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Physik am Samstag Juni 2009 Vom Weltall zur Weltformel: R ¨ atsel der modernen Physik Ulrich Nierste

Physik am Samstag Juni 2009 - Fakultät für Physik ... · Wie entstand das Universum? ... Der Erfolg des Elektromagnetismus hat den Physikern Ansporn gegeben, nach weiteren Vereinheitlichungen

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Physik am Samstag Juni 2009

Vom Weltall zur Weltformel:

Ratsel der modernen Physik

Ulrich Nierste

Fundamentale Fragen der Physik

1. Was sind die kleinsten Bausteine der

Materie?

2. Welche fundamentalen Krafte wirken

zwischen ihnen?

3. Wie entstand das Universum?

Elementarteilchenphysik

= Hochenergiephysik

Kosmologie, Astrophysik

Methodik der Elementarteilchenphysik:

Kollision von zwei Teilchen(-Strahlen), Untersuchung des Streuprozesses.

Die Erforschung immer kleinerer Strukturen erfordert immer hohere Energien.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 2

Zehn hoch...

Schreibweise:

100 = 1, 101 = 10, 102 = 100,. . .

106 = 1.000.000 = 1 Million,. . . 109 = 1.000.000.000 = 1 Milliarde,

10−1 = 0.1, 10−2 = 0.01, 10−3 = 0.001,. . .

10−6 = 0.000001 = 1 Millionstel, 10−9 = 0.000000001 = 1 Milliardstel,

Mega, Giga...

106 = Mega–, 109 = Giga–, 1012 = Tera–, 1015 = Peta–,

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 3

Masse = Energie

Ingenieure messen Energie in Joule, Physiker lieber in Elektronvolt:

1 eV = 1.6 · 10−19J

Masse ist nur eine Form von Energie. Eine ruhender Korper mit Masse m hat

die Energie

E = mc2

wobei c die Lichtgeschwindig-

keit ist.

Wie geben eine Masse oft in

Giga-Elektronvolt an:

Ein Proton wiegt ca. 1 GeV.

Ein Physiker wiegt 5 · 1028 GeV.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 4

Dalton 1803-1808Lehre von den Atomen alsGrundbausteinen der Stoffe

Meyer/Mendelejev 1869-1871Periodensystem der Elemente107 Chemische Verbindungen 112 Atome

Rutherford (1871-1937)Atome: kompakter Kern mit Elektronenhülle

Bothe, Chadwick, Joliot (um 1932)Neutronen und Protonen im Kern112 Atome 3 Bausteine

Gell-Mann, Zweig (1964)Protonen, Neutronen, andere HadronenBestehen aus Quarks>100 Elementarteilchen 6 Quarks

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 5

Proton, Elektron, Neutron

Ein Wasserstoffatom besteht aus einem Proton, das den Atomkern bildet, und

einem Elektron in der Atomhulle:

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 6

Das Proton besteht aus zwei

Up-Quarks und einem Down-

Quark.

Elektrische Ladungsquantenzahlen:

Up-Quark: Down-Quark: Elektron

Ladungsquantenzahl: Q =2

3Q = −

1

3Q = −1

Schwere Atomkerne enthalten auch Neutronen, die aus zwei Down-Quarks und

einem Up-Quark bestehen.Proton: Q = 2 ·

2

3−

1

3= 1.

Neutron: Q =2

3− 2 ·

1

3= 0.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 7

Noch mehr Materie. . .

Es gibt drei Familien (oder Generationen) von Materieteilchen:

Die Teilchen der zweiten und dritten Familie sind schwerer als die die ersten.

Sie sind instabil und zerfallen in die Teilchen der ersten Familie. Man kann diese

Teilchen in Hochenergiekollisionen erzeugen und dann ihre Zerfalle studieren.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 8

Neutrinos

Zu jeder Familie gehort auch ein Neutrino, das keine Ladung tragt. Man

berechnet, dass im Universum 336 Neutrinos pro Kubikzentimeter sind.

