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ISSN 0378-5106 Nr. 26 Mai– August 2002/II B E R U F S B I L D U N G Europäische Zeitschrift

Nr. 26 Mai– August 2002/II ISSN 0378-5106 Die BERUF S · Nr. 26 Mai– August 2002/II ISSN 0378-5106 Die Europäische Zeitschrift Berufsbildung erscheint dreimal jährlich in vier

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ISSN 0378-5106Nr. 26 Mai– August 2002/II

Die Europäische Zeitschrift Berufsbildungerscheint dreimal jährlich in vier Sprachen (DE, EN,ES, FR). Ein Jahresabonnement umfasst alle im Kalenderjahr(Januar bis Dezember) erscheinenden Ausgaben derEuropäischen Zeitschrift Berufsbildung. Es verlängertsich automatisch um ein Kalenderjahr, falls es nichtbis zum 30. November gekündigt wird. Die Europäische Zeitschrift Berufsbildung wird Ihnenvom Amt für amtliche Veröffentlichungen der EG,Luxemburg, zugesandt. Die Rechnung erhalten Sie von Ihrem zuständigen EU-Vertriebsbüro. Im Preis ist die Mehrwertsteuer nicht enthalten.Zahlen Sie bitte erst nach Erhalt der Rechnung.

CEDEFOP

Europe 123, GR-570 01 Thessaloniki (Pylea)Postadresse: PO Box 22427, GR-551 02 ThessalonikiTel. (30-310) 490 111 Fax (30-310) 490 020E-mail: [email protected] Homepage: www.cedefop.eu.int Interaktive Webseite: www.trainingvillage.gr

Europ isches Zentrum f r die F rderung der Berufsbildung

Europäische Zeitschrift Berufsbildung

Nr. 26 Mai – August 2002/II

B E R U F S

B I L D U N GE u r o p ä i s c h e Z e i t s c h r i f t

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Cedefop

BERUFSBILDUNG NR. 26 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

CedefopEuropäisches Zentrum

für die Förderungder Berufsbildung

Europe 123GR-570 01 THESSALONIKI

(Pylea)

Postanschrift:PO Box 22427

GR-551 02 THESSALONIKI

Tel. (30) 2310 490 111Fax (30) 2310 490 099

E-mail:[email protected]

Homepage:www.cedefop.eu.intInteraktive Website:

www.trainingvillage.gr

Haben Sie Interesse daran, einen Beitrag zu verfassen?Dann lesen Sie bitte Seite 116.

Das Cedefop unterstützt die Euro-päische Kommission dabei, durchden Informationsaustausch undErfahrungsvergleich zu Themenvon gemeinsamem Interesse fürdie Mitgliedstaaten die Berufsbil-dung und die ständige Weiterbil-dung auf Gemeinschaftsebene zufördern und weiterzuentwickeln.

Es stellt Verbindungen zwischender Berufsbildungsforschung,-politik und -praxis her. Es verhilftden politischen Entscheidungsträ-gern und praktisch Tätigen auf al-len Ebenen der EU zu einem bes-seren Verständnis der Entwicklun-gen im Bereich der Berufsbildung,um ihnen Schlussfolgerungen fürkünftige Tätigkeiten zu erleich-tern. Es bemüht sich ferner dar-um, Wissenschaftler und Forscherzur Ermittlung von Entwicklungs-tendenzen und Zukunftsfragenanzuregen.

Der Verwaltungsrat des Cedefophat sich für den Zeitraum 2000 bis2003 auf eine Reihe mittelfristigerPrioritäten verständigt. In ihremRahmen konzentrieren sich dieTätigkeiten des Cedefop auf vierHauptthemenbereiche:

❏ Förderung der Kompetenzenund des lebensbegleitenden Ler-nens;❏ Förderung neuer Lernformenim gesellschaftlichen Wandel;❏ Förderung von Beschäftigungund Wettbewerbsfähigkeit;❏ Verbesserung des gegenseitigenVerständnisses und der Transpa-renz in Europa.

Redaktioneller Beirat:

VorsitzenderMartin Mulder Wageningen University, Niederlande

Steve Bainbridge Cedefop, GriechenlandAviana Bulgarelli Isfol, ItalienJuan José Castillo Universitad Complutense de Madrid, SpanienUlrich Hillenkamp Europäische Stiftung für Berufsbildung, ItalienTeresa Oliveira Universidade Nova de Lisboa, PortugalJordi Planas Universitat Autònoma de Barcelona, SpanienLise Skanting Dansk Arbejdsgiverforening, DänemarkHilary Steedman London School of Economics and Political Science,

Centre for Economic Performance, Vereinigtes KönigreichIvan Svetlik University of Ljubljana, SlovenienManfred Tessaring Cedefop, GriechenlandÉric Verdier Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS),

LEST/CNRS, Frankreich

Redaktionssekretariat:

Erika Ekström Institutet För Arbetsmarknadspolitisk Utvärdering(IFAU), Schweden

Jean-François Giret CEREQ, FrankreichGisela Schürings Europäische Stiftung für Berufsbildung, Italien

Chefredakteur:

Éric Fries Guggenheim Cedefop, Griechenland

Die von den Autoren geäußerten Ansichten decken sich nicht notwendigerwei-se mit der Position des Cedefop. In der Europäischen Zeitschrift für Berufsbil-dung haben die Autoren das Wort, um ihre Analysen und unterschiedlichen,teilweise sogar gegensätzlichen Standpunkte darzulegen. Auf diese Weise willdie Zeitschrift einen Beitrag zur kritischen Diskussion leisten, die für die Zu-kunft der beruflichen Bildung auf europäischer Ebene unerlässlich ist.

Verantwortlich:Johan van Rens, DirektorStavros Stavrou, stellvertretender Direktor

Übersetzung:Corinna Frey

Layout: Zühlke Scholz & PartnerWerbeagentur GmbH, Berlin

Umschlag: Rudolf J. Schmitt, Berlin

Technische Produktion mit DTP:Axel Hunstock, Berlin

Redaktionsschluss: 24.5.2002

Nachdruck – ausgenommen zu kommerziellenZwecken – mit Quellenangabe gestattet

Katalognummer: TI-AA-02-026-DE-CPrinted in Belgium, 2003

Diese Zeitschrift erscheint dreimal jährlich aufDeutsch, Englisch, Französisch und Spanisch.

Die portugiesische Sprachversionwird veröffentlicht von:CIDESMinistério do Trabalho e da SolidariedadePraça de Londres 2-2°P-1049-056 LisboaTel. (351-21) 843 10 36Fax (351-21) 840 61 71E-mail: [email protected] kann dort direkt bezogen werden.

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BERUFSBILDUNG NR. 26 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

Cedefop

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InhaltUntersuchungen zum Thema Beratung und Orientie-rung – Beiträge zu dem am 19./20. Oktober 2000 inThessaloniki veranstalteten Agora-X-Seminar desCedefop über soziale und berufliche Orientierung

Untersuchungen zum Thema Beratung und Orientierung................................ 3Die Agora X des Cedefop zur sozialen und beruflichen OrientierungÉric Fries Guggenheim

Problemstellung und Zielsetzung der Berufsberatung ...................................... 5Jean GuichardDie Verfahren der Berufsberatung sind von der Arbeitsorganisation und denKonzepten von beruflicher Qualifikation abhängig, ebenso aber von den wissen-schaftlichen Modellen, die bei der Untersuchung von Berufsberatungsfrageneingesetzt werden, sowie von den ethischen, politischen und gesellschaftlichenZielsetzungen, die man der Berufsberatung zuschreibt. Wäre es angesichts deraktuellen Weltlage nicht angemessen, diese Verfahren neu zu definieren und das„Gemeinwohl“ zu ihrem zentralen Bezugspunkt zu erheben?

Berufsberatung, Ausbildung und BeschäftigungVorbereitung auf einen Beruf oder Anpassung an den Arbeitsmarkt ........... 23Jean-François GermeDas Konzept eines lang- oder mittelfristigen „Berufsplans“, auf dem bestimmteAnsätze der Berufsberatung aufbauen, bietet den Betroffenen nicht immer einerichtige, dem derzeitigen Arbeitsmarkt angemessene Strategie.

Forschungsbeiträge

Humanvermögensentwicklung in Europa – am Scheideweg.......................... 29Barry NyhanDas traditionelle europäische Modell des „Humanvermögensmanagements“, dasals humanistisches Wachstumsmodell bezeichnet werden kann, weicht unterdem Druck der Globalisierung einem utilitaristischen und instrumentalenAnsatz. Welche Zukunftsaussichten hat ein Europa, das sich am Scheidewegbefindet?

Kooperatives E-Learning: Ein Anreiz für das Tiefenlernen? .......................... 43An Verburgh; Martin MulderStärken und Schwächen des kooperativen E-Learning angesichts der Tatsache,dass Studenten zu oberflächlichem Lernen neigen und Tiefenlernen vermeiden.

Mobilität in Europa (EU und EWR) ...................................................................... 52unter besonderer Berücksichtigung von Gesundheitsberufenund der Anerkennung von entsprechenden BerufsqualifikationenBurkart SellinQuantitativ betrachtet hat die Mobilität der Arbeitnehmer seit Öffnung desBinnenmarktes 1993 nur unwesentlich zugenommen. Qualitativ betrachtethingegen hat sie sich stark entwickelt. Diese Veränderungen beleuchtet dervorliegende Beitrag am Beispiel der Gesundheitsberufe.

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BERUFSBILDUNG NR. 26 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

Cedefop

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Ein niedriges Bildungsniveau in Europa: ein Risikofaktor ............................ 65Pascaline DescyDieser Beitrag will mittels einiger Indikatoren, die auf der Grundlage von Datenaus der Arbeitskräfteerhebung der Europäischen Gemeinschaft (Cedefop,Europäische Kommission, Eurostat, 2001; Eurostat, Datenbank Newcronos,2001) errechnet wurden, die Lage von Personen mit geringem Bildungsniveauin Europa beschreiben.

Analyse der Berufsbildungspolitiken

Ausbildung zur Hilfskraft:Sicherheitsnetz oder Vorbereitung auf die Erwerbstätigkeit? ........................ 77Jittie BrandsmaGegenstand dieses Artikels ist die Gestaltung und Umsetzung neuer Ausbildungs-programme in den Niederlanden, die als eine Art Sicherheitsnetz für Jugendli-che gedacht sind, die bisher unter Ausbildungsdefiziten gelitten haben.

Lernortverlagerung ins Ausland - ein Modellversuch in Deutschland ......... 88Wolfgang-Dieter Gehrke, Peter-Jörg AlexanderDeutschland: die Lernortverlagerung ins Ausland von Betriebspraktika imRahmen der dualen und schulischen Erstausbildung: institutioneller Rahmen(deutsch und europäisch), Voraussetzungen für den Erfolg, Vor- und Nachteile.

Lektüre zum Thema

Literaturhinweise .................................................................................................. 95

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BERUFSBILDUNG NR. 26 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

Cedefop

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Die Agora hat gezeigt, dass es in einerWelt, in der sich die Technologien undFormen der Arbeitsorganisation ständigweiterentwickeln, illusorisch war, nacheiner genauen Entsprechung zwischenAusbildung und Beschäftigung zu streben.Dies führte zu einer tiefgreifenden Ver-änderung der Berufsberatung und desBerufs des Berufsberaters.

Das traditionelle Modell, dem zufolge je-der die berufliche Laufbahn einschlagensollte, die am besten seinen Fähigkeitenund Neigungen entspricht, weicht immermehr einem neuen Berufsberatungsmodell,das jedem Einzelnen helfen soll, sich best-möglich an die bestehenden Strukturenanzupassen. Es geht darum, jede interes-sante Beschäftigungschance, die sich aufdem Markt mit allen seinen Schwankun-gen und Unwägbarkeiten bietet, sofort er-greifen zu können (Jean-François Germe,Direktor des Centre d’Etudes de l’Emploi– Institut für Beschäftigungsforschung).

Wie von mehreren Seminarteilnehmeraufgezeigt wurde (so von Jean Guichard,Direktor des INETOP, Jacques Limogesvon der kanadischen Universität Sher-brooke, Finn Thorbjørn Hansen von derPädagogischen Hochschule in Dänemark),bedeutet dies letztendlich, dass der Rat-suchende die Möglichkeit haben muss,seine gesamte Persönlichkeit in denBerufsberatungsprozess einzubringen.

In einer Gesellschaft, welche die absolu-te Notwendigkeit des lebenslangen Ler-nens bejaht, kann Berufsberatung nicht

Éric FriesGuggenheimCedefop

Untersuchungen zumThema Beratung undOrientierungDie Agora X des Cedefopzur sozialen und beruflichenOrientierung

Einleitung

Die beiden hier unter der Rubrik „Unter-suchungen zum Thema Beratung undOrientierung“ vorgestellten Beiträge stam-men von zwei französischen Universitäts-angehörigen und basieren auf den Refe-raten, die sie während der Agora X ge-halten haben. Diese Agora fand in Thes-saloniki am 19. und 20. Oktober 2000 stattund hatte die soziale und berufliche Ori-entierung zum Thema.

Theoretischer Ausgangspunkt der AgoraX waren insbesondere zwei Veröffentli-chungen:

❏ die Sondernummer „Le conseil enorientation“ (Berufsberatung) , März2000/Bd. 29/Nr. 1, der Zeitschrift „L’orien-tation scolaire et professionnelle“ (Schul-und Berufsberatung) des Institut Nationald’Étude du Travail et d’Orientationprofessionnelle – INETOP (nationales In-stitut für Arbeitsforschung und Berufsbe-ratung);

❏ die gemeinsame Veröffentlichung derEuropäischen Stiftung für die Verbesse-rung der Lebens- und Arbeitsbedingun-gen in Dublin und des Cedefop mit demTitel „Lebensbegleitende Berufsberatung“,die von Sylvie Chiousse und PatrickWerquin verfasst und in der Serie Pan-orama des Cedefop veröffentlicht wurde(kann von der Internetsite des europäi-schen Berufsbildungsdorfes des Cedefopheruntergeladen werden) (1).

(1) http://www2.trainingvillage.gr/etv/publication/download/panorama/5079_de.pdf

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auf einen bestimmten Augenblick im Le-ben des Menschen, d.␣ h. den Übergangvon der Ausbildung ins Erwerbsleben,beschränkt werden. Die Übergangswegesind heute viel stärker verzweigt als inder Vergangenheit, der Einzelne muss ler-nen, sich zurechtzufinden, und brauchtdeshalb eine andere Berufsberatung alsfrüher. Die Berufsberatung ist zu einemBildungsakt an sich geworden, in dem derBerufsberater gleichzeitig Ausbilder undTutor ist, wie dies in einigen bei der Agoravorgestellten Fallstudien aufgezeigt wur-de: Berufsberatung für schwer vermittel-bare Arbeitslose in Italien (Centro Infor-mazione Disoccupati per persone a rischiodi esclusione sociale – Informationszen-trum für arbeitslose, von sozialer Ausgren-zung bedrohte Menschen), Berufsfin-dungsbegleiter in Österreich, integrativesAusbildungsprojekt für Jugendliche mitLernschwierigkeiten und Verbesserungder lebensbegleitenden Berufsberatung inBremen, Einbindung der Lehrkräfte in dieErstausbildungsberatung in der Sekun-darstufe der Berufsschule in Frederiksberg(Dänemark).

Die Agora-Teilnehmer sprachen sich ins-gesamt für ein ganzheitliches Konzept beider Berufsberatung aus, das die berufli-che Entwicklung und die individuelleLebensplanung berücksichtigt. In dieseRichtung gehen im Übrigen auch die An-strengungen der Europäischen Kommis-sion, die eine Qualitätsnorm in der Be-rufsberatung anstrebt.

Berufsberatung ist folglich eine immerkomplexere, aufwendigere Tätigkeit, ander es den Ratsuchenden aktiv zu beteili-gen gilt, denn er muss seine Kompetenz-bilanz möglichst auch unter Nutzung derbestehenden Instrumente (z.B. die Bilanz-

zentren in Frankreich) erstellen. Dochauch vom Berater werden (immer mehr)analytische und pädagogische Fähigkei-ten verlangt, die mit der klassischen Be-rufsberatung von früher nur noch wenigzu tun haben. Die Informationskompo-nente verliert ständig an Bedeutung, dadurch die Entwicklung der modernenKommunikations- und Informations-technologien, insbesondere des Internet,der informatorische Teil der Arbeit, alsodie Informationssuche, dem Ratsuchendenselbst überlassen werden kann. So hat derBerater „mehr Zeit“ und kann sich ver-stärkt seinen anderen Aufgaben widmen:der Ausbildung, Betreuung und Beglei-tung.

Ein guter Berufsberater zeichnet sich folg-lich immer weniger durch Fachwissen undimmer mehr durch menschliche Qualitä-ten aus, durch seine Fähigkeit, die rechteFrage zur rechten Zeit zu stellen, sodassder Ratsuchende selbst die für ihn pas-sendste individuelle Strategie (Lebens-planung) und kollektive Strategie (Berufs-planung) entwickelt. Der Berater sollte esalso halten wie Sokrates, schlug FinnThorbjørn Hansen von der PädagogischenHochschule in Dänemark vor.

Sämtliche Beiträge zu dieser Agora sowiedie Zusammenfassung von Volker Köditzstehen im europäischen Berufsbildungs-dorf unter folgender Adresse zur Verfü-gung: http://www2.trainingvillage.gr/etv/agora/themes/agora10.asp

Weitere Informationen zur Agora Thessa-loniki:Norbert Wollschläger, Leiter des ProjektsAgora ThessalonikiE-Mail: [email protected]. (30) 2310 490 129

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Cedefop

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JeanGuichardProfessor amNationalen Institutfür Arbeits- undBerufsberatungs-forschung desConservatoire

National des Arts et Métiers

Problemstellung undZielsetzung der Berufs-beratung (1)

Einleitung: Rahmenbedin-gungen, Kontextdimen-sionen und Zielsetzungder Berufsberatung

Die Berufsberatung ist Anfang des 20.Jahrhunderts in den Industrieländern ent-standen. Damals stellte sie eine Art „Prü-fung“ dar, die auf einer psychologischenUntersuchung aufbaute und den Übergangvon der Schule ins Erwerbsleben erleich-tern sollte. Das vorherrschende Modellgründete auf einer „Abgleichung“ zwi-schen Individuum und Beruf, wofür imWesentlichen die Eignungen der Jugend-lichen herangezogen wurden. Der Berufs-berater war ein psychologisch vorgebil-deter Fachmann, der den Ratsuchendenvon der Stichhaltigkeit seiner Ratschlägezu überzeugen suchte.

Die heutigen Verfahren der Berufsbera-tung sind ganz anders und weit stärkerdiversifiziert. Erstens sind sie nicht mehrauf die Frage des Übergangs von der Schu-le in das Erwerbsleben beschränkt. Heu-te ist von lebenslanger Orientierung undBeratung die Rede. So hat die Berufsbe-ratung in der Schule selbst einen Platzgefunden. Der Begriff der Orientierungund Beratung beinhaltet hier zweierleiAufgaben: die Verteilung der Schüler aufdie verschiedenen schulischen Aus-bildungswege und diverse Bildungs-tätigkeiten, mit denen die Sekundar-schüler darauf vorbereitet werden sollen,eine Entscheidung über ihre beruflicheund persönliche Laufbahn zu treffen.Darüber hinaus wird Berufsberatung auchals Maßnahmenpaket verstanden, das er-wachsenen Menschen in den Übergangs-phasen, die sie in ihrem Leben immerwieder durchlaufen, helfen soll.

Zweitens haben die heutigen Verfahrender Orientierung und Beratung einen län-geren Zeithorizont, der über die reineFrage der beruflichen Eingliederung undder beruflichen Übergangsphasen hinaus-geht. Ihr Ziel ist das, was Donald Supermit dem Begriff des Lebenszeit-Ansatzesder beruflichen Laufbahnberatung („lifespace career development“) beschrieb, dasheißt, hier geht es um die dynamischeVerzahnung verschiedener sozialer Rollen.Drittens sind die Verfahren heute weni-ger dirigistisch als früher. Hinter diesemModell steht die Vorstellung einer selbst-bestimmten Berufsrolle des „Beraters“. Esgeht folglich darum, dem „Berater“ zu hel-fen, sich die Aufgabe der „Entscheidungs-findung zur eigenen Orientierung“ soumfassend wie möglich zu vergegenwär-tigen und vorrangige Ziele für seine per-sönliche Entwicklung festzulegen.

Viertens wird der „Berater“ als Individu-um begriffen, das sich über sein gesam-tes Leben hinweg weiterentwickelt. Er sollin der Lage sein, auf der Grundlage sei-ner Erfahrungen neue Kompetenzen zuerwerben. Deshalb ist heute von „qualifi-zierender Organisation“, „Validierung vondurch Erfahrung erworbenen Kompeten-zen“ und von „Kompetenzbilanzierung“die Rede. Fünftens ist die Grenze zwi-schen Berufsbildung und Berufsberatungheute weniger eindeutig. So haben z.B.Bildungsmaßnahmen zur beruflichen Ori-entierung in den reichen Ländern einenimmer größeren Stellenwert in den Lehr-plänen der Schulen. Sie werden sowohlvon Lehrern als auch von Berufsberaterndurchgeführt. In einigen Weiterbildungs-praktika werden gleichzeitig allgemeineKenntnisse und berufliches Wissen ver-mittelt und Hilfestellung bei der Festle-gung persönlicher oder beruflicher Zielegeboten.

Die Verfahren der Berufsbe-ratung haben sich seit Be-ginn des 20. Jahrhundertserheblich gewandelt. Diesist auf die Veränderungender Arbeitsorganisation unddie Entstehung neuer Kon-zepte von beruflicher Qua-lifikation zurückzuführen.Allerdings sind diese Ver-fahren auch abhängig vonden wissenschaftlichen Mo-dellen, die bei der Untersu-chung von Berufsberatungs-fragen eingesetzt werden,sowie von den ethischen,politischen und gesell-schaftlichen Zielsetzungen,die man der Berufsberatungzuschreibt. Abgesehen da-von, dass die Humanwis-senschaften heute ein ande-res Bild vom Menschenzeichnen als jenes, das ge-genwärtig die Grundlageder Beratung darstellt, blei-ben die Zielsetzungen dieserVerfahren im Dunkeln.Wäre es angesichts der ak-tuellen Weltlage nicht ange-messen, diese Verfahrenneu zu definieren, indemman die derzeitige zentraleFrage der Berufsberatung –„Wie kann man dem Einzel-nen helfen, sich als Indivi-duum uneingeschränkt zuverwirklichen?“ - durcheine andere Frage ersetzt –„Wie kann man dem Einzel-nen helfen, sich als Menschzu verwirklichen, indem erseinen Mitmenschen hilft,sich als Mensch zu verwirk-lichen?“

(1) Dieser Beitrag greift einige Aus-führungen auf, die dargelegt wurdenin: J. Guichard und M. Huteau (2001).Psychologie de l’Orientation. Paris:Dunod.

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Die verschiedenen Verfahren zur berufli-chen Orientierung und Beratung scheinensich durch die Entwicklung des Umfelds,in dem sie angewendet werden, heraus-gebildet zu haben. Um ihre Veränderun-gen begreifen, ihre Relevanz zu gegebe-nen Zeitpunkten evaluieren und ihremöglichen Entwicklungen absehen zukönnen, müssen sie folglich in dem ge-sellschaftlichen Rahmen gesehen werden,in dem sie sich entwickeln. Eine derarti-ge Analyse kann auf drei Ebenen durch-geführt werden: auf der allgemeinen ideo-logischen Ebene, welche die Art undWeise der Problemstellung festlegt; auf derEbene der wirtschaftlichen, technischen,gesellschaftlichen und wissenschaftlichenZusammenhänge, welche die Fragen derberuflichen Orientierung und Beratungstrukturieren; auf der Ebene der allgemei-nen oder expliziten Zielsetzung der Be-rufsberatung.

1 Die allgemeinen ideo-logischen Rahmenbedin-gungen

Bei unserer heutigen Auffassung von be-ruflicher Orientierung und Beratung spie-len vier allgemeine ideologische Rahmen-bedingungen eine grundlegende Rolle:erstens, die Klientenzentrierung (das In-dividuum steht im Mittelpunkt); zweitens,die Verantwortlichkeit des Individuums fürseine Selbstverwirklichung; drittens, diezentrale Bedeutung der beruflichen Akti-vität bei der Identitätssuche und sozialenEingliederung und viertens, die Vorstel-lung, dass die Zukunft unsicher und in-stabil ist.

1.1 Die Klientenzentrierung

Édouard Toulouse (1903) und AlfredBinet, die ersten Psychologen, die inFrankreich die Grundlagen der Berufsbe-ratung schufen, unterschieden nicht zwi-schen gesellschaftlichen und individuel-len Problemen. Binet (1908) war z.B. derAuffassung, dass die Berufsberatung zurSchaffung einer Gesellschaft beitragenmüsse, in der ein jeder gemäß seinenanerkannten Eignungen arbeiten solle, sodass der Gesellschaft kein Quäntchenphysischer Kraft verloren gehe. In den Au-gen der beiden Autoren liegt die Existenz-berechtigung der Berufsberatung in der

Verwirklichung eines gerechten gesell-schaftlichen Gefüges.

Frank Parsons (1909), der „geistige Vaterder Berufsberatung“ in den VereinigtenStaaten, vertritt eine etwas andere Auf-fassung, die stärker den ideologischenRahmen der heutigen Berufsberatungs-praxis betont. Seiner Meinung nach stehtdas Individuum im Mittelpunkt der Bera-tung, die gesellschaftlichen Bedürfnissetreten in den Hintergrund. Die Gesell-schaft wird folglich gemäß dem Titel ei-nes Werkes von Norbert Elias (1991) als„Die Gesellschaft der Individuen“ betrach-tet.

1.2 Entdecke, wer du sein möch-test, und verwirkliche dich selbst

Heute wird der Einzelne in noch stärke-rem Maße als autonomes Individuum an-gesehen, das Verantwortung für sich selbstträgt und fähig ist, sich von konkretenKontextbedingungen, in die es eingebun-den ist, unabhängig zu machen. DieseVorstellung führt zur Überlegung, die per-sönliche Entwicklung des Einzelnen alseine Art moralische Grundregel anzuse-hen, die sich mit dem Begriff der Selbst-verwirklichung zusammenfassen lässt.

1.3 Verwirkliche dich und integrie-re dich durch deine beruflichen Nei-gungen

Das Engagement in einer beruflichen Tä-tigkeit bietet zudem eine hervorragendeGelegenheit zur Selbstverwirklichung.„Selbstverwirklichung durch Umsetzungberuflicher Neigungen“ scheint die vor-herrschende Existenzauffassung in denreichen Ländern des 20. Jahrhunderts zusein. Diese Auffassung ist freilich nichtvöllig allgemein gültig. In der ersten Hälftedes Jahrhunderts bezog sie sich insbeson-dere auf Jungen und Männer. Infolge derhohen Arbeitslosigkeit in vielen reichenLändern und der Entwicklung neuer For-men der Armut gibt es heute das Phäno-men der „sozial Ausgegrenzten“, deren„Beschäftigungsfähigkeit“ angezweifeltwird. Die Identifikation des Einzelnenüber seine berufliche Tätigkeit muss hin-terfragt werden.

Die Beschäftigungskrise, die in den 70erJahren begann, wurde von zahlreichenAutoren (Jeremy Rifkin, 1995; Dominique

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Méda, 1995; Bernard Perret, 1995, u.a.…)als Beginn einer Zeit beschrieben, in derdie Zahl der Arbeitsplätze infolge destechnologischen Fortschritts und der Glo-balisierung der Wirtschaft ständig zurück-geht. Daher würden notwendigerweiseimmer mehr Menschen ihren Arbeitsplatzverlieren oder zu Teilzeitarbeit gezwun-gen sein und die Arbeit ihren zentralenStellenwert verlieren. Dominique Méda(1997) hebt z.B. hervor, dass Arbeit nichtimmer mit der Vorstellung von Wertschöp-fung, Veränderung der Natur und Selbst-verwirklichung verbunden gewesen sei.Aus ihrer historischen Untersuchung ziehtMéda den Schluss, dass Arbeit nicht dieeinzige Art der Selbstverwirklichung odergrundlegende Voraussetzung für zwi-schenmenschliche Beziehungen sei. Folg-lich führe „das Ende der Arbeit“ (Rifkin)dazu, dass die Arbeit zu einem „ausster-benden Wert“ würde (Méda). In dieserlangfristigen Perspektive seien die Men-schen ständig auf Hilfe angewiesen, künf-tig wahrscheinlich noch mehr als heute,doch verlören die Verfahren der Berufs-beratung, wie wir sie heute kennen, anBedeutung.

Dennoch kann die Berufstätigkeit trotz derVeränderungen, denen sie unterliegt, inunseren Gesellschaften wohl nicht als eineBeschäftigung unter anderen angesehenwerden, die immer mehr an Bedeutungverliert. Ungeachtet der Analysen, die indieselbe Richtung gehen wie die Unter-suchung von Dominique Méda, bemerktYves Clot in diesem Zusammenhang, dassder grundlegende Unterschied zwischenArbeit und außerberuflichen Tätigkeitendarin liege, dass Arbeit „strukturell unper-sönlich und von nicht unmittelbarem In-teresse“ sei. Seiner Meinung nach führtdie Arbeit zu einem Bruch zwischen denvorrangigen individuellen „Beschäftigun-gen“ des Einzelnen und den gesellschaft-lichen „Beschäftigungen“, die er zu erfül-len hat. Diese Beschäftigungen alleinermöglichen es dem Einzelnen, an einemAustausch teilzunehmen, in dem der Stel-lenwert und die Funktion unabhängig vonden Individuen bestimmt und festgelegtwerden, die sie zu einem gegebenen Zeit-punkt haben. (Clot, 1999, S. 71). NachAuffassung von Clot hat die Arbeit heuteeinen zentralen Stellenwert im Leben desEinzelnen, eben, weil sie nicht mehr dengrößten Teil des Lebens ausmacht, weilsie keine verpflichtende, von Geburt an

vorbestimmte Tätigkeit mehr ist (wie inden ländlichen Gesellschaften, in denenes sich „von selbst“ verstand, dass derSohn in die Fußstapfen des Vaters trat).Arbeit ist heute „Gegenstand einer neuenNachfrage nach Selbstverwirklichung, dieaus den außerberuflichen Momenten desLebenszyklus einen starken Vitalitätszu-wachs erfährt“ (Clot, 1999, S. 71).

1.4 Eine instabile Zukunft

Unser Verständnis von der Problematikder Berufsberatung wird auch dadurchbestimmt, inwieweit wir meinen, die Zu-kunft vorhersehen zu können. Wir haltendie Zukunft für nicht planbar und gernefür instabil. Zahlreiche neuere Arbeiten(Riverin-Simard, 1996; Boutinet, 1998;Dubar, 2000) heben hervor, dass die „Be-rufslaufbahnen“ eher einem Chaos ent-sprechen denn einer systematischen „Ent-wicklung beruflicher Neigungen“. Bestän-dige Berufslaufbahnen (z.B. wenn einArbeitnehmer an immer qualifizierterenArbeitsplätzen innerhalb eines Unterneh-mens oder Industriesektors arbeitet) wer-den immer seltener. Die Menschen müs-sen sich immer häufiger mit Brüchen inihrem Berufsleben auseinander setzen.Diese Entwicklungen wirken sich entspre-chend auf ihr Privatleben aus: Familienverlieren an Stabilität, Umzüge werdenhäufiger. Diese „Brüche“ im Leben derMenschen lassen sich unter dem allgemei-nen Begriff der „Übergangsphasen“ sub-sumieren. Wie von Denis Pelletier undBernadette Dumora (1984, S.␣ 28) hervor-gehoben wurde, kommt die Berufsbera-tung künftig nicht mehr umhin, den Men-schen „kurzfristige Strategien“ und „Stra-tegien zur fortlaufenden Anpassung ihrerEntscheidungen“ an die Hand zu geben.

2 Kontextdimensionen

Die Fragestellungen im Zusammenhangmit der Berufsberatungspraxis werdennicht nur von den ideologischen Rahmen-bedingungen beeinflusst, sondern hängenauch von den sozialen Kontextdimen-sionen ab, in denen sie formuliert wer-den. Drei Kontextdimensionen scheinenhier eine grundlegende Rolle zu spielen:einerseits die Arbeitsorganisation und dieGestaltung der Ausbildung und anderer-seits die wissenschaftlichen Problemstel-

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lungen, mit denen diese Fragen in einbestimmtes Modell gefasst werden kön-nen.

2.1 Arbeitsorganisation, Qualifika-tionsvorstellungen und mit der Be-rufsberatung verbundene Fragen

In einem 1955 veröffentlichten, aber nachwie vor aktuellen Artikel beschreibt AlainTouraine drei Arten der Arbeitsorganisa-tion, die sich im Laufe des 20. Jahrhun-derts entwickelt haben. Mit jeder dieserdrei Arten der Arbeitsorganisation ist einebesondere Vorstellung von beruflicherQualifikation verbunden. Die Berufsbera-tungsverfahren wurden von diesen Vor-stellungen wohl stark beeinflusst, und dieBeratungsaktivitäten scheinen sich dem-nach drei großen Modellen zuordnen zulassen, die jeweils einer der drei Vorstel-lungen entsprechen. Darüber hinaus ent-wickelt sich im Bereich der Arbeitsorga-nisation seit einigen Jahren ein vierterAnsatz, der auf die Zunahme ungesicher-ter Arbeitsverhältnisse zurückzuführen ist.

2.1.1 Das berufsorientierte Systemder Arbeit und Berufsberatung im Sin-ne der Hinführung zu einem BerufDas zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor-herrschende Modell der Arbeitsorganisa-tion ist das berufsorientierte System derArbeit, das dem Handwerk sehr ähnlichist: Der Arbeitnehmer muss über „Fertig-keiten“ verfügen, einen „Beruf“ erlernthaben. Er besitzt ein Kapital an Wissenund Know-how, das er sich in einemmethodischen, im Allgemeinen langenLernprozess aneignen kann. Dieses Ka-pital bestimmt auch sein Selbstverständ-nis: man ist Mechaniker, Schreiner etc.(genauso wie man auch Rechtsanwaltoder Arzt „ist“). Der Beruf trägt zum indi-viduellen Identitätsverständnis bei und istoft einer ihrer Hauptbestandteile.

Eine lange Ausbildung ist zwangsläufigkostspielig. Die Entscheidung, seinenNeigungen nachzugehen, ist eine ernst-hafte Angelegenheit und muss nach be-währten Techniken getroffen werden. DerRatsuchende erhält Beratung. Der Berufs-berater ist ein Experte, dessen Wissen-schaft die fachpsychologische Beratungist. Der Begriff der Eignung ist von zen-traler Bedeutung. Es geht darum, so ob-jektiv wie möglich den Beruf vorauszu-sehen, auf den sich der Jugendliche vor-

bereitet und den er für den Rest seinesLebens ausüben wird. Die „psychologi-sche Untersuchung im Rahmen der Be-rufsberatung“ ist Hauptbestandteil derArbeit des Berufsberaters.

2.1.2 Der „Fordismus“ und Berufsbe-ratung im Sinne der Hinführung zueiner BerufstätigkeitDiese Vorstellungen vom „Beruf“ und voneiner an Eignungen und Fähigkeiten ori-entierten Berufsberatung wurden in zahl-reichen Industriebranchen durch zweiarbeitsorganisatorische Erfindungen vonHenry Ford, die von Frederick W. Taylorinspiriert waren, radikal in Frage gestellt:Arbeitsteilung und Fließarbeit. Als Folgedieser Art der Arbeitsorganisation hattenviele Arbeitnehmer in der Produktion kei-nen Beruf mehr. Der grundlegende Be-griff ist nicht mehr der des „Berufs“, son-dern der Begriff der „Berufstätigkeit“ (des„Jobs“). Qualifikation erhält einen ande-ren Sinn. Sie ist nicht mehr „mit dem Ar-beitnehmer verbunden“ und bestimmt sichnicht mehr durch die Kompetenzen derArbeitnehmer, sondern durch die Anfor-derungen des Arbeitsplatzes (Dubar, 1996,S. 182). Diese wiederum werden durchdie technischen Merkmale der Maschinespezifiziert (Herrschen erschwerte Bedin-gungen? Beinhaltet die Arbeit vielschich-tige Aufgaben?).

In dieser fordistischen Arbeitsorganisati-on „wird der harte Kern der Kompetenzin der Ausbildung vor Ort erworben“, soDubar (1998, S. 186). Der Arbeitnehmerkann sich nicht mehr mit einem Berufidentifizieren, über den er sein Ich we-sentlich bestimmen könnte. Allenfalls ister „Produktionskraft“ oder „Maschinen-bediener“. Wechselt er den Arbeitsplatz,kann seine Qualifikation in Frage gestelltwerden. In diesem System der Arbeit,betont Dubar, ist die wichtigste Identifi-kation diejenige, die ein Individuum mitseinem Arbeitskollektiv verbindet. Dieseskonstituiert eine „berufliche Gemein-schaft“ mit eigener Sprache und eigeneninformellen Normen.

Die Beobachtungen, die Paul Willis (1977,1978) unter Stahlarbeitern in den „Mid-lands“ machte, beleuchten paradigmen-haft die Besonderheiten einer solchen„beruflichen Identität“ in dieser speziel-len Industrie. Die Identität dieser Arbei-ter gründete auf dem scharfen Gegensatz

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zwischen „uns“ (die in der Werkshalle, die„wissen, wo es lang geht“) und „ihnen“(den Anderen, den „Kriechern“). Männ-lichkeit war dabei ein Aspekt erster Ord-nung: Die Stahlarbeiter zogen ihren Stolzaus dem Gefühl, einen harten Beruf aus-zuüben, der Kraft und Widerstandsfähig-keit verlangte. Sie betrachteten ihre Ar-beit im Gegensatz zu Büroarbeit und imallgemeineren Sinne zu „Frauenarbeit“ als„richtigen Beruf“. Diese berufliche Iden-tität wurde täglich gelebt durch eine „Re-organisation“ der Arbeitsabläufe in derWerkshalle ohne Rücksicht auf die vonden Vorarbeitern angemahnten formalenVorschriften, durch ein System von Scher-zen, das vor allem die Gruppennormenund –werte stärken sollte, und durch ei-nen eigenen Jargon. Paul Willis resümierteall seine Beobachtungen unter dem Be-griff „Werkshallenkultur“ (shop-floorculture).

Unter solchen Kontextbedingungen erhältdie berufliche Orientierung einen ande-ren Sinn als im Modell der Berufsbera-tung im Sinne der Hinführung zu einemBeruf. Im Mittelpunkt der Problemstellungsteht nicht mehr die Frage nach den indi-viduellen Fähigkeiten. Vielmehr geht esdarum festzustellen, ob sich der Jugend-liche den Arbeitsbedingungen anpasst, ober sich im Produktionskollektiv wieder-erkennt und ob er bereits die Werte einerArbeitnehmergruppe teilt (oder diese tei-len wird) usw. Die Praktiker der berufli-chen Orientierung scheinen zwar keinesystematischen Überlegungen in diesemZusammenhang angestellt zu haben, den-noch hat die fordistische Arbeitsorgani-sation zur Folge, dass keine so genaue„Abgleichung“ von Individuum und Be-ruf mehr möglich ist wie im berufs-orientierten System der Arbeit. Nun bil-det aber gerade diese „Abgleichung“ dieGrundlage der Instrumente der Berufsbe-ratung (hauptsächlich sind das die Frage-bögen zu den Interessensgebieten), diedamals entwickelt wurden. Aller Wahr-scheinlichkeit nach war die Bedeutungdieser Instrumente für die Verfahrenswei-sen der Berufsberater (die sich als Bera-ter für „berufliche“ Orientierung verstan-den) größer als die Bedeutung, die dieseihnen selbst zuordneten. Die Berufsbera-tung im Sinne der Hinführung zu einerBerufstätigkeit hat ihre Grundlage tatsäch-lich in der Ergründung der sozialen Per-sönlichkeit des Arbeitnehmers. Der von

Edward Strong (1936) Ende der zwanzigerJahre ausgearbeitete Fragebogen zu denInteressengebieten kann als Prototyp die-ses Ansatzes betrachtet werden. Bekannt-lich sollten die Ratsuchenden auf diesemFragebogen ihre Vorlieben für unter-schiedliche Tätigkeitsbereiche oder be-rühmte Persönlichkeiten angeben. Damitsollte überprüft werden, ob das Individu-um den gleichen „Geschmack“ hat wie dieanderen, mit denen es arbeiten soll.

2.1.3 Das Kompetenzmodell und Be-ratung im Sinne der Hinführung zuberuflichen FunktionenIn den letzten Jahrzehnten war die Ent-wicklung der Informatik wahrscheinlicheiner der Hauptfaktoren für die Verände-rungen der Produktionsprozesse und hatdie Arbeitsorganisation stark beeinflusst.Touraine stellt fest, dass die Automatisie-rung einem neuen System der Arbeit ent-spricht, das er als „technisches“ Systembezeichnet. In diesem System ist die Qua-lifikation mit einem anerkannten Statusinnerhalb eines sozialen Produktions-systems gleichzusetzen. Das „technischeSystem der Arbeit“ erfordert bestimmteFertigkeiten des Arbeitnehmers, die sichvon denen des „Berufs“ im „berufs-orientierten System der Arbeit“ unterschei-den.

Diese Fertigkeiten sind mit den Interak-tionen in der Arbeitssituation eng verbun-den. Die Tätigkeit am Arbeitsplatz wirdin Form einer beruflichen Funktion inner-halb eines Netzes ausgeübt. In diesemRahmen haben Even Loarer und MichelHuteau (1997) sowie Philippe Zarifian(1988; 2001) einige grundlegende Kom-petenzen ausgemacht: Fähigkeit zur Zu-sammenarbeit (die soziale Kontakt- undKommunikationsfähigkeit erfordert), Ei-geninitiative (die Anpassungsfähigkeitverlangt), Übernahme von Verantwortung(was die Fähigkeit, sich mit unerwartetenEreignissen auseinander zu setzen unddabei neue Fähigkeiten anzueignen be-inhaltet), Gründlichkeit (insbesondere imHinblick auf Ergebnisse).

Dieses Modell unterscheidet sich von denbeiden oben beschriebenen Modellen indrei grundlegenden Punkten. Zunächstwird der Arbeitnehmer hier als Inhabereines Kompetenzkapitals betrachtet, nichtals „Maschinenbediener“ wie im fordis-tischen Modell der Arbeitsorganisation,

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und es wird ihm außerdem die Fähigkeitzugesprochen, neue Kompetenzen zuentwickeln, insbesondere durch die sichständig verändernden Arbeitssituationen,mit denen er sich auseinander setzenmuss. Daher spricht man von „qualifizie-render Arbeitsorganisation“ und vonlebensbegleitendem Lernen. Im Gegensatzzu dem auf die Eignungen ausgerichte-ten Modell scheinen die hier genanntenFähigkeiten jedoch eng mit den Kontex-ten verbunden zu sein, in denen sie auf-treten. Der zentrale Stellenwert kommtheute weniger dem Berufsakteur selbst zuals vielmehr den beruflichen Interaktio-nen (Aktionen, Gespräche, Rollen usw.).

Im technischen System der Arbeit sind dieKompetenzbilanzierung und die Validie-rung und Anerkennung von durch Erfah-rung erworbenen Kompetenzen beispiel-hafte Verfahren der Orientierung undBeratung.

2.1.4 Globalisierung und „berufli-ches Chaos“: Beratung als Hilfe in denÜbergangsphasenDie wirtschaftlichen Veränderungen derjüngsten Zeit (d.h. die Entwicklung derneuen Informations- und Kommunikati-onstechnologien und mehr noch die auf-einander folgende Globalisierung vonKapital und Arbeit) führten zu einer ver-stärkten Segmentierung des Arbeitsmark-tes. Gemäß der Segmentierungstheoriegibt es tatsächlich nicht nur einen, son-dern mehrere voneinander getrennte Ar-beitsmärkte (siehe hierzu z.B. Tanguy(Hrsg.), 1986, S. 217-221). Die interessan-ten Arbeitsplätze mit der besten Bezah-lung bilden das erste Segment. Das zwei-te Segment, in dem immer mehr Erwerbs-tätige arbeiten, sind die schlecht bezahl-ten Arbeitsplätze mit zum Teil sehrschlechten Arbeitsbedingungen. Auf die-sem Arbeitsmarkt wird von den Arbeit-nehmern nur wenig Ausbildung, aberhohe Flexibilität verlangt. Sie „gehören zudiskriminierten Gruppen: Frauen, Jugend-liche, Ausländer“ (Orivel & Eicher, 1975,S. 407).

Infolge der Entwicklung von immer mehrungesicherten Arbeitsverhältnissen durch-läuft eine zunehmende Zahl von Arbeit-nehmern wiederholt berufliche „Über-gangsphasen“, die in der Regel nicht derEntwicklung einer „Berufskarriere“ ent-sprechen: Solche Übergangsphasen (z.B.

der Übergang von der Arbeitslosigkeit inein Praktikum für Arbeitssuchende) mün-den nämlich nicht in qualifiziertere be-rufliche Positionen, die mehr Kompeten-zen erfordern und mehr Verantwortungbeinhalten. Wie Nancy Schlossberg, ElinorB. Waters und Jane Goodman (1995, S.28) unterstreichen, „stellt eine Übergangs-phase im Leben eines Menschen ein Er-eignis dar, das sowohl Gewinne als auchVerluste mit sich bringen kann“.

Der Begriff „psychosoziale Übergangspha-se“ wurde 1971 von Colin Murray Parkesgeprägt. Er bezeichnet „größere Verände-rungen im Lebensverlauf, die dauerhafteAuswirkungen haben, sich innerhalb ei-nes relativ kurzen Zeitraums vollziehenund die Weltsicht entscheidend beeinflus-sen“ (zitiert in Dupuy, 1998, S. 49). ImBereich der lebensbegleitenden Berufsbe-ratung wurde der Begriff nach seinerÜbernahme definiert als „jedes Ereignis,das Veränderungen der sozialen Bezie-hungen, Alltagsbeschäftigungen, Überzeu-gungen und Rollen bewirkt“ (Schlossberget al., 1995, S. 27).

In einem solchen Kontext verfolgt dieBerufsberatung weniger ehrgeizige Zieleals beim Kompetenzmodell. Sie soll denRatsuchenden lediglich helfen, die ver-schiedenen Ereignisse, die sich auf ihrLeben auswirken, „bestmöglich“ zu bewäl-tigen. Dazu analysiert man gemeinsam mitihnen ihre Situation, die Hilfen, die sie inAnspruch nehmen können, ihre persönli-chen Ressourcen (z. B. ihre psychischenEigenschaften) sowie die Strategien, diesie einsetzen können (Schlossberg et al.,1995, S. 49).

2.1.5 Eklektische Praxis der Berufs-beratungDie verschiedenen oben beschriebenenSysteme der Arbeitsorganisation sind nach-einander entstanden. Die Globalisierungder Wirtschaft (mit internationaler Arbeits-teilung und Verlagerung von Arbeitsplät-zen) ist eine neue Entwicklung. Das heißtjedoch nicht, dass alle Berufe, für die ge-nau festgelegte Fähigkeiten und ein be-stimmtes Know-how erforderlich sind, ver-schwunden wären. Genauso gibt es einNebeneinander von „fordistischen“ Arbeits-plätzen und dem Kompetenzmodell ent-nommenen Arbeitsfunktionen. Gleichzei-tig erleben viele Menschen immer wiederlange, schmerzhafte „Übergangsphasen“.

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Die Berufsberatungspraxis trifft heutzuta-ge auf sehr unterschiedliche Fragestellun-gen, zu deren Beantwortung oder Lösungsie Instrumente oder Methoden nutzt, diein unterschiedlichen „Zeitstufen“ berufli-cher Beratungs- und Orientierungspraxisentstanden sind. Deshalb erscheint diePraxis der Berufsberatung oftmals eklek-tisch oder gar synkretistisch.

2.2 Organisation von Bildung undProblematik der schulischen Berufs-beratung

Die Organisation der Arbeit ist nicht dereinzige Kontext, der bei der Problemstel-lung der Berufsberatung eine Rolle spielt.Die Struktur des Schulsystems, d.h. dieOrganisation von Bildung und Bildungs-einrichtungen, ist ebenfalls von großerBedeutung.

Der Vergleich zwischen Deutschland undFrankreich stellt in diesem Zusammen-hang ein sehr interessantes Beispiel dar:Die Schulsysteme der beiden Länder un-terscheiden sich grundlegend. In Frank-reich gibt es eine einheitliche Sekundar-schule, die technischen und beruflichenBildungseinrichtungen sind in das Schul-system integriert. In Deutschland existie-ren drei Typen von Sekundarschulen; dieberufliche und technische Ausbildungobliegt zu einem großen Teil den Betrie-ben. Infolge dieser unterschiedlichen Or-ganisationsformen unterscheidet sich auchdie Praxis der deutschen und der franzö-sischen Berufsberater grundlegend.

Im französischen System, so Henri Eckert(1993, S. 272), „liegt die Kontrolle über dieberufliche Intergenerationenmobilität beider Schule und zwar auf Kosten der Bera-tungsdienste“. Die Berater befinden sichnicht mehr in der Position des Entschei-ders, sondern fungieren als Begleiter derSchüler. Die französischen Berufsberatermüssen sich folgende Fragen stellen: Sollsich der Berufsberater darauf beschränken,Informationen zu liefern, soll er den Schü-lern Strategien zur Entscheidungsfindungan die Hand geben oder soll er vielmehrals Psychologe bei der Selbstverwirkli-chung der Schüler fungieren?

In Deutschland ist die Berufsberatung lautHenri Eckert (1993, S. 269) „im Übergangs-bereich zwischen allgemein bildenderSchule und betrieblicher Berufsberatung“

anzusiedeln. Ihre Aufgabe sei es demnach,„Angebot und Nachfrage auf dem Aus-bildungsmarkt zu koordinieren“. Der Be-rater habe eine Kontrollfunktion bezüg-lich der sozialen Mobilität der Jugendli-chen. Seine Aufgabe bestehe tatsächlichnicht nur darin, Hilfestellung beim Über-gang in die Ausbildung zu bieten, son-dern auch in der Evaluierung der Ratio-nalität der Entscheidungen.

2.3 Wissenschaftliche Strukturierungder Grundfragen der Berufsberatungdurch psychologische Ansätze

Wenn die Fragen der Berufsberatung imWesentlichen soziale Fragen sind undwenn sie sich durch die Rahmenbedin-gungen und Kontextdimensionen bestim-men, in denen sie gestellt werden, kön-nen sie durch wissenschaftliche Fragestel-lungen, insbesondere durch die Psycho-logie, strukturiert werden. Die geistigenVäter der Berufsberatung vertraten in die-sem Zusammenhang eine klare Überzeu-gung: Der Gewinn wissenschaftlicher Er-kenntnisse könne die Berufsberatungs-praxis legitimieren. Hierzu haben wir je-doch heute einige Vorbehalte und sindvielmehr der Auffassung, dass sich einebestimmte Praxis der Berufsberatung nurdurch ihren Zweck legitimiert. Außerdemsind die konkurrierenden oder komple-mentären Modelle so zahlreich, dass mannicht von nur einem, sondern von meh-reren psychologischen Ansätzen der Be-rufsberatung sprechen sollte.

2.3.1 Die Differentialpsychologieund die Frage der Beziehung Indivi-duum-BerufParsons (1909) hält die wissenschaftlicheMethode der Berufsberatung für einfach:Sie bestehe darin, die Eigenschaften ei-nes Individuums durch „angemesseneÜberlegungen“ mit den Merkmalen einesArbeitsplatzes in Verbindung zu bringen.Diese Art der Fragestellung zur Berufs-beratung entspricht dem berufsorien-tierten System der Arbeit. Im Wesentli-chen wird hier postuliert, dass es genauumrissene Berufe gibt, deren Anforde-rungen, die klar beschrieben werdenkönnen, sich zu den stabilen Merkmalendes Individuums in Beziehung setzenlassen. Die wesentliche wissenschaftlicheFrage ist demnach die Frage nach derArt der Beziehung(en) zwischen Indivi-duen und Berufen.

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Mit dieser Frage hat man sich im Rahmender Differentialpsychologie auseinandergesetzt, die das Individuum als ein miteiner stabilen Persönlichkeit ausgestatte-tes Wesen betrachtet. Die Persönlichkeitkann über die Positionierung auf den all-gemeinen Dimensionen des intellektuel-len Funktionierens und den allgemeinenPersönlichkeitszügen beschrieben wer-den. Im besonderen Bereich der Berufs-beratung führte die Differentialpsycho-logie zu einer spezifischeren Untersu-chung der Fähigkeiten, Werte, Interessenund der Berufstypen. Der Begriff der Fä-higkeit entspricht der Auffassung, dass eszwischen Individuen und Berufen einegrundlegende Beziehung gibt, wohinge-gen ein auf Werte, Interessen oder Typenaufbauendes Modell wohl eher denSchluss nahe legt, dass diese Beziehungnur eine Abbildung dieser Werte oderInteressen ist.

Die Theorie der „Arbeitsangepasstheit“(„Theory of Work Adjustment“) von RenéDawis und Lloyd Lofquist ist wohl dasprototypische Modell des Differentialan-satzes im Bereich der Berufsberatung und–orientierung für Erwachsene. Die Ein-schätzungsbögen von John Holland (1996,1973) sind ein paradigmatisches Beispielim spezielleren Bereich der Berufsbera-tung und –orientierung für Jugendliche.

2.3.2 Entwicklungsbezogene, kogniti-ve und soziale Fragestellungen derlebensbegleitenden Berufsberatungund OrientierungSeit den fünfziger Jahren waren die psy-chologischen Studien im Rahmen der Be-rufsberatung auf andere Fragen ausgerich-tet. Sie befassten sich einerseits mit derEntstehung von Zukunftsabsichten undberuflichen Neigungen bei Jugendlichenund andererseits mit der Entwicklung derpersönlichen und beruflichen Laufbahnenwährend des gesamten Lebensverlaufs.Diese Fragen wurden in sehr unterschied-liche Modelle gefasst. Als Beispiele ange-führt werden sollen hier das Modell vonJohn Krumbolz (1979), das von AlbertBandura (1977) inspiriert ist, die kogniti-ve Karte der Berufe von Linda Gottfredson(1981) und das Modell von Fred Vondra-cek, Richard Lerner und John Schulenberg(1986), das sich an die Ökologie dermenschlichen Entwicklung von UrieBronfenbrenner (1979) anlehnt. Einigedieser Ansätze beschreiben lediglich ei-

nen allgemeinen Rahmen, wohingegenandere Ansätze, wie der von BernadetteDumora (1999, 2000), auf zahlreichenempirischen Erkenntnissen beruhen. Dassehr allgemeine Modell von Donald Su-per (1980) des „life space, life span careerdevelopment“ (Lebenszeit-Lebensraum-Ansatz der beruflichen Laufbahnberatung)stellt eine Art Synthese mehrerer voraus-gehender Analysen dar.

In der jüngsten Zeit waren insbesonderedie Beschreibung der Sozialisations-prozesse und die Analyse der persönli-chen und beruflichen ÜbergangsphasenGegenstand der Forschungsarbeiten. ImGegensatz zu früher wird heute nichtmehr auf die „Entwicklung“, sondern aufden „Übergang“ als vorherrschenden Be-grif f abgestel l t : die Berufswege imErwachsenenleben werden heute in einemsehr viel engeren Zusammenhang mitKontexten und Ereignissen gesehen alsfrüher. So beschreibt Claude Dubar (1992,1998) „biographische Transaktionen“ und„zwischenmenschliche Transaktionen“,die für die Identitätsfindung des Menschenausschlaggebend seien. Einige Analysen,wie z.B. die Untersuchung von NancySchlossberg (1995), legen einen besonde-ren Schwerpunkt auf die „Strategien“,welche die Menschen entwickeln, um sichmit erwarteten und unerwarteten Ereig-nissen auseinander zu setzen, die ihrenLebensweg kennzeichnen.

2.3.3 Carl Rogers und die Beratungs-psychologieEs kann eine klare Trennlinie gezogenwerden zwischen den Arbeiten, welchedie Faktoren beschreiben, die bei derEntwicklung von Zukunftsabsichten sowiebei der sozialen und beruflichen Einglie-derung eine Rolle spielen (den „careertheories“, um einen Begriff von JohnKilleen (1996) aufzugreifen), und den Stu-dien, die sich mit den Bedingungen fürwirksame Maßnahmen (gemäß der„guidance theory“) befassen. Carl Rogers(1951) ist sicher einer der Autoren, derdie Verfahrenspraxis explizit (wie im Ver-einigten Königreich) oder implizit (wieoftmals in Frankreich) am stärkstenbeeinflusste. Er definiert Beratung als einvom Berater geführtes, nicht-direktivesGespräch, wobei der Berater e ineempathische und verständnisvolle Haltungannimmt, die es dem Ratsuchenden er-möglicht, seine Persönlichkeit zu „restruk-

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turieren“. Seither wurden zahlreiche Me-thoden der interaktiven Beratung entwi-ckelt, die alle mehr oder minder diesemAnsatz zuzuordnen sind.

2.3.5 Die Beziehung zwischen psycho-logischer Forschung und Beratungs-praxisObwohl die meisten „theoretischen Bera-tungsmodelle“ aus gesellschaftlichen Fra-gestellungen entwickelt wurden, die ineinem der begrifflichen Rahmen der Psy-chologie (Behaviorismus, Neobehavioris-mus, kognitive Theorien, dynamische Psy-chologie, Psychoanalyse) bearbeitet wur-den, haben umgekehrt sicher auch psy-chologische Problemstellungen das Ver-ständnis von Fragen der Berufsberatungbeeinflusst. Heutzutage ist die Entfernungzwischen psychologischer Forschung undBeratungspraxis jedoch größer geworden.Dies zeigt sich an den vier folgenden Phä-nomenen: Erstens ist ein gewisses Desin-teresse vieler Praktiker an theoretischenBeratungsmodellen festzustellen. Die Be-rater vertreten oftmals die Auffassung,dass die Theorie nichts mit dem zu tunhabe, was bei der Beratungspraxis undinsbesondere beim Klientengespräch tat-sächlich passiere (Fielding, 2000, S. 80).Zweitens üben die Theoretiker häufigharsche Kritik an der Beratungspraxis. Sofragt sich z.B. Claude Chabrol (2000, S.174), ob das Gespräch vielleicht eine sanf-te Technik sei, die den Ratsuchenden ei-ner Ideologie zuführe, die darin bestehe,Erklärungen im Zusammenhang mit derindividuellen Bereitschaft („so ist ereben“) vorrangig Glauben zu schenken,während Erklärungen durch situations-bezogene, soziale oder natürliche Fakto-ren („er befindet sich in dieser bestimm-ten Situation“) in den Hintergrund träten.Bei der Berufsberatung werden derarti-ge, durch „individuelle“ Eigenschaftenbegründete Einschätzungen bisweilendurch Begriffe wie „Beschäftigungs-fähigkeit“ herbeigeführt.

