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Stand und Herausforderungen Patientensicherheit - Prof.Dr.med.D.Conen 8.+ 9. September 2014, Bern Swiss eHealth Summit

Patientensicherheit - Stand und Herausforderungen · Sectio 93.1 79.9 Ja Appendektomie 65.0 57.3 Nein Cholezystektomie 69.6 58.0 Ja Colonchirurgie 66.7 71.2 Nein Inguinalhernienoperation

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Stand und

Herausforderungen Patientensicherheit -

Prof.Dr.med.D.Conen

8.+ 9. September 2014, Bern

Swiss eHealth Summit

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Erfolgsgeschichte - Gesundheitswesen

Source: Ch. Vincent 2013

• Die mittlere Lebenserwartung

hat sich über die letzten 20 Jahre

verdoppelt

• bei gleich bleibender

Verbesserung erreichen die

heute geborenen Kinder ein

Alter von 100 Jahren

• Public Health und Gesundheits-

wesen sind verantwortlich für ca.

80% der Verlängerung der Lebens-

erwartung (US gemäss CDC)

• Impfungen und Programme im

Gesundheitswesen haben die

globale Inzidenz der 5 grösseren

verhinderbaren Krankheiten von 6,5

auf 0,6 Milliarden/jahr gesenkt.

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Ist das die

zutreffende

Charakterisierung

unseres

Gesundheitssystems?

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Realität: Epidemiologie der Schäden

Kalifornien (1974) 4,6%

USA (1990) 3,7%

Australien (1992) 16,6%

London (2001) 10,8%

Dänemark (2002) 9,0%

Neuseeland (2002) 10,7%

Kanada (2003) 7,8%

Frankreich (2004) 10,6%

Spanien (2005) 9,3%

Schweden (2009) 12,3%

Niederlande (2009) 5,7%

Ein neues „Public Health“ Problem

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Die Entwicklung – Warum wurde das

Gesundheitswesen so gefährlich?

- >200 Jahre A.Smith „The greatest

improvement in the productive powers of

labour… seem(s) to be the effects of the

division of labour.“ Neben der Spezialisierung

berücksichtigte er aber die Koordination der

Produktion zu wenig …insbesondere als die

Prozesse noch spezialisierter wurden.

- Solange die Werkzeuge der Medizin allenfalls

der Verstand des Arztes, die Empathie der

Pflegenden und ein paar chirurgische

Prozeduren und ‚Säfte‘ waren, war der Preis

für fehlende Sicherheit tief. Mit Zunahme

der Technik, hochspezialisierter Teams (z.B

ICU) wurden Fehler ohne Sicherheitskultur

alltäglich.

- Studie: ICU –Patienten erleiden 1,7

Fehler/Tag, 1/3 davon ist lebensbedrohlich.

Mehrheitlich Kommunikationsprobleme.

Das Ende vom Anfang

http://content.healthaffairs.org/content/

early/2004/11/30hlthaff.w4.534.citation

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Spitäler = Multiprofessionalität = Hohe

Komplexität… denn Spitäler sind Organisationen mit:

- Vielen hochmotivierten Experten,

- Hoher Differenzierung/Spezialisierung, hoher Arbeitsteilung, geringer Standardisierung

- Enormer Vielfalt an Beziehungen: zwischen Patienten, Familien, Professionals, Administrat.

- Hoher Vulnerabilität der Patienten

- Maximaler Produktevielfalt,

- Vielfalt an oder Fehlen von Regulationen

- Maximaler Prozess- und Aufgabenkomplexität

- Hoher Vielfalt von Materialien mit hoher Verwechslungsgefahr

- Implementierung von neuer Technologie

- Enormer Kommunikationsdichte

- Technologien und medizinischen Anwendungen des 21. Jahrhunderts, betrieben in Strukturen und nach Prinzipien aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts!

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Handeln in komplexen Systemen

• Entscheidungen werden gefällt

unter Zeitdruck, bei

Informationsmangel und mit

Unsicherheiten.

