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der gefahrgutbeauftragte 01/2013 der gefahrgutbeauftragte 01/2013 6 Lithium-Ionen-Batterien Lithium-Ionen-Batterien Ganz gleich ob Handy, Hybrid-Pkw oder Pedelec, Lithiumbatterien sind aus dem täglichen Leben nicht mehr weg zu denken. Um einmal zu sehen, wel- che Herausforderungen sich daraus er- geben können, führt uns ein externer Gefahrgutbeauftragten durch seinen Büroalltag. Kein Gefahrgut – meint der Auftraggeber Kurz vor acht Uhr morgens, frischer Tee dampft in der Tasse des Gefahrgut- Dienstleisters Wolf B. Trophen und im Büro klingelt das Telefon. Der Kunde, ein Kurierdienst, hat seinerseits eine Kundenanfrage. Seine Kundenberater sind gut geschult, um von Auftragge- bern die nötigen Informationen zu Ge- fahrguttransporten zu erfragen und zu bewerten. Doch in diesem Fall geht es ins Detail: Der Auftraggeber möchte Li- thiumbatterien versenden und steht auf dem Standpunkt, dass sie kein Gefahr- gut darstellen. Er weiß aber nicht, war- um das so ist. Der risikobewußte Trans- porteur möchte den Auftrag erst durchführen, wenn eindeutig geklärt ist, dass es rechtskonform möglich ist. Von seinem Auftraggeber hat er ein Si- cherheitsdatenblatt erhalten, sieht sich aber außer Stande, dieses auszuwerten. „Das machen wir schon immer so“ Das Sicherheitsdatenblatt hilft leider nicht weiter: Es ist fast fünf Jahre alt, enthält nur die Aussage, dass die Batte- rien kein Gefahrgut seien und ist nach amerikanischen Standards erstellt. Kein Wort zum ADR... Also ein Anruf beim Auftraggeber. Der antwortet auf die Frage nach der Freistellung mit „Das machen wir schon immer so!“ und ist eher beleidigt, dass es jemand genauer wissen will. Nach viel Diplomatie ergibt sich, dass die Batterien der Sondervor- schrift 188 entsprechen. Dass alle Pack- stücke besondere Aufschriften tragen müssen, war dem Versender bis zu die- sem Telefonat unbekannt. Herr Trophen notiert in seinem persön- lichen Tagebuch: Fazit: Auch wer dem Gefahrgut- recht nicht unterworfen ist, sollte genau wissen, warum er befreit ist und welche Bedingungen er dazu einhalten muss. Fahrräder mit Elektro-Antrieb Der Tee ist inzwischen kalt, das Telefon klingelt wieder. Ein weiterer Kunde, ebenfalls Frachtführer, soll als Unter- auftragnehmer eine Wagenladung Fahrräder transportieren. Unverpackt. Und sein Auftraggeber wiederum hat zwar auch das Wort „Pedelec“ auf den Papieren gesehen, sich aber nichts da- bei gedacht. Nach einigen Telefonaten ergibt sich folgendes Bild: Der Versandhändler, der als eigentli- cher Auftraggeber die elektrisch unter- stützten Fahrräder vertreibt, handelt seit Generationen mit Fahrrädern und hat noch nie etwas mit Gefahrgütern zu tun gehabt. Die Batterien sind zu schwer und zu leistungsstark, um durch die Sondervorschrift 188 befreit zu sein. Somit sind sie in verbautem Zustand der UN-Nummer 3091 oder 3481 zuzu- ordnen und auch nach den gültigen Verpackungsvorschriften zu verpa- cken. Das, sowie die Bezettelung der Verpackungen mit UN-Nummer und Gefahrzettel Muster 9 und die Mitgabe eines Beförderungspapiers vermag der kopfschüttelnde Händler aber nicht zu leisten. Die Entscheidung des Fracht- führers ist wirtschaftlich schwierig, aber aus Sicherheitsaspekten die einzig vernünftige: Kein Transport. Herr Trophen notiert in seinem persön- lichen Tagebuch: PRAXIS Heute ist Lithium-Tag Oliver Rompf, Haimar Batterien mit Lithium sind derzeit verbal in aller Munde und technisch in immer mehr Errungenschaften der modernen Gesellschaft. Ihre Zuwachsraten sind gewal- tig, das damit verbundene Transportvolumen wächst ebenso. Und die damit ein- hergehende Verunsicherung der Beteiligten auch – obwohl sie eher emotional als sachlich zu begründen ist. Sicherheitsdatenblätter Sicherheitsdatenblätter (SDB) die- nen den Anwendern von Gefahr- stoffen. Im Transportbereich wer- den sie gern fälschlicherweise als Beförderungspapiere eingesetzt, ohne jedoch die Anforderungen an ein solches zu erfüllen. Ferner sind sie immer wieder veraltet (und ha- ben ein oder zwei Rechtsänderun- gen der einzelnen Verkehrsträger verschlafen) und sind oft genug nicht nach EU-Standard bzw. für den Geltungsbereich von ADR und RID erstellt. Die gängige Praxis, auf die Frage der Transporteure „ist es über- haupt Gefahrgut“ einfach ein SDB zu versenden, ist sehr fragwürdig. Denn das Klassifizieren einschließ- lich möglicher Ausnahmen ist Pflicht des Absenders bzw. Auf- traggebers des Absenders. Pedelec Pedelec steht für „Pedal Electric Cycle“. Pedelecs fahren nur mit Muskelkraft, unterstützen aber den Fahrer mit einem Elektromo- tor. Und der wird in der Regel mit einer Lithiumbatterie befeuert, die ca. 2 bis 6kg wiegt. SV 188 Die Sondervorschrift 188 erlaubt auf Straße, Schiene, See und Bin- nenschiff die Freistellung von Li- thium-Metall- und Lithium-Ionen- Batterien. Dafür dürfen sie bestimmte Leistungswerte und Li- thiummengen nicht überschreiten. Für die Versandstücke gelten Sta- bilitätskriterien (Fallprüfung aus 1,20m Höhe), zudem müssen sie mit folgenden Angaben versehen sein: Aufschrift „enthält Lithium-Io- nen-Batterien“ bzw. „enthält Lithium-Metall-Batterien“ Hinweis auf sorgfältige Be- handlung Hinweis auf Brandgefahr bei Beschädigung Handlungsanweisungen für den Fall der Beschädigung eine Notfall-Telefonnummer