Die dritte Beobachtung zeigt, wie weit diePraxis der Berufsberatung und die wis-senschaftlichen Problemstellungen heut-zutage voneinander entfernt sind. So wer-den manche der in der Beratungspraxisbehandelten Probleme in der psycholo-gischen Forschung nicht eingehenderuntersucht, obwohl sie sehr wohl in die-ses Fachgebiet fallen. Dies gilt für dieErmittlung der Kompetenzen und die

Validierung nicht formal erworbener Kom-petenzen. Die sich dem Praktiker stellen-de fundamentale Frage („Unter welchenVoraussetzungen ist eine Kompetenzübertragbar – oder kann sie übertragbargemacht werden?“) scheint von der For-schung kaum aufgegriffen zu werden. Diewissenschaftlichen Theoretiker haben sichvon den Fragen entfernt, die die Prakti-ker im Bereich der Berufsberatung auf-werfen.

Umgekehrt trifft dies jedoch ebenfalls zu:Es bestehen heute bemerkenswerte Unter-schiede zwischen dem Menschenbild, wel-ches den von den Praktikern benutztenInstrumenten zugrunde liegt, und dem inden Humanwissenschaften dominierendenParadigma. Die „Instrumente“ der Prakti-ker (z.B. die „Typen“ von John Holland1966, 1973) betrachten den Menschen imAllgemeinen als ein mit einer stabilen Per-sönlichkeit ausgestattetes Wesen. In jüng-ster Zeit haben die Psychologie und So-ziologie jedoch ein im Vergleich zu frühe-ren Annahmen weniger „stabiles“ Modelldes Menschen entwickelt.

Eine Synthese der verschiedenen zeitge-nössischen Ansätze in den Human-wissenschaften führte daher zum Entwurfeines Modells der menschlichen Subjek-tivität (Guichard, 2001a), das auf dreigrundlegenden Annahmen beruht. Dieerste lautet, dass diese Subjektivität nurunter Bezugnahme auf die Gesellschaft,in der das Individuum lebt, untersuchtwerden kann. Die zweite unterstreicht dierelative Formbarkeit dieser Subjektivität.Die dritte besagt, dass die menschlichePerson sich in einem grundsätzlichen„Spannungsverhältnis“ zwischen bestimm-ten Identifikationen ihres Selbst und demuniversellen (und aus drei Einheiten be-stehenden) „Ich“ der Person befindet(Jacques, 1979, 1982).

Die Notwendigkeit einer Bezugnahme aufdie Gesellschaft bei der Untersuchung derSubjektivität der menschlichen Personwird durch die Feststellung begründet,dass eine bestimmte Gesellschaft zu ei-nem bestimmten Zeitpunkt ein „Identi-tätenangebot“ macht, das die einzelnenMitglieder dieser Gesellschaft auf ihre je-weils eigene Art „wahrnehmen“. DiesesIdentitätenangebot erfassen sie in menta-len Schemata, die gemäß dem von MarvinMinsky (1975) vorgeschlagenen Begriff als

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„kognitive Rahmen“ bezeichnet werdenkönnen. Diese kognitiven Identitäts-rahmen erlauben es den Menschen, einBild von sich selbst und von anderenmachen. Sie bilden ein geistiges System,das damit zur Grundlage für die Vorstel-lungen von der Struktur der Beziehungenzwischen den „Sozialkategorien“ (die „so-zialen Gruppen“ oder „Gemeinschaften“aller Art) wird, wie sie im Geist eines In-dividuums besteht, das objektiv und sub-jektiv in seinem „Sozialkosmos“ (laut derTerminologie von Pierre Bourdieu undLoïc Wacquant 1992, S. 73) angesiedeltist. Demnach nimmt jeder seine Mitmen-schen oder sich selbst in „Identitäts-formen“ wahr, die sich an einigen dieser(kognitiven) Identitätsrahmen orientieren.Die Identitätsform (Dubar, 1998) kann alsoals eine bewusste Vorstellung von sichselbst und anderen beschrieben werden,die der St ruktur e ines best immtenIdentitätsrahmens folgt.

Gleichwohl ist die Subjektivität desmenschlichen Individuums relativ form-bar. Bei Berücksichtigung der Forschungüber Identität und Gruppen lassen sichdie subjektiven Identitätsformen von an-deren Identitätsformen abgrenzen. Sosehreinige Stereotype zuweilen ermöglichen,die Mitmenschen in einen bestimmtenIdentitätsrahmen einzuordnen, sosehr er-scheint die „subjektive Identitätsform“ alseine echte Selbstverwirklichung innerhalbeines Identitätsrahmens, in dem die Phä-nomene der „Identitätsfindung“, der„Personalisation“ (Malrieu, 1979), des„primus inter pares“ (Codol, 1975), der„Subjektwerdung“ (Foucault, 1982, 1994-IV) usw. zum Tragen kommen. DieseSelbstverwirklichung wird in hohem Maßedurch die Kontextbedingungen bestimmt,in denen das Individuum interagiert: Mandarf annehmen, dass die subjektivenIdentitätsformen vikariierend auftreten.Das heißt, das Individuum erschafft sichje nach den Kontextbedingungen, in de-nen es interagiert, unterschiedlicheIdentitätsformen. Aus diesem Grund kannseine Subjektivität als „relativ“ formbarbetrachtet werden. Die Stabilität oderFormbarkeit des Selbst hängt letztlich inerster Linie von dem Komplexitätsgrad derGesellschaft ab, in der das Individuumlebt: Das Identitätenangebot (insbesonde-re sein Umfang) ist nicht in allen Gesell-schaften gleich. Die Formbarkeit der Sub-jektivität hängt darüber hinaus vom

Integrationsgrad der verschiedenen sozia-len Beziehungsfelder in der betreffendenGesellschaft ab: Je nach Gesellschaft sinddie verschiedenen Identitätsrahmen mehroder weniger miteinander verbundenbzw. voneinander abgegrenzt. DieseFormbarkeit hängt schließlich auch vonden Interaktionen ab, in denen sich derEinzelne engagiert, denn diese eröffnendie Möglichkeit, je nach Struktur der ver-schiedenen Identitätsrahmen mehr oderweniger zahlreiche Selbstverwirklichungs-erfahrungen zu machen.

Das vikariierende Auftreten der subjekti-ven Identitätsformen führt nicht zum Ver-schwinden des Gefühls, eine individuelleIdentität zu haben. Jede stellt eine unter-schiedliche Form des Selbstseins dar. Allezusammen bilden sie ein geschlossenesSystem, das die Subjektivität des Menschenausmacht. Auf einer noch grundlegenderenEbene jedoch scheint der Mensch sich ineinem „Spannungsverhältnis“ zwischenseinen einzelnen Identifikationen und demuniversellen „Ich“ der Person (Jacques,1979, 1982) zu befinden, wobei er sichdurch letzteres notwendig zugleich als„Ich“, „Du“ (in den Worten des Mitmen-schen, an den er sich wendet) und „Er“(der von dem „Du“ in „meiner“ Abwesen-heit sprichst) wahrnimmt, was bedeutet,dass er sich über den einzelnen Identifi-kationen stehend empfindet. Angesichtseiner sich ständig wandelnden Umwelt istder Mensch ununterbrochen auf der Su-che nach Identitätsformen, in denen er sichkristallisiert, ohne dass er sich für die eineoder andere Kristallisationsform seines Ichsentscheidet, weil er gerade als „Ich-Du-Er“niemals vollkommen mit einer dieser Aus-prägungen seines „Selbst“ identisch wer-den kann2. Er scheint von einer fundamen-talen Dynamik angetrieben zu sein, auf-grund derer er danach strebt, sich in einerdieser Identitätsformen wiederzufinden,wobei er jedoch immer über diesenIdentifikationsformen steht.

Ein derartiges Menschenbild macht dieFragen der Berufsberatung noch viel-schichtiger. An die Stelle der Vorstellungeines Ratsuchenden, dessen wichtigstePersönlichkeitsmerkmale erfassbar sind,tritt heute immer mehr die Auffassung,dass man es mit einem „vielstimmigen“Individuum zu tun hat (um hier dieBegrifflichkeit von Bachtin aufzunehmen;vgl. Wertsch 1990 und Häyrynen, 1995),

(2) Was darauf hinausläuft, dass diePersonalisations- und Identitätsfin-dungsprozesse unendlich sind.

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dessen Identität nie endgültig feststeht.Hat der Praktiker also das Ziel, dem Rat-suchenden bei seiner Stabilisierung inbestimmten Identitätsformen zu helfen(wie dies insbesondere das Modell vonJohn Holland postuliert?) Oder setzt ersich im Gegenteil dafür ein, dem Ratsu-chenden bei der Diversifizierung des sub-jektiven Systems der Identitätsformen, indenen er sich entwickelt, beizustehen, wiedies z.B. die politische Philosophie vonMichel Foucault nahe legt (1988; 1994-4)?

3 Ziele und Zweckeder Beratungspraxis

Wenn sich die Beziehung zwischen Bera-tungspraxis und psychologischer For-schung im Laufe des Jahrhunderts gelo-ckert hat, ist dies vielleicht darauf zurück-zuführen, dass die Wissenschaft keineAntwort auf die wichtigste Frage der Prak-tiker geben kann. Ziel wissenschaftlicherArbeiten ist es zu erklären, „wie die Din-ge vonstatten gehen“, nie aber sagen sie,„was zu tun ist“. Die wissenschaftliche Fra-gestellung befasst sich mit dem „wie“ undnicht mit dem „zu was ist es gut?“. Dietheoretische Forschung bewegt sich aufder Erkenntnisebene und soll Phänome-ne beschreiben. Sie ist nicht axiologischoder praxisorientiert: sie erklärt nicht,welches Ziel (welche Ziele) auf derGrundlage ihrer Erkenntnisse angestrebtund welche Maßnahme(n) zu diesemZweck ergriffen werden sollen.

Dies soll jedoch nicht heißen, dass einwissenschaftlicher Ansatz für den Prakti-ker von keinerlei Interesse wäre. Im Ge-genteil! Einerseits kann er ihm Instrumentefür wirksame Maßnahmen an die Handgeben (z.B., indem er ihm ein Verständ-nis der Verfahren ermöglicht, die bei sei-nen Tätigkeiten eine Rolle spielen), an-dererseits aber auch ethische Problemeaufzeigen, von denen er bisher nichts ahn-te (z.B.: Ist „wohlwollende Neutralität“ –die das Grundprinzip des nicht-direktenBeratungsgesprächs darstellt - vielleichtnur eine besonders subtile Art der Mani-pulation?).

Doch nur die Bestimmung der ethischen,wirtschaftlichen und sozialen Zwecke er-laubt es, praktische Ziele beruflicher Ori-entierung und Beratung festzulegen. FürBinet (1908) waren diese Ziele offensicht-

lich: Die Berufsberatung hatte die Aufga-be, eine harmonische Gesellschaft zu er-richten, in der ein jeder seinen Platz ge-mäß seinen Fähigkeiten findet. Die Ziel-setzung des Berufsberaters war einfach:Ihm ging es darum, die in den verschie-denen Berufen verlangten Fähigkeitenund die Fähigkeiten des Einzelnen mög-lichst genau zu beschreiben. Die Zweckeund operationellen Ziele waren eng miteinander verbunden.

Die Situation heute ist anders. Zunächstsind die operationellen Ziele der Berufs-berater unterschiedlicher als zu Beginndes Jahrhunderts, dann scheint man sichheute recht wenige Fragen zu den Zwek-ken der Berufsberatung, insbesondere inethischer und sozialer Hinsicht, zu stel-len, und schließlich ist die Frage der Be-ziehung zwischen den Zwecken und Zie-len wohl recht vielschichtig.

3.1 Ziele, Forderungen und Verfah-rensweisen

Berufsberater verfolgen heute zahlreicheZiele, die sie unter Berücksichtigung ih-rer institutionellen Stellung und der mehroder minder expliziten Erwartungen derRatsuchenden selbst festlegen müssen.Die Erwartungen können jedoch starkvariieren. So kann es z.B. darum gehen,einem Ratsuchenden zu helfen herauszu-finden, in welchen subjektiven Identitäts-formen er sich entfalten oder wer er seinmöchte. Das Ziel liegt dann darin, ihndazu zu bringen, seine Identitätsformenmit einem gewissen Abstand zu sehen. Inanderen Fällen liegt das Problem in derEntscheidungsfindung. Diese Frage kannunterschiedliche Bedeutung haben und inverschiedene Verfahren münden. Bei ei-nem kognitiven Ansatz kann sie zur Ziel-definition führen, dem Ratsuchenden ei-nen besseren Ansatz zur Problemlösungvorzuschlagen. Unter dem Gesichtspunktder persönlichen Entwicklung hingegenkann die „Entscheidungshilfe“ dem Ein-zelnen die Möglichkeit geben, sein Ich inbestimmten Identitätsformen herauszu-kristallisieren.

3.1.1 Forderungen an den BeraterBeim Vergleich der Erkenntnisse vonJosette Zarka (2000) über die Interaktio-nen in Beratungsgesprächen und der Be-obachtungen von Bernadette Dumora(1990) zu den den Entscheidungen von

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Jugendlichen zugrunde liegenden „Denk-mustern“ lassen sich vier große Gruppenvon Fragen unterscheiden, die diese –oder ihre Familie – dem Berater stellenkönnen. Strategische Fragen werden vonden „Schulkonsumenten“ (Ballion, 1982)gestellt, denen es vor allem um sozialeAufstiegsmöglichkeiten geht. Ihre Frage-stellung lässt sich folgendermaßen zusam-menfassen: „Mit welcher Strategie kannich am besten die höchste gesellschaftli-che Position erreichen, die ich mir erhof-fen kann?“ Manche Jugendlichen aus be-scheidenen Verhältnissen, die BernadetteDumora als „Pragmatiker“ bezeichnet,schlagen etwas leisere Töne an: „Was kannich tun, um das bescheidene Ziel, das ichmir gesetzt habe, zu erreichen?“ „Unein-deutige Forderungen“ werden von Ju-gendlichen gestellt, die eine abwarten-de oder resignierte Haltung einnehmen.Strategische Fragen bei der Wahl des Bil-dungswegs vermengen sich hier mit demHauptproblem dieser Schüler: Müssen siesich mit einem Verzicht auf bestimmteschulische oder berufliche (und sogarpersönliche) Identitätsformen abfinden, indenen sie sich selbst verwirklichen woll-ten, oder nicht? Für diese Jugendlichenspielt die Interaktion im Beratungsge-spräch eine entscheidende Rolle. Schließ-lich gibt es noch „paradoxe“ Forderun-gen, die folgendermaßen formuliert wer-den können: „Beeinflussen Sie mich, da-mit ich in die Lage versetzt werde, eineEntscheidung zu treffen“ oder „beeinflus-sen Sie mich so, dass ich in meiner Ent-scheidung bestätigt werde“. Diese Forde-rungen werden von Jugendlichen gestellt,die sich entweder durch ein „rationalisie-rendes Denkmuster“ (sie betrauern ihrefrüher gehegten „großen Erwartungen“)oder ein „illusionsgesteuertes Denk-muster“ (sie halten an ihren Erwartungenfest, obwohl sie im Widerspruch zu ihreraktuellen Situation stehen) auszeichnen.

Zuweilen ist die in der Berufsberatungauftauchende Frage auch ganz allgemei-ner Art: „Wie kann ich diese Übergangs-phase bewältigen?“ In manchen Bera-tungsgesprächen wird verlangt, dass derRatsuchende eine Bilanz seiner wichtig-sten Lebenserfahrungen zieht und Zu-kunftsvorhaben formuliert. Man bezeich-net dies z. B. als „Kompetenzbilan-zierung“. Diese Bilanzierung kann auchAnlass zu einer Validierung der durch Er-fahrung erworbenen Kompetenzen geben,

das heißt zu einem Verfahren, welches zurAusstellung eines Zeugnisses führt, in demdie durch diverse berufliche (und außer-berufliche) Tätigkeiten erworbenen Kom-petenzen anerkannt werden.

3.1.2 Beispiel für ein Beratungs-verfahrenUm diesen unterschiedlichen Forderun-gen gerecht zu werden, setzen die Bera-ter unterschiedliche Beratungsverfahrenmit verschiedenen Instrumenten ein (wieTests und Fragebögen). Als Beispiel da-für wäre das von Norman Gysbers, MaryHeppner und Joseph Johnston (1998,2000) entwickelte Verfahren zu nennen,das vier Hauptphasen umfasst.

Das Gespräch beginnt damit, dass Bera-ter und Ratsuchender ein „Arbeitsbündnis“schließen. Dieses beinhaltet drei Aspek-te: das Einverständnis über die angestreb-ten Ziele, das Einverständnis darüber, mitwelchen Mitteln sich diese am besten er-reichen lassen, und der Aufbau einer Be-ziehung zwischen Berater und Ratsuchen-dem: „Es scheint, dass es einer Art vonBeziehung zwischen dem Klienten unddem Berater bedarf, einer Bindung, dievon Sorge um den Anderen (caring) undvon Vertrauen geprägt ist, denn es ist fest-zustellen, dass das Fehlen einer solchenBeziehung sich negativ auf die Bemühun-gen zur Verwirklichung der Ziele aus-wirkt“ (Gysbers, Heppner und Johnston,1998, S.␣ 125).

In der zweiten Phase werden mithilfe ver-schiedener Methoden zu einer Vielzahlvon Bereichen Informationen über denRatsuchenden gesammelt. Zu diesen Be-reichen zählen: Interessen, Wertvorstellun-gen, Eignungen und Kompetenzen; ihrBild von sich selbst, ihren Mitmenschenund ihrem Umfeld; die zentralen verhal-tensbestimmenden Faktoren; der durchethnische Herkunft und Geschlecht be-dingte Identitätsstatus; die Mittel, mit de-nen versucht wird, vergangenen, gegen-wärtigen und künftigen Lebensrollen,-bedingungen und -ereignissen Bedeu-tung zu verleihen; mögliche persönlich-kei tsbezogene und umfeldbedingteHemmnisse und Zwänge; Entscheidungs-stile, usw. Von den sehr zahlreichen Tech-niken, die zur Erhebung dieser Informa-tionen eingesetzt werden können, wärenbesonders folgende zu nennen: die „Ein-schätzung des persönlichen und berufli-

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chen Lebensverlaufs“ (Life Career Assess-ment), die auf den Theorien Alfred Ad-lers (1931) beruht␣ (Adler unterscheidetdrei – sich überschneidende – Bereiche,die das Verhältnis des Individuums zurWelt bestimmen: Arbeit, Gesellschaft (diesozialen Beziehungen) und Geschlecht-lichkeit (Freundschaft und Liebe); dasBerufslaufbahngenogramm, das in Weiter-führung der Arbeiten von Monica McGold-rick und Randy Gerson (1985, 1990) ent-wickelt wurde; Berufsklassifizierungen;Persönlichkeits- und Eignungstests, stan-dardisierte Inventare (z.B. zu Arbeits-interessen und Arbeitswerten), Fragebö-gen (wie das „Inventar für Berufslaufbahn-übergänge“ - Career Transitions Inven-tory) von Mary Heppner (1991), das dieVariablen für intrapsychische Prozessemessen soll, die sich förderlich oder hin-dernd während einer Übergangsphaseauswirken).

Die dritte Phase dient der Verarbeitungder über den Ratsuchenden erhobenenInformationen und der Formulierung vonHypothesen über seine Ziele und Proble-me. Der Berater stützt sich dabei auf ihmbekannte theoretische Modelle undPersönlichkeitstheorien; er berücksichtigtaußerdem interkulturelle Ansätze undArbeiten zur Geschlechtsidentität. Auf die-se Weise ermittelt und analysiert er die„Themen des persönlichen und berufli-chen Lebens“ des Ratsuchenden. Gysberset col. (1998, p.␣ 238) definieren dieseThemen als „die Worte, mit denen dieMenschen ihre Gedanken, Werte, Einstel-lungen und Überzeugungen in Bezug aufsich selbst (Aussagen von der Art: „Ichbin“), auf ihre Mitmenschen (Aussagenvon der Art: „X ist“) und die Welt im All-gemeinen (Aussagen von der Art: „DasLeben ist“) ausdrücken. Diese Ermittlungder Lebensthemen stellt eine Art dialogi-sche „Inhaltsanalyse“ dar, bei der der Be-rater dem Ratsuchenden während (undnach) der Informationserhebung Themenvorschlägt.

In der letzten Phase erhält der Ratsuchen-de Hilfestellung zur Entwicklung von Zie-len für seine berufliche Laufbahn, zur Er-stellung von Aktionsplänen und zur Be-endigung der Beratungsbeziehung. DieFestlegung des Ziels beinhaltet manchmal,dass der Ratsuchende selbst Informatio-nen beschafft. Das Ziel muss folgendeGrundeigenschaften aufweisen: Es muss

präzise und nachprüfbar sein, einen Zeit-plan für seine Verwirklichung umfassen,erreichbar sein und schließlich schriftlichniedergelegt werden. Diese Zielsetzungenmüssen in einem genauen Aktionsplan an-gegeben werden können, der auf ihreUmsetzung hinführt. Die Beratungs-beziehung wird nach einer Bilanz ihresGesamtverlaufs beendet.

3.1.3 Beruflicher Orientierungsunter-richtDie Beratung im Vier-Augen-Gespräch istindes nicht die einzige Verfahrenspraxisin der Berufsberatung. Seit den siebzigerJahren wurden in den meisten reichenLändern in zunehmendem Maße Metho-den zur beruflichen Orientierung im Un-terricht entwickelt (Guichard, 2001b;Guichard, Guillon und Lowit, 2001). Siesollen dazu dienen, den Zielgruppen (vorallem Jugendlichen) ein genaueres Bildvon der Problematik von Entscheidungenim Hinblick auf die Berufswahl zu ver-mitteln.

Unter pädagogischen Gesichtspunktenlassen sich dabei zwei Hauptgruppen vonVerfahrensweisen unterscheiden: zum ei-nen die von Hoyt (1977) als „infusion“bezeichnete Methode und zum anderenum speziell zu diesem Zweck konzipier-te Unterrichtseinheiten. Unter „infusion“versteht man die Nutzung des regulärenUnterrichts zur Vermittlung von berufli-cher Orientierung. So spricht man z.B. von„infusion“, wenn ein Lehrer im Fremd-sprachenunterricht mit seinen SchülernTexte bearbeitet, die dazu gedacht sind,Jugendlichen eines anderen Landes, indem die betreffende Sprache gesprochenwird, bestimmte Berufe vorzustellen, unddann diese Texte mit Informationsmateri-al aus dem eigenen Land vergleicht.

Beim eigentlichen beruflichen Orientie-rungsunterricht handelt es sich um geson-derte Unterrichtseinheiten, die im Stunden-plan der Schüler einen eigenen Platz ne-ben den anderen Fächern haben. Vieledieser Unterrichtseinheiten für Jugendlichein Schulen basieren auf dem herkömmli-chen Modell der Berufsorientierung und –beratung: der „Abgleichung“. Dazu wer-den die Teilnehmer angeleitet, ein Selbst-porträt in Bezug auf Interessen, Wertvor-stellungen, Eigenschaften, Schulleistungenusw. zu erstellen. Strukturiert sind diesePorträts natürlich nach den dieser Metho-

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de zugrunde liegenden Taxonomien. Ana-log gehen die Schüler dann im Hinblickauf Berufe und Ausbildungswege vor. Da-mit verfügen sie über ein Verzeichnis ge-meinsamer Parameter, mit denen sie selbstsowie die Berufe (oder Ausbildungswege)erfasst werden. Anschließend werden sieangeleitet, diese Parameter in bestimmterWeise zu integrieren, um die „Abgleichung“durchzuführen. Eine der gebräuchlichstenTaxonomien für diese „Abgleichung“ wur-de von John Holland entwickelt.

3.2 Zwecke

Während die Ziele der Berufsberatung inder Regel explizit formuliert sind, so giltdies nicht für die Zwecke nicht unbedingt.Hier spielt sich alles so ab, als herrscheseit Parsons eine Art Konsens: Die Ent-wicklung des Einzelnen und seine Fähig-keit, Übergangsphasen in den Griff zubekommen, stehen im Mittelpunkt der Be-rufsberatung. Ausgehend von „dem Be-darf des Ratsuchenden“ soll ihm dabei ge-holfen werden, seine Trümpfe unter Be-rücksichtigung der Zwänge seines Um-felds bestmöglich auszuspielen.

Impliziter Zweck des vorherrschendenModells ist es, dem Individuum bei derAnpassung an die real existierende Weltzu helfen. Dieser Ansatz wird von eini-gen Ideologen noch expliziter und radi-kaler gesehen. So behauptete z.B. einhochrangiger Vertreter eines französischenArbeitgeberverbands kürzlich, dass dieBerufsberatung den Zweck habe, alledazu zu bringen, die mit der Globalisie-rung der Wirtschaft verbundenen Heraus-forderungen anzunehmen. Es gehe dar-um, die Jugendlichen auf das Leben ineiner Welt vorzubereiten, in der es nurnoch sehr wenige kollektive Vereinbarun-gen gebe. Zweck der heutigen Berufsbe-ratung sei es also, „Jugendliche auf Flexi-bilität vorzubereiten“ und sie dazu zu brin-gen, „die strukturelle Revolution in derArbeitswelt zu akzeptieren“ (de Calan,1997, S. 205).

Andere Autoren verbinden die Berufsbe-ratung mit weniger „wirtschaftszentrier-ten“ Zwecken, obwohl auch bei ihnen derEinzelne im Mittelpunkt steht. Dies ist z.B.bei Claude Pair, einem Schulleiter, der Fall,der als Antwort auf die vorstehende Be-hauptung einen Text verfasst hat, in demer schreibt, dass die Schule die Persön-

lichkeit entwickeln und festigen müsse,damit sich die Jugendlichen eine Identi-tät schaffen, Ziele verfolgen und kreativsein könnten. Dies alles sei Inhalt derErziehung zur Entscheidungsfähigkeit(Pair, 1997, S. 251).

Ich meine jedoch, dass man die Zweckeder Berufsberatung anders verstehenkönnte. Ein Expertenausschuss derUNESCO schlug 1970 eine Definition derBerufsberatung vor, die den Weg zu we-niger individuellen, d.h. individualisti-schen Überlegungen ebnet: „Berufsbera-tung bedeutet, den Menschen in die Lagezu versetzen, sich seiner persönlichen Ei-genschaften bewusst zu werden und siemit Blick auf die Wahl seiner Ausbildungund Berufstätigkeit in allen konjunkturel-len Phasen seiner Existenz zu entwickelnund danach zu streben, der Gesellschaftzu dienen und Eigenverantwortlichkeit zuentwickeln“ (Danvers, 1992, S. 190).

Diese Definition legt den Schwerpunkt aufdie soziale Entwicklung („der Gesellschaftdienen“) und auf die moralische Reifung(„Entwicklung von Eigenverantwortlich-keit) des Individuums. Unter diesemBlickwinkel kann man z.B. die Auffassungvertreten, dass die Berufsberatung ange-sichts der Tatsache, dass vier Fünftel derMenschheit in wachsender Armut leben,die jungen Menschen darauf vorbereitensollte, zur Schaffung einer Welt beizutra-gen, in der sich die Kluft zwischen Armund Reich verringert. Man könnte desWeiteren daran denken, dass die Berufs-berater sich das Ziel setzen sollten – ineiner Zeit, in der die Frage der Identitätimmer wichtiger wird (worauf die starkeZunahme von Identitätskonflikten hin-weist) -, dem Menschen zu helfen, sichder Grenzen der Identitätsrahmen bewusstzu werden, die seine eigene „kleine“ Weltbestimmen.

3.3 Die Beziehung zwischen Zweckenund Zielen

Es sollte gleichwohl unterstrichen werden,dass auch die Frage der Beziehung zwi-schen Zwecken und Zielen der Beratungs-praxis Gegenstand einer Untersuchungsein sollte. Ein und dasselbe Ziel kannnämlich entgegengesetzten Zwecken die-nen. So können z.B. Maßnahmen, diedazu führen sollen, die aktuellen Identi-tätsformen mit Abstand zu sehen, auch

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den Zweck haben, die Flexibilität derkünftigen Arbeitnehmer zu fördern unddie Jugendlichen dazu zu veranlassen,ihre „Identitätsstereotypen“ in Frage zustellen und sich der damit verbundenenGefahren bewusst zu werden. Genausokönnen bestimmte Maßnahmen - die z.B.dazu dienen sollen, Jugendliche mit un-terschiedlichem sozialem Hintergrunddazu zu bringen, gemeinsame Aktionenzur lokalen Entwicklung durchzuführen -ihnen auch den Erwerb von Kompeten-zen ermöglichen, die sich sowohl für ihreBerufslaufbahn im weltweiten wirtschaft-lichen Wettbewerb als auch für ihr Enga-gement für die Entwicklung der armenLänder als nützlich erweisen.

3.4 Berufsberatung als Mittel zur För-derung der Persönlichkeitsentwick-lung

Abschließend ist eine Bemerkung zu ma-chen. Die Mehrzahl der Sichtweisen inBezug auf Berufswahl, Zukunftsabsichten,Lebensplanung und Übergangsphasenweist zwei Merkmale auf: Einerseits be-trachten sie den Menschen nicht in sei-ner Gesamtheit, sondern konzentrierensich, wenngleich unterschiedlich stark, aufEinzelaspekte: Ausbildung, Berufsbera-tung und berufliche Eingliederung. An-dererseits gründen sie auf einer „positi-ven“, idealisierenden Sicht des Menschenund können als laizistische Auslegung desMenschenbildes gesehen werden, demzu-folge der Mensch Gottes Werk auf Erdenvollendet. Damit verkennen sie dieNegativität, die oftmals mit den Kristalli-sationsformen der Identität eng verbun-den ist, von denen der Mensch das ge-samte 20. Jahrhundert hindurch Zeugnisabgelegt hat. Sie erklären recht schlüssig,wie man Ingenieur wird (und aus wel-chen Gründen man sich für diesen Berufentscheiden kann), aber sie sagen nichtsüber die Tätigkeiten aus, die der Inge-nieur ausüben wird: ob er zur Entwick-lung einer verarmten Region beitragenoder ob er eine Anlage planen wird, dieganze Gruppen von Menschen vernich-ten kann.

Die Frage, die der heutigen Berufs-beratungspraxis (und Berufsberatungs-forschung) zugrunde liegt, ist letztlichfolgende: „Wie kann jeder Mensch dieMöglichkeit zur uneingeschränkten Selbst-verwirklichung erhalten?“ Überdies bau-

en diese Verfahrensweisen auf der Vor-stellung auf (es wurde bereits darauf hin-gewiesen), dass der Einzelne mithilfe desBeraters seine „eigene“ Antwort auf die-se Frage finden muss – ganz im Sinne ei-nes individualistischen Modells der Be-rufsberatung. Damit ist jedoch die Mög-lichkeit gegeben, dass ein Mensch zu derÜberzeugung gelangt, dass er sich nurdurch sein Engagement in einem Aktivis-tengrüppchen verwirklichen kann, daseine nihilistische Ideologie pflegt…

Aus diesem Grund haben die Praktikerund Theoretiker im Bereich der Berufs-beratung heute wohl keine andere Alter-native als über das „Gute“ und das „Ge-meinwohl“ nachzudenken. Dann könntensie zu dem Schluss gelangen, dass dieSorge darum, dass sowohl die eigene Per-son als auch die Anderen sich als Menschentwickeln können, ins Zentrum der Be-rufsberatung gerückt werden sollte. DerGrundgedanke wäre dabei, dass diemenschliche Selbstverwirklichung, diedurch die Berufsberatung ermöglicht wer-den soll, ohne die gleichzeitige Entwick-lung des Mitmenschen nicht möglich ist.Die zentrale Frage der Berufsberatungwürde dann nicht mehr lauten „Wie kannman dem Einzelnen helfen, sich als iso-liertes Individuum uneingeschränkt zuverwirklichen?“, sondern „Wie kann mandem Einzelnen helfen, sich als Mensch zuverwirklichen, indem er seinen Mitmen-schen hilft, sich uneingeschränkt und aufihre eigene Weise als Mensch zu verwirk-lichen?“ Natürlich wendet sich die Berufs-beratung in beiden Fällen immer an denEinzelnen. Doch während im ersten Falldie Selbstverwirklichung des Menschenals isoliertes Einzelwesen angestrebt wird,geht es im zweiten Fall darum, dass sichalle als Mensch entwickeln.

Dieser neue Ansatz der Berufsberatungmüsste sich auf Werte gründen, die als„universelle“ Handlungsmaximen geltenkönnten, auf Werte wie den Grundsatz,es „jedem zu ermöglichen, auf seine ei-gene Weise seine Eigenschaften alsMensch voll zu entwickeln“. Dieses Be-mühen um universell akzeptierbareGrundsätze für die Beratungspraxis wür-de die Berater mit Sicherheit dazu veran-lassen, auf die Änderung bestimmter in-dividueller Erwartungen ihrer Klientenhinzuwirken, die in ihrem Absolutheits-anspruch nicht mehr allgemein hinnehm-

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bar sind. Das gilt z.B. für die Forderung:„Ich will mich uneingeschränkt selbst ver-wirklichen“. Ein solcher Wunsch kann zuder Bereitschaft führen, alles zu zerstö-ren, was als Hindernis für die Selbstver-wirklichung wahrgenommen wird – auchden Mitmenschen.

Muss man darauf hinweisen, dass dieseSuche nach universellen Grundsätzennicht dazu dienen soll, eine Art abstrak-tes Modell des Menschseins zu entwer-fen? Das Ziel besteht nicht darin, die Exi-stenz individueller Identitätsformen zuleugnen, ganz im Gegenteil. Vielmehr gehtes darum, sicherzustellen, dass der Mit-mensch trotz ethnischer, kultureller, reli-giöser, geschlechtsbedingter usw. Unter-schiede in seinem Menschsein anerkanntwird. Dies erfordert natürlich die Entwick-lung von Verfahren der Berufsberatung,die jegliche identitäre Abkapselung desEinzelnen bekämpft, welche ihn dazuverleiten könnte, jede Identitätsform ab-zulehnen, die seinem subjektiven Identi-tätsrahmen nicht entspricht (Guichard,2001a; Guichard und Huteau, 2001). Sol-che Verfahren würden bezwecken, dem

Ratsuchenden die Möglichkeit zu geben,(wieder) eine Gesamtpersönlichkeit zuentwickeln (Jacques, 1982), ein aus dreiEinheiten bestehendes Produkt (ich - du– er) einer Dialogbeziehung mit dem Mit-menschen, in der sich die Persönlichkeitdes Einzelnen herausbildet und die ihndazu bringt, jede Kristallisationsform sei-nes Ichs mit Abstand zu sehen.

Dieses Konzept, das der Berufsberatungs-praxis eine universelle moralische Grund-lage verleihen soll, bliebe nicht ohne Aus-wirkungen auf die konkrete Tätigkeit derPraktiker. Wenn sich z.B. herausstellt, dassmanche der heutigen Formen der Produk-tionsabläufe nicht die Entwicklung derPersönlichkeit fördern, sondern tatsäch-lich ihr „Leiden an der Arbeit“ (Dejours,1998; Hirigoyen, 2001), dann könntendaraus Lehren für den beruf l ichenOrientierungsunterricht gezogen werden.So wäre vorstellbar, dass man im Rahmendieses Unterrichts zu umreißen versucht,was unter „menschlicher Arbeit“ zu ver-stehen ist, und die Jugendlichen daraufvorbereitet, eben diese für sich selbst undihre Mitmenschen einzufordern.

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Jean-FrançoisGermeCentre d'étudesde l'emploi/Conservatoirenational des artset métiers, Paris

Berufsberatung,Ausbildungund BeschäftigungVorbereitung auf einen Berufoder Anpassung an denArbeitsmarkt

Vorstellung von Beratung, die rational undnormativ, d.h. in der Lage sein soll, eineAnleitung für die Beratungsleistung zugeben. Diese Vorstellung könnte auf fol-genden Bausteinen aufbauen.

❏ Nach Berufen geordnete, eindeutig be-stimm- und feststellbare Berufsbildungs-maßnahmen.

❏ Berufsausbildungen, die auf beste-hende Berufe vorbereiten.

❏ Menschen, die in der Lage sind, einenBeruf zu wählen, den sie auch ausübenmöchten.

Welche Verbindungen bestehen zwi-schen diesen Bausteinen?

Berufsausbildungen bieten Zugang zu be-stehenden Berufen, eine abgeschlosseneAusbildung gilt als Voraussetzung für denBerufszugang. Der Einzelne muss unterBerücksichtigung seiner Fähigkeiten unddes Arbeitskräftebedarfs in den verschie-denen Berufen eine rationale Entschei-dung treffen.

Hier greift nun eine weitere rationaleÜberlegung, die des Einzelnen, der ver-schiedene Punkte berücksichtigen muss,um seinen Gedankengang richtig entwi-ckeln zu können:

❏ Der Einzelne kann und muss einenBerufsplan umsetzen, d.h. Mittel (insbe-sondere Ausbildung) einsetzen und steu-ern, um den Berufsplan verwirklichen zukönnen. Das Vorhandensein eines Planswird als Voraussetzung für eine rationale

Dieser Beitrag vertritt dieAuffassung, dass die Men-schen bestimmte Verhal-tensweisen entwickeln, umsich an einen immer wech-selhafteren, unsichererenund komplexeren Arbeits-markt anzupassen. Kurz,man könnte „von der Her-ausbildung eines typischenHändlerverhaltens auf demArbeitsmarkt sprechen, indem Sinne, dass die Men-schen Verhaltensweisen anden Tag legen, die dem Ver-halten sehr nahe sind, dasman von einem rationaldenkenden Handelsvertre-ter auf einem bestimmtenMarkt erwarten würde.“Was dazu führt, dass der Ge-danke eines mittel- oderlangfristigen Berufsplans –der die Grundlage bestimm-ter Berufsberatungsansätzebildet – für den Einzelnennicht immer eine sinnvolle,dem derzeitigen Arbeits-markt angepasste Strategiebildet.

(1) Hier wurde z.T. ein bereits veröf-fentlichter Text aufgenommen

Drei Gedanken sollen hier kurz vorgestelltwerden.

Erstens: Das Verständnis, das man von derBerufsberatung haben kann, beruhtzwangsläufig auf einem Modell – oder an-ders gesagt auf einer spezifischen Analy-se – der Beziehungen zwischen Ausbil-dung, Beschäftigung und Berufslaufbah-nen.

Zweitens: Die derzeitigen Entwicklungendes Arbeitsmarktes(1), der beruflichenLaufbahnen und der Mobilität stehen imWiderspruch zu einigen expliziten oderimpliziten Vorstellungen von Berufsbera-tung.

Drittens: Das Konzept eines lang- odermittelfristigen „Berufsplans“, auf dem be-stimmte Ansätze der Berufsberatung auf-bauen, bietet den Betroffenen nicht im-mer eine richtige, dem derzeitigen Arbeits-markt angemessene Strategie.

Rationale Berufsberatung?

Berufsberatung, insbesondere für Jugend-liche, zielt darauf ab, eine Beziehungzwischen einem Individuum, einem Be-ruf und einer Ausbildung herzustellen. Esgibt unterschiedliche Vorstellungen vonBerufsberatung, je nachdem, wie die Be-standteile dieser Beziehung verstandenund ihre möglichen Berührungspunkteuntereinander definiert werden.

Versuchen wir, eine imaginäre Vorstellungvon Berufsberatung zu entwickeln: eine

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berufliche Orientierung und Beratungangesehen, mit der Planung und Steue-rung der Mittel werden das Individuum,die Ausbildungsgänge und Arbeitsplätzein einen normativen Zusammenhang ge-setzt.

❏ Ein Berufsplan muss zwangsläufiglangfristig sein, weil Ausbildung undBerufszugang lange dauern.

❏ Zwischen den konstituierenden Be-standteilen der individuellen Berufswegebesteht Kontinuität: zwischen Absichtund Plan, zwischen Ausbildung und aus-geübtem Beruf sowie zwischen den ver-schiedenen Arbeitsplätzen, die der Ein-zelne in seinem Arbeitsleben innehat.

❏ Schließlich ist natürlich auch die In-formation eine weitere Grundvorausset-zung für eine rationale Berufsberatung,weil sie die Entscheidungsgrundlage desEinzelnen bildet.

Diese Vorstellung von Berufsberatung istnatürlich fiktiv. Jeder weiß, dass die Wirk-lichkeit vielschichtiger, die Berufsberatungin den verschiedenen Ländern unterschied-lich und Veränderungen unterworfen istund von Land zu Land je nach Aus-bildungs- und Beschäftigungssystem unter-schiedliche Organisationsformen aufweist.Doch ist sie nur teilweise theoretisch. Siehat bisweilen einen normativen Wert, weilsie eben das Tätig-Werden beeinflusst. DenMenschen bei der Ausarbeitung einesBerufsplans zu helfen und ihren Informa-tionsstand über die Berufe und eigenenFähigkeiten zu verbessern, sind heute tat-sächliche wichtige Aktionsfelder für die be-rufliche Orientierung und Beratung.

Entstehung neuer Berufs-wege

Es soll nun aufgezeigt werden, dass dieBegrifflichkeit, auf der dieses imaginäreBerufsberatungsmodell beruht, mit derBeschäf t igungs- und Arbei tsmarkt-entwicklung immer weniger in Einklanggebracht werden kann. Der Unterschiedist so groß, dass das Modell vielleicht Ge-fahr läuft, seinen normativen Wert zu ver-lieren.

Hierzu könnte man zunächst die vorste-hend genannten Bausteine nacheinander

untersuchen. So müsste z.␣ B. bereits derBegriff des Berufs vertieft und diskutiertwerden. Der neu entstandene Begriff derKompetenz und des Kompetenzmanage-ments wird in zahlreichen Arbeiten behan-delt, die zur Entwicklung eines neuen Ver-ständnisses von beruflicher Orientierungund Beratung beitragen könnten. Im Rah-men meines Beitrags möchte ich mich aufeinen weniger bekannten Aspekt derBeschäftigungsentwicklung beschränken:auf die berufliche Mobilität.

Die Überlegung, die ich hier vorstellenmöchte, ist einfach. Die Begriffe Plan,Kontinuität und Langfristigkeit bieten kei-nerlei Erklärungsansatz für bestimmteFormen der Mobilität auf dem Arbeits-markt. Dem Einzelnen mag die Ausarbei-tung eines langfristigen Berufsplans so-gar unmöglich oder wenig zweckdienlicherscheinen. Wir möchten uns an dieserStelle mit den Formen der Mobilität vonErwachsenen in Frankreich befassen,wobei einige unserer Feststellungen auchauf junge Menschen auf der Suche nacheiner Erstanstellung zutreffen.

Zunächst sollen drei Feststellungen zurEntwicklung der beruflichen Mobilitätgetroffen werden, gemäß denen davonauszugehen ist, dass ein neues Denkenim Zusammenhang mit Berufswegen undneue Verbindungen zwischen der Ausbil-dung und den neuen Berufswegen ent-stehen.

❏ Die zunehmende Zahl von Erwerbs-tätigen, die in ein anderes Unternehmenwechseln, zeigt, dass der externe Arbeits-markt aktiver wird.

❏ Die derzeitige Mobilität ist heute we-niger als früher mit einem beruflichenAufstieg verbunden. Dies steht wahr-scheinlich in Zusammenhang mit demRückgang der freiwilligen Mobilität.

❏ Die Beziehung zwischen Ausbildungund Mobilität wird schwächer und verän-dert sich. Berufsbildungsmaßnahmen füh-ren heute seltener zu einem beruflichenAufstieg innerhalb des Unternehmens. Siekommen insbesondere den Erwerbstäti-gen in den stabilsten Arbeitsverhältnissenzugute.

Diese Entwicklungen haben mehrere Kon-sequenzen.

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Die erste Konsequenz ergibt sich unmit-telbar aus den Hindernissen, die der Auf-stiegsmobilität im Wege stehen. Die Mo-bilität verläuft heute eher horizontal, d.h.sie bewegt sich auf ein und derselbenBeschäftigungsebene und wird mit Hilfeeines Berufsverzeichnisses beurteilt. Folg-lich ist die Annahme legitim, dass dieberufliche Mobilität heute häufiger als frü-her mit der Ausübung einer neuen beruf-lichen Tätigkeit auf derselben Ebene ver-bunden ist oder mit einschneidenden Ver-änderungen des Aufgabenbereichs an denverschiedenen Arbeitsplätzen einhergeht,die ein Mensch im Laufe seines Arbeitsle-bens einnimmt. Daher konnte man im Zu-sammenhang mit der Abschwächung derBeziehung zwischen beruflichem Aufstiegund Weiterbildung und zur Beschreibungfunktionaler Entwicklungen, die mit derVerbesserung der Beschäftigungssituationvon Einzelpersonen auf ein und dersel-ben beruflichen Ebene einhergehen, vondiagonaler Mobilität [Drexel, 1996] spre-chen. Die Zunahme von diagonaler oderhorizontaler Mobilität legt auch denSchluss nahe, dass die Beziehung zwi-schen dem Schwerpunkt der Erstaus-bildung und dem Schwerpunkt der aus-geübten Berufstätigkeit heute weniger engist. Demnach ließe sich die Mobilität heuteweniger als früher einem einzigen Berufs-feld oder einem Berufsmarkt [Paradeise,1988] zuordnen.

Die zweite Konsequenz betrifft die Plänevon Einzelpersonen im Zusammenhangmit ihrer beruflichen Laufbahn und denBerufsbildungsmaßnahmen, die sie indi-viduell absolvieren möchten. Die Verwirk-lichung dieser Pläne, die Suche nach ei-nem anderen Arbeitsplatz, das Strebennach beruflichem Aufstieg und die Fort-setzung einer Ausbildung, dies alles istheute auf den internen Arbeitsmärkten,d.␣ h. innerhalb der Unternehmen, schwie-riger zu bewerkstelligen als früher. DieAktivierung des externen Arbeitmarktesbringt die Menschen dazu, sich angesichtsder Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt re-lativ kurzfristige Berufs- und Ausbil-dungsziele zu setzen. Das erhöhte Risi-ko, arbeitslos zu werden, macht auchlangfristige Investitionen und somit auchlangfristige (folglich kostspielige) Zieleriskanter.

Die dritte Konsequenz betrifft die Art derindividuellen Ausbildungsziele. Ausbil-

dung wird als Ressource für die Verwirk-lichung eines Berufsplans angesehen. Derkürzere zeitliche Horizont eines Berufs-plans, die neuen Aufgaben und Berufeverleiten die Menschen wohl dazu, im-mer kürzere Ausbildungsgänge zu absol-vieren, die einen Berufswechsel begün-stigen. Zwischenzeugnisse und Zusatzaus-bildungen, die weniger kosten als dieklassischen Ausbildungen, die mit einementsprechenden Befähigungsnachweis ab-geschlossen werden, bieten die Möglich-keit, die vom Markt gebotenen Gelegen-heiten besser zu nutzen. Beobachtungender Beschäftigungslage und der Ein-stellungspolitik zeigen, wie wichtig es ist,zweifache Kompetenz zu besitzen undmehr zu können als das, was in einembestimmten klassischen Berufsfeld norma-lerweise verlangt wird. Hierdurch verän-dern sich die Grenzen zwischen den Qua-lifikationen [Combes, 1996]. Dies gilt ins-besondere für die Arbeitsplätze im Dienst-leistungssektor, deren Berufsprofile oft-mals weniger klar definiert sind als in derIndustrie.

Diskontinuität, Kurzfris-tigkeit und individuelleStrategien

Diskontinuitäten und die geringe Be-deutung des Denkens in Berufsstruk-turen

Die heutigen Beschäftigungs- und Arbeits-marktbedingungen führen zu starker be-ruflicher Diskontinuität zwischen demaktuellen Arbeitsplatz, der Erstausbildung,dem individuellen Berufsprojekt und derangestrebten beruflichen Spezialisierung.

Es konnte nachgewiesen werden [Germe,Pottier, 1998], dass bei mehr als 60% ei-ner Erwachsenenpopulation, die auf ei-gene Initiative an einer Berufsbildungs-maßnahme in Frankreich teilnahmen, Dis-kontinuität auf der Ebene der Beziehungzwischen aktuellem Arbeitsplatz und demam Ende der Bildungsmaßnahme ange-strebten Arbeitsplatz festzustellen war. Diebeobachtete Erwachsenenpopulationkonnte genau eingeteilt werden, je nachdem, ob ihr beruflicher Werdegang durchKontinuität oder Diskontinuität gekenn-zeichnet war. Daher besteht eine klareKohärenz zwischen Diskontinuität bzw.

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Kontinuität und der Typologie der vor-stehend beschriebenen Bevölkerungs-gruppe. Es lassen sich also ganz deutlichzwei unterschiedliche Gruppen unter-scheiden. Die eine kann einem Denkenzugeordnet werden, das man als „Berufs-denken“ bezeichnen könnte, in dem Sin-ne, dass die Angehörigen dieser Gruppeihre Aktion und ihre „Pläne“ gemäß ei-nem Berufsfeld steuern bzw. entwerfen,dem sie sich aufgrund ihres aktuellen Ar-beitsplatzes und ihrer Erstausbildung zu-gehörig fühlen. Die zweite Gruppe istdagegen einem anderen Denken zuzuord-nen, bei dem die Zugehörigkeit zu einemBeruf keinen Bezugspunkt für die Aktio-nen und Pläne bildet. Im Hinblick aufdiesen Gegensatz ist festzustellen, dassdas Denken in Berufsstrukturen beson-ders bei Technikern und Ingenieuren ver-breitet ist, denn ihr langer Berufsweg ent-wickelt sich oft auf dem internen Arbeits-markt des Unternehmens, wo technischeund wissenschaftliche Fähigkeiten dieGrundkompetenz bilden, die bei der Ar-beit mobilisiert wird. Angestellte und Ar-beiter gehören dagegen überwiegend zurzweiten Gruppe. Führungskräfte und An-gehörige des mittleren Managements imDienstleistungssektor sind in beidenGruppen gleich stark vertreten. Diesscheint zu den wenig klar umrissenenArbeitsplatzprofilen im Dienstleistungs-sektor zu passen.

Unter methodischen Gesichtspunktenwirft allein schon der Gedanke von Kon-tinuität und Zugehörigkeit zu einem Be-ruf Probleme auf. Kontinuität und Diskon-tinuität werden in den Berufsverzeichnis-sen nur unzureichend berücksichtigt. Sohaben Informatiker z.B. ein sehr unter-schiedliches Betätigungsfeld, das unter-schiedlichen Berufen zuzuordnen ist. We-gen der Veränderungen der Arbeitsorga-nisation, der Verschlankung der Hierar-chien und der Ausbreitung des Dienstlei-stungssektors lassen sich die neuen For-men der Mobilität mit Hilfe der lange Zeitverwendeten Berufsverzeichnisse heuteweniger gut beschreiben. Es ist insbeson-dere deutlich geworden, dass die Entwick-lungen der funktionellen Situation und derhierarchischen Position sowie die Aneig-nung von Doppelkompetenzen grundle-gende Bestandteile individueller Berufs-wege bilden, die in den heutigen Ver-zeichnissen sehr schlecht erfasst sind. DieVeränderung der Regeln auf den internen

Arbeitsmärkten kann das Zugehörigkeits-gefühl zu einem Beruf indes nur abschwä-chen. Insbesondere sei daran erinnert,dass die formalen Regeln, nach denenbestimmte Ausbildungen bestimmten Ar-beitsplätzen zugeordnet werden, immermehr an Bedeutung verlieren und indivi-duelle Beurteilungen nach anderen Kri-terien, die sich nur teilweise an die be-ruflichen Fachkompetenzen anlehnen,immer wichtiger werden.

Der Anteil der Bevölkerung, der nicht ein-fach nur an beruflichen Aufstieg oderMobilität innerhalb eines abgegrenztenBerufsfelds denkt, scheint also sehr hochzu sein (dies steht im Gegensatz zu zahl-reichen Arbeiten, die von relativ homo-genen, abgegrenzten und in sich geschlos-senen Berufsfeldern ausgehen). Auchwenn sich dieser Gegensatz nur teilweisemit der Unterscheidung zwischen inter-nem und externem Arbeitsmarkt über-schneidet, zeigt die Bedeutung der Dis-kontinuität, welche Auswirkungen ein Ar-beitsmarkt hat, auf dem es immer weni-ger formale Regeln für eine Entsprechungzwischen Ausbildung und Arbeitsplatzgibt, die mit individuellen Verhaltenswei-sen und der Organisation der Unterneh-men in Verbindung stehen.

Ein kurzfristiger Zeithorizont undneue individuelle Strategien

Wegen des engeren zeitlichen Horizontssetzen sich die Menschen heute kurzfri-stigere Ziele.

Zwischen den Ausbildungszielen von Ein-zelpersonen einerseits und der Typolo-gie der o.␣ g. Population im Hinblick aufBildungsweg und Ausbildungsplan ande-rerseits besteht keinerlei Kohärenz. Kurzgesagt, besteht im Hinblick auf die Aus-bildungsdauer und den Erwerb eines Be-fähigungsnachweises keine offensichtli-che Verbindung zwischen Berufsplan undAusbildungsplan. Unabhängig von derOrientierung und Beratung formulierendie Menschen Ausbildungsziele, diescheinbar keinerlei Bezug zu ihremBerufsplan haben. So könnte man z.B. an-nehmen, dass Menschen, die eine Um-schulung machen möchten, einen lang-fristigeren Ausbildungsplan entwerfen,der zum Erwerb eines Befähigungsnach-weises führt. Doch das ist nicht der Fall.Außerdem sind Menschen ohne Berufs-

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plan genau diejenigen, die ihren Aus-bildungsplan mit Blick auf den Erwerb ei-nes Befähigungsnachweises klarer formu-liert haben. Dies könnte darauf schließenlassen, dass ein Ausbildungsplan an dieStelle des Berufsplans tritt.

Eine sequentielle Sicht individueller Be-rufswege und –pläne, in dem Sinne, dassein Ausbildungsweg auf einen Berufsplanund einen Ausbildungsplan gründet, wärefalsch. Eine derartige sequentielle Sichtder Dinge setzte ein geplantes Handelnder Menschen voraus, das sich aus einerlangfristigen Vision ergibt, auf derenGrundlage die täglichen Entscheidungenzielgerichtet getroffen werden. Es scheint,als würden viele Menschen ihre Aus-bildungsentscheidungen je nach Arbeits-marktinformationen, Wahrnehmung desAusbildungsangebots und Entwicklungihres Berufsprojekts ständig und kurzfri-stig anpassen. Die Handlungen der Men-schen wären also sehr viel stärker dasErgebnis von wahrgenommenen Chancenals die Folge der Entwicklung und Um-setzung eines Projekts, dessen Zielset-zung, Verwirklichung und Dauer im Vor-hinein in einem Aktionsplan festgelegtwerden. Dies würde die Menschen dazubringen, s ich nach und nach Aus-bildungswege mit entsprechenden Ausbil-dungsplätzen zu suchen, um die Ent-wicklungs- und Anpassungsmöglichkeitenihrer beruflichen Zukunft langfristig of-fen zu halten.

Eher Vorbereitung auf denMarkt als auf einen Beruf

Die Mobilität auf dem Arbeitsmarktscheint heute größtenteils keine Folgeeiner Analyse der Berufswege im Hinblickauf die Kontinuität eines genau umrisse-nen Berufsfelds und a fortiori eines be-stimmten Berufs zu sein. Eine Ausbildungkann zwar den Versuch eines beruflichenAufstiegs in einem genau umrissenenBerufsfeld unterstützen, doch kann dieMobilität nur zum Teil durch Ausbildungerklärt werden.

Führt man diesen Gedankengang konse-quent weiter, wäre man versucht zu sa-gen, dass ein Teil der Erwerbstätigen undwahrscheinlich insbesondere der Jugend-lichen mit ihrer Ausbildung nicht in er-

ster Linie das Ziel verfolgt, sich auf einenBeruf vorzubereiten (im Zuge einer Um-schulung oder weil sie keine berufs-befähigende Erstausbildung absolvierthaben) oder einen bereits erlernten Be-ruf auf einer höheren Ebene auszuüben,sondern es vielmehr darum geht, sich aufden Arbeitsmarkt vorzubereiten, d.h. die„Ressourcen“ zu erwerben, mit denen dieChancen auf beruflichen Aufstieg undMobilität innerhalb oder außerhalb desUnternehmens verbessert werden können.Die Ressourcen, die im Zuge einer Aus-bildung – aber nicht nur da – erworbenwerden können, sind vielfältig: Befähi-gungsnachweise, Zeugnisse, Fachkennt-nisse, fachübergreifende Kenntnisse unddie Fähigkeit, sich auf ein Beziehungs-geflecht oder Unternehmensnetz einlas-sen zu können. Der Einzelne würde sei-ne Entscheidungen so spät wie möglichtreffen, um über den größtmöglichenHandlungsspielraum zum Ergreifen vonChancen zu verfügen, die ihm vom Ar-beitsmarkt oder dem Unternehmen gebo-ten werden. Die Entscheidungen des Ein-zelnen, Ressourcen zu bilden, geht kaumauf einen im Vorhinein festgelegten lang-fristigen „Plan“ zurück, sondern im Ge-genteil auf fortlaufende Entscheidungenzur kurzfristigen Anpassung eines Berufs-und Ausbildungswegs. Es ginge den Men-schen weniger darum, sich auf einen Be-ruf mit guten Aussichten vorzubereiten,sondern mehr darum, „Positionen“ zu fin-den, die ihnen die besten Möglichkeitenbieten, Gelegenheiten zu ergreifen.

Dieses Verhalten wäre letztendlich eine An-passung an den Arbeitsmarkt, der insbe-sondere wegen der größeren Beschäfti-gungsflexibilität [Trottier, 1997] aktiver undwechselhafter, damit auch unsicherer undvielschichtiger geworden ist. So könnteman von der Herausbildung eines typi-schen Händlerverhaltens auf dem Arbeits-markt sprechen, in dem Sinne, dass dieMenschen Verhaltensweisen an den Taglegen, die dem Verhalten sehr nahe sind,das man von einem rational denkendenHandelsvertreter auf einem bestimmtenMarkt erwarten würde: Suche nach Infor-mationen und Gelegenheiten, Entschei-dungsflexibilität je nach Marktlage, kurz-fristige Anpassung der Präferenzen.

Ausgehend von einer Analyse der Berufs-wege käme man dann auf die Überlegun-gen zur Beschäftigungs- und Qualifika-

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tionsperspektive zurück und würde denarbeitskräftebedarfsorientierten Ansatzeiner Planung, die „auf strengen, zu ge-nau beschriebenen Arbeitsplätzen führen-den Fachausbildungswegen“ aufbaut,marktorientierten Ansätzen gegenüberstellen [Plassard, 1997], bei denen dieFachrichtung der Ausbildung einen Teilihrer analytischen Relevanz verliert. Un-ter diesem Gesichtspunkt können fehlen-de Ziele der Menschen, dieses „mal se-hen“, als Zeichen für die Anpassung anden Markt gewertet werden. Eine weitereReflexionsachse könnte sich an dem Ge-danken der „Wählbarkeit“ entlang entwi-ckeln [Espinasse, 1996]. Gäbe es mehr Be-

reiche der „Wählbarkeit“, würden sich dieMenschen tastend vorwagen und versu-chen, die Kompetenzen zu erwerben, mitdenen sie in einen bestimmten Arbeits-platz „gewählt“ werden können: die Fach-ausbildung, der Befähigungsnachweis alsein Faktor unter vielen anderen, Erfah-rung, Zertifizierung, Kombination ganzneuer Kompetenzen usw. Die Analysender beruflichen Eingliederung und Mobi-lität, die weitgehend auf einer Untersu-chung der Zurückstufungen und der Be-ziehungen zwischen Fachausbildungenund Facharbeitsplätzen aufbauen, würdendamit einen großen Teil ihrer Stichhaltig-keit verlieren.