• Massnahmen sind vielfach nicht

planbar, nicht umkehrbar und mit

Nebenwirkungen behaftet

• Aufgaben meist nur in

Koordination oder Kooperation

mit anderen Personen zu

bewältigen

• Kognitive Strategien, individuelle

Handlungsstile zur

Komplexitätsreduktion

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Die Realität unseres Gesundheitssystems?

• 1200 Tote

• Hohe Rate Nosokomialer Infekte (2000Tote/Jahr?)

• Übertriebene Geschäftstüchtigkeit

• Unterentwickeltes Risikomangement

• Hohe Kosten, unnötige Hospitalisationen

• Ungelöste Schnittstellen-probleme

• Übermüdete Ärzte, überlastetes Pflegepersonal

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Verteilung unerwünschter Ereignisse

Nosokomiale Infektionen:

- 2/5 Nosokom.

HWI

- 1/5 Nosokom.

Pneu.

- 1/5 Wundinf. - 1/5 Diverse;

HAI

Diverse: - Medizinalprodukte- assoziiert - WSPEs (wrong-site, wrong-side, wrong-patient Adv. Events)

Unerw. Arzneimittel-ereignisse - unerwünschte Arzneimittel - wirkungen

- Medikations- fehler

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Typen von nosokomialen Infekten

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Überblick - Surgical Site Infections (SSIs)

• SSIs sind die zweithäufigsten Ursachen von nosokomialen

Infektionen und die häufigste in chirurgischen Abteilungen.

• 2%-5% SSIs: bei „sauberen“ extraabdominellen Ops

• Bis 20% SSIs: bei intraabdominellen Ops.

• CDC schätzt für US: 300‘000 SSIs jährlich

In den US zusätzliche Kosten durch SSIs: US $ 5‘000*

In der Schweiz: zusätzliche Kosten durch SSIs: US $ 10‘000/Fall (Wenzel RP J Hosp Infect 1995; Weber W, Widmer AF, Marti W. Arch Surgery, 2008)

• Bei Patienten, die SSIs entwickeln, **

- ist die Wahrscheinlichkeit 60% länger auf der IPS zu sein

- ist die Wahrscheinlichkeit für eine Rehospitalisation 5-mal grösser,

- ist der Spitalaufenthalt doppelt so lang,

- ist die Wahrscheinlichkeit zu sterben 2-mal so gross als bei Patienten ohne SSI

** Bratzler DW et al.Antimicrobial prophylaxis for surgery: an advisory statement from the National

Surgical Infection Prevention Project. Am J Surgery 2005; 189: 395-404

* Bratzler DW. Antimicrobial Prophylaxis for Surgery: Clinical Infectious Diseases 2004; 38: 1706-1715

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Postoperative Wundinfekte – CH 2011/2012

internationaler Vergleich 2012 CH im Spitzenfeld

Eingriffe

Inzidenz

CH 2011 CH

2012

NL

2012

D

2012

EU

2012

USA

2012

Sectio caesarea 1,8% 1,6% 1,2% 0,5% 3,6% 1,9%

Cholecystectomie 3,0% 2,3% 2,1% 1,2% 1,4% 0,7%

Colonchirurgie 12,8% 13,8% 15,5% 8,8% 9,7% 6,1%

Appendektomie 3,8% 5,1% 4,6% 4,46% - 1,7%

Hernienoperation 1,2% 1,5% 0,47% 2,3%

Herzchirurgie 5,4% 4,9% 2,9% 3,3% 3,0%

Bariatrische Chirurgie 16,7% 5,6%

Elektive Hüftprothese 1,6% 1,5% 2,2% 1,1% 1,2% 1,5%

Elektive Knieprothese 2,0% 0,9% 1,1% 0,7% 0,8% 1,0%

Erfassungsmethodik insgesamt nicht einheitlich:

CH: Erfassung auch die 30 d nach Spitalentlassung aufgetretenen Fälle

EU und USA: meist keine ‚post-discharge-Surveillance‘

NL : mit CH vergleichbarer

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Eingriff Anteil Antibiotikagabe mit

korrektem Prophylaxezeitpunkt (%)