Pedelec Heute ist Lithium-Tag - Gefahrgutberater · Lithiumbatterien der gefahrgutbeauftragte 01/2013 6 Lithium-Ionen-Batterien Ganz gleich ob Handy, Hybrid-Pkw oder Pedelec, Lithiumbatterien

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LithiumbatterienLithiumbatterien

der gefahrgutbeauftragte 01/2013der gefahrgutbeauftragte 01/2013 6

Lithium-Ionen-BatterienLithium-Ionen-Batterien

Ganz gleich ob Handy, Hybrid-Pkw oder Pedelec, Lithiumbatterien sind aus dem täglichen Leben nicht mehr weg zu denken. Um einmal zu sehen, wel-che Herausforderungen sich daraus er-geben können, führt uns ein externer Gefahrgutbeauftragten durch seinen Büroalltag.

Kein Gefahrgut – meint der Auftraggeber

Kurz vor acht Uhr morgens, frischer Tee dampft in der Tasse des Gefahrgut-Dienstleisters Wolf B. Trophen und im Büro klingelt das Telefon. Der Kunde, ein Kurierdienst, hat seinerseits eine Kundenanfrage. Seine Kundenberater sind gut geschult, um von Auftragge-bern die nötigen Informationen zu Ge-fahrguttransporten zu erfragen und zu bewerten. Doch in diesem Fall geht es

ins Detail: Der Auftraggeber möchte Li-thiumbatterien versenden und steht auf dem Standpunkt, dass sie kein Gefahr-gut darstellen. Er weiß aber nicht, war-um das so ist. Der risikobewußte Trans-porteur möchte den Auftrag erst durchführen, wenn eindeutig geklärt ist, dass es rechtskonform möglich ist. Von seinem Auftraggeber hat er ein Si-cherheitsdatenblatt erhalten, sieht sich aber außer Stande, dieses auszuwerten.

