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GYMNASTIK Leitthema GYMNASTIK Leitthema 6 Gymnastik MÄRZ 2016 MÄRZ 2016 Gymnastik 7 Kreativ die Welt erkunden Parkour: Bewegung zwischen Stahl und Beton Für die GYMNASTIK im Gespräch Eva-Maria Homann mit Pascal Bueb; Foto: Seite 6, Johannes Krenzer; Seite 7, Sebastian Wolf; Seite 8, von oben nach unten, Foto 1 und 3, Sebastian Wolf, Foto 2, Johannes Krenzer Pascal Bueb ist einer der Pioniere für Parkour in Deutschland. Als 16-jäh- riger habe er nur Computer im Kopf gehabt, war richtig gut darin, erzählt der 27-jährige. Dann zeigte ihm sein Kumpel auf einer LAN-Party einen Vi- deospot mit David Belle, dem Begründer von Parkour. »Ich habe es nicht glauben können, dass ein Mensch sowas macht«, sagt Bueb, »eine Stunde später sind wir rausgegangen und haben es selbst ausprobiert. Ich bin hingefallen – und das war gut so. Ich habe gelernt, ganz klein mit Mini-Distanzen anzufangen, zum Beispiel mit Bordsteinkanten, und habe jeden Tag trainiert.« Mittlerweile ist Bueb einer der Chefs von Ashiga- ru (japanisch für leichtfüßig), einer Dienstleistungsagentur für den Bereich Parkour & Freerunning. Neben dem Standort in Frankfurt baut Pascal Bueb derzeit einen zweiten in Berlin auf. GYMNASTIK: Pascal, was macht für dich Parkour aus? Pascal Bueb: Ich habe David Belle, den Begründer von Parkour, selbst kennen- gelernt. Mich hat die Philosophie, die dahinter steht, angesprochen. Einer der Grundsätze von Parkour lautet: Sei Parkour Parkour bezeichnet eine Form der Fortbewegung mit dem Ziel, nur mit den Fähigkeiten des eigenen Körpers effizient von Punkt A zu Punkt B zu kommen. Der Parkour-Läufer bzw. der Traceur (Jemand, der einen eige- nen Pfad einschlägt), bestimmt seinen eigenen Weg durch den urbanen oder natürlichen Raum. Und das auf eine andere Weise als von Architek- tur und Kultur vorgegeben. Es wird versucht, sich in den Weg stellende Hindernisse durch Kombination verschiedener Bewegungen möglichst effizient zu überwinden. Bewegungsfluss und Kontrolle stehen dabei im Vordergrund. Zurück geht Parkour auf die Méthode naturelle von Georges Hébert. Er war 1902 auf Martinique stationiert, wo er die Flucht vor einem Vulkan- ausbruch organisierte und 700 Menschen retten konnte. Er erkannte, dass es wichtig sei, athletische Fähigkeiten mit Hilfsbereitschaſt, Selbstlosigkeit und Tapferkeit zu vereinbaren. Die Méthode naturelle stützt sich auf die Entwicklung eines körperlichen und geistigen Trainings, bei dem der Kör- per in der Natur trainiert wird. Teile des Trainings sind Resistenz, Kraſt, Geschwindigkeit und Explosivität, Laufen, Springen, Klettern, Heben, Werfen, Balancieren, Selbstverteidigung oder Schwimmen. Während des Indochina-Kriegs wurde Héberts Prinzip von franzö- sischen Soldaten genutzt, um Fluchttechniken im Dschungel zu perfek- tionieren. Unter ihnen der Soldat Raymond Belle. Er trainierte effiziente Fluchttechniken mit einigen Kameraden, um seine Überlebenschancen im Krieg zu steigern. Sein Sohn David Belle beobachtete ihn dabei und übertrug diese Methode spielerisch auf die urbane Beton- und Stahlland- schaſt des Pariser Vororts Lisses. Belle sieht Parkour nicht nur als Sportart, sondern vielmehr als kreative Kunst, die dabei helfe, die eigenen, durch Körper und Umwelt gesetzten Grenzen zu erkennen und zu überwinden. stark, um nützlich zu sein. Du brauchst dabei ganz viel Selbstreflexion. Wenn du auf einer Mauer stehst und es ernst meinst, spürst du dich und bist deinem Körper sehr nah. Du entwickelst Res- pekt vor dir selbst, vor der Umwelt und vor anderen. Wenn Menschen rausge- hen, tun sie das meist nur zielorientiert. Mit Parkour gehst du raus, um die Welt zu erkunden. Mir ist außerdem wichtig anderen zu zeigen: Das, was ich kann, könnt ihr auch. GYMNASTIK: 2008 hast du dich ent- schlossen, von Parkour zu leben und mit Freunden die Agentur Ashigaru gegründet. Wie hat sich das Ganze ent- wickelt? Pascal Bueb: Als ich 2004 auf Parkour stieß, war die Methode in Deutschland noch kein ema. Ich lebte damals in Stuttgart. Mit Freunden habe ich dort eine Parkour-Community gegründet, die schnell wuchs. Einmal im Monat haben wir kostenlos den Workshop Parkour Stuttgart angeboten, teils mit bis zu 80 Teilnehmern. Dadurch wur- den Zeitungen auf uns aufmerksam, dann fragte eine Agentur für eine Pro- duktvorstellung mit Parkour-Show an. Es kamen immer mehr dazu. Nachdem ich die Frankfurter Gruppe Ashigaru kennengelernt und eine Ausbildung zum Mediengestalter absolviert hatte, stellte sich für mich die Frage: Siche- rer Job oder ein Weg mit Parkour? Es ist letzteres geworden und das bereue ich bis heute nicht. Mittlerweile sind 17 Athleten bei uns tätig, wir bieten Work- shops und Shows an und stellen Sport- ler für TV- und Werbeproduktionen. Dabei konnten wir bereits Großkunden wie Deichmann oder die Bundeswehr gewinnen. GYMNASTIK: Apropos Workshops: Was kann ich bei euch lernen? Pascal Bueb: Du kannst einen Parkour- tag buchen, da erfährst Du die Grund- züge und hast einfach draußen Spaß. Wir bieten aber auch Einzel- und Grup- pentrainings an. In längeren Workshops bilden wir die Teilnehmer so aus, dass sie Parkour weitergeben können. Dabei ist es uns wichtig ganzheitlich zu arbeiten, das heißt die Philosophie hinter Parkour weiterzugeben, Körper und Geist zu trainieren und sowohl die Ernährung als auch anatomische Gesichtspunkte GYMNASTIK Leitthema GYMNASTIK Leitthema einzubeziehen, falls man eingeschränk- te Teilnehmer hat. GYMNASTIK: Wie gestaltet sich das Parkour-Training? Pascal Bueb: Es gibt eine Aufwärmpha- se (Laufen, Sprint, dynamisches Deh- nen), einen Hauptteil mit Technik-, Kraſt- und Ausdauertraining sowie eine Abwärmphase. Wichtige Grun- delemente sind unter anderem Laufen, Balancieren, Drehen, Springen und Landen, Hangeln und Klettern. Sich bewegen und spielerisch mit der Um- welt umgehen kann man ja eigentlich überall. Es geht darum ein Körperge- fühl zu entwickeln und deine Mitte zu finden. Man nehme zum Beispiel die Bewegung an einer Stange, da gibt es tausend Möglichkeiten, bis hin zu ak- robatischen und tänzerischen. Laufe auf der Stange, langsam und schnell, dann mit geschlossenen Augen, gehe seitlich, rückwärts, mache Kniebeugen darauf. Springe, auch von Stange zu Stange – setze dich damit auseinander, wie du das Hindernis kreativ überwin- den kannst. Wenn man mit Gruppen in der Halle trainiert, sollte man jedoch aufpassen,