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Barry NyhanCedefopHumanvermögens-

entwicklung in Europa– am Scheideweg

Einleitung

Der Begriff „Humanvermögensentwick-lung“ (human resource development,HRD) bezieht sich auf Bildungs-, Aus- undWeiterbildungsmaßnahmen, die mit demArbeitsleben in Zusammenhang stehen.Obwohl der Begriff häufig im weitestenSinne für alle arbeitsbezogenen Lern-aktivitäten verwendet wird, bezieht er sicheher auf die Weiterbildungs- und Lern-aktivitäten für diejenigen, die über einenArbeitsplatz verfügen und ihre fachlichebzw. berufliche Grundausbildung bereitsabgeschlossen haben. Allerdings stellt dieHumanvermögensentwicklung kein eigen-ständiges Konzept dar, sondern leitet sichvon den Theorien des „Humanvermögens-managements“ (human resource mana-gement, HRM) her (in Kasten 1 finden SieAnmerkungen zur Humanvermögens-entwicklung und zum Humanvermögens-management sowie zu weiteren in diesemBeitrag verwendeten Schlüsselbegriffen).(Berufliche Weiterbildung wird in man-chen Kontexten häufig als Synonym fürHumanvermögensentwicklung verwen-det.)

Nach dieser Einleitung wird in Abschnittzwei die Entstehung neuer Personalfüh-rungsstrategien im Zusammenhang mitden jüngsten Herausforderungen unter-sucht, denen sich europäische Unterneh-men gegenübersehen. Im Anschluss dar-an wird die Entstehung des Harvard-Mo-dells des „Humanvermögensmanage-ments“ zurückverfolgt, das international(so auch in Europa) großen Einfluss aufdie Schaffung eines umfassenden Be-zugssystems für das Verständnis der inden Arbeitsorganisationen ablaufendenmenschlichen und sozialen Prozessenund den Umgang mit diesen hat te(Hollinshead, 1995). Das Harvard-Modellstellt eine Verlagerung des Schwerpunkts

vom segmentären - und in den meistenFällen marginalen - Ansatz des „Personal-managements“ zum Ansatz des „Human-vermögensmanagements“ dar, der in dieallgemeine Unternehmensstrategie einge-bettet ist.

In Abschnitt drei wird gezeigt, wie die demHarvard-Modell des Humanvermögens-managements inhärenten „humanistisch-entwicklungsorientierten“ Wertvorstellun-gen dazu führen, dass dem generativenund lebensbegleitenden Lernen eine hohePriorität eingeräumt wird. Dieser Ansatzdes Lernens bzw. der Kompetenzentwick-lung wird sogar als eine Voraussetzung fürden langfristigen Unternehmenserfolg be-wertet. Dies führte zum Beispiel zur Her-ausbildung des Konzepts der „lernendenOrganisationen“, mit dem versucht wird,Möglichkeiten zur beruflichen Weiterbil-dung und persönlichen Entwicklung in dieTätigkeiten einzubinden.

Vor dem Hintergrund des internationalenModells der Humanvermögensentwick-lung konzentriert sich Abschnitt vier die-ses Beitrags insbesondere auf den Inhaltder Maßnahmen zur Organisat ions-entwicklung und zum Lernen in den Un-ternehmen in Europa. Obwohl anerkanntwird, dass die Begriffe Humanvermögens-management und Humanvermögens-entwicklung ihren Ursprung in den Verei-nigten Staaten haben, besitzt Europa indiesen Bereichen eine eigene Tradition.Diese wird verkörpert von den Wertvor-stellungen und Prinzipien, die dem zu-grunde liegen, was man vereinfacht alseuropäische Industrie-/Arbeits- undBerufsbildungskulturen bezeichnen könn-te. Im Anschluss daran werden einige be-merkenswerte Ähnlichkeiten zwischen dereuropäischen Tradition und dem interna-tionalen „humanistisch-entwicklungs-orientierten“ Modell des Humanver-mögensmanagements erörtert.

In diesem Beitrag werden dasKonzept und die Praxis derHumanvermögensentwicklung(Human Resource Develop-ment, HRD) aus europäischerSicht untersucht. Dabei wirddie Humanvermögensentwick-lung, bei der es speziell um dasLernen sowie um Aus- und Wei-terbildungsmaßnahmen in Un-ternehmen geht, in den Kon-text der zugrunde liegendenTheorien des „Personalmana-gements“ gestellt (Human-vermögensmanagement). Eswerden zwei Theorien derHumanvermögensentwicklungeinander gegenübergestellt,die sich aus zwei verschiede-nen Vorstellungen zum Hu-manvermögensmanagementherleiten. Bei der ersten, dieviel mit den klassischen euro-päischen Wertvorstellungender Industrie- und Arbeitsweltgemein hat, handelt es sich umdie „humanistisch-entwick-lungsorientierte“ Tradition.Das damit konkurrierendezweite Modell ist durch eine„instrumental-utilitaristische“Sicht des Humanvermögensgekennzeichnet. In diesem Bei-trag wird die Schlussfolgerunggezogen, dass die europäi-schen politischen Entschei-dungsträger auf dem Gebietder Humanvermögensentwick-lung gegenwärtig in einer De-batte über diese beiden Ansät-ze gefangen sind. Europa suchtoffensichtlich nach Leitlinienfür das Humanvermögens-management und die Human-vermögensentwicklung, diefür jeden am Arbeitsplatz daslebenslange Lernen mit demZiel des Aufbaus einer starkenund nachhaltigen Wirtschaftfördern.

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Kasten 1:

Anmerkungen zu den Schlüsselbegriffen

Die nachstehend aufgeführten Begriffe werden von den Autoren sehr unterschiedlich interpretiert, wobei die Theorie häufigdurch die Praxis bestimmt wird. Im Folgenden werden diese Begriffe in dem in diesem Beitrag verwendeten Sinne erläutert.

Kulturelle Industrie-/Arbeitswelttraditionen

Dies bezieht sich auf die Grundprinzipien und -annahmen, nach denen eine Gesellschaft oder eine Firma/Institution ihreArbeitsorganisation und Arbeitsmanagementsysteme gestaltet (Taylorismus stellt zum Beispiel eine kulturelle Industrie-/Arbeitswelt-tradition dar).

Personalmanagement

Dieser Begriff, der zunehmend dem „Humanvermögensmanagement“ (human resource management, HRM) weicht, wird für einespezielle Funktion oder Abteilung im Unternehmen (oder am Arbeitsplatz) verwendet, deren Aufgabe der Aufbau aus menschli-cher Sicht effizienter und zufrieden stellender (gerechter) Arbeitssysteme ist. Anfangs verfolgte das „Personalmanagement“ ehereinen reformistischen Zweck, indem es die durch die Massenindustrialisierung entstandenen Exzesse ausglich. Dabei war eszunächst auf die Förderung der sozialen Fürsorge und gerechter Beschäftigungsverhältnisse ausgerichtet, nahm sich aber späterauch der Methoden des „wissenschaftlichen Managements“ und der Konzepte der „Human Relations“ an.

Zu den typischen Aktivitäten gehören:

Rekrutierung und Auswahl, Aus- und Weiterbildung, Leistungsbeurteilung, Arbeitnehmer-Arbeitgeberbeziehungen, Vergütungund Nebenleistungen, Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz.

Humanvermögensmanagement (Human Resource Management, HRM)

Darin drückt sich die Umwandlung der Funktion des „Personalmanagements“ von einem unterstützenden Dienst für die obereFührungsebene in eine strategisch bedeutsame, von einem Direktor als gleichberechtigtes Vorstandsmitglied wahrgenommenePosition aus. Dabei handelt es sich beim Humanvermögensmanagement nicht um eine eigenständige, spezielle Funktion (häu-fig beliebiger Natur), sondern um eine integrierte Unternehmensstrategie und ein Anliegen des gesamten Linienmanagements,das nun Maßnahmen umsetzen muss, die früher dem Personalmanagement übertragen wurden.

Humanvermögensentwicklung (Human Resource Development, HRD)

Dieser Begriff kann sowohl in einem weiteren als auch im engeren Sinne verstanden werden. Für einige Kommentatoren istHumanvermögensentwicklung fast gleichbedeutend mit Humanvermögensmanagement. Viel häufiger bezieht sich Human-vermögensentwicklung jedoch auf Lern- und Kompetenzentwicklungsmaßnahmen, obwohl diese in anderen Aktivitäten desHumanvermögensmanagement integriert sind und sowohl auf organisationales Lernen und Entwicklung ausgerichtet als auchindividualistisch gestaltet sind.

Berufliche Weiterbildung (Continuing Vocational Training, CVT)

Auch dieser Begriff ist eng mit der Humanvermögensentwicklung verbunden und kann sowohl im weiteren als auch imengeren Sinne gebraucht werden. Ant et al. (1996) wählen in ihrem Überblick über die berufliche Weiterbildung in Europa einenicht restriktive Definition, indem sie den Begriff mehr oder weniger mit der Humanvermögensentwicklung gleichsetzen. Imengeren Sinne bezieht sich die berufliche Weiterbildung unter Ausschluss der Weiterbildung der Führungskräfte undorganisationaler Lernaktivitäten nur auf Ausbildungsmaßnahmen auf der Ebene der Handwerker oder Arbeiter.

In Abschnitt fünf wird dargelegt, dass sichin internationalen und europäischen Krei-sen zunehmend ein konkurrierendes, aufder „instrumental-utilitaristischen“ Sichtbasierendes Modell des Humanvermö-gensmanagements durchsetzt. Zudem wirdkurz untersucht, wie sich die Herausbil-dung dieses Modells auswirkt. In diesemModell, das von neo-tayloristischen Prin-

zipien der Arbeitsorganisation und derneo-liberalen Wirtschaft inspiriert ist, wirddie „Humanvermögensentwicklung“ alseine nicht vorhersehbare, hauptsächlichdurch Umweltfaktoren bestimmte Aktivi-tät dargestellt.

Angesichts dieser beiden konkurrierendenModelle werden im abschließenden sech-

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sten Abschnitt Fragen zur künftigen Aus-richtung der Humanvermögenspolitik inEuropa aufgeworfen. Für die Experten aufdem Gebiet der „Humanvermögens-entwicklung“ besteht eine Herausforde-rung darin, neue, innovative Modelle zuentwickeln, die über kurzfristige instru-mental-ultilitaristische Strategien hinaus-gehen. So kann die Humanvermögens-entwicklung zum Aufbau einer nachhal-tigen, lernenden Wirtschaft in Europa bei-tragen, die auf den Grundsätzen des le-benslangen Lernens und der langfristigenInvestitionen in das Humanvermögen ba-siert.

Kasten 1:

Neue Formender Arbeitsorganisation

Um auf die dramatischen Veränderungenin der globalen und der europäischenWirtschaft reagieren zu können, musstendie europäischen Unternehmen in denletzten 15 Jahren ihre Einstellung zur Ar-beitsorganisation - und zum „Human-vermögensmanagement“ - radikal ändern.Obwohl diese neuen Herausforderungenbereits in unzähligen Publikationen dar-gelegt wurden, sollten hier zur Erinnerungnoch einmal vier der wichtigsten Aspektedieser Veränderung kurz genannt werden.

❏ Erstens ist in der Weltwirtschaft ein star-ker Rückgang des Bedarfs an Massenpro-dukten und eine deutlich steigende Nach-frage nach kundenspezifischen Waren„hoher Qualität“ zu verzeichnen;

❏ zweitens wird die Wettbewerbsfähigkeiteuropäischer Unternehmen durch die Glo-balisierung des Welthandels gefährdet;

❏ drittens sind alle europäischen Unter-nehmen aufgrund der Schaffung des eu-ropäischen Binnenmarkts einerseits undder Einführung der Marktwirtschaft in denöstlichen Teilen Europas andererseits ge-zwungen, ihre Strategien der Arbeitsorga-nisation zu überdenken;

❏ viertens wurden durch die Fortschritteauf dem Gebiet der Informations- undKommunikationstechnologien Fragen inBezug auf Investitionen in diese Techno-logien und deren Einsatz sowie hinsicht-lich der durch ihre Einführung entstehen-den Folgen für die Arbeitsorganisationaufgeworfen.

Die Unternehmen reagierten auf dieseneuen Herausforderungen mit der Einfüh-rung neuer, (in interner wie externer Hin-sicht) „flexiblerer“ Formen der Arbeitsor-ganisation, die sich in neuartigen Personal-führungsstrategien widerspiegelten und alsStrategien des „Humanvermögensmanage-ments“ bekannt wurden (siehe Sparrowund Hiltrop, 1994; Miles und Snow, 1984).Diese Theorien des „Humanvermögens-managements“ waren mit der Abkehr vonzentralisierten, bürokratischen Arbeits-produktionsstrategien, denen zufolge je-der eine eindeutig bestimmte Funktionhatte und die dem Zeitalter der nachhalti-gen Massenproduktion angemessen wa-ren, sowie mit der Umsetzung eines neu-en organischen Personalmodells verbun-den, durch das den Arbeitnehmern grö-ßere Verantwortung (sowohl in vertikalerals auch in horizontaler Hinsicht) über-tragen wurde, was allerdings nicht die fi-nanzielle Kontrolle einschloss, die in derRegel weiterhin zentralisiert blieb. Da-durch wurde der Schwerpunkt auf Maß-nahmen der „Humanvermögensentwick-lung“ wie z.B. Teamaufbau, fachüber-greifende Qualifizierung, Lernen am Ar-beitsplatz gelegt, mit denen eine höherefunktionale Flexibilität erzielt werden soll-te (1) (OECD, 1999, S. 183).

Die humanistisch-entwicklungsorien-tierte Tradition

Eines der einflussreichsten Modelle des„Humanvermögensmanagements“, das dieeuropäische und die internationale Wirt-schaft und Forschung wesentlich geprägthat (Hollinshead, 1995), ist das von Beeret al. (1984 und 1985) an der HarvardBusiness School entwickelte „humani-stisch-entwicklungsorientierte“ Modell.Die Stärke dieses Modells liegt darin, dasses versucht, das Effektivitätsstreben derUnternehmen mit dem Streben nach indi-viduellem Wohlergehen und positivengesellschaftlichen Auswirkungen in Ein-klang zu bringen.

(Schaubild: Dreieck)Im Zusammenhang mit der dreidimensio-nalen Ausrichtung des Harvard-Modellswird der Begriff der Interessengruppen insSpiel gebracht. Alle diejenigen, die einInteresse an einem Unternehmen haben,üben einen bestimmten Einfluss auf dieUnternehmenspolitik aus. Dazu gehörendie Arbeitnehmer, die Gewerkschaften, dieGemeinde, der Staat sowie die Aktionäre

(1) Die Frage, inwieweit Maßnahmenzur flexiblen Arbeitsorganisation inden Unternehmen eingeführt wurden,wird in einem Bericht der OECD(1999) behandelt. Diesem Bericht zu-folge ist die Situation bei weitem nichtklar, da die empirischen Veränderun-gen nur schwer von „Management-tricks“ zu trennen sind. Laut EllströmsUntersuchung der internationalen For-schung auf diesem Gebiet, die auchOECD-Studien umfasst, haben etwa 25bis 50 Prozent der Unternehmen biszu einem gewissen Grade „veränder-te Arbeitssysteme“ eingeführt (Ell-ström, 1999). Allerdings ist der Gradder Umsetzung dieser Maßnahmen nurschwer zu ermitteln, da nicht eindeu-tig festgelegt ist, was unter Ansätzenfür eine flexible Arbeitsorganisation zuverstehen ist. So unterscheiden die Au-toren häufig nicht zwischen externerFlexibilität wie z.B. Outsourcing undinterner Flexibilität, die auf dezentra-lisiertem Management und autonomenArbeitsgruppen basiert. Eine der indem OECD-Bericht von 1999 aufge-stellten Hypothesen lautet, dass dieseVeränderungen von Management-philosophien der „strengen Kontrolledurch das Management“ bis zu Philo-sophien reichen, die auf „Mitarbeiter-engagement“ basieren. Dagegen isteinzuwenden, dass es sich dabei umzwei konkurrierende Philosophien desHumanvermögensmanagements han-delt, deren eine „instrumental und uti-litaristisch“ und deren andere „huma-nistisch und entwicklungsorientiert“ausgerichtet ist.

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und Führungskräfte, die traditionell einUnternehmen kontrollieren.

Aus der Sicht der Stellung der Arbeitneh-mer stellt das Modell eine radikale Abkehrvon der Sichtweise des „tayloristischen“wissenschaftlichen (instrumentalen) Ma-nagements dar, das auf der strengen Kon-trolle der Arbeitnehmer in einem Klimades Misstrauens beruht, hin zu einemModell, nach dem das Engagement derArbeitnehmer auf der Grundlage gegen-seitigen Interesses gewonnen werden soll.Zudem misst dieses Modell der intensi-ven „Humanvermögensentwicklung“ zurErhöhung der Arbeitnehmerkompetenzengroße Bedeutung bei. Weitere von dieserPhilosophie des „Humanvermögens-managements“ erwartete Ergebnisse, dieoffenbar das Risiko einer Verlagerung desSchwerpunkts von einem auf „Kontrolle“zu einem auf „Engagement“ basierendenAnsatz rechtfertigen, sind:

❏ größere Loyalität dem Unternehmengegenüber und größeres Selbstbewusst-sein und stärkeres Zugehörigkeitsgefühldes Einzelnen;

❏ Kosteneffektivität in Bezug auf Arbeits-kräftefluktuation, geringe Fehlzeitenquotesowie niedrige Kosten für die Gesellschaftund den Einzelnen;

❏ mehr Kongruenz zwischen Unterneh-mensleitung und Mitarbeitern, zwischenverschiedenen Arbeitnehmergruppen undzwischen Arbeitnehmern, ihren Familienund der Gesellschaft insgesamt (Beer etal., 1984).

Verschiebung der Perspektive vom„Personalmanagement“ zum „Human-vermögensmanagement“

Eine der wichtigsten Implikationen derUmsetzung dieses Modells des „Human-

vermögensmanagements“ besteht darin,dass die Humanvermögenspolitik alle Tä-tigkeiten des Unternehmens berührt. Dieswird dadurch veranschaulicht, dass dieUmsetzung „personalbezogener“ Maßnah-men dem Front-Line-Management mitAufsichtsfunktion übertragen wird. Dadamit das Ressortdenken, das sich in derVerwaltung von „Personalfragen“ durcheine spezielle „Personalabteilung“ äußert,zugunsten einer ganzheitlichen Sicht über-wunden wird, wird diese übergreifendeVeränderung als eine Verschiebung derPerspektive vom „Personalmanagement“zum „Humanvermögensmanagement“ be-schrieben. Die Abkehr vom Ansatz des„Personalmanagements“ ist darauf zurück-zuführen, dass es auf diesem Wege nichtgelungen ist, die Humanvermögenspolitikals strategischen Aspekt im Unternehmenzu etablieren. Im Zeitalter des „Human-vermögensmanagements“ gewährleistethingegen eine leitende Führungskraft, diegewöhnlich dem Vorstand angehört (einPersonaldirektor), dass eine fortgeschrit-tene „Personalpolitik“ in allen Unterneh-mensbereichen von Grund auf verankertist.

Die Umsetzung dieser Humanvermögens-strategie führt im Allgemeinen dazu, dassder „Humanfaktor“ großen Einfluss auf dieGestaltung der geschäftlichen, organisa-torischen und technologischen Parameterdes Unternehmens gewinnt, wodurch alleMitarbeiter an den Maßnahmen zur Unter-nehmensveränderung und -entwicklungbeteiligt werden. Eine Voraussetzung da-für ist jedoch, dass durch Initiativen desformalen und nicht formalen Lernens stän-dig umfassend an der Kompetenz-erweiterung gearbeitet wird.

Dieses Modell des „Humanvermögens-managements“ hat den Aktivitäten im Be-reich der „Humanvermögensentwicklung“große Impulse verliehen. Schließlich sinddiese eines der Kernelemente einerintegrativen Politik des „Humanvermö-gensmanagements“ und eng verknüpft mitFragen wie Einstellungspolitik, Laufbahn-management, Unternehmensentwicklung,Arbeitsgestaltung, Vergütung und Neben-leistungen sowie Arbeitnehmerbezie-hungen (2) (Sparrow und Hiltrop, 1994,McLagan, 1999). Was die Abgrenzungzwischen „Humanvermögensmanage-ment“ und „Humanvermögensentwick-lung“ in der Praxis betrifft, so plädieren

Unternehmen

Individuen Gesellschaft

Interessengruppen

(2) In Zusammenhang mit dem Hu-manvermögensmanagement wird dieBezeichnung „Arbeitsbeziehungen“dem Begriff „Arbeitnehmer-Arbeit-geberbeziehungen“ vorgezogen.

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einige Autoren wie z.B. McLagan aufgrundder geringen Unterschiede für eine stär-kere Integration (McLagan, ibd.).

Humanvermögens- undKompetenzentwicklung

Entsprechend der bereits vorgestelltenTheorie konzentriert sich die „Human-vermögensentwicklung“ auf die Kompe-tenzentwicklung der Arbeitnehmer. Dabeirichtet der Begriff „Kompetenzentwick-lung“ das Augenmerk auf ein umfassen-des Programm für alle Arbeitnehmer, d.h.für mittlere Angestellte, Produktionsarbei-ter und Führungskräfte. Dies steht imGegensatz zum Entwicklungsansatz, dervor allem auf die Förderung der Fertigkei-ten von Führungskräften ausgerichtet ist.

Der Begriff „Kompetenz“ bezieht sich aufdie Fähigkeit einer Person, eine Reihe vonTätigkeiten (oder eine komplexe Tätigkeit)autonom bzw. selbständig auszuführen.Dabei verleiht ihr die Kompetenz die Fä-higkeit, sehr effizient und in verschiede-nen sozialen Kontexten Aufgaben zu er-füllen, Wissen zu verallgemeinern und esvon einer Situation auf eine andere zuübertragen, und zwar unabhängig davon,ob es sich auf das Berufs- oder das Pri-vatleben bezieht. Docherty und Marking(1997; siehe auch Docherty und Dilsch-mann, 1992) zufolge bezieht sich „Kom-petenz“ auf die Fähigkeit einer Person,Aufgaben zur Erfüllung äußerer Anforde-rungen auszuführen, und basiert auf demVerständnis des Einzelnen als ein inter-pretierendes, handelndes und problem-lösendes Wesen. Der Begriff „Kompetenz“ist eng mit dem Konzept der „Kern-kompetenzen“ verknüpft, die allgemeineKenntnisse in Verbindung mit Denk-, Ur-teils- und Handlungsfähigkeit erfordern(Nyhan, 1993). Kompetenz ermöglicht es,theoretisches mit aus Erfahrung gewon-nenem praktischen Wissen zu verbindenund dadurch das „praktische Wissen“ kon-tinuierlich zu erweitern, um es in verschie-denen Lebenssituationen anwenden zukönnen.

Lernende Organisationen

Der Gedanke, dass „Kompetenz“ kontext-/situationsbezogen ist und einen „hohenTransferwert“ besitzt, führte zu Theorien

und „sozialen Innovationen“ in Bezug aufdie Verbindung zwischen Lernen und Ar-beit und zwischen individuellen undorganisationalen Lernprogrammen. Senge(1990, 1997), einer der führenden Verfech-ter des Konzepts der lernenden Organi-sationen als Möglichkeit der beruflichenund persönlichen Entwicklung, fragt, war-um es nicht möglich sein sollte, dass Un-ternehmensziele in einem Arbeitsumfelderreicht werden, das in engem Zusammen-hang zu den Dingen steht, die Arbeitneh-mer im Leben wirklich schätzen (Senge,1997, S. 144).

Senge versteht das gesamte wichtigehandlungsorientierte Lernen dem Wesennach als sozial und kollektiv.(3) So bestehteine Voraussetzung für das Lernen darin,dass sich ein Zusammengehörigkeitsgefühlentwickelt, ein Bewusstsein, gemeinsamin einem System zu arbeiten, und ein Ver-ständnis dafür, dass alle Teile des Systemsvoneinander abhängen und das Ganzegrößer ist als die Summe seiner Teile (S.129). Beim Lernen steht das Teilen vonWissen im Mittelpunkt, und dazu kommtes, wenn Personen wirklich daran inter-essiert sind, einander bei der Entwicklungneuer handlungsorientierter Fähigkeitenzu helfen.

Eine lernende Organisation kann als eineInstitution beschrieben werden, in der alleMitglieder daran beteiligt sind, die Kom-petenz der Organisation und des Einzel-nen zu steigern, indem kontinuierlich überdie Lösung strategischer und alltäglicherAufgaben nachgedacht wird (Nyhan,1999). Die beiden Dimensionen, Effekti-vität der Organisation und Kompetenz desEinzelnen, werden als miteinander verbun-dene Faktoren betrachtet. Dabei schafft dieEffektivität der Organisation Impulse fürdas individuelle Lernen, während Letzte-res wiederum zu einer Steigerung der Ef-fektivität der Organisation beiträgt. Wirddieses Modell unter idealen Bedingungenumgesetzt, lernen die Produktionsarbeiter,indem ihnen anspruchsvolle Aufgabenübertragen werden und sie diese Arbei-ten unter Anleitung kontinuierlich reflek-tieren, um auch daraus zu lernen. DerArbeitsinhalt wird also zum Lerninhalt,indem Arbeiten und Lernen Teil eines kon-tinuierlichen Verbesserungsprozesses wer-den, der sich auf das Kompetenzniveauder einzelnen Arbeitskräfte sowie auf daskollektive Lernen der Arbeitsgruppen und

(3) Prahalad und Hamel (1990) ver-wenden den Begriff „Kernkompetenz“anders als er früher gebraucht wur-de, aber ähnlich wie Senge. Sie ver-stehen darunter die „kollektive Kom-petenz“ oder das „kollektive Lernen“einer Organisation, insbesondere dieFähigkeit zu koordinieren und ver-schiedene Kenntnisse und Technolo-gien miteinander zu verbinden.

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der gesamten Organisation auswirkt(Nyhan, 1999; Stahl et al., 1993).

Grad der Umsetzung

Obwohl die Frage, inwieweit diese Maß-nahmen der „Humanvermögens-“ bzw.Kompetenzentwicklung gegenwärtig um-gesetzt werden, bisher noch nicht ausrei-chend erforscht wurde, zeigte EllströmsUntersuchung der neuesten Ergebnisse,dass, wie bereits in Fußnote 1 erwähnt,ungefähr 25 bis 50␣ % der Unternehmendiese Maßnahmen, zumindest bis zu einemgewissen Grade, durchgeführt haben(Ellström, 1999). In ihrer im Rahmen desLeonardo-da-Vinci-Programmes der Euro-päischen Kommission durchgeführten Stu-die stellen Cressey und Kelleher (1999) fest,dass in Großunternehmen des Fahrzeug-baus, der Telekommunikation und desBankgewerbes im Vereinigten Königreich,Deutschland und Schweden Arbeitgeber-und Arbeitnehmervertreter (die „Sozialpart-ner“) weitgehend darin übereinstimmen,dass diese neuen Modelle der „Human-vermögensentwicklung“ eingeführt werdenmüssen. Was die Auswirkungen dieserneuen Modelle betrifft, besteht jedochSkepsis, und zwar insofern, als das Inter-esse des Managements und der Wissen-schaftler an diesen Konzepten möglicher-weise auf eine attraktive Präsentation durchManagement-Gurus und nicht so sehr aufsolide Forschungsergebnisse zurückzufüh-ren ist (OECD, 1999). Méhaut und Delcourt(1997, S. 30) machen geltend, dass sichweder im europäischen noch im globalenMaßstab eine Konvergenz zwischen dem„alten“, „tayloristischen“ Kontrollmodellund einem einheitlichen Modell neuerFormen der Arbeitsorganisation und derlernenden Organisationen abzeichnet.Poell (1998, S. 6) zufolge sollten die Ver-änderungen in der Arbeitsorganisationnicht als Ersatz eines dominierenden „taylo-ristischen“ Modells durch ein neues domi-nantes Modell verstanden werden, sondernes sollte vielmehr eine Sensibilisierung fürdie unterschiedlichen Arten der Organisa-tion des Arbeitens und Lernens stattfinden.

Bei jeder Bewertung der Umsetzung die-ser Strategien muss berücksichtigt werden,dass es sich bei der Einführung radikalertransformativer Lernansätze um einen viel-schichtigen Prozess handelt. Zudem be-steht häufig ein großer Unterschied zwi-schen dem, was behauptet (oder mögli-

cherweise gewünscht) wird, und dem,was tatsächlich geschieht. Der erste Ein-druck kann täuschen. Daher müssen dieUnternehmen eingehend analysiert wer-den, damit ermittelt werden kann, inwie-weit Veränderungen erreicht wurden. Beieiner umfassenden Untersuchung von elfeuropäischen Unternehmen, die angaben,die Prinzipien einer lernenden Organisa-tion radikal umgesetzt zu haben (und diesauf den ersten Blick offenbar auch getanhatten), wurde festgestellt, dass sich vieleder Veränderungen lediglich dahingehendauswirkten, dass auf Produktions- oderManagementebene neue Lernmethodeneingeführt wurden, ohne dass es zu Ver-änderungen bei den Wertvorstellungen,den Visionen und der Kultur der Unter-nehmen gekommen wäre (Docherty undNyhan, 1997; Nyhan, 1999; Nyhan, 2000b).In nur fünf der elf untersuchten Unterneh-men wurde eine echte Umgestaltung er-reicht, die intern gesteuert war und aufvöllig neuen Erkenntnissen über den Bei-trag der Arbeitnehmer zum Unternehmenaufbaute. Dies führte auf allen Ebene desUnternehmens zu grundlegenden Verän-derungen in Bezug auf die Wertvorstel-lungen, Strukturen und Arbeitsprozesse.Allerdings setzte dies folgende Elementevoraus: eine visionäre Führungsrolle derobersten Führungskraft, die Entwicklungeiner von allen Mitarbeitern getragenen„gemeinsamen Vision“, Risikobereitschaftseitens des Managements und der Mitar-beiter, die Entwicklung eines langfristigenStrategieprogramms und das Engagement,all dies mit allen seinen zeitaufwändigenpraktischen Schritten umzusetzen. Darüberhinaus zeigte die Studie, wie kurzlebig In-novationen im Bereich des Human-vermögens sein können. Gelegenheitenfür Veränderungen können sehr leicht un-genutzt verstreichen, und große Errungen-schaften, die häufig mit enormem zeitli-chen und finanziellen Aufwand erreichtwurden, können über Nacht verloren ge-hen (Nyhan, 1999, S. 20).

Humanvermögens-entwicklung in EuropaKulturelle Industrie-/Arbeitswelt-traditionen in Europa

Historisch gesehen sind innerhalb Euro-pas, insbesondere im nördlichen Konti-nental- und in Nordeuropa, viele verschie-

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dene Arten von dem zu finden, was manvereinfacht als ein europäisches Modellder industriellen Entwicklung/des Arbeits-lebens bezeichnen könnte, das auf ge-meinsamen Elementen der nationalen undsektoralen Traditionen, auf der Gleichheitder in der Geschichte der verschiedenenLänder aufgetretenen Probleme und aufden auf dem Weg zur Industrialisierungeingeschlagenen Richtungen basiert. Diekulturellen Industrie-/Arbeitswelttradi-tionen in Europa unterscheiden sich vondenen in den Vereinigten Staaten insofern,als sie der Rolle der Fachkräfte und weni-ger der Funktion der leitenden Führungs-kräfte (insbesondere in kleinen und mitt-leren Unternehmen) sowie der Rolle derSozialpartner im Beschäftigungsverhältniseine viel größere Bedeutung beimessenund eine intervenierende Funktion der Re-gierung vorsehen (siehe Brewster et al.,1993; Guest, 1990; Pieper, 1990).

In seinem Buch „Capitalism AgainstCapitalism“ (1993) stellt Albert das euro-päische kontinentale Wirtschafts- undIndustriemodell, das er als das „Rhein-modell“ bezeichnet, dem „anglo-amerika-nischen“ Modell gegenüber. Dem „Rhein-modell“ zufolge „teilen“ sich Unterneh-mensleitung und Gewerkschaften dieMacht (in Deutschland in Form einer„Mitbestimmungspolitik“), wobei der Staateine wichtige Rolle in Bereichen wie derberuflichen Erstausbildung spielt und einAuffangnetz für diejenigen bereitstellt, dieihren Arbeitsplatz verlieren. Dieses Mo-dell existiert seit fast einem Jahrhundertin Deutschland, den Niederlanden undFrankreich sowie in vieler Hinsicht auchin den nordischen Ländern, wenn auch inanderer Form. Im „anglo-amerikanischen“Modell, das in erster Linie in den Verei-nigten Staaten (aber in vieler Hinsicht auchim Vereinigten Königreich) Anwendungfindet, wird hingegen dem Marktkapita-lismus eine größere Macht eingeräumt unddie Unterordnung des Staates unter dieWirtschafts- und Geschäftstätigkeit betont,so dass dem Eingreifen des Staates vielweniger Raum gegeben wird. Einige dergenannten europäischen Traditionen wur-den in der Gesetzgebung der Europäi-schen Union oder in Abkommen wie derSozialcharta (1989), der Richtlinie über dieEuropäischen Betriebsräte (1994) unddem Europäischen Vertrauenspakt für Be-schäftigung (1996) verankert. Selbstver-ständlich lässt sich nicht bestreiten, dass

diese Abkommen je nach den nationalenTraditionen und Gesetzgebungen der Mit-gliedstaaten unterschiedlich umgesetztwerden. So stellt das „Subsidiaritätsprin-zip“, das im Maastricht-Vertrag der Euro-päischen Union verankert wurde, einGleichgewicht zwischen der „einigenden“Richtlinienkompetenz der EU und denverschiedenen autonomen Positionen derMitgliedstaaten her.(4)

Innerhalb eines gemeinsamen europäi-schen Erbes existieren zwischen den ein-zelnen Ländern natürlich bedeutende kul-turelle Unterschiede, die sich darauf aus-wirken, wie Probleme des Arbeitens undLernens verstanden und diesbezüglicheMaßnahmen und Strategien umgesetztwerden.

Trompenaar (1993) führte eine umfassen-de, weltweite Umfrage unter in der Wirt-schaft tätigen Personen durch, um die inden Unternehmen wirkenden, kulturellenFaktoren zu ermitteln, die die Wahrneh-mung der Arbeitsorganisation und ihreGestaltung durch diese Personen beein-flussen. Dafür entwickelte er eine Typo-logie mit vier Kategorien: „machtorien-tierte“, „rollenorientierte“, „projektorien-tierte“ und „verwirklichungsorientierte“Unternehmenskultur. Kasten 2 stellt zu-sammenfassend dar, wie diese vier Typenin Europa angewandt werden.

Kasten 2Europa und die humanistisch-ent-wicklungsorientierte Humanver-mögensentwicklung

Obwohl das anfangs beschriebene Har-vard-Modell des Humanvermögens seinenUrsprung in den USA hat, kann man be-haupten, dass seine „humanist isch-entwicklungsorientierte“ Sicht und insbe-sondere das Bestreben, die Unterneh-mensziele mit den Bedürfnissen des Ein-zelnen und der gesamten Gesellschaft inEinklang zu bringen, eine Ergänzung derfür Europa typischen Industrie- undArbeitswelttraditionen darstellen. Das invielen großen europäischen Ländern Endeder 80er und in den 90er Jahren einge-führte oder zumindest angewandte Prin-zip der Einbettung eines „offenen“ undentwicklungsorientierten „Personal-managements“ sowie des Lernens in alleBereiche der Unternehmenstätigkeit hatPraktiken neu belebt, die in der Vergan-genheit oft auf reglementierende Weise

(4) Art. 127 des EU-Vertrages ist eingutes Beispiel dafür, wie sich dies inder Praxis in Bezug auf die Umsetzungvon Berufsbildungsmaßnahmen aus-wirkt.

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Eine der bemerkenswertesten Folgen des„Humanvermögensmanagements“ warwohl die Modernisierung der Randländerund -regionen Europas, die sich nicht aufeine feste Tradition der industriellen Ent-wicklung stützen konnten. In einem Landwie Irland, in dem die Industrialisierungerst spät stattfand und das von den fort-schrittlichen kontinentaleuropäischen In-dustrie-/Arbeitswelttraditionen abgeschnit-ten war, wirkten sich zum Beispiel die In-vestitionen amerikanischer und europäi-scher multinationaler Unternehmen mitihren hoch entwickelten, fortgeschrittenenund modernen Managementsystemen, vondenen viele auf humanistisch-entwick-lungsorientierten Ansätzen basierten, nichtnur auf die wirtschaftliche Entwicklungdes Landes aus, sondern zeigten auch an-schaulich, wie Unternehmen gestaltetwerden müssen, die Weiterentwicklungund Lernen im humanistischen Sinne för-dern.

Das humanistisch-entwicklungsorientierteModell des „Humanvermögensmanage-ments“ weist zudem einige Gemeinsam-keiten mit den in Europa entstandenenInnovationsbewegungen auf. Dazu gehörtzum Beispiel die Denkschule der „sozio-technischen“ Systeme. Die ersten Konzep-te dieser Schule wurden im VereinigtenKönigreich in den 50er Jahren amTavistock Institute ausgearbeitet und ins-besondere in den nordischen Ländern (einBeispiel ist das norwegische Programm derArbeitsdemokratie in den 60er Jahren),aber auch in den Niederlanden umgesetzt.Die von der „sozio-technischen“ Schuleentwickelte Gestaltung der Arbeitsorgani-sation beruht auf dem Gedanken der „teil-autonomen Gruppen“ und hebt die Vor-teile hervor, die sich (in Bezug auf die zuerwartende Effektivität und Arbeitnehmer-zufriedenheit) ergeben, wenn die Arbei-ter Einfluss auf die Gestaltung ihrer Ar-beit und des technischen Umfelds nehmenkönnen. Dabei liegt der Schwerpunkt aufder Einführung der neuesten Technik, al-lerdings dergestalt, dass die Kenntnisseund Fähigkeiten der Arbeitnehmer undihre Motivation voll zum Tragen kommen.Die Vorteile einer solchen „sozio-techni-schen“ Tradition liegen in einer höherenProduktivität und Arbeitsleistung und ineinem befriedigenderen Arbeitsumfeld inForm anspruchsvollerer Aufgaben unterEinschluss von Lern- und Entwicklungs-möglichkeiten.

Kasten 2:

Verschiedene „nationale Unternehmenskulturen“

„Machtorientierte“ UnternehmenskulturDie Führungspersönlichkeit in dieser hierarchisch gegliederten, jedoch personen-orientierten Kultur kann als fürsorglicher „Patron“ beschrieben werden, der besserals seine Untergebenen weiß, was gut für sie ist, ihre tiefsten Gefühle ansprichtund ihnen so zeigt, wie die Aufgaben zu erledigen sind. Dieser Führungsstil lässtsich als „subjektorientiertes Management“ (management by subjectives) bezeich-nen. In einer solchen Kultur erfolgen Denken und Lernen in der Regel auf intuiti-ve, holistische, laterale und fehlerkorrigierende Weise. Trompenaar zufolge ist die-se Unternehmenskultur in Spanien und in geringerem Maße auch in Frankreichund Belgien verbreitet.

„Rollenorientierte“ UnternehmenskulturDiese Unternehmenskultur beruht auf einer bürokratischen Arbeitsteilung mit ver-schiedenen, im Voraus festgelegten Regeln und Funktionen. Die Aufgaben werdeneffektiv erfüllt, wenn jeder seiner Rolle im Einklang mit dem Gesamtsystem gerechtwird. In dieser Unternehmenskultur, die Trompenaar zufolge für Deutschland undin geringerem Maße für Dänemark und die Niederlande typisch ist, ist der Denk-und Lernansatz logisch, analytisch, vertikal und rational.

„Projektorientierte“ UnternehmenskulturDiese dritte Kategorie unterscheidet sich von der macht- und der rollenorientiertenKultur durch ihren egalitären Charakter. Obgleich sie ähnlich wie die rollenorientierteUnternehmenskultur unpersönliche und aufgabenorientierte Merkmale aufweist,werden die auszuübenden Tätigkeiten nicht im Voraus festgelegt. Im VereinigtenKönigreich (und in den Vereinigten Staaten) gibt es zahlreiche Beispiele für dieseArt von Unternehmen, in denen problem- und praxisorientierte sowie fachüber-greifende Denk- und Lernmuster dominieren.

„Verwirklichungsorientierte“ UnternehmenskulturDiese Unternehmenskultur basiert auf dem Gedanken, dass das Unternehmen derindividuellen Verwirklichung nachgeordnet ist. Diese Art von Unternehmen, derenTätigkeitsfeld von einem tiefen emotionalen Engagement geprägt ist, ist Trompenaarzufolge für Schweden typisch. Die Denk- und Lernansätze in diesen Unternehmenhaben einen schöpferischen, inspirierenden Charakter und werden ad hoc gesteu-ert (diese Charakterisierung muss als möglicherweise phrasenhaft in Frage gestelltwerden).

Quelle: Trompenaar (1993)

(und in einem tayloristischen Sinne) um-gesetzt wurden. Zudem stellte die dyna-mische und integrative organisatorischeSicht die Verantwortlichen von Berufs-bildungseinrichtungen mit ihrem eher ri-giden Ressortdenken vor neue Herausfor-derungen. Dies wertete zweifellos die Stel-lung der Bereiche „Personal“ und „Aus-und Weiterbildung“ innerhalb der Unter-nehmen auf und führte an den Universi-täten und Wirtschaftshochschulen zur Ein-richtung neuer Ausbildungsgänge auf die-sem Gebiet.

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Das Verhältnis zwischen der „humanisti-schen“ Tradition des Humanvermögens-managements und dem Konzept der „so-zialen Gestaltung von Technik und Ar-beit“, das aus der deutschen Traditionstammt, ist ebenfalls eines Kommentarswert (siehe Raumer, 1988; Heidegger,1997). Diesem Konzept zufolge ist es er-forderlich, dass die Arbeitnehmer dasArbeitsumfeld in hohem Maße gestalten(„beeinflussen“ oder „kontrollieren“), da-mit Produktivität gewährleistet und einUmfeld geschaffen werden kann, in demdie Mitarbeiter kontinuierlich lernen. Die-ses Konzept weist Ähnlichkeiten mit der„sozio-technischen“ Schule auf, unter-scheidet sich jedoch insofern, als es vonder Disziplin der beruflichen Bildung undAusbildung abgeleitet ist und nicht denAnsatz eines von oben nach unten wir-kenden „Systemkonzepts“ verkörpert.Zudem erhalten die Arbeitnehmer da-durch eine aktive Rolle bei der kontinu-ierlichen Modifizierung und Entwicklungneuer Arbeitsprozesse. Sie entwickeln fer-ner ein „praktisches Expertenwissen“,auch „Arbeitsprozesskenntnisse“ genannt,das nur durch Erfahrung (von unten nachoben) erworben werden kann. In Bezugauf die Technik bedeutet dies, dass dasKnow-how und die Kompetenz in denKöpfen der Arbeitnehmer größer seinmüssen als das in der Technik verkörper-te „Softwarefachwissen“. Dabei geht die-ses Konzept davon aus, dass das Fach-wissen bzw. die „Arbeitsprozesskennt-nisse“ der Person und nicht die TechnikEckpfeiler effektiver Produktionssystemesind. Dem verwandten Konzept der „an-thropozentrischen Technik“ (oder „hu-manzentrierten Technik“) zufolge ist nurdann eine optimale Ausnutzung der Tech-nologien gewährleistet, wenn sie die Wei-terentwicklung der Fähigkeiten undKenntnisse des Menschen ermöglichen(Wobbe, 1990, S. 11).

Diese Betonung der zentralen Rolle desFacharbeiters (mit einem mittleren bzw.handwerklichen oder gewerblichenBerufsabschluss), der über ein großes Maßan Ermessensspielraum, Autorität undVerantwortung verfügt, kann als eines derMerkmale einer höher entwickelten, eigen-ständigen europäischen Humanver-mögenspolitik gewertet werden. Damiterhalten die Fachkräfte innerhalb des Un-ternehmens den Status einer Interessen-gruppe, was sich auch in ihrem Lohn nie-

derschlägt. Dieser Status verfestigt sichdurch die berufliche Identität als Zuge-hörige einer Berufsgruppe sowie im ge-sellschaftlichen Umfeld, wofür der Begriff„industrial citizenship“ (etwa: „Berufs-bürgerschaf t“) geprägt wurde. AufDeutschland bezogen erklärt Hendry(1991), dass es keine Plattitüde sei, wennman sage, dass das größtes Kapital diesesLandes seine Menschen seien. Obwohlsich das deutsche Konzept des Human-vermögensmanagements und das in denVereinigten Staaten entstandene humani-stische Modell unterscheiden, stimmenbeide insofern überein, als sie die Not-wendigkeit sehr motivierter, flexibler undgut ausgebildeter Arbeitskräfte anerken-nen. Daher sollte das Humanvermögens-management nicht als ein für deutscheUnternehmen neues oder fremdes Kon-zept betrachtet werden.

Eine konkurrierendeHumanvermögensstrategie– der instrumental-utilita-ristische Ansatz

Einer aktuellen Studie über Trends in der„Humanvermögensentwicklung“ in siebeneuropäischen Ländern (Ter Horst et al.,1999) zufolge scheint sich angesichts derGlobalisierung eine Konvergenz in derHumanvermögenspolitik Europas, der Ver-einigten Staaten und Japans abzuzeichnen.Wie die Studie belegt, weist die Human-vermögenspolitik der Großunternehmen inden drei mächtigsten Handelsblöcken derWelt mehr Gemeinsamkeiten als Unter-schiede auf. Diese Schlussfolgerung basiertauf der Tatsache, dass alle Unternehmen,die auf den Weltmärkten konkurrenzfähigsein wollen, durch die Globalisierung derWirtschaft gezwungen sind, eine Human-vermögenspolitik umzusetzen, in derenMittelpunkt die Erreichung der unmittel-baren geschäftlichen Leistungsziele desUnternehmens steht. Diese Betonung dermehr oder weniger kurzfristigen Leistungs-ziele führt zu einer kontingenten undsituationsbedingten Sicht des Human-vermögens im Sinne der bereits beschrie-benen „projektorientierten“ Unternehmens-kultur nach Trompenaar.

Dementsprechend betrachten sich vieleUnternehmen heutzutage eher als lose,

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„vom Markt bestimmte Netzwerke“ dennals Organisationen. Diese Netzwerke be-stimmen ihre Strukturen kontinuierlichneu und bieten so unter dynamischenMarktbedingungen Möglichkeiten derprojektbasierten Arbeit. Wir leben im Zeit-alter der unregelmäßig Beschäftigten, indem Arbeitsplätze durch „Projekte“ ersetztwerden. Brown und Keep (1999) beto-nen, dass der „Taylorismus“ und der „Neo-Taylorismus“ im Vereinigten Königreichimmer noch ein einflussreiches Modell mitWettbewerbsvorteil darstellten, und zwarinsbesondere im Dienstleistungssektor. Ineiner umfassenden Untersuchung briti-scher Unternehmen des verarbeitendenGewerbes kommen Acroyd und Proctor(1998, S. 171, zit. in Brown und Keep,1999) zu dem Schluss, dass Rentabilitätnicht durch den Erwerb einer sehr gutausgebildeten „Kernbelegschaft“ gesichertwird, sondern durch die Verbindung rela-tiv ungelernter Arbeiter mit der Bereit-schaft, externe Produktionsquellen zunutzen.

In Frankreich gab der ReifenherstellerMichelin für das erste Halbjahr 1999 einenNettogewinn von 292 Mio. EUR und damiteine Steigerung um 17 Prozent im Vergleichzum Vorjahr bekannt und kündigte am glei-chen Tag an, dass er im Laufe der folgen-den drei Jahre in Europa 7.500 Arbeitsplät-ze abbauen werde. Diese Nachricht wurdean der Pariser Börse euphorisch aufgenom-men. Der neue Leiter der Finanzabteilungrechtfertigte die kostendämpfenden Maß-nahmen mit dem Hinweis darauf, dassMichelins Hauptkonkurrenten ihre festeAbsicht deutlich gemacht hätten, sich aufEuropa zu konzentrieren. Michelin wolledaher reagieren, bevor etwas in dieser Rich-tung geschehe (International HeraldTribune, 11.-12. September 1999, S. 11). Indem Zeitungsbericht wurde zudem be-merkt, dass das Familienunternehmenschon immer als seinen Mitarbeitern ge-genüber patriarchalisch und seinen Aktio-nären gegenüber gleichgültig galt, Eduou-ard Michelin (36) jedoch nach drei Mona-ten als Präsident offenbar eifrig darauf be-dacht sei, sich vom Managementstil deralten Schule seines Vaters François Michelinzu lösen und Geschäftspraktiken einzufüh-ren, die er in den Vereinigten Staaten ken-nen gelernt habe.

Dies ist ein Beispiel für die zunehmende„Macht der Aktionäre“ in europäischen

Unternehmen, was einem Artikel in „TheEconomist“ (2000) zufolge auf ein Wie-deraufleben des europäischen Kapitalis-mus hindeutet. Deutsche Kritiker derfeindlichen Übernahme von Mannesmanndurch Vodafone Anfang 2000 betrachtendies als den ersten ernst zu nehmendenSchlag gegen das bewährte rheinischeKapitalismusmodell des Landes, das aufKonsens und engen Verbindungen zwi-schen Banken, Unternehmen, Arbeitge-bern, Gewerkschaften und der Regierungbasiere. In dem Artikel heißt es weiter,dass hinter diesem Trend zur Macht derAktionäre eine neue Generation von Füh-rungskräften stehe, die der Ansicht sei,dass die Unternehmen den Aktionären undnicht den Chefs oder der „Gesellschaft“gehörten. Deutschland wurde hier alsBeispiel gewählt, da es eine Hochburg derklassischen sozialen Marktwirtschaft inEuropa ist. Nimmt man jedoch Europa alsGanzes, so war in den vergangenen Jah-ren eine steigende Zahl von Fusionen fest-zustellen, die auf Druck der Aktionäredurchgeführt wurden. Der Wert der Fu-sionen und Akquisitionen in Europa be-trug 1999 1.200 Mrd. Dollar, was eine Zu-nahme von 50 Prozent gegenüber demVorjahr und von 700 Prozent gegenüberdem Jahr 1994 darstellte (Quelle zitiert in„The Economist“ 2000 – Thompson,Financial Securities Data).

Entsprechend dem bereits erwähntenTrend werden die Konzepte des „Human-vermögensmanagements“ in erster Liniesituationsabhängig vom äußeren Marktum-feld vorangetrieben. Dies macht eine An-passung der Humanvermögenspolitik andie Unternehmensstrategie erforderlich.So „heben“ oder „senken“ die Unterneh-men den Qualifikationsstand ihrer Mitar-beiter entsprechend den Anforderungendes Marktes. Dies führt zu dem logischenSchluss, dass das Humanvermögen einkontingenter, zweckbestimmter Faktorohne eigenen Wert ist.(5) Demzufolgekann die „Humanvermögensentwicklung“als eigenständige Aktivität Teil der Poli-tik des „Humanvermögensmanagements“sein, was jedoch nicht immer der Fall seinmuss. Da sie jedoch auf dem Prinzip der„externen Flexibilität“ basiert, kann eineeffektivere Erneuerung der Human-ressourcen durch kurzfristige „projektori-entierte“ Rekrutierung, Auslagerung vonProduktions- und Dienstleistungsberei-chen, Personalabbau usw. erzielt werden.

(5) Ein „Human Resource Director“eines großen internationalen Unter-nehmens, der bei einer Umstruktu-rierungsmaßnahme viele Mitarbeiterverlor, bezeichnete seine Positionspöt t i sch a ls „Human RemainsDirector“!

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Das Konzept des „Business Process Engi-neering“ (siehe Hammer und Champy,1993), das die kurzfristige Neugestaltungder Organisation und der gesamten An-gebots- und Verkaufabläufe im Sinne derKostensenkung und verringerter Beschäf-tigtenzahlen mit sich bringt, bietet dabeieine Möglichkeit, diese Art des „Human-vermögensmanagements“ umzusetzen, dieals „instrumental-utilitaristischer“ Ansatzbezeichnet werden kann.

Dies wird als das „harte“ Humanver-mögensmodell bezeichnet, das sich vonder tayloristischen und neo-tayloris-tischen/neoliberalen Sicht herleitet. ImGegensatz dazu steht das „weiche“ „hu-manistisch-entwicklungsorientierte“ Mo-dell, das versucht, die Bedürfnisse desUnternehmens mit der beruflichen Wei-terentwicklung des Einzelnen und denAuswirkungen auf das gesellschaftlicheUmfeld zu vereinbaren. Das „harte Mo-dell“ basiert hingegen auf der „externenFlexibilität“ (oder auch „numerischen Fle-xibilität“) des äußeren Arbeitsmarkts (demklassischen „Hire-and-Fire“-Prinzip desfreien Markts), die im Gegensatz zur „in-ternen“ (oder auch „funktionalen“) Flexi-bilität der Beschäftigten im Unternehmensteht, welche durch kontinuierliche Wei-terentwicklung der Kompetenzen undWandlungsfähigkeit der Arbeitnehmer ge-fördert wird. Somit unterscheiden sich die-se beiden Strategien in ihren Ansätzen. Dieerste impliziert den der „Redundanz vonTeilen (bzw. von Personal)“, d.h. es er-folgt ein kontinuierlicher Arbeitskräfteaus-tausch in Abhängigkeit von den anstehen-den Aufgaben, während die zweite Stra-tegie auf dem Ansatz der „Funktions-redundanz“ (Morgan, 1986, S. 98-100) be-ruht, der besagt, dass es auch angesichtssich ändernder Arbeitsplatzanforderungenauf lange Sicht im Interesse des Unterneh-mens liegt, nicht auf Mitarbeiter zu ver-zichten, die ausreichend qualifiziert sind(oder umgeschult werden können), umneue Aufgaben übernehmen zu können.Die weltweite Dominanz der neo-libera-len Politik stärkt die Position derer, dieden Ansatz der „Redundanz von Teilen“durchsetzen wollen, wodurch das „huma-nistisch-entwicklungsorientierte“ Modelldes Humanvermögens vehement in Fragegestellt wird.

Nachdem Handy (1989) in einer früherenPublikation die Herausbildung eines fle-

xiblen Arbeitsmarkts mit flexiblen Unter-nehmen (oder „Kleeblattfirmen“, wie ersie auch nannte) skizziert hatte, der dieArbeitnehmer (mit dem entsprechendenQualifikationsspektrum) von rigidenBeschäftigungsmustern befreit und ihnenAlternativen und Möglichkeiten zur Selbst-verwirklichung bietet, revidierte er späterseine Meinung, indem er feststellte, einesolche Situation liege zwar im Interesseeiner hoch qualifizierten Berufselite – der„symbolischen Analysten“, die einen klei-nen Prozentsatz der Erwerbstätigen aus-machen -, stelle jedoch für den durch-schnittlichen Arbeitnehmer keine wirkli-che qualitative Verbesserung seines Ar-beitslebens dar (Handy, 1994).

Bei Sennett heißt es, dass „Flexibilität ver-bunden mit dem Angriff auf bürokratischeVerkrustungen und der Betonung des Ri-sikos den Menschen angeblich mehr Frei-heit gibt, ihr Leben zu gestalten. In Wirk-lichkeit bringt die neue Ordnung neueKontrollen hervor, anstatt einfach die al-ten Regeln abzuschaffen, wobei auch die-se neuen Kontrollen nur schwer nachvoll-ziehbar sind und ein undurchschaubaresMachtsystem darstellen“ (Sennett, 1998, S.10). Bei der Untersuchung der Frage „TheHRM Organisation – Rhetoric or Reality?“[Die Organisation des Humanvermögens-managements – Rhetorik oder Realität?]stellt Sisson (1994, S. 15) dem rhetorischenCharakter bestimmter Schlagwörter desHumanvermögensmanagement ihre Kon-trapunkte aus der „Realität“ gegenüber. Sobedeutet „Flexibilität“ häufig, dass „dasManagement tun kann, was es will“, kanneine „schlanke Produktion“ in Wirklich-keit eine „geizige Produktion“ sein und„Teamarbeit“ „Einschränkung des Ermes-sensspielraums des Einzelnen“ bedeuten.

Adler und Cole (1993) versuchen, die Po-larisierung zwischen der „instrumentalen“und der „humanistischen“ Form der Ar-beitsorganisation zu überwinden.(6) DasErgebnis bezeichnen sie als „demokrati-schen Taylorismus“. Dabei handelt es sichum den Versuch, einige der dem Gedan-ken der teil-autonomen Arbeitsgruppenzugrunde liegende Prinzipien mit einer„humanisierten“ Version der tayloris-tischen bzw. neo-tayloristischen Prinzipi-en integrativ und pragmatisch zu verbin-den. Dementsprechend sollen die Arbeit-nehmer über einen gewissen Ermessen-spielraum bei der Organisation ihrer Ar-

(6) Dabei handelt es sich um einen„dritten Weg“ der Arbeitsorganisationin Anlehnung an Giddens‘ Konzeptvon einem „dritten Weg“ in Politik undGesellschaft, mit dem der Versuch un-ternommen wird, über die beiden do-minierenden politischen Philosophien- die Sozialdemokratie (die in derkeynesianischen Nachfragesteuerung,im interventionistischen Staat, imWohlfahrtsstaat und im Egalitarismusverwurzelt ist) und den Neo-Libera-lismus/Marktfundamentalismus - hin-auszugehen (Giddens, 1998).

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beit verfügen, was sich vom klassischentayloristischen (wissenschaftlich begrün-deten) Ansatz des „one best way“ unter-scheidet. Daher wählten Adler und Coleden Begriff des „demokratischen Tayloris-mus“, um dem Unterschied zwischen die-ser Kompromisslösung und dem ur-sprünglichen Prinzip des „Taylorismus“Rechnung zu tragen. Das Konzept des „de-mokratischen Taylorismus“ zielt darauf ab,die Merkmale einer effizienten Bürokra-tie nach neo-tayloristischen Prinzipien miteinem wirklich humanisierenden Umfeld(das gute Arbeitsbedingungen und Aus-bildungsmöglichkeiten bietet) zu verbin-den. Nach Ansicht der Autoren handelt essich dabei nicht um ein „Zwang ausüben-des“, sondern um ein „befähigendes“ for-males System. Ferner halten sie die Thesevon einem durch autonome Arbeitsgrup-pen gekennzeichneten Arbeitsplatz für ro-mantischen Unsinn. Ihrer Meinung nachist die „humanisierte schlanke Produkti-on“ bei NUMMI – einem Joint Venturezwischen Toyota und General Motors inden Vereinigten Staaten – ein Modell, dasseine Praxistauglichkeit bewiesen hat.Adler und Cole zufolge herrscht beiNUMMI ein gutes Gleichgewicht zwischennotwendiger Effektivität und zufriedenstellender Arbeit, wodurch das entsteht,was sie als ein „humanisiertes“ Arbeits-umfeld bezeichnen. Dieses Umfeld ist gutaufgeteilt, ergonomisch gestaltet und ver-fügt über gute Einrichtungen zur Unter-stützung der Arbeitnehmer. Zudem ver-bindet es Merkmale „schlanker Pro-duktionssysteme“ mit denen klassischerfordistischer Systeme, wobei die Arbeit-nehmer für die Qualitätssicherung und dieplanmäßige Wartung verantwortlich sind(siehe Cressey und Kelleher, 1999;Ellström, 1999).