„Das machen wir schon immer so“

Das Sicherheitsdatenblatt hilft leider nicht weiter: Es ist fast fünf Jahre alt, enthält nur die Aussage, dass die Batte-rien kein Gefahrgut seien und ist nach amerikanischen Standards erstellt. Kein Wort zum ADR... Also ein Anruf beim Auftraggeber. Der antwortet auf die Frage nach der Freistellung mit „Das machen wir schon immer so!“ und ist eher beleidigt, dass es jemand genauer wissen will. Nach viel Diplomatie ergibt sich, dass die Batterien der Sondervor-schrift 188 entsprechen. Dass alle Pack-stücke besondere Aufschriften tragen müssen, war dem Versender bis zu die-sem Telefonat unbekannt.Herr Trophen notiert in seinem persön-lichen Tagebuch:

Fazit: Auch wer dem Gefahrgut-recht nicht unterworfen ist, sollte genau wissen, warum er befreit ist und welche Bedingungen er dazu einhalten muss.

Fahrräder mit Elektro-Antrieb

Der Tee ist inzwischen kalt, das Telefon klingelt wieder. Ein weiterer Kunde, ebenfalls Frachtführer, soll als Unter-auftragnehmer eine Wagenladung Fahrräder transportieren. Unverpackt. Und sein Auftraggeber wiederum hat zwar auch das Wort „Pedelec“ auf den

Papieren gesehen, sich aber nichts da-bei gedacht. Nach einigen Telefonaten ergibt sich folgendes Bild:Der Versandhändler, der als eigentli-cher Auftraggeber die elektrisch unter-stützten Fahrräder vertreibt, handelt seit Generationen mit Fahrrädern und hat noch nie etwas mit Gefahrgütern zu tun gehabt. Die Batterien sind zu schwer und zu leistungsstark, um durch die Sondervorschrift 188 befreit zu sein. Somit sind sie in verbautem Zustand der UN-Nummer 3091 oder 3481 zuzu-ordnen und auch nach den gültigen Verpackungsvorschriften zu verpa-cken. Das, sowie die Bezettelung der Verpackungen mit UN-Nummer und Gefahrzettel Muster 9 und die Mitgabe eines Beförderungspapiers vermag der kopfschüttelnde Händler aber nicht zu leisten. Die Entscheidung des Fracht-führers ist wirtschaftlich schwierig, aber aus Sicherheitsaspekten die einzig vernünftige: Kein Transport.Herr Trophen notiert in seinem persön-lichen Tagebuch:

PRAXIS

Heute ist Lithium-TagOliver Rompf, Haimar

Batterien mit Lithium sind derzeit verbal in aller Munde und technisch in immer mehr Errungenschaften der modernen Gesellschaft. Ihre Zuwachsraten sind gewal-tig, das damit verbundene Transportvolumen wächst ebenso. Und die damit ein-hergehende Verunsicherung der Beteiligten auch – obwohl sie eher emotional als sachlich zu begründen ist.

Sicherheitsdatenblätter Sicherheitsdatenblätter (SDB) die-nen den Anwendern von Gefahr-stoffen. Im Transportbereich wer-den sie gern fälschlicherweise als Beförderungspapiere eingesetzt, ohne jedoch die Anforderungen an ein solches zu erfüllen. Ferner sind sie immer wieder veraltet (und ha-ben ein oder zwei Rechtsänderun-gen der einzelnen Verkehrsträger verschlafen) und sind oft genug nicht nach EU-Standard bzw. für den Geltungsbereich von ADR und RID erstellt.Die gängige Praxis, auf die Frage der Transporteure „ist es über-haupt Gefahrgut“ einfach ein SDB zu versenden, ist sehr fragwürdig. Denn das Klassifi zieren einschließ-lich möglicher Ausnahmen ist Pfl icht des Absenders bzw. Auf-traggebers des Absenders.

Pedelec

Pedelec steht für „Pedal Electric Cycle“. Pedelecs fahren nur mit Muskelkraft, unterstützen aber den Fahrer mit einem Elektromo-tor. Und der wird in der Regel mit einer Lithiumbatterie befeuert, die ca. 2 bis 6kg wiegt.

