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Kompetenzzentrum pferd 66 | Reiterjournal D ie Pensions- und Schulpferdehaltung stellen innerhalb der Pferdehaltung bedeutende Produktionsverfahren dar. Sie werden so- wohl von gewerblichen Pferdebetrieben als auch von Reitvereinen betrieben. Heute ist der Markt jedoch vielerorts, vor allem in Ballungsgebieten, gesättigt und es herrscht ein enormer Verdrän- gungswettbewerb (De Baey-Ernsten, 2004). Auch die Schulpferdehaltung hat mit geänderten Rah- menbedingungen, wie der Bindung und Gewinnung ehrenamtlicher Funktionsträger, dem demographi- schen Wandel und der zeitlichen Auswirkung von Ganztagesschulen zu kämpfen (Breuer und Wicker, 2011). Diese Faktoren üben massiven Druck auf die wirtschaftliche Situation der Betriebe aus. Kom- men Betriebsberater zum Einsatz, bemängeln diese unter anderem die lückenhafte Datenerfassung, die fehlende Kenntnis des tatsächlichen Arbeits- zeitbedarfs, die kostenfreie Erbringung von Zusatz- leistungen (z. B. Koppelservice) und die zu starke Orientierung am Konkurrenzpreis (Krisam, 2017). Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, mit- tels Online-Umfrage das Dienstleistungsangebot, die Preisgestaltung, den Arbeitszeitbedarf und die Datenerfassung von Pensions- und Schulpferdebe- trieben zu analysieren. Die Befragung richtete sich ausschließlich an Betriebsleiter und bestand aus 43 Fragen. Insgesamt nahmen 86 Betriebsleiter teil. Die Ergebnisse zeigen, dass Pensionspferdebe- triebe ihren Kunden durchschnittlich zwei bis drei verschiedenen Haltungsformen anbieten. Präfe- riert werden dabei die Paddockbox (51,4 Prozent), die Außenbox (51,4 Prozent), die Weidehaltung mit Witterungsschutz (43,2 Prozent), der Mehrraum- Außenlaufstall (43,2 Prozent) und die Innenbox (35,1 Prozent). Reitschulen betreiben durchschnitt- lich zwei Haltungsformen und bevorzugen dabei die Innenbox (62,5 Prozent), die Außenbox (53,1 Prozent), die Weidehaltung mit Witterungsschutz (40,6 Prozent) und die Paddockbox (31,1 Prozent). Abbildung 1 zeigt das Preisgefüge der angebotenen Haltungsformen. Der monatliche Pensionspreis für eine Innenbox liegt bei 55 Prozent der teilnehmen- den Betriebe zwischen 200 bis 300 Euro. Die Au- ßenbox kostet bei 53,3 Prozent der Betriebe 200 bis 350 Euro. Die Paddockbox bieten 55 Prozent der Betriebe zwischen 350 bis 600 Euro an. Vielfach im Pensionspreis enthalten sind die Rau- futtergabe (89,2 Prozent), die Kraftfuttergabe (73 Prozent), die Zusatzfuttermittelgabe (73 Prozent) und das Misten (62,2 Prozent). Häufig nicht im Pensionspreis enthalten sind die Unterrichtsertei- lung und der Beritt der Pferde. Der Koppelservice wird auf 78,5 Prozent der Betriebe angeboten, je- doch bei 56,8 Prozent nicht zusätzlich zum Pensi- onspreis abgerechnet. Ein ähnliches Ergebnis ver- deutlicht Abbildung 2, bei der die Kosten für den Koppelservice pro Tag und Pferd abgebildet sind. Eine Gruppenreitstunde für Kinder kostet bei den Reitvereinen 14 Euro pro Kind, bei den ge- werblichen Reitschulen 19 Euro pro Kind. Für Er- wachsene beläuft sich die Gruppenreitstunde im Reitverein auf 19 Euro pro Person und bei den ge- werblichen Reitschulen auf 24 Euro pro Person. Die optimale Auslastung der Schulpferde von drei Unterrichtseinheiten pro Tag erreichen 67 Prozent der Reitschulen jedoch nicht. Bei der Preisfindung orientieren sich 64,3 Prozent der Schulpferdebetriebe meistens oder sogar aus- schließlich an betriebswirtschaftlichen Kalkulati- onen, dies trifft hingegen nur auf 41 Prozent der Pensionspferdebetriebe zu (siehe Abb. 3). Der Arbeitszeitbedarf für das Misten liegt bei 68,6 Prozent der Pensionsbetriebe zwischen drei bis zehn Minuten pro Pferd/Tag und erfolgt bei 70 Prozent manuell mit der Schubkarre. Für den Wei- degang benötigen 41,7 Prozent der Betriebe zwi- schen null (kein Koppelservice) bis vier Minuten. Den durchschnittlichen Bedarf an Arbeitskraftstun- den pro Pferd und Jahr (AKh/Pferd/a) für Routine- arbeiten (ohne Unterrichtserteilung) konnten 30 Pensions- und 22 Schulpferdebetriebe angeben. Bei den Pensionspferden bildeten sich folgende Ka- 1 1 1 3 9 4 5 2 1 1 2 1 7 4 6 4 4 1 3 1 4 9 1 3 2 1 1 1 2 1 1 0 5 10 15 20 Innenbox Außenbox Paddockbox Mehrraum- Außenbox mit Kleinauslauf Einrraum- Innenlaufstall Mehrraum- Innenlaufstall Einraum- Außenlaufstall Mehrraum- Außenlaufstall Einraum- Außenlaufstall mit Auslauf Mehrraum- Außenlaufstall mit Auslauf Weidehaltung mit Witterungsschutz Absolute Anzahl der Betriebe je Preissegment Haltungsformen <200€ 200- 300€ 300-350€ 350-450€ 450-550€ 550-600€ n = 37, MFN Abb. 1: Kategorisierung der Pensions- preise in Bezug zur angebotenen Haltungsform Quelle: Bachelorarbeit Angela Koberstädt Pensions- und Schulpferdebetriebe Der Blick auf den eigenen Betrieb Untersuchung zum Dienstleistungsangebot und der Preisgestaltung Text: Angela Koberstädt, Dirk Winter, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen

Pensions- und Schulpferdebetriebe Der Blick auf den ... · menbedingungen, wie der Bindung und Gewinnung ehrenamtlicher Funktionsträger, dem demographi-schen Wandel und der zeitlichen

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Kompetenzzentrum pferd

66 | Reiterjournal

Die Pensions- und Schulpferdehaltung stellen innerhalb der Pferdehaltung bedeutende Produktionsverfahren dar. Sie werden so-

wohl von gewerblichen Pferdebetrieben als auch von Reitvereinen betrieben. Heute ist der Markt jedoch vielerorts, vor allem in Ballungsgebieten, gesättigt und es herrscht ein enormer Verdrän-gungswettbewerb (De Baey-Ernsten, 2004). Auch die Schulpferdehaltung hat mit geänderten Rah-menbedingungen, wie der Bindung und Gewinnung ehrenamtlicher Funktionsträger, dem demographi-schen Wandel und der zeitlichen Auswirkung von Ganztagesschulen zu kämpfen (Breuer und Wicker, 2011). Diese Faktoren üben massiven Druck auf die wirtschaftliche Situation der Betriebe aus. Kom-men Betriebsberater zum Einsatz, bemängeln diese unter anderem die lückenhafte Datenerfassung, die fehlende Kenntnis des tatsächlichen Arbeits-zeitbedarfs, die kostenfreie Erbringung von Zusatz-leistungen (z. B. Koppelservice) und die zu starke Orientierung am Konkurrenzpreis (Krisam, 2017).Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, mit-tels Online-Umfrage das Dienstleistungsangebot, die Preisgestaltung, den Arbeitszeitbedarf und die Datenerfassung von Pensions- und Schulpferdebe-trieben zu analysieren. Die Befragung richtete sich ausschließlich an Betriebsleiter und bestand aus 43 Fragen. Insgesamt nahmen 86 Betriebsleiter teil. Die Ergebnisse zeigen, dass Pensionspferdebe-triebe ihren Kunden durchschnittlich zwei bis drei verschiedenen Haltungsformen anbieten. Präfe-riert werden dabei die Paddockbox (51,4 Prozent), die Außenbox (51,4 Prozent), die Weidehaltung mit

