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Hautarzt 2013 · 64:716–719 DOI 10.1007/s00105-013-2645-7 Online publiziert: 25. August 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 N. Bunert · B. Homey · P.A. Gerber Hautklinik, Universitätsklinikum Düsseldorf Onychomykose Erfolgreiche Behandlung mit dem 1064-nm-Nd:YAG-Laser Anamnese Ein 58-jähriger Patient stellte sich mit seit ca. 2 Jahren bestehender Onychodystro- phie der Großzehennägel beidseits vor. Anamnestisch hatte sich auf topische 1% Ciclopiroxolamin-haltige Präparate kein relevantes Ansprechen gezeigt. Befunde Nagelbefund.  Symmetrisch ausgepräg- te distale Dystrophie beider Großzehen- nägel mit verdickter Nagelplatte und gelblich bis bräunlichen Verfärbun- gen sowie subungualen Hyperkeratosen (. Abb. 1a). Mikroskopisches  Ergebnis.  Septiertes Myzel (beide Nägel). Kulturelles Ergebnis.  Trichophyton ru- brum (beide Nägel). Diagnose Onychomykose vom disterolateralen subungualen Typ. Therapie und weiterer Verlauf Nach klinischer, mikroskopischer sowie kultureller Diagnosesicherung erfolgte Abb. 18Ausgeprägte Onychomykose vom disterolateralen subungualen Typ beider Großzehennägel (Erreger: Trichophyton rubrum). a Ausgangsbefund vor nichtablativer Laserbehandlung mittels 1064-nm-Nd:YAG Laser und b Großzehennägel ca.  7 Monate nach erster Lasertherapie (4 Sitzungen nichtablativer Laserbehandlung mittels 1064-nm-Nd:YAG Laser) Redaktion: Prof. Dr. B. Homey Vorsitz:  Prof. Dr. B. Homey  Berichterstatter:  Prof. Dr. D. Bruch-Gerharz,   PD Dr. J. Reifenberger Klinische Fotodokumentation:  S. A. Schmitz Gastvortrag:  Prof. Dr. S. M. John (Osnabrück) D. Bruch-Gerharz, J. Reifenberger · Hautklinik des Universitätsklinikums Düsseldorf 61. Düsseldorfer   Dermatologenabend Meeting of the Department of Dermatology,  University Hospital of Düsseldorf, October 16, 2013 716 | Der Hautarzt 10 · 2013 Kurzkasuistiken

Onychomykose; Onychomycosis;

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Hautarzt 2013 · 64:716–719DOI 10.1007/s00105-013-2645-7Online publiziert: 25. August 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

N. Bunert · B. Homey · P.A. GerberHautklinik, Universitätsklinikum Düsseldorf

OnychomykoseErfolgreiche Behandlung mit dem 1064-nm-Nd:YAG-Laser

Anamnese

Ein 58-jähriger Patient stellte sich mit seit ca. 2 Jahren bestehender Onychodystro-phie der Großzehennägel beidseits vor. Anamnestisch hatte sich auf topische 1% Ciclopiroxolamin-haltige Präparate kein relevantes Ansprechen gezeigt.

Befunde

Nagelbefund.  Symmetrisch ausgepräg-te distale Dystrophie beider Großzehen- nägel mit verdickter Nagelplatte und gelblich bis bräunlichen Verfärbun-gen sowie sub ungualen Hyperkeratosen (. Abb. 1a).

Mikroskopisches  Ergebnis.  Septiertes Myzel (beide Nägel).

Kulturelles Ergebnis.  Trichophyton ru-brum (beide Nägel).

Diagnose

Onychomykose vom disterolateralen sub ungualen Typ.

Therapie und weiterer Verlauf

Nach klinischer, mikroskopischer sowie kultureller Diagnosesicherung erfolgte

Abb. 1 8Ausgeprägte Onychomykose vom disterolateralen subungualen Typ beider Großzehennägel (Erreger: Trichophyton rubrum). a Ausgangsbefund vor nichtablativer Laserbehandlung mittels 1064-nm-Nd:YAG Laser und b Großzehennägel ca. 7 Monate nach erster Lasertherapie (4 Sitzungen nichtablativer Laserbehandlung mittels 1064-nm-Nd:YAG Laser)

Redaktion:Prof. Dr. B. HomeyVorsitz: Prof. Dr. B. Homey Berichterstatter: Prof. Dr. D. Bruch-Gerharz,  PD Dr. J. ReifenbergerKlinische Fotodokumentation: S. A. SchmitzGastvortrag: Prof. Dr. S. M. John (Osnabrück)