SV 188Die Sondervorschrift 188 erlaubt auf Straße, Schiene, See und Bin-nenschiff die Freistellung von Li-thium-Metall- und Lithium-Ionen-Batterien. Dafür dürfen sie bestimmte Leistungswerte und Li-thiummengen nicht überschreiten. Für die Versandstücke gelten Sta-bilitätskriterien (Fallprüfung aus 1,20m Höhe), zudem müssen sie mit folgenden Angaben versehen sein:• Aufschrift „enthält Lithium-Io-

nen-Batterien“ bzw. „enthält Lithium-Metall-Batterien“

• Hinweis auf sorgfältige Be-handlung

• Hinweis auf Brandgefahr bei Beschädigung

• Handlungsanweisungen für den Fall der Beschädigung

• eine Notfall-Telefonnummer

LithiumbatterienLithiumbatterien

der gefahrgutbeauftragte 01/2013der gefahrgutbeauftragte 01/20137

Fazit: Nicht alles, was nicht als Ge-fahrgut deklariert ist, ist auch be-freit. Und unverpackte, nicht ge-kennzeichnete Gefahrgüter ohne Papiere gehören nicht in den Trans-portverlauf. Zudem besteht bei Un-terauftragsvergabe das Risiko, dass Informationen auf der Strecke blei-ben – besonders wenn den Auftrag-geber das Gefahrgutrecht wenig kümmert.

Die Sache mit den Prototypen

Wolf B. Trophen holt sich schnell eine frische Tasse Tee, bevor der nächste Anruf kommt. Ping, eine eMail... heute ist Lithium-Tag. Ein Spediteur soll für seinen Auftraggeber Lithium-Ionen-Batterien transportieren. Es handelt sich um Prototypen, die zur Prüfstelle gefahren werden sollen. Wie so oft steckt der Teufel im Detail, die nun ent-stehende Diskussion mit dem Auftrag-geber ist weder neu noch erbaulich: Da es Prototypen sind, dürfen sie nur unter Anwendung der Sondervorschrift 310 befördert werden. Diese fordert Verpa-ckungen, die der Verpackungsgruppe I entsprechen – also eine X-codierte Um-schließung. Von der Änderung der Klassifi zierung steht dort nichts. Leider

nehmen Absender/Verpacker diese Sondervorschrift immer wieder zum Anlass, die Klassifi zierung in Lithium-Ionen-Batterien, 9, I zu ändern. Eine solche Eintragung existiert aber im ADR gar nicht.Herr Trophen notiert in seinem persön-lichen Tagebuch:

Fazit: Ein Blick in die Vorschriften erleichtert die Rechtsfi ndung.

Mobil auf dem Grün

Aus dem Tee wird heute nichts, es klin-gelt bereits wieder das Telefon. Die Fir-ma B+M Golf möchte einen Auftrag er-teilen. Das Unternehmen aus Witten vertreibt batteriebetriebene Caddys. Deren Vertrieb mit Batterie bzw. der Er-satzbatterien erfolgt europaweit. Die meisten Paketdienste ergreifen jedoch

schnell die Flucht bei dem Thema Da-her möchte der Auftraggeber eine Aus-arbeitung mit eindeutiger Klassifi zie-rung, Verpackungsanweisungen und Betriebsanweisungen für die Bezette-lung. Und eine einfache Übersicht für seine Mitarbeiter, wie viele Batterien auf der Straße nicht kennzeichnungs-pfl ichtig gefahren werden dürfen.

Wettbewerbsvorteil

Neben dem Wunsch, seine Waren si-cher und ohne Unterbrechung zum Kunden zu befördern, sieht sich der Ge-schäftsführer mit einem ganz anderen Problem konfrontiert: Immer mehr Kun-den sind durch die teils reißerische Be-richterstattung zu Zwischenfällen mit Lithium-Batterien stark verunsichert. Klare, fundierte Informationen können

Lithium-Ionen-BatterienLithium-Ionen-Batterien

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UN-Nummern

UN 3090 Lithium-Metall-BatterienUN 3091 Lithium-Metall-Batterien mit Ausrüstungen verpackt / in Ausrüstungen verpacktUN 3480 Lithium-Ionen-BatterienUN 3481 Lithium-Ionen-Batterien mit Ausrüstungen verpackt/ in Ausrüstungen verpackt