USZ Swiss NOSO-

Spitäler

Unterschied

signifikant

Sectio 93.1 79.9 Ja

Appendektomie 65.0 57.3 Nein

Cholezystektomie 69.6 58.0 Ja

Colonchirurgie 66.7 71.2 Nein

Inguinalhernienoperation 77.5 79.8 Nein

Herzchirurgie 78.4 Keine Angaben1

Datenquelle: verpflichtende Messung Schweiz weit 2010: Swissnoso

1Die SwissNOSO-Auswertung der Infektionsrate nach Herzchirurgie liegt aufgrund

des notwendigen Follow-ups von einem Jahr nach Eingriff noch nicht vor.

Nosokomiale Infekte – Realität der Prävention

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Internationaler Vergleich AB-Prophylaxe (1h vor

Schnitt)

Critical Access Hospitals PPS Medicare Prospective Payment System

www.flexmonitoring.org

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– © Patientensicherheit Schweiz

progress! Sichere Chirurgie

18.03.2013 15

Grundlage Angebot

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Unerwünschte Ereignisse in der Chirurgie

Zahlen zu vermeidbaren unerwünschten Ereignissen

• 65 Prozent aller unerwünschten Ereignisse geschehen im Bereich der

Chirurgie ca. 40 Prozent davon werden als vermeidbar eingeschätzt (Studie in

Holland)1.

• 2 von 100 Patienten sterben in der Schweiz nach einer Operation. Damit liegt

die Schweiz im europäischen Mittel2.

• Bei 14 von 100‘000 Operationen in der Schweiz werden Fremdkörper im

Körper des Patienten vergessen3.

1 Zegers M et al., The incidence, root-causes, and outcomes of adverse events in surgical units: implication for potential

prevention strategies. Patient Safety in Surgery 2011 5:13.

2 Pearse RM et al., Mortaliity after Surgery in Europe Lancet 2012; 380: 1059-1065

3 OECD, Health at a Glance ; 2013

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• Präoperative Abklärung der Atemwege

• Puls Oxymetrie

• zwei intravenöse Zugänge

• Prophylaktische Antibiotikagabe innerhalb 60 min. vor dem Schnitt

• Richtiger Patient, Richtige Eingriffsseite und richtige Prozedur

• Zählung von Tupfern und verwendeten Instrumenten

Chirurgische Checkliste: Themen

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Erkenntnisse und Facts

Korrektes und wirkungsvolles Anwenden der Checkliste

erfordert

• kulturelle Veränderungen und Verhaltensänderungen

• Wissensvermittlungen und Trainings für alle MA im OP

• Laufende und dauernde Überprüfung und Trainings der Anwendung

sowie ev. weitere Anpassungen der Checkliste

Ressourcen und Engagement auf allen

Hierarchieebenen sowie «dranbleiben»

Es reicht nicht

• die Checkliste einfach als obligatorisch zu definieren

• Ein 2-jähriges Projekt durchzuführen

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• David R. Urbach et al., NEJM 2014; 370: 1029-1038: Ontario, Canada:

Einführung von Checklisten in 101 Spitälern. 98% wenden Checkliste an,

jedoch keine sign. Unterschiede bzgl. Mortalitäts- und Komplikationsraten

nach 3- monatiger Beobachtungsperiode gegenüber Zeit ohne systematische

Anwendung der CL: WARUM?

1) Checkliste einfach nur abhaken bringt wenig

2) Volle Implementierung der Checkliste ist anspruchsvoll. Adaptieren auf lokale

Verhältnisse zwingend

3) Mitarbeiter in den Spitälern benötigen Unterstützung: u.a. Coaching, Training

4) «Gaming is Universal» - Es braucht jedoch echte Compliance!

