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Auszug aus dem Buch: Naturerlebnis Liechtenstein Ruggeller- und Schellenberger Riet
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LIECHTENSTEINR U G G E L L E R U N D S C H E L L E N B E R G E R R I E T
N A T U R E R L E B N I S
NATURERLEBNISLIECHTENSTEIN
Noch im 19. Jahrhundert prägten die
Streuewiesen vierzig Prozent der
liechtensteinischen Rheintalebene. Davon
sind heute nur mehr Reste verblieben,
vor allem nördlich von Ruggell.
Riedlandschaften sind in allen Jahres-
zeiten attraktiv und vielfältig an Leben.
Wir tragen für diese Vielfalt Verant-
wortung und möchten sie auch kommen-
den Generationen erhalten.
Die Bild- und Textautoren wollen uns die
Schönheiten der Riedlandschaft ver-
mitteln. Hegen und pflegen wir also die-
ses Kleinod.
ISBN 978-3-905437-14-0
Fotografie:Heeb Josef, Nescher Marco, Roser Xaver
Text:Biedermann Josef, Broggi Mario F.,Fasel Michael, Goop Rudolf, Heeb Julia,Hilbe Herbert, Kindle Theo, KühnisJürgen, Lampert Steven, Schlegel Heiner,Staub Rudolf, Willi Georg
NATURER L E BN I S L I E CH T ENS T E I NR U G G E L L E R U N D S C H E L L E N B E R G E R R I E T
Ruggeller und Schellenberger Riet
Dieses Buch beschreibt die nördlichste Tal-
ebene Liechtensteins, unterhalb der Ortschaft
Ruggell. Es ist dies ein Gebietsausschnitt
von rund zwei mal zwei Kilometern, ist also
rund vier Quadratkilometer gross. Vom nörd-
lichen Dorfrand von Ruggell als südliche
Begrenzung verläuft er entlang dem Liechten-
steiner Binnenkanal im Westen bis an die
österreichische Landesgrenze im Norden, dann
folgt er dem Grenzgraben und dem Hangfuss
des Schellenbergs im Osten.
Mario F. Broggi, geboren 1945.
Studierte Forstwirtschaft an der
ETH Zürich und doktorierte an
der Universität für Bodenkultur in
Wien zum Landschaftswandel im
Fürstentum Liechtenstein. Eh. Direktor der
Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und
Landschaft in Birmensdorf (ZH). Gründungs-
mitglied und 1. Präsident der Botanisch-Zoo-
logischen Gesellschaft Liechtenstein-Sargans-
Werdenberg und Herausgeber einer
Naturmonografie über das Ruggeller Riet.
Die Herausgeber:
Josef Heeb, geboren 1959.
Arbeitet als Betriebsfachmann in
einem liechtensteinischen Indus-
triebetrieb. Fotografiert seit über
25 Jahren die Natur und Land-
schaft seiner näheren Umgebung und schwer-
punktmässig das Ruggeller Riet. Für ihn ist der
Schutz dieses Feuchtgebiets ein sehr grosses
Anliegen.
Xaver Roser, geboren 1945.
Maschinentechniker im Ruhe-
stand. Als Naturfreund liegen die
Interessen für die Naturfotografie
nahe. Er interessiert sich für Flora
und Fauna, insbesondere die Vogelfotografie
und die Orchideenwelt haben es ihm angetan.
Er sieht in seinem fotografischen Wirken eine
sinnvolle Beschäftigung im Ruhestand.
Marco Nescher, geboren 1954.
Mitinhaber der Druckerei Guten-
berg AG. Im Jahre 2003 revitali-
sierte er den Alpenland Verlag,
der von seinem Grossvater im
Jahre 1930 gegründet wurde. In seiner Freizeit
widmet er sich mit Leidenschaft der Natur-
fotografie, insbesondere der Riedlandschaften.
Dieser Bildband ist auf seine Initiative hin
entstanden und er fand zwei weitere Foto-
grafen in Ruggell.
