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Periphere Regionalanästhesie: Plexus-brachialis- Blockaden Dietmar Craß, Florian Gerheuser und Ulrich Schwemmer 1 Anatomie des Plexus brachialis Im Plexus brachialis verlaufen alle motorischen Fasern und nahezu alle sensorischen Fasern der oberen Extremität (Abb. 1). " Ausnahmen der sensiblen Innervation: Das Hautareal über der Schulter wird von den kaudalen Fasern des Plexus cervicalis innerviert. Der früh aus der Gefäß-Nerven-Scheide austretende N. cutaneus brachii medialis bildet Anastomosen mit den Nn. intercostobrachiales aus den 2. und 3. Inter- kostalnerven: Sie versorgen sensibel die Haut an der medialen Seite des Oberarms (Abb. 1). Die Plexusbildung zeigt zahlreiche individuelle Varianten; ein Grundplan ist jedoch immer erkennbar (Abb. 2). Die Rami ventrales der Zervikalwurzeln C 5 bis T 1 mit kleinen Anteilen von C 4 und T 2 bilden den Plexus brachialis. Zunächst formieren sich diese Segmentnerven in Höhe der Mm. scaleni zu den 3 Trunci plexus: Der Truncus superior entsteht aus C 5 ,C 6 und kleinen Bündeln aus C 4 . Der Truncus medius entsteht aus C 7 . Der Truncus inferior entsteht aus C 8 ,T 1 und kleinen Bün- deln aus T 2 . Diese noch sehr eng beieinander liegenden Fasern können mit der interskalenären Blockade zuverlässig anästhesiert werden. In Höhe der Klavikula teilt sich jeder Truncus in einen ventralen und dorsalen Anteil diese bilden die sog. Faszikel: Der Fasciculus lateralis entsteht aus dem Truncus superior und Truncus medius; er ankiert lateral die A. axillaris. Der Fasciculus medialis entsteht aus dem Truncus inferior und liegt medial der A. axillaris. Der Fasciculus posterior entsteht aus dorsalen Anteilen (Divisiones dorsales) aller 3 Trunci und verläuft hinter der A. axillaris. Mit der vertikal infraklavikulären Blockade (VIB) oder der lateralen infraklavikulären sagittalen Plexusbrachialis- Blockade (nach Klaastad) kann an dieser Stelle eine hohe Erfolgsrate erzielt werden. In Höhe der Axilla beginnt die Aufsplittung des Plexus in die Einzelnerven, was für die axilläre Blockade von Bedeutung ist. Im Verlauf des gesamten Plexus brachialis gehen zusätz- liche Nervenäste ab, die hauptsächlich die Schultergürtel- muskulatur innervieren: Anästhesiologische Relevanz besitzt z. B. der N. suprascapularis, der insbesondere bei Schulter- schmerzen jeglicher Genese gezielt blockiert werden kann. 1.1 Gefäß-Nerven-Scheide Die tiefe Halsfaszie umhüllt den Plexus brachialis, nimmt die A. axillaris und später die V. axillaris in eine gemeinsame Faszienscheide auf und zieht als sog. Gefäß-Nerven-Scheide bis in die Axilla. Bindegewebige Septen innerhalb der Gefäß- Elektronisches Zusatzmaterial: Die Online-Version dieses Kapitels (https://doi.org/10.1007/978-3-662-45539-5_55-1) enthält Zusatzmaterial, das für autorisierte Nutzer zugänglich ist. D. Craß (*) Alphacare, Privatklinik Lindberg, Winterthur, Schweiz E-Mail: [email protected] F. Gerheuser Zentralklinikum Augsburg, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Augsburg, Deutschland E-Mail: [email protected] U. Schwemmer Kliniken des Landkreises Neumarkt i.d. Opf., Klinik für Anästhesiologie u. Intensivmedizin, Neumarkt i.d.OPf., Deutschland E-Mail: [email protected] # Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017 R. Rossaint et al. (Hrsg.), Die Anästhesiologie, Springer Reference Medizin, https://doi.org/10.1007/978-3-662-45539-5_55-1 1

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Periphere Regionalanästhesie: Plexus-brachialis-Blockaden

Dietmar Craß, Florian Gerheuser und Ulrich Schwemmer

1 Anatomie des Plexus brachialis

Im Plexus brachialis verlaufen alle motorischen Fasern undnahezu alle sensorischen Fasern der oberen Extremität (Abb. 1).

" Ausnahmen der sensiblen Innervation:

• Das Hautareal über der Schulter wird von den kaudalenFasern des Plexus cervicalis innerviert.

• Der früh aus der Gefäß-Nerven-Scheide austretendeN. cutaneus brachii medialis bildet Anastomosen mitden Nn. intercostobrachiales aus den 2. und 3. Inter-kostalnerven: Sie versorgen sensibel die Haut an dermedialen Seite des Oberarms (Abb. 1).

Die Plexusbildung zeigt zahlreiche individuelle Varianten;ein Grundplan ist jedoch immer erkennbar (Abb. 2).

Die Rami ventrales der Zervikalwurzeln C5 bis T1 mitkleinen Anteilen von C4 und T2 bilden den Plexus brachialis.Zunächst formieren sich diese Segmentnerven in Höhe derMm. scaleni zu den 3 Trunci plexus:

• Der Truncus superior entsteht aus C5, C6 und kleinenBündeln aus C4.

• Der Truncus medius entsteht aus C7.• Der Truncus inferior entsteht aus C8, T1 und kleinen Bün-

deln aus T2.

Diese noch sehr eng beieinander liegenden Fasern könnenmit der interskalenären Blockade zuverlässig anästhesiertwerden. In Höhe der Klavikula teilt sich jeder Truncus ineinen ventralen und dorsalen Anteil – diese bilden die sog.Faszikel:

• Der Fasciculus lateralis entsteht aus dem Truncus superiorund Truncus medius; er flankiert lateral die A. axillaris.

• Der Fasciculus medialis entsteht aus dem Truncus inferiorund liegt medial der A. axillaris.

• Der Fasciculus posterior entsteht aus dorsalen Anteilen(Divisiones dorsales) aller 3 Trunci und verläuft hinterder A. axillaris.

Mit der vertikal infraklavikulären Blockade (VIB) oderder lateralen infraklavikulären sagittalen Plexusbrachialis-Blockade (nach Klaastad) kann an dieser Stelle eine hoheErfolgsrate erzielt werden. In Höhe der Axilla beginnt dieAufsplittung des Plexus in die Einzelnerven, was für dieaxilläre Blockade von Bedeutung ist.

Im Verlauf des gesamten Plexus brachialis gehen zusätz-liche Nervenäste ab, die hauptsächlich die Schultergürtel-muskulatur innervieren: Anästhesiologische Relevanz besitztz. B. der N. suprascapularis, der insbesondere bei Schulter-schmerzen jeglicher Genese gezielt blockiert werden kann.