5) Volle Implementierung braucht ZEIT

«The Checklist Conundrum»

Lucian L. Leape, NEJM 2014;370:1063-1064

progress! Sichere Chirurgie

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Progress! Sichere Medikation an

Schnittstellen

Kommunikation: Webseite

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Arzneimittel- und Medikationssicherheit Aktuelle Situation Schweiz

• 7% der Hospitalisationen wegen Medikationsproblemen

• 7,5% der hospitalisierten Patienten erleben während des

Aufenthalts eine unerwünschte Arzneimittelwirkung oder

einen Medikationsfehler (1-4)

• Von 20 Medikamentenbedingten Zwischenfällen ist einer

Folge eines Behandlungsfehlers (5)

Im wesentlichen Pharmakovigilance Daten, freiwillige

Meldungen

1. Von Laue NC et al. Wien Klein Wochenschr. 2003;115: 407-415

2. Hardmeier B et al Swiss Med Wkly 2004; 134: 664-670

3. Livio F et al. Rev Med Suisse 2010; 6: 128-131

4. Pirmohamed M Wien Klein Wochenschrift 2010; 122: 62-64

5. Lewi PJ et al. Drug Saf 2009; 32: 379-389

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Hintergrund – Sichere Medikation an

Schnittstellen

Wo geschehen die Medikationsfehler* im Medikationsprozess?

Verschreibung (handschriftlich)

49%

Übertragung /

Dokumentation

11%

Dispensatio

n

14%

26% Verabreichung

Quelle: Bates et al., JAMA 1995, 274 *Die Raten beziehen sich auf vermeidbare UAE und Medikationsfehler die als potentielle UAE eingestuft wurden.

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IT –Effekt auf einzelne Schritte im Medikationsprozess

E.G.Poon, et al. NEJM 2010; 362: 1698-1707

(Computerized physician order at entry)

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DW.Bates,AA.Gawande, Improving Safety with information Technology,NEJM, 2003; 348: 2526

IT und Fehlerprävention

• Kommunikationsverbesserung

• Zuverfügungstellen von Wissen

• Abfrage notwendiger Informationen

• Unterstützung bei Berechnungen

• Erleichterung der Einhaltung von

Zeitvorgaben

• Monitoring

• Entscheidungshilfen geben

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Klare Informationen zur Medikamenteneinnahme

nach Spitalaufenthalt/Operation

CH=937, The Commonwealth Fund, International Health Service Survey 2011

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Empfohlene Intervention im Programm

Systematischer Medikationsabgleich im Akutspital

(Medication Reconciliation, kurz: MedRec)

Prozessschritte des systematischen Medikationsabgleichs von Eintritt bis

Austritt

Bei Eintritt: Systematische Erhebung und Dokumentation einer möglichst

vollständigen und genauen prästationären Medikationsliste, möglichst mit

strukturiertem Patienteninterview;

Abgleich der Medikationsverordnung mit dieser Liste bei Eintritt, Verlegungen

und Austritt;

Bei Austritt: Patientengespräch mit Erläuterung der Austrittsmedikation;

Kommunikation der Austrittsmedikation an behandelnde Ärzte, Reha,

Pflegeheim etc.

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Hauptangebote von progress! Sichere

Medikation an Schnittstellen

1) Sensibilisierung und Know-how-Transfer durch Unterstützungsmaterialien: ab März 2015

Veröffentlichung von Grundempfehlungen für Akutspitäler auf D, F, I Implementierung des syst. Medikationsabgleichs von Eintritt bis Austritt

Weitere Unterstützungsmaterialien

Nationale Medienarbeit

2) Interprofessionelles Vertiefungsprojekt für Pilotspitäler: ab März 2015 bis Ende 2016

Fokus auf Einführung definierter Prozessschritte des syst. Medikationsabgleichs bei Eintritt bei internistischen Patienten der Akutversorgung

max. 10 Pilotspitäler

Schwerpunkt der Evaluation: Implementierungserfahrungen, Erkenntnisse für eine Verbreitung in CH

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Patientenrolle in der Patientensicherheit

Früher:

- Patienten eher "passives Objekt" der Behandlung

- Vermeidung von patientenseitigen Fehlern

("compliance")

- Bei Zwischenfall oder Fehlern: Patienten als "Opfer“

Heute:

Zunehmend aktivere Rolle in der Sicherheitsdiskussion:

1. als aufmerksame Beobachter, Berichterstatter

2. als Partner bei der Durchführung von sicherheits-fördernden

Massnahmen (z.B. Identitätskontrollen)

3. als "aktive letzte Hürde" zur Prävention von Fehlern

4. Spezialfall "Eltern" hospitalisierter Kinder

Heute

Früher

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Offene Partnerschaft?