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Gymnastik Leitthema Gymnastik Leitthema

6 Gymnastik März 2016 März 2016 Gymnastik 7

Kreativ die Welt erkundenParkour: Bewegung zwischen Stahl und Beton

Für die GYMNASTIK im Gespräch Eva-Maria Homann mit Pascal Bueb; Foto: Seite 6, Johannes Krenzer; Seite 7, Sebastian Wolf; Seite 8, von oben nach unten, Foto 1 und 3, Sebastian Wolf, Foto 2, Johannes Krenzer

Pascal Bueb ist einer der Pioniere für Parkour in Deutschland. Als 16-jäh-riger habe er nur Computer im Kopf gehabt, war richtig gut darin, erzählt der 27-jährige. Dann zeigte ihm sein Kumpel auf einer LAN-Party einen Vi-deospot mit David Belle, dem Begründer von Parkour. »Ich habe es nicht glauben können, dass ein Mensch sowas macht«, sagt Bueb, »eine Stunde später sind wir rausgegangen und haben es selbst ausprobiert. Ich bin hingefallen – und das war gut so. Ich habe gelernt, ganz klein mit Mini-Distanzen anzufangen, zum Beispiel mit Bordsteinkanten, und habe jeden Tag trainiert.« Mittlerweile ist Bueb einer der Chefs von Ashiga-ru (japanisch für leichtfüßig), einer Dienstleistungsagentur für den Bereich Parkour & Freerunning. Neben dem Standort in Frankfurt baut Pascal Bueb derzeit einen zweiten in Berlin auf.

