1
172 | Pharm. Unserer Zeit | 34. Jahrgang 2005 | Nr. 2 NEUE BÜCHER | Peter Langguth, Gert Fricker, Heidi Wunderli- Allenspach | WILEY-VCH, Weinheim 2004 | f 49,90 | ISBN 3-527-30455-X Biopharmazie Setzt man die „Biopharmazie“ in den Kontext der großen akademischen Fä- cher, so findet man vor allem Einflüs- se aus der Pharmazeutischen Techno- logie – eine bestimmte Arzneiform beeinflusst die Wirksamkeit eines Arzneistoffes – und aus der Pharma- kologie und Klinischen Pharmazie – die Verteilung des Arzneistoffes im Körper, die Wechselwirkung mit der Zielstruktur und die anschließende Metabolisierung und Elimination. Mit dem fortschreitenden Wissen über ver- schiedene Einzelschritte in diesem komplexen System, versucht man ge- rade bei der Entwicklung neuer Arz- neimittel Effekte vorherzusagen und einzelne Schritte zu optimieren. Das geht nicht objektiv und reproduzier- bar ohne Modellsysteme, die sich ma- thematisch exakt erfassen lassen. Und so verwundert es nicht, dass sehr viele Formelgleichungen im Buch enthalten sind. Aber: Man wird als Le- ser sehr schön in die Vielfalt dieser ma- thematischen Berechnungen einge- führt. Zunächst werden im ersten Teil die Grundlagen der Biopharmazie ge- legt, indem sehr gut die Problematik der (Un-)Durchlässigkeit der Biomem- branen im Allgemeinen und die phar- makokinetisch relevanten Membran- barrieren im Speziellen besprochen werden. Daran schließt sich eine Ein- führung in die statistischen Grundla- gen der Versuchsplanung und in die Grundlagen der Pharmakokinetik an. Hier zeigen sich allerdings leichte Un- terschiede bei den Autoren der ver- schiedenen Kapitel.Während die Hin- tergründe immer plausibel und ver- ständlich erklärt werden, wird der Le- ser bei den „Statistischen Grundlagen der Versuchsplanung“ mit den For- melgleichungen ziemlich „allein gelas- sen“: weder der Begleittext noch die eigentlich gute Symbole-Tabelle im An- hang helfen bei der Erklärung der ver- schiedenen Kürzel. Das ist wohltuend anders bei den „Grundlagen der Phar- makokinetik“, wo man sehr gut das Zustandekommen einer Formel nach- vollziehen kann. Im zweiten Teil des Buches werden die geschaffenen Grundlagen in die konkreten Anwendungen der Bio- pharmazie eingebunden. Nach einem umfangreichen und wichtigen, sehr gut und verständlich erklärten Kapitel über die zu beachtenden Kriterien bei der Arzneimittelentwicklung geht es „in die Klinik“ und an das wirkliche, biologische System, den Menschen. Im Kapitel „Angewandte Pharmakokine- tik in der Klinik“ wird sehr kompetent an etlichen Beispielen die Korrelation zwischen Pharmakokinetik und -dy- namik, die wichtige Problematik der Arzneimittelwechselwirkungen und die zu beachtende eventuell veränder- te Pharmakokinetik bei Risikopatien- ten vermittelt. Beispiele zur Arzneiformen-bezo- genen Pharmakokinetik verschiedener Darreichungssysteme finden sich im nachfolgenden Kapitel. Interessant ist auch der Beitrag zu „Drug targeting und Prodrugs“, in dem anschaulich die unterschiedlichen Prinzipien erklärt werden. Abgeschlossen wird der „Ange- wandte Teil“ mit einem Kapitel zu biopharmazeutisch relevanten Com- puterprogrammen und welche Anfor- derungen man an die Software stellen sollte. Jedes Kapitel ist mit übersichtli- chen und informativen Abbildungen und Tabellen versehen. Zusätzlich lie- fert ein umfangreiches Glossar im An- hang gute Erklärungen für die ver- schiedenen Fachbegriffe. Schön, und für den Lernenden eine gute Wissens- kontrolle, sind die Fragen am Ende ei- nes jeden Kapitels, deren Lösungen sich relativ ausführlich im Anhang fin- den. Für alle Leser, die noch mehr zu den verschiedenen Aspekten der Bio- pharmazie wissen wollen, bietet ein umfangreiches Literaturverzeichnis ausreichende Möglichkeiten. Schlägt man das Buch erstmalig auf und blättert grob durch, so fällt doch auf, dass es etwas „old-fashionedwirkt – vor allem,wenn man es mit an- deren Lehrbüchern der gleichen Preis- klasse vergleicht. Und gerade ange- sichts der zahlreichen Formeln, die natürlich wichtig sind und daher das „Bild“ dominieren, ist vielleicht doch der ein oder andere Student/die ein oder andere Studentin geneigt, das Buch gleich wieder zu zu klappen. Et- was bedauerlich ist auch, dass auf die Einheitlichkeit der Abbildungsqualität/ -größe wenig Wert gelegt wurde. Hier muss man aber ganz klar den Rat geben: Lassen Sie sich als Leser nicht von den Äußerlichkeiten leiten! Das Buch ist eine sehr interessante, gut lesbare Einführung in die Biophar- mazie und ein Muss für alle Pharma- zeuten! Ilse Zündorf, Frankfurt

Neues Buch: Biopharmazie von Peter Langguth, Gert Fricker und Heidi Wunderli-Allenspach