In welche Richtung gehtdie Humanvermögens-entwicklung in Europa?

In diesem abschließenden Abschnitt er-hebt sich die Frage, wie sich die „Human-vermögensentwicklung“ in Europa künf-tig gestalten wird. Lundvall und Borrás(1997) beschäftigen sich in ihrem Bericht„The Globalising Learning Economy:Implications for Innovation Policy“ (7) mitder Herausforderung, die die Globalisie-rung für Europa darstellt, und fordern

umfassende transformative soziale Neue-rungen, wobei ihr Hauptaugenmerk derSchaffung gesellschaftlicher Rahmenbedin-gungen gilt, in deren Mittelpunkt neueFormen der zwischenbetrieblichen Zusam-menarbeit und neuartige Bündnisse zwi-schen Unternehmen und Wissensprodu-zenten stehen sollen. Zudem sprechen sievon der Notwendigkeit, „lernende Wirt-schaftsformen“ aufzubauen, in denen dielebenslange Lernfähigkeit der Einzelnen,der Unternehmen, der Regionen und derLänder gefördert wird. Weiterentwickeltwurde dieser Gedanke von Lundvall1999␣ (8) auf der Europäischen Konferenzfür Sozioökonomische Forschung, als ervon der Schaffung einer „sozial nachhal-tigen lernenden Wirtschaft“ sprach. DieIdee einer „sozial nachhaltigen lernendenWirtschaft“ weist darauf hin, dass Wirt-schaftspolitik nicht von Sozialpolitik ge-trennt werden kann. Tatsächlich werdensoziale Wertvorstellungen wie Vertrauenund Zusammenarbeit (auch als „sozialesKapital“ bezeichnet) und eine Sozialpoli-tik, die soziale Gerechtigkeit fördert undMöglichkeiten des lebenslangen Lernensfür alle schafft, als Voraussetzung für einezivilisierte wirtschaftliche Entwicklung be-trachtet. Der Ansatz von Lundvall undBorrás scheint mit den umfassenderen Fol-gerungen der früheren Theorie der „sozio-technischen Systeme“ in Einklang zu ste-hen, die sich mit der Schaffung starker In-stitutionen für den Umgang mit turbulen-ten sozialen Umfeldern beschäftigte.Emery und Trist (1965) zufolge bedeutetdies, dass die miteinander verbundenenOrganisationen zur Schaffung von Syste-men gemeinsamer Werte beitragen müs-sen, die für alle Beteiligten von Bedeu-tung sind und sie in ihrem Handeln leitenkönnen.

Lundvall und Borrás zufolge müssen dieneo-liberale und die neo-protektionisti-sche Lösung dem „new-new deal“ wei-chen, der sich insbesondere der Lern-fähigkeit leistungsschwacher Menschenund Regionen annimmt (Lundvall undBorás, 1997, S. 38). Dabei wird die regio-nale territoriale Dimension zu einem wich-tigen Faktor, da das Territorium und dieräumliche Nähe eine zentrale Rolle spie-len bei der Erzeugung von implizitemWissen und der Fähigkeit, sich diesesWissen zunutze zu machen. Innovationenentstehen zunehmend auf regionaler Ebe-ne, und zwar aufgrund der regionalen

(7) In dieser Publikation, bei der essich um eine Analyse und Zusammen-fassung der Ergebnisse von sieben grö-ßeren europäischen sozioökonomi-schen Forschungsprojekten handelt,die verschiedene Disziplinen ab-decken und vom Programm für Sozio-ökonomische Schwerpunktforschunginnerhalb des Vierten Rahmenpro-gramms der Europäischen Kommissi-on unterstützt wurden, versuchtenLundvall und Borrás, den politischenEntscheidungsträgern einen Überblicküber die Implikationen dieser Studi-en für Innovationskonzepte zu vermit-teln und die künftige Richtung derForschungstätigkeit darzustellen.

(8) Diese von der Europäischen Kom-mission organisierte Konferenz fandvom 28. bis 30. April 1999 in Brüsselstatt.

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Vernetzung der Innovatoren, der lokalenGruppierungen und der sich gegenseitigbefruchtenden Arbeit der Forschungsin-stitute (ibd., S. 39). Daher wird das Kon-zept der „lernenden Region“ als ein Mo-dell zur Mobilisierung aller Akteure ineiner Region vorgeschlagen, um eine um-fassende Innovationspolitik ins Leben zurufen, mit der integrative wirtschaftlicheund soziale Entwicklungsziele erreichtwerden können (siehe Nyhan et al.,2000a).

Die zentrale Erkenntnis von Lundvall undBorrás ist für die Debatte über die künfti-ge Richtung der Humanvermögensent-wicklung in der Wirtschaft äußerst rele-vant, denn Unternehmen können nurüberleben, wenn sie von ihrer Umgebunglernen und diese beeinflussen. Dies er-fordert allerdings Innovationen auf Unter-nehmensebene. Coriat (1995) bezeichnetInnovationen seitens der Unternehmen alsdie fehlende Komponente im Bereich derWettbewerbsfähigkeit Europas. Daher for-dert er, dass in einem Forschungsprozessneue Organisationsmodelle entwickeltwerden, der Hand in Hand geht mit Ex-perimenten in den Unternehmen. Diesführt zu einer Forschung, die in die Pra-xis eingebunden ist und einer neuen Ge-neration von Managern und Führungskräf-ten in den Unternehmen praktisches Wis-sen zur Verfügung stellt.

Kommen wir auf die Frage „humanistische“versus „instrumentale“ Modelle zurück. Inseiner Grundsatzrede auf der Konferenzder Academy of Human Resources Deve-lopment 1999 in Washington sprach derEuropäer Harrison (1999) von der Notwen-digkeit einer stärker unternehmensbe-tonten Ausrichtung der Humanvermö-gensentwicklung. Im Gegensatz dazu kri-tisierte die Amerikanerin McLagan (1999)in ihrer wichtigen Grundsatzrede anlässlichderselben Konferenz die „mechanistische,stärker autoritär geprägte Weltsicht“, dieMenschen als „Ressourcen im Sinne vonoptimierbar, ja sogar ausbeutbar“ begreift.Dabei wies sie hin auf die „Dichotomiezwischen dieser auf dem Behaviorismusberuhenden utilitaristischen Sicht und ei-ner generativen Sicht, die auf der humani-stischen Philosophie beruht“. Im Folgen-den warf sie die Frage auf, ob ein Experte

für Humanvermögensentwicklung ein Per-formance Engineer und Systemberaterwerden oder sich eher darauf konzentrie-ren sollte, die Fähigkeiten der Arbeitneh-mer freizulegen, damit diese für sich selbstarbeiten können (McLagan, 1999, S. 17).

In Beantwortung dieser Frage ist zu sa-gen, dass es wie ein Verzicht der Exper-ten für „Humanvermögensentwicklung“auf ihre Aufgabe anmuten würde, müsstensie sich dem Diktat derjenigen anpassenoder unterordnen, die die utilitaristischeSicht auf das Humanvermögen vertreten,welche sich von Auffassungen und Wert-vorstellungen außerhalb der „Human-vermögensentwicklung“ herleitet. Nach-dem die Ineffizienz und die fehlende Wett-bewerbsfähigkeit, die sich in den 80er und90er Jahren in europäischen Betrieben,insbesondere im Vergleich mit derInnovationsfähigkeit und Produktivität ja-panischer Unternehmen, deutlich zeigten,zum größten Teil überwunden wurden,besteht die Herausforderung nun zweifel-los darin, innovative Lösungen zu entwi-ckeln, die nicht nur der gegenwärtigenSituation gerecht werden, sondern auchauf die Zukunft ausgerichtet sind und zumAufbau einer „sozial nachhaltigen lernen-den Wirtschaft“ beitragen können.

Vielleicht sollten die Forscher und Prak-tiker auf dem Gebiet der Humanvermö-gensentwicklung bei der Entwicklung ei-nes Modells für die Zukunft die Überle-gung des „Wirtschaftsgurus“ Handy (1994,S. 1) im Auge behalten: „In the pursuit ofthese goals (economic growth andefficiency) we can be tempted to forgetthat it is we, individual men and women,who should be the measure of all things,not made to measure for something else.It is easy to lose oneself in efficiency, totreat that efficiency as an end in itself andnot as a means to other ends“ [Bei derVerfolgung dieser Ziele (Wirtschafts-wachstum und Effektivität) können wir inVersuchung geraten, zu vergessen, dasswir - d.h. jeder Einzelne von uns - dasMaß aller Dinge sein sollten, und dass wirnicht für etwas anderes nach Maß geschaf-fen wurden. Man kann sich leicht in derEffektivität verlieren und diese als Selbst-zweck und nicht als Mittel zu anderenZwecken betrachten].

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Einführung

Berufliche Bildung soll die Schüler undStudenten darauf vorbereiten, in einer sichschnell verändernden Wissensgesellschaftihren Weg zu machen. Dies erfordert di-verse Kompetenzen, so die Fähigkeit, spe-zifische Aufgaben in komplexen Zusam-menhängen auszuführen, Probleme zulösen und die eigene Lernfähigkeit wei-terzuentwickeln (Mulder, 2000). Fakten-wissen ist hierfür von wesentlicher Be-deutung, reicht aber allein nicht aus. Denndie Schüler und Studenten müssen amEnde in der Lage sein, das erworbene Wis-sen, die Regeln und Fakten anzuwenden.Aus diesem Grund spielt die Art des Lern-prozesses eine große Rolle, denn wasMenschen letztendlich lernen, hängt vonden während des Lernens tatsächlich ent-falteten Lernaktivitäten ab (Shuell, 1998).

Kooperatives Lernen ist eine Lehrmetho-de, die, wenn sie richtig angewandt wird,die Schüler dazu ermutigt, sich aktiv mitdem Lehrstoff zu beschäftigen. Ist dies derFall, besteht eine größere Wahrscheinlich-keit, dass sie später in der Lage sind, daserworbene Wissen wirksam anzuwenden.Beim kooperativen Lernen muss ein be-stimmtes Problem, für das es keine of-fensichtliche Lösung gibt, in der Gruppegelöst werden. Die Schüler müssen ge-meinsam Überlegungen anstellen undverschiedene Faktoren abwägen. Das ei-gentliche Ziel ist, sie in die Lage zu ver-setzen, eine Lösung zu entwickeln, dievon der gesamten Gruppe getragen wird.

Kooperatives E-Learning (Computersupported collaborative learning - CSCL)

An VerburghKatholische Universi-tät Löwen, Belgien

MartinMulderProfessor am Institutfür Bildungs-wissenschaften derUniversitätWageningen, Nieder-lande

KooperativesE-Learning:Ein Anreiz fürdas Tiefenlernen?

ist eine rechnergestützte Variante des ko-operativen Lernens, an der es gegenwär-tig ein großes Interesse gibt. Wie derName sagt, wird beim CSCL das koopera-tive Lernen durch ein Computernetzwerkunterstützt. Die Schüler können über einNetzwerk miteinander kommunizieren,sich beratschlagen und über schriftlicheMitteilungen (Notizen) Informationen aus-tauschen.

Es wurden schon zahlreiche Forschungs-arbeiten zum Thema CSCL durchgeführt,insbesondere im Hinblick auf die Lern-ergebnisse (Lethinen, Hakkarainen,Lipponen, Rahikainen und Muukkonen,2001). Doch ist noch immer unklar, wel-che Lernaktivitäten die Schüler mithilfeeines Computernetzwerks während einerlänger dauernden Zusammenarbeit entfal-ten. Diese Lernaktivitäten sind nicht zu-letzt deshalb sicherlich von Bedeutung,weil sie Auswirkungen auf die Lern-ergebnisse am Ende haben. Jüngste For-schungen versuchen, den Lern- und densozialen Prozess des kooperativen E-Learning zu analysieren (Verburgh &Veldhuis-Diermanse, 2001; Veerman,2000).

Der vorliegende Beitrag konzentriert sichauf den Lernprozess und stellt eine Un-tersuchung vor, die der Frage nachgeht,in welchem Maße Schüler und Studententiefenorientiert lernen. Zu diesem Zweckwurden die Inhalte der Netzwerkkommu-nikation und die Art und Weise, wie dieLernenden mit dem Lernstoff umgehen,untersucht.

In der Folge soll in diesem Beitrag zu-nächst auf das theoretische Lernkonzept

Die Ergebnisse der hier vor-gestellten Forschungsarbeitzeigen den Widerstand derStudenten gegenüber tiefen-orientierten Lernstrategienauf. Trotz der unbestreitba-ren Möglichkeiten, die daskooperative E-Learningbirgt, um die Studenten zueiner kritischen und inter-aktiven Auseinanderset-zung untereinander undmit ihrer Umgebung zu be-wegen, gelingt es diesennoch zu häufig, sich dieserLernmethode zu entziehenund in einem oberflächli-chen Lernen zu verharren.Der Artikel kommt zu demSchluss, dass dem Lehrereine wesentliche Bedeutungals Stimulus für die Lern-aktivität des Studenten zu-kommt, insbesondere auf-grund seiner Fähigkeit, pro-vozierende Fragen zu stel-len und den Studenten mitseinen eigenen Widersprü-chen zu konfrontieren.

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und die Möglichkeiten des kooperativenLernens eingegangen werden. Anschlie-ßend werden der Forschungsansatz unddie Methode dargelegt. Sie unterscheidetdrei Arten von Lernaktivitäten: kognitive,metakognitive und affektive. Die Resul-tate werden anhand dieser Unterscheidun-gen besprochen. In den Schlussfolge-rungen wird untersucht, inwieweit die Er-gebnisse mit den aufgestellten Hypothe-sen übereinstimmen, und es wird einAusblick auf die Anwendungsmöglichkei-ten von CSCL in der Hochschulausbildunggeboten.

Theoretischer Rahmen

Marton und Säljö haben zwischen zweiFormen des Lernens unterschieden: ober-flächliches Lernen und Tiefenlernen. Siezeigten ebenso, dass es einen Zusammen-hang zwischen den Lernformen und denLernergebnissen gibt. Beim oberflächli-chen Lernen versuchen die Schüler, ihreAufgabe so schnell wie möglich zu lösen,ohne tiefer in das Thema einzusteigen.Sie akzeptieren die ihnen vorgelegtenFakten ohne kritische Bewertung, siememorisieren statt zu verstehen, und sieversuchen nicht, das Thema mit ihren ei-genen Vorkenntnissen in Beziehung zusetzen. Schüler, die einen tiefenorien-tierten Lernansatz verfolgen, versuchen,das Thema zu durchdringen. Beim Tiefen-lernen unterziehen die Schüler den Lern-stoff einer kritischen Überprüfung, sieversuchen, ihn mit ihrem eigenen Vorwis-sen in Beziehung zu setzen und Verbin-dungen zwischen den verschiedenen Ele-menten herzustellen. Eines der mit Nach-druck verfolgten Ziele von beruflichenBildungsmaßnahmen ist, dass die Schü-ler sich bemühen sollen, ein tiefgehen-des Verständnis von dem Lernstoff zu er-werben, da das Wissen und die Fähigkei-ten, die sie erwerben, in der Regel miteigenem Verständnis in realen Situationender Arbeitswelt angewandt werden sol-len.

In der Praxis hat sich herausgestellt, dassSchüler ihr Wissen in Form eines Gebil-des aufbauen, das für sie eine Bedeutunghat (Scardamalia & Bereiter, 1996). DasErgebnis tiefenorientierter Lernstrategienist, dass Schüler in der Lage sind, das Wis-sen, das sie in konkreten Situationen er-

worben haben, anzuwenden. Schüler, dienur ein oberflächliches Wissen über einThema erworben haben, können diesnicht so gut, da die Verbindungen zwi-schen dem, was sie gelernt haben, undder Situation nicht klar sind.

Obwohl das Tiefenlernen auch in derHochschulbildung angestrebt wird (Gok-hale, 1999), verfolgen viele Studentenkeinen tiefenorientierten Ansatz. Dies liegtnicht nur an den persönlichen Neigun-gen der Studenten, sondern auch am Lern-umfeld (Biggs, 1999), in dem oberflächli-ches Lernen oft ebenso zum Erfolg führt.Ist dies nicht der Fall, sind die Studentenjedoch auch bereit, sich auf das Tiefen-lernen einzulassen. Dies entspricht derpragmatischen Theorie des menschlichenDenkens und Handelns: Jede kognitiveAktivität verursacht bestimmte „Kosten“,und der Mensch beurteilt die für das Er-reichen eines bestimmten Ziels erforder-lichen Anstrengungen in Anbetracht derKosten, die hierfür aufzubringen sind(Perkins, 1993). Tiefenorientierte Lern-strategien erfordern eine größere kogni-tive Anstrengung als oberflächliches Ler-nen, und wenn diese Anstrengung für dasErreichen eines bestimmten Zieles nichterforderlich ist, so werden die Studentensie vermeiden.

Unseres Erachtens ist ein gut organisier-tes CSCL-Lernumfeld eine Lernsituation,die zu tiefenorientierten Lernstrategien er-mutigt. Zunächst einmal, weil die Inter-aktion zwischen den Studenten gefördertwird. Diese gilt als kritische Dimensiondes Lernens, da die Studenten währendeiner solchen Interaktion gefordert sind,ihre Ideen darzulegen, die dann von denMitgliedern der Gruppe kritisch bewertetwerden (Lowyck, Elen, Proost und Buena,1995). Darüber hinaus sind Studenten ineiner kooperativen Lernform in der Re-gel (d.␣ h. mit oder ohne Computer) ge-zwungen, ihre Ideen den anderen zuübermitteln. Untersuchungen haben ge-zeigt, dass das Formulieren und Erklärender eigenen Ideen in Worten einen posi-tiven Einfluss auf den Lernprozess hat(Palinscar und Brown, 1984). Denn umsie für andere verständlich zu machen,müssen die eigenen Gedanken noch ein-mal geordnet werden. Implizite Annah-men und Argumentationsweisen müssenexplizit gemacht werden. Dies macht esleichter, Fehler und Unklarheiten im ei-

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genen Denken zu erkennen. Überdiessind die kognitiven Fähigkeiten des Men-schen begrenzt. Komplexe Hypothesenkönnen besser durch eine Gruppe vonMenschen überprüft werden, da sie zu-sammen einen breiteren Problemhorizontals jeder einzelne für sich betrachtet ha-ben. Oft fällt dann die Qualität der Lö-sung ebenfalls besser aus.

Zusätzlich zu den Vorteilen des koopera-tiven Lernens im Allgemeinen verfügt daskooperative E-Learning über vier andereEigenschaften, die den Lernprozess be-günstigen. Um zu kommunizieren, mussder Student seine Gedanken erst einmalaufschreiben, und das Schreiben hat sichals eine sehr effektive Lernmethode er-wiesen, denn es kommt dabei nicht nurauf den Inhalt, sondern auch auf die Artund Weise an, in der die Information fest-gehalten wird. Die Geschichte muss fürden Leser kohärent und logisch sein. Zudiesem Zweck muss der Schreiber seineeigenen Gedanken in eine für den Leserverständliche Sprache bringen. Zudementsteht durch geschriebene Kommunika-tion ein Gesprächsprotokoll. Die Kommu-nikation ist weniger flüchtig. Mitteilungenkönnen nicht nur ein zweites Mal gele-sen werden, sondern es ist auch möglich,erst später auf etwas zu reagieren, das zuBeginn gesagt wurde. Auf diese Weise istes möglich, Kenntnisse nach und nachaufzubauen und zu verfeinern. JedeDiskussionslinie kann unabhängig von derZeit oder der Person fortgeführt werden.Gesprochene Kommunikation ist dagegensehr viel chronologischer. Sie beginnt miteiner Idee, die dann ausgeführt wird. An-dere Ideen werden im Laufe des Ge-sprächs häufig vergessen, und am Endeder Diskussion wissen die Beteiligten oftnicht mehr so recht, was der Ausgangs-punkt war. Ein dritter Vorteil schriftlicherKommunikation mit Hilfe eines Computer-netzwerks besteht darin, dass jeder diegleiche Chance hat, gehört (oder gelesen)zu werden. Beim Kontakt von Angesichtzu Angesicht ist dies nicht der Fall, dennoft tauschen nur einige wenige Menschenihre Gedanken aus, und die übrigen be-schränken sich aufs Zuhören. Menschen,die mehr Zeit zum Nachdenken brauchen,bevor sie antworten, haben hier jedeMenge Zeit, um ihre Antwort zu formu-lieren, denn die Kommunikation ist asyn-chron. Der letzte Vorteil schließlich istorganisationeller Art. Denn beim koope-

rativen E-Learning ist es möglich, solcheStudenten auszumachen, die in der Grup-penarbeit von den Anstrengungen deranderen Teilnehmer profitieren, ohneselbst allzu viel dazu beizutragen. In ei-nem Netzwerk ist es leichter für den Leh-rer, Drückeberger zu überführen und ent-sprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Methode

Die hier verwendete CSCL-Software istWeb Knowledge Forum (WKF) (2001). Eshandelt sich um ein elektronischesDiskussionsumfeld, das mehrere Werkzeu-ge bereitstellt, welche die Diskussion zwi-schen den Studenten erleichtern sollen.Jeder, der im Besitz eines Passwortes ist,kann sich über das Internet einloggen.Wenn sie sich eingeloggt haben, habendie Studenten Zugang zu allen in demForum gespeicherten Daten. Das Forumhat zwei Hauptbestandteile: einen ge-meinschaftlichen und einen persönlichenTeil. Im gemeinschaftlichen Teil könnendie Studenten Informationen eingeben,lesen und verarbeiten. Das wichtigste Ele-ment ist der Diskussionsbereich, wo dieStudenten Anmerkungen platzieren kön-nen. Dies können Bitten um Erklärungenoder Ergänzungen zu anderen Beiträgenoder kritische Beobachtungen bzw. Kom-mentare zu den Sichtweisen anderer Stu-denten sein. Das System ist so angelegt,dass sofort klar ist, welche Anmerkungeine Antwort auf die vorhergehende ist.In der Übersicht der Anmerkungen ste-hen solche „Build-on-notes“ (aufeinanderaufbauende Anmerkungen) nicht allelinks, sondern werden etwas eingerückt(Abbildung 1). Auf diese Weise wird derDiskussionsverlauf deutlich. (Zum Bei-spiel bauen die Anmerkung mit der Be-zeichnung „Draft orange juice productionchain“, „MT fruit and juice quality“ und„NI Result of the meeting of 07/02/2000“auf der Anmerkung „GP: our programme“auf. Die Anmerkung „NI addit ionalinformation on quality“ basiert auf „MTfruit and juice quality“).

[Abbildung 1 hier einfügen]Zusätzlich können Links zu interessantenInternetseiten angeboten werden, und eskönnen Dokumente in einer gemeinsa-men Datenbank abgelegt werden. JederStudent kann überdies seine eigenenDokumente in einem persönlichen Be-

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reich aufbewahren, zu dem nur er alleinZugang hat.

Teilnehmer der Studie waren 49 Studen-ten des letzten Ausbildungsjahres aus ei-ner Modulklasse an einer landwirtschaft-lichen Hochschule. Die Klasse bestand ausregulären und Austauschstudenten. DieLerneinheit umfasste eine Reihe von Vor-lesungen, Praktika und eine Gruppenar-beit. Jede Gruppe, bestehend aus fünf bissieben Studenten, musste eine Gemein-schaftsaufgabe lösen. Ziel der Aufgabewar es, die kritischen Punkte beim An-bau einer Feldfrucht in einer bestimmtenRegion (z.B. Saftorangen in Brasilien) zudefinieren. Anschließend mussten dieKontrollpunkte nach ihrer Bedeutung fürdie Qualität des Endproduktes gewichtetund die fünf kritischsten Punkte auf derGrundlage einer gehaltvollen Argumen-tation ausgewählt werden. Es war keineklar definierte Antwort möglich, was wich-tig ist, um eine Diskussion herbeizufüh-ren.

Bei der Durchführung der Aufgabe durf-ten die Studenten ein elektronisches Netz-werk benutzen. Die gewöhnlichen Tref-fen von Angesicht zu Angesicht konnteneinfach durch die Kommunikation überden Computer erweitert werden. Der Leh-rer konnte auf dem Forum verfolgen, wasdie Studenten taten, und gegebenenfalls

eingreifen oder Anregungen geben. Wäh-rend der acht Wochen, über die sich dasProjekt erstreckte, gab es eine Diskussionzwischen dem Lehrer, den verschiedenenGruppen und dem Wissenschaftler. Wäh-rend dieser Diskussion wurde die Progres-sion der Studenten untersucht, und diesehatten Gelegenheit, jede Art von Problembezüglich des Inhalts oder der Zusammen-arbeit anzusprechen. Der Lehrer griff nurein einziges Mal ein. Sein Eingreifen be-zog sich dabei nicht auf den Inhalt, son-dern auf eine Bemerkung darüber, dassin einer der Gruppen einige Anmerkun-gen in Niederländisch und nicht in Eng-lisch verfasst waren, so dass die Aus-tauschstudenten dem Diskurs nicht folgenkonnten.

Um festzustellen, welche Lernaktivitätenvon den Studenten verrichtet wurden,wurden die Anmerkungen, die sich dieStudenten untereinander über das Netz-werk zuschickten, analysiert. Die schrift-lichen Anmerkungen sind das Produkt deskognitiven Prozesses der Studenten. Aus-gehend von diesen Produkten ist es mög-lich, ein Bild von dem Lern- und Denk-prozess zu erstellen (Veerman, Veldhuis-Diermanse, eingereicht). Die inhaltlicheAnalyse wurde nach dem Kodierungs-schema von Veldhuis-Diermanse (1999)durchgeführt. Nach dem Beispiel vonVermunt ist das Schema in drei Haupt-

Abbildung 1:

Beispiel für denn Aufbau des WKF

NI brazil #162 by Paulina Tuomela on Feb 15 2000 (13:24:52)

GP: "OUR PROGRAMME" #164 by Jonathan Vayssieres on Feb 15 2000(21:02:50)

Draft orange juice production chain #230 by Danilo Christiaan on Feb 252000 (12:51:05)

MT fruit and juice quality #240 by Danilo Christiaan on Feb 28 2000(14:46:28)

NI additional information on quality #356 by Danilo Christiaan onMar 9 2000 (14:46:27)

NI: Result of the meeting of 07/02/2000 #435 by Jonathan Vayssieres onMar 22 2000 (17:35:30)

Maybe interesting #174 by Danilo Christiaan on FEB 16 2000 (14:46:02)

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kategorien von Lernaktivitäten aufgeteilt:kognitive, metakognitive und affektiveAktivitäten, sowie eine Restkategorie. Jededer Kategorien wird anschließend nochweiter in Subkategorien unterteilt. Zu denkognitiven Aktivitäten gehört die Infor-mationsverarbeitung. Dabei wurde zwi-schen Diskutieren, dem Einbringen neu-er Informationen und dem Verbinden oderWiederholen von zuvor erteilter Informa-tion unterschieden. Beim Diskutieren wur-de wiederum zwischen dem Einbringeneiner neuen Idee, ob mit oder ohne Be-gründung (Argumentieren), dem Stellenvon Fragen und den gegenseitigen Ant-worten (Reagieren) unterschieden. Untermetakognitiven Aktivitäten wurden zumBeispiel das Treffen von Absprachen oderdie Abgabe zusätzlicher Erklärungen ver-standen. Affektive Aktivitäten wiederumbetreffen die Atmosphäre in der Gruppe.Einheiten, die nicht in die vorgenanntenKategorien eingeordnet werden konnten,wurden der Restkategorie zugeordnet.

Obgleich alle drei Kategorien von Aktivi-täten für den Lernprozess von Bedeutungsind, werden wir uns hauptsächlich aufdie kognitiven Aktivitäten konzentrieren,da die Häufigkeit und die Art dieser Akti-vitäten Indikatoren für die Lerntiefe sind.Denn lernen die Studenten in der beab-sichtigten Weise, so ist zu erwarten, dasssie eine lebhafte Diskussion untereinan-der führen und auf die Argumente deranderen eingehen. Argumentieren undInteraktion sind schließlich bedeutsam fürdas Tiefenlernen.

Der erste Schritt im Kodierungsverfahrenwar die Zuordnung der Anmerkungen zuEinheiten, d.␣ h. sinnvollen Einheiten, dieeine bestimmte Lernaktivität zum Aus-druck bringen. Jede Einheit erhielt dar-aufhin einen Code, was bei der Auswer-tung der Daten zu berücksichtigen war.Solange die gleiche Aktivität verrichtetwird, erhält eine bestimmte Anmerkungeinen einzigen Code. Enthält eine Anmer-kung ein Argument, gefolgt von einer Fra-ge, gibt es zwei Codes. Wird eine Fragein eine Argumentation eingeschoben,werden vier Codes dafür vergeben, dennes handelt sich um vier aufeinander fol-gende Aktivitäten, nämlich Argumentie-ren, Fragen, Argumentieren und Fragen.Obwohl es den Anschein hat, als über-wiege im zweiten Fall die Argumentati-on, gibt es in der Tat keinen Unterschied.

Ergebnisse

Für die Auswertung der Ergebnisse wur-den zunächst die Hauptkategorien unter-sucht, d.h. ihre Häufigkeit und jede Ver-änderung ihrer Verteilung im Verlauf derLerneinheit. Anschließend wurde die Ka-tegorie der kognitiven Aktivitäten einge-hender untersucht.

Das Vorkommen der verschiedenenHauptkategorien

Die Ergebnisse zeigen, dass es eine brei-te Palette an Lernaktivitäten bei den Stu-denten gab (Abbildung 1). Es gab kogni-tive, metakognitive und affektive Aktivi-täten. Affektiv ausgerichtete Kommunika-tion kam am wenigsten vor. Bei den meta-kognitiven Aktivitäten handelte es sichmeist um das Treffen von Absprachen. DieRestkategorie fiel im Vergleich zu denanderen Kategorien recht umfangreichaus. Doch war die Länge der Einheitenbeschränkt (meist nicht mehr als vierWörter), und die meisten Einheiten wa-ren Grüße wie „Hallo“, „auf Wiedersehen“oder die Namen der Kommilitonen (301von 378). Bei den anderen Einheiten han-delte es sich meistens um kurze persönli-che Beschreibungen. Nur sehr wenige Ein-heiten (19) konnten nicht codiert werden.

[Tabelle 1 hier einfügen]Die Art der studentischen Aktivitäten än-derte sich im Laufe der Zeit. Die kogniti-ven Aktivitäten traten erst in der zweitenHälfte verstärkt auf. Die metakognitiven Ak-tivitäten verteilten sich über die gesamteZeitspanne, nahmen aber auch gegen Endeder Lerneinheit zu. Affektive Aktivitätentraten besonders häufig am Anfang undauch in der letzten Woche vor der Präsen-tation auf. Unterhaltungen über andereThemen als die gestellte Aufgabe kamenin der ersten Woche häufiger vor, ver-schwanden danach aber fast vollständig.

[Abbildung 2 hier einfügen]Teilweise war die Zunahme innerhalb derunterschiedlichen Kategorien auf eine ge-nerelle Zunahme der Studentenaktivitätzurückzuführen. Allerdings trat auch eineVeränderung im Verhältnis der einzelnenKategorien auf (Abbildung 2). Der Anteilder Unterhaltungen nahm im Verhältniszu den übrigen Kategorien ab. Der Anteilder metakognitiven Aktivitäten war in derdritten Woche am höchsten und nahmanschließend ab. Kognitive Aktivitäten

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waren in der zweiten Hälfte der Lern-einheit vorherrschend. Der Anteil affekti-ver Aktivitäten war generell ziemlichklein, wenn auch in der ersten und in dersiebten Woche etwas höher.

Die Verteilung der kognitiven Aktivi-täten

42 Prozent der kognitiven Einheiten wa-ren Diskussionen, bei 35 Prozent ging esum die Verwendung von Informationenund bei 23 Prozent um die Informations-vermittlung (Tabelle 2). In den meistenDiskussionseinheiten ging es um die Prä-sentation einer Idee. Nur eine begrenze

Tabelle 1:

Anzahl der Einheiten pro Hauptkategorie

Art der Hauptkategorie Anzahl

Kognitive Aktivitäten 402

Metakognitive Aktivitäten 298

Affektive Aktivitäten 80

Restkategorie 378

Abbildung 2:

Veränderungen in der Anzahl und dem Verhältniszwischen den verschiedenen Kategorien von Lern-aktivitäten.

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

15 16 1511 72 117 92 61

38

2419

27

43 5462

29

12

333 7 17 26

8

36

4

11 0 2 1 0

Woche 1 Woche 2 Woche 3 Woche 4 Woche 5 Woche 6 Woche 7 Woche 8

kognitive Aktivitäten

meta-kognitive Aktivitäten

affektive Aktivitäten

Haupt-kategorie

Anzahl von Einheiten enthielt Reaktionenauf andere Anmerkungen, und es wurdenfast keine Fragen gestellt. Im Verlauf derZeit ist zu beobachten, dass die kogniti-ven Aktivitäten erst in der zweiten Hälfteanstiegen und in der sechsten Woche ih-ren Höhepunkt erreichten. (Abbildung 3).[Tabelle 2 & Abbildung 3 hier einfügen]Externe Informationen wurden währendder gesamten Zeit ausgetauscht, am mei-sten aber in der fünften und sechstenWoche. Vor allem ab der zweiten Hälfteder Lerneinheit begannen die Studentenzu argumentieren. Die Informationsver-mittlung setzte noch ein wenig später ein,nämlich in der sechsten Woche.

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Diskussion

Social talk kam vor allem am Anfang häu-fig vor. Es handelte sich dabei um kurzeAnmerkungen, in denen sich die Mitglie-der der Gruppe gegenseitig vorstellten.Nicht alle Studenten kannten sich unter-einander, da die Gruppe aus ordentlichenStudierenden und Austauschstudentenbestand. Nachdem der Prozess des gegen-seitigen Kennenlernens abgeschlossenwar, verschwand der social talk aus demNetzwerk. Dies lag vielleicht zum Teil ander Tatsache, dass sie zu diesem Zeitpunktbereits auf andere Weise in soziale Kon-takte miteinander getreten waren (näm-

lich von Angesicht zu Angesicht), und zumTeil auch daran, dass der Bedarf nach der-artigen Gesprächen nachließ, nachdem siesich kennen gelernt hatten.

Man könnte denken, dass das Verschwin-den des social talk auch damit zusammen-hing, dass die Studenten wussten, dasssie unter der Beobachtung des Lehrersund des Wissenschaftlers standen. Aller-dings fanden sich in den Anmerkungender Studenten einige ziemlich negativeBemerkungen über den Lehrer, die dar-auf schließen lassen, dass sie sich nichtvöllig darüber bewusst waren oder offen-sichtlich vergessen hatten, dass der Leh-

Tabelle 2:

Anzahl der Einheiten pro Subkategorie bei den kogni-tiven Lernaktivitäten

Art der kognitiven Aktivität Anzahl ProzentsatzDiskutieren 42- Argumentieren 133- Fragen stellen 10- Reagieren 24Verwenden externer Informationen 140 35Verbinden oder Wiederholenvon Informationen 95 23

Abbildung 3:

Veränderungen in der Anzahl der kognitiven Aktivitä-ten

0 20 40 60 80 100 120 140

Woche 8

Woche 7

Woche 6

Woche 5

Woche 4

Woche 3

Woche 2

Woche 1

Argumentieren Reagieren Fragen stellen

Verwendung externer Informationen Verbindung von Informationen

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rer ihre Kommentare lesen konnte. Es istdaher zu bezweifeln, dass der Umstand,Teil eines gesellschaftlichen Experimentszu sein, einen bedeutenden Einfluss aufden Inhalt dessen ausgeübt hat, was sichdie Studenten schrieben.

Ähnlich verhielt es sich bei den affekti-ven Aktivitäten. Hier sind zwei Periodenzu beobachten, in denen im Verhältnismehr affektive Aktivitäten auftraten, näm-lich in der ersten und in der siebten Wo-che. Dies waren Schlüsselperioden: Dieerste Woche war wichtig, weil sich dieMitglieder der Gruppe zu diesem Zeit-punkt kennen lernten und erfuhren, wassie zu tun hatten. Die siebte Woche wardie Woche vor der Präsentation, wo eineReihe von Entscheidungen zu treffen war.

Was die kognitiven Aktivitäten betrifft, sowurde mehr argumentiert und aufeinan-der eingegangen als erwartet. Dies traf vorallem auf die Argumentation und wenigerauf die Reaktionen zu. Die geringe An-zahl an Reaktionen auf die Argumenteanderer zeigt, dass die WKF nicht ganzwie erwartet genutzt wurde, denn es gabwenig wirkliche Interaktion. Merkwürdi-gerweise gab es dennoch ein hohes Maßan Argumentation. Die Studenten bezo-gen Positionen und unterstützten diesedurch Argumente und Erläuterungen. Diesist ein entscheidender erster Schritt in je-der Diskussion. Leider lernten sie nichtallzu viel voneinander: Ihre Meinungenänderten sich nicht in signifikanter Weiseim Laufe der Lerneinheit. Dies wird durchdie Tatsache belegt, dass die meistenAbschlussberichte kaum mehr als eineAnsammlung von Anmerkungen mitVerbindungstexten waren. Die Studentenarbeiteten weitgehend für sich allein ander Aufgabe. Es mag vielleicht eine Auf-teilung der Zuständigkeiten unter den Stu-denten gegeben haben, so dass jede/r Ein-zelne für seinen/ihren Teil verantwortlichwar. Dies erklärt, warum relativ viel argu-mentiert wurde (denn die Wahl musste be-gründet werden), aber es gab wenig Re-aktionen auf andere (da jede/r für seinen/ihren eigenen Teil verantwortlich war).Man kann daraus schließen, dass das Zielwirklichen kooperativen Lernens nichterreicht wurde. Obgleich die Studentenweitgehend unabhängig voneinander ar-beiteten, verrichteten sie doch einigeAktivitäten in Zusammenarbeit, allerdingsnicht in dem erwarteten Ausmaß.

Die Verteilung über den Zeitraum ent-sprach den Erwartungen. Die Studentenbegannen nicht sofort, an ihrer Aufgabezu arbeiten, sondern neigten dazu, sienach hinten zu schieben. Zuerst wurdenvorsichtige Absprachen getroffen, erst inder zweiten Hälfte der Lerneinheit wurdegehandelt. Die Daten lassen nicht denSchluss zu, dass die Interaktion im Ver-lauf der Zeit zunimmt. Eine solche Zunah-me war vielleicht erwartet worden, da ineiner Diskussion von Angesicht zu Ange-sicht der erste Schritt darin besteht, einePosition zu beziehen und zu verteidigen.Erst danach werden die Reaktionen vonanderen entgegengenommen und Verbin-dungen zwischen den verschiedenen Po-sitionen hergestellt. In dieser Studie blei-ben die Reaktionen auf die Argumente deranderen Studenten weitgehend aus, ge-gen Ende jedoch werden Verbindungenzwischen den verschiedenen Beiträgenhergestellt. Wir können daraus schließen,dass, obwohl die CSCL-Umgebung fürtiefenorientierte Lernstrategien förderlichwar, diese nicht in dem erwarteten Aus-maß auftraten.

Die Analyse basiert auf der Studenten-gruppe im Allgemeinen, aber es tratenauch Unterschiede zwischen den Gruppenzutage, wobei die Schlussfolgerungen hiermit großer Vorsicht zu betrachten sind.

Es gab zwei Gruppen, die wesentlich bes-ser als die anderen arbeiteten, und eineGruppe, in der die Zusammenarbeit pro-blematisch war. Nach Meinung des For-schers hat dies nichts mit der Zahl derStudenten in der Gruppe zu tun, denn diesehr gut arbeitenden Gruppen bestandenaus fünf bzw. sieben Studenten, und dieproblematische Gruppe hatte ebenfallsfünf Mitglieder, sondern eher an der in-spirierenden Antriebskraft von einem oderzwei Mitgliedern der Gruppe, die die an-deren ermutigten und einen hohenArbeitsstandard vorgaben.

Was kann aus der Studie über die Ver-wendbarkeit von CSCL in der Hoch-schulausbildung geschlossen werden? DieTatsache, dass Studenten versuchen, nurdas Mindesterforderliche für die Lösungeiner Aufgabe zu tun und daher andersals in der beabsichtigten Weise lernen, istnichts Außergewöhnliches. Es ist dies einweit verbreitetes und oft beobachtetesPhänomen (Biggs, 1999; Scardamalia und

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Bereiter, 1996). Die Studie zeigt ebenfalls,dass die Veränderung des Lernverhaltensvon Studenten keine einfache Angelegen-heit ist. Man ging davon aus, dass Stu-denten durch CSCL zu tiefenorientiertenLernstrategien ermutigt werden würden,doch finden sie offensichtlich immer nochSchlupflöcher im System und schaffen es,auch durch oberflächliches Lernen zumZiel zu gelangen. Die Untersuchung hatgezeigt, dass CSCL für die Studenten ei-nen potenziellen Anreiz zu tiefenorien-tierten Lernstrategien darstellt, dass diesallein aber nicht ausreichend ist. Wir glau-ben, dass die Leitung und die Beurteilungdurch den Lehrer von grundlegender Be-deutung in diesem Zusammenhang ist.Lehrer können durch stimulierende Fra-gen und Anmerkungen mehr Interaktionund Reaktion bewirken. Vorausgegange-

ne Studien haben bereits den Einfluss vonLehrerinterventionen auf die Lernakti-vitäten der Studenten dargelegt (Veerman,2000). Ein bedeutender Aspekt bei derBeurteilung ist, dass Studenten nicht län-ger in der Lage sein sollten, durch ober-flächliches Lernen zum Ziel zu gelangen,da sie ansonsten sehr schnell dazu nei-gen werden, keine weitere kognitive An-strengung als die unbedingt Notwendigezu machen. Eine Folgestudie über dieAuswirkungen von Lehrerinterventionenist daher wünschenswert. Lehrer könntenangewiesen werden, den Studenten pro-vozierende Fragen zu stellen oder sie mitWidersprüchen in den Anmerkungen vonStudenten oder in der Literatur zu kon-frontieren. Dies könnte eine tiefergehen-de Diskussion unter den Studenten her-vorrufen.

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Mobilität in Europa(EU und EWR)unter besonderer Berück-sichtigung von Gesundheits-berufen und der Anerkennungvon entsprechendenBerufsqualifikationen

Einführung

Dieser Beitrag ist eine ausgearbeitete Fas-sung eines Vortrags, den der Autoranlässlich der Altenpflegetage in Wiesba-den Ende 2001 gehalten hat.(1) Er stütztsich auf einschlägige Literatur zur Migra-tion, zur Mobilität im Gesundheitssektorund zur Frage der Anerkennung vonBerufsqualifikationen in der EU sowie aufeigene Vorarbeiten im Rahmen seiner Tä-tigkeit als Cedefop Projekt-Koordinator.

Nach einer kurzen Analyse neuerer Trendsin der Migration und Mobilität in der EUund einigen Einschätzungen bzgl. der ge-genwärtigen Situation und der Perspekti-ven wird die jüngste Initiative der EU zurFörderung offener europäischer Arbeits-märkte dargestellt. In dem folgenden Ab-schnitt werden Daten zur Zahl der An-tragsteller für die Anerkennung vonBerufsabschlüssen des Gesundheits-bereichs analysiert. Es wird aufgezeigt,welche Hemmnisse weiter fortbestehen,welche Gruppen in punkto Qualifizierungund Berufssegmente besonders mobilsind, in welche Regionen der EU sie ten-dieren und ob es sich um EU-Staatsange-hörige oder Migranten aus Drittstaatenhandelt.

Hierbei wird die vom Cedefop herausge-gebene Untersuchung von Mariann Skar(2)ebenso verwertet wie eine im Jahr 2001erstellte Arbeit zur Erlangung eines „Ma-ster of European Administration“, die dasVerwaltungsverfahren zur Umsetzung von

Richtlinien für die Anerkennung derBerufsqualifikationen auf dem Sektor un-tersuchte und die der Autor auf Einladungder Hochschule extern begutachtete undfachlich betreute(3).

1. Neuere Trends in derMobilität und Migration

1.1 Erzwungene und ökonomischeMigration

Migration innerhalb Europas und insbe-sondere Emigration nach Übersee ist einseit Jahrhunderten zu beobachtendes Phä-nomen, welches mit der Kolonialisierungvon ganzen Erdteilen durch Europäer seitMitte des vorigen Jahrtausends und imZuge der Industrialisierung im vorvorigenJahrhundert ein immenses Ausmaß an-nahm. Die beiden Weltkriege haben dieeuropäische Bevölkerung ebenfalls um-gewälzt, und Migration ist vielfach er-zwungen worden durch die neu entstan-denen und/oder neu zugeschnittenen Na-tionalstaaten.(4) Migration ist somit nichtsNeues. Nur änderte sie vielfach ihr Ge-sicht, ebenso wie ihre Gründe oder An-lässe.

Derzeit haben wir innerhalb der EU erst-malig eine Phase, in der erzwungene oderdurch die ökonomischen Bedingungen imHerkunftsland hervorgerufene Migrationim Sinne einer Emigration eher die Aus-nahme als die Regel wird. Wurde die Mi-gration noch bis in die 80er Jahre hinein

Burkart SellinCedefop

Nach einer kurzen Rück-schau auf die Entwicklungvon Migration und Mobilitätin Europa und einigen Ein-schätzungen bzgl. der ge-genwärtigen Situation undder Perspektiven wird diejüngste Politik der EU zurFörderung offener europäi-scher Arbeitsmärkte darge-stellt. In den folgenden Ab-schnitten werden Daten desStatistischen Amts und derEuropäischen Kommissionzur Zahl der Antragstellerfür die Anerkennung vonBerufsabschlüssen des Ge-sundheitsbereichs analy-siert. Es wird aufgezeigt,welche Hemmnisse weiterfortbestehen, welche Grup-pen in punkto Qualifizie-rung und Berufssegmentebesonders mobil sind undauch in welchen Regionender EU Mobilität besondersausgeprägt ist und ob essich um EU-Staatsangehöri-ge oder Migranten aus Dritt-staaten handelt. Eine Reihevon notwendigen Rahmen-bedingungen werden zumSchluss der Ausführungenbenannt, wenn die Mobili-tät und Migration innerhalbder EU im Sinne offener Ar-beitsmärkte in Europa ef-fektiver als bis dato unter-stützt werden soll.

(1)Vortrag am 22.11.2001 im Rahmender Bundesfachtagung des Arbeitskrei-ses Ausbildungsstätten für Altenpflegein Wiesbaden über Altenpflege in Eu-ropa.

(2) Cedefop: Mobility in the Europeanhealth sector, Mariann Skar, CedefopPanorama, Luxemburg, 2001.

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als eine im Wesentlichen ökonomischeverstanden mit den seinerzeit vorherr-schenden sog. Push-und-Pull-Effekten, beidenen die wenig oder gar nicht qualifi-zierten Arbeitskräfte aus dem ländlichenRaum in die industriellen Zentren Nord-europas wanderten (ähnlich wie dies indiesen Ländern mit großen Teilen ländli-cher Bevölkerung im Zuge ihrer Industria-lisierung selbst erfolgte), so hat sich die-se Tendenz inzwischen stark abge-schwächt. An ihre Stelle ist innerhalb derEU sogar eine gewisse Remigration ge-treten: die vormals Unqualifizierten (oderihre Kinder) haben sich in dem Aufnahme-land qualifiziert und/oder konnten Kapi-tal akkumulieren und sich in ihrem Her-kunftsland eine neue Existenz aufbau-en.(5) Dies betraf insbesondere die nörd-lichen Mittelmeeranrainer, soweit sie Mit-glieder der EU geworden sind, aber auch(trotz der bis heute anhaltenden Bürger-kriegssituation) die Staaten des ehemali-gen Jugoslawiens. Dies betrifft noch mehrdie Republik Irland, die traditionell überlange Zeit ein Emigrationsland war. Diesbetrifft derzeit allerdings kaum die Tür-kei, die keine entsprechende Prosperitätvorweisen kann, was eine Voraussetzungfür eine solche Remigration darzustellenscheint. Die wirtschaftliche und (in Gren-zen) soziale Integration der EU hat somitdazu beigetragen, dass (entgegen ur-sprünglichen Erwartungen) und insbeson-dere seit effektiver Einführung des Bin-nenmarktes zu Beginn der 90er Jahre dieMigration innerhalb der EU nicht nur nichtzugenommen hat, sondern per saldo so-gar abgenommen hat und weiter abneh-men dürfte.

Das zweite Phänomen ist durch die o.␣ g.Entwicklung von der Industriegesellschafthin zur Dienstleistungsgesellschaft einer-seits und der Industrie selbst von der ar-beitsintensiven Fließbandorganisation hinzu einer kapital - und technologie-intensiven Produktionsweise andererseitsgekennzeichnet. Die Anwerbung von we-nig oder gar nicht qualifizierten billigenArbeitskräften in der Industrie ist weitge-hend zum Stillstand gekommen. Die Ar-beitslosigkeit der verbleibenden auslän-dischen Arbeiter und Arbeiterinnen stiegvor allem wegen dieses Strukturwandelsin der Produktion von Gütern und derDienstleistungsorientierung immens anund ist seit Mitte der 90er Jahre bis heutebedeutend höher als die der Einheimi-

schen. Im Dienstleistungsbereich, insbe-sondere in schwächeren Arbeitsmarktseg-menten bzw. in denjenigen mit schlech-ten Arbeitsbedingungen wie dem Hotel-und Gaststättenwesen, dem Catering undden personengebundenen Dienstleistun-gen (Haushaltshilfen, Reinigungspersonal,Gärtner etc.), werden allerdings weiterausländische Kräfte angeworben und be-schäftigt, was ebenso auf Hilfskräfte desGesundheitssektors, und hier insbesonde-re auf die Altenpflege, zutrifft. Dies sindnicht nur von Frauen besetzte Arbeits-segmente, sondern auch Segmente, indenen informelle Beschäftigung, prekäreArbeitsverhältnisse oder gar Schwarzarbeiteher die Regel als die Ausnahme sind.(6)

1.2 Zunehmender Qualifikations-wettbewerb

Im industriellen Sektor hat sich der Cha-rakter der Migration damit wesentlich ge-ändert: Von unqualifizierten Hilfskräftenund wenig qualifizierten Fließband-arbeitern hin zur Anwerbung von geho-benen und höheren Fach- und Führungs-kräften, insbesondere in der prosperieren-den Computerwirtschaft und in derInformations- bzw. Kommunikations-wirtschaft (siehe die Greencard-Initiativein Deutschland). Die Innovationskraft derIndustrie und Wirtschaft scheint in Ge-fahr wegen vergangener Versäumnisse inBildung und Ausbildung einerseits, abermehr noch wegen der - demographischbedingten - Al terung der Erwerbs-bevölkerung und der in den beiden letz-ten Jahrzehnten angesichts der hohen Ar-beitslosigkeit verstärkt betriebenen Früh-verrentung andererseits. Es besteht trotzhoher Arbeitslosigkeit eine nicht zu-friedenzustellende Nachfrage nach quali-fizierten Arbeitskräften, die laut Europäi-scher Kommission sogar wachstumshem-mend ist und die Innovations- undWettbewerbskraft der europäischen Wirt-schaft gegenüber anderen Regionen ge-fährdet.

Mit dem Titel „Neue europäische Arbeits-märkte: offen und zugänglich für alle“unterbreitet die Europäische Kommissionderzeit dem Rat und dem EuropäischenParlament eine Reihe von Aktionsvor-schlägen. Diese sehen die Schaffung ei-nes echten europäischen Arbeitsmarkteszur besseren Nutzung des bestehendenErwerbspotenzials vor sowie Aktionen zur

(3) Zingel-Lang, E.: Die europaweiteAnerkennung von beruflicher Quali-fikation - Das Beispiel der Gesund-heitsfachberufe, Wissenschaftliche Ar-beit zur Erlangung des Master ofEuropean Administration an der Fach-hochschule für Verwal tung undRechtspflege Berlin (unveröffentlich-tes Manuskript), 2001

(4) Es wurde geschätzt, dass allein der1 . Wel tkr ieg dazu führ te , dass7.700.000 Menschen innereuropäisch’wanderten’ (vgl. Kosinski, L.: Thepopulation of Europe, London, Long-man, 1970), in den 30er Jahren arbei-teten in Frankreich 2 800 000 Auslän-der insbesondere aus Italien und Po-len; Belgien hatte viele Niederländer,Polen und Italiener, letztere insbeson-dere in der Kohle- und Stahlindustrie.Und England beschäftigte unzähligeIren. Der 2. Weltkrieg brachte massi-ve ’Verschiebungen’ ganzer Bevölke-rungen insbesondere aus Mittel- undOsteuropa mit sich, von denen 25 Mil-lionen Menschen betroffen waren, diemeist als Kriegsgefangene oder Arbei-ter in der Industrie und Landwirtschaftzwangsweise ’beschäftigt’ waren. Inder Nachkriegszeit gab es Millionenvon Flüchtlingen und umgesiedeltenBevölkerungsgruppen im Zuge derNeuzuschneidung der Nat ional -grenzen aufgrund des Potsdamer Ab-kommens der Siegermächte von 1945und aufgrund der Auswanderungbzw. des Flüchtlingsstroms von Ost-nach Westeuropa. Im Zuge derEntkolonialisierung Afrikas, des indi-schen Subkontinents, der karibischenInseln etc. kamen viele MillionenMenschen aus den ehemaligen Kolo-nialgebieten in die Hoheitsländer die-ser Staaten: Inder, Araber und Paki-stani sowie Nigerianer und Kenianernach England, Nordafrikaner und Afri-kaner aus Westafrika nach Frankreich,Indonesier in die Niederlande.

Die sog. ’Gastarbeiterphase’ begannEnde der 50er Jahre. In den 70er Jah-ren wurden in den EWG- und EFTA-Staaten ca. 7 500 000 ausländische Ar-beitnehmer/innen geschätzt (IAO1973: Some growing employmentproblems in Europe, Genf). Diese Zahlwar wahrscheinlich viel zu niedrig an-gesetzt, denn illegale Beschäftigungspielte gleichzeitig eine große Rolle.(Die Hinweise wurden entnommenaus Europäische Kommission/Eurostat(2000): Die Hauptmuster der interna-tionalen Zuwanderung in die EU- undEFTA-Länder, Luxemburg, S. 1 bis 5)

(5) Begründung hierfür dürfte die re-lative Prosperität der abgebenden Län-der vor allem durch EU-Interventio-nen im Rahmen der Strukturfonds unddes Mittelmeerfonds sein.

(6) Letzteres ist auch im Bausektor fürden männlich dominierten Sektor derIndustrie weiterhin der Fall.

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Unterstützung der Rekrutierung von zu-sätzlichen Fachkräften in einigen Sekto-ren, wozu die Kommission insbesondereneben dem IKT-Sektor auch den Gesund-heitssektor zählt. Die strategischen Zielesind insbesondere:

❏ die Beseitigung fortbestehender Barrie-ren im Zuge der Entwicklung des euro-päischen Arbeitsmarktes;

❏ die Steigerung der Attraktivität, Effek-tivität, Offenheit des Zugangs zum neueneuropäischen Arbeitsmarkt;

❏ die Sicherstellung einer wirksamen För-derung und Nutzung der europäischenArbeitskräfte, insbesondere einer wirksa-men Abstimmung von Qualifikations-Nachfrage und -Angebot sowie die An-hebung des Qualifikationsniveaus der ge-samten Erwerbsbevölkerung durch le-benslanges Lernen;

❏ die Maximierung des Potenzials desBinnenmarktes durch Gewährleistung ei-ner harmonischen Entwicklung zur Inte-gration der Produkt- und Kapitalmärktesowie zu einem modernen hochqualifi-zierten Arbeitsmarkt.

Um Mobilitätsbarrieren und Qualifika-tionslücken anzugehen, schlägt die Euro-päische Kommission Maßnahmen auf denfolgenden Gebieten vor (7):

- effektivere Gestaltung der Verfahren zurAnerkennung von Berufsqualifikationenfür Hochqualifizierte,

- Anerkennung bzw. Akkreditierung vonnicht-formal oder durch Berufserfahrungerworbenen Qualifikationen,

- Aktionsplan für die Förderung des le-benslangen Lernen,

und schließlich

- Weiterentwicklung der Bildungs- undAusbildungssysteme in punkto Qualitätund Effizienz, Zugang zu Bildung undAusbildung für alle, Öffnung der Bildungs-systeme gegenüber der weiteren Welt.

Diese Phase in der Migrationspolitik derEU kann man somit als eine Phase desQualifikationswettbewerbs bezeichnen.Die Wissensgesellschaft braucht mehr und

mehr „Wissende“: Humanressourcen sindmehr denn je die wichtigsten „Energiere-serven“ bzw. „Rohstoffe“ der Wirtschaftund Gesellschaft für Innovation, Wettbe-werbskraft und Fortschritt.

1.3 Zur Mobilität im Gesundheitswe-sen

Es gibt zwar recht detaillierte Statistikenüber die Zahl der ausländischen Erwerbs-tätigen und deren Entwicklung, die in re-gelmäßigen Abständen vom StatistischenAmt der EU (Eurostat) herausgegebenwerden. Sie sind jedoch nur selten nachBerufen und Berufsgruppen differenziert.Insbesondere Statistiken über die Mobili-tät sind nicht sehr aussagekräftig. Die zumVergleich heranziehbaren Datensätze ge-hen auf 1995 zurück. Die Ausländer-statistiken der Mitgliedstaaten selbst un-terscheiden auch nicht immer zwischenEU-Ausländern und Ausländern aus Dritt-staaten.

Die höchsten Anteile an EU-Ausländern(bezogen auf alle ausländischen Erwerbs-tätigen des entsprechenden Landes) ha-ben mit über 70 % Luxemburg, Belgienund Irland, wovon die ersten beiden gro-ße Anteile an Grenzgängern und an Be-schäftigten der EU-Verwaltung mit ihrerPeripherie aufweisen und in Irland sehrviele Briten berufstätig sind. Die niedrig-sten Anteile haben Deutschland, Däne-mark, Italien und Portugal mit 20 bis 30%. Eine mittlere Gruppe bilden Frank-reich, Griechenland, die Niederlande unddas Vereinigte Königreich, wobei in Grie-chenland die ‘offiziellen’ Zahlen sehr nied-rig sind, aber die Zahl der nicht registrier-ten Arbeitskräfte um ein Vielfaches hö-her sein dürfte.(8) Die Begründungen fürdiese Anteile sind für jedes Land allerdingsunterschiedlich.