D. Bruch-Gerharz, J. Reifenberger · Hautklinik des Universitätsklinikums Düsseldorf

61. Düsseldorfer  DermatologenabendMeeting of the Department of Dermatology, University Hospital of Düsseldorf, October 16, 2013

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Kurzkasuistiken

zunächst eine mechanische Entfernung des dystrophen, erkrankten Nagelmate-rials (Schleifen). Darüber hinaus führ-ten wir an den Großzehennägeln beider Füße eine nichtablative Lasertherapie mit einem 1064-nm-Nd:YAG-Laser im Sinne eines individuellen Heilversuchs durch (Cynosure multiplex; Spot: 5 mm, Pulsdauer: 0,3 ms, Fluence: 12 J/cm2, Fre-quenz: 5 Hz, Impulse: ca. 200 pro Großze-hennagel). Hierbei wurden unter konse-quenter Rückmeldung des Patienten der gesamte Nagel sowie das Nagelbett mittels meanderförmiger Bewegungen langsam und gleichmäßig so lange erhitzt, bis der Patient die Hitze als unangenehm emp-fand. Abgesehen von einer lokalen Hitze-entwicklung bis hin zu leichten Schmer-zen war die Behandlung somit gut ver-träglich.

Laserbehandlungen wurden 4-malig jeweils in einem Abstand von 2 Mona-ten durchgeführt. Bei der abschließenden Vorstellung zeigte sich 7 Monate nach der ersten Laserbehandlung eine komplette Abheilung beider Nägel (mikroskopisches und kulturelles Ergebnis: jeweils negativ; . Abb. 1b). Wir empfahlen dem Patien-ten eine topische Therapie mit 1% Ciclo-piroxolamin-haltigem Lack als Rezidiv-prophylaxe zunächst über weitere 8 Wo-chen.

Diskussion

Mit weltweit ca. 900 Mio. Betroffenen und einer Punktprävalenz von 12,4% in der deutschen Bevölkerung gilt die Ony-chomykose als eine der häufigsten chro-nischen Infektionskrankheiten [1]. Hier-bei sind über 99% der Infektionen durch Dermatophyten verursacht, wobei Tri-chophyton rubrum den häufigsten Erre-ger darstellt [3]. Eine Onychomykose be-deutet für den Patienten nicht nur einen kosmetisch störenden Nebenbefund, son-dern kann auch im Sinne eines Locus mi-noris resistentiae Ausgangspunkt für se-kundäre bakterielle Infektionen wie et-wa das Erysipel oder den gramnegativen Fußinfekt sein. Etablierte Therapiekon-zepte der Onychomykose umfassen eine konsequente medizinisch kosmetische Nagelhygiene sowie topische und syste-mische Antimykotika, sind aber zum Teil durch einen relevanten Anteil von Thera-

Zusammenfassung · Abstract

Hautarzt 2013 · 64:716–719   DOI 10.1007/s00105-013-2645-7© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

N. Bunert · B. Homey · P.A. GerberOnychomykose. Erfolgreiche Behandlung mit dem 1064-nm-Nd:YAG-Laser

ZusammenfassungEin 58-jähriger Patient stellte sich bei uns mit seit 2 Jahren bestehender, progredienter Onychodystrophie beider Großzehennägel vor. Klinisch, mikroskopisch sowie kulturell  sicherten wir die Diagnose einer Onychomy-kose vom disterolateralen subungualen Typ (Erreger: Trichophyton rubrum). Wir ent-schieden uns für eine mechanische Entfer-nung des erkrankten Nagelmaterials (Schlei-fen). Darüber hinaus führten wir an den Großzehennägeln beider Füße eine nicht-ablative Lasertherapie mit einem 1064-nm-Nd:YAG-Laser durch (Cynosure multiplex, Spot: 5 mm, Pulsdauer: 0,3 ms, Fluence: 12 J/cm2, Frequenz: 5 Hz, Impulse: ca. 200 pro Großzehennagel). Die Laserbehandlungen 

wurden insgesamt 4-malig in einem Abstand von 2 Monaten durchgeführt. Nach 7 Mona-ten zeigte sich eine komplette Abheilung der Onychomykose der gelaserten Zehennägel. Unsere Beobachtung demonstriert die Effek-tivität der nichtablativen Lasertherapie der Onychomykose. Diese Technik erweitert das Spektrum der Nagelpilzbehandlung um eine effektive, nebenwirkungsarme und kosten-effiziente Option. Derzeit stehen Ergebnisse halbseitenkontrollierter Studien mit signifi-kanten Fallzahlen allerdings noch aus.