Sennwald
St.Gallen
Chur
A
FLSalez
Gamprin
Ruggell
RuggellerRiet
BangshofAutobahn
Rhein
Nofels
Bangs
Schellenberg
P
P
CHSchellenbergerRiet
Übersichtsplan
N a t u r e r l e b N i s l i e c h t e N s t e i N r u g g e l l e r u N d s c h e l l e N b e r g e r r i e t
die folgenden institutionen und stiftungen haben mit ihrer finanziellen unterstützung
wesentlich zum guten gelingen dieses Werkes beigetragen:
· Gemeinde Ruggell
· Kulturstiftung Liechtenstein
· Stiftung Propter Homines, Vaduz
· Aage V. Jensen Charity Foundation, Vaduz
· Stiftung Fürstl. Kommerzienrat Guido Feger, Vaduz
· Botanisch-Zoologische Gesellschaft Liechtenstein-Sargans-Werdenberg
· Gemeinde Schellenberg
· I. & B. Lampert Charity Foundation, Vaduz
· VP Bank Stiftung, Vaduz
· Centrum Bank AG, Vaduz
· International Lottery in Liechtenstein Foundation, Eschen – www.lotto.li
· LGT Bank in Liechtenstein AG, Vaduz
· Liechtensteinische Landesbank AG, Vaduz
Herzlichen Dankder vorliegende bildband vermittelt auf eindrückliche art die schönheit der riedlandschaft nördlich von ruggell.
Neben vielen hervorragenden bildern des Fotografenteams, werden die Flora und Fauna sowie die land
schaftsentwicklung durch kompetente autoren erläutert. Wir danken allen beteiligten, sponsoren und gönnern
für ihr Mitwirken. sie alle haben die realisierung dieses buches erst ermöglicht.
die herausgeber
N a t u r e r l e b N i sLiecHtenstein
r u g g e l l e r u N d s c h e l l e N b e r g e r r i e t
Bibliografische information der Deutschen Bibliothekdie deutsche bibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische daten sind im internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.
1. auflage 2009
© 2009 alpenland Verlag ag, schaan
Herausgeber: Mario F. broggi, triesen; Josef heeb, ruggell; Marco Nescher, schaan; Xaver roser, ruggell; in enger Zusammenarbeit
mit der botanischZoologischen gesellschaft liechtensteinsargansWerdenberg (rudolf staub)
Autoren: siehe Verzeichnis seite 222
Fotos: siehe Fotonachweis auf seite 223
Lektorat: herbert hilbe, werkstatt hilbe, triesen
satz und Gestaltung: Mike trummer, typografischer gestalter, gutenberg ag
Litho: gutenberg ag, schaan
schrift: rotis sans serif, Minion
Druck: gutenberg ag, schaan
Bindung: buchbinderei eibert, eschenbach
Papier: bVs matt 170 g/m², sihl + eika
Verlag: alpenland Verlag ag, Feldkircher strasse 13, Fl9494 schaan
internet: www.alpenlandverlag.li, www.buchzentrum.li
isBn 978-3-905437-14-0
Ried oder Riet?Wird der lebensraum in diesem buch angesprochen, so verwenden wir das deutsche Wort ried.
die Vorarlberger Flurnamen folgen ebenfalls dieser schreibweise, hingegen nicht die liechten steinischen
Flurnamen, die das harte «t» verwenden.
7 Zum Geleit von Regierungsrat Hugo Quaderer
9 Gedanken zum Riet der Vorsteher von Ruggell und Schellenberg
19 Die Riedlandschaft im Dreieck der Ortschaften Ruggell, Bangs und Nofels Mario F. Broggi
31 Zur Entstehungsgeschichte Heiner Schlegel
47 Die Geschichte des Nutzens und des Eigentums Mario F. Broggi
73 Die Pflanzenwelt Rudolf Staub
119 Die Tierwelt Georg Willi
181 Naturschutz Michael Fasel
197 Inspiration Mario F. Broggi
220 Zeittafel der Landschaftsgeschichte
221 Quellen
222 Autorenverzeichnis
223 Fotonachweis
inhaltsverzeichnis
Zum geleit
Seit 30 Jahren besteht die Schutzverordnung für das Ruggeller Riet. Dieser Lebensraum ist wegen seiner internationalen Bedeutung in einige europäi-sche Vertragswerke integriert. Wir tragen für verschiedene der hier vorkom-menden Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensräume eine besondere Verantwortung und sind uns dieser besonderen Aufgabe für Europas Natur-werte bewusst. Darum werden für die Pflege und den Unterhalt der Lebens-räume die entsprechenden Mittel bereitgestellt. Für die Umweltbildung und Interpretation der Bedeutung dieser Lebensräume für die Bevölkerung, aber auch für die Schulen ist noch mehr zu tun.Ich freue mich mit den Einwohnerinnen und Einwohnern der Gemeinden Ruggell und Schellenberg und allen weiteren Besuchern des Gebiets, dass wir ein solches Kleinod in Liechtenstein haben. Ich bin auch froh um diese Dar-stellung der Naturwerte in Bild und Text. Es ist den Bild- und Textautoren ge-lungen, dies eindrücklich zu veranschaulichen. Ich danke für die Vermittlung dieses Wissens und der Schönheiten und wünsche diesem Werk die ihm ge-bührende Beachtung.