Internationaler Vergleich: 2005

• Befragung 2005 von Erwachsenen aus AUS, CAN, NZ, UK, USA, D mit chron. Erkrankungen oder schwerer Erkrankung in der Anamnese.

Ergebnisse II

→Fehler aufgetreten: 12-15%

→Falsche Medikation oder Dosis 9 - 13%

→Eines von beiden 17 - 20%

→Not told by doctor involved 61 - 83%

→Laborwerte (keine Info, falscher Befund) 9 - 23%

→Medikamente überprüft im letzten Jahr 36 - 45%

→Über Nebenwirkungen aufgeklärt 31 - 43%

Schoen C. et al. Health Affairs 2005; DOI 10. 1377/htaff.W5.509

AUS CAN NZ UK USA GER

70% 74% 61% 72% 75% 83%

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Offene Partnerschaft? Arzt/Ärztin hat über den Fehler

gesprochen –internationaler Vergleich: 2011

Fallzahlen CH: 128

The Commonwealth Fund Internationa Health Policy Survey 2011

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Patientenbereitschaft zu aktiver Beteiligung

Waterman A.D. J Gen Int Med 2006; 21: 367-370

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Patienten als wachsame Partner: Können und Dürfen

Wann engagieren sich Patienten für ihre Sicherheit?

Schwappach et al. Ann Oncol 2011, 424-430. Schwappach et al. Med Care Res Rev 2010, 119-148

Einstellungen

Instrumentell

Affektiv

Normen

Überzeugung, dass der Einsatz die Sicherheit

erhöht.

Instrumentell: Macht es Sinn, sich zu engagieren?

Affektiv: Wie fühlt es sich an, zu intervenieren?

Vorstellungen, was die Umwelt erwartet.

Welches Verhalten ist erwünscht, welches nicht?

Wie wichtig ist es, die Erwartungen zu erfüllen?

Wahrnehmung fördernder und hemmender

Faktoren.

Kann ich das Verhalten umsetzen?

Wie stark behindern mich bestimmte Faktoren?

Verhaltenskontrolle

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Patienten als wachsame Partner: Haltungen der Fachpersonen

• „Partner“ sein,

kann man nur zu

zweit.

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Patienten als wachsame Partner: Haltungen der Fachpersonen

Eine deutliche Mehrheit der Fachpersonen im Spital hat

grundsätzlich positive Einstellungen zur Patientenbeteiligung

Aber die Akzeptanz sicherheitsbezogener Verhaltensweisen

variiert stark

Schwappach et al. Int J Quality in Health Care 2011, 713–720

Es ist gut, solange es nicht weh tut …

Gut akzeptiert: Fragen stellen, z.B. nach Medikamenten

Informationen geben

Eher akzeptiert:

Aktiv Sicherheitschecks vollziehen, z.B.

Transfusionsbeutel kontrollieren

Auf Fehler hinweisen, z.B.

Verwechslungen

Wenig

akzeptiert: Hinweise zur fehlenden Händehygiene

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Patienten als wachsame Partner: Können und Dürfen

Schwappach et al. Annals of Oncology 2011, 424-430

01

02

03

04

05

0

% P

atien

ten

Angehörige Pflegende Ärzte

... befürworten, dass ich auf mögliche Fehler achte und diese melde

Beeinflusst Verhaltenskontrolle

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Rollenkonformität der Patienten und

Motivation durch Mitarbeitende

Befragung chirurgischer Patienten (UK 2007): „Patient Willingness to Ask Safety Questions Survey“

Median

Würden Sie einen Arzt fragen: Haben Sie Ihre Hände desinfiziert?