1.1 Gefäß-Nerven-Scheide

Die tiefe Halsfaszie umhüllt den Plexus brachialis, nimmt dieA. axillaris und später die V. axillaris in eine gemeinsameFaszienscheide auf und zieht als sog. Gefäß-Nerven-Scheidebis in die Axilla. Bindegewebige Septen innerhalb der Gefäß-

Elektronisches Zusatzmaterial: Die Online-Version dieses Kapitels(https://doi.org/10.1007/978-3-662-45539-5_55-1) enthältZusatzmaterial, das für autorisierte Nutzer zugänglich ist.

D. Craß (*)Alphacare, Privatklinik Lindberg, Winterthur, SchweizE-Mail: [email protected]

F. GerheuserZentralklinikum Augsburg, Klinik für Anästhesiologie und OperativeIntensivmedizin, Augsburg, DeutschlandE-Mail: [email protected]

U. SchwemmerKliniken des Landkreises Neumarkt i.d. Opf., Klinik fürAnästhesiologie u. Intensivmedizin, Neumarkt i.d.OPf., DeutschlandE-Mail: [email protected]

# Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017R. Rossaint et al. (Hrsg.), Die Anästhesiologie, Springer Reference Medizin,https://doi.org/10.1007/978-3-662-45539-5_55-1

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Nerven-Scheide können die Verteilung des Lokalanästhetikumsbeeinträchtigen und zu inkompletten Blockaden führen [2].

" Innerhalb der Gefäß-Nerven-Scheide verlaufen wabenför-mige, von Flüssigkeit leicht durchdringbare Septen. DasLokalanästhetikum verteilt sich vornehmlich um denN. ulnaris und N. medianus, während der N. radialis undder N. musculocutaneus weniger intensiven Kontakt mitdem Injektat haben.

Topografie der Gefäß-Nerven-Scheide in Höhe der AxillaDie Gefäß-Nerven-Scheide wird durch den M. coracobra-chialis, den M. triceps brachii und den Humerushals begrenzt.Nach distal bekommt die Gefäß-Nerven-Scheide eine zuneh-mend derbe Konsistenz. Der N. axillaris verlässt noch ober-halb der Axilla die Gefäß-Nerven-Scheide und zieht durch dielaterale Achsellücke nach dorsal. Er kann mit der axillärenPlexusblockade nicht blockiert werden. Der N. musculocu-

taneus verlässt die Gefäß-Nerven-Scheide weit proximal inder Axilla und zieht durch den M. coracobrachialis. Dort kanner gezielt blockiert werden (Kap. ▶ „Periphere Regionalanäs-thesie: Distale Blockadetechniken“). Der N. medianus liegtventral der A. axillaris. Der N. ulnaris liegt medial und dorsalder A. axillaris. Der N. radialis liegt hinter und teilweiselateral der A. axillaris, wodurch der Blockadeerfolg beein-trächtigt sein kann. Die V. axillaris verläuft oft medial derA. axillaris.

1.2 Motorische Versorgung undKennmuskulatur

" Für eine korrekt durchgeführte Nervenstimulation ist dieKenntnis der zu erwartenden motorischen Antwort unent-behrlich (Abb. 3; Tab. 1).

a

b

Abb. 1 Plexus brachialis.a Anatomie (Nach: [1]); b DerPlexus brachialis bildet sich ausden ventralen Ästen von C5–T1.Aus dem Truncus superior undmedius entsteht der Fasciculuslateralis, aus dem Truncus inferiorder Fasciculus medialis. DerFasciculus posterior enthältAnteile aus allen 3 Trunci. Dieinterskalenäre Technik im Bereichder Mm. scaleni führt zu einerBlockade der Trunci, die vertikaleinfraklavikuläre Technik (VIB) imBereich der Medioklavikularliniezu einer Blockade der Fasciculiund die axilläre Technik imBereich der Axilla zu einerBlockade der Einzelnerven

2 D. Craß et al.

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1.3 Sensible Versorgung und Areae propriae

Als Areae propriae werden Hautareale bezeichnet, die aus-schließlich von einem Nerven innerviert werden. IhreKenntnis ist für eine exakte Austestung des Anästhesieer-folgs erforderlich (Tab. 2; Abb. 4).

Bei der Austestung muss zwischen „Analgesie“ und „An-ästhesie“ differenziert werden: Bei der Analgesie spürt derPatient eine geringe Berührung, kann jedoch nicht zwischenspitz und stumpf unterscheiden; bei der Anästhesie ist dieBerührungsempfindung aufgehoben.

" In der Regel reicht für die Durchführung der Operation dasAnalgesiestadium aus – bei der axillären Plexusblockadewird dies mit Ausnahme des N. radialis und N. axillaris indeutlich über 80 % erreicht.

1.4 Sympathische Innervation

In Höhe der thorakalen Segmente T2 bis T9 (variabel von T1

bis T7–10) verlassen die präganglionären B-Fasern das Rü-ckenmark und ziehen über die Rami communicantes albi zumGrenzstrang und von dort zum Ganglion stellatum undGanglion cervicale medius. Nach Umschaltung lagern sichdie postganglionären C-Fasern noch vor Erreichen der Ska-lenuslücke den Nervenwurzeln des Plexus brachialis an. Einweiterer Teil der Fasern zieht direkt mit der A. subclavia oderA. vertebralis.

Sympathikusblockade der oberen Extremität• Blockade des Ganglion stellatum,• Guanethidinblockade,• Blockade des axillären Plexus-brachialis-Blockade (Abschn.

2.4).

2 Klinisch relevante Plexus-brachialis-Blockaden

Während der vergangenen 100 Jahre wurde nahezu an jederdenkbaren Stelle im Verlauf des Plexus brachialis versucht,die Nerven zu blockieren. Beschrieben werden im Folgendendie in deutschsprachigen Ländern am häufigsten durchge-führten Blockaden. Sie zeichnen sich aus durch:

Abb. 2 Gefäß-Nerven-Scheide. Querschnitt in Höhe der Punktions-stelle bei axillärer Plexus-brachialis-Blockade. Nadelposition bei derTechnik mit peripherer Nervenstimulation

Abb. 3 Plexus brachialis.Muskuläre Reaktionen währendperipherer Nervenstimulation:a Stimulation des N. radialis,b Stimulation des N. medianus,c Stimulation des N. ulnaris,d Stimulation desN. musculocutaneus

Periphere Regionalanästhesie: Plexus-brachialis-Blockaden 3

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• einfaches Erlernen,• relativ hohe Blockadeerfolge,• Möglichkeit der kontinuierlichen Kathetertechnik,• geringe Komplikationsraten.

Mit den 4 vorgestellten Techniken: interskalenäre Plexus-brachialis-Blockade (Abschn. 2.1), vertikale infraklavikuläre

Plexus-brachialis-Blockade (Abschn. 2.2), laterale infrakla-vikuläre sagittale Plexus-brachialis-Blockade (nach Klaastad;Abschn. 2.3), axilläre Plexus-brachialis-Blockade (Abschn. 2.4)wird die komplette Anatomie der oberen Extremität abgedecktund abhängig vom Operationsgebiet der entsprechende Zu-gangsweg gewählt (Abb. 5; Tab. 3).