GYMNASTIK: Pascal, was macht für dich Parkour aus?

Pascal Bueb: Ich habe David Belle, den Begründer von Parkour, selbst kennen-gelernt. Mich hat die Philosophie, die dahinter steht, angesprochen. Einer der Grundsätze von Parkour lautet: Sei

Parkour

Parkour bezeichnet eine Form der Fortbewegung mit dem Ziel, nur mit den Fähigkeiten des eigenen Körpers effizient von Punkt A zu Punkt B zu kommen. Der Parkour-Läufer bzw. der Traceur (Jemand, der einen eige-nen Pfad einschlägt), bestimmt seinen eigenen Weg durch den urbanen oder natürlichen Raum. Und das auf eine andere Weise als von Architek-tur und Kultur vorgegeben. Es wird versucht, sich in den Weg stellende Hindernisse durch Kombination verschiedener Bewegungen möglichst effizient zu überwinden. Bewegungsfluss und Kontrolle stehen dabei im Vordergrund. Zurück geht Parkour auf die Méthode naturelle von Georges Hébert. Er war 1902 auf Martinique stationiert, wo er die Flucht vor einem Vulkan-ausbruch organisierte und 700 Menschen retten konnte. Er erkannte, dass es wichtig sei, athletische Fähigkeiten mit Hilfsbereitschaft, Selbstlosigkeit und Tapferkeit zu vereinbaren. Die Méthode naturelle stützt sich auf die Entwicklung eines körperlichen und geistigen Trainings, bei dem der Kör-per in der Natur trainiert wird. Teile des Trainings sind Resistenz, Kraft, Geschwindigkeit und Explosivität, Laufen, Springen, Klettern, Heben, Werfen, Balancieren, Selbstverteidigung oder Schwimmen. Während des Indochina-Kriegs wurde Héberts Prinzip von franzö-sischen Soldaten genutzt, um Fluchttechniken im Dschungel zu perfek-tionieren. Unter ihnen der Soldat Raymond Belle. Er trainierte effiziente Fluchttechniken mit einigen Kameraden, um seine Überlebenschancen im Krieg zu steigern. Sein Sohn David Belle beobachtete ihn dabei und übertrug diese Methode spielerisch auf die urbane Beton- und Stahlland-schaft des Pariser Vororts Lisses. Belle sieht Parkour nicht nur als Sportart, sondern vielmehr als kreative Kunst, die dabei helfe, die eigenen, durch Körper und Umwelt gesetzten Grenzen zu erkennen und zu überwinden.

stark, um nützlich zu sein. Du brauchst dabei ganz viel Selbstreflexion. Wenn du auf einer Mauer stehst und es ernst meinst, spürst du dich und bist deinem Körper sehr nah. Du entwickelst Res-pekt vor dir selbst, vor der Umwelt und vor anderen. Wenn Menschen rausge-hen, tun sie das meist nur zielorientiert. Mit Parkour gehst du raus, um die Welt zu erkunden. Mir ist außerdem wichtig anderen zu zeigen: Das, was ich kann, könnt ihr auch.

GYMNASTIK: 2008 hast du dich ent-schlossen, von Parkour zu leben und mit Freunden die Agentur Ashigaru gegründet. Wie hat sich das Ganze ent-wickelt?

Pascal Bueb: Als ich 2004 auf Parkour stieß, war die Methode in Deutschland noch kein Thema. Ich lebte damals in Stuttgart. Mit Freunden habe ich dort eine Parkour-Community gegründet, die schnell wuchs. Einmal im Monat haben wir kostenlos den Workshop Parkour Stuttgart angeboten, teils mit bis zu 80 Teilnehmern. Dadurch wur-den Zeitungen auf uns aufmerksam, dann fragte eine Agentur für eine Pro-duktvorstellung mit Parkour-Show an.