Die Frauenanteile an den EU-Migrantenwachsen seit Mitte der 90er Jahre fastdurchgehend stärker als die der Männer,mit in der jüngeren Zeit weiter zunehmen-der Tendenz (9). Trotz dieser Tendenz derZunahme ihrer Anteile an der ausländi-schen Bevölkerung dominieren aber inabsoluten Zahlen hier immer noch dieMänner mit ca. 65 % aller ausländischenArbeitnehmer.

Zwischen der Mitte der 80er Jahre undder Mitte der 90er Jahre haben sich keine

(7) Mitteilung der Europäischen Kom-mission an den Rat (2001): Neue eu-ropäische Arbeitsmärkte: offen undzugänglich für alle. (KOM (2001) 116endgültig).

(8) Vgl. Europäische Kommission/Eurostat (2000): Patterns and trends...,a.a.O. S. 120 ff.

(9) Ausnahmen davon sind Deutsch-land, Dänemark und Luxemburg

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wesentlichen Verschiebungen in den An-teilen der ausländischen Erwerbsbevölke-rung ergeben. Allerdings ist auffällig, dassdie Anteile der Jugendlichen unter 24 Jah-re unter den EU-Ausländern mit Ausnah-me Deutschlands (10) ziemlich stark zu-rückgingen.

Wenngleich die Mobilität und Migrationseit den 80er Jahren eher stagniert odergar, bezogen auf die EU-Ausländer, zu-rückgeht, spielt der Bereich der personen-bezogenen Dienstleistungen, der weiterexpandiert und zu einem Segment fürfachlich wenig oder kaum qualifiziertes(vor allem weibliches) Hilfspersonal ausDrittstaaten wurde, eine Sonderrolle. Die-se Dienstleistungen sind vielfach nur nochwenig attraktiv für einheimisches Perso-nal. Dies ist ein allgemeines Phänomenin der EU. Eine gezielte Anwerbung vonausländischen Hilfskräften und zuneh-mend auch Fachkräften sowie Ärzten ausDrittstaaten wurde erforderlich.(11) Dieerweiterten Möglichkeiten zur inner-europäischen (EU-) Mobilität reichenscheinbar nicht aus, einen Ausgleich zwi-schen Angebot und Nachfrage herzustel-len, zumal der Bereich der personen-gebundenen Dienstleistungen insgesamt,aber besonders auch der Bereich desGesundheits- und Sozialwesens, aufgrundder genannten Faktoren wie der demo-graphisch bedingten Alterung ein starkexpandierender Bereich ist.

Für den Gesundheitssektor gibt es der-zeit unseres Wissens leider keine spezifi-schen Zahlen. Er wird unter den sonsti-gen Dienstleistungen aufgelistet, die allepersonengebundenen Dienstleistungenerfassen. In Deutschland stiegen zwischen1985 und 1995 die Anteile der Ausländerin den sonstigen Dienstleistungen von14,5 % auf 18,3 % und in Dänemark istihr Anteil an der Ausländerbeschäftigungvon 36,4 auf 41,7 % gestiegen.(12) Hier-unter dürften in der Tat viele Beschäftig-te sein, die in der Pflege bzw. im Gesund-heitsdienst der beiden Länder tätig sind.Einen ähnlichen Anstieg der Anteile nachBeschäftigungssektoren gab es sonst nurim Einzelhandel und Hotel-/Gaststätten-bereich. In allen anderen Segmenten sinddie Anteile gleichgeblieben oder – wie imFertigungsbereich – sogar stark gesunken.Die Zahlen dürften somit - unter Ein-schluss sonstiger personengebundenerDienstleistungen - auf eine Ausweitung

dieser Tätigkeiten schließen lassen.(13) DieTendenz geht jedoch auch im Gesund-heitssektor zunehmend in Richtung hö-her Qualifizierter (siehe Abschnitt 1.2).

2. Zur Anerkennungspro-blematik insbesondere aufdem Gebiet der Gesund-heitsberufe

Die Anerkennung der Berufsqualifika-tionen steht also wieder einmal ganz obenauf der Tagesordnung, allerdings nichtnur, um die Freizügigkeit abzusichern undMobilität abzufedern, sondern auch, umden Qualifikationswettbewerb voranzu-bringen und den europäischen Arbeits-markt insgesamt zu dynamisieren. Neueund flexiblere Verfahren und Systemewerden favorisiert. In der Analyse bedeu-tet dieses, dass die bisherigen Systemezwar formal ausreichend sind, aber daspraktische Handeln der Mitgliedstaatenund die angewendeten Instrumente nicht(mehr) ausreichen.

Das Recht auf Freizügigkeit innerhalb derGemeinschaft ist für alle Unionsbürge-rinnen und -bürger einer der Grundpfei-ler der europäischen Integrationsbemü-hungen. Seit Gründung der EWG im Jah-re 1957 werden große Anstrengungen un-ternommen, die Ausübung dieses Rechtsfür die Arbeitnehmerinnen und –nehmerund die Angehörigen der selbständigenBerufe zu erleichtern. Neben der Schaf-fung entsprechender rechtlicher Rahmen-bedingungen wurden auch umfangreicheProgramme zur Förderung der grenzüber-schreitenden Mobilität für Jugendliche inAusbildung und für Erwerbstätige aufge-legt.

Ein zentraler Aspekt bei der Arbeitsauf-nahme bzw. Niederlassung in einem an-deren Mitgliedstaat ist die dortige Aner-kennung der erworbenen Berufsquali-fikation. Diese Anerkennung kann Voraus-setzung sein für die Berufsausübung,wenn diese an eine entsprechende Qua-lifikation geknüpft ist, oder sie kann er-forderlich sein, um einem potenziellen Ar-beitgeber eine erworbene Qualifikation zubelegen. Für die Arbeitsaufnahme ist al-lerdings nicht immer eine förmliche An-erkennung des Berufs bzw. eine aner-kannte Berufsausbildung erforderlich.

(10) Von Dänemark liegen keine Zah-len von 1995 vor, vgl. a.a.O. S. 124

(11) Neben dem Gesundheitswesen mitdessen vergleichsweise schlechten Ar-beitsbedingungen und niedriger Be-zahlung gibt es nur den Bausektor, indem so viele ausländische Erwerbstä-tige (seit Jahren insbesondere auch ausDrittstaaten) anzutreffen sind, hiersind die Arbeitsbedingungen i.d.R.noch schlechter als im Gesundheits-wesen, die Bezahlung ist aber i.d.R.besser.

(12) a.a.O. S. 126

(13) Es scheint auch für die Pflege einewachsende Nachfrage nach höherQualifizierten zu geben und in denvormals Hilfstätigkeiten eine Tendenzin Richtung stärkerer Professionalisie-rung (Vgl. Landenberger, Margarete(2001): Professionalisierungspfade derPflege in Europa, in: LebensLanges-Lernen, Expertisen zu LebenslangemLernen - Lebensarbeitszeiten - Lebens-weiterbildungskonten, Schriftenreiheder Senatsverwaltung für Arbeit, So-ziales und Frauen Nr. 44, Berlin, S.271 ff.).

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Dies gilt insbesondere für Hilfskräfte undeinfache Angestellte, die z. B. im Bereichder Pflege und insbesondere der Alten-pflege besonders zahlreich anzutreffensind.

Die bestehenden Ansätze und Konzeptezur gegenseitigen Anerkennung und zurTransparenz von beruflichen Befähigungs-nachweisen und ihre tatsächliche odermögliche Anwendung auf die Gesund-heitsberufe sind vom Cedefop für denGesundheitsbereich eingehender analy-siert worden(14). Hierbei kommen die An-erkennungsverfahren für reglementierteBerufe sowohl nach den sektoralen undals auch nach den allgemeinen Richtlini-en zum Tragen(15). Viele der Gesundheits-berufe, für die z. B. in Deutschland imRahmen der betrieblich organisierten Be-rufsbildung bzw. an ‘Betriebsberufs-schulen’ ausgebildet wird, sind in ande-ren Mitgliedstaaten auf Hochschulebeneangesiedelt, und in wieder anderen im(höheren) Sekundarbereich oder im be-rufsbildenden Tertiärbereich des forma-len Bildungswesens, was die Umsetzungder Anerkennung und das effektiveGeltendmachen der Qualifikationen in derVergangenheit, insbesondere für deutscheFachkräfte, erschwert hat. Diese Tatsachefindet mit der Richtlinie vom Mai d. J. stär-kere Berücksichtigung, was die effektiveDurchsetzung der Anerkennung von Qua-lifikationen des betreffenden Personen-kreises wesentlich erleichtern dürfte.(16)Die erworbene Berufserfahrung soll da-bei stärker gewichtet and als gleichwer-tig bzw. zusätzlich anerkannt werden;ebenso soll dadurch die Rechtsstellungder Antragsteller gestärkt werden.

Aus europäischer Sicht ist der Abbauvon Mobilitätshemmnissen und die Besei-tigung von möglichen Diskriminierungenvon Nicht-Inländern und insbesonderevon EU-Staatsangehörigen prioritär. Dergemeinsame Markt umfasst nach den Ver-trägen auch einen gemeinsamen Arbeits-markt für abhängig oder selbständig Be-schäftigte und für die Erbringung vonDienstleistungen. Seit einigen Jahren tratdaneben die Realisierung einer europäi-schen Wissensgesellschaft in den Vorder-grund, die durch eine verstärkte berufli-che Mobilität entscheidend vorangetrie-ben werden soll.(17) Dabei wird dieSchwierigkeit, die in einem Mitgliedstaaterworbene Qualifikationen in einen an-

deren zu übertragen, als ein entscheiden-des Hindernis für den Austausch, die Ver-netzung und die Zusammenarbeit vonFührungs- und Fachkräften bzw. Human-ressourcen angesehen.(18)

Aus Sicht des jeweiligen Mitglied-staates steht das Erfordernis im Vorder-grund, den Arbeitsmarkt optimal mit ge-eigneten Fachkräften zu versorgen. Förm-liche Berufsqualifikationen bzw. Berufs-abschlüsse belegen, dass die Kompetenzzur Ausübung bestimmter Tätigkeiten ef-fektiv vermittelt wurde. Sie gewährleistensomit bestimmte Standards in der Berufs-ausübung. Wichtige Akteure – staatlicheStellen, Sozialpartner, Kammern oder auchBerufsorganisationen - definieren in Wahr-nehmung ihres öffentlich-rechtlichenMandats die Anforderungen an die Kennt-nisse und Fertigkeiten in dem entspre-chenden Sektor und haben eine gewisseRegelungs- oder Prüfungsbefugnis. Zu-sätzlich kontrollieren sie die Qualität derAusbildung durch die Anbieter und diePrüfungen der Teilnehmerinnen und Teil-nehmer. Sie garantieren somit die Quali-tät der Ausbildung und die Qualifikationder Absolventinnen und Absolventen.

Aus individueller Sicht von EU-Bürge-rinnen und -Bürgern, die von ihrem Rechtauf Freizügigkeit Gebrauch machen wol-len, besteht der Wunsch, die in ihrem Her-kunftsland nach den dortigen Regelungenerworbene Berufsqualifikation im Auf-nahmeland schnell und reibungslos an-erkannt zu bekommen. Einem poten-ziellen Arbeitgeber soll darüber hinaus derErwerb von Kompetenzen(19) deutlich ge-macht werden, die einem Berufsabschlussim Aufnahmeland (mindestens) vergleich-bar sind.

Die Akzeptanz eines Anerkennungsver-fahrens setzt voraus, dass Interessenkon-flikte berücksichtigt werden.

Solche Interessenkonflikte können in An-lehnung an Zingel-Lang(20) sein:

❏ Machterhalt der Berufsverbände undAusbildungsträger eines Bereichs; bzw.

❏ Protektion des entsprechenden Arbeits-marktsegments;

❏ Minderwertigkeitskomplexe von Perso-nen ohne Bildungsabschluss gegenüberdenjenigen mit weiterführender Bildung;

(14) Cedefop (2001): Mobility in theEuropean health sector, a.a.O.

(15) Sogenannte sektorale Richtliniensind seit 1977 nach und nach verab-schiedet und in geltendes Recht derMitgliedstaaten umgesetzt worden.Die allgemeinen Richtlinien für Beru-fe im Hochschulbereich und im ge-hobenen bzw. höheren Berufsbil-dungsbereich wurden 1989 und 1992vom Rat der EG verabschiedet (sieheBibliographie).

(16) Mit der jüngst verabschiedetenRichtlinie 2001/19/EG zur Änderungder Richtlinien 89/48/EWG und 92/51EWG über eine allgemeine Regelungzur Anerkennung beruflicher Befähi-gungsnachweise und der Richtlinien77/452/EWG...(der sektorspezifischenRichtlinien, der Autor)...über die Tä-tigkeiten der Krankenschwester unddes Krankenpflegers, ..., des Zahnarz-tes, des Tierarztes, der Hebamme, ...,des Apothekers und des Arztes sindwesentliche Änderungen vorgesehen,insbesondere eine stärkere Berück-sichtigung einschlägiger Berufserfah-rung bei der Anerkennung und eineStärkung der Rechtsposition der An-t r a g s t e l l e r .

(17) vgl. das Weißbuch der Europäi-schen Kommission (1995), S. 24 ff.

(18) z. B. CEDEFOP-Info 2/2001, S.1

(19) Kompetenzen werden hier als diefür eine bestimmte Berufstätigkeit odereinen bestimmten Beruf erforderlichenFertigkeiten und Kenntnisse verstan-den

(20) a.a.O.

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❏ Überheblichkeit der Fachleute Qualifi-kationen gegenüber, die sie nicht ausrei-chend kennen und schätzen gelernt ha-ben, und nicht zuletzt

❏ das Preis-Leistungs-Verhältnis bezogenauf die Ausbildungskosten und -erträge,und zwar sowohl volkswirtschaftlich alsauch betriebswirtschaftlich.

Im Bereich der allgemeinen Richtlinienzur gegenseitigen Anerkennung von Be-rufs- bzw. Hochschulabschlüssen bestehtfür die anwendende Verwaltung ein er-heblicher Gestaltungsspielraum. Dies hatnatürlich Vor- und Nachteile: Ein restrik-tives oder protektionistisches Verhalten istgenauso möglich wie ein liberale undpragmatische Gesichtspunkte in den Mit-telpunkt stellendes, kundengerechtes Ver-halten.

Die Umsetzung und Effektivität der recht-lichen Regelungen anhand der benann-ten Kriterien und angesichts ihrer beab-sichtigten Auswirkungen wurde im Rah-men einer Magisterarbeit an der Ver-waltungs-Fachhochschule Berlin bezogenauf die Gesundheitsfachberufe geprüft.Hier wird eine Aufklärung darüber ver-sucht, welche Auswirkungen diese Ver-haltensweisen der Verwaltung auf dasKonzept der Mobilität haben, so wie esvon der Europäischen Kommission ver-treten wird. Die Autorin unterstreicht hier-bei, dass die allgemeinen Richtlinien imVergleich zu den sektoralen bzw. berufs-spezifischen Richtlinien den Nachteil ha-ben, dass sie den zuständigen Stellenkaum Hinweise zur effektiven Vergleich-barkeit der Ausbildung und der Berufs-abschlüsse liefern, auf deren Grundlageeine rasche Entscheidung mögl ichwäre.(21) Sie verweist quasi auf ein„Schwarzer-Peter-Spiel“, bei dem dieSchuld für eine nicht sehr wirksame Um-setzung insbesondere der allgemeinenRichtlinien von den zuständigen Ebenenhin- und hergeschoben wird: Die EU gebekeine ausreichenden Entscheidungshilfenim Sinne von Übersichten bzw. Datenban-ken zu vergleichbaren Ausbildungen undAbschlüssen, und die Mitgliedstaaten wür-den nicht immer entsprechende Informa-tionen und Daten liefern mit der Begrün-dung, dass die Entscheidung, ob Anerken-nung, Kompensationsmaßnahme oder Ab-lehnung zu erfolgen habe, allein in derZuständigkeit des entsprechenden Mit-

gliedstaates liege. Dies verweist auf einemangelnde Effektivität zumindest der sog.allgemeinen Richtlinien.

Zur Zahl der Antragsteller für eine Aner-kennung ihrer Diplome und sonstigenBefähigungsnachweise gab es im Jahre1996 einen ausführlichen Bericht der Eu-ropäischen Kommission, Generaldirekti-on Binnenmarkt und Industriepolitik, andas Europäische Parlament, auf den wirzurückgreifen können. Die reale Zahl dermobilen Fachkräfte dürfte allerdings sehrviel höher sein als diejenige der Antrag-steller. Auch sind hier nur die mittlerenund gehobenen bzw. höheren Fach- undFührungskräfte ausgewiesen und nicht dieHilfs- und Fachkräfte für einfachereBerufstätigkeiten in der Pflege und in denKrankenhaus- bzw. privaten Diensten.Man kann also nicht unmittelbar auf denUmfang der Mobilität der einzelnen Be-rufsgruppen schließen, mittelbar erlaubendie Angaben jedoch eine gewisse Extra-polation.

Diese Übersicht lässt vermuten, dass we-niger Gesundheitsfachkräfte zwischen denEU-Staaten gewandert sind, als in die EUaus Drittstaaten eingewandert sind. Diestrifft nicht nur auf wenig Qualifizierte wieoben ausgeführt, sondern auch auf hö-her Qualifizierte, so z. B. Ärzte, zu.

Tabelle 1:In allen Sparten und in allen Mitglied-staaten wurden zwischen 1993 und 1996somit 53␣ 182 Anträge auf Anerkennunggestellt. Darunter kamen 82 % oder 43␣ 809aus dem Gesundheitssektor und wenigerals 18␣ % (in der Hauptsache Lehrer/innen)aus anderen Sektoren. 1997/98 gab es13␣ 522 Antragsteller, d.␣ h. jedes Jahr seit1993 waren es im Durchschnitt 11␣ 117(alle Sparten). Das Vereinigte Königreich,Deutschland und Frankreich waren dieLänder mit den meisten Antragstellern ausanderen Ländern (nicht nur EU).

Die Analyse der Periode von 1993 bis 1996zeigt, dass in 15,5␣ % der Fälle Kompen-sationsmaßnahmen notwendig waren(spezielle Probezeit bei 63␣ % und Prüfungbei 37␣ %). 1␣ 781 Ablehnungen erfolgten,was einer Quote von 12␣ % entspricht.(22)

Tabelle 2 gibt Hinweise über die Länder,die die meisten anerkannten Qualifikatio-nen vorweisen, und über die Herkunfts-länder.

Tabelle 2

(21) Zingel-Lang, a.a.O.

(22) Cedefop (Mariann Skar) a.a.O.S.␣ 44

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Tabelle 1:

Zahl der Gesundheits-Fachkräfte als Antragsteller füreine Anerkennung von Befähigungsnachweisen inden Mitgliedstaaten der EU aufgrund von sektor-spezifischen und allgemeinen Richtlinien sowie bila-teralen Abkommen aus den EFTA-Staaten(*) und ausDrittstaaten von 1993 bis 1996

1993-94 1995-96 insg.Zahnärzte 425 921 1346 EFTA 25 7 32 Fachärzte 16 16Ärzte 3545 5095 8640 EFTA 122 102 224 Fachärzte 476 1633 2109 EFTA 23 43 66 Dienstleistende Ärzte 283 309 592 bilaterale Abkommen 534 1577 2111 Drittstaatler 7217 7307 14524Hebammen 326 319 645 EFTA 0 3 3Krankenschwestern/-pfleger (allgemein) 3739 3470 7209 EFTA 7 59 66

Paramedizinisches Personal(inkl. sonstiger Gesundheits- und akademischer Berufe)(**)

Homöopathen 25 Heilpraktiker 10 Orthopäden 1 Physiotherapeuten 1578 Psychologen/Physiotherapeuten 222 Röntgenologen 73 Krankenpflege: Lehrer/Ausbilder 153 Logopäden 303 Ernährungsberater 44 Berufskrankheitstherapeuten 188 Augenoptiker 163 Orthopädietechniker/-mechaniker 6 Hörgerätetechniker/-mechaniker/-in 6 Anerkannter (Mikro-)Biologe (m/w) 33 Anerkannter Chemiker 183 Labortechniker/-in 82 Zahntechniker/-in 32 Heilgymnastiker/-in 102 Masseur/-rin 30Apotheker/-in 306 0 306 Drittstaatler 572 0 572 Apothekerhelfer/innen 6Sozialarbeiter/-pädagogen 120Tierärzte 472 0 472 Tierarzterklärung 147 0 147 bilaterale Abkommen 814 0 814 Drittstaatler 555 0 555

INSGESAMT 19 588 20 861 43 809

(*) EFTA: Europäische Freihandelszone, wurde Mitte der 90er Jahre aufgelöst und durch den EWR, denEuropäischen Wirtschaftsraum, dem Norwegen, Island und Liechtenstein angehören, abgelöst, deru.a. in der Bildungszusammenarbeit sich den EU-Programmen angeschlossen hat.(**) davon gehören je nach einzelstaatlichen Gepflogenheiten einige zur Gruppe der Fachärzte.

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Die Länder, die die meisten Qualifikatio-nen exportieren, sind ersichtlich aus Ta-belle 3.

Tabelle 3Die wichtigsten Bewegungen gehen ausder Tabelle 4 hervor.

Tabelle 4Die vergleichsweise große Zahl von Fach-Krankenpflegekräften, die zwischenÖsterreich, Spanien, Deutschland, Frank-reich, Luxemburg und UK wandern, unddie der Kinderpflegekräfte, die nachÖsterreich und Italien wandern, lassensich erklären durch die Tatsache, dassviele dieser Fachkräfte in diesen Ländernausgebildet wurden. Kinderpflegefach-kräfte und Fachkrankenpfleger/innenwandern vorzugsweise in eine Richtung:von Deutschland nach Österreich. So diePhysiotherapeutinnen (Heilgymnastiker/innen), die hauptsächlich von den Nie-derlanden nach Deutschland wandern.Geringere Anteile an Masseuren und Rönt-genfachkräften sind nach Italien gegan-gen. Während der Berichterstattungspe-riode von 1997 bis 1998 hat sich die 2.allgemeine Richtlinie bemerkbar gemacht.Es gab eine Steigerung um das Dreifacheim Berichtszeitraum von 1997 bis 1998 beiden Berufen, die unter die Richtlinie 92/51/EWG fallen, insgesamt waren dies4␣ 603 Fälle.

Auf der Grundlage der Statistik könneneinige weitere Anmerkungen gemachtwerden:

❏ Länder, die Qualifikationen exportie-ren, erhalten nur wenige zurück;

❏ Länder, die viele Anerkennungen aus-sprechen, exportieren wenig;

❏ Migration findet in relativ homogenenRegionen statt: der deutschsprachigeRaum; die nordische (skandinavische)Region, Belgien/Luxemburg/Frankreich,Vereinigtes Königreich/Irland;

❏ es gibt in grenznahen Bereichen mehrBewegungen.

Der Council for Professions Supplemen-tary to Medicine (CPSM) des VereinigtenKönigreichs erstellte Statistiken über re-gistrierte Mitgliedschaften aus Übersee(wozu EU- und EWR-Länder gezählt wer-den), was gewisse Rückschlüsse auf dieMigration in diesem Bereich zulässt.(23)

Tabelle 5

Obwohl das Vereinigte Königreich einesder Länder mit den größten Anteilen anEmpfängern von Gesundheitsfachberufenist, so beträgt der Anteil der EU/EWR-Aus-länder doch auch hier mit 1␣ 136 von109␣ 569 nur rund 1% der Beufsausüben-den insgesamt.

Diese Daten betrafen Antragsteller ausdem Bereich der allgemeinen Richtlinien(von 1989 und 1992). Ärzte, Kranken-schwestern bzw. -pfleger und Zahnärztesind durch sektorspezifische Richtlinienerfasst, über deren Zahl geben die fol-genden Übersichten Auskunft.

Tabelle 6Deutschland hat seit 1986 keine Datenmehr geliefert. Es gibt scheinbar einenleichten Zuwachs an migrierenden Ärz-ten. Allerdings: nur ungefähr 1,7 pro 1␣ 000Ärzte erhalten danach eine Anerkennungin einem anderen Mitgliedstaat.

Für die Krankenpflege haben wir eben-falls Hinweise.

Tabelle 7

Tabelle 2

Anerkennung von Diplomen nach Herkunftsländerninsgesamt: 1995- 98(*)

Anerkennender Ursprungs-Mitgliedstaat Mitgliedstaat

Norwegen 1 535 Schweden, Vereinigtes Königreich, GriechenlandDeutschland 1 589 Niederlande, Vereinigtes Königreich und BelgienLuxemburg 283 Frankreich, Deutschland und ÖsterreichSpanien 229 Deutschland, Vereinigtes Königreich und FrankreichVereinigtesKönigreich 279 Irland, Niederlande und FinnlandÖsterreich 255 DeutschlandDänemark 137 Deutschland und SchwedenItalien 69 DeutschlandFrankreich 37 BelgienIrland 36 Vereinigtes KönigreichSchweden 52 Finnland, Dänemark, Norwegen und IslandNiederlande 33 Deutschland und BelgienPortugal 20 Frankreich und SpanienFinnland 24 SchwedenLiechtenstein 18 Österreich und DeutschlandBelgien 7 Niederlande

(*) Quer durch alle Berufsbereiche

Quelle: Bericht über die Umsetzung der Richtlinie 92/51/EWG (Amtsblatt Nr. L 209 vom 24. Juli 1992,S. 25.) an den Rat und des Europäische Parlament

(23) Council for Professions Supple-mentary to Medicine (CPSM). Qualityassurance procedures and their con-text for the boards and council atC.P.S.M. covering the professions of:Art Therapists, Chiropodists, Dieti-cians, Medical laboratory ScientificOfficers, Occupational Therapists,Orthopedists, Physiotherapists, Pros-thetics and Radiographers.

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Tabelle 3

„Ausfuhr“ von Diplomen - nach Ländern - 1997-98

DiplomeexportierendeMitgliedstaaten Nach:

Schweden: 701 Norwegen: 620, Dänemark: 30 Finnland: 15 undVereinigtes Königreich: 13

VereinigtesKönigreich: 580 Norwegen: 460, Deutschland: 54

Spanien: 32, Irland: 21Niederlande: 574 Deutschland: 504, UK: 36, Spanien: 12Deutschland: 307 Spanien 75, Österreich: 68, Luxemburg: 37,

Italien: 32 Norwegen: 34, Dänemark: 27Frankreich: 277 Luxemburg: 206, Spanien: 38, Deutschland: 10Dänemark: 142 Norwegen: 86, Deutschland: 27, Spanien: 18Spanien: 136 Norwegen: 98, Deutschland: 14, UK: 11Österreich: 131 Norwegen: 51, Deutschland 42, Luxemburg: 24Belgien: 124 Deutschland:53, Frankreich: 35 Luxemburg: 11,

Spanien: 10Griechenland: 111 Norwegen: 93, Deutschland: 7Finnland: 101 Norwegen: 35, Schweden: 22,

Vereinigtes Königreich: 22Irland: 89 UK: 77, Norwegen: 18Island: 52 Deutschland: 35, Norwegen: 16Italien: 47 Spanien: 22, Deutschland: 13Portugal: 28 Deutschland: 12, Norwegen: 8Luxemburg: 14 Deutschland: 13Norwegen: 7 DeutschlandLichtenstein: 4 Deutschland

Quelle: Report a.a.O.

Tabelle 4

Mobilität von Gesundheitsfachkräften

❏ Bedeutende Gesundheitsfachberufe, deren Anerkennung unter die Richtlinie92/51/EWG fällt

❏ Physiotherapeuten (nach Deutschland wandernd)

❏ Fach-Krankenschwestern/-pfleger (nach Österreich, Spanien, Deutschland, Frank-reich, Luxemburg und UK wandernd)

❏ Augenoptiker (nach Frankreich)

❏ Zahnhygienefachkräfte (nach UK) und Zahntechniker/innen (nach Portugal)

❏ Masseure (nach Italien)

❏ Kinderpflegefachkräfte (nach Österreich und Italien wandernd)

Quelle: Report a.a.O.

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Tabelle 5

Der Anteil ausländischer Fachkräfte unter den„UK professions supplementary to medicine,“ 1999.

Berufe EU/EWR UK Übersee TotalOrthopädiefachkräfte 006 01 244 0018 01 262Kunsttherapeuten 031 01 390 0057 01 447Prothesenmacher/Orthopädieschuhmacher 021 00 676 0034 00 710Physiotherapeuten 513 28 811 2325 31 138Berufs-/Arbeitstherapeuten 119 19 985 0874 20 859Röntgenfachkräfte 198 19 314 0523 19 837Diätberater 134 04 512 0338 04 850Medizinisch-technischeFachkräfte 056 20 903 0280 21 183Chiropodisten 058 08 139 0144 08 283

Die Mobilität der Krankenpflegeberufescheint danach relativ stabil zu sein. ImZuge der Erweiterung der EU gab es al-lerdings eine Zunahme.

Ein ähnliches Bild wie bei den Allgemein-ärzten ergibt sich bei den Zahnärzten, hierist eine Zunahme insbesondere aus demVereinigten Königreich und aus Spanienzu vermelden.

Im Gesundheitssektor dürfte es allerdingseine stärkere Wanderung geben, als durchdiese Daten ausgedrückt wird. Grenzna-he Mobilität wurde zum Beispiel nichtgenau erfasst. Auch ist nicht bekannt, in-wieweit die Arbeitgeber immer auf denNachweis einer förmlichen Anerkennungbestehen. Wenn sie vorher schon Gradu-ierte von anerkannten Ausbildungsstätteneingestellt haben, mögen sie auf einensolchen Nachweis im Einzelfall verzich-ten. Darüber hinaus sind die Verfahrenzur Anerkennung im öffentlichen und pri-vaten Bereich vielfach unterschiedlich.

3. Schlussfolgerungenund Ausblick

Die Mobilität von EU-Arbeitskräften istnicht, wie nach der Einführung des Bin-nenmarktes 1993 erwartet, wesentlich an-gestiegen. Allerdings sind die Anteile derEU-Ausländer, wie gezeigt, in den einzel-nen Ländern höchst unterschiedlich. Wäh-rend die Quantitäten der Wanderungenstagnieren, ändert sich jedoch die Quali-tät. Migration ist nicht mehr vorwiegendEmigration. Es gibt inzwischen eine so-genannte fließende Migration, die durchdie Wanderung in das eine Land, dieWeiterwanderung in das nächste und/oderRückwanderung gekennzeichnet ist. DieKomplexität und Vielfalt nimmt zu ange-sichts des Entstehens einer sog. Mosaik-Gesellschaft(24): Die Menschen leben län-ger und in besserer Gesundheit, bedürfeneiner effektiven Pflege und medizinischenBetreuung bzw. allgemeiner Unterstüt-zung, sie leben und arbeiten an unter-schiedlichen Orten, auch grenzüberschrei-tend. Gleichzeitig nimmt die Geschwin-digkeit und Komplexität des Wandels beiwachsenden Unsicherheiten im Allge-meinbefinden zu. Die Entfernungenschrumpfen durch moderne Kommunikat-ions- und Verkehrsmittel bzw. trans-nationale Netze. Kinder- und Altenpflege

(24) Ducatel, Ken und Burgelman,Jean-Claude (1999): Employment Map,The futures project. Gemeinsame For-schungsstelle der Europäischen Kom-mission (IPTS); Seville, 1999, S. 43

(25) Vgl. die Ergebnisse des gemeinsa-men Projekts von Cedefop und Euro-päischer Stiftung für Berufsbildungüber Szenarien und Strategien für dieBerufs- und Weiterbildung.

werden wichtiger, ebenso wie sonstigepersonengebundene Dienstleistungen(Wäsche, Reinigung, Haushaltsführungund Gartenarbeit), auch aus Gründenzunehmender Mobilität der Berufstätigen(ohne dass sie notwendigerweise denHauptwohnsitz ändern). Viele neue Be-schäftigungen entstehen, darunter auchweiterhin prekäre und informelle Beschäf-tigungen mit zum Teil wenig qualifizier-ten Arbeitskräften. Währenddessen dürf-te allerdings auch im Gesundheitswesendie Mobilität der höher und hoch Qualifi-zierten zunehmen, was sich z. B. inDeutschland durch die Anwerbung vonFachkräften aus Mittel- und Osteuropaschon abzeichnet. Eine zunehmende Po-larisierung zwischen den höher Qualifi-zierten und den wenig Qualifizierten dürf-te die Folge auch in Bezug auf die Mobi-lität sein, wobei deren Kosten und derentsprechende allgemeine Aufwand anZeit und Anstrengung ebenfalls eher zu-nimmt.

Migrations- und Mobilitätsfragen werdenzunehmend unter dem Aspekt des Wett-bewerbs um qualifizierte und hoch quali-fizierte Fachkräfte nicht nur in den IKT-Berufen, sondern auch in Berufen desGesundheitswesens gesehen. Ein brain-drain z. B. von Ost- nach Westeuropazeichnet sich ab mit möglicherweise ne-gativen Folgen für die Herkunftsländer,was deren Entwicklungschancen be-trifft.(25)

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Tabelle 6

Zahl der Ärzte, die ihre Anerkennung zur Berufsausübung in einem anderen Landerhielten als in dem, wo sie ihre erste Qualifikation erwarben, zwischen 1981 und1997.

B DK D EL E F IRL I L NL A P FIN S UK Total1981 013 005 0478 129 0052 57 17 12 93 0546 14021983 019 009 1018 402 0075 35 20 07 45 0567 21971984 036 007 0989 346 0062 34 23 05 54 0302 18581985 031 D F 0064 30 21 08 53 0332 09181986 067 006 0749 332 049 0114 32 23 07 76 15 0445 19151987 102 014 290 154 0129 25 51 11 92 31 0995 18941988 129 016 311 054 0157 19 52 11 73 64 1309 21951990 153 014 256 064 0117 43 68 10 57 26 1020 18281991 182 010 205 051 0136 40 79 03 64 26 0956 17521993 149 024 58 18 89 1157 14951995 126 048 101 59 48 60 107 20 71 1796 24361996 108 1881 40 76 075 57 22371997 149 073 92 203 73 81 161 074 69 80 1908 2963

Quelle: Kommission der Europäischen Gemeinschaften, GD Binnenmarkt und Industriepolitik; statistical tables relating to the migration of doctors: 1981,1983-88, 1990-91, 1993, 1995-97.

Tabelle 7

Krankenpflegefachkräfte (allgemein), die ihre Anerkennung zur Berufsausübungin einem anderen Land, als in dem ihrer ersten Qualifikation erhalten haben.1981-97.

B DK D EL E F IRL I L NL A P FIN S UK Total1981 80 09 132 02 0147 535 44 064 063 0239 13151983 66 10 178 03 0278 35 065 056 0355 10461984 49 12 035 04 0329 150 38 071 081 0606 13751985 41 13 132 05 0205 41 101 079 0674 12911986 74 14 066 08 30 0190 31 107 064 03 0530 11171987 59 08 02 61 0188 121 42 129 136 19 1002 17671988 48 12 04 54 0182 202 51 134 052 64 0586 13891990 50 18 07 45 0293 66 193 092 23 0761 15481991 61 08 10 1481 534 84 154 134 29 0627 31221993 77 17 07 0410 75 200 070 29 0438 13231995 58 48 13 590 25 104 108 43 4 40 0756 17891996 31 42 301 074 40 26 1041 15551997 55 30 11 81 0186 37 200 5 44 1171 1820

Quelle: Kommission der Europäischen Gemeinschaften, GD Binnenmarkt und Industriepolitik; statistical tables relating to nurses responsible for generalcare: 1981, 1983-88, 1990-91, 1993, 1995-97.

man durchaus von der Erfahrung in denverschiedenen Ländern lernen: Die Nie-derlande, Frankreich und teilweise dasVereinigte Königreich bieten lehrreicheBeispiele, zumindest in einigen Segmen-ten. Die zwar nicht enorm, aber insge-samt jedoch zunehmende Mobilität derGesundheitsfachkräfte, die in Zukunftweiter erleichtert werden dürfte, mag ih-ren Teil zu diesem Erfahrungsaustauschbeitragen. Die wesentlichen Mobilitäts-barrieren dürften uns jedoch noch eineWeile begleiten:

❏ Sprachbarrieren,

Zu dem sog. social divide bei den Arbeits-bedingungen und Vergütungen zwischenden unterschiedlich Qualifizierten kommtin jüngerer Zeit der sog. digital dividebeim Zugang zu Information und Kom-munikation. Die umfassende Professiona-l is ierung der personengebundenenDienstleistungen, ihre Effizienzsteigerungund Kundenorientierung müssen mit deranstehenden und propagierten Neuorgani-sierung des Gesundheitswesens einherge-hen. Neue Qualifizierungswege müssengeöffnet und neue bzw. erneuerte Berufs-profile als Maßstab für eine bessere Aus-bildung entwickelt werden. Hierbei kann

(26) Vgl. das jüngste Eurobarometer zurEinstellung der Jugend in EU-Europa.

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❏ Barrieren, die in der Unterschiedlich-keit der Sozialversicherungssysteme be-gründet sind,

❏ kulturelle Barrieren,

❏ Lebens-, Wohnungs- bzw. Ausbildungs-bedingungen für Kinder,

❏ Beschäftigungsperspektiven allgemein.

Eine festzustellende, ganz allgemein ge-stiegene Bereitschaft zur Mobilität(26) ent-spricht noch nicht deren Realisierung. Esgibt noch zu viele Informations- undKommunikationslücken, die zwar wesent-lich, aber nicht nur sprachlich bedingt sind.Sie liegen auf individueller Ebene, auf in-stitutioneller, nationaler und europäischerEbene. Letztere kann nur beschränkt för-dernd eingreifen. Die Institutionen derMitgliedstaaten müssen stärker zusammen-arbeiten und sich austauschen, Partner-schaften eingehen und ihre Fachkenntnis-se und ihr Personal austauschen. Nur dannkann auf Dauer eine stärkere Integrationder Arbeitsmärkte erfolgen. Eine formaleAbschottung ist zwar immer weniger fest-zustellen, aber sie ist vielfach, zumindestin den Köpfen, noch vorhanden.

Die Transparenz der Systeme und einegewisse Angleichung der institutionellen,

betrieblichen und nationalen Rahmenbe-dingungen bleiben noch herzustellen. Dasvom Cedefop und der Europäischen Kom-mission eingerichtete Forum zur Transpa-renz von Berufsqualifikationen hat eini-ge Aktionsvorschläge gemacht, die der-zeit umgesetzt werden (vgl. Aktionsplanvon 2001). Es wird seine Tätigkeit auf dasGebiet der Anerkennung nicht-formalenLernens ausweiten. Referenz- und Infor-mationszentren sind im Aufbau begriffen,damit die Bürgerinnen und Bürger sichüber ihre Rechte und Pflichten bei beab-sichtigter oder realisierter Mobilität bes-ser informieren können. Ausbildungs-nachweise sollen transparenter gestaltetund Zeugniserläuterungen in den meistenAmtssprachen bereitgestellt werden. Ver-bindliche, zielgerechte, bürgernahe undzuverlässige Information ist ein knappesGut, und dies trotz der immer wirksame-ren Verbreitung von Informationen allge-mein in Zeiten des Internet, der Mobil-telefone und der E-Mail. Zur Unterstüt-zung der Entwicklung europäischer (of-fener) Arbeitsmärkte und zur effektiverenUmsetzung insbesondere der allgemeinenRichtlinien zur Anerkennung bedarf esnoch großer und vor allem ergebnis-orientierter Informationsanstrengungen,die viel näher an die Bürgerinnen undBürger herangebracht und laufend verifi-ziert und aktualisiert werden müssen.

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BERUFSBILDUNG NR. 26 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

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PascalineDescyCedefop

Ein niedriges Bildungs-niveau in Europa:ein Risikofaktor

Dieser Beitrag will mittels einiger Indika-toren, die auf der Grundlage von Datenaus der Arbeitskräfteerhebung der Euro-päischen Gemeinschaft (Cedefop, Euro-päische Kommission, Eurostat, 2001;Eurostat, Datenbank Newcronos, 2001) er-rechnet wurden, die Lage von Personenmit geringem Bildungsniveau(1) in Euro-pa beschreiben. Diese Beschreibung er-folgt unter Zuhilfenahme einiger Indika-toren, die sich auf das Kompetenzniveauim Bereich der Lese- und Schreibfähigkeitim weiteren Sinne (Literalität) beziehen(welche dem International Adult LiteracySurvey [IALS], einer internationalen Un-tersuchung der Literalität von Erwachse-nen, entnommen wurden; OECD undStatistics Canada, 2000). Nach einer Dar-stellung der Entwicklung des Bildungs-und Kompetenzniveaus in Europa werdendiese beiden Quellen herangezogen, umnacheinander zu beleuchten, inwieweitsich das Bildungsniveau und das Kompe-tenzniveau im Bereich der Literalität aufden Übergang zwischen Bildungssystemund Erwerbsleben, auf die Beschäfti-gungssituation, auf die Arbeitslosigkeitund auf den Zugang zur Weiterbildungauswirken. Damit soll das Phänomen derselektiven Ausgrenzung von Gruppen miteinem niedrigen Bildungs- und Kompe-tenzniveau belegt werden.

In den Wissensgesell-schaften geforderte Kom-petenzen

Es ist längst bekannt, dass das Bildungs-niveau unserer Bevölkerungen steigt. In-nerhalb einer Generation ist der Anteil derPersonen in der Europäischen Union, dienicht die Sekundarstufe II abgeschlossenhaben, von knapp 50% auf unter ein Drit-tel zurückgegangen (Grafik 1, Tabelle 1).Unter den heute 30- bis 34-Jährigen ver-

fügt jeder zweite über einen Abschluss derSekundarstufe II und jeder vierte übereinen Hochschulabschluss. Dies ist einebegrüßenswerte Entwicklung. Und so bil-det sich auch in Europa der Konsens her-aus, dass ein Abschluss der SekundarstufeII das Mindestbildungsniveau für einenguten Start ins Erwerbsleben sowie für dieBewältigung der steigenden Anforderun-gen in den Wissensgesellschaften darstellt.

Tabelle 1:

Bildungsniveauder 25- bis 59-Jährigenin der EuropäischenUnion in Tausend, 2000

ISCED 0-2 ISCED 3 ISCED 5-759 852 75 546 38 372

Quelle: EFT, Eurostat, Newcronos, 2000.

[Grafik 1 einfügen]Diese allgemeine Auffassung wird durchdie Ergebnisse des International AdultLiteracy Survey (OECD und Statistics Ca-nada, 2000) bestätigt. Diese Untersuchunglegt auf der Grundlage von Tests einKompetenzminimum für das Lesen fest(Literalitätsniveau 3), welches Vorausset-zung zur Bewältigung des Alltagslebensund von Arbeitssituationen in den entwi-ckelten Gesellschaften ist. Bei Betrachtungder Grafik 2 ist festzustellen, dass Perso-nen, die nicht über einen Abschluss derSekundarstufe II verfügen, dieses Kompe-tenzminimum im Durchschnitt nicht errei-chen (oder, in Deutschland und Schwe-den, nur knapp). Hingegen verfügen inallen Ländern der Europäischen Union, diean der IALS-Untersuchung teilgenommenhaben, Personen mit einem Abschluss derSekundarstufe II im Durchschnitt über dasLiteralitätsniveau 3 und damit über dasKompetenzminimum, das Voraussetzung

(1) In diesem Beitrag bezieht sich derBegriff „Bildungsniveau“␣ auf die inder Internationalen Standardklassifi-kation für das Bildungswesen (ISCED,1976) definierten Niveaus. Wir unter-scheiden hier drei Bildungsniveaus:ISCED 0-2, womit ein Bildungsniveaubis hin zur Sekundarstufe I gemeintist; ISCED 3, womit das der Sekun-darstufe II entsprechende Niveau ge-meint ist; ISCED 5-7, womit dasHochschulniveau gemeint ist.Es sei darauf hingewiesen, dass dieKategorien ISCED 0-2 und ISCED 5-7sehr weit gefasst sind. ISCED 0-2umfasst die Bildungsniveaus von derVorschule (ISCED 0) bis zur Sekun-darstufe I (ISCED 2), während dieSpannweite von ISCED 5-7 vom nicht-univers i tären Hochschulbere ich(ISCED 5) bis zum post-universitärenBereich (ISCED7) reicht.

Auf dem europäischen Arbeits-markt sind Veränderungen imBereich des Angebots und derNachfrage nach Kompetenzenzu beobachten, und die Rich-tung dieser Veränderungenwirkt sich keinesfalls günstigfür Personen mit niedrigem Bil-dungsniveau aus. Nun umfasstdiese Gruppe aber etwa einDrittel der Bevölkerung zwi-schen 29 und 59 Jahren in derEuropäischen Union (das heißt,59 582 000 Personen, was derfranzösischen Gesamtbevölke-rung entspricht), woraus sicheine besonders besorgniserre-gende Situation ergibt. In die-sem Beitrag versuchen wir mit-tels einer Reihe statistischer In-dikatoren, die durch jüngste Er-hebungen und Analysen ge-wonnen wurden, die Arbeits-marktsituation von Personenzu beleuchten, die nicht übereinen Abschluss der Sekun-darstufe II verfügen. Dabeiberücksichtigen wir insbeson-dere die Phase der beruflichenEingliederung und wir be-schreiben die Situation dieserGruppe im Hinblick auf das le-benslange Lernen. Abschlie-ßend stellen wir einige Überle-gungen in Bezug auf möglicheMaßnahmen an.

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Grafik 1:

Bevölkerung aufgeschlüsselt nach Bildungsniveauund Alter, EU-15, 2000, %

Quelle: ECFT, 2000.

30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-590%

20%

40%

60%

80%

100%

27

48

25

30

47

23

34

44

22

38

41

22

44

37

19

49

35

17

o. Abschl. Sek.IIAbschl. Sek.IIHochschulabschl.

Kasten 1:

International Adult Literacy Survey (IALS)

Der International Adult Literacy Survey definiert drei Bereiche der Literalität: Ver-ständnis von Prosatexten (prose literacy, z.B. Zeitungsartikel, Romane, Broschürenund Lehrbücher), Verständnis schematischer Texte (document literacy, z.B. Stel-lenanzeigen, Gehaltsabrechnungen, Fahrpläne), Verständnis von Texten, die Re-chenoperationen beinhalten (quantitative literacy, z.B. Scheckbücher, Rechnun-gen, Auftragsscheine, Berechnung der Zinsen für ein Darlehen oder eine Investiti-on). Für jeden dieser Bereiche werden fünf Literalitätsniveaus definiert:␣

Niveau 1: niedriges Kompetenzniveau (z.B. Unfähigkeit, anhand von imBeipackzettel enthaltenen Informationen die Dosierung einesMedikaments für ein Kind zu bestimmen);

Niveau 2: Kompetenzniveau, das den Umgang mit einfachem, klar for-muliertem Material ermöglicht, welches keine zu komplexenAufgaben beinhaltet. Dieses Kompetenzniveau ist niedrig, aberdennoch höher als das Niveau 1. Die betreffenden Personenkönnen lesen, aber aufgrund ihres Kompetenzniveaus fälltihnen die Bewältigung neuer Anforderungen schwer;

Niveau 3: erforderliches Minimum zur Bewältigung der Anforderungendes Alltagslebens und von Arbeitssituationen in den entwi-ckelten Gesellschaften. Es beinhaltet die Fähigkeit, mehrereInformationsquellen zu verarbeiten und komplexe Problemezu lösen. Dieses Niveau entspricht mehr oder weniger demKompetenzniveau, welches Voraussetzung für den erfolgrei-chen Abschluss der Sekundarstufe und für die Aufnahme ei-nes Hochschulstudiums ist;

Niveau 4 und 5: Kompetenz zur Informationsverarbeitung auf hohem Niveau.

Quelle: OECD und Statistics Canada, 2000.

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Grafik 2:

Durchschnittliche Testergebnisse für das Literalitätsniveau aufgeschlüsselt nachBildungsniveau, 16- bis 65-jährige Personen, 1994-1998

Quelle: IALS, 1994-1998, In: OECD, Statistics Canada, 2000.

0

50

100

150

200

250

300

D IRL NL S B (Fl) UK DK FIN P US

Prosatexte

schematische Texte

Texte mit Rechenoperationen

Prosatexte

schematische Texte

Texte mit Rechenoperationen

330

Literalitätsniveau 3 (Durchschnittswert = 276)

Histogramme: Personen ohne Abschluss der Sekundarstufe II

Punkte: Personen mit Abschluss der Sekundarstufe II

Grafik 3:

Personen ohne Abschluss der Sekundarstufe II mitden Literalitätsniveaus 3 und 4/5 bei schematischenTexten 16-65-jährige Personen, %

Quelle: IALS, 1994-1998, In: OECD, Statistics Canada, 2000.

P US IRL UK FIN B (Fl) NL DK D S0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

für die Bewältigung der Anforderungen inunseren Gesellschaften ist.

Kasten 1: Grafik 2 einfügen]Diese Ergebnisse finden sich bestätigt,wenn man den Prozentsatz der Be-völkerung untersucht, der ohne Abschlussder Sekundarstufe II beim Verständnisschematischer Texte zumindest das Ni-veau 3 erreicht (Grafik 3). Trotz der sehrunterschiedlichen Situationen in den ein-zelnen Ländern kann in den meisten Fäl-len über die Hälfte der betreffenden Per-sonen zwar lesen, hat jedoch Schwierig-keiten, diese Kompetenz in komplexenund/oder neuen Situationen einzusetzen(laut der Definition der Literalitätsniveaus3 und 4/5 des IALS, siehe Kasten 1).

[Grafik 3 einfügen]Inwiefern sind diese Unterschiede imBildungs- und Kompetenzniveau für denZugang zu Arbeitsplätzen, für das Risiko,arbeitslos zu werden, und für die Fähig-keit zum lebenslangen Lernen von Bedeu-tung? Genau dieser Frage will dieser Bei-trag nachgehen.

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Berufliche Eingliederung gering qua-lifizierter Jugendlicher

Trotz des allgemeinen Anstiegs des Bil-dungsniveaus erwirbt eine beträchtlicheZahl von Jugendlichen keinen Abschlussder Sekundarstufe II. Im Jahr 2000 ver-fügte in der Europäischen Union jederfünfte Jugendliche zwischen 18 und 24Jahren (18%) bestenfalls über einenAbschluss der Sekundarstufe I (ISCED 0-2). Allerdings verbergen sich hinter die-sem europäischen Durchschnitt drastischeUnterschiede zwischen den einzelnenMitgliedstaaten, da dieser Prozentsatzzwischen 8% in Schweden und 43% inPortugal schwankt.(2)

Laut der TIMSS-Studie(3), die die Kompe-tenzen jugendlicher Schulabgänger ohneAbschluss der Sekundarstufe II in Mathe-matik und Naturwissenschaften bewertet,verfügen diese Jugendlichen nur mit ge-r inger Wahrscheinl ichkeit über einKompetenzniveau im Rechnen (nume-racy), das nicht nur zur Sicherstellungihrer Beschäftigungsfähigkeit, sondernauch zur Aktualisierung ihrer Qualifika-tionen während ihres Berufslebens aus-reicht (McIntosh und Steedman, 1999).

Was das Literalitätsniveau (Tabelle␣ 1) be-trifft, so ist Folgendes festzustellen: Ob-wohl die allgemeine Verbesserung des Bil-dungsniveaus offenbar generell dasKompetenzniveau von Jugendlichen (16-25 Jahre) im Vergleich zur vorausgehen-

den Generation (46-55 Jahre) erhöht hat,scheint es, dass in den untersuchten Län-dern ein beträchtlicher Prozentsatz der Ju-gendlichen das Niveau 3 nicht erreicht(4)(jeder fünfte Jugendliche in Schwedenund den Niederlanden und jeder zweiteJugendliche in Irland). Sie sind dahertheoretisch nicht darauf vorbereitet, denAnforderungen des täglichen Lebens inden entwickelten Gesellschaften gerechtzu werden.

[Tabelle 2 einfügen]Wie verläuft die Phase der beruflichenEingliederung bei Jugendlichen mit nied-rigem Bildungsniveau (ISCED 0-2)? Be-trachtet man die Situation von Jugendli-chen mit weniger als 5 Jahren Arbeits-markterfahrung (juniors) im Hinblick aufden Aspekt Erwerbslosigkeit (Grafik 4),dann erkennt man rasch, dass der Über-gang zwischen Bildungssystem und Er-werbsleben für Jugendliche mit einemISCED-Niveau 0-2 schwieriger ist, wasauch für Länder gilt, in denen sich dieberufliche Eingliederung insgesamt leich-ter zu vollziehen scheint (die Länder, indenen die „juniors“ im Durchschnitt nichtso stark gegenüber Erwachsenen mit über15 Jahren Arbeitsmarkterfahrung benach-teiligt sind, sind folgende: Dänemark,Niederlande, Österreich, Deutschland). Infast allen Ländern der Europäischen Uni-on (mit Ausnahme von Griechenland, Ita-lien und Portugal) findet sich bei Jugend-lichen mit niedrigem Bildungsniveau beiihrem Eintritt ins Erwerbsleben eine (deut-lich) höhere Arbeitslosenquote als beiJugendlichen, die ihre Ausbildung fortge-setzt und höhere Bildungsabschlüsse er-worben haben.

[Grafik 4 einfügen]Erwähnt werden sollte auch, dass dieArbeitsmarktsituation dieser Jugendlichenschwierig bleibt, obwohl sich diese Alters-kohorte verkleinert und damit der relati-ve Konkurrenzdruck abnehmen müsste.

Ebenso verdeutlichen die Übergänge zuArbeitslosigkeit und Beschäftigung (unterBerücksichtigung der beruflichen Situati-on im vorangehenden Jahr), dass Jugend-liche ohne Abschluss der SekundarstufeII größere Schwierigkeiten haben. Wennsie in den Arbeitsmarkt einsteigen (bis 5Jahre Berufserfahrung), sind Jugendlichemit einem der ISCED 0-2 entsprechendenBildungsniveau nicht nur stärker von Ar-beitslosigkeit bedroht, sondern haben beiArbeitslosigkeit auch geringere Chancen,

(2) ECFT, Eurostat, 2000.

(3) Third International Mathematicsand Science Study.

(4) Siehe Kasten 1.

Tabelle 2:

Prozentsatz derBevölkerung, der überdas Literalitätsniveau 3oder höher verfügt

Literalitätsniveau 3oder höher

16-25 Jahre 46-55 JahreS 80 % 73 %NL 77 % 52 %B (Fl) 76 % 52 %CH 67 % 45 %D 66 % 58 %UK 56 % 47 %IRL 50 % 34 %US 45 % 51 %

Quelle: OECD, Statistics Canada, 1997.

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rasch (innerhalb eines Jahres) einen neu-en Arbeitsplatz zu finden (Grafik 5).

[Grafik 5 einfügen]Mehr noch als das Bildungsniveau ist esjedoch das aus diesem resultierendeKompetenzniveau, das für die beruflicheEingliederung von Bedeutung ist. Jugend-liche, die trotz eines niedrigen Bildungs-

niveaus ein gutes Testergebnis im Bereichder Literalität erzielen, haben ein gerin-ges Risiko, arbeitslos zu werden (Grafik6). Gleichwohl besteht ein unleugbarerZusammenhang zwischen Bildungs- undLiteralitätsniveau, und die Wahrscheinlich-keit, ohne Sekundarstufenabschluss eineausreichende Lesekompetenz zu erwer-

Grafik 4:

Arbeitslosenquote der „Juniors“ (a) aufgeschlüsseltnach Bildungsniveau, EU-15, 1997, %

EU-15

DK

NL

P

A

UK

EL

IRL

I

D

B

E

FIN

S

F

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 %

„Seniors“ (b)

„Juniors“, Hochschulabschluss

„Juniors“, Abschluss der Sekundarstufe II

„Juniors“, o. Abschluss der Sekundarstufe II

(a) Jugendliche mit 0 bis 5 Jahren Berufserfahrung.(b) über 15 Jahre Berufserfahrung

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Grafik 5:

Übergänge auf dem Arbeitsmarkt (a) aufgeschlüsseltnach Bildungsniveau, „Juniors“ (b), EU-15, 1997, %

(a) in Abhängigkeit von der beruflichen Situation der betreffenden Personen im vorausgehenden Jahr.(b) Jugendliche mit 0 bis 5 Jahren Berufserfahrung.Quelle: Cedefop, Europäische Kommission, Eurostat, 2001.

ens. ohne Abschl. der Sekundarstufe II

Abschl. derSekundarstufe II

Hochschul-abschluss

0

10

20

30

40

50

60

von der Arbeitslosigkeit zur Beschäftigung von der Beschäftigung zur Arbeitslosigkeit

Grafik 6:

Wahrscheinlichkeit der Arbeitslosigkeit aufgeschlüs-selt nach Literalitätsniveau (Prosatexte), 16- bis 25-jährige Männer mit niedrigem Qualifikationsniveau

Quelle:: IALS, 1994-1998, In: OECD, Statistics Canada, 2000.

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0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 5000

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

◆ D■ IRL▲ NL

✕ S✶ B (Fl)● UK

❙ DK▼ FIN✚ US

Literalitätsniveau

Wah

rsch

ein

lich

keit

x 1

00

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Tabelle 3:

Zu erwartende Erwerbslosigkeitsjahre (a) im Verlaufdes Erwerbslebens nach Bildungsniveau, Männer zwi-schen 25 und 64 Jahren, 1995

BildungsniveauOhne Abschluss der Sekundar- Hochschul-

Sekundarstufe II stufe II abschlussL 0,7 0,6 0,1A 1,6 0,9 0,6EL 1,8 1,7 1,9NL 1,9 1,1 1,1P 1,9 1,6 1,4I 2,2 1,4 1,8B 3,0 1,4 0,9US 3,0 1,7 1,1DK 4,0 2,8 2,0S 4,3 3,3 2,0F 4,4 2,5 2,1D 4,5 2,3 1,6IRL 5,0 2,3 1,4UK 5,4 2,9 1,6E 5,6 3,9 2,9FIN 6,8 5,8 3,1

(a) Die zu erwartenden Erwerbslosigkeitsjahre sind die Zahl der Jahre, die eine Person während ihresgesamten Erwerbslebens nach den aktuellen Arbeitslosenquoten erwerbslos wäre (zu ausführlicherenInformationen zur Methodik siehe OECD 1998).Quelle: OECD, 1998

Grafik 7:

Langzeitarbeitslosenquote (ein Jahr und länger)aufgeschlüsselt nach Bildungsniveau, 2000, %

Quelle: Eurostat, ECFT 2000.

L DK NL P S A UK FIN EL E B D F I0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Hochschulabschluss

Abschluss der Sekundarstufe II

ohne Abschluss der Sekundarstufe II

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Grafik 8:

Arbeitslosenquote aufgeschlüsselt nach Literalitäts-niveau (Prosatexte), 16- bis 65-jährige Personen, %

Quelle: IALS, 1994-1998, In: OECD, Statistics Canada 2000.