Hugo QuadererRegierungsratRessort Umwelt, Raum, Land- und Waldwirtschaft
Die Kirchen von Ruggell (oben) und Schellenberg (unten) stehen für die beiden
Hoheitsgemeinden, die die Riedlandschaft nördlich von Ruggell umfassen.
gedanken zum riet
Teile des Ruggeller und Schellenberger Riets wurden 1978 wegen ihres hohen Naturwerts als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Diese Reservatslegung wurde lange als Ausschluss des Menschen aus dem Gebiet empfunden. Dieses Buch macht uns nun mit der Tatsache vertraut, dass unsere frühere bäuerliche Ge-sellschaft einen wichtigen Beitrag für den Erhalt dieser Lebensräume geleis-tet hat. Die Landschaft nördlich von Ruggell besitzt somit naturkundliche wie kulturelle Aspekte. Die lange von uns Menschen getätigte Auftrennung von Natur und Kultur ist demnach künstlich und in diesem Fall gar kontraproduktiv. Unsere Ried-landschaft ist im wahrsten Sinne eine «Kultur»-Landschaft. Die Nachhaltig-keit der ökologischen Systeme ist nur gewährleistet, wenn die alte Kultur die-ser Nutzung weiter betrieben wird. Die beste Pflege des Riets, um nur ein Beispiel zu nennen, ist der regelmässige Schnitt der Streue. Die Aufnahmen in diesem Buch belegen, dass diese Riedlandschaft noch aus-gesprochen vielfältig und attraktiv ist, und dies zu jeder Jahreszeit. Das Riet ist Quelle der Inspiration, für die bildnerische Kunst, für die Musik, für alle. Als Hoheitsgemeinden sind wir stolz auf dieses Juwel vor der eigenen Haus-türe. Es ist ein Privileg, Freizeit und Erholung in einer solchen Umgebung verbringen zu dürfen. Hegen und pflegen wir also diese Werte. Wir bekom-men viel dafür zurück.Wir danken den Bild- und Textautoren für die Vermittlung dieser Botschaft und wünschen Freude bei der Lektüre – insbesondere bei der Betrachtung der wunderschönen Naturaufnahmen. Möge uns die Riedlandschaft noch lange erhalten bleiben, für uns und die hier heimische Tier- und Pflanzenwelt.
Für die Gemeinde RuggellErnst BüchelGemeindevorsteher Ruggell
Für die Gemeinde SchellenbergNorman WohlwendGemeindevorsteher Schellenberg
Dieses Buch beschreibt die nördlichste Talebene Liechtensteins, unterhalb der Ortschaft von Ruggell. Es ist dies ein Gebietsausschnitt von rund zwei mal zwei Kilometern, ist also rund vier Quadratkilometer gross. Vom nördlichen Dorfrand von Ruggell als südliche Begrenzung verläuft er entlang dem Liechtensteiner Binnenkanal im Westen bis an die österreichische Landesgrenze im Norden, dann folgt er dem Grenzgraben und dem Hangfuss des Schellenbergs im Osten.
Die Riedlandschaft im Dreieck der Ortschaften Ruggell, Bangs und NofelsMario F. Broggi
Die mächtigsten Torflager im Alpenrheintal
In diesem LandschaftsAusschnitt in den Hoheitsgebieten der Gemeinden Ruggell und Schellenberg finden sich noch die letzten grösseren Reste von Streuewiesen in Liechtenstein. Streuewiesen fanden sich vor rund 200 Jahren noch fast auf der Hälfte des liechtensteinischen Rheintalbodens und prägten damit die traditionelle Kulturlandschaft. Es handelte sich dabei um eine extensive Grünlandnutzung: Das Streueland wurde am Rande der Vegetationszeiten beweidet, im Spätherbst wurde das Schnittgut als Viehfutter oder zur Stalleinstreue verwendet.