Neutrinos fliegen durch alles hindurch und treten nur selten in eine

Wechselwirkung mit anderer Materie. Daher sind sie schwer nachzuweisen.

Fermionen

Materieteilchen nennt man

auch Fermionen, zu Ehren von

Enrico Fermi.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 9

Antimaterie

1928 suchte P.A.M. Dirac nach einer mathematischen Beschreibung des

Elektrons, die konsistent mit Albert Einsteins spezieller Relativitatstheorie

war. . .

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 10

Antimaterie

1928 suchte P.A.M. Dirac nach einer mathematischen Beschreibung des

Elektrons, die konsistent mit Albert Einsteins spezieller Relativitatstheorie

war. . .

. . . und fand nur eine Gleichung mit zwei Losungen, die

zwei Teilchen mit gleicher Masse (von 511 keV) beschreiben.

Jedoch: Die elektrischen Ladungen sind entgegengesetzt:

Elektron: Q = −1

Positron: Q = 1

Positronen sind eine Form von Antimaterie, treffen Elektron und Positron

aufeinander, so verwandeln sie sich in Strahlung mit einer Energie von

2 · 511 keV.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 11

Positronen = Anti-Elektronen wurden 1932 von Carl David Anderson in der

kosmischen Hohenstrahlung entdeckt.

Proton + Proton → viele Teilchen + Energie

ր ↑ ց

Weltall Atmosphare Elektron + Positron

Heute ist die Produktion von

Positronen Routine:

Im HERA–Beschleunigerring

am DESY in Hamburg kollidier-

ten Protonen manchmal mit

Elektronen und manchmal mit

Positronen.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 12

Noch mehr Antimaterie. . .

Ebenso erzeugt man heute im Labor in großer Zahl Antiprotonen, z.B. im

US-amerikanischen Fermilab. Antiprotonen bestehen aus zwei Anti-Up-Quarks

und einem Anti-Down-Quark und haben die Ladungsquantenzahl

Q = 2 · (−2/3) + 1/3 = −1.

Am CERN in Genf

wurde 1995 erstmals

Antiwasserstoff erzeugt,

2002 erstmals in großer

Zahl, ca. 50000.

Dan Brown: Illuminati

und:

http://angelsanddemons.cern.ch

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 13

Zusammenfassung: Materie

Es gibt drei Familien von Materieteilchen (= Fermionen):

Zu jedem Teil-

chen gibt es ein

Antiteilchen, mit

gleicher Masse und

entgegengesetzten

Quantenzahlen.

Die schwereren Teilchen der zweiten und dritten Familie werden in

Hochenergie-Kollisionen erzeugt (z.B. in Teilchenbeschleunigern oder wenn ein

hochenergetisches Teilchen aus dem Weltall auf die Atmosphare trifft),

zerfallen dann aber in die Teilchen der ersten Generation, aus denen die uns

umgebende stabile Materie aufgebaut ist.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 14

Krafte

ALLGEMEIN:

• KRÄFTE ENTSTEHEN DURCH AUSTAUSCH VON BOSONEN

• SCHEMATISCHE BESCHREIBUNG DURCH FEYNMANDIAGRAMME

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 15

Bosonen

Kraftteilchen nennt man auch Bosonen,

zu Ehren von Satyendra Nath Bose.

Anstelle von Kraft spricht der Wissen-

schaftler lieber von Wechselwirkung.