US

DK

NL

S

D

P

UK

B (Fl)

FIN

IRL

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26

Niveaus 1 und 2 Niveaus 3 und 4/5

Grafik 9:

Berufskategorien aufgeschlüsselt nach Literalitäts-niveau (schematische Texte), 16-bis 65-jährige Perso-nen, Länderdurchschnitt laut IALS, %

Quelle: IALS, 1994-1998, In: OECD, Statistics Canada, 2000

Führungskräfte und geistige Berufe

Techniker

Verwaltungs-angestellte

Kaufm. Angestellte / Dienstleistungspersonal

Arbeiter in handwerk-lichen Berufen

Industriearbeiter

Landwirtschaftliche Berufe

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Niveau 2 Niveau 3 Niveau 4/5Niveau 1

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ben, ist relativ gering (siehe oben Grafik3).

Nach dem Einstieg in denArbeitsmarkt...

Die Größe des Personenkreises, der vonAusgrenzung vom Arbeitsmarkt bedrohtist, hängt von der jeweiligen sozio-öko-nomischen Lage ab. In unseren entwi-ckelten Gesellschaften sind Personen, dienicht über ein hohes Bildungsniveau ver-fügen, bei ungünstiger Wirtschaftslage, beiVerknappung der Arbeitsplätze und beierhöhten Kompetenzanforderungen stär-ker von einem solchen Risiko betroffen.Während Personen ohne Abschluss derSekundarstufe II in der Vergangenheitnicht als besonders gefährdet betrachtetwurden, werden sie heute zunehmend als„Risikogruppe“ eingestuft.

Eine Person mit einem dem ISCED 0-2entsprechenden Bildungsniveau muss sichdarauf einstellen, im Laufe ihres Erwerbs-lebens längere Phasen der Arbeitslosig-keit zu erleben als eine Person mit höhe-rem Bildungsniveau. In den in Tabelle 3aufgeführten Ländern müssen Erwachse-ne mit einem Bildungsniveau der Kate-gorie ISCED 0-2 mit Arbeitslosigkeits-phasen zwischen 8 Monaten und 7 Jah-ren rechnen, während Personen mit hö-herem Bildungsniveau lediglich Arbeits-losigkeitsphasen zwischen 1 Monat und3 Jahren zu erwarten haben. Das Bildungs-niveau einer Person erlaubt also gewisseVoraussagen über die Länge künftigerPhasen der Arbeitslosigkeit. Dies wirddurch den nach Bildungsniveau aufge-schlüsselten Indikator für Langzeit-arbeitslosigkeit (ein Jahr und mehr) be-stätigt: Personen mit einem der ISCED 0-2 entsprechenden Bildungsniveau sindhier stärker betroffen (Grafik 7).

[Tabelle 3 und Grafik 7 einfügen]Die Untersuchung der Zusammenhängezwischen Literalität und Arbeitslosigkeitlegt auch ebenso deutlich die Benachtei-ligung von Personen mit einem niedrige-ren Kompetenzniveau offen (Grafik 8),denn die Arbeitslosenquote liegt in die-ser Gruppe überall deutlich höher. DasKompetenzniveau im Lesen erlaubtaußerdem Voraussagen über den künftigausgeübten Beruf. Die Literalitätsniveaus1 und 2 sind bei Personen in Führungs-

positionen sowie in geistigen Berufen undbei Technikern deutlich seltener zu fin-den; die große Mehrzahl der Arbeiter(Grafik 9) erwirbt hingegen niemals eindarüber hinausgehendes Literalitäts-niveau. Auf dem Arbeitsmarkt besteht eintiefer Graben zwischen den Literali-tätsniveaus 1 und 2 und den Literalitäts-niveaus 3 und höher.

[Grafik 8 und 9 einfügen]Aus der Untersuchung dieser Indikatorengeht also hervor, dass eine beträchtlicheZahl von Personen die Sekundarstufenicht abgeschlossen hat. Dieses niedrigeBildungsniveau geht einher mit einemniedrigen Kompetenzniveau im Bereichdes Leseverständnisses: Die meisten Per-sonen ohne Sekundarstufenabschluss ver-fügen lediglich über ein Kompetenzniveauim Lesen, das es ihnen nicht erlaubt, dieAnforderungen von Alltag und Arbeitssi-tuationen in der heutigen Gesellschaft zubewältigen. Diese Personen stoßen bereitsin der Phase der beruflichen Eingliede-rung auf Schwierigkeiten und auch nachihrer Eingliederung in den Arbeitsmarktstellen sie die am schwächsten positio-nierte Personengruppe dar, die am stärk-sten von Arbeitslosigkeit und Langzeit-arbeitslosigkeit betroffen ist.

Das lebenslange Lernen:eine unbedingte Notwen-digkeit

Die Situation von Personen mit niedrigemAusbildungsabschluss ist um so besorg-niserregender, als die vorliegenden Un-tersuchungen belegen, dass sie in gerin-gerem Umfang an berufsbegleitendenWeiterbildungsmaßnahmen teilnehmenund damit weniger Möglichkeiten haben,ihre Kompetenzen zu aktualisieren, wäh-rend Personen mit höherem Ausbildungs-abschluss häufiger solche Maßnahmen ab-solvieren. Dies gilt sowohl für die Gesamt-bevölkerung als auch für Personen, dieim Rahmen ihrer Arbeit an Weiterbildungs-maßnahmen teilnehmen. Das bedeutet,dass die Arbeitnehmer, die mit der gering-sten Wahrscheinlichkeit über die auf demArbeitsmarkt geforderten Kompetenzenund das verlangte Know-how verfügen,auch genau jene sind, die am seltenstenan Weiterbildungsmaßnahmen teilneh-men, einem der Instrumente, die ihre Si-tuation verbessern könnten.

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Im Durchschnitt haben in der Europäi-schen Union nur 2,4% der Bevölkerungs-gruppe mit einem dem ISCED 0-2 entspre-chenden Bildungsniveau während der vierWochen, die der Arbeitskräfteerhebung imJahr 2000 vorausgingen, an einer Weiter-bildungsmaßnahme teilgenommen. Beiden Inhabern eines Abschlusses derSekundarstufe II waren dies fast viermalmehr Personen (9,4%) und bei denHochschulabsolventen sechsmal mehrPersonen (15,5%) (Grafik 10).

[Grafik 10 einfügen]Im Rahmen ihrer Arbeit nimmt in allenuntersuchten europäischen Ländern nureine geringe Anzahl von Personen miteinem dem ISCED 0-2 entsprechendenBildungsniveau an Weiterbildungsmaß-nahmen teil, welche außerdem eine ge-ringere Stundenzahl aufweisen – mit Aus-nahme von Deutschland und, in geringe-rem Maße, Dänemark, wo dieser Gruppeeine höhere Zahl von Weiterbildungs-stunden angeboten wird (Grafik 11).

[Grafik 11 einfügen]Das Literalitätsniveau hat ebenfalls Aus-wirkungen auf das lebenslange Lernen:

Grafik 11:

Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen am Arbeitsplatz aufgeschlüsselt nach Bil-dungsniveau, Teilnahmequote und durchschnittliche Zahl an Ausbildungsstunden

Quelle: IALS, 1994-1998, In: OECD, Statistics Canada, 2000B (FI) IALS 95/96, DK IALS 98/99, FIN 1995, D 1997, IRL IALS 95/96, I IALS 98/99, NL IALS 94/95, N IALS 98/99UK IALS 95/96, CH IALS 98/99

ohne Abschluss der Sekundarstufe IIAbschluss der Sekundarstufe IIHochschulabschluss

ohne Abschluss der Sekundarstufe IIAbschluss der Sekundarstufe IIHochschulabschluss

B (Fl) DK FIN D IRL I NL N UK CH0 %

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

70 %

80 %

0

50

100

150

200

250

Teil

nah

meq

uote

Durch

schn

ittliche Stun

denzah

l

Histogramme: Teilnahmequote

Punkte: Durchschnittliche Zahl an Ausbildungsstunden

Grafik 10:

Personen im Alter von 25 bis 64 Jahren, die in den vor-ausgegangenen vier Wochen an einer Weiterbildungs-maßnahme teilgenommen hatten, EU-15, 2000, %

Quelle: ECFT, Eurostat, 2000. IRL, A: keine Daten verfügbar

EL F L P E I D EU-15 B UK FIN NL DK S0

5

10

15

20

25

30

35

40

Hochschul-abschluss

Abschluss der Sekundarstufe II

ohne Abschluss der Sekundarstufe II

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je geringer die Lesekompetenz, desto sel-tener erfolgt eine Teilnahme an Maßnah-men zur lebenslangen Weiterbildung (Gra-fik 12).

[Grafik 12 einfügen]Die Lage von Personen mit niedrigem Bil-dungsniveau erscheint also in allen Län-dern kritisch. So stellen sie nicht nur dieGruppe dar, die aufgrund ihrer formalenBildung und ihrer durchschnittlichenKompetenz im Bereich der Literalität amwenigsten in der Lage ist, die vielfältigenAnforderungen der heutigen Gesellschaftzu bewältigen, sondern sie sind auch jeneGruppe, die am wenigsten an Weiterbil-dungsmaßnahmen teilnimmt und daherdie geringsten Chancen hat, ihre Kompe-tenzen zu aktualisieren und zu erneuern.

Schlussfolgerungen undÜberlegungen im Hinblickauf mögliche Maßnahmen

Aufgrund des sehr begrenzten Umfangsdieses Beitrags, aber auch aufgrund dergeringen Zahl der auf europäischer undinternationaler Ebene vorliegenden Ver-gleichsdaten ist es nicht möglich, die Ur-sachen und Folgen der selektiven Benach-teiligung von Personen mit niedrigemBildungs- und Kompetenzniveau ausführ-lich zu beschreiben. Gleichwohl haben wirgezeigt, dass sie sich auf dem Arbeitsmarktin einer schwachen Position befinden, weiles bei dieser Gruppe häufig zu einerAnhäufung von Defiziten kommt: Ausgren-zung vom Arbeitsmarkt und vom Lernen,wobei sich diese Phänomene gegenseitigverstärken. Zudem hat der zahlenmäßigeRückgang dieser Personengruppe nicht zueiner Verbesserung ihrer Situation geführt.Dies ist umso besorgniserregender, alsPersonen mit einem niedrigen Bildungs-niveau in der Europäischen Union über einDrittel der Bevölkerung im Alter von 25-59 Jahren ausmachen.

Diese selektive Ausgrenzung scheint dasResultat einer Kombination verschiedenerFaktoren zu sein, die mit den tief greifen-den Veränderungen der Nachfrage nachKompetenzen auf dem Arbeitsmarkt inZusammenhang stehen: Einführung neu-er Technologien auf breiter Ebene, Wan-del der Arbeitsprozesse und Arbeitsorga-nisation, gestiegener Konkurrenzdruck,branchenbezogene Veränderungen, Pola-

risierung der Arbeitsmärkte, usw. Parado-xerweise ist diese Ausgrenzung teilweiseauch auf eine Veränderung des Arbeits-kräfteangebots zurückzuführen. Auf ei-nem Markt, auf dem eine Überfülle vonAusbildungsabschlüssen angeboten wird,kommt es zu Substitutionseffekten, sodass Arbeitsplätze mit geringen Qualifi-kationsanforderungen mit Personen be-setzt werden, deren Ausbildungsabschlusseinem höheren Qualifikationsniveau ent-spricht. Die allgemeine Anhebung desBildungsniveaus scheint also zur Verschär-fung der Ausgrenzung der weniger Qua-lifizierten beizutragen. Die Forschung istsich nicht sicher, welches Gewicht deneinzelnen Faktoren jeweils zukommt,doch steht fest, dass die Veränderungenauf der Angebots- wie auf der Nachfrage-seite sich nachteilig auf Personen mit nied-rigem Bildungsniveau ausgewirkt haben.Mit welchen Maßnahmen könnte hier ein-gegriffen werden? Auf einer ganz allge-meinen Ebene lassen sich dazu folgendeÜberlegungen anstellen:

❏ Allgemeine Bildung, berufliche Bildungund Beschäftigung sind häufig nicht vonanderen entscheidenden Aspekten des in-

Grafik 12:

Teilnahme an Maßnahmen zur Erwachsenenbildungwährend des Jahres vor der Erhebung, nach Literali-tätsniveaus aufgeschlüsselt und insgesamt (schemati-sche Texte), 15- bis 65-jährige Personen, %

Quelle: IALS, 1994-1998, In: OECD, Statistics Canada, 2000.

P B (Fl) IRL NL CH UK N S DK FIN0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

insgesamt Niveau 1 Niveau 2

Niveau 3 Niveau 4/5

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nen vor allem auf den Resultaten der ab-solvierten formalen Bildung beruhen undnicht die durch Berufserfahrung und imAlltag erworbenen Kompetenzen be-rücksichtigen, können sich die Bewer-tung und Validierung nicht formal erwor-bener und informeller Kenntnisse alsnützliche Instrumente erweisen. Ange-sichts dessen wird deutlicher, warum die-se benachteiligte Gruppe auf dem Ar-beitsmarkt, aber auch im Hinblick auf daslebenslange Lernen ein Interesse daranhat, alle ihre Kompetenzen validierenund anerkennen zu lassen, unabhängigdavon, wie sie erworben wurden. Die Er-mittlung der Kompetenzen einer Personkönnte nicht nur ein zielgerichteteres undauf zuvor erworbenen Kompetenzen auf-bauendes Lernen ermöglichen, sondernauch die Aufwertung und Anerkennungdieser Kompetenzen auf dem Arbeits-markt erleichtern.

Die Verbesserung und Erhaltung desKompetenzniveaus von Personen mitniedrigem Bildungs- und Kompetenz-niveau auf dem Arbeitsmarkt ist eine not-wendige Voraussetzung, um der Marginali-sierung und Ausgrenzung eines bedeuten-den Teils der Bevölkerung und der Ar-beitskräfte vorzubeugen.

dividuellen und sozialen Lebens der Men-schen zu trennen: Wohnung, Gesundheitund gesellschaftliches Leben. Für die ver-schiedenen Gruppen (Jugendliche, Er-werbstätige, Arbeitslose, Nichterwerbs-tätige, ältere Arbeitnehmer) bedarf es hiergezielter, maßgeschneiderter Politiken.Das lebenslange Lernen ist eines derSchlüsselelemente dieser aktiven Politik.Es geht darum, die Kompetenzen der be-treffenden Personen zu erhalten und zuaktualisieren sowie ihre Eingliederung inden Arbeitsmarkt und im weiteren Sinnein die Gesellschaft zu fördern. Um diesesZiel zu verwirklichen, müssen Maßnah-men, Politiken und gesetzliche Bestim-mungen koordiniert werden.

❏ Wenn die Ausbildung, und hier auchinsbesondere im Hinblick auf das lebens-lange Lernen, der Eingliederung aller Men-schen in den Arbeitsmarkt und in die ko-gnitive Wirtschaft dienen soll, bedarf eszuvor bestimmter Begleitmaßnahmen (Be-ratung, Hilfen), die den Einzelnen daraufvorbereiten, unter optimalen Vorausset-zungen eine für ihn geeignete Ausbildungaufzunehmen.

❏ Da die Kriterien zur Definition derGruppe der gering qualifizierten Perso-

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Literaturverzeichnis

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JittieBrandsmaUniversität Twente,Niederlande

Ausbildung zur Hilfs-kraft: Sicherheitsnetzoder Vorbereitung aufdie Erwerbstätigkeit?

Einleitung

In einigen europäischen Ländern wurdenvor Kurzem Reformen im Sekundarbereichder Stufe II, einschließlich der Berufsbil-dung, durchgeführt. Eine wichtige Trieb-feder für diese Reformen ist die Notwen-digkeit, die Berufsbildung an die Verän-derungen in der Wirtschaft und am Ar-beitsmarkt anzupassen. Benötigt wird einneugestaltetes System der Berufsbildung,das den Jugendlichen den Übergang vonder Schule in die Erwerbstätigkeit erleich-tert und sie auf ein Arbeitsleben vorberei-tet, in dem Flexibilität, Beschäftigungs-fähigkeit und lebensbegleitendes Lernenzentrale Anforderungen darstellen.

Die Niederlande bilden da keine Ausnah-me. Nach einigen Jahren der Vorbereitungtrat 1996 ein neues Gesetz über die Be-rufs- und Erwachsenenbildung (Weteducatie en beroepsonderwijs, WEB) inKraft. Mit diesem Gesetz wurde der recht-liche und institutionelle Rahmen für diegesamte Berufs- und Erwachsenenbildung(einschließlich der nicht formalen Bildungfür junge Erwachsene) geschaffen. Deninstitutionellen Rahmen stellen die neu ge-gründeten regionalen Ausbildungszentren(ROCs) dar, die in allen organisatorischenund inhaltlichen Fragen über ein hohesMaß an Autonomie verfügen. Der Schwer-punkt der staatlichen Kontrolle hat sichvon der Überwachung der Vorschriften aufRechenschaftslegung und Ergebnis-kontrolle (Brandsma, Noonan und West-phalen, 2000) verlagert. Ein wichtiges Ele-ment der Reform ist die Einführung einernationalen Qualifikationsstruktur fürBerufsbildungsprogramme, anhand der dieverschiedenen Qualifikationen (bzw. zueinem bestimmten Abschluss führendenProgramme) und die Leistungsziele defi-

niert werden. Für die Entwicklung dieserQualifikationen und die Festlegung derLeistungsziele sind die nationalen Berufs-bildungsgremien in Zusammenarbeit mitden Sozialpartnern zuständig. Die natio-nale Qualifikationsstruktur beruht auf vierAusbildungsstufen und zwei verschiede-nen Bildungswegen. Die niedrigste dervier Stufen, Stufe 1 oder die Ausbildungzur Hilfskraft, stellt eine Neuheit imBerufsbildungssystem der Niederlande dar.Allgemein wird mit der Einführung einerQualifikationsstruktur eine bessere Ab-stimmung zwischen Berufsbildung und Ar-beitsmarkt bezweckt.

In diesem Artikel werden die Ergebnisseeines Forschungsprojekts vorgestellt, dasdie Umsetzung der Ausbildungsprogram-me für Hilfskräfte durch die ROCs unter-suchte. Das Projekt war als vergleichendeFallstudie angelegt, an der fünf der ge-genwärtig 43 ROCs betei l igt waren(Brandsma, Van Esch, Huisman undAbbenhuis, 2000).

Übergang von der Schulein die Erwerbstätigkeitund Sicherheitsnetze

Der Übergang von der Schule in die Er-werbstätigkeit steht bereits seit Jahrzehn-ten im Mittelpunkt der Bildungsdebattenund der Bildungspolitik. Dies ist nicht zu-letzt auf die rasanten Veränderungen inder Berufspraxis zurückzuführen. Die Ver-änderungen betreffen den Arbeitsinhalt,der sich aufgrund der neuen Technologi-en gewandelt hat, aber auch die Beschäf-tigungsstrukturen (z.B. Rückgang der le-benslangen Beschäftigung, flexible Ar-beitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung). Vonden Arbeitnehmern wird zunehmend Fle-

Gegenstand dieses Artikelsist die Gestaltung und Um-setzung neuer Ausbildungs-programme in den Nieder-landen, die als eine Art Si-cherheitsnetz für Jugendli-che gedacht sind, die ihrePflichtschulbildung abge-brochen haben oder in an-derer Hinsicht die Anforde-rungen für die Teilnahmean Berufsbildungsprogram-men nicht erfüllen. Er ba-siert auf Fallstudien, die infünf regionalen Ausbil-dungszentren durchgeführtwurden. Wie die wachsendeZahl der teilnehmenden Ju-gendlichen zeigt, bestehtganz offensichtlich Bedarfan diesen „Sicherheitsnet-zen“. Damit sie jedoch effek-tiver werden und sowohlden Einstieg in den Arbeits-markt ermöglichen als aucheine Grundlage für daslebensbegleitende Lernenschaffen, bedarf es einerSchwerpunktverlagerung.

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xibilität erwartet (OECD, 1996). Es gibtverschiedene Gründe, warum insbesonde-re der Übergang von der Schule in dieErwerbstätigkeit und die Anpassung der(beruflichen) Bildung an die Erfordernis-se des Arbeitsmarkts weiterhin ganz obenauf der politischen Agenda stehen. Erstensgibt die Jugendarbeitslosigkeit nach wievor Anlass zur Sorge. Obwohl in einigeneuropäischen Ländern (darunter auch inden Niederlanden) die Arbeitslosenquo-ten in den vergangenen Jahren relativniedrig waren, sind die Chancen der Ju-gendlichen, ein Beschäftigungsverhältniszu finden, noch immer sehr unterschied-lich. Diese Unterschiede ergeben sich ausdem Bildungsniveau, der ethnischen Her-kunft und dem sozioökonomischen Hin-tergrund. Angesichts der Arbeitsmarkt-veränderungen und des zurückgehendenBedarfs an ungelernten und gering quali-fizierten Arbeitnehmern stellen Jugendli-che mit einem niedrigen Bildungsniveauoder lediglich einem Pflichtschulabschlusseine besondere Risikogruppe dar. Zwei-tens setzt sich die Erkenntnis durch, dassfür eine bessere Übereinstimmung zwi-schen Bildung und Arbeitsmarkt mehr alsnur der Erwerb beruflicher Kenntnisse undFähigkeiten notwendig ist. Die Verbesse-rung dieser Übereinstimmung setzt auchvoraus, dass die Jugendlichen befähigtwerden, in Situationen und Umfeldern zuarbeiten, die einem ständigen Wandelunterworfen sind. Hier stellt sich die Fra-ge, inwieweit die Berufsbildung die jun-gen Menschen auf das lebensbegleitendeLernen vorbereitet. Drittens hat sich auchder Übergang von der Schule ins Erwerbs-leben verändert, indem die beiden Lebens-phasen nicht mehr scharf voneinanderabgegrenzt sind. Viele Jugendliche verbin-den ihre Ausbildung entweder mit einemTeilzeitjob oder erweitern ihren Horizontvor dem Eintritt ins Arbeitsleben (indemsie beispielsweise eine Zeitlang Reisenmachen oder im Ausland eine zusätzlicheAusbildung aufnehmen).

Mit ihrer Untersuchung, die 14 Ländererfasste, versuchte die OECD festzustel-len, welche Merkmale Bildung und Ar-beitsmarkt aufweisen müssen, damit sichdie „Effektivität“ des Übergangs von derSchule in die Erwerbstätigkeit erhöht. „Ef-fektivität“ bedeutet hier Vermittlung derJugendlichen in stabile Arbeitsverhältnissemit der Perspektive einer dauerhaften Be-schäftigung. Obwohl es keine auf alle Län-

der anwendbare Patentlösung gibt, wur-den einige Schlüsselaspekte eines erfolg-reichen Übergangs ermittelt. Eines dieserMerkmale ist ein „eng geknüpftes Sicher-heitsnetz“ (OECD, 2000) das die Risiko-gruppen im Übergangsprozess auffangensoll. Solche eng geknüpften Sicherheits-netze bestehen aus Maßnahmen oderStrukturen, die darauf gerichtet sind, Ju-gendliche, die durch das Netz zu fallendrohen, so schnell wie möglich in allge-meine oder berufliche Bildungsprogram-me zu vermitteln oder ihnen praktischeArbeitserfahrungen zu ermöglichen. „Maß-geschneiderte Bildungswege“, eine guteKoordinierung zwischen Bildung, Arbeits-markt und Sozialpolitik, örtliche Initiati-ven, verstärkte Anstrengungen bei der Be-rufsberatung und sowohl Präventions- alsauch Auffangmaßnahmen sind wichtigeElemente solcher Sicherheitsnetze. Dieskandinavischen Länder bieten einige guteBeispiele für wirksame Strategien, die die-se Elemente beinhalten. Damit machen siedeutlich, dass individuell gestaltete Bil-dungswege, spezielle Beratungsdiensteund eine „Zuckerbrot- und Peitsche“-Po-litik zur Herausbildung effektiver Sicher-heitsnetze beitragen können.

Sicherheitsnetze im Rah-men des niederländischenGesetzes zur Berufs- undErwachsenenbildung(WEB)

Ein wichtiges Ziel des WEB ist die Erleich-terung des Zugangs zur allgemeinen undberuflichen Bildung. Um soziale Ungleich-heiten zu verringern, sollen die Gruppender Gesellschaft, die bisher unzureichen-de Bildungsmöglichkeiten hatten, vorzugs-weise Zugang zur beruflichen Bildungerhalten (Engberts und Geurts, 1994). DieROCs nehmen im Bildungssystem eineeinzigartige Stellung ein. Während derZugang zur allgemeinen Sekundarbildungder Stufe II und zum nicht universitärenTertiärbereich vom bisher erreichten Bil-dungsniveau abhängt, sind die ROCs ver-pflichtet, jedem, der an ihren Programmenteilnehmen möchte, ein geeignetes Ange-bot zu unterbreiten. Angesichts der Viel-falt in unserer heutigen Gesellschaft sinddie ROCs mit einem immer größeren Spek-trum an Teilnehmern und mit neuen Ziel-gruppen wie jungen Immigranten mit un-

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terschiedlichem kulturellen Hintergrundund unterschiedlichen Kenntnissen derniederländischen Sprache, vorzeitigenSchulabgängern sowie Erwerbstätigen undArbeitslosen, die entweder über obsoleteoder gar keine Qualifikationen verfügen,konfrontiert (Kraayvanger, Eimers undHövels, 2000).

Ein weiteres wichtiges Ziel des WEB be-steht darin, möglichst vielen Menscheneine Basisqualifikation (oder „Ausgangs-qualifikation“) zu vermitteln. Stufe 2 dernationalen Qualifikationsstruktur dient alsBezugspunkt für die Definition einer Basis-qualifikation, die mit der letzten Stufe dervorbereitenden Lehrlingsausbildung(Hövels, 2001) vergleichbar ist. Der Erwerbdieser Basisqualifikation ist notwendig, umeine gute Ausgangsposition auf dem Ar-beitsmarkt zu erlangen. Ferner ist sieGrundlage für dauerhafte Erwerbstätigkeitund für das Lernen während des gesam-ten Arbeitslebens (MOW, 1993). Obwohles erklärtes Ziel des WEB ist, dass mög-lichst viele Menschen eine Basisqualifi-kation erwerben, musste man feststellen,dass mitunter nicht alle (jungen) Menschendieses Ziel erreichen können, zumindestnicht ohne zusätzliche Hilfe. Personen mitLernproblemen oder Lernhemmnissen(wie beispielsweise mit negativen Lern-erfahrungen, Sprachproblemen oder so-zialen und wirtschaftlichen Nachteilen)sind unter Umständen nicht in der Lage,ohne Umwege zu einer Basisqualifikationzu gelangen.

Um diesen Gruppen die Möglichkeit zugeben, eine berufliche Mindestqualifi-kation zu erwerben, wurden die Qualifi-kationen der Stufe 1 bzw. die Ausbildungs-programme für Hilfskräfte entwickelt. Die-se sind für die Personen gedacht, die denSprung von der Sekundarstufe I zu einerelementaren beruflichen Ausbildung, diezu einer Basisqualifikation führt, nichtschaffen. In diesem Sinne sind die Aus-bildungsprogramme für Hilfskräfte als ein(eng geknüpftes) Sicherheitsnetz zu ver-stehen. Da sich diese Art der Ausbildungan diejenigen wendet, die nicht sofort aneinem Ausbildungsprogramm der Stufe 2teilnehmen können, muss sie eine zwei-fache Funktion erfüllen.

❏ Befähigung zur Ausübung relativ ein-facher (ungelernter oder gering qualifizier-ter) Tätigkeiten;

❏ Vorbereitung der Teilnehmer auf dieFortsetzung ihrer Ausbildung auf der Stu-fe 2.

Durchführung derAusbildungsprogrammefür Hilfskräfte

Ausbildungsprogramme für Hilfskräftewurden 1996 im Rahmen der vom WEBin die Wege geleiteten Reformen einge-führt. Der folgende Abschnitt beschäftigtsich mit der Frage, wie diese Ausbildungs-programme gestaltet sind und in der Pra-xis durchgeführt werden und ob sie alsSicherheitsnetz dienen können. Untersuchtwerden die Merkmale der Teilnehmer anden Ausbildungsprogrammen für Hilfskräf-te, die Einbettung dieser Programme indie ROCs, das didaktische Modell, das derAusbildung, der Beratung und Lenkungder Teilnehmer und insbesondere derAusbildung am Arbeitsplatz zugrundeliegt. Am Schluss dieses Abschnitts wer-den die Voraussetzungen für eine erfolg-reiche Durchführung der Ausbildungspro-gramme für Hilfskräfte erörtert.

Merkmale der Teilnehmer

Verlässliche Angaben zum Hintergrund derTeilnehmer an den Ausbildungsprogram-men für Hilfskräfte stehen (noch) nicht zurVerfügung. Es gibt allerdings einige Hin-weise, die jedoch mit Vorsicht zu inter-pretieren sind. Bei den Teilnehmern andiesen Ausbildungsprogrammen handeltes sich hauptsächlich um:

❏ vorzeitige Schulabgänger (ohne Ab-schluss der Sekundarstufe I);

❏ Personen, die einen berufsvorberei-tenden Unterricht der Sekundarstufe I mitsehr niedrigem Niveau abgeschlossen ha-ben;

❏ Personen, für die ein individueller Bil-dungsweg im Bereich der SekundarstufeI entwickelt wurde;

❏ Personen, die an speziell für hilfsbe-dürftige Schüler entwickelten Programmenteilnehmen;

❏ Immigranten oder Flüchtlinge (ein-schließlich Minderjährige).

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Setzt sich die Zielgruppe eines Ausbil-dungsprogramms für Hilfskräfte aus Per-sonen zusammen, die nur unzureichendeBildungsmöglichkeiten hatten, wird dasProgramm auf diesen Personenkreis zu-geschnitten. Die Teilnahme an den Aus-bildungsprogrammen für Hilfskräfte ist je-doch recht unterschiedlich.

Obwohl nach dem WEB keine Zulas-sungsvoraussetzungen für die Teilnahmean den Ausbildungsprogrammen fürHilfskräfte bestehen, werden in der Pra-xis von einigen ROCs bestimmte Anfor-derungen gestellt. Die ROCs investierenviel Arbeit in die Aufnahme von Auszu-bildenden, insbesondere was die Pro-gramme der Stufe 1 und 2 betrifft. DieAufnahmeverfahren unterscheiden sichzwischen den einzelnen ROCs und sogarinnerhalb der Bereiche ein und dersel-ben ROC. Im Allgemeinen spielen Krite-rien wie Bildungsstand, Beherrschung derniederländischen Sprache, Rechen-kenntnisse, Motivation, Lernfähigkeit(oder Lernprobleme) und Kommunika-tionsfähigkeit eine Rolle. Aus folgendenGründen kann eine Teilnahme an derAusbildung zur Hilfskraft abgelehnt wer-den: mangelnde Beherrschung der nie-derländischen Sprache, fehlende Motiva-tion für die Ausbildung und/oder „Verhal-tensprobleme“ (z.␣ B. Unfähigkeit, in ei-ner Gruppe zu arbeiten). Bei Ablehnungwerden die Betreffenden entweder anEinrichtungen der Erwachsenenbildung(wenn es sich um mangelnde Rechen-und Schreibfähigkeiten handelt) oder andie Beratungsstellen der ROCs verwiesen,wo für sie ein geeignetes Programm aus-gewählt bzw. zusammengestellt wird.

Einbettung der Ausbildungsprogram-me für Hilfskräfte in die ROCs

Der Gründung der ROCs liegt vor allemder Gedanke zugrunde, dass die verschie-denen Bereiche - Berufsbildung, Erwach-senenbildung und nicht formale Bildungfür junge Erwachsene (vormingswerk ) -voneinander profitieren würden, wenn siealle unter einem Dach vereint sind. Manging davon aus, dass dies zu einem Mehr-wert, insbesondere bei den Programmenfür Hilfskräfte, führen würde. Es liegt je-doch auf der Hand, dass das Ausmaß der„gegenseitigen Befruchtung“ davon ab-hängt, wie diese Programme in die Orga-nisation der ROCs eingebettet sind.

Bei der organisatorischen Verankerung derAusbildung zur Hilfskraft finden zwei un-terschiedliche Modelle Anwendung:

❏ Einbettung der Programme für Hilfs-kräfte in die verschiedenen Abteilungenfür Berufsbildung;

❏ Einbettung aller Programme für Hilfs-kräfte in die Abteilung für Erwachsenen-bildung.

Es ist schwer, einem der beiden Modelleden Vorzug zu geben. Beide haben ihreVor- und Nachteile. Die Einbettung derAusbildungsprogramme für Hilfskräfte indie entsprechenden Abteilungen für Be-rufsbildung kann die Verbindung mit denanderen berufsbildenden Programmenfestigen und eine Fortsetzung der Ausbil-dung in den Programmen der Stufe 2 er-leichtern. Gleichzeitig kann dieses Modelldie Zusammenarbeit mit den anderen Dis-ziplinen behindern, wenn es den ROCsnicht gelingt, diese in Form multidiszi-plinärer Teams in die Ausbildungspro-gramme für Hilfskräfte zu integrieren. EinNachteil des zweiten Modells besteht dar-in, dass es möglicherweise weniger Be-rührungspunkte mit den entsprechendenberufsbildenden Programmen geben wird.Andererseits ermöglicht dieses Modell je-doch eine Konzentration auf die Ausbil-dungsprogramme für Hilfskräfte sowieeine effizientere Umsetzung der Aktivitä-ten, die nicht auf ein bestimmtes Pro-gramm beschränkt sind.

Unabhängig von dem Modell, für das siesich entscheiden, wollen die ROCsselbstverständlich die Zusammenarbeitzwischen den verschiedenen Bereichenfördern und verbessern. Dieses Vorhabenist jedoch nicht so leicht umzusetzen.Unterschiedliche Ansätze und Kulturensowie eine allgemeine Berührungsangstkönnen die Zusammenarbeit beeinträch-tigen. Die Verknüpfung der unterschiedli-chen Bereiche und die Festigung der Po-sition der Ausbildungsprogramme fürHilfskräfte sind Teil einer allgemeinen or-ganisatorischen Entwicklung, die die ROCsgegenwärtig durchlaufen.

Die didaktische Gestaltung der Ausbil-dungsprogramme für Hilfskräfte

In der Literatur zur Gestaltung der allge-meinen und beruflichen Bildungswege fürRisikogruppen (unter Jugendlichen) wird

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häufig ein differenzierter und individuel-ler Ansatz gefordert, wobei jedoch unklarist, aus welchen Elementen er bestehensollte. Solche maßgeschneiderten Angebo-te sind auch immer wieder Bestandteil derForderungen nach einer Reform des WEB.Hierbei stellt sich die Frage, ob es denROCs gelingt, individuelle Wege bei derAusbildung zur Hilfskraft anzubieten undob diese für die Ausbildung zur Hilfskrafttypisch sind.

Bei der Beantwortung dieser Frage tritt einProblem oder zumindest eine Unklarheitin Bezug auf die Ausbildung zur Hilfskraftauf, was die Entscheidung für das bestedidaktische Modell erschweren kann. Die-se Dilemma betrifft die eingangs erwähn-te Doppelfunktion der Ausbildungspro-gramme für Hilfskräfte: Befähigung zu ein-fachen (gering qualifizierten) Tätigkeiteneinerseits und Vorbereitung auf eine Fort-setzung der Ausbildung andererseits. Of-fenbar wird bei keiner ROC oder ROC-Abteilung eindeutig der Standpunkt ver-treten, dass die Ausbildung zur Hilfskrafteine Überbrückungsmaßnahme zur Vorbe-reitung auf die Ausbildungsprogramme derStufe 2 darstellen sollte. Dennoch gehendie Meinungen über das Ziel und die Rol-le der Ausbildung zur Hilfskraft ausein-ander. Oft werden diese Programme alseine „abschließende Ausbildung“ angese-hen. Die Vertreter dieses Standpunkts in-terpretieren die hohen Umsteigerquotenals Zeichen dafür, dass die Programme derStufe 2 nicht anpassungsfähig genug sind,um die Teilnehmer bei der Stange haltenzu können. In der Praxis wird die Ausbil-dung zur Hilfskraft mitunter als eine Aus-weichmöglichkeit für Teilnehmer angebo-ten, die in den Programmen der Stufe 2nicht mitkommen, anstatt denjenigen vor-behalten zu bleiben, die keine andereWahl haben.

Die unterschiedlichen Ansichten spiegelnsich nicht in differenzierten didaktischenAnsätzen innerhalb der einzelnen Ausbil-dungsprogramme für Hilfskräfte wider. Woes solche Unterschiede gibt, werden sie inerster Linie auf die Autonomie der ROCsbei der Gestaltung ihrer Lehr- und Lern-prozesse zurückgeführt. In der Regel soll-te das (ideale) didaktische Modell der Aus-bildungsprogramme für Hilfskräfte zumin-dest die Arbeit in relativ kleinen Gruppenund große Anstrengungen im Bereich der(individuellen) Beratung, insbesondere

während der praktischen Ausbildung, vor-sehen. „Lernen im Arbeitsprozess“ und dasAngebot flexibler und individueller Bil-dungswege sind von besonderer Bedeu-tung. Die Umsetzung dieser flexiblen undindividuellen Bildungswege hängt jedochweitgehend von den Fähigkeiten der Leh-rer ab. Traditioneller Klassenraumunterrichtist nicht mehr gefragt. Die in der Hilfskräfte-ausbildung (sowie in den Programmen derStufe 2) tätigen Lehrer müssen ihren Un-terricht möglichst attraktiv gestalten. Wieein Lehrer treffend bemerkte, werden dieLehrer alle ihre Kräfte aufbieten müssen,um ihr Fach auf attraktive Weise zu prä-sentieren. „Wer glaubt, dass es mit demKlassenraumunterricht getan ist, befindetsich im Irrtum.“

Was die notwendigen didaktischen Refor-men betrifft, so versuchen einige ROCs,problembezogenen Unterricht einzufüh-ren. In Anbetracht der besonderen Ziel-gruppen der Ausbildungsprogramme fürHilfskräfte wird jedoch auf die Grenzeneines solchen Unterrichts hingewiesen.Problembezogener Unterricht setzt selb-ständiges Lernen voraus. Die Teilnehmeran den Ausbildungsprogrammen fürHilfskräfte sind jedoch nicht immer in derLage, selbständig zu lernen. Ihnen mussdie Möglichkeit gegeben werden, sich die-se Fähigkeit im Laufe des Lernprozessesallmählich anzueignen.

Die ROCs sind noch immer auf der Suchenach dem besten didaktischen Ansatz,dessen wichtigste Elemente kleine Grup-pen und Schwerpunkt auf Beratung undpraktischem Lernen sind. Sowohl die Rol-le des Lehrers als auch die Lehrmethodenmüssen sich ändern. Die Lehrer müssengleichzeitig die Rolle von Beratern undBetreuern übernehmen. Der Klassenraum-unterricht ist durch individuelle, aktivitäts-fördernde und attraktive Methoden zu er-setzen. Diese Veränderungen erfordernviel Zeit. Viele Lehrer belassen es daherbeim Klassenraumunterricht und stützensich auf traditionelle Lehrmethoden und–materialien.

Beratung, Orientierungshilfe undpraktische Ausbildung

Die intensive Beratung der Auszubilden-den während des schulischen Unterrichtsund in der betrieblichen Ausbildung isteine wichtige Säule der Ausbildungspro-

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gramme für Hilfskräfte. Die Beratung inder Schule sollte möglichst eng mit derBeratung in der praktischen Ausbildungverbunden sein. In der Praxis hängt dieIntensität dieser Verbindung von demgewählten allgemeinen Beratungsmodellab. Generell lassen sich folgende dreiModelle unterscheiden:

❏ Beratung als fester Bestandteil des Lern-prozesses: Beratung und Orientierungshil-fe als Aufgabe aller Lehrer, die auch fürdie Beratung in der praktischen Ausbil-dung zuständig sind;

❏ Beratung als halb integrierter Teil desLernprozesses: Beratung und Orientie-rungshilfe sind separate Aufgaben, die je-doch von den Lehrern wahrgenommenwerden. Die Beratung während der prak-tischen Ausbildung ist eine dieser Aufga-ben;

❏ Beratung ist nicht Bestandteil des Lern-prozesses: Die Beratung der Auszubilden-den ist eine separate Tätigkeit, die vonMitarbeitern wahrgenommen wird, welchenicht zum Lehrpersonal der Ausbildungs-programme für Hilfskräfte gehören. Die-se Mitarbeiter sind nicht für die Beratungwährend der praktischen Ausbildung zu-ständig.

Die praktische Ausbildung nimmt einenwichtigen Platz in der Reform der berufli-chen Bildungswege ein, sowohl was denschulischen Bildungsweg (BOL) als auchwas den arbeitsbezogenen Bildungswegbzw. die frühere Lehrlingsausbildung (BBL)betrifft. Im WEB sind lediglich Begrenzun-gen festgelegt, d.h. die zeitliche Unter- undObergrenze für die praktische Ausbildungin einem Betrieb. Die Gestaltung und dieDauer dieses Ausbildungsabschnitts sowiedie Organisation und Intensität der Bera-tung liegen im Ermessen der ROCs. Derarbeitsbezogene Ausbildungsgang fürHilfskräfte basiert größtenteils noch auf dentraditionellen Lehrlingsmodellen. Dies be-deutet, dass die Auszubildenden vier Tagein der Woche am Arbeitsplatz lernen undeinen Tag in der Woche eine Schule besu-chen. Der schulische Ausbildungsgang istvon einem viel größeren Maß an Vielfalt,sowohl im Hinblick auf die Gliederung derpraktischen Ausbildung im Curriculum alsauch hinsichtlich der Beratung gekenn-zeichnet. Die Beratungsintensität in derpraktischen Ausbildung nimmt in dem

Maße zu, wie das allgemeine Beratungs-modell Züge des zuvor genannten „inte-grierten Modells“ aufweist. Dennoch gibtes Anzeichen dafür, dass die Ausbildungs-betriebe ihre Kontakte mit den ROCs in-tensivieren möchten.

Zunächst wurde angenommen, dass esschwierig sein würde, für die Teilnehmeran den Programmen für Hilfskräfte einenpraktischen Ausbildungsplatz zu finden.Erstens, weil es sich dabei um einen neu-en Bildungsweg handelt, der bei den Be-trieben noch nicht hinlänglich bekannt ist.Zweitens, weil die Ausbildung auf geringqualifizierte Tätigkeiten vorbereitet, dienicht mehr gefragt sind. Drittens, weil dieBetriebe kein Interesse daran haben,Hilfskräfte auszubilden, da dies eine um-fassende Betreuung erfordert. Unsere Stu-die widerlegt diese These, zumindest fürden heutigen Zeitpunkt. Den ROCs zufol-ge gibt es kaum Probleme, praktische Aus-bildungsplätze für die Teilnehmer an denProgrammen für Hilfskräfte zu finden. Tre-ten Probleme auf, so betreffen sie vor al-lem die „Qualität“ dieser Ausbildungsplät-ze, d.h. „Qualität“ gemessen an der Zeit,die die Betriebe für die Betreuung der Aus-zubildenden aufbringen können. Wie auseiner älteren Studie hervorgeht, ist es den-noch nicht völlig problemlos, Ausbil-dungsplätze für die Teilnehmer an denProgrammen für Hilfskräfte bereitzustel-len. Insbesondere ist es schwierig, solchePlätze in Betrieben zu finden, die als „Aus-bildungsbetriebe“ akkreditiert sind (VanEijndhoven und Vlug, 1998).

Der wirtschaftliche Aufschwung könnteeine Erklärung dafür sein, dass es entge-gen allen Erwartungen kaum Schwierig-keiten bei der Bereitstellung praktischerAusbildungsplätze für die Teilnehmer anden Programmen für Hilfskräfte gibt. DieBetriebe sind auf jede Arbeitskraft ange-wiesen. Allerdings könnte sich derPersonalmangel negativ auf die Betreuungder Auszubildenden auswirken. Wenn esjedoch an der expandierenden Wirtschaftliegt, dass es nicht so schwierig wie er-wartet ist, Ausbildungsplätze für die Teil-nehmer an den Programmen für Hilfskräftezu finden, kann sich die Situation im Fal-le einer wirtschaftlichen Rezession wie-der ändern. Dann wird es problematischwerden, für diese Gruppe von Auszubil-denden geeignete praktische Ausbildungs-plätze zu finden.

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Voraussetzungen für eine erfolgreicheUmsetzung der Ausbildungsprogram-me für Hilfskräfte

Vor welchen Schwierigkeiten stehen dieROCs bei der Umsetzung der Ausbildungs-programme für Hilfskräfte? Die Umsetzungbeschränkt sich nicht auf die Einführungeines neuen Ausbildungsprogramms. Esgeht dabei auch um einen organisatori-schen Entwicklungsprozess, einschließlichder Formulierung des Auftrags und derPerspektive der Ausbildung von Hilfskräf-ten. Auf die wichtigsten Voraussetzungenfür eine erfolgreiche Umsetzung wird imFolgenden eingegangen.

Ziel und Rolle der Programme fürHilfskräfteEin wichtiger Aspekt, der sich auch aufandere Voraussetzungen auswirkt, betrifftdas Ziel der Ausbildung zur Hilfskraft unddie Zielgruppe(n), der(denen) Prioritäteingeräumt werden sol l te. Darüberherrscht Unklarheit, und auch das WEBliefert keine endgültige Antwort. Die Fra-ge lautet: Stellen die Ausbildungsprogram-me für Hilfskräfte eine (abschließende)Ausbildung für bestimmte Zielgruppendar? Oder dienen sie vor allem dazu, Aus-zubildende aufzufangen, die den Anfor-derungen der Programme der Stufe 2 nichtgerecht werden? Oder sollten die Ausbil-dungsprogramme für Hilfskräfte beideAufgaben wahrnehmen? Wenn dies derFall ist, lautet die nächste Frage, ob sichdiese beiden Rollen miteinander verein-baren lassen. Laut OECD (2000) führt einesolche Unklarheit über die Hauptaus-richtung der eng geknüpften Sicherheits-netze zu Problemen. Diese Probleme be-treffen die erforderliche Koordinierungzwischen den verschiedenen politischenZuordnungsbereichen, die Wahl geeigne-ter Kooperationspartner sowie die Prioritä-ten bei der Mittelzuweisung.

Finanzierung der Programme fürHilfskräfteDie Frage, wie die Prioritäten bei der Be-reitstellung von Mitteln zu setzen sind,stellt die Ausbildungsprogramme fürHilfskräfte vor ein großes Problem. DasPrinzip, nur mit kleinen Teilnehmer-gruppen zu arbeiten, hat eindeutig finan-zielle Auswirkungen. Mit dem Finanzie-rungsmodell für die berufsbildenden Pro-gramme im Allgemeinen und für die Aus-bildung von Hilfskräften im Besonderen

sind diesem Prinzip Grenzen gesetzt. Zwarziehen es zahlreiche Lehrer und Koordi-natoren vor, bei den Programmen fürHilfskräfte mit Gruppen von 10 bis 12 Aus-zubildenden zu arbeiten, jedoch lässt sichdies aus finanziellen Gründen nicht reali-sieren. Selbst wenn sich die Gruppen-stärke auf ca. 14 bis 16 Teilnehmer erhöht,reichen die finanziellen Mittel nicht im-mer aus. Die Umverteilung der Haushalts-mittel zwischen den Ausbildungsprogram-men der verschiedenen Stufen stößt gele-gentlich auf Widerstand seitens der Ver-antwortlichen für die Programme auf hö-herer Ebene.

Ein besonderes finanzielles Problem ent-steht, wenn es für notwendig erachtetwird, bestimmte Aufgaben der Erwachse-nenbildung in die Programme für Hilfs-kräfte zu integrieren. Während das Bil-dungsministerium die fínanziellen Mittelfür die berufsbildenden Programme direktan die ROCs überweist, trifft dies für dievon den ROCs angebotene Erwachsenen-bildung nicht zu. Die staatlichen Mittel fürdie Erwachsenenbildung gehen an die ört-lichen Behörden, die für die Planung undBereitstellung eines geeigneten Angebotsder Erwachsenenbildung zuständig sind.Aufgabe der örtlichen Behörden ist esauch, die Ziele der Erwachsenenbildungzu definieren und die Zielgruppen auszu-wählen, die Priorität genießen sollten,wobei diese Prioritäten nicht unbedingtmit denen der ROCs übereinstimmen. Inder Praxis stellt dies ein Hindernis bei derEntwicklung von Bildungswegen dar, die(Erwachsenen-)Bildung und beruflicheBildung miteinander verknüpfen.

Unterstützung durch das Managementauf oberer und mittlerer EbeneFür eine erfolgreiche Umsetzung der Aus-bildungsprogramme ist die Unterstützungdurch das obere und mittlere Managementder ROCs unerlässlich. Dies beinhaltetsowohl materielle als auch moralischeUnterstützung. Bei der mater iel lenUnterstützung kommt es darauf an, dassdas Management bereit ist, ausreichendRessourcen zur Verfügung zu stellen unddass der projektbezogene Haushalt lang-fristig in einen Strukturhaushalt umgewan-delt wird. Die Tatsache, dass jedes Jahrum die Haushaltsmittel gekämpft werdenmuss, ist frustrierend und entmutigend fürdie an diesen Programmen beteiligten Ko-ordinatoren und Lehrer.

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Was die moralische Unterstützung betrifft,so lautet die wichtigste Frage, inwieweitdie ROCs in der Lage und bereit sind,organisationsweit einen politischen Auf-trag gegenüber Risikogruppen und denAusbildungsprogrammen für Hilfskräfte zuentwickeln. Hierbei ist entscheidend, in-wieweit das Management die Botschaftvermitteln kann, dass diese Programmewichtig sind. Es ist jedoch der Eindruckentstanden, dass in einigen ROCs die Ent-wicklung und Umsetzung der Ausbil-dungsprogramme für Hilfskräfte vor allemden unmittelbar beteiligten Mitarbeiternüberlassen bleibt. Dabei besteht die Ge-fahr, dass diese zu relativ isolierten„Problemträgern“ werden, während diegroßen (größeren) Organisationen eine in-differente Position einnehmen (Bremer etal., 1999). Die Festschreibung einer sol-chen Unterstützung durch das Manage-ment in einem Rahmenauftrag ist eineSache, die Umsetzung eines solchen Auf-trags in die tägliche Praxis der ROCs eineandere. Dies erfolgt nicht automatisch. DieTatsache, dass die organisatorischen Ein-heiten innerhalb der ROCs weitgehendselbständig sind, lässt sich mit dem Ge-danken einer stärkeren zentralen Steue-rung nur schwer vereinbaren.

Kohäsion in der OrganisationWie bereits erwähnt, wurde davon ausge-gangen, dass mit der Einrichtung der ROCsdurch die gegenseitige Befruchtung der ein-zelnen Bereiche ein Mehrwert erzielt wer-den würde. Dies galt als Voraussetzung fürdie Unterbreitung eines geeigneten Ange-bots an Risikogruppen und die Umsetzungder Ausbildungsprogramme für Hilfskräf-te. In der Praxis ist die Zusammenarbeitzwischen den drei Bereichen (Berufsbil-dung, Erwachsenenbildung und nicht for-male Bildung für junge Erwachsene) jedochnicht immer optimal. Mitunter kommt esin den Arbeitsbeziehungen anstatt zur Zu-sammenarbeit zu Frustrationen. Allgemei-ne Berührungsängste neben unterschiedli-chen Arbeitskulturen und organisatorischenHindernissen in den Bereichen sind dieHauptursachen für die ungenügende Zu-sammenarbeit. Es braucht Zeit, um dieseHindernisse abzubauen, obgleich Zeit al-lein vermutlich nicht der ausschlaggeben-de Faktor ist. Ebenso bedarf es eines akti-ven Eingreifens der Organisation. Auch hierkann eine solche zentrale Steuerung im Wi-derspruch zum Gedanken der Dezentrali-sierung innerhalb der Organisation stehen.

Ein motiviertes und leistungsstarkesTeamBei der Bereitstellung maßgeschneiderterBildungswege kommt es in großem Maßeauf die Mitarbeit derjenigen an, die „dieArbeit machen“, d.h. die Lehrer. Eine Vor-aussetzung dafür sind leistungsstarke„Arbeitsteams“, die aus hoch motiviertenLehrern bestehen. Die Entwicklung sol-cher Teams erfordert eine angemesseneProfessionalisierung und eine gut durch-dachte Personalpolitik - ein Thema, mitdem sich viele ROCs erst seit kurzem be-schäftigen. Zudem müssen für die Schaf-fung solcher Teams genügend finanzielleRessourcen vorhanden sein. Wie bereitsfestgestellt, ist dies jedoch nicht der Fall.

Die nationale QualifikationsstrukturEine letzte, jedoch bedeutende Vorausset-zung, oder vielmehr ein Problem, stellt dienationale Qualifikationsstruktur dar. Wieeingangs erwähnt, wurde mit der Einfüh-rung des WEB auch eine neue Qualifika-tionsstruktur geschaffen. Obwohl dieROCs über eine weitreichende Ermessens-befugnis in allen Fragen der Gestaltungder Lehr- und Lernprozesse verfügen,müssen sie die Vorgaben der nationalenQualifikationsstruktur und die darin ent-haltenen Qualifikations- und Leistungszie-le berücksichtigen. Diese Qualifikations-und Leistungsziele werden von den an denAusbildungsprogrammen für Hilfskräftebeteiligten Mitarbeitern heftig kritisiert. Vorallem wird bemängelt, dass bei der Ent-wicklung dieser Qualifikationen ein Top-down-Ansatz verfolgt wird, bei dem derAusbildungsinhalt und die Leistungszielefür die Programme der Stufe 3 von denender Stufe 4 abgeleitet werden und so fortbis zu den Programmen der Stufe 1. Die-ser Ansatz, der auch als „Teebeutel“-Mo-dell bezeichnet wird, führte zu Ausbil-dungsinhalten, die für die Zielgruppe derAusbildungsprogramme für Hilfskräfte zutheoriebeladen sind. Bei diesen Program-men sollte die „Arbeitspraxis“ im Mittel-punkt stehen, und alle Ausbildungsinhal-te – auch wenn sie naturgemäß „theore-tisch“ sind – sollten in der praktischenArbeit vermittelt und geprüft werden. DieBeschränkungen, die den ROCs mit dengegenwärt igen Leistungszielen undPrüfungsordnungen auferlegt werden, hin-dern sie daran, die Ausbildungsprogram-me für Hilfskräfte den Bedürfnissen undPräferenzen der jeweiligen Zielgruppenanzupassen. Einige ROCs gestalten die

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Programme dennoch nach den didakti-schen Prinzipien um, die ihrer Meinungnach diesen Programmen zugrunde liegensollten.

Schlussfolgerungenund Diskussion

Ausbildungsprogramme für Hilfskräftesind eine Neuheit, die in den Niederlan-den zusammen mit der neuen nationalenQualifikationsstruktur für die beruflicheErstausbildung eingeführt wurde. DieseAusbildungsprogramme wenden sich inerster Linie an die jenigen, die dieSekundarschule der Stufe I ohne Abschlussverlassen haben, oder die bisher unteranderen Ausbildungsdefiziten gelitten ha-ben. Mit den Ausbildungsprogrammen fürHilfskräfte könnte die von der OECD ge-stellte Forderung nach (eng geknüpften)Sicherheitsnetzen für Risikogruppen erfülltwerden. Aus der hier vorgestellten Studiegeht hervor, dass die Umsetzung dieserAusbildungsprogramme noch nicht abge-schlossen ist. Noch sind die ROCs auf derSuche nach didaktischen Modellen, die derVielfalt der (potenziellen) Teilnehmer ge-recht werden. Gleichzeitig sind das ver-stärkte Angebot und die wachsende Teil-nahme an den Ausbildungsprogrammenfür Hilfskräfte ein Anzeichen dafür, dassan diesem Bildungsangebot Bedarf be-steht. Die Frage, ob dieses Angebot auchdem Arbeitsmarktbedarf Rechnung trägt,ist nach wie vor Gegenstand einer umfas-senden Debatte (Brandsma et al., 2001).Gleiches gilt für die Frage, ob die ROCsin der Lage sind, individuelle und maßge-schneiderte Ausbildungswege zu gestal-ten. Aus der jüngsten Evaluierung desWEB (Doets und Westerhuis, 2001) gehthervor, dass die ursprüngliche Zielgrup-pe dieser Programme durch Auszubilden-de „ersetzt“ wird, die zu einer niedrige-ren Stufe überwechseln möchten (odermüssen). Bei der Gestaltung der Program-me ringen die ROCs noch um das richtigeGleichgewicht, damit sie für die Teilneh-mer sowohl attraktiv als auch anspruchs-voll sind (De Bruijn, 2001).

Die Ausbildungsprogramme für Hilfskräf-te müssen sich mit einem „zweifachenParadox“ auseinandersetzen. Einerseitsgehen die politischen Annahmen, die derReform – insbesondere der nationalenQualifikationsstruktur - zugrunde liegen,

von umfassenden und zukunftsfähigenQualifikationen aus. Die Ausbildung zurHilfskraft befähigt jedoch in erster Liniezu ungelernten, einfachen Tätigkeiten.Andererseits führt die zuvor erwähnteUnklarheit hinsichtlich des Ziels der Aus-bildungsprogramme für Hilfskräfte zu un-genauen Vorstellungen über ihre Rolle undStellung und damit zu unklaren Prioritä-ten. Bei der Lösung dieses zweifachen Wi-derspruchs ist größeres Gewicht auf dieVerbindung zwischen Erstausbildung undWeiterbildung zu legen.

Ein modulares Ausbildungsmodell fürRisikogruppen

Für die Arbeitsmarktchancen der Gering-qualifizierten sind laut Kraayvanger, Ei-mers and Hövels (2000) sozial-normativeund sozial-kommunikative Kompetenzenweitaus wichtiger als Fachkompetenz.Während sozial-normative und sozial-kommunikative Kompetenzen für die„Einstiegschancen“ der Geringqualifizier-ten entscheidende Kriterien sind, ist Fach-kompetenz eine wesentliche Vorausset-zung, um sich auf dem Arbeitsmarkt auchweiterhin behaupten zu können (DenBoer, Hövels, Frietman und Buursink,1998). Kraayvanger et al. machen folgen-den Vorschlag: Bei den am stärksten be-nachteiligten Gruppen sollte der An-spruch, umfassende berufliche Kompeten-zen vermitteln zu wollen, herunter-geschraubt werden. Stattdessen sollte derSchwerpunkt auf dem Erwerb einer opti-malen Kombination von Fähigkeiten lie-gen, die ihre Arbeitsmarktchancen erhö-hen und ihnen gleichzeitig eine Grundla-ge für die weitere Entwicklung (berufli-cher) Kenntnisse und Fähigkeiten geben.Dies legt ein modulares Ausbildungsmo-dell nahe. In der Erstausbildung sollte derErwerb der erforderlichen sozial-normati-ven und sozial-kommunikativen Fähigkei-ten im Mittelpunkt stehen. Während derAusbildung am Arbeitsplatz werden danndie fachlichen Kompetenzen erworben,die auch zur Festigung der sozial-norma-tiven und sozial-kommunikativen Kompe-tenzen beitragen. Erst nach dem Eintrittin den Arbeitsmarkt verlagert sich derSchwerpunkt auf die fachlichen Kompe-tenzen. Dabei kann das „Lernen imArbeitsprozess“ eine wichtige Rolle spie-len, und zwar entweder unmittelbar nachErwerb der erforderlichen „Einstiegs-qualifikationen“ für den Arbeitsmarkt oder

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nach einer gewissen Zeit der Erwerbstä-tigkeit.