Die meisten der noch verbliebenen Streueflächen finden sich in einer kaum merklichen Senke zwischen dem Alpenrhein und seinem Zufluss Ill. Hier konnten sich bis in historische Zeiten «Hinterwässer» erhalten, die dann allmählich verlandeten und zum Moor wurden. In der Geländegestalt im nordöstlichen Ruggeller und Schellenberger Riet zeigt sich damit die ungewohnte Situation, dass die Topografie von Norden nach Süden fällt, also entgegen dem Rheinverlauf. Dafür dürften vor allem frühere IllAufschüttungen verantwortlich sein. In dieser Senke konnten sich nach der Eiszeit starke Torflager von gegen neun Meter Mächtigkeit aufbauen. Die Senkenränder in Richtung Norden zur Ill und gegen Westen zum Rhein haben ihrerseits einen gemischten Untergrund von Torf, Lehm und Sand. Je näher der Untergrund einem Fluss ist, desto mehr wird er lehmig, sandig bis gar kiesig. Auf diesen Standorten erzeugte der zeitweise hohe Grundwasserstand einen wechselfeuchten, mineralischen Untergrund, auf dem eine sehr begehrte feine Streue ohne Schilfanteile gedieh. Nach den beiden Weltkriegen verlor das Produkt
Blick vom Hinteren Schellenberg auf die in diesem Buch
behandelte Riedlandschaft zwischen Ruggell (links) und den beiden
Vorarlberger Ortschaften Bangs und Nofels (rechts).
«Streue» zunehmend zu Gunsten des eingeführten Strohs an Bedeutung und damit an Wertschätzung.
Einst geplanter Standort für den Alpenrheintal-Flughafen
Weniger wirtschaftlich ertragreiches Land, was es hier im Grenzbereich ÖsterreichLiechtenstein lange aus natürlichen Gründen war, regte die Fantasie des Menschen an, und er suchte andere Nutzungszwecke für den Boden. Im Ruggeller Riet sollte einst ein Radiosender gebaut werden, dann stand auch einmal ein Moorbad zur Diskussion. Vielleicht erinnern sich auch noch einige an ein Wahnsinnsprojekt der 1960erJahre, wo ein internationaler «AlpenrheinFlughafen» mit einer vier Kilometer langen Start und Landebahn zwischen Ruggell und Bangs geplant war, wobei die kommerziellen Einrichtungen im heute unter Naturschutz stehenden Ruggeller Riet entstanden wären. Gebaut hätte diesen Flughafen eine amerikanische Kapitalgruppe. Man wollte damit den Fremdenverkehr am Arlberg, in KlostersDavos und im Alpenrheintal fördern. Die hohen Erschliessungskosten für den Moorboden und die hier häufigeren Föhnstürme wurden als Gründe für die spätere Aufgabe der Idee angegeben. Sicher hätte auch der notwendige Aufkauf der zahlreichen Grundstücke für die Realisierung einige Probleme ergeben.
Die starken Kiesentnahmen im Rheinbett führten nach dem Zweiten Weltkrieg allmählich zu Grundwasserabsenkungen im rheinnahen Gebiet. Dies verbesserte die Möglichkeiten einer landwirtschaftlichen Nutzung. Ab den 1960erJahren wurden die Streueparzellen im Bangser Zipfel und in der Au mehr und mehr gedüngt.
Naturschutzgebiet seit 1978
Das noch bestehende Kerngebiet der verbliebenen Streueriede findet sich in einem kleineren Rechteck von ca. 1’700 m Breite und 600 m Tiefe und lässt sich folgendermassen begrenzen:
– im Norden durch den Grenzgraben zu Vorarlberg– im Süden durch einen Flurweg, dem dritten von Westen nach Osten
verlaufenden Querweg ab der Landesgrenze– im Osten durch die Landesstrasse von Ruggell nach Nofels (Vorarlberg)– im Westen durch den Spiersbach
In diesem Raum wurde 1978 das Naturschutzgebiet Ruggeller Riet eingerichtet. Dieses Reservat steht im Fokus dieser Schrift, und aus dem Riet stammen auch die meisten Aufnahmen. Weitere Streuewiesen finden sich südlich dieser Abgrenzung, auch östlich der erwähnten Landesstrasse nach Nofels und zwischen Spiersbach und Binnenkanal. Hierzu gehören die baumbestandenen Streueteile im Schneggenäuele und der Au, die ebenfalls ReservatsStatus geniessen.