Tab. 1 Kennmuskeln der motorischen Nerven der oberen Extremität

Nerv Kennmuskulatur Motorik

N. axillaris M. deltoideus Abduktion im Schultergelenk

N. musculocutaneus M. biceps brachii, M. brachialisM. coracobrachialis

Beugung im Ellbogengelenk(in Supinationsstellung)

N. radialis ExtensorenM. triceps brachii

Streckung HandgelenkStreckung Ellbogengelenk(z. B. Finger-Nase-Versuch)

N. ulnaris Mm. interosseiM. flexor dig. communisM. flexor carpi ulnaris

Spreizen der FingerBeugung Dig. III und IVUlnarflexion

N. medianus (Radix lateralis)N. medianus (Radix medialis)

Flexoren/PronatorenM. opponens pollicis

Pronation des UnterarmsAbspreizen des DaumensBeugung Dig. II und III

Tab. 2 Areae propriae der sensiblen Innervationsgebiete

N. axillaris Laterale Deltoideusregion

N. cutaneus brachii medialis Innenseite des Oberarms

N. musculocutaneus Region über dem M. brachioradialis am Unterarm

N. radialis Region über dem Daumengrundgelenk

N. ulnaris Kleiner Finger

N. medianus Palmarseite des Zeige- und Mittelfingers

Abb. 4 SensibleVersorgungsgebiete und Areaepropriae (blau) an der oberenExtremität

4 D. Craß et al.

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2.1 Interskalenäre Plexus-brachialis-Blockade (Technik nachG. Meier; Video 1)

Bei der klassischen Technik nach Winnie [3] wird die Nadelin Richtung auf den Querfortsatz des 6. HWK vorgeschoben.Hierbei bestehen folgende Gefahren:

• Punktion der A. vertebralis mit Gefahr eines zerebralenKrampfanfalls bei intraarterieller Injektion,

• Punktion des Peridural- oder Subarachnoidalraums mitGefahr der hohen Peridural- oder totalen Spinalanästhesie,

• Pneumothorax.

Abb. 5 Sensorische Ausfällenach Blockaden des Plexusbrachialis. a interskalenäreBlockade; b vertikalinfraklavikuläre Blockade;c axilläre Blockade

Periphere Regionalanästhesie: Plexus-brachialis-Blockaden 5

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Meier et al. [4, 5] modifizierten diese Technik, indem sieeinen höheren Zugang und einen flacheren Punktionswinkelwählten. Hierdurch können einerseits o. g. Komplikationennahezu ausgeschlossen, andererseits Katheter für die kon-tinuierliche Applikation besser vorgeschoben werden, dahersollte diese bevorzugt werden.

Durch die interskalenäre Plexusblockade wird eine sehrgute Anästhesie des unteren Plexus cervicalis (Kap. ▶ „Peri-phere Regionalanästhesie: Plexus-cervicalis-Blockade“) unddes oberen Anteils des Plexus brachialis erreicht [6].

2.1.1 Indikation und Dosierung

Indikationen• Eingriffe an der lateralen Klavikula• Schulteroperationen (auch Schultergelenkmobilisa-

tion)• Eingriffe am proximalen Oberarm

Nach Schulteroperationen sind starke postoperative Schmer-zen häufig. Deshalb sollte bei Eingriffen an der Schultergroßzügig die Kathetertechnik angewendet werden [7]. Obdie Regionalanästhesie zu einer Verbesserung des Rehabili-tationsergebnisses nach Schulteroperationen führt, wird der-zeit noch uneinheitlich bewertet.

Die interskalenäre Blockade kann grundsätzlich als Mo-noverfahren durchgeführt werden. Oft ist jedoch eine Kom-bination mit einer „flachen“ Allgemeinanästhesie sinnvoll(Intubation oder Larynxmaske).

Die Gelenkkapsel der Schulter wird sensibel von Nerven-ästen der Nn. axillaris, suprascapularis, subscapularis, pecto-ralis lateralis und selten von Anteilen des N. musculocutaneusversorgt [8].

Vorteile der interskalenären Blockade• Bei Kombination mit Allgemeinanästhesie geringe-

rer Opioidbedarf• Als Monoverfahren ggf. geringerer Blutverlust• Postoperative Analgesie

" Dosierung• 50–100 mg Prilocain 1 % (5–10 ml) plus 25–75 mg

Ropivacain 0,5 % (5–15 ml)• Gesamtmenge bis 20 ml bei 70–kg–Patient

2.1.2 AnatomieZwischen dem M. scalenus anterior und M. scalenus mediusziehen die 3 Trunci oberflächennah durch die hintere Ska-lenuslücke nach distal (Abb. 6). Unmittelbar vor den Trunciverläuft die A. subclavia. Anteromedial des Truncus inferiorund posteromedial der A. subclavia befindet sich bereits diePleurakuppel. Die prävertebrale Faszie umschließt hier nebendem Plexus brachialis die Mm. scaleni anteriores et mediusund bildet im weiteren Verlauf – mit der A. subclavia – dieGefäß-Nerven-Scheide.

2.1.3 Lagerung und Technik beiElektrostimulation

• Patient liegt in Rückenlage (ohne Kopfkissen, ggf. flacherLagerungsring),

• leichte Drehung des Kopfes zur Gegenseite,• zu blockierender Arm wird bequem auf den Bauch gela-

gert,• Identifizieren des M. sternocleidomastoideus durch An-

heben des Kopfes von der Unterlage,• Identifizieren der hinteren Skalenuslücke während tiefer

Inspiration des Patienten,• Punktionsstelle liegt in Höhe der Incisura thyroidea supe-

rior und am Hinterrand des M. sternocleidomastoideus;dies ist oberhalb der Stelle, an der die V. jugularis externasehr häufig die hintere Skalenuslücke kreuzt (Abb. 7),

• Punktionsstelle markieren,• Punktionswinkel 30� zur Hautoberfläche,• Beginn der Stimulation unmittelbar nach Einführen der

Stimulationskanüle durch die Haut – initialer Reizstrom1,0 mA,

• Stichrichtung verläuft kaudal, diskret dorsal und lateralin Richtung auf den Übergang vom mittleren zum latera-len Drittel der Klavikula (ca. 2–5 cm),

• ggf. „Klick“ bei Penetration der Nadel durch die Fasciapraevertebralis,

• nach Auslösen von Kontraktionen z. B. im Bereich desM. deltoideus (N. axillaris; [9]) oder M. biceps brachii(N. musculocutaneus) erfolgt die Reduktion der Strom-

Tab. 3 Mögliche Zugangswege zum Plexus brachialis

Zugangswege Operationsgebiet

Klavikula Schulter Oberarm Ellbogen Unterarm Hand

Interskalenäre Blockade (nach Meier) + ++ ++

Vertikal infraklavikuläre Blockade bzw. laterale infraklavikuläre sagittalePlexus-brachialis-Blockade (nach Klaastad)

+ ++ ++ ++

Axilläre Blockade +(+) ++ ++

6 D. Craß et al.

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stärke bis zum Erreichen von 0,50 mA – Muskelkontrak-tion muss gerade noch erkennbar sein,

• Injektion nach wiederholt negativer Aspiration.