SchlüsselwörterZehennägel · Trichophyton rubrum · Lasertherapie · Nagelpilz · Behandlung

Onychomycosis. Successful treatment with a 1064 nm Nd:YAG-Laser

AbstractA 58-year-old man presented with a two-year history of progressive onychodystrophy of the nails of both great toes. Clinical inspec-tion as well as KOH examination and culture confirmed the diagnosis of disto-lateral  onychomycosis of both nails caused by Trichophyton rubrum). The diseased nail materially was mechanically débrided. In addition both nails were treated with a 1064 nm Nd:YAG laser (spot-diameter: 5 mm; pulse-width: 0.3 ms; fluence: 12 J/cm2; fre-quency: 5 Hz; impulses: 200 per toenail). The laser therapy was repeated four times at in-

tervals of 2 months. Seven months later the patient showed complete clearance of both nails. We here demonstrate the efficacy of the Nd:YAG laser in the treatment of ony-chomycosis. Non-ablative laser therapy may present a promising, effective, well-tolerated and cost-efficient option for the treatment of onychomycosis. Controlled studies with rele-vant patient collectives are urgently needed.

KeywordsToenail · Trichophyton rubrum · Laser therapy · Onychomycosis · Therapy

pieversagern, Nebenwirkungen wie nicht-reversible Geschmacksstörungen, Trans-aminasenerhöhungen bis hin zu Leber- und Nierenversagen sowie hohe Rezi-divraten und nicht zuletzt hohe Kosten limitiert. Vor diesem Hintergrund wur-de im Jahr 2009 erstmals die CE-Kenn-zeichnung für den Einsatz eines nichtab-lativen Lasersystems [1064-nm-Nd:YAG-Laser (PinPointe Footlaser)] zur Behand-lung der Onychomykose für die Europäi-sche Union (EU) erteilt. Seither wird eine zunehmende Zahl von Lasersystemen zur Onychomykosetherapie durch ver-schiedene Hersteller angeboten. Effektivi-tät und Wirkungsweise nichtablativer La-

sersysteme in der Behandlung der Ony-chomykose sind allerdings bis dato wenig untersucht und werden zum Teil kontro-vers diskutiert.

So konnten Vural et al. [6] 2008 in einer In-vitro-Studie mit verschiedenen Lasersystemen, darunter auch ein ge-pulster 585-nm-Farbstofflaser und ein 2940-nm-Erb:YAG-Laser, eine statistisch signifikante Wachstumsinhibition von Trichophyton rubrum nur durch den gü-tegeschalteten Nd:YAG-Laser mit 532 nm und 1064 nm (Spot: 2 mm, Fluence: 4 J/cm2 und 8 J/cm2, Frequenz: 10 Hz) zeigen. Ein Jahr später berichteten Bornstein et al. [2] über die erfolgreiche Behandlung

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von 7 Onychomykosepatienten mit einem dualen 870-nm/930-nm-Dioden-Laser. Im Jahr 2010 untersuchten Kozarev und Vižintin [5] an 72 Patienten mit Onycho-mykose (194 Zehennägel) Therapieerfol-ge mittels eines 1064-nm-Nd:YAG-Lasers (Spot: 4 mm, Pulsdauer: 35 ms, Fluence: 35–40 J/cm2, Frequenz: 1 Hz). Die Auto-ren beschrieben nach 3 Monaten – unse-rer Ansicht nach unrealistische – Abhei-lungsraten von 95,8% und eine 100%ige Regression nach 12 Monaten. Eine Stu-die von Zhang et al. [7] konnte an 154 mykotischen Nägeln eine Ansprechrate von 51–68% nach Behandlung mit einem 1064-nm-gütegeschalteten Nd:YAG-Laser (Spot: 3 mm, Pulsdauer: 30 ms, Fluence: 240–324 J/cm2, Frequenz: 1 Hz) zeigen. In Zusammenschau der Literatur finden sich Berichte über Effekte durch Laser mit verschiedensten Wellenlängen im Bereich von 532–1444 nm. Postulier-te Hypothesen zum Wirkmechanismus der Lasertherapie reichen von rein ther-mischen Effekten über eine selektive Wir-kung auf das Xanthomegninpigment des Trichophyton rubrum in Kombination mit mechanischen Schäden der Pilzkolonien durch den photoakustischen Effekt des Nd:YAG-Lasers im gütegeschalteten Mo-dus bis hin zu toxischen Effekten durch die Generierung von reaktiven Sauer-stoffspezies (ROS) oder indirekte Effekte durch die Aktivierung von Hitzeschock-proteinen (z. B. HSP70) und eine kon-sekutive Induktion der Apoptose in den Pilzhyphen [4, 6, 7].