Oft stellten sich vermeintlich verschiedene Krafte als unterschiedliche

Erscheinungsformen der selben Kraft heraus.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 16

Elektrizitat

ελεκτρoνelektron

Bernstein ist”elektrisch“

Magnetismus

λιθoσ µαγνεσlithos magnes

Stein aus Magnesia

1

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 17

Die Forschungen von Coulomb, Volta, Biot, Ampere, Gauß, Ohm, Savart,

Faraday, Maxwell und Hertz fuhrten im 19. Jahrhundert zu der Erkenntnis,

dass Elektrizitat und Magnetismus verschiedene Formen der selben Kraft sind.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 18

Die Forschungen von Coulomb, Volta, Biot, Ampere, Gauß, Ohm, Savart,

Faraday, Maxwell und Hertz fuhrten im 19. Jahrhundert zu der Erkenntnis,

dass Elektrizitat und Magnetismus verschiedene Formen der selben Kraft sind.

Grundlagenforschung steht immer im Verdacht, nutzlos zu sein:

Der britische Schatzkanzler William Gladstone fragte einmal Michael Faraday,

welchen praktischen Nutzen seine Forschung uber Elektrizitat habe. . .

. . . und bekam zur Antwort:

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 19

Die Forschungen von Coulomb, Volta, Biot, Ampere, Gauß, Ohm, Savart,

Faraday, Maxwell und Hertz fuhrten im 19. Jahrhundert zu der Erkenntnis,

dass Elektrizitat und Magnetismus verschiedene Formen der selben Kraft sind.

Grundlagenforschung steht immer im Verdacht, nutzlos zu sein:

Der britische Schatzkanzler William Gladstone fragte einmal Michael Faraday,

welchen praktischen Nutzen seine Forschung uber Elektrizitat habe. . .

. . . und bekam zur Antwort:

Sir, eines Tages werden Sie Steuern darauf erheben.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 20

Die Forschungen von Coulomb, Volta, Biot, Ampere, Gauß, Ohm, Savart,

Faraday, Maxwell und Hertz fuhrten im 19. Jahrhundert zu der Erkenntnis,

dass Elektrizitat und Magnetismus verschiedene Formen der selben Kraft sind.

Elektrizitat und Magnetismus wurden im Elektromagnetismus vereinheitlicht.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 21

Die Forschungen von Coulomb, Volta, Biot, Ampere, Gauß, Ohm, Savart,

Faraday, Maxwell und Hertz fuhrten im 19. Jahrhundert zu der Erkenntnis,

dass Elektrizitat und Magnetismus verschiedene Formen der selben Kraft sind.

Elektrizitat und Magnetismus wurden im Elektromagnetismus vereinheitlicht.

Licht wurde als elektromagnetische Welle erkannt.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 22

Die Forschungen von Coulomb, Volta, Biot, Ampere, Gauß, Ohm, Savart,

Faraday, Maxwell und Hertz fuhrten im 19. Jahrhundert zu der Erkenntnis,

dass Elektrizitat und Magnetismus verschiedene Formen der selben Kraft sind.

Elektrizitat und Magnetismus wurden im Elektromagnetismus vereinheitlicht.

Licht wurde als elektromagnetische Welle erkannt.

Hertz und Hallwachs fanden auch, dass sich Licht in bestimmten Situationen

wie ein Teilchen verhalt (Photoeffekt). Spater, aufbauend auf Erkenntnisse

Plancks, entwickelte Einstein die Theorie der Lichtquanten, die wir heute

Photonen nennen und als Lichtteilchen verstehen.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 23

Der Erfolg des Elektromagnetismus hat den Physikern Ansporn gegeben, nach

weiteren Vereinheitlichungen von Naturkraften zu suchen mit den Ziel einer

großen Vereinheitlichung, einer einzigen Theorie, die alle Naturkrafte

beschreibt.

Begriffe: Weltformel, Theory of Everything (TOE).

Im 19. Jahrhundert kannte man nur Elektromagnetismus und Gravitation (=

Schwerkraft). Einstein hat viele Jahre seines Lebens mit dem Versuch

verbracht, Elektromagnetismus und Gravitation zu vereinheitlichen. . .

. . . mehr zur Gravitation spater.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 24

Mehr Krafte. . .