Eine Riedlandschaft mit vielen Farbtönen
Den schönsten Überblick auf das Ruggeller und Schellenberger Riet hat man von der Anhöhe des Hinterschellenbergs. Von dort her unterscheidet sich die Riedlandschaft durch ihre Farben und Strukturen von der umgebenden, intensiver genutzten Landwirtschaft. Vor allem im Herbst zeichnen sich die ungedüngten Flächen durch einen fahl bis gelbbraunen Aspekt aus, der sich deutlich vom satten Einheitsgrün der Fettwiesen abhebt. Südlich davon werden die Böden zudem teils geackert, wobei der schwarze Moorboden mit der Umgebung besonders stark kontrastiert. Diese intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen sind meist von Baum und Strauch ausgeräumt, melioriert und bilden mit den nachträglich linear eingebrachten Windschutzstreifen ihrerseits markante Landschaftselemente. Gegen Westen zu, in Richtung Rhein, werden sie von einzelnen landschaftlich besonders prägenden Weissweiden, im Dialekt «Felba» genannt, ergänzt. Auf einer dieser Felben brütet
Sichtbare Zeichen des Abbaus des Moorbodens bilden die
weit aus dem Boden herausragenden Entwässerungsschächte.
Die tieftorfigen, organischen Böden zeichnen sich
nach der Ackerung durch ihre sehr dunkle Farbe aus.
neuerdings wieder der Weissstorch. Der Riedaspekt setzt sich in Richtung Bangs auf der österreichischen Seite fort. Hier wurde 1974 ebenfalls ein Naturschutzgebiet eingerichtet, und dieses bildet mit dem Ruggeller Riet eine grenzüberschreitende, ökologische Einheit.
Bau von parallelen Entwässerungsgräben im 19. Jahrhundert
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden im Schellenberger und Ruggeller Riet in sehr schematischer Weise einige Entwässerungsgräben eingebaut. Durchschnittlich alle 200 m wurde von Ost nach West das Gebiet in den Spiersbach entwässert. Vom einstigen natürlichen Gewässernetz ist nichts mehr verblieben. Nur bei längeren Trockenphasen wird aus der Distanz der Verlauf der hier einst zahlreich sich schlängelnden, kleinen Fliessgewässer sichtbar. Einzig der Grenzgraben – auch Friedgraben (umgangssprachlich Frickgraba) oder Hasabach genannt – verläuft nicht ganz gestreckt in der Landschaft. Allerdings ist seine Sohle mit Steinplatten belegt. Die Sohle der Parallelgräben ist teils mit Holzfliesen abgedeckt. Das verhindert den durchgehenden typischen Bewuchs mit Wasserpflanzen. Im Streuiteilgraba finden sich die letz
Die Weissweide, im Dialekt Felba genannt,
prägt die rheinnahen Teile der Riedlandschaft.
ten weissen Seerosen Liechtensteins, die gelbe Teichrose ist in einem trockengefallenen Abschnitt des Grenzgrabens in den 1960erJahren ausgestorben. Die Sohlen dieser Entwässerungsgräben liegen 1.5 m unter dem mittleren Gelände, der Grenzgraben gar 2.5 m. Diese Abtiefung brauchte es, um das Gebiet zum Spiersgraben hin zu entwässern. Das durchschnittliche Gefälle der Gräben beträgt nur 0.5 Promille. Auch der Spiersbach selbst hat nur ein minimales Gefälle. Der Grundwasserspiegel im Gebiet erhält seinerseits seinen Wasserzuzug aus dem Tagwasser, dem Hangdruckwasser und dem Oberflächenabfluss vom Schellenberg.
