis, aber schon graut dem Lehrer (und nicht nur ihm!) vor der Auswertungsprozedur. Im Galopp wird an der Tafel ein gemeinsames Protokoll fixiert. Dann gilt es, noch schnell den Abschluss hinzubekommen, den Königsteil des Protokolls, nämlich das, worum es eigentlich geht (wie Herr Pfeifer betont): die Erklärung des Versuchs. Negative und positive elektrische Ladungen befinden sich auf den Dosen, heißt es. Von den einen wie den anderen gibt es auf einem ungeladenen Körper jeweils gleich viele, und erst die Trennung der beiden Ladungssorten im Versuch lässt uns überhaupt bemerken, dass es sie gibt. Die positiven Ladungen sind die ortsfesten, an die Atome gebundenen, die negativen dagegen, die Elektronen, sind in Metallen frei beweglich. Aber das ist alles nur ein Modell!
Unterricht Physik Nr. 103: Was ist Physik?
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• Naturwissenschaften beginnen mit dem Experimentieren
• Experimente macht man, um etwas herauszufinden
• Manchmal sind diese gefährlich, etwas qualmt oder explodiert
• Experimente haben keine theoretischen Voraussetzungen
• Modelle und Erklärungen ergeben sich mehr oder weniger eindeutig aus Experimenten
• Modelle benötigt man, wenn Dinge viel zu klein sind, um sie zu sehen
• Man kommt einfach nicht von allein auf solche Erklärungen, d.h. Forscher müssen sehr intelligent sein
• Hypothesen werden zu Theorien und Theorien zu Gesetzen
• Die Gesetze der Naturwissenschaften gelten absolut, d.h. immer und überall
• Naturwissenschaftliches Wissen ist sicher und objektiv, man kann sich darauf verlassen
• Forschung ist frei von Zwecken, sie dient sich nur selbst
• Wissenschaftler arbeiten in der Regel allein, sie sind genial und oft auch etwas sonderbar oder gar verrückt
• Und: Es sind Männer!
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Perspektiven für den Unterricht
Gefahr Möglichkeit
NW Wissen als Produkt NW Wissen als Prozess
Genialität einzelner (männlich) Heroen Wissenschaftliche Gemeinschaften
Objektivität des NW Wissens Menschen mit persönlichen Motiven
Gelingen, keine Irrwege Scheitern, Kontroversen
Kumulative Wissensbestände Wissensbestände fragil und vorläufig
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Gelingensbedingungen für das Lernen über die NdN
• Explizite Reflexionsphasen auf die NdN
• Öffnen experimenteller Lernumgebung (Instrumente, Planen, Durchführen, Ergebnisse)
• Gelegenheitsstrukturen für Beobachten, Interpretieren, Aushandeln und Kommunizieren
• Produktive Verunsicherung zulassen Wagenschein: “Das wenn auch falsch Gedachte ist mehr wert als
das gedankenlos richtig Gesagte.” • Referenzpunkte der Reflexion auf die NdN sind Geschichte und
Philosophie, eigene Erfahrung, aktuelle Bezüge
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Mit auf den Weg…
• Gerade bei Exkursionen kann man auf diese soziologische und psychologische Perspektive rekurrieren
• Nicht die Inhalte der Forschung (Fachsystematik) sondern die Gehalte (NOS) thematisieren
• weg von den Forschungsgegenständen hin zu den Menschen, die Forschung betreiben: – Wer ist dieser Mensch? Was motiviert ihn das zu tun? – Wie entsteht sein Wissen? Wie beseitigt er Unsicherheiten? – Wie wird sein subjektives Wissen zu wissenschaftlichem
Wissen? – Wie kommt eine Publikation zustande? – Wie „sicher“ muss man sich sein, bevor man etwas
veröffentlicht? Wann traut man sich etwas publizieren?