4
2 SEGLER-ZEITUNG 2/2017 schon gesegelt Anzeige B ereits in den frühen 90ern baute man in der Saare Paat Werft Fischerboote und Yachten. Mit der notwendigen Ruhe, Kontinuität und den Erfahrungen einer langen Bootsbautradition, die Gene- rationen vor der sowjetischen Besetzung be- gann, führten die Esten ihr Handwerk in die Neuzeit. Die Saare Paat-Werft machte früh mit einem ausgezeichneten Bootsbau auf sich aufmerksam und bekam schnell Auf- träge von den finnischen Nachbarn, wie zum Beispiel den Bau der gesamten Range von Finngulf. Nach dem wirtschaftlichen Rückzug von Finngulf begannen die Esten die Aufnahme einer eigenen Range. Schnell wurde der lang bekannte finnische Konstrukteur Karl Johan Strahlmann gewonnen und es ent- stand die erste Saare 38. Der Erfolg der Konstruktion liegt einerseits in der Abkehr von keilförmigen Mainstre- am-Designs, die eher für den Einsatz auf raumen Offshore-Regatten rund um den Globus konzipiert sind, und andererseits einer Semi-Custom-Bauweise, die dem Auf- traggeber und zukünftigen Eigner die Mög- lichkeit der Mitsprache hinsichtlich eigener Lösungen einräumt. Das gelingt natürlich nur, wenn man nicht in Doppelschalen-Mo- dulbauweise fertigt, sondern vielmehr die Schiffe handwerklich laminiert und Stück für Stück im Rumpf ausbaut. Das bedeutet einerseits sehr viel mehr Bauzeit, da vieles angepasst und einzeln angefertigt wird, aber andererseits eine Festigkeit, die man leider nur noch sehr selten antrifft. Selbst bei vie- len bekannten skandinavischen Werften ist eine solche individuelle Bauweise schon längst at Acta gelegt worden. Mit der stäbigen und hochfesten Saare 38 begann die Erfolgsgeschichte der estni- schen Werft. Die Nachfrage nach größeren Booten der Marke wuchs, so dass die grö- ßere Schwester mit 41 Fuß folgte. Bereits hier schuf man im Deck gleich zwei Versio- nen: eine Mittelcockpit- und ein Achter- cockpit-Layout. Solche Wahl- Möglichkei- ten sind in der Yachtbranche kaum bekannt. Der Erfolg der größeren Schwester stellte sich erwartungsgemäß ein, so dass es nur eine Frage der Zeit war, bis eine neue, grö- ßere Konstruktion folgte. Im vergangenem Sommer wurde das neue Flaggschiff, die Saare 46 fertig gestellt. Der erfahrene däni- sche Eigner und frühere Werftbesitzer brachte viele Ideen und Erfahrungen mit in die Konstruktion, so dass die Baunummer eins als ebenfalls Semi-Custom-Bau gefer- tigt wurde. Schon auf den ersten Blick macht das neue Flaggschiff der estnischen Saare Yachts Werft einen mächtigen Eindruck. Sie ver- körpert das handwerkliche Können der Werft auf der Insel Saarema, dem südwest- lichen Außenposten von Estland. Hier pflegen die Bootsbauer eine lange Tradi- tion, die insbesondere zu vielen Bau-Auf- trägen von ihren finnischen Nachbarn führte. Text und Fotos: Tom Stender Blauwasseryacht aus dem hohen Norden Darf es ein bisschen mehr sein: Saare 46 Eine elegante und seegängige Mittelcockpityacht, die auch noch schnell segelt: Saare 46.

noch schnell segelt: Saare 46. Darf es ein bisschen …...Kontakt: Saare Yachts OÜ, Thomas Nielsen, Vogelsang 20 24340 Eckernförde, siver Navigationstisch mit zahl-reichen Schränken

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: noch schnell segelt: Saare 46. Darf es ein bisschen …...Kontakt: Saare Yachts OÜ, Thomas Nielsen, Vogelsang 20 24340 Eckernförde, siver Navigationstisch mit zahl-reichen Schränken

2 SEGLER-ZEITUNG 2/2017

schon gesegelt

Anzeige

Bereits in den frühen 90ern baute manin der Saare Paat Werft Fischerbooteund Yachten. Mit der notwendigen