Massive Moorbodenabsackungen
Der Gemeindebesitz im Schellenberger Riet wurde 1970 systematisch drainiert, wobei das Wasser mit Hilfe eines Pumpwerks in den Spiersbach abgeleitet wird. In den dortigen tieftorfigen Böden ergibt sich durch die intensive landwirtschaftliche Nutzung eine Mineralisation der Torfschichten mit jährlichen Torfsackungen von zwei cm pro Jahr. Diese Sackungsprozesse finden auch, etwas vermindert durch die intensivere landwirtschaftliche Nutzung, in den nicht entwässerten Teilen in den Köbelesmeder und in der Specki statt. Damit ergeben sich immer grössere Probleme, das Oberflächenwasser durch das Ruggeller Riet abzuführen. Darum müssen die dortigen Gräben periodisch abgetieft werden. Der zentrale Teil des Ruggeller Riets liegt heute ohne diese Sackungsprozesse rund einen halben Meter höher als das umliegende, intensiver genutzte Landwirtschaftsgebiet im Osten und Westen. Ebenso liegt der Grundwasserspiegel im Naturschutzgebiet höher, im Zentrum des Reservats kommt der Grundwasserstand gar nahe an die Oberfläche. Diese hydrologischen Phänomene zeigen deutlich, dass das Naturschutzgebiet nicht isoliert betrachtet werden darf. Auch die es umgebenden Einflüsse wirken sich auf das Reservat direkt aus. Eine Abpufferung schädlicher Einflüsse wird unabdingbar, damit die Vielfalt im Naturschutzgebiet überleben kann.
Ausserhalb der Waldflächen macht der Anteil von Naturschutzgebieten in Liechtenstein knapp ein Prozent der Landesfläche aus. Dieser Obulus an die Vielfalt ist eine wichtige öffentliche Aufgabe, die unser aller Aufmerksamkeit bedarf.
Die Sohle des Grenzgrabens liegt ca. 2.5 m
u nter dem mittleren Gelände und ent-
wässert Teile des Hinteren Schellenbergs in
Richtung Spiers.
Der Südwind verfrachtet selten den Saharastaub
bis über die Alpen und gibt der Landschaft eine braune Patina,
wie geschehen am 21. Februar 2004.
Die Weisse Seerose kommt natürlicherweise
nur noch im Ruggeller Riet vor.
Schnaken ernähren sich von Nektar. Die Larven leben in feuchtem Boden,
morschem Holz oder in Gewässern und tragen wesentlich zu den
Abbauprozessen des Pflanzenmaterials bei. Das Stadium des flugfähigen
Vollinsekts dient der Partnerfindung und der Fortpflanzung.
GoldruteJulia Heeb
Unter den eingewanderten, nicht heimischen Arten sind die Spätblühende und die Kanadi-sche Goldrute von besonderer Bedeutung. Eingeschleppte Pflanzenarten besitzen Vorteile, weil ihre natürlichen Gegenspieler und Frassfeinde in der neuen Umgebung fehlen. Einigen wenigen gelingt es nach einiger Zeit sich zu etablieren und erfolgreich Gebiete zu besie-deln. Die Goldrute wurde als Zierpflanze von Nordamerika nach Europa gebracht. Seit sie 1927 von Imkern im Ruggeller Riet ausgesetzt wurde, verbreitet sie sich in den letzten Jahrzehnten stark.Goldruten können sich vor allem dort ansiedeln, wo eine Störung in der Pflanzendecke vor-liegt. Dies ist auf Böden entlang der Wegböschungen, ehemaligen Hüttenplätzen, Parzel-lenzufahrten und auf Böden mit ehemaligem Torfabbau der Fall. Durch ihre unterirdische Ausbreitung mittels Rhizomen haben sie eine hohe Konkurrenzkraft und können so in an-grenzende Pflanzenbestände eindringen und artenarme Dominanzbestände bilden.Durch ihr Verbreiten verdrängen sie die anderen, zum Teil sehr seltenen, für das Feuchtge-biet typischen Pflanzenarten, und mit ihnen die Tiere, die von diesen Pflanzen abhängig sind. Goldrutenbestände sind ausserdem der artenärmste Lebensraumtyp im Ruggeller Riet. Die Goldrute stellt somit eine ernsthafte Bedrohung für die Artenvielfalt im Ruggeller Riet dar, wo sie bereits ca. zehn Prozent der Fläche einnimmt. Nur die sehr feuchten Gebiete meidet sie. Die Bekämpfung erweist sich nach zehnjährigen Versuchen des Amts für Wald, Natur und Landschaft als sehr schwierig und aufwändig. Die geeignetste Wirkung zeigt die jährlich durchgeführte Mahd der Bestände und das sorgfältige Abräumen des Mähguts. Alle weitergehenden Massnahmen wie zusätzliche Schnitte oder Zerhacken der Rhizome schädigen auch die umliegende Vegetation. Mit der allenfalls weiteren Austrocknung des Rieds werden zudem weitere Flächen besiedelbar.