BatteriegesetzIn § 1 Absatz 3 sagt das Batteriege-setz (BattG) deutlich aus, dass das Kreislaufwirtschaftsgesetz vom BattG unberührt bleibt, sofern nicht explizite Abweichungen pos-tuliert werden. Selbiges gilt für die Beförderungserlaubnis.Das BattG defi niert u.a. folgende Batterietypen (gekürzt):• Fahrzeugbatterie:

Starterbatterie zum Anlassen des Fahrzeuges

• Industriebatterie: Batterien zum Antrieb von Elektro- und Hybridfahrzeugen

Marktspiegel Pedelec65 000 Elektrofahrräder mit einer Leis-tung bis zu 250 Watt - so genannte Pe-delecs - im Wert von 63 Millionen Euro wurden in den ersten acht Monaten 2012 aus Deutschland ausgeführt. Der Durchschnittspreis eines exportierten Pedelecs betrug 974 Euro. Wie das Sta-tistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren die Niederlande Haupt-abnehmer mit 28 000 Stück und einem Wert von 28 Millionen Euro.

Insgesamt gingen 88 Prozent aller aus-geführten E-Bikes in die EU. Nach Deutschland eingeführt wurden 164 000 Pedelecs mit einem Wert von 117 Millionen Euro. Die importierten Elektrofahrräder wa-ren mit durchschnittlich 712 Euro je Rad etwas günstiger. Mit 78 000 Stück (48 Prozent) lieferte China die meisten Pedelecs nach Deutschland.

Die so genannten Pedelecs sind längst keine Exoten mehr und erobern unseren Alltag. Beispielsweise stehen an den Bahnhöfen Aachen 15, in Stuttgart 100 Elekrofahrräder zum Leihen bereit.

LithiumbatterienLithiumbatterien

der gefahrgutbeauftragte 01/2013der gefahrgutbeauftragte 01/2013 8

da natürlich Abhilfe schaffen. Dass sich der Auftraggeber damit von seinen Marktbegleitern absetzen kann, ist na-türlich ein angenehmer Nebeneffekt.Herr Trophen notiert in seinem persön-lichen Tagebuch:

Fazit: Die Investition in Sicherheit kann auch Wettbewerbsvorteile mit sich bringen.

Defekte Lithiumbatterien

In Gedanken an eine Portion UN 3065, 3, III verschmäht Herr Trophen seinen erneut erkalteten Tee und geht wieder ans Telefon. Zur Abwechslung ist ein Kollege dran. Dessen Kunde möchte gerne einen Großauftrag an Land zie-hen, bei dem defekte Lithium-Ionen-Batterien aus Elektro-Pkw zum Herstel-ler zurück transportiert werden sollen. Und der Kollege ist ebenfalls verunsi-chert: Sind solche Transporte eigentlich zulässig?Zunächst einmal eröffnet sich ein neues Rechtsgebiet: Defekte Batterien sind gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetz Ab-

fall. Also verlangt ihr Transport beson-dere Erlaubnisse und Dokumentatio-nen. Dessen ungeachtet sollen hier Batterien befördert werden, deren Ge-wicht deutlich über 500 g liegt. Somit lassen sich die Befreiungen der Sonder-vorschrift 636 nicht anwenden. Der Hersteller nutzt aber derzeit die Verpa-ckungsanweisung P 903 und befördert neue Batterien unverpackt, da sie schwerer als 12 kg sind und die weite-ren Anforderungen der P 903 erfüllen. Der Rücktransport gestaltet sich da je-doch schwieriger. Ob eine defekte Bat-terie ebenfalls die Vorgaben der P 903 erfüllt, darf bezweifelt werden.Aber Wolf B. Trophen weiß Rat: Das ADR 2013 zeigt mit der Sondervor-schrift 661 einen gangbaren Weg auf. Die zuständigen Behörden eines ADR-Staates dürfen die Beförderung defek-ter großer Lithium-Batterien gestatten, wenn sie dafür Bedingungen festlegen, eine Genehmigung erteilen (die dann mitgeführt werden muss), Verpa-ckungsmethoden festlegen und u.U. so-gar Beförderungskategorie und Tunnel-

beschränkungscode ändern. Herr Trophen notiert in seinem persönlichen Tagebuch:

Fazit: 50 ADR-Staaten verabschie-den gemeinsam Vorschriften, wel-che dafür sorgen, dass jeder einzel-ne Staat regelt, unter welchen Bedingungen solche Batterien be-fördert werden dürfen. Harmonisie-rung sieht anders aus.