Ruhe, Kontinuität und den Erfahrungeneiner langen Bootsbautradition, die Gene-rationen vor der sowjetischen Besetzung be-gann, führten die Esten ihr Handwerk in dieNeuzeit. Die Saare Paat-Werft machte frühmit einem ausgezeichneten Bootsbau aufsich aufmerksam und bekam schnell Auf-träge von den finnischen Nachbarn, wiezum Beispiel den Bau der gesamten Rangevon Finngulf.Nach dem wirtschaftlichen Rückzug vonFinngulf begannen die Esten die Aufnahmeeiner eigenen Range. Schnell wurde der langbekannte finnische Konstrukteur KarlJohan Strahlmann gewonnen und es ent-stand die erste Saare 38. Der Erfolg der Konstruktion liegt einerseitsin der Abkehr von keilförmigen Mainstre-am-Designs, die eher für den Einsatz aufraumen Offshore-Regatten rund um den

Globus konzipiert sind, und andererseitseiner Semi-Custom-Bauweise, die dem Auf-traggeber und zukünftigen Eigner die Mög-lichkeit der Mitsprache hinsichtlich eigenerLösungen einräumt. Das gelingt natürlichnur, wenn man nicht in Doppelschalen-Mo-dulbauweise fertigt, sondern vielmehr dieSchiffe handwerklich laminiert und Stückfür Stück im Rumpf ausbaut. Das bedeuteteinerseits sehr viel mehr Bauzeit, da vielesangepasst und einzeln angefertigt wird, aberandererseits eine Festigkeit, die man leidernur noch sehr selten antrifft. Selbst bei vie-len bekannten skandinavischen Werften isteine solche individuelle Bauweise schonlängst at Acta gelegt worden. Mit der stäbigen und hochfesten Saare 38begann die Erfolgsgeschichte der estni-

schen Werft. Die Nachfrage nach größerenBooten der Marke wuchs, so dass die grö-ßere Schwester mit 41 Fuß folgte. Bereitshier schuf man im Deck gleich zwei Versio-nen: eine Mittelcockpit- und ein Achter-cockpit-Layout. Solche Wahl- Möglichkei-ten sind in der Yachtbranche kaum bekannt.Der Erfolg der größeren Schwester stelltesich erwartungsgemäß ein, so dass es nureine Frage der Zeit war, bis eine neue, grö-ßere Konstruktion folgte. Im vergangenemSommer wurde das neue Flaggschiff, dieSaare 46 fertig gestellt. Der erfahrene däni-sche Eigner und frühere Werftbesitzerbrachte viele Ideen und Erfahrungen mit indie Konstruktion, so dass die Baunummereins als ebenfalls Semi-Custom-Bau gefer-tigt wurde.

Schon auf den ersten Blick macht das neueFlaggschiff der estnischen Saare YachtsWerft einen mächtigen Eindruck. Sie ver-körpert das handwerkliche Können derWerft auf der Insel Saarema, dem südwest-lichen Außenposten von Estland. Hierpflegen die Bootsbauer eine lange Tradi-tion, die insbesondere zu vielen Bau-Auf-trägen von ihren finnischen Nachbarnführte. Text und Fotos: Tom Stender

Blauwasseryacht aus dem hohen Norden

Darf es ein bisschen mehr sein: Saare 46

Eine elegante und seegängigeMittelcockpityacht, die auchnoch schnell segelt: Saare 46.

Page 2: noch schnell segelt: Saare 46. Darf es ein bisschen …...Kontakt: Saare Yachts OÜ, Thomas Nielsen, Vogelsang 20 24340 Eckernförde, siver Navigationstisch mit zahl-reichen Schränken

2/2017 3SEGLER-ZEITUNG

schon gesegelt

An Deck

Die Mittelcockpit-Yachtwirkt durch das wiederschmaler werdende

Yachtheck, mit negativem Spie-gel klassisch elegant und hebtsich deutlich von den Mainstre-am-Designs ab. Stattdessenziert das relativ hohe Freibordeine im Rumpf integrierteScheuerleiste mit massivemTeak. An Deck bestimmen brei-te Laufgänge und ein moderathoher Kabinenaufbau das Bild.Ein enorm großes Achterdecklädt zum Sonnenbad ein. Hierkönnen genauso gut die Decks-möbel aufgestellt und der Nach-mittags-Kaffee eingenommenwerden. Darunter bieten großeStauräume jede Menge Platz füralles, was der Blauwasserseglerbenötigt.Das große Zentralcockpit über-rascht mit einer recht tiefenSitzposition, die allerdingseinen spektakulären Blickdurch die ununterbrocheneGlasscheibe nach vorne ermög-licht. Die rundumlaufendenSüllränder sind rückenhoch –eine ergonomischere Sitzpositi-on ist kaum möglich! Nach hin-ten, zum Steuermann ist dieSitzposition etwas höher. Somitentsteht eine Stufe, über dieman leicht nach außen auf dieDecksfläche gelangt.