“wahrscheinlich nicht”

Würden Sie eine Schwester fragen: Haben Sie Ihre Hände desinfiziert?

“wahrscheinlich nicht”

Wenn Sie zuvor durch einen Arzt instruiert würden, würden Sie einen Arzt fragen: Haben Sie Ihre Hände desinfiziert?

“wahrscheinlich ja”

Wenn Sie zuvor durch einen Arzt instruiert würden, würden Sie eine Schwester fragen: Haben Sie Ihre Hände desinfiziert?

“wahrscheinlich ja”

Befragung chirurgischer Patienten (UK 2007): „Patient Willingness to Ask Safety Questions Survey“

Median

Würden Sie einen Arzt fragen: Haben Sie Ihre Hände desinfiziert?

“wahrscheinlich nicht”

Würden Sie eine Schwester fragen: Haben Sie Ihre Hände desinfiziert?

“wahrscheinlich nicht”

Wenn Sie zuvor durch einen Arzt instruiert würden, würden Sie einen Arzt fragen: Haben Sie Ihre Hände desinfiziert?

“wahrscheinlich ja”

Wenn Sie zuvor durch einen Arzt instruiert würden, würden Sie eine Schwester fragen: Haben Sie Ihre Hände desinfiziert?

“wahrscheinlich ja”

Davis. Qual Saf Health Care 2008, pp 90-96

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Die Herausforderungen: Chart Review Studien in Europa

Country Year of

Study

Hospital

Admissions

(N)

Adv. Events

(AE) (%)

Preventable

AE (%) Death (%)

London/UK,

CH.Vincent et al. 1998 1014 10,8% 48% 8,0%

Denmark, Schioler

T. et al. 2001 1097 9,0% 40,4% 4,9%

France, Michel P.

et al. 2002 778 14,5% 27,6% N.R.

Sverige, Soop

M. et al. 2003/2004 1967 12,3% 70% 3,0%

Netherland, Zegers

M. et al. 2004/2005 7926 5,7% 39,6% 0,12%

Spain; Aranaz-

Andres JM. et al. 2005 5624 8,4% 42,6% 0,19%

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14.4

16.8

12.1

7.8

17.6

9.810.5

13.7

21.1

13.512.8

05

10

15

20

25

An

teil

Ja [%

]

AUS CAN NZ UK US GER NETH FRA NOR SWE SWITZ

Data weighted for gender, age, education, regionData: The Commonwealth Fund's 2010 lnternational Survey of the General Public's Views oftheir Health Care System's Performance in Eleven CountriesData analysis and illustration: David Schwappach, Swiss Patient Safety Foundation

Medizinischer Fehler und / oder Medikationsfehler und / oder Untersuchungsfehler

Was sagen die Patienten (2010) aus 11

Ländern?

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Trends bei adverse events über die Zeit: Warum werden wir nicht besser?

Autor Land Jahr Schäden

Kohn et al. Institute of

Medicine USA 1999 3-16%

Landrigan CP et al. NEJM 2010; 363: 2124-2134

USA 2002-2007 Keine Reduktion

Classen DC. et al. Health Aff 2011; 30:581-589

USA 2008 33%

Baines RJ. et al. JQSHC 2013, 22: 290-298

NL 2004-2008 4,1% auf 6,2%

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• Sax H. Mühlemann C. et al. Swissnoso 2006: – 7% aller Spitalpatienten erleiden einen nosokomialen Infekt,

– 70‘000 Nosos/Jahr; 250 Mio; 300‘000 Spitaltage; 2‘000 Todesfälle, 30-40% vermeidbar.