• Anschlagzeit 10–30 min (abhängig vom gewählten Lokal-anästhetikum),

• zuverlässiger Erfolgsindikator:– Unfähigkeit, den Oberarm zu abduzieren,– Unfähigkeit, Daumen und Mittelfinger aneinanderzu-

reiben („money sign“),• Erfolgsrate abhängig von:

– operativer Schnittführung (ideal: anteriorposteriorerZugang) und

– der Dosierung (94 %).

" Bei Stimulation des N. phrenicus (Zwerchfellkontraktion)muss die Stichrichtung geringfügig nach lateral und dorsalkorrigiert werden. Bei Stimulation des N. suprascapularis(Abduktion, Außenrotation der Schulter) muss die Stich-richtung geringfügig nach medial und ventral korrigiertwerden.

2.1.4 Methodenspezifische Hinweise

" Auch nach Applikation von 30 ml Lokalanästhetika werdenAnteile des Truncus inferior – insbesondere der N. ulnarisund N. cutaneus (ante)brachii medialis – unzureichend

Abb. 7 Interskalenäre Blockade. (Technik nach G. Meier) Punktions-stelle liegt am Hinterrand des M. sternocleidomastoideus oberhalb derStelle, an der die V. jugularis externa sehr häufig die hintere Skalenus-lücke kreuzt

Abb. 6 Hintere Skalenuslücke. Topografie des Plexus brachialis, der Gefäß-Nerven-Scheide und der Mm. scaleni. (Nach: [1])

Periphere Regionalanästhesie: Plexus-brachialis-Blockaden 7

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anästhesiert. Das Verfahren ist für Operationen im Bereichdes Unterarms und der Hand nicht geeignet!

Zur Toleranz der Oberarmblutleere wird eine zusätzlicheBlockade des N. cutaneus brachii medialis und der Nn. in-tercostobrachiales empfohlen (Kap. ▶ „Periphere Regional-anästhesie: Distale Blockadetechniken“).

2.1.5 Nebenwirkungen und Komplikationen• Horner-Syndrom (13 %) – abhängig vom Injektionsvolu-

men [8].• Recurrensparese (6–8 %), ggf. mit Heiserkeit,

– Kontraindikation: kontralaterale Recurrensparese [10].• Häufig gleichseitige Phrenikusparese,

– Cave: bei pulmonaler Vorerkrankung,– Kontraindikation: kontralaterale Phrenikusparese.

• Hypotension (10 %) und ggf. Bradykardie bei Lagerungin „Beach-chair-Position“ (Hochlagerung des Oberkör-pers), oft erst nach 60 min auftretend; Ursache:– orthostatische Reaktion bei relativer Hypovolämie (nur

Hypotension),– Bezold-Jarisch-Reflex (Hypotension und Bradykardie).

• Gefäßpunktion (V. jugularis interna oder externa, A. caro-tis communis),

• kasuistisch: Herz-Kreislauf-Stillstand, Asthmaanfälle durchSympathikolyse, Hörminderung, intrathekale Fehllage [11].

2.1.6 Sonographische PunktionstechnikFür die ultraschallgesteuerte Plexusblockade existieren zahl-reiche Studiendaten [12–16]. Die Lagerung und das prinzipi-elle Vorgehen unterscheiden sich nicht vom Vorgehen mit derelektrischen Nervenstimulation. Mit dem Linearschallkopfund einer Schallfrequenz >10 MHz sind die wenige Zenti-meter unter der Haut liegenden Zielstrukturen gut darzustel-len. Die Nervenstrukturen liegen unter der Faszia präverte-bralis zwischen den Mm. scalenus anterior und medius undsind als monofaszikuläre, annähernd echofreie Rundstruktu-ren sicher zu erkennen (Abb. 8). Der Schallkopf wird querzum Nervenverlauf positioniert und durch Schieben und Zie-hen im Längsverlauf des Plexus an die Position geführt, inder der Plexus am besten erreicht werden kann. Dieser Punktliegt auf Höhe des Ringknorpels (C6). Um Nervenstrukturensicher von Gefäßen unterscheiden zu können, ist der gezielteWechsel zwischen Kompression und Dekompression mitdem Schallkopf oder die Anwendung des Farbdopplers sinn-voll. Zur Punktion kann die Kanüle entweder im Verlauf derNerven nach distal in die Schallebene geführt werden („out ofplane“) oder aber von lateral oder medial in der Schallebeneeingebracht werden.

" Wichtig ist es bei beiden Techniken, die Kanülenspitzeimmer sicher zu identifizieren, um ein unkontrolliertesVorschieben und damit die Verletzung von Begleitstruktu-ren zu verhindern.

a b

Abb. 8 Interskalenäre Plexus-brachialis-Blockade. a Ultraschallbild, b SM M. sternocleidomastoideus, SA M. scalenus anterior, FP Fasciapraevertebralis, NP N. phrenicus, c Position des Schallkopfs

8 D. Craß et al.

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Mit der visuellen Darstellung der Medikamentenausbreitunggelingt es, das injizierte Volumen stark zu reduzieren und damitdie Häufigkeit der Mitblockade des ebenfalls unter der Fasziaprävertebralis liegenden N. phrenicus zu reduzieren [17].

" Dosierung• 5–20 ml Prilocain 1 % und/oder Ropivacain 0,5 % (bei

70-kg-Patient)

2.2 Vertikale infraklavikulärePlexus-brachialis-Blockade (VIB)

Probleme der axillären Plexusblockade (inkomplette Anäs-thesieausbreitung, Nichttolerieren des Tourniquets, Lage-rungsschwierigkeiten bei Frakturen) initiierte die Suche nacheinem alternativen Zugangsweg – der vertikalen infraklavi-kulären Blockade [18, 19].

Vorteile der VIB• Unkomplizierte, eindeutig definierte, sichere Technik• Leicht zu erlernen• Kurze Anschlagzeit• Hohe Erfolgsrate (hohe Rate an kompletten Block-

aden)• Erhöhter Patientenkomfort (keine schmerzhaften

Armbewegungen)• Gute Toleranz des Tourniquet

2.2.1 Indikation und DosierungEingriffe in folgenden Operationsgebieten können in VIBdurchgeführt werden.

IndikationenOperationen an:

• Distaler Oberarm• Ellbogen• Unterarm• (Hand)

" Dosierung• OP-Dauer < 2 h: 300 mg Prilocain 1 % (30 ml; 70-kg-

Patient)• OP-Dauer >2 h: 200 mg Prilocain 1 % (20 ml) + 50 mg

Ropivacain 0,5 % (10 ml)• Operationsdauer >3 h: zusätzliche Kathetereinlage er-

wägen [20]

Die Zeitangaben gelten als grobe Orientierung. Bei derMedikamentenwahl muss neben der Operationsdauer auchberücksichtigt werden, ob es sich um eine Operation mitstarken postoperativen Schmerzen handelt.

Infolge der senkrechten Punktionstechnik läuft der Ka-theter erfahrungsgemäß nicht nach proximal sondern nachdistal, was seine Funktion nicht beeinträchtigt.