Die starke Kraft (auch Kernkraft genannt) halt die Quarks zusammen. Sie

sorgt dafur, dass die Protonen und Neutronen im Atomkern zusammengehalten

werden, und nicht unter der abstoßenden elektromagnetischen Kraft

auseinanderfliegen.

Kraftteilchen der starken Kraft: Gluonen. Sie sind masselos wie das Photon.

Die schwache Kraft verursacht den radioaktiven Beta–Zerfall, sie kann Quarks

in andere Quarks und Elektronen in Neutrinos umwandeln. Beim Beta–Zerfall

zerfallt ein Down-Quark in eine Up-Quark, ein Elektron und ein Neutrino.Kraftteilchen der schwachen Kraft: W+–Boson, W−–Boson und Z–Boson.

Sie sind massiv!

Starke und schwache Kraft arbeiten in dem Prozess zusammen, der die Sonne

leuchten lasst.

Zu allen Kraften gehoren Quantenzahlen. Z.B. tragt das Elektron die

elektromagnetische Quantenzahl Q = −1, die starke Quantenzahl des

Elektrons ist jedoch gleich 0. Das Elektron spurt die starke Kraft also nicht.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 25

Der Ruhm der Entdeckung

Das Elektron wurde in Großbritannien von J.J. Thomson im Jahr 1897

entdeckt. Die ubrigen Materieteilchen wurden alle in den USA entdeckt.

Das Photon wurde von Hertz, Hallwachs, Lenard und Einstein, also in

Deutschland und der Schweiz identifiziert.

Das Gluon wurde 1979 am DESY in

Hamburg entdeckt.

Die W– und Z–Bosonen wurden

1983 am CERN im schweizerisch–

franzosischen Grenzgebiet gefun-

den.

Zum Standardmodell der Elementarteilchen gehort noch ein weiteres Boson:

Das Higgs-Teilchen ist fur die Erzeugung der Teilchenmassen notwendig. Es

wird am CERN entdeckt werden.

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Zusammenfassung: Kraftteilchen

Starke der Kraft = Ladungsquantenzahl mal Kopplungskonstante

Die Kopplungskonstanten der Krafte sind sehr verschieden, die Krafte sind also

bei weitem nicht gleich stark!

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 27

Zusammenfassung: Kraftteilchen

Starke der Kraft = Ladungsquantenzahl mal Kopplungskonstante

Die Kopplungskonstanten der Krafte sind sehr verschieden, die Krafte sind also

bei weitem nicht gleich stark!

Es gibt nur drei Kopplungskonstanten... schones Etappenziel auf dem Weg zur

Weltformel, in der nur eine einzige Kopplungskonstante vorkommen sollte.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 28

Zusammenfassung: Kraftteilchen

Starke der Kraft = Ladungsquantenzahl mal Kopplungskonstante

Die Kopplungskonstanten der Krafte sind sehr verschieden, die Krafte sind also

bei weitem nicht gleich stark!

Stop! Fehlt da nicht etwas?

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 29

Zusammenfassung: Kraftteilchen

Starke der Kraft = Ladungsquantenzahl mal Kopplungskonstante

Die Kopplungskonstanten der Krafte sind sehr verschieden, die Krafte sind also

bei weitem nicht gleich stark!

Was ist mit der Gravitation?

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 30

Gravitation als Quantentheorie?

Konnen wir die Gravitation als Quantentheorie analog zur elektromagnetischen,

starken und schwachen Kraft beschreiben?

Mit einem Austauschteilchen Graviton?

Die Gravitationskraft, die zwei Korper aufeinander ausuben, ist proportional zu

den Massen der beiden Korper. Aber:

Starke der Kraft = Ladungsquantenzahl mal Kopplungskonstante

Also: Masse als Quantenzahl der Gravitation?

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 31

Gravitation als Quantentheorie?

Konnen wir die Gravitation als Quantentheorie analog zur elektromagnetischen,

starken und schwachen Kraft beschreiben?