Würde bei der Gestaltung der Ausbil-dungsprogramme für Hilfskräfte nach die-sen Prinzipien vorgegangen, ließe sich derzweifache Widerspruch eventuell lösen.Langfristig könnten damit auch die erfor-derlichen Grundlagen geschaffen werden,um diejenigen, die in den Arbeitsmarkt miteiner Qualifikation als Hilfskraft eintreten,zu befähigen, ihre Qualifikation auszubau-en und sich schließlich das Prinzip deslebensbegleitenden Lernens zueigen zumachen. Ein solcher Ansatz bedeutet vorallem, dass die Ausbildungsprogramme fürHilfskräfte weniger differenziert gestaltetsein sollten als dies gegenwärtig der Fallist. Der branchen- und erst recht dertätigkeitsspezifische Charakter vieler Aus-bildungsprogramme für Hilfskräfte kannzur Folge haben, dass sich die Absolven-ten nach Eintritt in den Arbeitsmarkt inTätigkeiten wiederfinden, die keine Per-spektive haben. Dieser Ansatz hat auchwesentliche Auswirkungen auf die Gestal-tung eines angemessenen Ausbildungs-angebots, und zwar sowohl für schulischeals auch für praxisorientierte Ausbildungs-möglichkeiten sowie für die Aufteilung derLerninhalte zwischen schulischen undpraxisorientierten Lernumgebungen.Schließlich ergeben sich daraus auch Im-plikationen für die betriebliche Ausbildungund Kompetenzentwicklung.

Geringqualifizierte müssen in der Per-sonalentwicklung berücksichtigt wer-den

Allgemein wird befürchtet, dass dieHilfskräfte als erste von Arbeitslosigkeit

bedroht sind, wenn die Wirtschaft einerRezession entgegensteuert. Ihre Qualifi-kation liegt unter dem Niveau der berufli-chen Erstausbildung, die als Voraussetzungfür die Aufnahme einer dauerhaften Er-werbstätigkeit gilt. In der Regel investie-ren die Betriebe nur unzureichend in dieAusbildung und Förderung ihrer am we-nigsten qualifizierten Mitarbeiter. Gering-qualifizierte kommen auch kaum in denGenuss einer Weiterbildung. Gleichzeitigbeschäftigt sich die neueste Literatur überHumanressourcenentwicklung, Wissens-entwicklung und Wissensmanagement vorallem mit „Wissensarbeit“ und den (hö-her gebildeten) „Wissensarbeitern“. Wennwir den am wenigsten Qualifizierten dieMöglichkeit geben wollen, sich durch dasLernen im Arbeitsprozess weiterzuentwi-ckeln, müssen die Instrumente derHumanressourcenentwicklung in den Be-trieben gezielt auch zum Nutzen derGeringqualifizierten eingesetzt werden.Wie bereits festgestellt, gibt es noch kei-ne Patentlösungen, und vermutlich lassensich zwischen den Betrieben auch keineVerallgemeinerungen anstellen. Es wirdvon den Merkmalen der einzelnen Arbeits-organisationen abhängen, welche Strate-gie die richtige ist. Auf einige Elementedieser Strategie sollte jedoch hier hinge-wiesen werden: Berufliche Betreuung,intensive Beratung und Betreuung amArbeitsplatz, allmähliche Qualifikations-anreicherung, sorgfältig gestaltete Lern-möglichkeiten, die den individuellen Lern-stil und die Präferenzen der Einzelnenberücksichtigen, sowie die Bewertung undAnerkennung früher erworbener Kompe-tenzen können erfolgversprechende Ele-mente einer solchen zielgerichteten Stra-tegie darstellen.

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Lernortverlagerung insAusland - ein Modell-versuch in Deutschland

mehr ins Blickfeld beruflicher Erstaus-bildung.

Das EU-Berufsbildungs-programm Leonardo daVinci

Die Wurzeln von EU-Bildungsprogram-men überhaupt lassen sich bis in das Jahr1957 zurückverfolgen, als bei der Grün-dung der EWG auch eine gemeinsameund umfassende Zusammenarbeit bei derFörderung beruflicher Aus- und Weiter-bildung beschlossen wurde. Gegensätzezwischen dem Gedanken einer europäi-schen Harmonisierung von Bildung einer-seits und der Beibehaltung nationalerBildungstraditionen und Bildungssystemeandererseits waren von jeher Diskussions-punkt der europäischen Bildungspolitik.Zwar waren die Vorstellungen europäi-scher Bildungspolitiker von Möglichkei-ten der Zusammenarbeit und gegenseiti-gen Anerkennung aller Mitgliedstaatengeprägt, aber eine vollständige Harmoni-sierung von Bildungsstrukturen und-inhalten wurde von vornherein ausge-schlossen. Unter dieser Maßgabe tratenim Jahre 1985 erste finanzwirksame Akti-onsprogramme im Bereich der Berufsbil-dung auf, die als Vorläufer der jetzigenProgramme angesehen werden. Heute istder Maastricher Vertrag in seinem Artikel150 Basis für die Konsolidierungsphaseder EU-Bildungszusammenarbeit. War esnoch in den 80er und frühen 90er Jahrendie Zusammenarbeit europäischer Hoch-schulen, die durch das ERASMUS-Pro-gramm in den Mittelpunkt der damaligeneuropäischen Bildungspolitik rückte, sosteht seit 1994 der Berufsbildungsbereichstärker im Vordergrund (Müller-Solgeru.a., 1997, S.3ff.; Münk, 1999, S.4ff.).

Wolfgang-DieterGehrke

Leitender Regierungsschuldirektorder Bezirksregierung Weser-Ems,

Dezernat 405;

Peter-Jörg AlexanderBerater für EU-Bildungsprogram-

me für den Bezirk Weser-Ems

Die Anerkennung einesBetriebspraktikums im Aus-land im Rahmen der beruf-lichen Erstausbildung, seisie dualer oder schulischerArt, ist keine leichte Sache.Die Bezirksregierung We-ser-Ems in Niedersachsenmacht sich die durch dasLeonar do-da -Vinci -Pro-gramm entstandene euro-päische Dynamik zunutze,um unter Einbeziehung ei-niger Kammern, der Berufs-schulen, der Fachhochschu-len und des niedersächsi-schen Kultusministeriumsdie sogenannte Lernort-verlagerung ins Ausland zufördern.Nachdem er zunächst eineklare Definition des Prakti-kums aufstellt und dessendiverse Modalitäten be-leuchtet, zeigt der Beitragdie Schwierigkeiten undVorteile des Auslandsprakti-kums auf und gibt an, unterwelchen Bedingungen essich „institutionalisieren“lässt. Denn die Einbettungvon Auslandspraktika in diedeutsche Berufsausbildungkommt letztlich dem dualenSystem und dessen Image inganz Europa nur zugute.

Europäisierung in derdeutschen beruflichenErstausbildung

„Förderung binationaler Austauschpro-gramme“ lautet ein Credo des von derBundesregierung ins Leben gerufenen‚Bündnisses für Arbeit und Ausbildung‘.Zugleich wird damit ein neuer Weg in derBerufsbildung aufgezeigt, wobei Europäi-sierung zu einem Schlagwort heranreift,das in der deutschen Bildungslandschaftimmer wichtiger wird. Einigkeit scheint beiden Bündnispartnern aus Bund, Ländernund Wirtschaft darüber zu bestehen, dasssich hier besonders für den berufsbilden-den Bereich interessante Perspektiven zei-gen, wobei das Motto der niedersäch-sischen Kultusministerin Renate Jürgens-Pieper für junge Auszubildende und Be-rufstätige richtungsweisend ist: „Nichts tutAuszubildenden so gut wie ein Auslands-aufenthalt!“ (Neue Osnabrücker Zeitungvom 3.12.1998, S.17). Und gerade derarti-ge Auslandsaufenthalte werden im Zugedes europäischen Einigungsprozesses un-verzichtbarer denn je. Zudem werden Aus-landserfahrungen den jungen Auszubilden-den heutzutage durch die finanzielle För-derung des am 26. April 1999 neu aufge-legten EU-BerufsbildungsprogrammsLeonardo da Vinci II, das eine Laufzeit vom1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2006hat, besonders leicht gemacht. Dabei sindes nicht nur berufsbildende Schulen, son-dern auch Unternehmen, die einerseits alsduale Partner andererseits als Praktikums-betriebe im Rahmen einer monalen Erstaus-bildung (z.B. Assistenzberufe) gefordertsind, den Europagedanken mit Leben zufüllen. Waren es bislang jedoch nur kurz-fristige Austauschmaßnahmen von drei bisvier Wochen, so rücken nunmehr langfri-stige Maßnahmen von drei Monaten und

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Die historische Entwicklung hinterlässtauch Spuren in der Entwicklung von Ter-mini: So wird bereits der Begriff ‚Euro-päische Bildungsprogramme‘ bzw. ‚EU-Bildungsprogramme‘ in der deutschenLiteratur nicht einheitlich verwendet. Stattdessen ist in diesem Zusammenhang so-wohl von ‚Aktionsprogrammen‘ als auchvon ‚Förderprogrammen der EU‘ die Rede(Münk, 1999, S.4). ‚EU-Bildungsprogram-me‘ lautet jedoch die Bezeichnung desBundesministeriums für Bildung, Wissen-schaft , Forschung und Technologie(BMB+F), die erstmalig offiziell in demBerufsbildungsbericht 1996 für Leonardoda Vinci, Sokrates und andere verwendetwird. Als Grund für diese Nennung imBereich Leonardo wird eine enge Ver-knüpfung bislang getrennter einzelnerBerufsbildungsbereiche der EU wieComett, Eurotecnet, Force, Petra und Teilevon Lingua genannt (Bundesinstitiut fürBerufsbildung, o.J., S.3; BMB+F, 1996,S.132). Im Berufsbildungsbericht 1999taucht der Terminus ‚EU-Berufsbildungs-programm‘ erstmalig sowohl für Leonardoda Vinci als auch für Sokrates auf undgilt im Berufsbildungsbericht 2000 folge-richtig auch für die Neuauflage Leonardoda Vinci II. Die Neuauflage Sokrates IIwird hingegen wieder als ‚EU-Bildungs-programm‘ bezeichnet (BMB+F, 1999,S.189f.; BMB+F, 2000, S. 202 u. S.204).

Insgesamt fördern die EU-Bildungspro-gramme unterschiedliche Zielbereiche undZielgruppen. Selbst für Fachleute ist esschwer sich zurechtzufinden, obwohl be-reits eine Vielzahl früherer Programm-bestandteile in die jetzigen Aktionen ein-fließt. Fünf Jahre (1. Januar 1995 bis 31.Dezember 1999) betrug die Laufzeit derHauptprogramme, für die ein Gesamt-budget von 670 Mio EUR (Leonardo) bzw.von 850 Mio. EUR (Sokrates) vorgesehenwar. Diese EU-Bildungsprogramme Leonar-do da Vinci und Sokrates liefen 1999 aus.Jedoch sah die europäische Kommissionauch für die Zeit danach‚ die ,Bildung alsSchlüsselfrage des 21. Jahrhunderts‘ (Kom-mission der europäischen Gemeinschaften,1999). Deshalb hat der Rat der europäi-schen Union das EU-Berufsbildungs-programm unter der Bezeichnung Leonar-do II modifiziert und am 26. April 1999per Beschluss des Ministerrats in einemerweiterten Sieben-Jahreszeitraum (1. Ja-nuar 2000 bis 31. Dezember 2006) verab-schiedet sowie am 11. Juni 1999 im Amts-

blatt der EU veröffentlicht (Rosenstein,1999, S.10). Vorgesehen ist nunmehr einBudget von insgesamt 5,4 Milliarden EUR,verteilt auf ca. 30 teilnehmende EU-Part-ner-Länder, wobei allein mindestens 1,15Milliarden EUR für Leonardo II und davonwiederum gut 40% für Mobilitätsmaß-nahmen vorgesehen sind (Fahle, Nijsten,1999, S. 14; Rosenstein, 1999, S.10, Thiele,1999, S.20). Die Beibehaltung der Konti-nuität europäischer Bildungspolitik ist dasHauptmotiv, und sie soll nach den Plänender Kommissionspolitiker durch die Auf-stockung der Mittel, Vereinfachungen beider Antragstellung sowie höhere Qualitätvon Austauschmaßnahmen und Projektenerreicht werden.

Allein durch Leonardo sind nach Anga-ben des deutschen Berufsbildungsberichts2000 von 1995 bis 1999 rund 40000 Aus-tauschmaßnahmen erfolgt. Darüber hin-aus wurden in diesem Zeitraum über 1000Pilotprojekte durchgeführt, die internatio-nale berufliche Qualifikationen durch ge-meinsame Entwicklung von Curriculabzw. Ausbildungsmodulen, Konzeptenund Produkten beinhalteten (BMB+F,2000, S.206). ‚Durchführungsstelle‘ für die-ses Aktionsprogramm, und damit Haupt-ansprechpartner für den Bereich der Erst-ausbildung, ist die Carl-Duisberg-Gesell-schaft in Köln, die als gemeinnützige Or-ganisation für internationale Weiterbil-dung und Personalentwicklung verant-wortlich zeichnet. Sie gilt zudem als größ-ter deutscher Anbieter beruflicher Aus-landsbildung, und hat nicht nur in Euro-pa, sondern seit mehr als 50 Jahren welt-weit Erfahrungen mit Auslandsprogram-men sammeln können (Alexander, 1999a,S.396; BMB+F, 1997, S.179; Müller-Solgeru.a., 1997, S.65f.).

Lernortverlagerung insAusland – ein Euro-Praktika-Modell des Regie-rungsbezirks Weser-Ems

‚Euro-Praktika‘ und ‚Lernortverlage-rung ins Ausland‘ – was heißt daseigentlich?

Schon der Begriff ‚Praktikum‘ bereitetProbleme. So ist beispielsweise von ‚be-treutem‘ oder ‚unbetreutem Praktikum‘,

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Abb. 1:

Das Modell ‚Lernortverlagerung ins Ausland’

‚Betriebspraktikum‘ oder gar von ‚prakti-scher Ausbildung‘ und schließlich von‚Auslandspraktikum‘ oder ‚Euro-Prakti-kum‘ die Rede. Geht man von der etymo-logischen Bedeutung des Begriffs ‚Prak-tikum‘ bzw. ‚Praxis‘ aus, stößt man zu-nächst auf das vom griechischen prátteinabgeleitete „tun, verrichten, ausführen,vollbringen usw.“ (Duden, 1997, S.548).‚Praktikum‘ selbst lässt sich dann zumeinen definieren als „praktische Übung inder (akademischen) Ausbildung zur An-wendung theoretischer Kenntnisse“ (Du-den, 1997, S.546), zum anderen als „imRahmen einer Ausbildung außerhalb der(Hoch)schule abzuleistende praktischeTätigkeit“ (Duden, 1982, S.617). In An-lehnung an die Duden-Definition ist derBegriff ‚Betriebspraktikum‘ analog zu se-hen, obgleich z.B. der DIHT darunterüberhaupt die „Hinführung an die Wirt-schaft und Arbeitswelt“ versteht (Quan-te-Brandt, 2000, S.32). Diese Heranfüh-rung an die Wirtschaft und Arbeitsweltkann etwa bei Hauptschülern im Fach

‚Arbeitslehre‘ (Schmiel, 1976, S.52f.) oderbei Schülern eines Berufsvorbereitungs-oder Berufsgrundbildungsjahres erfolgen(Preyer, 1978, S.181 und S.214ff.). Von‚betreutem Praktikum‘ ist dann die Rede,wenn z. B. eine Betreuung durch deut-sche Lehrkräfte bzw. Ausbilder im Ziel-land gewährleistet ist; bei ‚unbetreutemPraktikum‘ fällt eine derartige Betreuunghingegen weg. Die Leistungen währendeiner ‚praktischen Ausbildung ‘ – inmonalen Berufen (geblockt oder unter-richtsbegleitend) – gehören ihrer Naturnach zu den ‚betreuten Praktika‘ und siesind von betreuenden Lehrkräften bzw.Ausbildern – in Absprache mit Fachkräf-ten der Praktikumseinrichtung – zu be-werten, d. h. sie gehen in eine Note ein(niedersächsisches Kulturministerium,2000, S. 351). Zusammenfassend gilt fürden vorliegenden Beitrag zunächst, dass‚Praktikum‘ spezieller zu definieren ist;denn es bezieht sich hier in erster Linieauf Personen in der dualen und monalenErstausbildung. ‚Auslandspraktikum‘ – imRahmen des EU-Berufsbildungspro-gramms Leonardo Da Vinci auch als ‚Euro-Praktikum‘ zu verstehen - betrifft entspre-chend Möglichkeiten für Auszubildende,die Arbeitsweisen und –inhalte verschie-dener Abteilungen eines ausländischenBetriebes kennen zu lernen oder über-haupt praktische Erfahrungen im auslän-dischen (europäischen) Berufsalltag zusammeln (Müller-Solger u.a., 1997, S.91ff).Dabei handelt es sich um ‚unbetreuteAuslandspraktika‘, was insbesondere fürihre Anerkennung als Ausbildungsbe-standteil in Deutschland eine wichtigeRolle spielt. ‚Lernortverlagerung ins Aus-land‘ soll auf eine Erweiterung der Be-griffe ‚Auslandspraktikum‘ bzw. ’Euro-Praktikum‘ hinweisen, da sie auf dieDurchführung längerer, mindestens drei-monatiger Auslandspraktika während derberuflichen Erstausbildung im deutschendualen und monalen Ausbildungssystemgerichtet sind (Brandt, Suchanek, 1997;Gehrke, Alexander, 2000b, S.42f.; Rund-blick, 1999).

‚Lernortverlagerung ins Ausland‘ – einregionales Modell im Regierungsbe-zirk Weser-Ems

Seit nunmehr vier Jahren arbeitet dasDezernat ‚Berufliche Bildung‘ der Bezirks-regierung Weser-Ems im NordwestenNiedersachsens zusammen mit der Fach-

Lernortverlagerung ins Ausland(EUROPASS)

Zuständige Stellen

Betriebe

Bezirks-regierung

BerufsbildendeSchulen

LeonardoDa Vinci

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hochschule Osnabrück (FH-Osnabrück),der ‚Regionalen Innovationsstrategie We-ser-Ems (RIS)‘ sowie einigen Kammerndes Regierungsbezirks daran, Auszubil-denden die Möglichkeit einer mehrmona-tigen Lernortverlagerung ins Ausland imRahmen der beruflichen Erstausbildung zuverschaffen (Abbildung 1). So hat erst imJuni 1999 das niedersächsische Kultusmi-nisterium den Weg für eine Befreiung vonder Berufsschulpflicht jener Auszubilden-den geebnet, die eine derartige Lernort-verlagerung anstreben. Überdies habensich bereits die Industrie- und Handels-kammern sowie die Landwirtschaftskam-mer in Weser-Ems darauf verständigt, die-se im europäischen Ausland absolviertenAusbildungsabschnitte unter bestimmtenBedingungen als Teil der dualen Berufs-ausbildung anzusehen. Derzeit wird die-ses Modell durch Werbeaktionen der RIS-Initiative in Weser-Ems gefördert und eswerden erste Vorkehrungen zur gezieltenVorbereitung interessierter Auszubilden-der getroffen (Alexander, 2000, S.188).

Abb. 1:Enge Verbindungen ergeben sich dabeieinmal zu der Carl-Duisberg-Gesellschaft(CDG), die durch die Beauftragung desfür die Gesamtkoordinierung zuständigenBundesinstituts für Berufsbildung (BIBB)als „Durchführungsstelle“ für das EU-Berufsbildungsprogramm Leonardo um-fassende Schützenhilfe bei der Planungund Durchführung neuer EU-Aktivitätenanbietet. Zum anderen existiert für dieArbeit vor Ort ein Kooperationsvertrag mitder Fachhochschule Osnabrück; denngerade sie verfügt durch ihre Vermittlungvon studentischen Auslandspraktika nichtnur über langjährige Erfahrungen mit EU-Bildungsprogrammen: Sie ist außerdem inder Regel mit Unternehmen vernetzt, dieAuszubildende oder Studierende ins Aus-land versenden – und, was unternehmens-intern nicht immer leicht umzusetzen ist,aus dem Ausland empfangen. Beide Part-ner, die Fachhochschule und die Bezirks-regierung, profitieren von dieser Koope-ration: Die Fachhochschule erhält dadurchZugang zu den berufsbildenden Schulen(BBS), aus denen sich zukünftige Studie-rende rekrutieren lassen, während dieseberufsbildenden Schulen von dem Euro-pa-Know-How der Fachhochschule pro-fitieren. Diese Kooperation bildet inDeutschland zugleich den Ausgangspunktfür ein bislang in anderen Bundesländernnoch nicht praktiziertes Konzept, den

Leonardo-Pool (Abbildung 2), einem re-gionalen Zusammenschluss verschiedenerberufsbildender Schulen mit dem Ziel, vorallem durch gemeinsame Nutzung vonLeonardo die europäische Idee voranzu-treiben.

Abb. 2: Der Leonardo-Süd-PoolFür die Bezirksregierung Weser-Ems er-öffnet der Leonardo-Pool besonders inBezug auf das Modell Lernortverlagerungins Ausland interessante Aussichten:Wichtige Bestandteile dieses Pool-Kon-zepts sind neben der Neuauflage vonLeonardo II auch der „Europass-Berufs-bildung“ (siehe Kasten), wobei letztererdarauf abzielt, die Lehrlingsausbildung inEuropa weiter anzugleichen. Wie EdelgardBulmahn, Bundesministerin für Bildungund Forschung, erklärte, fördert derEuropass – ganz im Sinne des ‚Bündnis-ses für Arbeit und Ausbildung‘ - vornehm-lich die transnationale Mobilität von Aus-zubildenden und Studierenden durch viel-fältige europäische Kooperationen undPartnerschaften. Des Weiteren sollen dua-le oder monale Berufsausbildungsab-schnitte, die in einem europäischen Teil-nehmerstaat abgeleistet wurden, gegen-seitig anerkannt und nach dem Willen desRates der Europäischen Union ab 1. Ja-nuar 2000 mit dem Europass zertifiziertwerden. Einige Schritte wurden bereits inder monalen Berufsausbildung unternom-men: An Stelle bislang üblicher ‚betreu-ter‘ Praktika hat das niedersächsischeKultusministerium eine Anerkennung vonsogenannten ‚unbetreuten‘ Praktika imAusland verfügt. Hierdurch fällt die bis-lang hemmende Forderung weg, dassAuslandspraktika den deutschen Bestim-mungen entsprechen müssen. Führtendiese Hemmnisse in der Vergangenheitdazu, dass z. B. die BezirksregierungWeser-Ems von diesen Praktika Abstandnehmen musste, so eröffnet sich nunmehrein neues Feld für alle berufsbildendenSchulen, die für monale Berufe ausbilden.

Ein neues Feld ergibt sich auch für dieduale Berufsausbildung: Für ähnlich fle-xible Regelungen sprechen sich bereits dieerwähnten Industrie- und Handelskam-mern sowie die Landwirtschaftskammerals zuständige Stellen der dualen Erstaus-bildung in Weser-Ems aus; denn eineKontrolle von Auslandspraktika, etwadurch Ausbildungsberater der Kammern,dürfte sich – von grenznahen Fällen ein-mal abgesehen – weitestgehend ausschlie-

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ßen. Damit werden ‚unbetreute‘ Praktikaim Ausland als berufliche Ausbildungsab-schnitte grundsätzlich anerkennbar. Klä-rungsbedarf gibt es allerdings noch zwi-schen den Ausbildungsbetrieben und denKammern, etwa im Hinblick auf Gestal-tung der Ausbildungsverträge, Dauer derAusbildung oder Abschlussprüfungen.Außerdem werden sich beispielsweiseKammern die Frage stellen müssen, in-wieweit die von Leonardo gefordertenund von den Auszubildenden anzuferti-genden Praktikumsberichte als Berichts-heftersatz gelten können. Dennoch – ge-genwärtig wird dieses Modell der Lernort-verlagerung ins Ausland bereits genutzt,

wenn z. B. die Industrie- und Handels-kammer in Osnabrück Pilotaustausch-maßnahmen für angehende Speditions-kaufleute unterstützt oder die Industrie-und Handelskammer für Ostfriesland undPapenburg in Emden Bedarf bei derarti-gen langfristigen Auslandsausbildungs-abschnitten für Ausbildungsberufe in Ree-dereien, in Transport- und Luftfahrtunter-nehmen, in Betrieben des Hotel- undGaststättengewerbes oder für Zahntech-niker u.a.m. anmeldet und ebenfalls in diebildungspolitische Offensive geht.

Probleme bleiben natürlich nicht aus:Nicht alle Branchen und selbst nicht alle

Abb. 2:

Der Leonardo-Süd-Pool

Centre de Formationd’Apprentis Agricole

du Haut-Rhin, F

Akershus, HVAMVideregående Skole, N

JungsTrädgårdsplanering, SE

SolnaTrädgårdsplanering AB, SE

Saimare S.p.A., IT

Lohja College of CommerceFIN

Hammerskolan, SE

Eneio Polykladiko Lykio,GR

BBSHaste

BBS am Pottgraben

BBS am Schölerberg

BBSBersenbrück

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IBBLeonardo

Da Vinci IIMobilität

Euro-Praktika für BerufsschülerLeonardo-Süd-Pool

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international tätigen Unternehmen sindaus innerbetrieblichen Gründen von vorn-herein bereit, ihre Auszubildenden für diedrei Monate ‚unbetreut‘ ins Euro-Prakti-kum zu entsenden. Und auch Auszubil-dende selbst sind mehrheitlich nichtrisikofreudig genug, um auf ihre häusli-chen Annehmlichkeiten zu Gunsten einesAuslandspraktikums zu verzichten. DieseHindernisse traten schon bei drei- odervierwöchigen Auslandspraktika auf undpotenzieren sich entsprechend bei mehr-monatigen ‚Lernortverlagerungen ins Aus-land‘. So nimmt es kaum Wunder, dassnach Angaben des Berufsbildungsberichts2000 (S.206) nicht einmal ein Prozent al-ler deutschen Auszubildenden den Sprungins Auslandspraktikum schaffte. Hinzukommen Schwierigkeiten durch umständ-liche und zeitaufwendige Antragstel-lungen, die mühevolle Abwicklung finan-zieller Belange oder den Aufbau zuver-lässiger internationaler Partnerschaften.Grund genug für die BezirksregierungWeser-Ems, über eine ‚Servicestelle‘ denLeonardo-Pool ins Leben zu rufen, derhilft, administrative Probleme beträchtlichzu mildern. Zusätzlich helfen hierbei auchNetzwerke, etwa über die Carl-Duisberg-Gesellschaft oder das Deutsch-Französi-sche Jugendwerk (DFJW), gezielt für län-gerfristige Lernortverlagerungsmaßnah-men zu werben und auf Auslands-aktivitäten in der Ausbildung gerichteteUnternehmen und Jugendliche zu gewin-nen.

In den Kinderschuhen stecken zurzeitnoch die Möglichkeiten einer Erweiterungder Lehrlingsausbildung über höher-wertige EU-Zusatzqualifikationen: DualeAusbildungsgänge wie z. B. ‚Industrie-kauffrau/-mann-EU‘, ‚Gärtner-EU‘ oder diemonal ausgerichteten ‚Assistenzberufe-EU‘könnten neben der einfachen Anrechnungüber den Europass ein breites Spektrumberuflicher Zusatzqualifikationen durchcurriculare Module umfassen. Beispieledazu wären etwa Fremdsprachen schlecht-hin, interkulturelle Kooperation und Kom-munikation, europäisches Recht, europäi-sche Wirtschaft und Landeskunde oder be-rufsbezogener bilingualer Fachunterrichtin Verbindung mit mehrmonatigen ‚Euro-Praktika‘ in verschiedenen europäischenTeilnehmerstaaten. Mittlerweile gibt es inDeutschland schon einige Erfahrungen mitentsprechenden Modellversuchen, z. B. ander kaufmännischen Schule in Albstadt

(Industriekauffrau/-kaufmann EU), dieallerdings speziell in grenznahen Berei-chen durchgeführt werden. Somit handeltes sich jeweils um Maßnahmen einzelnerKammerbezirke – ein bundesweit flächen-deckendes Angebot solcher EU-Zusatz-qualifikationen ist zur Zeit noch nichtauszumachen.

Lernortverlagerung insAusland – ein neuer Wegin der deutschen Berufs-ausbildung?

Soll sich die deutsche Berufsbildung inder aufgezeigten Weise entwickeln, ist

Europass-Berufsbildung

Der Europass gilt für alle Formen der Berufsausbildung, die einen betrieblichenAusbildungsanteil enthalten, einschließlich solcher im Hochschulbereich, und erist ein europaweit einheitlich gestaltetes Informationsdokument im DIN A5-For-mat, das die Form eines Reisepasses aufweist. Der Hintergrund zur Bescheinigungstrukturierter Auslandsqualifikationen in der beruflichen Bildung liegt vor allem inder Fortführung und einer verstärkten Förderung von Mobilitätsmaßnahmen imRahmen des neuen EU-Berufsbildungsprogramms Leonardo da Vinci II; der Europasskann allerdings auch für andere EU-Programme Anwendung finden. Mit demEuropass wollen die europäischen Institutionen aber insgesamt hauptsächlich dergestiegenen Mobilität jüngerer Berufstätiger gerecht werden, zumal innerhalb derEU eine stärkere internationale Öffnung der einzelnen nationalen Ausbildungs-systeme zu beobachten ist. Ziel eines solchen Bescheinigungssystems ist über-haupt ein weiterer Schritt zur Erhöhung der Transparenz von Qualifikationen: DerEuropass regelt jedoch nicht eine förmliche Anerkennung von Teilqualifikationen;denn es wird nach wie vor nicht daran gedacht, ein einheitliches europäischesBerufsausbildungssystem zu schaffen.

Voraussetzung für die Nutzung des Europasses, die auf freiwilliger Basis geschieht,ist das Bilden einer Partnerschaft zwischen der Einrichtung des Entsende- bzw.Herkunftslandes, in der die betreffende Person ihre Berufsaus- oder aber auch –Weiterbildung ableistet und der Aufnahmeeinrichtung des gastgebenden Auslan-des. Des weiteren muss eine Vereinbarung über den Ausbildungsinhalt und dieBetreuung des Teilnehmers durch einen Ausbilder getroffen werden. Bislang wur-den die vermittelten Auslandsqualifikationen in der über 20-Jährigen europäischenKooperation im Berufsbildungsaustausch nur unzureichend und äußerst unterschied-lich in Form, Sprache und Inhalt bescheinigt. Nunmehr sollen alle Europass-Inha-ber für alternierende Berufsbildungsabschnitte vorwiegend der Aus- aber auch derWeiterbildung im Ausland eine EU-Bescheinigung mit einheitlichem Design undRaster für Mindestinformationen (persönliche Daten des Teilnehmers, Name dergastgebenden Einrichtung, Zeitpunkt, Dauer und Ziele des Ausbildungsaufenthaltes,Inhalte der vermittelnden Qualifikationen, Information über die Leistungen desAuszubildenden in zwei Sprachen, d.h. der Sprache des Aufnahme- und Entsende-landes) erhältlich sei (Alexander, 1999b, BMB+F, 1999, S.18 und S.187f.; Gehrke,Alexander, 2000a, S.13f.).

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auch künftig eine enge Zusammenarbeitvon Schulen inklusive Hochschulen,Schulbehörden, Schulträgern, Betrieben,Kammern und EU-Koordinierungsstellenwie z. B. dem Bundesinstitut für Berufs-bildung, der Carl-Duisberg-Gesellschaftoder dem Deutsch-Französischen Jugend-werk erforderlich. Darüber hinaus ist wei-terhin ein stetiger Informationsaustauschdurch Vernetzung mit Bildungseinrichtun-gen im europäischen Ausland zu gewähr-leisten. Den Partnern des ‚Bündnisses fürArbeit und Ausbildung‘ erwachsen darausweitreichende Anforderungen an einemoderne Berufsausbildung: Unternehmenim Allgemeinen und selbst kleine undmittlere Firmen (KMU) im Besonderenwerden immer dr ingender Human-ressourcen entwickeln müssen, die in ei-nem Europa ohne Grenzen einsetzbarsind; denn nur Arbeitnehmer mit interna-tionalen beruflichen Qualifikationen wer-den europaweit tätige Unternehmen mehr

und mehr in die Lage versetzen, neben‚global playern‘ - wie z. B. den USA oderJapan - im weltweiten Konkurrenzkampfzu bestehen. Hier tragen sicherlich dieeuropäischen Bildungsprogramme ihrenTeil dazu bei, da sie einen wichtigen Aus-tausch von Berufsbildungs-Know-Howzwischen den europäischen Mitglied-staaten fördern. Zum einen kann hiermitvielleicht durch bundes- und europa-politische Impulse – gerade durch dieMöglichkeiten des Modells der Lernort-verlagerung ins Ausland - ein Stückchendeutsche oder gar europäische Berufs-bildungsgeschichte geschrieben werden.Und zum anderen bergen die europäi-schen Bildungsprogramme sicherlich auchdie Chance, das deutsche duale Systemder Berufsausbildung über den von derEU-Kommission propagierten Gedankeneiner ‚alternierenden Berufsbildung’ fürdie Zukunft europaweit attraktiver zu ma-chen!

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BMB+F (1999)/Bundesministerium für Bil-dung, Wissenschaft, Forschung und Tech-nologie: Der Europass-Berufsbildung. Bonn

Brandt, Suchanek . Konzepte zur Realisierunglängerfristiger Austausche. (UnveröffentlichtesManuskript). Hannover, 1997

Bundesinstitut für Berufsbildung (o.J):Leonardo da Vinci – Info. Berlin

Duden: Fremdwörterbuch (Band 5): 4.Aufl.,Mannheim, Wien, Zürich, 1982

Duden: Herkunftswörterbuch. Etymologie derdeutschen Sprache (Band 7): 2.Aufl., Mann-heim, Wien, Zürich, 1997

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Gehrke, W.-D., Alexander, P.-J. EU-Bildungs-programme für berufsbildende Schulen – ZurFunktion staatlicher Beratungseinrichtungen.In: Berufsbildung, Heft 59, S.31-33, 1999b

Gehrke, W.-D., Alexander, P.-J. „Lernort-verlagerung“ ins Ausland wird in der berufli-chen Erstausbildung immer wichtiger. DerEuro-Pass Berufsbildung kommt. In: Erziehungund Wissenschaft/ Niedersachsen, Heft 2, S.13f,2000a

Gehrke, W.-D., Alexander, P.-J. Lernort-verlagerung ins Ausland – ein neuer Weg inder Berufsausbildung? In: Berufsbildung, Heft63, S.42f, 2000b

Kommission der Europäischen Gemein-schaften: Überprüfter Vorschlag für einenBeschluss des Rates über die Durchführung derzweiten Phase des gemeinschaftlichen Aktions-programms in der Berufsbildung „Leonardo daVinci“. Brüssel, 23.04.1999

Müller-Solger, H. et al. Bildung und Europa.Die EU-Fördermaßnahmen. 2.Aufl., Bonn, 1997

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Information,Vergleichsstudien

Analyse transnationale des politiquesd’éducation et de formation desadultes: la libération difficile desforces créatrices / Paul Béranger,Paolo Federighi; Bildungsinstitut derUNESCO.[Länderübergreifende Analyse derBildungs- und Erwachsenenbildungs-politik: die schwierige Freisetzung derkreativen Kräfte]Paris: L’Harmattan, 2001, 345 S.ISBN 2-7475-0196-5

Bildung hat auf allen Kontinenten einestrategische Bedeutung gewonnen. „Umzu überleben, um besser zu leben undum ein Leben von Qualität zu führen, sinddie Erwachsenen - Frauen wie Männer –bestrebt, ihre Fähigkeit, zu handeln undihre Umwelt zu verstehen, auszuweiten“.Allerdings meinen die Autoren, dass mandie ganze Bedeutung der aktuellen Ent-wicklungen nur durch eine breitere Be-trachtung dieses Themenbereichs erfas-sen kann. So gesehen ist die Erwachse-nenbildung zu einem der neuen Bereichegeworden, in denen sich in zahllosenVerhandlungen einige der wesentlichenHerausforderungen für die Gesellschaftenvon heute zeigen. Diese schwierige Frei-setzung der kreativen Kräfte bildet denSchwerpunkt dieses Werks. Als Ergebniseiner fünfjährigen empirischen For-schungsstudie, die vom Bildungsinstitutder UNESCO in 24 Industrie- und Entwick-lungsländern in sechs Regionen der Welt(Europa, Asien, Afrika, arabische Länder,Lateinamerika und Nordamerika) durch-geführt wurde, befasst sich dieses Buchmit den Inhalten und Strategien der Bil-dungspolitik und der Erwachsenenbil-dung: Gegenstand und Zweck der gegen-wärtigen Politik, Veränderung der zu mei-sternden Probleme, Maßnahmen zu Gun-sten der Feststellung des Bildungsbedarfs,Umsetzung der verschiedenen bildungs-politischen Lösungsansätze, die neue Rol-le des Staates und anderer Akteure, Her-ausforderungen der Zukunft. Dieses Do-kument will eine neue Sichtweise der

aktuellen Entwicklungen vermitteln undgleichzeitig Bezüge zur Praxis herstellen.

Future trends in European vocationaleducation / Gerald Heidegger.Strategies for reforming initial voca-tional education and training in Eu-rope, S. 266-279[Zukünftige Trends in der europäi-schen Berufsbildung /Gerald Heideg-ger. Strategien für eine Reform der Be-rufsbildung in Europa]Jyväskylä: Koulutuksen tutkimuslaitos,2000ISBN 951-39-0743-0Koulutuksen tutkimuslaitos,Jyväskylän yliopisto,Julkaisumyynti,PO BOX 35,FIN-40351 Jyväskylä,Tel.: (358-14) 2603220,Fax: (358-14) 2603241,E-Mail: [email protected]

Dieses Papier ist Teil des Abschluss-berichts des im Rahmen des ProgrammsLeonardo da Vinci durchgeführten Pro-jekts SPES-NET. Darin werden auf derGrundlage der aktuellen, überwiegend inDeutschland geführten Debatte einigeGrundprinzipien für eine Reform der Be-rufsbildung in einem europäischen Rah-men vorgeschlagen. Vor dem Hintergrundder zunehmenden Modernisierung derIndustrieproduktion und des Dienstlei-stungssektors gewinnt die Idee der sozia-len Organisation der Innovation an Be-deutung, zumal dieser Prozess durch dieÜbernahme des „Gestaltungsprinzips“ fürdie Berufsbildung weiter vorangebrachtwerden könnte. Ausgehend von einerDiagnose der aktuellen Berufsbildungs-krise schlägt dieses Papier insbesondereKerntätigkeiten sowie offene und dyna-mische Tätigkeitsprofile vor. Es werdenweitere Perspektiven einer zukunftsorien-tierten Berufsbildung vorgestellt, wobeiinsbesondere die Bedeutung der Ausbil-dung am Arbeitsplatz, der Personalent-wicklung und der „lernenden Regionen“zum Aufbau von Lernumgebungs-Netz-werken hervorgehoben werden.

Europa international

Lektüre zum Thema

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se Diese Rubrik wurde von

Anne Waniart,Bibliothekarin im Cedefop,mit Unterstützung derMitglieder des Dokumen-tationsnetzwerkes erstellt

Die Rubrik „Literaturhinweise“enthält eine Sammlung jüngs-ter einschlägiger Veröffentli-chungen über die Entwicklungder Berufsbildung und derQualifikationen auf europäi-scher und internationaler Ebe-ne. Berücksichtigt wurden inerster Linie vergleichende Un-tersuchungen, aber auch na-tionale Studien, sofern sie imRahmen europäischer oder in-ternationaler Programme rea-lisiert wurden, Analysen derWirkung von Gemeinschafts-aktionen in den Mitglied-staaten und Berichte über einbestimmtes Land aus der SichtDritter.

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Unity in Diversity / Robert Taylor etal. (Hrsg.)[Einheit durch Vielfalt]Montreux: EQP/BEN, 2002, 450 S.ISBN 2-940320-08-XEQP/BEN-Business,Place de la Paix,Case Postale 379,CH-1820 Montreux 2,Tel.: (4121) 9613441,Fax: (4121) 9613403,E-Mail: [email protected],URL: http://www.eqpltd.com

Dieses Buch bietet eine Zusammenstel-lung von unterschiedlichen Sichtweisender historischen, politischen, wirtschaft-lichen und institutionellen Ereignisse, diebis heute die Europäische Union geprägthaben und weiter prägen, und leistet da-mit einen konkreten Beitrag zu einembesseren Verständnis der europäischenRealität. Zum Thema Berufsbildung siehedie Kapi te l „Br inging together EUvocational education and training part-ners“/ Johan van Rens, Direktor des Eu-ropäischen Zentrums für die Förderungder Berufsbildung (Cedefop) und „Voca-tional education and training: a role ofcrucial importance“ / Peter Derooij, Di-rektor der Europäischen Stiftung für Be-rufsbildung in Turin.

Europäische Union:Politik, Programme,Teilnehmer

Benchmarking working Europe /Hrsg.: EGB und EGI.[Bezugsgrößen für Europa]Europäischer Gewerkschaftsbund undEuropäisches Gewerkschaftsinstitut2. Auflage.Brüssel: EGI, 2002, 75 S.ISBN 2-930143-98-3EGI,Boulevard Emile Jacqmain 155,B-1210 Brüssel,Tel.: (32-2) 2240470,Fax: (32-2) 2240502,E-Mail: [email protected],URL: http://www.etuc.org/etui

Soziales Benchmarking – d.␣ h. die Erar-beitung von Bezugsgrößen zur Erfassungsozialer Entwicklungen – ist ein geeigne-tes Instrument, um soziale Prozesse und

Sozialpolitik zu gestalten. Um sicherzu-stellen, dass die Früchte des Fortschrittsgerechter verteilt werden, reicht es nichtaus, gewisse Minimalstandards zu vertei-digen: mit Benchmarking müssen steigen-de Standards gefördert werden. Mit die-sem ersten Bericht zum Thema Bench-marking für die europäische Arbeitsweltwollen EGB und EGI einen echten Bei-trag zur praktischen Umsetzung eines so-zialen Benchmarking-Prozesses leisten.Die prägnanten Texte, die auf fast allenSeiten durch Daten in grafischer oder ta-bellarischer Form ergänzt werden, bieteneine Fülle von Informationen über siebenfür die europäische Arbeitswelt besondersrelevante Bereiche: Beschäftigung, Ein-kommensverteilung und soziale Aus-grenzung, Arbeitszeit, soziale Sicherheitund Sozialinfrastruktur, Bildung, Weiter-bildung und lebenslanges Lernen, Arbeits-umgebung und Gesundheit/Sicherheit amArbeitsplatz sowie Arbeitnehmermit-bestimmung, Information und Tarifver-handlungen.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/euorg/etuc/2002_0001_en.pdf

Aktionsplan der Kommission für Qua-lifikation und Mobilität: Mitteilung derKommission an den Rat, das Europäi-sche Parlament, den Wirtschafts- undSozialausschuss und den Ausschussder Regionen/ Kommission der Euro-päischen Gemeinschaften.Europäische KommissionLuxemburg: EUR-OP, 2002, 36 S.(Dokumente KOM, (2002) 72)ISSN 0254-1467 (de)

EUR-OP,2 rue Mercier,L-2985 Luxemburg,oder über die nationalen Verkaufsbüros,Tel.: (352-29) 2942118,Fax: (352-29) 2942709,E-Mail: [email protected],URL: http://www.eur-op.eu.int/

Der Aktionsplan für Qualifikation undMobilität bildet den Höhepunkt des Pro-zesses, der im Februar 2001 neben ande-ren Initiativen mit der Mitteilung der Kom-mission über die neuen europäischenArbeitsmärkte eingeleitet wurde. Der Ak-tionsplan baut auf den Schlussfolgerungender hochrangigen Task Force für Qualifi-kation und Mobilität auf, die darauf ab-

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zielt, bis 2005 eine günstigere Umgebungfür offenere und leichter zugängliche eu-ropäische Arbeitsmärkte zu schaffen. DerAktionsplan betont in Übereinstimmungmit den Lissabonner Zielen eine kohärentepolitische Vision zur Förderung derHumanressourcen in der EuropäischenUnion, insbesondere dadurch, dass esdem Bürger ermöglicht werden soll, sichaus beruf l ichen Gründen oder fürBildungszwecke frei in der EU zu bewe-gen, und es ihm leichter gemacht werdensoll, von den Vorteilen der europäischenIntegration einschließlich des Binnen-marktes zu profitieren. Drei Herausforde-rungen werden besonders hervorgeho-ben: 1) Die unzureichende beruflicheMobilität zeigt, dass die Bildungs- undAusbildungssysteme wirksamer an denArbeitsmarkt angepasst, dass das lebens-lange Lernen und der Qualifikations-erwerb (insbesondere im Bereich derInformations- und Kommunikationstech-nologie – IKT) angekurbelt und dass dieSysteme zur Anerkennung von Qualifika-tionen und Kompetenzen verbessert wer-den müssen. 2) Die geringe geographi-sche Mobilität in und zwischen Mitglied-staaten legt die Vermutung nahe, dass dieVorteile des Binnenmarktes noch nichtausreichend erkundet wurden. Es gibtnach wie vor viele Mobilitätshindernisse,darunter fehlende Sprachkenntnisse, fa-miliäre Umstände sowie Aspekte im Zu-sammenhang mit Steuern, Renten, Sozi-alversicherung usw. 3) Die schlechteZugänglichkeit und mangelhafte Qualitätder Informationen über Mobilität und ein-zelne Branchen halten viele Menschendavon ab, einen Arbeitsplatzwechsel odereine bestimmte Berufswahl in Erwägungzu ziehen.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/leg/com/com_2002_0072_de.pdf

Mitteilung der Kommission an den Ratund das Europäische Parlament überdie Rolle der allgemeinen und beruf-lichen Bildung im Rahmen der Ar-mutsminderung in den Entwicklungs-ländern/ Kommission der Europäi-schen Gemeinschaften.Luxemburg: EUR-OP, 2002, 21 S.(Dokumente KOM, (2002) 116)ISSN 0254-1467 (de)EUR-OP,2 rue Mercier,L-2985 Luxemburg,

oder über die nationalen Verkaufsbüros,Tel.: (352-29) 2942118,Fax: (352-29) 2942709,E-Mail: [email protected],URL: http://www.eur-op.eu.int/

Mit dieser Mitteilung soll die zentrale Rolleder Bildung für die Bekämpfung von Ar-mut und die Entwicklung unterstrichensowie ein globaler Rahmen für die Ziele,Prioritäten und Methoden der Gemein-schaft im Bereich der allgemeinen undberuflichen Bildung in den Entwicklungs-ländern vorgestellt werden. Die Mitteilungdokumentiert eine Neuausrichtung dersektorspezifischen Unterstützung im Hin-blick auf die Armutsminderung entspre-chend den internationalen Verpflichtun-gen. Sie unterstützt die Politik der Ent-wicklungsländer und erfolgt in Abstim-mung mit den Maßnahmen der anderenGeber. Bezweckt wird eine Bündelung derMaßnahmen zur Förderung der allgemei-nen und beruflichen Bildung sowie dieFestlegung von Orientierungslinien für dieGemeinschaft. Die Mitteilung würdigt diezentrale Rolle der Entwicklungsländer undbenennt drei Prioritäten der Bildungsför-derung der Gemeinschaft: die Grund-bildung (insbesondere Grundschulbildungund Lehrerausbildung), die berufsbezo-gene Ausbildung sowie die Hochschulbil-dung, insbesondere auf regionaler Ebe-ne. Dabei wird es in erster Linie daraufankommen, die Grundbildung zu fördern(sowohl qualitativ als auch quantitativ)und sicherzustellen, dass Mädchen wieJungen ein ausreichendes Bildungsniveauerreichen, bevor die berufsbezogene Aus-bildung unterstützt werden kann. DieFörderung der Hochschulbildung solltevor allem auf regionaler Ebene erfolgen.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/leg/com/com_2002_0116_de.pdf

eLearning und Ausbildung in Europa:Umfrage zum Einsatz von eLearningzur beruflichen Aus- und Weiterbil-dung in der Europäischen Union.Europäisches Zentrum für die Förderungder Berufsbildung - CEDEFOPLuxemburg: EUR-OP, 2002, 75 S.(Cedefop Reference series, 25)ISBN 92-896-0105-1ISSN 1608-7089Kat.-Nr. TI-41-01-931-DE-CEUR-OP,2 rue Mercier,

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L-2985 Luxemburg,oder über die nationalen Verkaufsbüros,Tel.: (352-29) 2942118,Fax: (352-29) 2942709,E-Mail: [email protected],URL: http://www.eur-op.eu.int/

eLearning birgt das Potenzial, die allge-meine und berufliche Bildung radikal zuverändern, neue Wege bei der Vermittlungvon Wissen zu eröffnen und die Fähig-keit des Einzelnen, sich neue Kompeten-zen anzueignen, zu verbessern. In Ver-bindung mit dem eLearning haben sichneue Märkte für Lehr- und Lernmittel undeinschlägiges Equipment (Hardware) her-ausgebildet. Dennoch mangelt es an quan-titativen Informationen zur Nutzung undzum Wachstum von eLearning. DieseUmfrage erfasst, wenngleich kein stati-stisch repräsentatives Sample, eine Reihevon Einrichtungen unterschiedlicher Artund Größe in allen EU-Mitgliedstaatenund lässt somit Rückschlüsse zur Entwick-lung des eLearning in der EU und zu denUnterschieden zwischen den Mitglied-staaten zu. Die Umfrage wurde 2001 vomCedefop online auf der Website des Eu-ropäischen Berufsbildungsdorfes durch-geführt (www.trainingvillage.gr).

Beschäftigung in Europa 2001/ Euro-päische Kommission.Europäische Kommission, Generaldirek-tion Beschäftigung und Soziales;Luxemburg: EUR-OP, 2001, 118 S.Kat.-Nr. KE-38-01-762-DEEUR-OP,2 rue Mercier,L-2985 Luxemburg,oder über die nationalen Verkaufsbüros,Tel.: (352-29) 2942118,Fax: (352-29) 2942709,E-Mail: [email protected],URL: http://www.eur-op.eu.int/

Dies ist der Jahresbericht der Europäi-schen Kommission, in dem die Beschäfti-gungssituation in den EU-Mitgliedstaatenfür das Jahr 2001 untersucht wird.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/commission/dgesa/2002_0007_en.pdf

Die Beschäftigungs- und Sozialpolitikder EU 1999-2001: Arbeit, Zusammen-halt, Produktivität/ Europäische Kom-mission.Brüssel: Europäische Kommission - Ge-neraldirektion für Beschäftigung und So-ziales, 2001, 28 S.ISBN 92-894-1533-9Kat.-Nr. KE-38-01-681-EN-CEuropäische Kommission –GD Beschäftigung und Soziales,Rue de la Loi 200/Wetstraat 200,B-1049 Brüssel,Tel.: (32-2) 2991111,Fax: (352-29) 2942709,E-Mail: [email protected],URL: http://www.europa.eu.int/comm/dgs/employment_social_affairs

Der Bericht umfasst folgende Themen:Arbeit, Zusammenhalt, Produktivität; Eu-ropa wieder in Arbeit bringen - die euro-päische Beschäftigungsstrategie; Das Zu-sammenwirken von Wirtschafts-, Beschäf-tigungs- und Sozialpolitik - Lissabon in diePraxis umsetzen; Verbesserung des Zu-gangs zum Arbeitsmarkt für benachteilig-te Gesellschaftsgruppen; Mobilität undneue europäische Arbeitsmärkte; Arbeits-plätze in der Informationsgesellschaft; Fort-schritte im sozialen Dialog und in der Ar-beitsorganisation; Eine produktive undintegrative Gesellschaft; Moderne, tragfä-hige Sozialschutzsysteme als Produktivi-tätsfaktor; Vorbereitung auf die Erweite-rung. http:// l ibserver.cedefop.eu.int/v e t e l i b / eu / pub / commi s s i on / d g e sa /2002_0009_de.pdf

European glossary on education -volume 3: teaching staff/InformationBildungsinformationsnetz in Europa -EURYDICE.[Europäisches Bildungsglossar, Band3: Lehrer und Ausbilder]Brüssel: EURYDICE, 2002, 221 S.(Ready Reference)ISBN 2-87116-333-2EURYDICE European Unit,Rue d’Arlon 15,B-1040 Brüssel,Tel.: (32-2) 2383011,Fax: (32-2) 2306562,E-Mail: [email protected],URL: http://www.eurydice.org/

Dieses Glossar zum Thema Bildungumfasst annähernd 600 nationale Begrif-

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fe, mit denen das Lehrpersonal allerBildungsebenen bezeichnet wird. Im er-sten Teil des Glossars sind die Begriffe inalphabetischer Reihenfolge angegeben.Neben einer begrifflichen Erklärung wer-den für alle Einträge die gängigsten gram-matikalischen Formen des Grundbegriffs,eine Länderreferenz sowie die jeweiligeBildungsebene angegeben. Der zweiteTeil umfasst Übersichtstabellen für die 30Länder, die mit diesem Terminologiewerkabgedeckt werden.http://www.eurydice.org/Documents/Glo3/EN/FrameSet.htmhttp://www.eurydice.org/Documents/Glo3/FR/FrameSet.htm

European Union discourses on un/employment: an interdisciplinaryapproach to employment policy-making and organisational change /Peter Muntigl, Gilbert Weiss and RuthWodak.[EU-Reden zu Arbeitslosigkeit/Be-schäftigung: ein interdisziplinärerAnsatz für Beschäftigungspolitik undorganisatorischen Wandel]Amsterdam: Benjamins, 2000, 235 S.(Dialoge über Arbeit und Innovation, 12)

Beschäftigung gehört eindeutig zu denPolitikbereichen, in denen die vielfältigenProbleme und Schwierigkeiten in Verbin-dung mit dem europäischen Integrations-prozess und der länderübergreifenden In-stitutionalisierung sichtbar werden. Deut-lich festzustellen ist insbesondere der Kon-flikt zwischen den ‘Supranationalisten’ undden ‘Intergouvernementalisten’ sowie dasAusmaß der Bereitschaft der Mitglied-staaten, miteinander zu kooperieren. DieUnion sucht nach neuen beschäftigungs-politischen Modellen, die einerseits mit deneuropäischen sozialstaatlichen Prinzipienvereinbar sind und andererseits den neu-en wirtschaftlichen Einschränkungen Rech-nung tragen. Diese Debatten werden vonzahlreichen Konflikten zwischen unter-schiedlichen Interessengruppen begleitet.Diese Studie hat mit Erfolg einen Blickhinter die Kulissen der Organisationswei-se der EU geworfen. So wurden Ausschuss-sitzungen mitgeschnitten und ausgewertet,die Entwürfe von politischen Papierenzwecks neuer Kontextbestimmung unter-sucht sowie der Einfluss von Interessen-gruppen und diversen wirtschaftlichen undideologischen Konzepten auf die politische

Entscheidungsfindung deutlich gemacht.Ein Vergleich zwischen Entscheidungs-findungsprozessen im Europäischen Par-lament und in kleineren Netzwerken derKommission zeigt die verschiedenenArgumentationsmuster und Diskurs-praktiken bei der Entwicklung neuerbeschäftigungspolitischer Konzepte. Be-gleitet wird die ethnographische Studie voneiner linguistischen und soziologischenSystemanalyse verschiedener institutionel-ler Modelle und Politikbereiche.