• Bregenzer Th. 2010; Weber et al. 2008; Eber et al. 2010 – Jede Infektion kostet 4‘500-19‘638 (-45‘000)

• Schwappach D et al. 2010 – 32,1% der Spitalpatienten erleben relevante Patienten-

sicherheitsereignisse, 18% aller Spitalpatienten sind über Fehler besorgt

• Perren et al. 2009, Lepori et al. 1999 – 17% der Medikamentenverschreibung bei Spitalentlassung ist

ungerechtfertigt

– 4% Grund für Notfalleintritt

Schweizer Zahlen – eine Auswahl

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OECD PSI: Zurückgelassene Fremdkörper Rate/100‘000 Spitalaustritte

OECD: Health at a Glance 2013, S.117

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Rate der Geburtstraumata pro 100 vaginaler

Geburten ohne Instrumente

OECD: Health at a Glance 2013, S.119

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Fälle und Entscheidungen der aussergerichtlichen

Gutachterstelle der FMH 1982-2013

Rothhardt V. SAEZ, 2014; 95: 1025-1029

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Zusammenfassung resp.

Herausforderungen für CH

• Allgemein: Sicherheit und Qualität der Gesundheits-versorgung in der Schweiz sind mit anderen hochentwickelten Ländern vergleichbar.

• Einige Zentren sind Leuchttürme der Exzellenz mit hervorragenden Resultaten

• Viele CH-Bürger werden nicht leitlinienkonform (standardgemäss) behandelt.

• Es gibt eine beträchtliche Variabilität im Prozess und Ergebnis der Leistungserbringung.

• Nicht wenige Patienten kommen durch die Gesundheits-versorgung zu Schaden.

• Mindestens 10% der CH-Bürger sind sich der Fehler bewusst, die im Rahmen ihrer Betreuung auftraten.

• Rund 8% der in Schweizer Spitälern hospitalisierten Patienten erleiden einen Infekt.

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Todesfälle im Strassenverkehr

• Mehrfach -

interventionen

– Technisch

– Juristisch

– Pädagogisch

– Schulung

• Komplexe

Interventionen

• Breiter Konsens

• Dauer > 40 Jahre !

1971: starben 1‘773 Personen

2013: starben 269 Personen

Rückgang 2013 gegenüber 2012: 21%

Rückgang 2013 gegenüber 1971: 79%

BFS 2014: Verkehrsunfälle der Schweiz 2013

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Patient Safty Strategies – Bereit zur Anwendung - Jetzt!

Dringend Empfohlen

1. Präoperative und anästhesiologische Checklisten zur

Prävention von peri- und postoperativen Ereignissen.

(nationales Programm)

2. „Bundles“ inklusive Checklisten zur Prävention von Zentral-

Katheter assoziierten Septikämien. (nicht Flächendeckend)

3. Interventionen zur Reduktion des Blasenkatheter-gebrauchs,

inklusive reminders, Pflegeinitiierte Entfernungs-Protokolle.

(nicht Flächendeckend, vgl geplantes nationales Projekt)

4. „Bundles“, die inkludieren Kopfende hochstellen

Sedationspausen, Mundpflege mit Chlorhexidine

subglottisches Absaugen durch endotrachealen Tubus zur

Prävention der Ventilator assoziierten Pneumonie. (nicht

Flächendeckend, vgl geplantes nationales Projekt)

Shekelle P.G. et al. The top Patient Safety Strategies that can be encouraged for adoption now.

Ann Intern Med. 2013; 158: 365-368

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5. Hände-Hygiene (keine flächendeckende regelmässige

Surveillance: 50-60% Compliance)

6. Vorsichtsmassnahmen („Barrier precautions) zur

Vorbeugung von Problemkeimen (nicht flächendeckend)

7. „Do-not-use“-Liste gefährlicher Abkürzungen. (vgl

nationales Projekt)

8. Realtime Ultrasonographie zur Einlage von

Zentralvenenkathetern (Insellösungen)

9. Interventionen zur Prophylaxe venöser Thrombosen (Fachgesellschaften flächendeckend)

10. Multifaktorielle Intervention zur Verhinderung von

Dekubitus (wird vergleichend erhoben)

Patient Safty Strategies – Bereit zur Anwendung - Jetzt!

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Gründe für fehlende Verbesserung?