Witterungsschutz (43,2 Prozent), der Mehrraum-Außenlaufstall (43,2 Prozent) und die Innenbox (35,1 Prozent). Reitschulen betreiben durchschnitt-lich zwei Haltungsformen und bevorzugen dabei die Innenbox (62,5 Prozent), die Außenbox (53,1 Prozent), die Weidehaltung mit Witterungsschutz (40,6 Prozent) und die Paddockbox (31,1 Prozent).Abbildung 1 zeigt das Preisgefüge der angebotenen Haltungsformen. Der monatliche Pensionspreis für eine Innenbox liegt bei 55 Prozent der teilnehmen-den Betriebe zwischen 200 bis 300 Euro. Die Au-ßenbox kostet bei 53,3 Prozent der Betriebe 200 bis 350 Euro. Die Paddockbox bieten 55 Prozent der Betriebe zwischen 350 bis 600 Euro an. Vielfach im Pensionspreis enthalten sind die Rau-futtergabe (89,2 Prozent), die Kraftfuttergabe (73 Prozent), die Zusatzfuttermittelgabe (73 Prozent) und das Misten (62,2 Prozent). Häufig nicht im Pensionspreis enthalten sind die Unterrichtsertei-lung und der Beritt der Pferde. Der Koppelservice wird auf 78,5 Prozent der Betriebe angeboten, je-doch bei 56,8 Prozent nicht zusätzlich zum Pensi-onspreis abgerechnet. Ein ähnliches Ergebnis ver-deutlicht Abbildung 2, bei der die Kosten für den Koppelservice pro Tag und Pferd abgebildet sind.Eine Gruppenreitstunde für Kinder kostet bei den Reitvereinen 14 Euro pro Kind, bei den ge-werblichen Reitschulen 19 Euro pro Kind. Für Er-wachsene beläuft sich die Gruppenreitstunde im Reitverein auf 19 Euro pro Person und bei den ge-werblichen Reitschulen auf 24 Euro pro Person. Die optimale Auslastung der Schulpferde von drei Unterrichtseinheiten pro Tag erreichen 67 Prozent der Reitschulen jedoch nicht. Bei der Preisfindung orientieren sich 64,3 Prozent der Schulpferdebetriebe meistens oder sogar aus-schließlich an betriebswirtschaftlichen Kalkulati-onen, dies trifft hingegen nur auf 41 Prozent der Pensionspferdebetriebe zu (siehe Abb. 3).Der Arbeitszeitbedarf für das Misten liegt bei 68,6 Prozent der Pensionsbetriebe zwischen drei bis zehn Minuten pro Pferd/Tag und erfolgt bei 70 Prozent manuell mit der Schubkarre. Für den Wei-degang benötigen 41,7 Prozent der Betriebe zwi-schen null (kein Koppelservice) bis vier Minuten. Den durchschnittlichen Bedarf an Arbeitskraftstun-den pro Pferd und Jahr (AKh/Pferd/a) für Routine-arbeiten (ohne Unterrichtserteilung) konnten 30 Pensions- und 22 Schulpferdebetriebe angeben. Bei den Pensionspferden bildeten sich folgende Ka-

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Einraum- Außenlaufstall mit Auslauf

Mehrraum- Außenlaufstall mit Auslauf

Weidehaltung mit Witterungsschutz

Absolute Anzahl der Betriebe je Preissegment

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Abb. 1:

Kategorisierung

der Pensions-

preise in Bezug

zur angebotenen

Haltungsform

Quelle: Bachelorarbeit

Angela Koberstädt

Pensions- und Schulpferdebetriebe

Der Blick auf den eigenen BetriebUntersuchung zum Dienstleistungsangebot und der Preisgestaltung

Text: Angela Koberstädt, Dirk Winter, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen

Page 2: Pensions- und Schulpferdebetriebe Der Blick auf den ... · menbedingungen, wie der Bindung und Gewinnung ehrenamtlicher Funktionsträger, dem demographi-schen Wandel und der zeitlichen

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Preis Koppelservice/Tag/Pferd n = 36

Abb. 2:

Kosten Koppelservice

pro Tag und Pferd

Quelle: Bachelorarbeit

Angela Koberstädt

Abb. 3:

Orientierung der

Betriebe bei der

Preisfindung

Quelle: Bachelorarbeit

Angela Koberstädt

Quellen

BREUER, C., WICKER, P.: Sportentwicklungs-

bericht Pferdesport 2001, Kurzinformation

und ausgewählte Fakten zur Situation der or-

ganisierten Pferdesportvereine und -betriebe

in Deutschland, Warendorf/Köln: 2011

DE BAEY- ERNSTEN, H.: Vorwort, in: Pensions-

pferdehaltung im landwirtschaftlichen

Betrieb, KTBL-Schrift 405, Kuratorium für

Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft

e. V. (Hrsg.), Darmstadt: 2004 o. S.

KRISAM, G.: Interviewprotokoll vom 2. Februar

2017 in Merching, in: Dienstleistungsangebot

und Preisgestaltung in Pensions- und Schul-

pferdebetrieben unter Berücksichtigung des

Arbeitszeitbedarfs, in Bachelorarbeit Angela

Koberstädt, Nürtingen: 2017, Anhang 1, S. 1, 2