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Neues Buch: Biopharmazie von Peter Langguth, Gert Fricker und Heidi Wunderli-Allenspach

172 | Pharm. Unserer Zeit | 34. Jahrgang 2005 | Nr. 2

N EU E B Ü C H E R |

Peter Langguth,Gert Fricker, Heidi Wunderli-Allenspach |WILEY-VCH,Weinheim 2004 |f 49,90 | ISBN 3-527-30455-X

BiopharmazieSetzt man die „Biopharmazie“ in denKontext der großen akademischen Fä-cher, so findet man vor allem Einflüs-se aus der Pharmazeutischen Techno-logie – eine bestimmte Arzneiformbeeinflusst die Wirksamkeit einesArzneistoffes – und aus der Pharma-kologie und Klinischen Pharmazie –die Verteilung des Arzneistoffes imKörper, die Wechselwirkung mit derZielstruktur und die anschließendeMetabolisierung und Elimination. Mitdem fortschreitenden Wissen über ver-schiedene Einzelschritte in diesemkomplexen System, versucht man ge-rade bei der Entwicklung neuer Arz-neimittel Effekte vorherzusagen undeinzelne Schritte zu optimieren. Dasgeht nicht objektiv und reproduzier-bar ohne Modellsysteme, die sich ma-thematisch exakt erfassen lassen.

Und so verwundert es nicht, dasssehr viele Formelgleichungen im Buchenthalten sind. Aber: Man wird als Le-ser sehr schön in die Vielfalt dieser ma-thematischen Berechnungen einge-führt. Zunächst werden im ersten Teildie Grundlagen der Biopharmazie ge-legt, indem sehr gut die Problematikder (Un-)Durchlässigkeit der Biomem-branen im Allgemeinen und die phar-makokinetisch relevanten Membran-barrieren im Speziellen besprochenwerden. Daran schließt sich eine Ein-führung in die statistischen Grundla-gen der Versuchsplanung und in dieGrundlagen der Pharmakokinetik an.Hier zeigen sich allerdings leichte Un-terschiede bei den Autoren der ver-schiedenen Kapitel.Während die Hin-tergründe immer plausibel und ver-ständlich erklärt werden, wird der Le-ser bei den „Statistischen Grundlagen

der Versuchsplanung“ mit den For-melgleichungen ziemlich „allein gelas-sen“: weder der Begleittext noch dieeigentlich gute Symbole-Tabelle im An-hang helfen bei der Erklärung der ver-schiedenen Kürzel. Das ist wohltuendanders bei den „Grundlagen der Phar-makokinetik“, wo man sehr gut das Zustandekommen einer Formel nach-vollziehen kann.

Im zweiten Teil des Buches werdendie geschaffenen Grundlagen in diekonkreten Anwendungen der Bio-pharmazie eingebunden. Nach einemumfangreichen und wichtigen, sehrgut und verständlich erklärten Kapitelüber die zu beachtenden Kriterien beider Arzneimittelentwicklung geht es„in die Klinik“ und an das wirkliche,biologische System,den Menschen.ImKapitel „Angewandte Pharmakokine-tik in der Klinik“ wird sehr kompetentan etlichen Beispielen die Korrelationzwischen Pharmakokinetik und -dy-namik, die wichtige Problematik derArzneimittelwechselwirkungen unddie zu beachtende eventuell veränder-te Pharmakokinetik bei Risikopatien-ten vermittelt.

Beispiele zur Arzneiformen-bezo-genen Pharmakokinetik verschiedenerDarreichungssysteme finden sich imnachfolgenden Kapitel. Interessant istauch der Beitrag zu „Drug targetingund Prodrugs“, in dem anschaulich dieunterschiedlichen Prinzipien erklärtwerden.

Abgeschlossen wird der „Ange-wandte Teil“ mit einem Kapitel zubiopharmazeutisch relevanten Com-puterprogrammen und welche Anfor-derungen man an die Software stellensollte.

Jedes Kapitel ist mit übersichtli-chen und informativen Abbildungenund Tabellen versehen. Zusätzlich lie-fert ein umfangreiches Glossar im An-hang gute Erklärungen für die ver-schiedenen Fachbegriffe. Schön, undfür den Lernenden eine gute Wissens-kontrolle, sind die Fragen am Ende ei-nes jeden Kapitels, deren Lösungensich relativ ausführlich im Anhang fin-den. Für alle Leser, die noch mehr zuden verschiedenen Aspekten der Bio-pharmazie wissen wollen, bietet ein

umfangreiches Literaturverzeichnisausreichende Möglichkeiten.

Schlägt man das Buch erstmalig aufund blättert grob durch, so fällt dochauf, dass es etwas „old-fashioned“wirkt – vor allem,wenn man es mit an-deren Lehrbüchern der gleichen Preis-klasse vergleicht. Und gerade ange-sichts der zahlreichen Formeln, dienatürlich wichtig sind und daher das„Bild“ dominieren, ist vielleicht dochder ein oder andere Student/die einoder andere Studentin geneigt, dasBuch gleich wieder zu zu klappen. Et-was bedauerlich ist auch, dass auf dieEinheitlichkeit der Abbildungsqualität/-größe wenig Wert gelegt wurde.

Hier muss man aber ganz klar denRat geben: Lassen Sie sich als Lesernicht von den Äußerlichkeiten leiten!Das Buch ist eine sehr interessante,gutlesbare Einführung in die Biophar-mazie und ein Muss für alle Pharma-zeuten!

Ilse Zündorf, Frankfurt