Mit einem Austauschteilchen Graviton?

Die Gravitationskraft, die zwei Korper aufeinander ausuben, ist proportional zu

den Massen der beiden Korper. Aber:

Starke der Kraft = Ladungsquantenzahl mal Kopplungskonstante

Also: Masse als Quantenzahl der Gravitation?

Leider beißt sich das mit der Allgemeinen Relativitatstheorie, die im

Experiment exzellent bestatigt ist!

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 32

Allgemeine Relativitatstheorie (Einstein 1913)

Rµν−R2 gµν

︸ ︷︷ ︸

= −8πGc4

︸ ︷︷ ︸

Tµν

︸︷︷︸

Krummung des Raumes Natur-konstanten

Materie(Dichte, Druck,...)

Einstein

⇓ Masse

15

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 33

Gravitation Stärke : 10 -38

Anziehung von Massen Reichweite: unendlich

Schwache Wechselwirkung Stärke : 1/100000Bewirkt den radioaktiven Zerfall Reichweite: sehr klein!

Elektromagnetische Wechselwirkung Stärke : 1/100Gleiche Ladungen stossen sich ab, Reichweite: unendlichungleiche ziehen sich an

Starke Wechselwirkung Stärke : 1Anziehende Kraft zwischen den Quarks Reichweite: ~10 -15m

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Ratsel Nr. 1

Warum ist die Gravitation anders als die anderen drei Naturkrafte?

Wie kann die Gravitation zu einer Quantentheorie gemacht werden?

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 35

Ratsel Nr. 1

Warum ist die Gravitation anders als die anderen drei Naturkrafte?

Wie kann die Gravitation zu einer Quantentheorie gemacht werden?

Muss man das uberhaupt?

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 36

Ratsel Nr. 1

Warum ist die Gravitation anders als die anderen drei Naturkrafte?

Wie kann die Gravitation zu einer Quantentheorie gemacht werden?

Muss man das uberhaupt?

In unseren Beschleunigerexperimenten konnen wir die Gravitation ruhig

vergessen, weil sie viel schwacher ist als elektromagnetische, starke und

schwache Kraft.

Solange die Gravitation schwach ist, konnen wir sie sogar in unsere Rechnungen

mit einbeziehen, uber die von der Gravitation verursachte Raumkrummung.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 37

Ratsel Nr. 1

Warum ist die Gravitation anders als die anderen drei Naturkrafte?

Wie kann die Gravitation zu einer Quantentheorie gemacht werden?

Muss man das uberhaupt?

In unseren Beschleunigerexperimenten konnen wir die Gravitation ruhig

vergessen, weil sie viel schwacher ist als elektromagnetische, starke und

schwache Kraft.

Solange die Gravitation schwach ist, konnen wir sie sogar in unsere Rechnungen

mit einbeziehen, uber die von der Gravitation verursachte Raumkrummung.

Jedoch: Wenn Massen so stark konzentriert sind, dass die Starke der

Gravitation mit der der anderen Krafte vergleichbar wird, geht’s schief,. . .

. . . also z.B. bei Schwarzen Lochern, die beim Kollaps ausgebrannter

schwerer Sterne entstehen, oder

. . . am Beginn des Universums, direkt nach dem Urknall,

in den ca. ersten 10−43 Sekunden.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 38

Ratsel Nr. 2

Die elektromagnetischen

Ladungsquantenzahlen sind

gerade so beschaffen, dass

sich die Ladungen von

Proton und Elektron genau

kompensieren:

Zum Gluck: Durch diese Ladungsquantisierung sind Atome und Molekule

elektrisch neutral. Das ist eine Voraussetzung fur stabile chemische

Verbindungen und letzendlich fur Leben.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 39

Dieses Ratsels Losung?

Das Muster der Quantenzahlen von Quarks, Elektronen und Neutrinos zeigt

klar, dass man alle Materieteilchen einer Familie als ein einziges Objekt

auffassen kann. Die elektromagnetische, starke und schwache Kraft, die auf

diese Teilchen wirken, werden dann identisch.