Framework of actions for the lifelongdevelopment of competencies andqualifications: joint document fromETUC, CEEP and UNICE / UEAPME.[Aktionsrahmen für die lebenslangeKompetenz- und Qualifikationsent-wicklung: gemeinsamer Vorschlag vonEGB, CEEP und UNICE / UEAPME.Union der Industrie- und Arbeitgeber-verbände Europas – UNICEEuropäischer Gewerkschaftsbund – EGBEuropäischer Zentralverband der öffent-lichen Wirtschaft - CEEPBrüssel: UNICE, 2002, 6 S.UNICE, rue Joseph II 40/bte 15,B-1040 Brüssel,E-Mail: [email protected],URL: http://www.unice.org/

Nach 14 Monaten Diskussion zwischenden europäischen Sozialpartnern (EGB/UNICE/CEEP) hat der Ausschuss für desozialen Dialog (SDC) am 28. Februar2002 einen „Aktionsrahmen für die lebens-lange Kompetenz- und Qualifikations-entwicklung“ verabschiedet. DieserAktionsrahmen unterstreicht die gemein-same Verantwortung von Arbeitgebernund Arbeitnehmern für die lebenslangeEntwicklung von Kompetenzen und Qua-lifikationen und benennt vier vorrangigeAktionsbereiche: Ermittlung und Progno-se der Nachfrage nach Kompetenzen undQual i f ikat ionen; Anerkennung undZertifizierng von Kompetenzen und Qua-lifikationen; Information, Unterstützungund Beratung; Ressourcen. Die Sozialpart-ner sollen diesen Aktionsrahmen in denMitgliedstaaten auf allen relevanten Ebe-nen und unter Berücksichtigung der je-weiligen nationalen Praxis fördern.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/euorg/unice/2002_0002_en.dochttp://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/euorg/unice/2002_0002_fr.doc

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La qualité du travail et de l’emploi:enjeux et défis / Europäische Stiftungfür die Verbesserung der Lebens- undArbeitsbedingungen[Die Qualität von Arbeit und Beschäf-tigung: Ziele und Herausforderungen]Dublin: Eurofound, 2002, 36 S.(Foundation paper, 1)Kat.-Nr. TJ-42-02-860-FR-CEUR-OP,2 rue Mercier,L-2985 Luxemburg,oder über die nationalen Verkaufsbüros,Tel.: (352-29) 2942118,Fax: (352-29) 2942709,E-Mail: [email protected],URL: http://www.eur-op.eu.int/

Mit diesem Papier soll die vergangene,gegenwärtige und zukünftige Arbeit derStiftung prägnant und in zusammen-gefasster Form zugänglich gemacht wer-den. Diese Ausgabe befasst sich mit viervon der Stiftung herausgearbeitetenSchlüsselaspekten der Qualität von Arbeitund Beschäftigung: Karriere und Beschäf-tigungssicherheit; Gesundheit und Wohl-befinden; Kompetenzentwicklung; Verein-barkeit von Privatleben und Arbeitsleben.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/foundation/2002_0001_fr.pdf

Lebenslanges Lernen: europaweiteKonsultation / Europäische Kommis-sion, Generaldirektion Bildung undKultur.Brüssel: Europäische Kommission – Ge-neraldirektion Bildung und Kultur, 2002

Aus dem Feedback zur Konsultation isteindeutig hervorgegangen, dass die Stra-tegien für lebenslanges Lernen ausgewo-gene Ziele des Lernens widerspiegelnmüssen. Die Konsultation löste auch eineheftige Debatte über die grundlegendenPrinzipien des lebenslangen Lernens aus.Eine Schlüsselerkenntnis bestand darin,dass Lernangebote auf dem Bedarf deslernenden bzw. potenziellen Lernendenbasieren müssen. Mit anderen Worten, dieStrategien für das lebenslange Lernenmüssen die zentrale Bedeutung des Ler-nenden hervorheben. Ein weiteres wich-tiges Anliegen der Befragten war - ange-sichts der Art und Weise, in der Wissenund Kompetenz die Lebenschancen derMenschen prägt - die Chancengleichheit,sowohl zwischen den Geschlechtern als

auch bzgl. der Verfügbarkeit des Lernan-gebots für alle Menschen. Die Antwortenauf die Konsultation betonten darüberhinaus die Bedeutung von hoher Quali-tät und Relevanz, da der Zeitaufwand unddie finanzielle Investition in das Lernennur wirklich sinnvoll sind, wenn die Lern-bedingungen sowie die zugrundeliegen-den Planungskonzepte und Systeme vonhoher Qualität sind.http://europa.eu.int/comm/education/life/consultation_en.html

Lifelong learning opportunities closeto learners: Präsentation desCEDEFOP/ Johan van Rens.[Lebenslange Lernmöglichkeiten naheam Lernenden]EfVET-Konferenz. Niederlande. 2001Brüssel: EFVET, 2001, 16 FolienEfVET,E-Mail: [email protected],URL: http://www.efvet.org/

Mit dieser Präsentation soll die Debatteüber die notwendige Überprüfung derEinstellungen und Ansätze zum ThemaAusbildung in der EU angeregt werden.Sie befasst sich mit drei Schlüssel-bereichen der Politik, bei denen dieAnsätze zu überprüfen bzw. zu überden-ken sind: gering Qualifizierte; Finanzie-rung der Berufsbildung sowie IKT undeLearning.http://www.efvet.org/EfVET2001/Documents/Johan_van_Rens-filer/frame.htm

Einen europäischen Raum des lebens-langen Lernens schaffen: Mitteilungder Kommission / Kommission derEuropäischen Gemeinschaften.Luxemburg: EUR-OP, 2001, 40 S.(Dokumente KOM, (2001) 678)ISSN 0254-1467 (de)EUR-OP,2 rue Mercier,L-2985 Luxemburg,oder über die nationalen Verkaufsbüros,Tel.: (352-29) 2942118,Fax: (352-29) 2942709,E-Mail: [email protected],URL: http://www.eur-op.eu.int/

Diese Mitteilung ist ein Beitrag zur Schaf-fung eines europäischen Raumes des le-benslangen Lernens. Ziel ist hierbei ei-

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nerseits, die Menschen in die Lage zuversetzen, frei zwischen Lernumge-bungen, Arbeitsstellen, Regionen und Län-dern zu wählen, um ihre Kenntnisse undKompetenzen optimal einzusetzen, undandererseits, die Zielvorstellungen von EUund Beitrittsländern nach mehr Wohl-stand, Integration, Toleranz und Demo-kratie zu verwirklichen. Erleichtert wirddiese Entwicklung durch die Zusammen-führung von Bildung und Berufsbildungmit zentralen Aspekten bestehender Pro-zesse, Strategien und Pläne in der Jugend-,Beschäftigungs-, Integrations- und For-schungspolitik innerhalb eines Gesamt-rahmens für lebenslanges Lernen.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/leg/com/com_2001_0678_de.pdf

Mobility and cooperation in educa-tion: recent experiences in Europe.[Mobilität und Kooperation in der Bil-dung: aktuelle Erfahrungen in Euro-pa]European Journal of Education, Band 36,Nr. 4Oxford: Blackwell Publishers, 2001ISSN 0141-8211

Sonderausgabe über Mobilität und Koope-ration in der Bildung mit aktuellen Erfah-rungsberichten aus Europa. Themen derBeiträge: Internationalisierung der Bil-dung – Schulen in Europa und das Pro-gramm SOKRATES; Lernen durch Aus-landsaufenthalte – In Richtung einer Päd-agogik für länderübergreifende Mobilitätvor dem Hintergrund der Berufsbildung;Die internationale Dimension in der na-tionalen Hochschulpolitik – Was hat sichin den letzten fünf Jahren in Europaverändert?; Mobilität während des Studi-ums und danach; ERASMUS – Kontinuitätund Wandel in den 90er Jahren; Interna-tionalisierung der höheren Bildung in derTschechischen Republik – Auswirkungenvon EU-Programmen.

National report on the Memorandumon lifelong learning: BulgariaRepublic of Bulgaria.[Länderbericht zum Memorandumüber lebenslanges Lernen: Bulgarien]Brüssel: Europäische Kommission, 2002Europäische Kommission –GD Bildung und Kultur,Rue de la Loi 200/Wetstraat 200,

B-1049 Brüssel,Tel.: (32-2) 2991111,URL: http://www.europa.eu.int/comm/dgs/education_culture/index_en.htm

Die Republik Bulgarien unterstützt in vol-lem Maße das von der Kommission aus-gearbeitete Memorandum über lebenslan-ges Lernen. Und Bulgarien beteiligt sichan der von der Kommission eingeleitetenDebatte, mit der die Entwicklung einereuropäischen Strategie für lebenslangesLernen gefördert werden soll. Das lebens-lange Lernen wird auch aus nationalerSicht als einer der entscheidenden Fakto-ren für die Verbesserung der beruflichenTätigkeit der Menschen sowie für die För-derung einer aktiven Staatsbürgerschafterachtet. Die Politik der bulgarischen Re-gierung bezüglich der Humanressourcenist Teil des umfassenden sozialpolitischenKonzepts für die Errichtung einer Lern-und Wissensgesellschaft, für die Erweite-rung der europäischen Zusammenarbeitin Bildung, Forschung und Kultur sowiefür die freie Mobilität der Beschäftigten.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/commission/dgeac/2002_0004_en.pdf

National report on the Memorandumon lifelong learning: Cyprus/ Ministryof Education and Culture.[Länderbericht zum Memorandumüber lebenslanges Lernen: Zypern]Brüssel: Europäische Kommission, 2002Europäische Kommission –GD Bildung und Kultur,Rue de la Loi 200/Wetstraat 200,B-1049 Brüssel,Tel.: (32-2) 2991111,URL: http://www.europa.eu.int/comm/dgs/education_culture/index_en.htm

Alle staatlichen und nichtstaatlichen Or-ganisationen waren aufgefordert, sich amProzess zu beteiligen und an der Formu-lierung von sinnvollen Vorschlägen bzgl.der Inhalte des Memorandums mitzuwir-ken. Die Koordinatoren aller beteiligtenOrganisationen haben sich dreimal getrof-fen, um Maßnahmen bzw. Vorschläge fürdie Umsetzung der sechs Kernaussagendes Memorandums zu erörtern.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/commission/dgeac/2002_0006_en.pdf

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National report on the Memorandumon lifelong learning: Czech Republic/ Ministry of Education, Youth andSports.[Länderbericht zum Memorandumüber lebenslanges Lernen: Tschechi-sche Republik]Brüssel: Europäische Kommission, 2002Europäische Kommission –GD Bildung und Kultur,Rue de la Loi 200/Wetstraat 200,B-1049 Brüssel,Tel.: (32-2) 2991111,URL: http://www.europa.eu.int/comm/dgs/education_culture/index_en.htm

Der Kern des Konsultationsprozesseswurde in Form von Workshops umgesetzt.Die bei den Workshops geäußerten Posi-tionen der Vertreter verschiedener Insti-tutionen und Einrichtungen wurden fest-gehalten und am Ende eines Workshopswurden Schlussfolgerungen formuliert.Die Untersuchungsmethode bestand ineiner Gegenüberstellung der Ziele desMemorandums und der politischen Zieleder Tschechischen Republik, die unlängstin strategischen Papieren festgelegt wor-den sind.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/commission/dgeac/2002_0005_en.pdf

Vorschlag für eine Richtlinie des Eu-ropäischen Parlaments und des Ratesüber die Anerkennung von Berufs-qualifikationen / Kommission derEuropäischen Gemeinschaften.Luxemburg: EUR-OP, 2002, 124 S.(Dokument KOM (2002) 119)ISSN 0254-1467 (de)EUR-OP,2 rue Mercier,L-2985 Luxemburg,oder über die nationalen Verkaufsbüros,Tel.: (352-29) 2942118,Fax: (352-29) 2942709,E-Mail: [email protected],URL: http://www.eur-op.eu.int/

Ziel des Vorschlags ist die Vereinfachungder Regeln für die Anerkennung von be-ruflichen Qualifikationen, um insbeson-dere mit Blick auf die EU-Erweiterung diefreie Mobilität von qualifizierten Men-schen innerhalb der Mitgliedstaaten zuerleichtern. Mit der vorgeschlagenenRichtlinie würden fünfzehn bestehende

Richtlinien im Bereich der Anerkennungvon beruflichen Qualifikationen ersetzt.Der Vorschlag stellt die erste umfassendeModernisierung des Gemeinschafts-systems seit seiner Einführung vor vier-zig Jahren dar. Zu den vorgeschlagenenÄnderungen gehören eine stärkere Libe-ralisierung bei der Bereitstellung vonDienstleistungen, eine automatischereAnerkennung der Qualifikationen sowieeine höhere Flexibilität bei den Verfah-ren für die Aktualisierung der Richtlinie.Es wird vorgeschlagen, die Kooperationmit den Mitgliedstaaten weiterzuentwi-ckeln, um die Bürger besser über ihreRechte zu informieren und ihnen mehrHilfe bei der Anerkennung ihrer Qualifi-kationen zu bieten. Es wird das Prinzipder freien Erbringung von Dienstleistun-gen unter der ursprünglichen Berufsbe-zeichnung vertreten, sofern bestimmteVoraussetzungen für den Verbraucher-schutz erfüllt sind. Mit der Richtlinie wirdein flexibleres und automatischeres Ver-fahren eingeführt, das auf einheitlichen,von den Berufsverbänden auf europäi-scher Ebene entwickelten Plattformenberuht, deren Ursprung in einer stärke-ren Kooperation zwischen dem öffentli-chen und dem privaten Sektor liegt. Dar-über hinaus wird eine Ausweitung derKooperation innerhalb der nationalenVerwaltungen sowie zwischen denselbenund der Kommission vorgeschlagen, umdie Bürger über ihre Rechte zu informie-ren und ihnen die Anerkennung ihrerberuflichen Qualifikationen zu erleichtern.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/leg/com/com_2002_0119_de.pdf

Public funding and private returns toeducation: a cross-country policy-oriented perspective on private bene-fits of education: final report /Asplund, Rita; Research Institute ofthe Finnish Economy – ETLA.[Öffentliche Finanzierung und priva-te Bildungserträge: eine länderüber-greifende politikorientierte Betrach-tung des privaten Nutzens der Bil-dung]Ely: PJB Associates, 2001, 147 S.(Neue Perspektiven für das Lernen: Brie-fing-Papier, 29)

PURE, das TSER-finanzierte Projekt überöffentliche Finanzierung und privateBildungserträge, lief vom 1. November

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1998 bis zum 31. Oktober 2000. Am Pro-jekt beteiligt waren Finnland als Koordi-nierungspartner sowie 14 weitere euro-päische Länder (Dänemark, Deutschland,Frankreich, Griechenland, Irland, Italien,die Niederlande, Norwegen, Österreich,Portugal, Schweden, die Schweiz, Spani-en und das Vereinigte Königreich). Ergeb-nis des Projekts war ein europaweit ver-gleichbares Datenmaterial über unter-schiedliche, politisch relevante Aspektedes privaten Bildungsertrags. Ausgehendvon einer umfassenden Auswertung desprivaten Bildungsertrags in 15 Staaten,befasste sich das Projekt in der Folge mitder Untersuchung der Wechselwirkungenzwischen Bildung und Berufserfahrung,wobei Unterschiede zwischen Kohortenberücksichtigt werden; Rolle der Bildung– Produktivitätssteigerung oder Signalwir-kung; Zusammenhänge zwischen Bildungund dem Gefälle bei Löhnen und Gehäl-tern; Zusammenhang zwischen Bildungund Arbeitslosigkeit; die Bedeutung vonAngebot und Nachfrage nach gut ausge-bildeten Arbeitskräften sowie der Arbeits-marktinstitutionen nach privatem Bil-dungsertrag; Auswirkungen der öffentli-chen Finanzierung und höheren Bildungauf Bildungsziele; Strukturen der studen-tischen Darlehenssysteme. Einige derwesentlichen Erkenntnisse im Überblick:Die privaten Bildungserträge und dasGehaltsgefälle bei Hochschulabsolventenschwanken mitunter sehr stark von einemeuropäischen Land zum nächsten, und esgibt keinerlei Anzeichen für eine Anglei-chung der Bildungserträge innerhalb vonEuropa. Eine mögliche Konsequenz fürdie Zukunft könnte eine verstärkte grenz-überschreitende Mobilität sein, insbeson-dere durch Hochqualifizierte, die dieseUnterschiede in der Entlohnung des per-sönlichen Bildungsaufwands zu ihremVorteil nutzen wollen.http://improving-ser.sti.jrc.it/

The rebirth of apprenticeship inEurope: linking education to work /Fernando Marhuenda.[Die Wiedergeburt der Lehre in Euro-pa: Verknüpfung zwischen Bildungund Arbeit]Strategies for reforming initial vocationaleducation and training in Europe, S. 222-235Jyväskylä: Koulutuksen tutkimuslaitos,2000

ISBN 951-39-0743-0Koulutuksen tutkimuslaitos,Jyväskylän yliopisto,Julkaisumyynti,PO BOX 35,FIN-40351 Jyväskylä,Tel.: (358-14) 2603220,Fax: (358-14) 2603241,E-Mail: [email protected]

Dieses Papier ist Teil des Abschluss-berichts des Projekts SPES-NET, das imRahmen des Programms Leonardo da Vin-ci durchgeführt wurde. Darin untersuchtwerden die verschiedenen bildungs- undbeschäftigungspolitischen Konzepte derLehrlingsausbildung in vier EU-Mitglied-staaten: Spanien, Großbritannien, Frank-reich und Deutschland. Das Papier ana-lysiert die derzeitige Situation in jedemdieser EU-Staaten und leitet daraus zusam-menfassend eine Reihe von gemeinsamenTrends ab. Schwerpunkt der Analyse isteine Betrachtung der Lehrlingsausbildungals ein im Wesentlichen weiteres, wenn-gleich nicht neues Modell zur Bekäm-pfung der Jugendarbeitslosigkeit. Im Ge-gensatz zu den meisten derartigen Bemü-hungen handelt es sich hier um eine Maß-nahme, deren Ziel unter anderem in derVorbereitung der jungen Menschen aufden Einstieg in die Arbeitswelt liegt. Ob-gleich dieser Aspekt der Lehrlingsausbil-dung in allen Ländern Grundlage despolitischen Konzepts ist, wird er doch vonLand zu Land unterschiedlich stark be-rücksichtigt.

Einschätzung des eLearning durch dieNutzer: Cedefop Online-Umfragen/European Centre for the Developmentof Vocational Training – CEDEFOP.Luxemburg: EUR-OP, 2002, 80 S.(Cedefop-Referenz, 28)ISBN 92-896-0108-6ISSN 1608-7089Kat.-Nr. TI-41-01-939-DE-CEUR-OP, 2 rue Mercier,L-2985 Luxemburg,oder über die nationalen Verkaufsbüros,Tel.: (352-29) 2942118,Fax: (352-29) 2942709,E-Mail: [email protected],URL: http://www.eur-op.eu.int/

Diese einzigart ige Veröf fentl ichungumfasst die Ergebnisse von sieben Um-fragen zum eLearning, die 2001 vom

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Cedefop online auf der Website des Eu-ropäischen Berufsbildungsdorfes (www.trainingvillage.gr) durchgeführt wurden.Die Antworten der eLearning-Nutzer und-Anbieter vermitteln ein Bild der ein-schlägigen Trends auf europäischer Ebe-ne. Die Befragungen zielten auf Themenwie den Einsatz von E-mail als Lernmit-tel, ökonomische Aspekte des eLearning,

Ausbilderqualifikationen für eLearning,eLearning zur Unterstützung des Lernpro-zesses sowie eLearning für Behinderte ab.Die Umfragen enthalten keine statistischeAnalyse des Einsatzes von eLearning alsLehr- und Lernmittel, sondern bieten viel-mehr einen Überblick bzw. Einblick in dieTrends, die sich auf diesem Gebiet ab-zeichnen..

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IT outlook 2002: recentdevelopments in Austrian IT

policies: final report / BernhardDachs, Petra Wagner.[Information Technology Outlook2002: Aktuelle Entwicklungen in derösterreichischen IT-Politik: Abschluss-bericht]Seibersdorf: Österreichisches Forschungs-zentrum Seibersdorf, 2001, 18 S.

In ihrer halbjährlich erscheinenden Publi-kation „Information Technology Outlook“stellt die OECD regelmäßig aktuelleTrends bzgl. der IT-Politik in ihrenMitgliedstaaten vor. Um die OECD mitdem aktuellen Stand der Entwicklungenund Maßnahmen der IT-Politik in Öster-reich zu versorgen, hat das österreichi-sche Bundesministerium für Verkehr, In-novation und Technologie (BMVIT) beider Abteilung Systemforschung Technik-Wirtschaft-Umwelt des ÖsterreichischenForschungszentrums Seibersdorf eine Stu-die über die jüngsten Entwicklungen derIT-Politik in Österreich in Auftrag gege-ben. Wertvolle Unterstützung leistete hier-bei das Bundeskanzleramt durch die Ko-ordinierung der verschiedenen Beiträgeder beteiligten Bundesministerien undstaatlichen Stellen, die die Grundlage die-ses Berichts bilden. Mit diesem Berichtwerden zwei Ziele verfolgt: Zum einensoll ein Überblick über die allgemeinenTrends und die neuen Entwicklungen inder IT-Politik seit 1999 vermittelt werden.Wie in der jüngsten Ausgabe von IT Out-look 1 liegt der Schwerpunkt auf den ak-tuellen Entwicklungen, da das allgemei-ne Grundprinzip und die Zielrichtung derösterreichischen IT-Politik bereits in di-versen Strategiedokumenten wie demBericht der Arbeitsgruppe der österreichi-schen Regierung zum Thema Informati-onsgesellschaft (1996) dargelegt wordensind. Neue Zielsetzungen enthält der Be-richt der Task Force „e-Austria“ (2001).Zum anderen werden in den Bericht auchBeispiele von aktuellen politischen Initia-tiven aufgenommen, die als bewährte Pra-xis und als repräsentativ für die Fülle derAktivitäten in Österreich angesehen wer-den können und somit hoffentlich auchfür andere OECD-Mitgliedstaaten von In-

teresse sind. Diese Beispiele wurden we-gen der zu erwartenden Übernahme inden Politikteil von IT Outlook recht aus-führlich beschrieben.http://www.bka.gv.at/bka/service/publikationen/IT_OUTLOOK_2001_Austria.pdf

Relations industriellescomparées: le syndicalisme à

l’ère de la mondialisation / coursprésenté à la Chaire Franqui de l’UCL-ULB en 1997- 1998 par Georges Rosset retranscrit par Jean-Paul Deliège.[Industriebeziehungen im Vergleich:die Gewerkschaftsbewegung im Zeit-alter der Globalisierung]Université Catholique de Louvain - UCL[Louvain]: Fondation André Renard, 2002,101 S.

George Ross analysiert die Arbeits-beziehungen als ein System für den Aus-tausch zwischen drei großen Akteuren:Staat, Arbeitgeber und Gewerkschaft. Zuden Vorzügen dieses Werks gehört unteranderem, dass es den aufmerksamen Le-ser dazu bringt, sich zahlreiche Fragen zudiesem Problembereich zu stellen, undzwar: Fragen über das System als solches,Fragen über diese Austauschmechanis-men, Fragen über den abnehmendenEinfluss der Gewerkschaftsbewegung imRahmen dieses Austauschs, Fragen überdie Folgen der wirtschaftlichen Globa-lisierung für dieses Austauschsystem.Nach einer kurzen Beschreibung der we-sentlichen Merkmale einer sozialen Be-wegung und der Rolle der Gewerkschaf-ten in derselben zeigt Professor Ross anden Beispielen Deutschland, Schweden,Frankreich, England und Italien auf, wieund wohin sich die europäische Gewerk-schaftsbewegung weiterentwickelt hat. Miteinem historisch-vergleichenden Unter-suchungsansatz betrachtet er diese fünfLänder in zwei entscheidenden Phasender jüngeren Geschichte: in der Wachs-tumsphase nach dem zweiten Weltkriegund im Zeitraum von 1980 bis heute. Inder Bewertung liefert er seine Erklärungfür zwei erfolgreiche Modelle (Deutsch-land und Schweden), für zwei „Katas-

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trophenmodelle“ (Frankreich und Eng-land) und für ein Modell dazwischen (Ita-lien).http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/nat/bel/socpart/2002_0001.doc

Accreditation Handbook /IASCU.

[Akkreditierungshandbuch / IASCU]International Association of Schools,Colleges and Universities - IASCUBerlin: IASCU, [2002]

Die International Association of Schools,Colleges and Universities (IASCU) will alsweltweit agierende Akkreditierungsstelleihren Mitgliedern hohe akademische Stan-dards bieten und diese sicherstellen. Dar-über hinaus soll weltweit für Schulen,Hochschulen und Universitäten, die Mit-glied dieser Vereinigung sind, die unila-terale Anerkennung von akademischenAbschlüssen erleichtert werden.http://www.iascu.org/accreditation_handbook.htm

Work Report of the AccreditationCouncil / Akkreditierungsrat.[Arbeitsbericht des Akkreditierungs-rats]Bonn: Akkreditierungsrat, 2001, 19 S.

Zwei Jahre nach seiner konstituierendenSitzung am 7. Juli 1999 nutzt der Akkredi-tierungsrat diese Gelegenheit, um einenBericht vorzulegen, der die CorporateIdentity und das Profil des Akkreditie-rungsrats vorstellt und als Grundlage fürdie Bewertung seiner Arbeit dienen soll.Die Beschreibung der Tätigkeiten desAkkreditierungsrates ist eingebettet in dieinternationale Diskussion über die Refor-men, deren Ziele Qualitätssicherung,Transparenz und Internationalisierung derhöheren Bildung sind. Der Bericht kon-zentriert sich im Wesentlichen auf einegrobe Darstellung des neu entstehendenAkkreditierungssystems in Deutschlandeinschließlich eines Ausblicks auf mögli-che Aussichten für die Zukunft.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/nat/deu/ngo/2002_0001.pdf

Focus on qualityin the Danish system

of vocational education /Kim Faurschou.[Die Qualität des dänischen Berufs-bildungssystems im Blickpunkt]European forum on quality of vocationaltraining. Brüssel. 2001Thessaloniki: CEDEFOP, 2001, 24 S.CEDEFOP,P.O. Box 22427 - Finikas,GR-55102 Thessaloniki,Tel.: (30) 310490111,Fax: (30) 310490102,E-Mail: [email protected],URL: http://www.cedefop.eu.int/

Die Qualität der Berufsbildung ist einBereich von internationalem Interesse.Um die Qualität zu verbessern, müssendie Länder ihre Erfahrungen bei der Schaf-fung von Systemen zur Förderungbewährter Praktiken austauschen. Dasdänische System hat viel aus den Erfah-rungen anderer Länder gelernt. 1999 wur-de dem Staat Dänemark von der deut-schen ‘Bertelsmann Stiftung’ der Preis fürdas beste Berufsbildungssystem verliehen,und zwar für: die festgestellte erfolgrei-che Zusammenarbeit zwischen Industrie,Bildung und Regierung; die Kooperationzwischen Arbeitgebern und Arbeitneh-mern; die weitreichende Autonomie derBerufsschulen hinsichtlich der Curriculaund der Budgetverwaltung; die engenBeziehungen innerhalb des Bildungs-systems zwischen Berufsbildung undHochschulbildung; die flexible Reaktions-fähigkeit des Systems auf Veränderungen.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/cedefop/internal/2001_0021_en.doc

Los sistemas de FormaciónProfesional europeos a

exámen: desafíos, innovaciones yperspectivas de cambio para un entor-no cambiante / María Jesús Martínez.[Europäische Berufsausbildungs-systeme auf dem Prüfstand: Heraus-forderungen, Innovationen und Per-spektiven für einen Wandel in einersich verändernden Umwelt]Revista Española de Pedagogía, Nr. 219(August 2001), S. 301-330Madrid: Instituto Europeo de IniciativasEducativas, 2001ISSN 0034-9461

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Bei dieser Vergleichsstudie über die Struk-turen der beruflichen Ausbildung in denMitgliedstaaten der Europäischen Unionwerden die untersuchten Länder in zweiBlöcke eingeteilt: südliche Länder undvom deutschen System geprägte Länder.Verglichen werden die Länder nach derTypologie ihrer Einrichtungen für freiwil-lige höhere berufliche Bildung; der hö-heren beruflichen Bildung; der Curriculaund Spezialisierungszweige; der Bewer-tung und Zertifizierung.

Les institutions locales et leprogramme „emplois-jeunes“

dans les activités culturelles et socio-culturelles/ Bernard Simonin [et al.];Centre d’études de l’emploi – CEE.[Lokale Institutionen und das Pro-gramm „Jugendarbeitsplätze“ in kul-turellen und soziokulturellen Aktivitä-ten]Paris: CEE, 2002(Forschungsbericht, 01)

Die ersten Auswertungen der Umsetzungdes Programms NSEJ (Neue Dienstleistun-gen, neue Jobs für Jugendliche) hattenseinen innovativen Charakter hervorgeho-ben, der Ausdruck für den erklärten Wil-len war, mit der traditionellen Vorgehens-weise der Beschäftigungsbehörden zubrechen. Der Bericht untersucht, wie sichdie verschiedenen Akteure zwei Jahrenach Beginn des Programms zu diesemProgramm stellen.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/nat/fra/gov/2002_0001.htm

Quel modèle qualitépour la e-formation?/ Algora.[Welches Qualitätsmodell für die e-Ausbildung?]Paris: Le Préau, 2002

Neun Partner der Beobachtungsstelle derIHK für IKT, Le Préau, wollten sich miteiner wesentlichen Frage beschäftigen:Entsprechen die bestehenden Qualitäts-normen dem Bedarf der Akteure imeLearning-Bereich? Zu dieser Untersu-chung gehören: die Analyse des Prozes-ses einer offenen Fernausbildung; dieBestimmungen der Phasen, in denen Qua-litätssicherung gefordert werden muss; dieSichtung bestehender Normen und Stan-dards; deren Angleichung an die einzel-

nen Schritte des Überprüfungsprozesses,damit sie den angestrebten Qualitäts-sicherungszielen gerecht werden; die Be-stimmung der „Defizite“. Diese Studieenthält auch eine Reihe von Empfehlun-gen, wonach Qualität zu einem der ent-scheidenden Kriterien für die Bewertungdes Nutzens von eLearning gemacht wür-de. In Erwartung von speziell auf daseLearning zugeschnittenen Normen ver-steht sich diese Studie als Hilfsmittel füralle diejenigen, die Online-Ausbildungenkonzipieren, vermarkten, erwerben odernutzen, damit alle beteiligten Akteure, seies auf der Angebots- oder auf der Nach-frageseite, eine gemeinsame Vorstellungvon der Qualitätssicherung im eLearning-Bereich haben.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/nat/fra/socpart/2002_0001.pdf

Enterprises and schoolsas work-based learning

environments in Finland / JohannaLasonen.[Betriebe und Schulen in Finnland alsLernumgebung am Arbeitsplatz]Strategies for reforming initial vocationaleducation and training in Europe, S. 177-202Jyväskylä: Koulutuksen tutkimuslaitos,2000ISBN 951-39-0743-0Koulutuksen tutkimuslaitos,Jyväskylän yliopisto,Julkaisumyynti,PO BOX 35,FIN-40351 Jyväskylä,Tel.: (358-14) 2603220,Fax: (358-14) 2603241,E-Mail: [email protected]

Dieses Papier ist Teil des Abschluss-berichts des im Rahmen des ProgrammsLeonardo da Vinci durchgeführten Pro-jekts SPES-NET. Untersucht werden darindie Beziehungen zwischen Bildung undArbeit in Finnland. Das Modell der Aus-bildung am Arbeitsplatz, das als „Brückevon der Berufsbildung zur Arbeit“ be-zeichnete Projekt, sowie die dazugehö-rigen, in diesem Papier untersuchtenBewertungsverfahren sind Teil einer all-gemeinen quantitativen und qualitativenReform der höheren Berufsqualifika-tionen. Die Ergebnisse der Folgestudiebeleuchten die Anforderungen der ver-schiedenen Akteure (Studenten, Lehrer,

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Arbeitsplatzausbilder und Arbeitgeber) andie Ausbildung am Arbeitsplatz und zei-gen, wie diese die Lernumgebungen amArbeitsplatz bewerten. Die Ausbildungs-phase am Arbeitsplatz hatte die größtenAuswirkungen auf die soziale und beruf-liche Entwicklung der Studenten sowie aufein stärkeres Selbstwertgefühl und Selbst-vertrauen. Zu den von den Studenten zurSelbstbeurteilung eingesetzten Instrumen-ten gehörten Studientagebücher, Selbst-bewertungsformulare, Tätigkeitsüber-sichten (Portfolios), Selbstbesinnung undDiskussionen. Die Arbeitgeber beurteiltenihre Betriebe als Lernumgebung hinsicht-lich der allgemeinen Qualitätsaspekte po-sitiv. Ausbilder wurden von bloßenInformationsverteilern zu Ausbildungs-organisatoren, auch außerhalb der Schu-le. Laut Aussage der Arbeitsplatzausbilderbestand der größte Nutzen der Koopera-tion mit Bildungseinrichtungen im persön-lichen Lernprozess und in der Ausdeh-nung des Erfahrungshorizonts sowie inder von den Studenten im Betrieb gelei-steten Arbeit.

Strategies for improving vocationaleducation: the Finnish case/ UllaNumminen.[Strategien für die Verbesserung derBerufsbildung: Fallbeispiel Finnland]Strategies for reforming initial vocationaleducation and training in Europe,S. 74-91Jyväskylä: Koulutuksen tutkimuslaitos,2000ISBN 951-39-0743-0Koulutuksen tutkimuslaitos,Jyväskylän yliopisto,Julkaisumyynti,PO BOX 35,FIN-40351 Jyväskylä,Tel.: (358-14) 2603220,Fax: (358-14) 2603241,E-Mail: [email protected]

Dieses Papier beschreibt die Reformen desfinnischen Bildungssystems sowie Ent-wicklungsprojekte und Reformen in derBerufsbildung, wobei der Schwerpunktinsbesondere auf der Frage liegt, inwie-weit diese Reformen zur Verbesserungbzw. Konsolidierung der Berufsbildungbeigetragen haben. Das Papier konzen-triert sich auf die Grundberufsbildung(Sekundarstufe, 16+, ISCED 3), die inFinnland seit den 70er-Jahren in starkem

Maße gefördert worden ist. Des Weiterenbefasst sich das Papier mit der post-schulischen Berufsbildung (Hochschul-ebene, ISCED 5B), die in den 80er-Jahreneng mit der schulischen Berufsbildungverknüpft und zum Teil parallel gestaltetwurde. Schließlich wird auch die Bezie-hung zwischen Berufsbildung und Allge-meinbildung angesprochen, da dies Ge-genstand zweier großer Schulreformengewesen ist: der Schulreform der Sekun-darstufe 1982-1988 sowie der Pilotprojektefür Jugendbildung 1992-2002.

Making networks work: areview of networks in

Ireland and abroad with particularreference to training and humanresource development / by GerardDoyle; Skillnets.[Funktionierende Netzwerke: Über-sicht über irische und ausländischeNetzwerke mit Schwerpunkt Ausbil-dung und Personalentwicklung]Dublin: Skillnets, 2000, 171 S.; Bibl.Skillnets Ltd.,Wasdale House,Rathfarnham Road,Terenure,IRL-Dublin 6W,Tel.: (353-1) 4901411,Fax: (353-1) 4901543,E-Mail: [email protected],URL: http://www.skillnets.com

Thema dieses Berichts ist ein Programmfür Ausbildungsnetzwerke mit dem Na-men Skillnets. Im Gegensatz zu anderenAusbildungsmodellen, die einzelnen Be-trieben Unterstützung bieten, legt Skillnetsden Schwerpunkt darauf, Gruppen bzw.Netzwerke von Betrieben zu mobilisieren,umgemeinschaftlich einen auf ihre eige-nen Bedürfnisse zugeschnittenen Ansatzzu entwickeln. Die Initiative wird über-wiegend von Unternehmen geführt bzw.geprägt und umfass t Arbei tgeber- ,Gewerkschafts- und Regierungsvertreter.Die von der Regierung bereitgestelltenFinanzierungshilfen werden auch von derIndustrie und (in der Startphase) vom ESFaufgebracht. Es wird beabsichtigt, diesenBericht zu einer Informationsquelle undReferenz für Skillnets Netzwerke zu ma-chen sowie das Bewusstsein von Ge-schäftsleuten und Politikern in Irland fürden Nutzen von Netzwerken zu schärfen.Der Bericht erörtert die Vorteile von Netz-

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werken, den theoretischen Hintergrund,die Arten und Ausprägungen von Netz-werken, das Thema KMU und Vernetzung,die irische Netzwerkpolitik, internationa-le Erfahrungen, die Entwicklung von Netz-werken sowie das Potenzial für Netzwer-ke. Vorgestellt werden auch die politi-schen Ansätze zum Thema Netzwerke inden EU-Staaten Dänemark, I ta l ien,Deutschland und Großbritannien sowie inAustralien, Neuseeland und den USA.

Towards a national framework ofqualifications: a discussion document/National Qualifications Authority ofIreland – NQAI.[Auf dem Weg zu einem nationalenQualifikationsrahmen: ein Diskus-sionsdokument]Dublin: NQAI, 2001, 68 S.NQAI,4th Floor,6-9 Trinity Street,IRL-Dublin 2.,Tel.: (353-1) 6127080,Fax: (353-1) 6127095,E-mail: [email protected],URL: http://www.nqai.ie/

Mit diesem Dokument soll die Debatteüber die Umsetzung der Funktionen dernationalen Behörde für berufliche Befä-higungsnachweise (NQAI) entsprechenddem Qualifikationsgesetz (Bildung undAusbildung) von 1999 und insbesondereüber den Aufbau eines nat ionalenQualifikationsrahmen angekurbelt wer-den. Mit der Einrichtung dieser Behördesollten drei Ziele erreicht werden: Auf-bau und Pflege eines nationalen Qualifika-tionsrahmens; Aufbau, Pflege und Förde-rung der Kompetenzstandards, die vomRat für weiterführende Bildungsabschlüs-se (Further Education and TrainingAwards Counci l ) und dem Rat fürHochschulabschlüsse (Higher Educationand Training Awards Council) festgelegtwerden; Förderung und Erleichterung vonZugang, Übergang und Weiterkommen. Eswerden die Inhalte und Konsequenzendieser Aktionen ausführlich erörtert so-wie Fragen gestellt, mit denen die Debat-te um weitere Konsultationen zwischenden „Partners des Lernens“ angeregt wer-den soll. Zu diesen Partnern gehören Ler-nende, Bildungs- und Ausbildungsan-bieter, die Qualifikationsgremien sowieGeschäftsleute und Arbeitgeber. Das Do-

kument stellt den Auftakt eines kurzenKonsultationsprozesses dar, der mit derAufforderung an die Partner zur Einrei-chung von Beiträgen beginnen und sei-nen Höhepunkt im Februar 2002 mit ei-nem Forum erlebt hat. Die Beiträge zumDiskussionsdokument sollen auf derWebsite der Behörde verfügbar gemachtwerden.http://www.nqai.ie/NQAI%20Framework%20Report.pdf

Entrepenørskap i Norge /Distriktsaktiv skole og

entreprenørskap.[Unternehmerschulen in Norwegen.]Stavanger: Høgskolen i StavangerEntreprenørskap i Norge, Nr. 1 (2002),ohne Seitenangabe

In dieser Broschüre werden Informatio-nen über unternehmerische Projekte innorwegischen Schulen vorgestellt. Unter-nehmertätigkeit ist eine nationale Priori-tät, um lokale Gemeinschaften zu entwik-keln und engere Beziehungen zwischenSchule und Gemeinschaft herzustellen.Das Projekt hat fünf Schwerpunkte. Einerbesteht darin, Schulen und Betriebe in-nerhalb der lokalen Gemeinschaft durchdie Entwicklung innovativer Tätigkeitenzusammenzubringen. Ein weiterer wich-tiger Bereich ist der Aufbau von Betriebs-wirtschaftskursen als Pädagogikinstru-ment. Im Rahmen des Projekts wird auchein Studium an Hochschulen entwickelt,mit dem sinnvolle Kompetenzen für dielokale wirtschaftliche Entwicklung aufge-baut und ein Netzwerk für aktive Partnerin der Unternehmertätigkeit geschaffenwerden können. Schließlich wird nocheine kommunaler Strategieplan für dieEntwicklung der Unternehmertätigkeit inden Gemeinden entwickelt. Die Broschüreinformiert zudem über Internetseiten zudiesem Thema.

Crescimento, bem estareconómico e coesão social: o

período de 1995 a 2000 em síntese /com coord. de Maria HenriquetaAlmeida e colab. de Maria LucíliaGomes, Nuno Santos, Ilda Costa eJoana Figueiredo[Wachstum, wirtschaftlicher Wohl-stand und sozialer Zusammenhalt:Synthese des Zeitraums 1995-2000].

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Page 112: Nr. 26 Mai– August 2002/II ISSN 0378-5106 Die BERUF S · Nr. 26 Mai– August 2002/II ISSN 0378-5106 Die Europäische Zeitschrift Berufsbildung erscheint dreimal jährlich in vier

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In: Portugal 1995-2000: Perspectivas deevolução social, v. 1, S. 13-40Oeiras: DEPP/MTS-Celta Editora, 2002(Coleção Cogitum, v. 1)ISBN 972-774-134-7CIDES, Praça de Londres 2-2º,P-1049-056 Lisboa,Tel.: (351) 218441100,Fax: (351) 218406171,E-Mail: [email protected],URL: http://www.deppmts.gov.pt/cict.html

Nach einer heute weit verbreiteten An-sicht hat sich nicht allein die bloße Betei-ligung am Aufbau der EU positiv auf In-novation und Modernisierung ausgewirkt,sondern auch der Zugang zu den Struktur-fonds hat beachtliche Fortschritte in ent-scheidenden Bereichen der EntwicklungPortugals ermöglicht. Dies gilt zweifellosfür den Europäischen Sozialfonds (ESF).In der Tat waren die Hilfen aus den vomESF mitfinanzierten Programmen entschei-dend für den Wandel, den das Land invielen Bereichen – Ausbildung und be-rufliche Qualifikation, Beschäftigung, Bil-dung, Innovation in Wissenschaft undTechnik, Vorbereitung auf die Informati-onsgesellschaft, Modernisierung der Wirt-schaft, Gesundheit, Qualität der Verwal-tung oder Bekämpfung der sozialenAusgrenzung – erlebt hat. Grundlage die-ser Arbeit ist das im Jahr 2000 beim Gip-fel in Lissabon definierte strategische Zielfür die kommenden zehn Jahre – Um-wandlung der EU in einen Wirtschafts-raum, der auf Innovation und auf einemdynamischeren und wettbewerbsfähige-ren Wissen aufbaut und in der Lage ist,das Wirtschaftswachstum, die Qualität der

Beschäftigung und den sozialen Zusam-menhalt zu stärken.

Developing good practicein New Deal in colleges /

Ratcliffe, M.; Atkinson, J.; Burgess, C.;Cartner, N.[Bewährte Praktiken für den New Dealin Hochschulen entwickeln]London: LSDA, 2001, 72 S.ISBN 1-85338-694-4LSDA,Tel.: (352-29) 2942118,Fax: (352-29) 2942709,E-Mail: [email protected],URL: http://www.lsda.org.uk/

Der New Deal ist ein Test für die Fähig-keit der Anbieter, flexibel und schnell aufdie Bedürfnisse von Menschen zu reagie-ren, die aus dem Lernprozess ausgestie-gen sind. Diese Leitlinien zeigen, wasgemacht werden kann, um die Qualitätder im Rahmen des New Deal für 18- bis24-Jährige angebotenen Vollzeit-Berufsbil-dung weiterzuentwickeln und zu verbes-sern. Neben Fallstudien und Vorschlägenfür eine weitere Verbesserung der Praxiswerden in den Leitlinien die Merkmaleeines qualitativ hochwertigen Angebotsund die Prinzipien für eine wirksameUmsetzung herausgearbeitet. Diese Leit-linien sollen Anbietern von Vollzeit-programmen für den New Deal und ih-ren Geschäftspartnern helfen, bewährtePraktiken zu entwickeln und auszutau-schen.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/nat/gbr/ngo/lda_2002_0001.pdf

UK

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ReferNet – Das europäische Fachwissens- und Referenznetzwerk

CEDEFOP

European Centre for theDevelopment of Vocational TrainingP.O. Box 22427GR-55102 THESSALONIKITel. (30) 23 10 49 01 11 GeneralTel. (30) 23 10 49 00 79 SecretariatFax (30) 23 10 49 00 43 SecretariatMarc Willem, Head of Library &Documentation ServiceE-mail: [email protected] Information NetworkSecretariatE-mail: [email protected] address:http://www.cedefop.eu.intWeb address:http://www.trainingvillage.gr

VDAB/ICODOC

Vlaamse Dienst voor Arbeids-bemiddeling en BeroepsopleidingIntercommunautair documentatie-centrum voor beroepsopleidingKeizerlaan 11B-1000 BRUSSELTel. (32-2) 50 61 321 R. VanWeydeveldtFax (32-2) 50 61 561Reinald Van Weydeveldt, Documen-tationE-mail: [email protected] address: http://www.vdab.be

CIRIUS

Center for Information og Rådgiv-ning om International Uddannelses-og SamarbejdsaktiviteterMobility in Education and TrainingFiolstræde 44DK-1171 København KTel. (45-33) 95 70 00Fax (45-33) 95 70 01Mr. Benny Dylander, DirectorE-mail: [email protected] PovelsenE-mail: [email protected] address: http://www.ciriusonline.dk/

BIBB

Bundesinstitut für BerufsbildungFriedrich-Ebert-Allee 38D-53113 BONNTel. (49-228) 10 71 602 Dr. G. HanfTel. (49-228) 10 72 131 M. KrauseFax (49-228) 10 72 974Dr. G. HanfE-mail: [email protected] KrauseE-mail: [email protected] address: http://www.bibb.de

OEEK

Organisation for Vocational Educa-tion and TrainingEthnikis Antistatis 41 &KaramanoglouGR-14234 ATHENSTel. (30) 21 02 70 91 44 E. BarkabaFax (30) 21 02 70 91 72Ermioni Barkaba, Head ofDocumentationE-mail: [email protected] address: http://www.forthnet.gr/oeek/

INEM

Instituto Nacional de EmpleoMinisterio de Trabajo y SeguridadSocialCondesa de Venadito 9E-28027 MADRIDTel. (34-91) 58 59 582 GeneralTel. (34-91) 58 59 834 M. Luz de lasCuevas TorresanoFax (34-91) 37 75 881Fax (34-91) 37 75 887Ana Maria Martin Arahuetes, DeputyDirector General of Technical Servi-cesMaria Luz de las Cuevas TorresanoInformation/DocumentationE-mail: [email protected] address: http://www.inem.es

Centre INFFO

Centre pour le développement del’information sur la formation per-manente4, avenue du Stade de FranceF-93218 SAINT DENIS LA PLAINECedexTel. (33-1) 55 93 91 91Fax (33-1) 55 93 17 28Patrick Kessel, DirectorE-mail: [email protected] PerkerE-mail: [email protected]éphane HéroultDocumentation DepartmentE-mail: [email protected] address: http://www.centre-inffo.fr

FAS

The Training and EmploymentAuthorityP.O. Box 45627-33 Upper Baggot StreetDUBLIN 4, IrelandTel. (353-1) 60 70 536Fax (353-1) 60 70 634Margaret Carey, Head of Library &Technical InformationE-mail: [email protected] Wrigley, LibrarianE-mail: [email protected] address: http://www.fas.ie

ISFOL

Istituto per lo sviluppo dellaformazione professionale deilavoratoriVia Morgagni 33I-00161 ROMATel. (39-06) 44 59 01Fax (39-06) 44 29 18 71Enrico Ceccotti, General DirectorColombo Conti, Head of Documen-tationE-mail: [email protected] Elena MoroE-mail: [email protected] address: http://www.isfol.it

ETUDES ET FORMATION S.A

335 route de LongwyL-1941 LUXEMBOURGTel. (352) 44 91 99Fax (352) 44 92 08Marc Ant, DirectorE-mail: [email protected] CornéliusE-mail: [email protected] address: http://www.etform.lu/

CINOP

Centrum voor Innovatie vanOpleidingenThe Dutch Centre for the Innovationof Education and TrainingPettelaarpark 1, Postbus 15855200 BP’s-HERTOGENBOSCHThe NetherlandsTel. (31-73) 68 00 800Tel. (31-73) 68 00 619 M. MaesFax (31-73) 61 23 425Martine MaesE-mail: [email protected] CoxE-mail: [email protected] address: http://www.cinop.nl/internationaal

abf-Austria

Austrian Institute for Research onVocational TrainingWipplingerstraße 35/4A-1010 WIENTel. (43-1) 31 03 334 P. SchlöglFax (43-1) 31 97 772Peter SchlöglE-mail: [email protected] address: http://www.oeibf.at

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Assoziierte Organisationen

INOFOR

Instituto para a Inovação naFormaçãoRua Soeiro Pereira Gomes n.° 7,P-1600-196 LISBOA CodexTel. (351-21) 794 62 00Fax (351-21) 794 62 01Margarida Abecasis, PresidentMarta AlvesE-mail: [email protected] address: http://www.inofor.pt/

NBE

OpetushallitusNational Board of EducationHakaniemenkatu 2P.O. Box 380FIN-00531 HELSINKITel. (358-9) 77 47 71 24 M. KyröTel. (358-9) 77 47 72 43 A. MannilaTel. (358-9) 77 47 78 19 K. NyyssöläFax (358-9) 77 47 78 65 or 69Matti KyröE-mail: [email protected] MannilaE-mail: [email protected] NyyssöläE-mail: [email protected] address: http://www.oph.fi

Statens Skolverket

National Agency for EducationKungsgatan 53SE-106 20 STOCKHOLMTel. (46-8) 72 33 200Fax (46-8) 24 44 20Annika Andrae Thelin, Director ofResearchE-mail: [email protected] ÖjbornE-mail: [email protected] address: http://www.skolverket.se/

QCA

Qualifications and CurriculumAuthority83 PiccadillyLONDONW1J 8QAUnited KingdomTel. (44-20) 75 09 55 55 DavidHandleyFax (44-20) 75 09 66 66David HandleyE-mail: [email protected] CuddyE-mail: [email protected] address: http://www.qca.org.uk/

MENNT

samstarfsvettvangur atvinnulífs ogskólaEDUCATE - IcelandLaugavegi 51IS-101 REYKJAVIKTel. (354) 51 12 660Fax (354) 51 12 661Thóra Stefánsdóttir, General DirectorE-mail: [email protected] Jónsdóttir, ProjectManagerE-mail: [email protected]ára Stefánsdóttir, [email protected] address: http://www.mennt.is

Teknologisk Norge

P.O. Box 2608St. HanshaugenN-0131 OSLOTel. (47-22) 86 50 00Fax (47-22) 20 18 01Aagot van ElslandeE-mail:[email protected] address: http://www.teknologisk.no/leonardo/

DGEAC

European CommissionDG Education and CultureRue de la Loi 200B-1049 BRUXELLESTel. (32-2) 29 57 562 E. SpachisTel. (32-2) 29 55 981 D. MarchalantFax (32-2) 29 55 723Fax (32-2) 29 64 259Eleni SpachisE-mail: [email protected] MarchalantE-mail:[email protected] address: http://europa.eu.int/comm/dgs/education_culture/index_en.htm

EURYDICE

the Education Information Networkin EuropeLe réseau d’information sur l’éduca-tion en EuropeAvenue Louise 240B-1050 BRUXELLESTel. (32-2) 60 05 353Fax (32-2) 60 05 363Patricia Wastiau-Schlüter, DirectorE-mail:[email protected] DelhaxheE-mail: [email protected] address: http://www.eurydice.org

FVET

Foundation for Vocational Educationand Training ReformLiivalaia 2EE-10118 TALLINNTel. (372) 63 14 420Fax (372) 63 14 421Lea Orro, Managing DirectorE-mail: [email protected] KirsipuuE-mail: [email protected] address: http://www.sekr.ee/eng/index.html

ETF

European Training FoundationVilla GualinoViale Settimio Severo 65I-10133 TORINOTel. (39-011) 63 02 222Fax (39-011) 63 02 200Gisela Schüring, Information andPublications DepartmentE-mail: [email protected] address: http://www.etf.eu.int/etfweb.nsf/

OIT

Centre international de formation deL’OITViale Maestri del Lavoro, 10I-10127 TORINOTel. (39-011) 69 36 510Fax (39-011) 69 36 535Catherine Krouch, DocumentationE-mail: [email protected] address: http://www.itcilo.org

ILO/BIT

International Labour OfficeBureau International du Travail4 Route des MorillonsCH-1211 GENEVE 22Tel. (41-22) 79 96 955Fax (41-22) 79 97 650Pierrette DunandEmployment & Training DepartmentDocumentalistE-mail: [email protected] address: http://www.ilo.org

DfES

Department for Education and SkillsRoom E3, MoorfootSHEFFIELD S1 4PQUnited KingdomTel. (44-114) 25 93 339Fax (44-114) 25 93 564Amanda Campbell, LibrarianE-mail:[email protected] address: http://www.dfes.gov.uk/index.htm

CINTERFOR/OIT

Centro Interamericano deInvestigación y Documentación so-bre Formación ProfesionalAvenida Uruguay 1238Casilla de correo 176111000 MONTEVIDEO, URUGUAYTel. (598-2) 92 05 57Tel. (598-2) 92 00 63Fax (598-2) 92 13 05Pedro Daniel Weinberg, DirectorE-mail: [email protected] Andres Tellagorry␣DocumentalistE-mail: [email protected] address: http://www.cinterfor.org.uy

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Nr. 23/2001

• Das Programm „Leonardo da Vinci“ (1995–1999) in Spanien:Ergebnisse eines Evaluationsberichts (Lorenzo Cachón Rodríguez)

• Die Weiterbildung vor dem Hintergrund der Arbeitszeitverkürzung(Jacques Trautmann)

• Berufliche Bildung in den Vereinigten Staaten: Reformen und Ergebnisse(Matthias Kreysing)

• Der Ausbau von transnationalen Praktika zu einem didaktischen Mittel(Søren Kristensen)

• Was können wir aus der Anwendung von Doppelqualifikationsmodellenin Europa lernen? (Sabine Manning)

• Praktische Erfahrungen auf dem Weg zu einem Lernen für die Zukunft(Klaus Halfpap)

• Virtuelle Unternehmen und berufliche Bildung(Stefan Kreher)

• Die Ausbildung von Fachleuten im Bereich der Gleichstellung von Frauen und Männern(Julio Fernández Garrido, Luis Aramburu-Zabala Higuera)

Nr. 24/2001

• Vorstellung der Beitragssammlung zur Jobrotation (Éric Fries Guggenheim)• Die Jobrotation (Athanasios Papathanasiou)• La Jobrotation en Francia: un procedimiento precursor (Patrick Guilloux)• Jobrotation – Erwartungen und Leistungen

Eine Fallstudie für die Region Bremen (Hubertus Schick)• Jobrotation – Bericht aus der Praxis: sks… (Monika Kammeier)• Die Jobrotation – ein einzigartiges Erfolgsmodell ohne Zukunft?

(Jørgen Mørk, Thomas Braun)• Erfahrungen mit Jobrotation in Dänemark: Fallstudie (Ghita Vejlebo, Thomas Braun)• Jobrotation als neues Konzept der Verbindung von Lernen und Arbeiten:

Erfahrungen in Deutschland und Dänemark (Uwe Grünewald, John Houman Sørensen)• Schlussfolgerung (Éric Fries Guggenheim)

Zuletzt

erschienene

deutsche Ausgaben

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Bitte schicken Sie mir ein kostenloses Ansichtsexemplar

Ich will europäisch lesen und abonniere hiermit die Europäische Zeitschrift “Berufsbildung” (3 Ausgaben, EUR 15 zzgl. Mwst. und Versandkosten).

Bitte schicken Sie mir die folgenden Ausgaben derEuropäischen Zeitschrift “Berufsbildung” gegen eine Schutzgebühr von EUR 7 (zzgl. Mwst. und Versand-kosten) je Heft:

Ausgabe

Sprache

Name

Adresse

CEDEFOPEuropäisches Zentrum für dieFörderung der BerufsbildungPO Box 22427

GR-55102 Thessaloniki

Bestellschein bitte ausschneiden oder kopieren und an das Cedefop senden.

Nr. 25/2002

Hommage

• Ettore Gelpi, Weltbürger, internationaler Erziehungswissenschaftler, Menschenrechtlerund moderner Anarchist – eine Dankesschuld (Norbert Wollschläger)

• Neue Paradigmen in Ausbildung und Kommunikation (Ettore Gelpi)

Forschungsbeiträge

• Bildungsdynamik und Bildungssysteme (Jean Vincens)

• Modernisierungsansätze der beruflichen Bildung zwischen Modul- und Berufskonzept(Matthias Pilz)

• Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis in der Berufsbildung der Niederlande(Gäby Lutgens, Martin Mulder)

Analyse der Berufsbildungpolitiken

• Arbeitserfahrung und Curriculum: Beispiele aus Spanien (Fernando Marhuenda)

• Die Gestaltung und Evaluation der Ausbildung in Form von Praktika:Profil des Unterstützungsteams (Miguel Aurelio Alonso García)

• Bildung unter Modernisierungsdruck - Strukturwandel, veränderte Bildungsambitionenund Internationalisierung als Herausforderungen (Arthur Schneeberger)

• Neue Entwicklungen im irischen Berufsbildungssystem:Das „praxisorientierte staatliche Abschlusszeugnis“ (Leaving Certificate Applied)(Jim Gleeson)

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Europäische Zeitschriftfür BerufsbildungAufforderung zur Einreichungredaktioneller BeiträgeDie Europäische Zeitschrift für Berufsbildung veröffentlicht Artikel von Berufsbildungs-und Beschäftigungsforschern und -fachleuten. Interesse besteht vor allem an Beiträ-gen, die die Ergebnisse hochkarätiger Forschungsarbeiten, insbesondere grenz-übergreifender vergleichender Forschung, einem breiten, internationalen Publikum auspolitischen Entscheidungsträgern, Forschern und praktisch Tätigen nahe bringen.

Die Europäische Zeitschrift ist eine unabhängige Veröffentlichung, deren Inhalt stän-dig überprüft wird. Sie erscheint dreimal jährlich in englischer, französischer, deut-scher und spanischer Sprache und wird in ganz Europa, sowohl in den Mitglied-staaten der Europäischen Union als auch in einigen Nicht-Mitgliedstaaten, vertrieben.

Die Zeitschrift wird vom Cedefop (dem Europäischen Zentrum für die Förderung derBerufsbildung) herausgegeben und soll der Diskussion über die Entwicklung derberuflichen Bildung, insbesondere durch die Darstellung der europäischen Sichtweise,Impulse verleihen.

In der Zeitschrift sollen Beiträge veröffentlicht werden, die neues Gedankengut ent-halten, Forschungsergebnisse verbreiten und über Vorhaben auf einzelstaatlicher undeuropäischer Ebene berichten. Ferner werden Positionspapiere zu berufsbildungs-relevanten Themen sowie Reaktionen auf diese veröffentlicht.

Eingereichte Artikel müssen wissenschaftlich exakt, gleichzeitig jedoch einem brei-ten und gemischten Leserkreis zugänglich sein. Sie müssen Lesern unterschiedlicherHerkunft und Kultur verständlich sein, die nicht unbedingt mit den Berufsbildungs-systemen anderer Länder vertraut sind. Das heißt, die Leser sollten in der Lage sein,Kontext und Argumentation eines Beitrags vor dem Hintergrund ihrer eigenen Tradi-tionen und Erfahrungen nachzuvollziehen.

Neben der Hardcopy-Fassung werden Auszüge aus der Zeitschrift in das Internetgestellt. Auszüge der letzten Ausgaben können eingesehen werden unter http://www.trainingvillage.gr/etv/editorial/journal/journalarc.asp.

Die Autoren sollten ihre Beiträge entweder in eigenem Namen oder als Vertretereiner Organisation verfassen. Diese sollten rund 2500 bis 3000 Wörter lang sein undin spanischer, dänischer, deutscher, griechischer, englischer, französischer, italieni-scher, niederländischer, norwegischer, portugiesischer, finnischer oder schwedischerSprache abgefasst sein.

Artikel sollten sowohl als Ausdruck als auch auf Diskette im Format Word oder via E-mail (als Textanlage im Word-Format) eingereicht werden. Außerdem sollten eineKurzbiografie des Autors und knappe Angaben zu seiner derzeitigen Stellung beige-fügt werden. Alle eingereichten Artikel werden vom redaktionellen Beirat der Zeit-schrift geprüft, der sich die Entscheidung, diese zu veröffentlichen, vorbehält. DieVerfasser werden über seine Entscheidungen unterrichtet. Die veröffentlichten Arti-kel müssen nicht unbedingt die Meinung des Cedefop widerspiegeln. Die Zeitschriftbietet vielmehr die Möglichkeit, unterschiedliche Analysen und verschiedene, ja so-gar kontroverse Standpunkte darzustellen.

Wenn Sie einen Artikel einreichen möchten, so wenden Sie sich bitte telefonisch(30) 2310 490 111, per Fax (30) 2310 490 099 oder via E-Mail ([email protected]) anden Herausgeber Éric Fries Guggenheim.

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ISSN 0378-5106Nr. 26 Mai– August 2002/II

Die Europäische Zeitschrift Berufsbildungerscheint dreimal jährlich in vier Sprachen (DE, EN,ES, FR). Ein Jahresabonnement umfasst alle im Kalenderjahr(Januar bis Dezember) erscheinenden Ausgaben derEuropäischen Zeitschrift Berufsbildung. Es verlängertsich automatisch um ein Kalenderjahr, falls es nichtbis zum 30. November gekündigt wird. Die Europäische Zeitschrift Berufsbildung wird Ihnenvom Amt für amtliche Veröffentlichungen der EG,Luxemburg, zugesandt. Die Rechnung erhalten Sie von Ihrem zuständigen EU-Vertriebsbüro. Im Preis ist die Mehrwertsteuer nicht enthalten.Zahlen Sie bitte erst nach Erhalt der Rechnung.

CEDEFOP

Europe 123, GR-570 01 Thessaloniki (Pylea)Postadresse: PO Box 22427, GR-551 02 ThessalonikiTel. (30-310) 490 111 Fax (30-310) 490 020E-mail: [email protected] Homepage: www.cedefop.eu.int Interaktive Webseite: www.trainingvillage.gr

Europ isches Zentrum f r die F rderung der Berufsbildung

Europäische Zeitschrift Berufsbildung

Nr. 26 Mai – August 2002/II

B E R U F S

B I L D U N GE u r o p ä i s c h e Z e i t s c h r i f t