LIECHTENSTEINR U G G E L L E R U N D S C H E L L E N B E R G E R R I E T
N A T U R E R L E B N I S
NATURERLEBNISLIECHTENSTEIN
Noch im 19. Jahrhundert prägten die
Streuewiesen vierzig Prozent der
liechtensteinischen Rheintalebene. Davon
sind heute nur mehr Reste verblieben,
vor allem nördlich von Ruggell.
Riedlandschaften sind in allen Jahres-
zeiten attraktiv und vielfältig an Leben.
Wir tragen für diese Vielfalt Verant-
wortung und möchten sie auch kommen-
den Generationen erhalten.
Die Bild- und Textautoren wollen uns die
Schönheiten der Riedlandschaft ver-
mitteln. Hegen und pflegen wir also die-
ses Kleinod.
ISBN 978-3-905437-14-0
Fotografie:Heeb Josef, Nescher Marco, Roser Xaver
Text:Biedermann Josef, Broggi Mario F.,Fasel Michael, Goop Rudolf, Heeb Julia,Hilbe Herbert, Kindle Theo, KühnisJürgen, Lampert Steven, Schlegel Heiner,Staub Rudolf, Willi Georg
NATURER L E BN I S L I E CH T ENS T E I NR U G G E L L E R U N D S C H E L L E N B E R G E R R I E T
Ruggeller und Schellenberger Riet
Dieses Buch beschreibt die nördlichste Tal-
ebene Liechtensteins, unterhalb der Ortschaft
Ruggell. Es ist dies ein Gebietsausschnitt
von rund zwei mal zwei Kilometern, ist also
rund vier Quadratkilometer gross. Vom nörd-
lichen Dorfrand von Ruggell als südliche
Begrenzung verläuft er entlang dem Liechten-
steiner Binnenkanal im Westen bis an die
österreichische Landesgrenze im Norden, dann
folgt er dem Grenzgraben und dem Hangfuss
des Schellenbergs im Osten.
Mario F. Broggi, geboren 1945.
Studierte Forstwirtschaft an der
ETH Zürich und doktorierte an
der Universität für Bodenkultur in
Wien zum Landschaftswandel im
Fürstentum Liechtenstein. Eh. Direktor der
Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und
Landschaft in Birmensdorf (ZH). Gründungs-
mitglied und 1. Präsident der Botanisch-Zoo-
logischen Gesellschaft Liechtenstein-Sargans-
Werdenberg und Herausgeber einer
Naturmonografie über das Ruggeller Riet.
Die Herausgeber:
Josef Heeb, geboren 1959.
Arbeitet als Betriebsfachmann in
einem liechtensteinischen Indus-
triebetrieb. Fotografiert seit über
25 Jahren die Natur und Land-
schaft seiner näheren Umgebung und schwer-
punktmässig das Ruggeller Riet. Für ihn ist der
Schutz dieses Feuchtgebiets ein sehr grosses
Anliegen.
Xaver Roser, geboren 1945.
Maschinentechniker im Ruhe-
stand. Als Naturfreund liegen die
Interessen für die Naturfotografie
nahe. Er interessiert sich für Flora
und Fauna, insbesondere die Vogelfotografie
und die Orchideenwelt haben es ihm angetan.
Er sieht in seinem fotografischen Wirken eine
sinnvolle Beschäftigung im Ruhestand.
Marco Nescher, geboren 1954.
Mitinhaber der Druckerei Guten-
berg AG. Im Jahre 2003 revitali-
sierte er den Alpenland Verlag,
der von seinem Grossvater im
Jahre 1930 gegründet wurde. In seiner Freizeit
widmet er sich mit Leidenschaft der Natur-
fotografie, insbesondere der Riedlandschaften.
Dieser Bildband ist auf seine Initiative hin
entstanden und er fand zwei weitere Foto-
grafen in Ruggell.
Sennwald
St.Gallen
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Ruggell
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