Es kamen immer mehr dazu. Nachdem ich die Frankfurter Gruppe Ashigaru kennengelernt und eine Ausbildung zum Mediengestalter absolviert hatte, stellte sich für mich die Frage: Siche-rer Job oder ein Weg mit Parkour? Es ist letzteres geworden und das bereue ich bis heute nicht. Mittlerweile sind 17 Athleten bei uns tätig, wir bieten Work-shops und Shows an und stellen Sport-ler für TV- und Werbeproduktionen. Dabei konnten wir bereits Großkunden wie Deichmann oder die Bundeswehr gewinnen.

GYMNASTIK: Apropos Workshops: Was kann ich bei euch lernen?

Pascal Bueb: Du kannst einen Parkour-tag buchen, da erfährst Du die Grund-züge und hast einfach draußen Spaß. Wir bieten aber auch Einzel- und Grup-pentrainings an. In längeren Workshops bilden wir die Teilnehmer so aus, dass sie Parkour weitergeben können. Dabei ist es uns wichtig ganzheitlich zu arbeiten, das heißt die Philosophie hinter Parkour weiterzugeben, Körper und Geist zu trainieren und sowohl die Ernährung als auch anatomische Gesichtspunkte

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einzubeziehen, falls man eingeschränk-te Teilnehmer hat.

GYMNASTIK: Wie gestaltet sich das Parkour-Training?

Pascal Bueb: Es gibt eine Aufwärmpha-se (Laufen, Sprint, dynamisches Deh-nen), einen Hauptteil mit Technik-, Kraft- und Ausdauertraining sowie eine Abwärmphase. Wichtige Grun-delemente sind unter anderem Laufen, Balancieren, Drehen, Springen und Landen, Hangeln und Klettern. Sich bewegen und spielerisch mit der Um-welt umgehen kann man ja eigentlich überall. Es geht darum ein Körperge-fühl zu entwickeln und deine Mitte zu finden. Man nehme zum Beispiel die Bewegung an einer Stange, da gibt es tausend Möglichkeiten, bis hin zu ak-robatischen und tänzerischen. Laufe auf der Stange, langsam und schnell, dann mit geschlossenen Augen, gehe seitlich, rückwärts, mache Kniebeugen darauf. Springe, auch von Stange zu Stange – setze dich damit auseinander, wie du das Hindernis kreativ überwin-den kannst.Wenn man mit Gruppen in der Halle trainiert, sollte man jedoch aufpassen, ▶

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8 Gymnastik März 2016

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dass die Teilnehmer nicht übermütig werden, weil ihnen das Training siche-rer erscheint, als in der rauen urbanen Natur. Außerdem sollte man vorher eine Ausbildung bei einem fundierten Parkour-Trainer absolvieren.

GYMNASTIK: Bewegung zwischen Stahl und Beton: Ist Parkour gefährlich?

Pascal Bueb: Die Philosophie von Par-kour beinhaltet, die Voraussetzungen für den Einsatz einer bestimmten Tech-nik abzuschätzen und dabei immer im Auge zu behalten, ob man diese Voraus-setzungen erfüllt und die Situation ge-fahrlos meistern kann. Angst ist dabei dein größter Freund und Feind, du bist verantwortlich für dich selbst. Wenn dir was misslingt, du dich verletzt, ist es deine eigene Schuld. Ich selbst habe mich in elf Jahren zweimal verletzt. Da-für, dass man auf knallhartem Beton trainiert und als Profi in krassen Höhen, finde ich das wenig. Aber ich kenne vie-le, die komplett verletzungsfrei sind. Auch wenn ich mal älter bin: Parkour

ist ein Teil von mir geworden und wird es auch immer bleiben.

GYMNASTIK: Bei Ashigaru sind nur Männer – ist Parkour nichts für Frau-en?

Pascal Bueb: In meinen Trainings-Gruppen sind viele Mädchen und Frau-en, gerade weil Parkour so individuell ist. Bei Werbeaufträgen sind allerdings eher Männer gefragt. Generell kann Parkour jeder ausüben, ich hatte schon Schüler von sechs Jahren bis hin zu Herren von stolzen 78 Jahren! Es ist wie gesagt sehr individuell, es gibt nicht den ultimativen Move. Und der Wettkampfgedanke bleibt außen vor. Es geht darum kreativ eigene Bewe-gungslösungen zu finden, auch gemein-sam in der Gruppe. Die Teilnehmer – auch Erwachsene – kommen dabei wieder ins Spielen, das finde ich toll. ■

Kontakt: Ashigaru, Mobil: 01523 - 3515489

E-Mail: [email protected]