2.2.2 AnatomieAus anatomischer Sicht bietet der infraklavikuläre Verlaufdes Plexus brachialis einen ausgezeichneten Blockadeort,da alle 3 Faszikel noch dicht beieinander liegen. Für dieBestimmung des Punktionsorts ist der Durchtritt des Plexusunter der Klavikula im Bereich der Medioklavikularlinie vonBedeutung (Abb. 1).

2.2.3 Lagerung und Technik• Patient liegt in Rückenlage,• Hand der zu blockierenden Seite liegt auf dem Bauch

(Vorteil bei Frakturen),• Identifikation der Mitte der Fossa jugularis,• Identifikation des ventralen Akromionfortsatzes,• exakte Halbierung der Strecke (mittels Maßband) Mitte

der Fossa jugularis – ventraler Akromionfortsatz (Abb. 9).• Punktionsstelle liegt auf der Halbierungslinie, streng

infraklavikulär,• Punktionsstelle markieren (Abb. 10).• Beginn der Stimulation unmittelbar nach Einführen der Sti-

mulationskanüle durch die Haut: initialer Reizstrom 1,0 mA,• Stichrichtung verläuft streng vertikal zur Unterlage

(max. Tiefe 5 cm!; Abb. 10).• Vorschieben der Nadel (kontinuierliche Aspiration

durch die Pflegekraft).• Nach ca. 1 cm oft derbe Fascia clavipectoralis spürbar.• Nach Auslösen von peripheren Muskelkontraktionen

möglichst weit distal (Hand/Finger: Fasciculus medialis/Fasciculus posterior) erfolgt die Reduktion der Stromstär-ke bis zum Erreichen von ca. 0,50 mA: Muskelkontraktionmuss gerade noch erkennbar sein,

• Injektion nach wiederholt negativer Aspiration.• Rasche Anschlagzeit 10–20 min.• Erfolgsrate ca. 90 %.

" Eine Korrektur der Stimulationsnadel darf ausschließlichdurch Zurückziehen unter Hautniveau und erneutes strengvertikales Vorschieben an anderer Stelle erfolgen. Nie inmedialer Stichrichtung punktieren.

" Injektion nach Stimulation im Bereich des Fasciculus late-ralis (Kontraktion des M. biceps brachii) führt oft zu lücken-haften Blockaden und sollte vermieden werden; dann dieKanüle nach lateral verschieben und erneut einführen.

Periphere Regionalanästhesie: Plexus-brachialis-Blockaden 9

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" Wird bei der Punktion Blut aspiriert (A. oder V. axillaris), ist diePunktion zumedial. Dann nie weiter nachmedial punktieren.

" Nie tiefer als 5 cm punktieren (Cave: Pleurapunktion).

2.2.4 Methodenspezifische HinweiseFehlerhafte Lokalisation des lateralen Leitpunkts (ventralerAkromionfortsatz) – Hilfestellung:

• Tasten des Verlaufs der Klavikula bis zum AC-Gelenk;d. h. der ventrale Akromionfortsatz muss ventral undwenig lateral liegen.

• Tasten des Verlaufs der Crista scapulae bis zum Akro-mion; d. h. der exakte laterale Leitpunkt muss ventraldavon liegen.

• Passives Bewegen des Oberarms im Schultergelenk beigleichzeitiger Palpation des ermittelten Leitpunkts – die-ser darf sich nicht bewegen (Verwechslung mit Humerus-kopf ausschließen).

Bei nicht sicher zu identifizierenden Leitpunkten muss aufein alternatives Verfahren übergegangen werden.

" Cave Nicht bei Patienten mit Herzschrittmacher durch-führen (Schrittmacherkabel im Punktionsgebiet, Störungder Schrittmacherfunktion durch Nervenstimulation).

2.2.5 Nebenwirkungen/KomplikationenTypische Nebenwirkungen und Komplikationen sind:

• Horner-Syndrom (3 %),• Gefäßpunktion (A. subclavia, V. subclavia, V. cephalica;

10–30 %),• Pneumothorax (0,2–0,7 %; [21]); ist nahezu immer Folge

einer fehlerhaften Technik. Dies gilt an erster Stelle für diefalsche Lokalisation der Punktionsstelle und die zu tiefeEinführung der Stimulationskanüle. Bisher wurde kasuis-tisch über eine asthenische Patientin mit Pneumothoraxnach korrekter Punktionstechnik berichtet [21, 22].

• Kasuistisch: akute respiratorische Insuffizienz infolge uni-lateraler Phrenikusparese [23, 24].

" Cave Ohne eine hinreichende Indikation sollte die verti-kal infraklavikuläre Blockade wegen der Pneumothoraxge-fahr nicht bei ambulanten Eingriffen durchgeführt werden.Bei klinischem Verdacht ist vor der Entlassung ein Pneu-mothorax auszuschließen.

Abb. 10 Technik der vertikal infraklavikulären Blockade. a Anzeichnen der Orientierungspunkte, b Punktion mit Nervenstimulator

Abb. 9 Orientierungspunkte bei der vertikal infraklavikulären Blo-ckade. Identifizierung der Mitte der Fossa jugularis und des ventralenAkromionfortsatzes. Exakte Halbierung der Strecke mittels Maßband

10 D. Craß et al.

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Die Pflegestation ist auf die Möglichkeit eines Pneumo-thorax hinzuweisen. Bei der obligaten postanästhesiologi-schen Visite ist auf Symptome eines Pneumothorax zu achten.

" Neben den unbestrittenen Vorteilen der VIB (kurze An-schlagzeit, hohe Rate an kompletten Blockaden, gute Tole-ranz des Tourniquets) gegenüber der axillären Blockademuss individuell kritisch abgewogen werden, ob dieseVorteile das Risiko eines Pneumothorax aufwiegen.

" Die VIB ist eine sinnvolle Ergänzung im Repertoire derperipheren Nervenblockaden, ersetzt jedoch nicht die axil-läre Technik.

2.2.6 Sonographische PunktionstechnikDie ultraschallgesteuerte Durchführung der Blockade gelingtnur, wenn der Zugang leicht lateral des klassischen VIB-Punkts erfolgt, da anderenfalls das notwendige Schallfensterdurch die Klavikula verschlossen ist. Es sind verschiedeneTechniken beschrieben [25–28]. Ultraschalluntersuchungenzur Anatomie für den VIB haben gezeigt, dass die Korrekturder Punktionsstelle nach lateral zu einer Steigerung derSicherheit führen kann [18].

Die 3 Faszikel des Plexus brachii verlaufen infraklavikulärposterior und lateral der A. axillaris, wobei die Lage sehrvariabel ist [29].