Die Sprayhood ist für unserenGeschmack ein wenig zu tiefund ein wenig zu weit nach ach-tern geführt. Mit zehn Zentime-tern Zugabe könnte man sichdarunter besser aufrecht bewe-gen. Was jedoch deutlich wird,ist der ungemeine Schutz, dendie in Niro eingefasste festeWindschutzscheibe bewirkt!

Unter Segeln

Wir fuhren beim erstenHerbststurm ausdem Hafen von

Eckernförde und bekamennach dem Landschutz des vor-gelagerten Marinehafens denstrammen Nordost auf dieNase. Sofort baute sich im 20Meter tiefen Wasser eine enor-me See auf. Die Saare 46 steck-te die Wellen jedoch mit über-raschender Leichtigkeit weg.Nach dem Setzen der durchge-latteten Rollsegel von Elvströmlegt sich die Yacht bei dem 18 bis25 Knoten starken Wind etwasauf die Seite und legt los – undwie! Trotz der Rollsegel errei-chen wir Wendewinkel von 90Grad. Ganz zu hart will sie nichtan den Wind, aber mit einemleichten Schrick in den Schotenläuft die Saare 46 mit ihren nichtgerade leichtfüßigen 14 Tonnenerst sieben, dann acht undschafft es auf 9,4 Knoten SOGauf dem Am-Wind-Kurs, beieiner Welle von einem gutenMeter. Was das Boot jedoch besondersauszeichnet, ist ihr Verhalten in

Markenzeichen: Durch die ununterbrochene Windschutzscheibeaus Spezialglas kann man sich auch bei schwerem Wetter gut schüt-zen und hält gleichzeitig den Blick nach vorne.

Sauber unter Deck geführte Fallen und Strecker werden nach achternins Cockpit umgelenkt.

Hinter dem Ankerkasten befindet sich eine geräumige, mannstiefeSegellast.

Raffiniert: Das massive Schottverschwindet in einer Kassetteim Plichtboden.

Page 3: noch schnell segelt: Saare 46. Darf es ein bisschen …...Kontakt: Saare Yachts OÜ, Thomas Nielsen, Vogelsang 20 24340 Eckernförde, siver Navigationstisch mit zahl-reichen Schränken

4 SEGLER-ZEITUNG 2/2017

schon gesegelt

dem unruhigen Wasser. Sie geht butter-weich durch die teilweise steilen Wellen undhält treu die Spur. Das ist ein Ergebnis einerwirklich gelungenen Konstruktion des fin-nischen Designers Strahlmann.Auf dem raumen Kurs zurück RichtungEckernförde, bekommt die Estin durch ihrordentliches Gewicht einen schönenSchwung und läuft mit durchschnittlich sie-ben Knoten zurück. Der D 2-75 schiebt die Yacht zuverlässig indie Box zurück und wir haben endlich Zeit,unter Deck zu schauen. Bereits das Nieder-gangsschott, in einer massiven Kassetten-Konstruktion in Holz und Edelstahl ausge-führt, sorgt für den ersten Eindruck: BeiSaare wird nicht gekleckert, sondern ge-klotzt!

Unter Deck

Mit nur drei Stufensteht man im Salon.Das ist für eine Mit-

telcockpityacht ein unge-wöhnlich geringer Abstieg indie Kabine. Hier macht sichder besonders niedrige Cock-pitboden bemerkbar. UnterDeck erwartet den Betrachter eine ange-nehm gediegene Atmosphäre. Der dänischeEigner wünschte den Ausbau in klassi-schem Mahagoni. Die Innenseite des Kabi-nenaufbaus ist weiß ausgeführt und bewirktmit den zahlreichen Fensterflächen einehelle und gemütliche Atmosphäre.In dieser Centercockpit-Ausführung

wünschte der Eigner eine Gästekammer anSteuerbord, die mit einer Etagenkoje, dieKinder aufnehmen soll. Nach vorneschließt sich ein Längs- und ein gegenüber-liegendes U-Sofa an. Wegen der Gästekam-mer, rechts am Niedergang, wanderte derNavigationsplatz nach vorne an das Haupt-schott. Hier wurde ein altarähnlicher, mas-

Bei diesem Kabinenlayout ist an Steuerbord eine Gästekabine und anBackbord befindet sich die Pantry mit dem Durchgang zur großenKomfort-Kabine im Achterschiff der Saare 46.....und eine weitere in der riesigen Achterkammer.