URL: www.ashigaru.de

Gesund Laufen – ein Leben langDrei Schlüsselpunkte Text: Sebastian Wagner, Fotos: Janina Wagner

Laufen ist neben dem Gehen, Springen, Klettern und Krab-beln eines der Grundbewegungsmuster des Menschen. In der Entwicklung vom Baby zum Erwachsenen lernt man zunächst neugierig den Dingen hinterher zu gucken, den Kopf zu hal-ten und zu drehen, sich hoch zu stützen, zu krabbeln und zu stehen, um schließlich barfuß zu gehen und zu laufen. Das pri-märe Ziel hinter diesen Entwicklungsschritten ist, dass sich der Mensch unter Einwirkung der Schwerkraft aufrecht durchs Le-ben bewegen kann. Hieraus ergeben sich Schlüsselpunkte, um ein gesundes Laufen zu ermöglichen. Dazu gehören aus meiner Sicht eine aufrechte Haltung, ein optimaler Fußaufsatz nah am Körperschwerpunkt und eine lockere Armbewegung aus den Schultern.

Die aufrechte Haltung

Die Basis für eine aufrechte Haltung und ein optimales Laufbild bilden unsere Füße. Sie sind ein Wunderwerk der Ingenieurskunst, bestehend aus 26 Knochen, 19 Muskeln, 107 Bändern und Millionen von Nervenendungen. Sie sind ein Sinnesorgan, mit dem man den Boden wahrnehmen kann. Das geht barfuß natürlich am besten. Durch den Bo-denkontakt bekommt man einen Impuls, der dabei hilft, dass man sich gegen die Schwerkraft aufrichten kann. Dieser Vor-gang funktioniert vor allem barfuß auf festem Untergrund. Aus diesem Grund sollte die Haltung immer barfuß trainiert werden.

Tipp: Probieren Sie es doch direkt selber mal aus: Stehen mit Schuhen und barfuß im Vergleich.

Wie man sieht, haben die Füße eine essentielle Aufgabe in unserem Leben. Sie tragen uns jeden Tag mehrere Kilometer und bilden das Fundament einer aufrechten Haltung. Aus diesem Grund ist es so wichtig die Füße gesund, beweglich und stabil zu halten. Ein paar Ebenen weiter oben am Körper befindet sich der Dreh- und Angelpunkt zwischen Ober- und Unterkörper: das Becken. Über das Becken wird die Wirbelsäule mit den Bei-nen verbunden. Eine aufgerichtete Beckenposition und ge-nug Stabilität in diesem Bereich sind von großer Bedeutung

für die aufrechte Haltung. Fehlt die Stabilität oder gibt es zu große Abweichungen der Beckenposition von der individu-ellen optimalen Stellung, führt das dazu, dass die einzelnen Gelenkpartner nicht mehr optimal zueinanderstehen. Dar-aus resultiert eine Überbelastung und erhöhter Verschleiß der Strukturen des Bewegungsapparates. Das kann z. B. zu Abnutzungserscheinungen in den Gelenken, verspannter Muskulatur und daraus resultierend zu Schmerzen in der Hüfte und Wirbelsäule führen. Neben unseren Füßen und unserem Becken sind eine auf-gerichtete Brustwirbelsäule und eine entspannte Kopfpositi-on mit dem Blick nach vorne zwei weitere, wichtige Punk-te. Diese Haltungsgrundlagen ermöglichen es effizienter zu Laufen, das heißt es wird einfacher, den Oberkörper stabil zu halten, die Arme und Beine entspannter vor- und zurück zu schwingen und während des Laufens besser zu Atmen. Durch eine optimierte Atmung funktioniert die Energiebereitstel-lung besser und man wird leistungsfähiger. Der Unterschied zwischen der Haltung im Stehen und der im Laufen besteht darin, dass man sich beim Laufen mit dem ganzen Körper leicht nach vorne lehnt. Dadurch nutzt man zusätzlich neben der Arm- und Beinbewegung auch die Schwerkraft, um sich vorwärts zu bewegen. Außerdem wird ein zentraler Fußauf-satz durch die Körpervorlage erleichtert. Tipp: Beim nächsten Dauerlauf mal ausprobieren was passiert, wenn Sie den ganzen Körper leicht nach vorne lehnen. ▶

Weiterlesen …Viele weitere interessante Atrikel finden Sie in GYMNASTIK Nr. 38.

Bezug über: GeschäftsstelleDeutscher Gymnastikbund DGymB e.V.Casteller Straße 3765719 Hofheim am [email protected] www.dgymb.de