Interessanterweise konnte eine Arbeitsgruppe um Raulin et al. in einer aktuellen In-vitro-Studie keinerlei Ef-fekte des Nd:YAG-Lasers (1064 nm und 532 nm) auf die bestrahlten Pilzkolonien nachweisen. Die Autoren merkten aller-dings an, dass In-vivo-Effekte unter Um-ständen auf komplexere Mechanismen, etwa eine unspezifische Erhitzung des Gewebes mit konsekutiver Vasodilatation und immunologischer Reaktion, zurück-zuführen seien [4].

Eigene Erfahrungen zeigen durchaus ein Ansprechen der Lasertherapie bei ca. 50–60% der Onychomykosepatien-ten. Hierbei scheint insbesondere die Ge-schwindigkeit des Nagelwachstums eine Rolle zu spielen. So kann bei jüngeren Pa-tienten mit einem normalen Nagelwachs-

tum zum Teil bereits mit einer Behand-lung ein guter Effekt erzielt werden, wäh-rend die Behandlung von Patienten mit minimalen Wachstumsraten zumeist frustran ist.

Auch wenn Wirkmechanismen und Nutzen der Laserbehandlung in der Li-teratur derzeit kontrovers diskutiert wer-den und sich bis dato keine gut kontrol-lierten Studien (z. B. halbseitenkontrol-liert) mit relevanten Patientenzahlen fin-den, so stellt die nichtablative Laserthera-pie nach Ansicht der Autoren – insbeson-dere als Alternative zur Systemtherapie – durchaus eine vielversprechende Option zur Behandlung der Onychomykose dar. Die Autoren vermuten als wahrschein-lichsten Wirkmechanismus einen ther-mischen Effekt auf die Pilzsporen. Ein ex-klusiver Effekt durch eine spezifische La-serqualität (z. B. 1064 nm) erscheint aus unserer Sicht und in Zusammenschau der aktuellen Literatur unwahrscheinlich. In Anbetracht der großen Aktualität der Thematik werden Ergebnisse randomi-sierter Studien mit signifikanten Fallzah-len derzeit mit Spannung erwartet.

Korrespondenzadresse

Dr. P.A. GerberHautklinik, Universitätsklinikum DüsseldorfMoorenstr. 5, 40225 Dü[email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt.  P.A. Gerber: Referententätigkeit für Asclepion Laser Technologies. N. Bunert und B. Ho-mey: kein Interessenkonflikt. 

Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur

  1.  Abeck D, Haneke E, Nolting S et al (2000) Onycho-mykose: Aktuelle Daten zu Epidemiologie, Erreger-spektrum, Risikofaktoren sowie Beeinflussung der Lebensqualität. Dt Ärztebl 97:A1984–A1986

  2.  Bornstein E, Hermans W, Gridley S, Manni J (2009) Near-infrared photoinactivation of bacteria and fungi at physiologic temperatures. Photochem Photobiol 85(6):1364–1374

  3.  Evans EG (1998) Causative pathogens in onycho-mycosis and the possibility of treatment resist- ance: a review. J Am Acad Dermatol 38:32–36

  4.  Hees H, Raulin C, Bäumler W (2012) Laser treat-ment of onychomycosis: an in vitro pilot study.  J Dtsch Dermatol Ges 10(12):913–918

  5.  Kozarev J, Vižintin Z (2010) Novel laser therapy in treatment of onychomycosis. J Laser Health  Academy 1:1–8

  6.  Vural E, Winfield HL, Shingleton AW et al (2008) The effects of laser irradiation on Trichophyton  rubrum growth. Lasers Med Sci 23:349–353

  7.  Zhang R, Wang D, Zhuo F et al (2012) Long-pulse Nd:YAG 1064-nm laser treatment for onychomyco-sis. Chin Med J 125(18):3288–329

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