Lithium-Ionen-BatterienLithium-Ionen-Batterien

Entsorgung

Sondervorschrift 636 ermöglicht den Transport von bis zu 500g schweren gebrauchten Lithium-Batterien in Rücknahmesystemen mit anderen Batterien, wenn die Verpackungsanweisung P 903b angewandt wird, die Verpackun-gen mit der Aufschrift „gebrauchte Lithium-Batterien“ gekennzeich-net sind und nicht mehr als 333kg Lithium-Batterien je Beförderungs-einheit transportiert werden.

Was macht ein Hamburger in der letz-ten Novemberwoche in München? Das Wetter ist schlechter als im Norden, die Weihnachtsmärkte sind ausnahmswei-se schon geöffnet – es sind mal wieder Gefahrstofftage.Doch weder die jahreszeitlich beding-ten Versuchungen noch meterologische Ereignisse spielen eine Rolle, denn das umfangreiche Themenangebot, das nette Abendprogramm und die vielen persönlichen Termine am Rande, lassen nicht einmal den Gedanken zu, das Ho-tel zu verlassen. Es waren wieder alle da, die etwas zu sagen haben und na-türlich die, die zuhörten. Hiervon etwas weniger als letztes Mal.Ganz anders als bei den vielen Gefahr-guttagen, traut sich einer der Macher

der Gefahrstofftage, Dr. Helmut A. Klein, mit dem Blick über den Teller-rand anzufangen. Das Thema Arbeit und Muße war ein mutiger, aber gelun-gener Start einer Veranstaltung. Keine Sorge es sind alle geblieben, niemand hat sich dem Müßiggang hingegeben.Mit einem umfangreichen fachlichen Input ging es weiter. So umfangreich, dass am zweiten Kongresstag vier Sym-posien zeitgleich stattfanden und am dritten Tag noch zwei Seminare – auch parallel. Der „Zettel“ beim Gefahrgut, die schriftliche Weisung (das Unfallmerk-blatt), sind fast bedeutungslos. Ganz anders der „Zettel“ beim Gefahrstoff, die Betriebsanweisung. Hier referierte Dr. Claudia Carl ausführlich über die

Details und stellte gut und schlechte Anweisungen gegenüber. Nicht nur um einen Zettel, sondern um ganze Zettelberge ging es bei Norbert Kluger (BG Bau), der die Frage, ob die erweiterten Sicherheitsdatenblätter mit teilweise über 100 Seiten noch ein Inst-rument des Arbeitsschutzes sind, mit ei-nem klaren Nein beantwortete. Aber auch gleich eine Lösung zeigen konnte: Die Branchenlösung „GefKomm in der Lieferkette Bau“, macht die vielen Zet-tel und Inhalte wieder beherrschbar. Das es auch mit fremden Zetteln gehen kann, zeigte Dr. Ing. Horst Kleine in sei-nem letzten Vortrag „Das Instrument „Mitgelieferte Gefährdungsbeurtei-lung“ nutzen“. Es war wirklich sein letzter Vortrag, da er nach 30 Jahren unermüdlichen Einsatz für den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen in den wohl-verdienten Ruhestand wechselt. Bei den weiteren Themen des ging es um Arbeitsschutz, Arbeitsschutzrecht, Zulassungsverfahren, Lagerung und natürlich um Kleine und mittlere Unter-nehmen (KMU).Die Reise nach München? Hat sich doch wieder gelohnt und irgendwie klappt es nächstes Jahr auch noch mit dem Besuch der Weihnachtsmärkte.

VERANSTALTUNG

Münchner Gefahrstoff-TageJoachim Bönisch, Hamburg

Wer mit Gefahrstoffen zu tun hat, für den ist der von SV Veranstaltungen organisier-ten Fachkongress für Umwelt-, Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit fast schon Pflicht. Für uns hat Joachim Boenisch die 28. Münchner Gefahrstoff-Tage besucht.