Für die Durchführung der infraklavikulären Plexusblocka-de wird üblicherweise ein Linearschallkopf verwendet. Erwird quer zum Nervenverlauf unterhalb der Klavikula inder Fossa infraclavicularis aufgesetzt. Die Identifikation derZielstrukturen erfolgt durch langsames Ziehen, Schiebenoder auch Kippen des Schallkopfs. Die Schallfrequenzensind in Abhängigkeit von der Lagetiefe (2–5 cm) manchmalauf 7,5 MHz zu reduzieren. Im Gegensatz zur interskalenärenBlockade sind die Nerven infraklavikulär multifaszikulär.Durch die sonographische Ähnlichkeit mit dem umgebendenGewebe sind sie nicht so leicht zu identifizieren. Die beglei-tenden Gefäße und die häufig im Punktionsweg verlaufendeV. cephalica sowie die atemverschieblichen Reflexe der Pleu-rablätter stellen sich jedoch eindeutig dar. Schallkopfnah sinddie beiden Mm. pectoralis major und minor und die Fasciaclavipectoralis sichtbar.

Die rein sonographisch durchgeführte Blockade gelingtauch bei mangelhafter Nervendarstellung gut (Abb. 11).Hauptidentifikationspunkt ist dann die A. axillaris. DieKanülenspitze wird möglichst nahe an den posterioren Randdes Gefäßes platziert und das Lokalanästhetikum injiziert.Wenn das Lokalanästhetikum die A. axillaris von hintenumgibt, ist die Blockade regelhaft erfolgreich, da der zentraleBereich des Plexus l (Fasciculus posterior) meist an diesem

Punkt lokalisiert ist. Die Kombination mit der Elektrostimu-lation ermöglicht es, die Faszikel zu verifizieren.

" Dosierung• 20–30 ml Prilocain 1 % und/oder Ropivacain 0,5 % (bei

70-kg-Patient)

2.3 Laterale infraklavikuläre sagittalePlexus-brachialis-Blockade (LISB, nachKlaastadt)

Für die infraklavikulären Blockaden existiert ein weitererZugangsweg, der erstmalig 2004 von Klaastad beschriebenwurde [30]. Der Punktionsort ist durch die knöchernen Struk-turen von Klavikula und Korakoid durch Palpation exaktidentifizierbar. Grundlegende Untersuchungen zeigen, dassauch unmittelbar medial des Korakoids die große Nähe der3 Faszikel zueinander vorhanden ist. Im Vergleich zum VIBliegt der Punktionsort nur wenige Zentimeter weiter lateral.Damit erhöht sich die Distanz zum knöchernen Thorax undfolglich reduziert sich das Pneumothoraxrisiko. Es konntegezeigt werden, dass das Risiko von Gefäßpunktionenabnimmt [31].

Vorteile der LISB• Unkomplizierte, eindeutig definierte, sichere Technik• Leicht zu erlernen• Kurze Anschlagzeit• Hohe Erfolgsrate (hohe Rate an kompletten Blo-

ckaden)• Erhöhter Patientenkomfort (keine schmerzhaften

Armbewegungen)• Gute Toleranz des Tourniquet

2.3.1 Indikation und DosierungEingriffe in folgenden Operationsgebieten können in LISBdurchgeführt werden.

IndikationenOperationen an:

• Distaler Oberarm• Ellbogen• Unterarm• Hand

Periphere Regionalanästhesie: Plexus-brachialis-Blockaden 11

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" Dosierung(jeweils für einen 70-kg-Patienten)

• Operationsdauer <2 h: 300 mg Prilocain 1 % (30 ml)• Operationsdauer <3 h: 200 mg Prilocain 1 % (20 ml) +

50 mg Ropivacain 0,5 % (10 ml)• Operationsdauer >3 h: zusätzliche Kathetereinlage er-

wägen

Im Gegensatz zum VIB erfolgt die Punktion nicht vertikalzum Plexus, sondern in der Längsausrichtung der Körper-achse (sagittal). Damit kann sich die Punktionsnadel an dieNervenstrukturen in deren Verlauf von proximal nach distalannähern. Dies ist v. a. für die kontinuierliche Technik vonVorteil, da der Katheter beim Vorschieben dem Verlauf desPlexus brachialis besser folgen kann als beim lotrechtenAuftreffen auf den Plexusverlauf. Um die Plexusstrukturenzu erreichen ist eine Kippung der coronalen Punktionsebeneum etwa 20� nach dorsal erforderlich.

2.3.2 AnatomieAus anatomischer Sicht bietet der infraklavikuläre Verlaufdes Plexus brachialis einen ausgezeichneten Blockadeort,da alle 3 Faszikel noch dicht beieinander liegen. Für dieBestimmung des Punktionsorts ist der Durchtritt des Plexusunter der Klavikula im Bereich der Medioklavikularlinie vonBedeutung (Abb. 1). Der Plexus verläuft oberhalb und pos-terior der A. axillaris. Als idealer Ort für die Anlage von

Katheter hat sich der Zielpunkt unmittelbar kranioposteriorder Arterie identifizieren lassen [29].

2.3.3 Lagerung und Technik• Patient liegt in Rückenlage,• Hand der zu blockierenden Seite liegt auf dem Bauch

(Vorteil bei Frakturen),• Identifikation des Processus coracoideus,• Identifikation der Lücke zwischen der Klavikula und dem

Processus coracoideus,• hier Punktionsstelle markieren, Lokalanästhesie mit 1 ml

LA (Abb. 12).• Beginn der Stimulation unmittelbar nach Einführen der

Stimulationskanüle durch die Haut: initialer Reizstrom1,0 mA,

• Stichrichtung verläuft streng parallel zur Körperachse(max. Tiefe 7 cm!; Abb. 12).

• Vorschieben der Nadel mit 10–30 zur coronalen Ebene(kontinuierliche Aspiration durch die Pflegekraft).

• Nach ca. 1 cm oft derbe Fascia clavipectoralis spürbar.• Durchdringen des M. pectoralis major und M. pectoralis

minor.• Zielort ist der Plexus brachialis posterior zur A. axillaris,• Nach Auslösen von peripheren Muskelkontraktionen

möglichst weit distal (Hand/Finger: Fasciculus medialis/Fasciculus posterior) erfolgt die Reduktion der Stromstär-ke bis zum Erreichen von ca. 0,80 mA: Muskelkontraktionmuss gerade noch erkennbar sein,

• Injektion nach wiederholt negativer Aspiration.

a b

Abb. 11 Plexus brachialis infraklavikulär. a Ultraschallbild, b Fasc. Faszikel des Plexus brachialis, MP maj/min M. pectoralis major und minor,A A. axillaris, c Position des Schallkopfs

12 D. Craß et al.

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• Rasche Anschlagzeit 10–20 min.• Erfolgsrate ca. 90 %.

2.3.4 Methodenspezifische HinweiseFehlerhafte Lokalisation des Processus coracoideus – Hilfe-stellung:

• Tasten des Verlaufs der Klavikula an ihrem Unterrandbis zum knöchernen Widerstand, der dem Koraloid ent-spricht.

• Passives Bewegen des Oberarms im Schultergelenk beigleichzeitiger Palpation des ermittelten Leitpunkts – die-ser darf sich nicht bewegen (Verwechslung mit Humerus-kopf ausschließen).

• Nutzen der Sonografie. Laterale Verschiebung des Schall-kopfs, bis durch das Korakoid eine Schallauslöschungerfolgt.