Diese drei Kafte konnen in der Tat in einer vereinheitlichten Theorie

beschrieben werden.

In vereinheitlichten Theorien ist die erwunschte Ladungsquantisierung

automatisch realisiert.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 40

Große Vereinheitlichung

Jedoch: Wie konnen elektromagnetische, starke und schwache Kraft identisch

sein, wenn sie verschiedene Kopplungskonstanten haben?

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 41

Große Vereinheitlichung

Jedoch: Wie konnen elektromagnetische, starke und schwache Kraft identisch

sein, wenn sie verschiedene Kopplungskonstanten haben?

Man hat berechnet (und

experimentell bestatigt),

dass die Kopplungkon-

stanten sich andern und

auf einen gemeinsamen

Wert zulaufen, wenn man

die Krafte bei kurzeren

Abstanden misst.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 42

Große Vereinheitlichung

Jedoch: Wie konnen elektromagnetische, starke und schwache Kraft identisch

sein, wenn sie verschiedene Kopplungskonstanten haben?

Man hat berechnet (und

experimentell bestatigt),

dass die Kopplungkon-

stanten sich andern und

auf einen gemeinsamen

Wert zulaufen, wenn man

die Krafte bei kurzeren

Abstanden misst.

Das heißt, die Große Vereinheitlichung ist nur bei kurzen Abstanden, einem

1016–tel des Protonradius’, realisiert. Das entspricht Energien von 1016 GeV!

Dort sind dann die Materieteilchen einer Familie identisch, und es gibt nur

noch ein Materieteilchen pro Familie. Ebenso sind alle Kraftteilchen identisch.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 43

Mehr vom Weltall

Das Universum entstand vor 13,7 Milliarden Jahren in einem Urknall.

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Mehr vom Weltall

Das Universum entstand vor 13,7 Milliarden Jahren in einem Urknall.

Woher wissen wir das?

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 45

Mehr vom Weltall

Das Universum entstand vor 13,7 Milliarden Jahren in einem Urknall.

Woher wissen wir das?

Die Einsteinsche Allgemeine Relativitatstheorie lasst uns zunachst nur die Wahl

zwischen einem expandierenden und einem kollabierenden Universum.

Die Hypothese eines aus einem Urknall hervorgegangenen, expandierenden

Universums bringt eine Fulle von Vorhersagen mit sich, die man durch

Beobachtung uberprufen kann.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 46

1. BEOBACHTUNG:

PRIMORDIALE HÄUFIGKEIT DER ELEMENTE 75% H, 24% He, <1% Li, .. .ELEMENTSYNTHESE IN DEN ERSTEN DREI MINUTEN

Messung der Zusammensetzungmit Spektralanalyse

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 47

2. BEOBACHTUNG:

DIE GALAXIEN ENTFERNEN SICHVON EINANDER (Hubble 1930)

JE GRÖSSER DIE ENTFERNUNGDESTO SCHNELLER

Kalzium

Hubble

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3. BEOBACHTUNG:

KOSMISCHE HINTERGRUNDSTRAHLUNG (Penzias, Wilson 1956)2.7 K TEMPERATURSTRAHLUNG LICHTBLITZ DES URKNALLS

Körper mit Temperatur T [K] strahlen mit Frequenzverteilung ν

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 49

Kosmische Hintergrundstrahlung

Die kosmische Hintergrundstrahlung, die Penzias und Wilson fanden, ist so

etwas wie das Licht-Echo des Urknalls. Die Frequenz dieser Photonen

entspricht einer Temperatur von 2,7 C◦ uber dem absoluten Nullpunkt. Mit der

Expansion des Universums haben sich diese im fruhen Universum erzeugten

Photonen abgekuhlt.