Eine elegante Komfortkabine befindet sich im Vorschiff....

Gediegene Gemütlichkeit: Das Layout unter Deck ist größtenteils frei wählbar.

Page 4: noch schnell segelt: Saare 46. Darf es ein bisschen …...Kontakt: Saare Yachts OÜ, Thomas Nielsen, Vogelsang 20 24340 Eckernförde, siver Navigationstisch mit zahl-reichen Schränken

Anzeige

2/2017 5SEGLER-ZEITUNG

Technische DatenRumpflänge: 14,14 mWasserlinienlänge: 12,58 mBreite: 4,20 mTiefgang: 2,20 mKielgewicht: 5.200 kgBallastanteil: 39 %Gewicht: 13.800 kgMasthöhe über WL: 20,30 mSegelflächenGroßsegel: 60 m²105 % Genua: 51 m²Spinnaker: 165 m²Kontakt: Saare Yachts OÜ, Thomas Nielsen, Vogelsang 20

24340 Eckernförde, www.saare-yachts.de

siver Navigationstisch mit zahl-reichen Schränken undSchapps eingebaut. Natürlichhat hier auch der Flat-Bild-schirm Einzug gehalten, aberverschwindet diskret hintereiner Mahagoni-Tür.Weiter nach vorne befindet sichder Durchgang zum Bad, dasauf der Backbordseite unterge-bracht ist. Gegenüber nehmenmehrere Schränke alles an Wä-sche und Bekleidung auf. Dannfolgt eine Eignerkammer imVorschiff, die sich so mancheYachtis wünschen: Ein frei ste-hendes King-Size-Bett lädt zurRuhe und Entspannung ein.Eingerahmt mit perfekt einge-formten und handgefertigtenAblage-Schränken wird dasBild abgerundet. Wer allerdingsglaubt, dass es das nun war, er-lebt auf dem Weg nach achterneinen nächsten Höhepunkt:Auf der Backbordseite des Nie-dergangs befindet sich die Pan-try, an der sich nicht nur Hobby-Köche erfreuen würden. Zahl-reiche Schapps und Schränkenehmen jeden erdenklichenVorrat auf. Dazu gibt es viele Ar-beitsflächen, die besonders beiausgiebigen Kochgelagen hilf-reich sind.Die zweite Luxus-Kabine befin-det sich jedoch im Durchgangzur Achterkammer. Hier stehtebenfalls ein freistehendesLuxus-Bett, das jeden Komfort-

anspruch erfüllen wird. Wennman am Bett vorbei geht, befin-det sich dahinter eine zweiteNasszelle mit eigener Duscheund Toilette. Mehrere Fensterund Luken sorgen hier für eineWohlfühlatmosphäre, wie manes nur auf Luxusyachten deroberen Liga antreffen wird.

Fazit

Die Saare 46 hebt sich mitvielen Details vomMainstream ab: Schon

die Bauweise im Vakuum-Infu-sionsverfahren mit Vinylester-harz und Airex-Sandwich-schaum zeigt, dass man in Est-land mit dem Einsatz von mo-dernsten Methoden fertigt.Dazu kommt eine handwerkli-che Bootsbauqualität im Holz-bereich, die man leider nurnoch sehr selten antrifft: Beina-he jedes Einbaustück aus Holzist auf jeder Seite mehrfach la-ckiert und auch die Schnittkan-ten versiegelt! Dass der zukünf-

tige Eigner nicht nur Layout-Varianten unter Deck, sondernauch noch das Deck selbst, alsodie Ausführung als Center-cockpit- oder Achtercockpit-version bestimmen kann, stelltein Alleinstellungsmerkmal derWerft dar. Wer also ein robustesSee-Schiff sucht, das zudem inhoher Qualität gebaut und inder Detail-Ausführung gerade-zu liebevoll gefertigt ist, kommtan der hübschen Estin nichtvorbei. Natürlich hat diese Fer-tigungsweise und –Qualitäteinen überdurchschnittlichenPreis. Im Vergleich mit skandi-navischen Serienwerften liegtdie Saare preislich gleichauf,obwohl keine Serienwerft dieseVariationsmöglichkeiten bie-tet.

Die elegante Blauwasseryacht segelt nicht nur sehr trocken, sie segeltauch schneller als erwartet.