Bei nicht sicher zu identifizierenden Leitpunkten muss aufein alternatives Verfahren übergegangen werden.

2.3.5 Nebenwirkungen/KomplikationenTypische Nebenwirkungen und Komplikationen sind:

• Horner-Syndrom,• Gefäßpunktion (A. subclavia, V. subclavia, V. cephalica;

<7 %),• Pneumothorax (möglich).

Ein Pneumothorax ist Folge einer fehlerhaften Technik.Ursachen sind die nach medial gerichtete Punktion und dasÜberschreiten der Punktionstiefe von 7 cm.

2.3.6 Sonographische PunktionstechnikFür die Durchführung des LISB bietet sich die ultraschallge-steuerte Durchführung besonders an. Am Punktionsort befin-det sich der Plexus brachialis hinter der Brustmuskulatur undwird nicht durch knöcherne Strukturen verdeckt. MehrereStudien zeigen, dass die Erfolgsraten bei der Kombinationvon Ultraschall und Nervenstimulation bei mehr als 90 %liegen [31, 32]. Aktuelle Daten zeigen, dass die rein ultra-schallgesteuerte Technik Erfolgsraten von 95 % aufweist [29,31].

Die Lagerung zur Blockade erfolgt in Analogie zur Tech-nik mit Elektrostimulation. Bei einer erwarteten Lage desPlexus in 3–4 cm Tiefe unter der Haut kann mit einer Schall-frequenz von 7,5–13 MHz sonographiert werden. Wenn dieZielstrukturen sehr tief liegen oder schlecht zu identifizierensind kann durch die Abduktion des Arms die Visualisierungdes Plexus brachii häufig verbessert werden. Der Schallkopfwird in der Sagittallinie unterhalb des definierten Punktions-orts am Treffpunkt von Klavicula und Korakoid aufgesetzt.Es lassen sich die beiden Mm. pectoralis major und minorsowie die A. und V. axillaris sicher identifizieren. Die Plexus-strukturen liegen kranial und posterior zur A. axillaris. DieKanüle wird in der Schallebene so vorgeschoben, dass dieSpitze am hinteren oberen Rand der Arterie zu liegen kommt.Das Lokalanästhetikum wird dann langsam und fraktioniertinjiziert. Ziel ist eine U-förmige Umspülung der A. axillarisvon hinten [31].

" Dosierung• 20–30 ml Prilocain 1 % und/oder Ropivacain 0,5 %

(70-kg-Patient)

Abb. 12 Laterale infraklavikuläre sagittale Plexus-brachialis-Blockade nach Klaastadt. a Ultraschallbild, b Technik mit Elektrostimulation,c Position des Schallkopfs, d PMA M. pectoralis major, PMI M. pectoralis minor, AA A. axillaris, VAV. axillaris, PL Faszikel des Plexus brachialis

Periphere Regionalanästhesie: Plexus-brachialis-Blockaden 13

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2.4 Axilläre Plexus-brachialis-Blockade

Die axilläre Plexus-brachialis-Anästhesie ist die sichersteBlockadetechnik im Bereich der oberen Extremität [33].

Axilläre Plexusblockade• Vorteile

– Minimale Komplikationsrate, keine Pneumotho-raxgefahr

– Ideal für ambulante Patienten– Keine methodenspezifische Kontraindikationen– Problemlos bei Kindern durchführbar

• Nachteile– Relativ lange Anschlagzeit– Nicht selten inkomplette Anästhesieausdehnung,

v. a. im Bereich des N. radialis und N. musculo-cutaneus

– Abduktion in der Schulter notwendig (schmerz-haft bei Frakturen!)

Die transarterielle Technik bei axillärer Plexusblockadebesticht auf den ersten Blick durch eine hohe Erfolgsrate(>90 %). Wegen der Gefahr von Hämatombildung mit mög-licher Nervenkompression und der sehr seltenen, aber poten-ziell letalen Komplikation bei versehentlicher intraarteriellerInjektion kann diese Technik nicht mehr empfohlen werden.

2.4.1 Indikation und DosierungEingriffe in folgenden Operationsgebieten können in axillä-rer Plexusblockade durchgeführt werden.

IndikationenOperationen an:

• Ellbogen• Unterarm• Hand

" Dosierung(jeweils für einen 70-kg-Patienten)

• OP-Dauer < 2 h: 300 mg Prilocain 1 % (30 ml; 70-kg-Patient)

• OP–Dauer > 2 h: 200–300 mg Prilocain 1 % (20–30 ml)+ 50 mg Ropivacain 0,5 % (10 ml)

• Operationsdauer >3 h: zusätzliche Kathetereinlage er-wägen

Die Zeitangaben gelten als grobe Orientierung. Bei derMedikamentenwahl muss neben der Operationsdauer auchberücksichtigt werden, ob es sich um einen ambulanten Ein-griff oder eine Operation mit starken postoperativen Schmer-zen handelt.

2.4.2 AnatomieAbschn. 1.

2.4.3 Lagerung und TechnikTechnik mit PNS und 15�- oder Pencil-point-Schliff• Patient liegt in Rückenlage,• im Schultergelenk knapp 90� abduzieren,• im Ellbogengelenk nur geringe Beugung, Unterarm in

Supinationsstellung,• Identifikation des M. biceps brachii oder des M. coraco-

brachialis (ventral),• Identifikation der A. axillaris so proximal wie möglich

(dorsal; Abb. 13),• Punktionsstelle unmittelbar ventral der A. axillaris,

möglichst hoch in der Axilla,• A. axillaris und Punktionsstelle markieren,• Punktionswinkel 20–30� zur Hautoberfläche,• Beginn der Stimulation unmittelbar nach Einführen der

Stimulationskanüle durch die Haut: initialer Reizstrom1,0 mA,

• Stichrichtung verläuft tangential, knapp oberhalb derArterie (max. Tiefe 4 cm!),

• Vorschieben der Nadel (kontinuierliche Aspirationdurch die Pflegekraft),

• nach Auslösen von peripheren Muskelkontraktionen mög-lichst weit distal (Hand/Finger) erfolgt die Reduktion derStromstärke bis zum Erreichen von 0,50 mA: Muskelkon-traktion muss gerade noch erkennbar sein,

• Injektion nach wiederholt negativer Aspiration,• währenddessen Kompression mit einem Finger distal der

Punktionsstelle, um ein Abfließen des Lokalanästheti-kums zu verhindern (3–5 min).