Die kosmische Hintergrundstrahlung ist mittlerweile sehr gut verstanden: Man

konnte ihre Helligkeitsschwankungen und die Polarisation der Photonen

berechnen und danach erfolgreich mit Satelliten-Beobachtungen vergleichen.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 50

Ratsel Nr. 3

Nur: Die Daten der kosmischen Hintergrundstrahlung zeigen klar, dass es im

Weltall mehr Materie gibt, als wir sehen, kennen oder berechnen:

Sterne und ihre Uberbleibsel, intergalaktischer Staub, freier Wasserstoff, freies

Helium und Neutrinos machen gerade einmal ein Siebtel der Materie des

Universums aus!

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 51

Hinweise auf mysteriose Dunkle Mate-

rie sind nicht neu:

Schon 1933 beobachtete Fritz Zwicky

einen Galaxienhaufen aus etwas 1000

Galaxien, der eigentlich hatte auseinan-

derfliegen mussen, aber wie von Zau-

berhand zusammengehalten wurde, of-

fensichtlich durch die zusatzliche Gra-

vitation Dunkler Materie.

Noch klarer beobachtet man die Gravi-

tation Dunkler Materie in den Rotati-

onskurven sogenannter Spiralgalaxien.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 52

Kepler

DUNKLE MATERIE

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 53

Ratsel Nr. 4

Energiebilanz des Universums:

Dunkle Materie bremst die Expansion

des Universums. Man schließt aus Be-

obachtungen (der Expansion und der

Krummung) jedoch auch auf die Exi-

stenz Dunkler Energie, die die Expansi-

on des Universums beschleunigt.

Nur 5% des Energiehaushalts des Universums sind verstanden!

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 54

Ausblick

In drei Monaten wird der Large Hadron Collider (LHC) am Europaischen

Zentrum fur Teilchenphysik (CERN) in Betrieb gehen. Dort werden Protonen

zunachst mit einer Energie von 10 TeV (spater 14 TeV) kollidieren, um die

Naturgesetze bis hinunter zu Abstanden von einem Tausendstel des

Protonradius’ zu erforschen.

Der LHC wird das Higgs-Teilchen finden, das fur die Erzeugung der

Teilchenmassen gebraucht wird. Er wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch die

mysteriosen Teilchen erzeugen, die die Dunkle Materie bilden. Weiter erhoffen

wir uns neue Erkenntnisse uber die Vereinheitlichung der Krafte, also den

nachsten Schritt hin zur Weltformel.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 55

Luftbild:

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 56

Tunnel:

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 57

Daten

Umfang: 27 km

Vakuum: 10−13 atm in 8500 m3 Volumen

Dipolmagnete: Magnetfeld 8,3 T, supraleitend bei 1,9 K = -271,3 C◦

Protonstrahl: 11245 Umlaufe pro Sekunde

Kollisionen: 600 Millionen pro Sekunde

Datenmenge: 1 Petabyte pro Sekunde → Entwicklung des World Wide Grid

Kosten: 6 Mrd. Euro

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 58

Daten

Umfang: 27 km

Vakuum: 10−13 atm in 8500 m3 Volumen

Dipolmagnete: Magnetfeld 8,3 T, supraleitend bei 1,9 K = -271,3 C◦

Protonstrahl: 11245 Umlaufe pro Sekunde

Kollisionen: 600 Millionen pro Sekunde

Datenmenge: 1 Petabyte pro Sekunde → Entwicklung des World Wide Grid

Kosten: 6 Mrd. Euro

Der britische Schatzkanzler William Gladstone wurde jetzt nach dem

praktischen Nutzen fragen.

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 59

Medizintechnik, Positron–Elektron–Tomografie:

Ulrich Nierste Vom Weltall zur Weltformel: Ratsel der modernen Physik page 60

Am CERN wurde das World Wide Web erfunden:

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Mehr Information

http://www.weltderphysik.de

Speziell fur Schuler:

http://www.kworkquark.net

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