• Investitionen in medizinische Forschung: – Institute of Health: 30 Billionen $

• Patientensicherheit: – AHRQ: 500 Millionen $

• Cancer (1970 Nixon „War against Cancer“) : – hunderte von Billionen $s.

– nicht berücksichtigt: Stiftungen, Pharma Billionen$s

• Institute of Cancer – allein: 105 Billionen $

• Seit 1950 Reduktion der Carcinomsterblichkeit : 5%

→ „We get what we pay for!“

Shojana KG.,Thomas EJ. BMJ Qual Saf 2013; 22: 273-277

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Ausgaben für Gesundheitssystem-Forschung

• Verhältnisse bei uns?

• Bespielhaft:

Qualitätsstrategie des

Bundes CH 2011: ‘u.a. auch

Fragen der Gesundheits-

systemforschung‘

• Beantragte Mittel:

CHF 20 Millionen/Jahr

• Bewilligte Mittel: 2012-2014

CHF 1,2 Mill./ Jahr

• ? Nach 2014?

Pronovost PJ et al. How can clinicians measure quality

And safety in acute care. Lancet 2004; 363: 1061-1067

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Das Aufzeigen eines Fortschritts verlangt drei Dinge:

• Die Identifikation von Interventionen, die die „üblichen“ unerwünschten Ereignisse reduzieren.

• Verbreitung wenigstens einzelner dieser als wirksam belegten Interventionen als verpflichtende Standards in die alltägliche Routine.

• Die Entwicklung eines Werkzeugs/von Werkzeugen, um die Verbesserung auch tatsächlich messen zu können.

→ Unglücklicherweise ist bis jetzt keine der

Voraussetzungen erfüllt.

Warum keine Verbesserung?

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Arbeiten im Gesundheitswesen heisst

Managen von extremer Komplexität

• „Das Gesundheitswesen ist zu

komplex, um es allein der Kontrolle

und den Entscheidungen

individueller Kliniker zu

überlassen;

• das menschliche Gedächtnis und

die geforderte Aufmerksamkeit

können sich in komplexen

Betreuungssituationen täuschen;

→deshalb sollten wir Teamwork,

Kontrolle,

Teamtraining,Checklisten und IT

einsetzen“

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Wie wird Patientensicherheit lehr- und lernbar?

Bleibende Fragen und Probleme:

• Wie können „resistente“ Gebiete ( Spitäler, Kliniken Spezialitäten, Personen) gewonnen werden?

• Kulturwandel – wie möglich und schnell erreichbar?

• Wer soll Weiter- und Fortbildung organisieren (in- / out-house)?

• Wer bildet Management und VR aus/weiter?

• Wie einen moralischen Druck aufbauen und beibehalten?

• Wie Zusammenarbeit mit Patienten fördern?

• Wie teambasiertes, pluridisziplinäres Lernen einführen, Zeitpunkt?

SAMW, 11/2008

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Die Lösung?

• Klärung der Führungsfrage

– Ohne Führung keine Umsetzung

• Stärkung/Schaffung einer Organisation mit Kapazitäten für

– Einbindung der Professionals

– Durchführung von Programmen mit genügend Ressourcen

– zielgerichtete Intervention gegen bekannte AE und Aufzeigen einer

zahlenmässigen Abnahme.

– Messen und Monieren von Schäden, Analysieren von und Lernen aus

Sicherheitsproblemen und Antizipieren von Risiken.

– Keine retrospektiven Analysen, die von der individuellen Interpretation

der Experten bezüglich der Vermeidbarkeit abhängen

– Teambasierte Aus-/Weiter- und Fortbildung (Education, Training) in

Patientensicherheit

• Multidisziplinäre Forschung (vgl. verschiedene Carcinomtypen)

– Erst wenn wir Sicherheit verstehen, können wir sie auch nachhaltig verbessern.

• Eine personelle und ausreichende finanzielle Stabilität

Shojana KG.,Thomas EJ. Trends in adverse events over time: why are we not improving

Qual Saf Health Care 2013; 22: 273-277

Ch.Vincent Science and Patient safety, Can Med Ass J 2013; 185:110-11