Perivaskuläre Technik mit 45�-Schliff unter Verwendungder PNS• Patient liegt in Rückenlage,• im Schultergelenk ca. 90� abduzieren,• im Ellbogengelenk über 90� abduzieren, Hand liegt neben

oder unter dem Kopf,• Identifikation des M. biceps brachii oder des M. coraco-

brachialis (ventral),• Identifikation der A. axillaris möglichst proximal (dor-

sal),• Punktionsstelle: Vertiefung zwischenM. coracobrachialis

und A. axillaris (Abb. 14),• A. axillaris markieren,

14 D. Craß et al.

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• Zeige- und Mittelfinger der palpierenden Hand liegen aufder Arterie und straffen Haut und Unterhautfettgewebe,

• Verschieben beider Finger in die Vertiefung zwischenM. coracobrachialis und A. axillaris: die Arterie mussgerade noch tastbar sein,

• zwischen beiden Fingerkuppen: intradermale Hautinfiltra-tion und Stichinzision mit Lanzette,

• Punktionswinkel 30� zur Hautoberfläche; 45�-Schliff pa-rallel zur Haut („stumpfes Vorgehen“),

• Stichrichtung nahezu parallel zur Arterie bzw. unterhalbder A. axillaris (bessere Blockade des N. radialis; [34]),

• bereits nach wenigen Millimetern wird ein Widerstands-verlust („Faszienklick“) wahrgenommen, der das Eindrin-gen der Nadelspitze in die Gefäß-Nerven-Scheide signali-siert,

• Absenken der Kanüle und Vorschieben bis zum Anschlag,• Beginn der Stimulation und ggf. leichte Korrektur der

Kanülenlage; Ziel: noch erkennbare periphere Muskel-kontraktion (Hand/Finger) bei ca. 0,50 mA (keine exakteKorrelation zwischen Reizstärke und Blockadeerfolg),

• Entfernung des Stahlmandrins und Fixation der Kanüle,• Injektion nach wiederholt negativer Aspiration,• währenddessen Kompression mit einem Finger distal der

Punktionsstelle, um ein Abfließen des Lokalanästheti-kums zu verhindern (3–5 min),

• Kanüle am Operationsende entfernen,• Anschlagzeit 20–40 min.• Erster Erfolgsindikator: Anästhesie im Bereich des Epi-

condylus medialis (Innervation durch N. cutaneus an-tebrachii medialis).

Erfolgsrate• Block A: ca. 70 %• Block B: ca. 25 % (Nachinjektion, periphere Ner-

venblockaden, intravenöse Analgesie oder Sedie-rung ausreichend)

• Block C: ca. 5 % (alternatives Anästhesieverfahrennotwendig)

Eine Abduktion über 90� im Schultergelenk kann die Palpa-tion der Arterie erschweren und zur insuffizienten proximalenVerteilung infolge Kompression der Gefäß-Nerven-Scheidedurch den abduzierten Humeruskopf führen.

" Die Injektion nach Adduktion des Armes erhöht die An-ästhesiequalität im Bereich des N. radialis [35].

Injektion nach Stimulation des N. musculocutaneus(Kontraktion des M. biceps brachii oder M. coracobrachialis)führt oft zu inkompletten Blockaden, da der Nerv früh dieGefäß-Nerven-Scheide verlässt und somit das Lokalanästhe-tikum außerhalb der Gefäß-Nerven-Scheide appliziert wird.

Je proximaler das Lokalanästhetikum injiziert wird und jehöher das Volumen, desto wahrscheinlicher wird der N. mus-culocutaneus anästhesiert.

" Wenn keine Blockadewirkung nach 20 min erkennbar ist,dann ist weiteres Abwarten reine Zeitverschwendung.

" Ist nach 30 min in einem einzelnen Segment noch keiner-lei sensorische Blockadewirkung erkennbar, bleibt dieseBlockade auch nach 40 min sicher inkomplett.

2.4.4 Methodenspezifische HinweiseTab. 4.

Abb. 13 Axilläre Plexusblockade. Technik mit peripherer Nerven-stimulation. Die A. axillaris muss unter den Fingerkuppen des Zeige-und Mittelfingers tastbar sein. Je proximaler die Punktion, desto wahr-scheinlicher die Blockade des N. musculocutaneus

Abb. 14 Axilläre Plexusblockade. Perivaskuläre Technik

Periphere Regionalanästhesie: Plexus-brachialis-Blockaden 15

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2.4.5 Nebenwirkungen/KomplikationenTypische Komplikation ist eine Gefäßpunktion (A. oderV. axillaris) in 1,1 % der Fälle.

2.4.6 Sonographische PunktionstechnikDer sonographische Zugang zum axillären Anteil des Plexusgelingt leicht (Abb. 15). Untersuchungen zeigen die großeVariabilität der Lage der Einzelnerven zu den Begleitstruktu-ren [36, 37]. Durch die gezielte Injektion des Lokalanästhe-tikums an die Einzelnerven kann die für die erfolgreicheBlockade erforderliche Medikamentenmenge deutlich redu-ziert werden [38, 39].

Für die Durchführung wird ein Linearschallkopf mit einerSchallfrequenz >10 MHz verwendet. Die Nerven, Gefäßeund die Axilla begrenzenden Muskeln stellen sich gut dar.Der M. trizeps brachii begrenzt die Gefäß-Nerven-Scheide inder Tiefe. Die zentral liegende A. axillaris wird häufig vonmehreren großen Venen begleitet.

Der Schallkopf wird bei ausgelagertem Arm in der Ach-selhöhle quer zum Nervenverlauf aufgesetzt. Nach der Iden-tifikation der Nerven, die als multifaszikuläre Strukturen einwabenförmiges Bild geben, wird die Kanüle üblicherweisequer zum Schallkopf in die Schallebene eingeführt. Ziel istes, die Kanülenspitze neben den Nerv zu bringen und dannlangsam Lokalanästhetikum so zu injizieren, dass es denNerv umspült. Mit dieser fraktionierten Medikamentengabekönnen alle Zielnerven schonend und mit hoher Erfolgsrateanästhesiert werden [40, 41]. Die intraneurale Injektion istauch bei der Anwendung der Sonographie nicht Ziel derTechnik. Neben der multiplen Injektionstechnik ist eine sono-graphisch kontrollierte hochaxilläre Injektion des Lokalanäs-thetikums möglich. Durch die transpektorale Sonographiekann die vollständige Ausbreitung des Medikamentes übereine Lagekorrektur der Kanüle sichergestellt werden [42].

" Dosierung• 20–30 ml Prilocain 1 % und/oder Ropivacain 0,5 % (bei

70-kg-Patient)

Tab. 4 Methodenspezifische Grenzen

Inkomplette Anästhesieausbreitung imVersorgungsgebiet des Ursache Konsequenz

N. radialis Nerv liegt dorsal der Arterie Einzelblockade mit PNS

N. musculocutaneus Früher Abgang aus der Gefäß-Nerven-Scheide

Infiltration des M. coracobrachialis

N. cutaneus brachii medialis Früher Abgang aus der Gefäß-Nerven-Scheide

Subkutane Infiltration im Bereich derAxilla

Nn. intercostobrachiales Verlaufen außerhalb der Gefäß-Nerven-Scheide

Abb. 15 Plexus brachialis axillaris. a Ultraschallbild, b BB M. biceps brachii, TB M. triceps brachii, CB M. coracobrachialis, AA A. axillaris, VAV. axillaris, MC N. musculocutaneus, NM N. medianus, NU N. ulnaris, NR N. radialis, c Position des Schallkopfs

16 D. Craß et al.

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Periphere Regionalanästhesie: Plexus-brachialis-Blockaden 17