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Dieser Beitrag ist eine Reaktion auf den Aufsatz von Franz Breit im Tintling 2/98 (Breit 1998). Da ich in Tutzing am Starnberger See aufge- wachsen bin und noch bis vor kurzem wohnte, habe ich mich über diesen Artikel sehr gefreut. Dadurch angeregt möchte ich gerne die aus- führliche Fundliste von Herrn Breit durch meine eigenen Funde und Angaben ergänzen. Zum Untersuchungsgebiet: Das sogenannte „Fünf-Seen-Land“ liegt im oberbayerischen Alpenvorland südlich von München und wurde sehr durch die letzten Eis- zeiten geprägt. Die großen Seen Starnberger See, Ammersee, Pilsensee und Wörthsee sind Reste der ehemaligen Gletscherzungen, die beim Zurückweichen des Eises als große Toteis- blöcke liegen blieben. Nach ihrer Schmelze entstanden die Seen. Der fünfte See ist der ver- gleichsweise kleine Weßlinger See. Vor allem durch die letzte Eiszeit, die Würmeiszeit, wur- den große Mengen an Kalkschotter aus den Alpen verfrachtet und in Form mächtiger Morä- nenhügel abgelagert. Somit stehen ideale Bedingungen für kalkliebende Arten zur Verfü- gung. Es handelt es sich somit im „Fünf-Seen-Land“ hauptsächlich um Kalkstandorte (z. B. durch Zeigerpflanzen wie Stinkender Hainsalat - Apo- seris foetidus -, oder auch die Waldgerste - Hor- delymus europaeus, sowie durch diverse Orchideen - z. B. Epipactis microphylla - gekennzeichnet), oder zumindest um neutrale Böden -gekennzeichnet durch das Galio-odo- rati-Fagetum, den Waldmeister-Buchenwald, der durch eine besonders artenarme Waldbo- denflora auffällt. Dennoch gibt es im Fünf- Seen-Land auch bodensaure Standorte! Nach der Eiszeit wurde auf die kalkreichen Jung- moränen durch die Winde der rückweichenden Der Tintling 2 (1999) Seite 9 Blauender Königs-Röhrling Boletus pseudoregius Foto: Christoph Hahn Rote Liste Kl 2 Pilze im „Fünf-Seen-Land“ Christoph Hahn, Hörwarthstr. 33, 80804 München Kein Speisepilz

Pilze im „Fünf-Seen-Land“ - Tintlingtintling.com/inhalt/1999/Pilze_im_5_Seen_Land.pdf · 2017. 10. 29. · Das sogenannte „Fünf-Seen-Land“ liegt im oberbayerischen Alpenvorland

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Dieser Beitrag ist eine Reaktion auf den Aufsatzvon Franz Breit im Tintling 2/98 (Breit 1998).Da ich in Tutzing am Starnberger See aufge-wachsen bin und noch bis vor kurzem wohnte,habe ich mich über diesen Artikel sehr gefreut.Dadurch angeregt möchte ich gerne die aus-führliche Fundliste von Herrn Breit durchmeine eigenen Funde und Angaben ergänzen.

Zum Untersuchungsgebiet:Das sogenannte „Fünf-Seen-Land“ liegt imoberbayerischen Alpenvorland südlich vonMünchen und wurde sehr durch die letzten Eis-zeiten geprägt. Die großen Seen StarnbergerSee, Ammersee, Pilsensee und Wörthsee sindReste der ehemaligen Gletscherzungen, diebeim Zurückweichen des Eises als große Toteis-blöcke liegen blieben. Nach ihrer Schmelzeentstanden die Seen. Der fünfte See ist der ver-gleichsweise kleine Weßlinger See. Vor allem

durch die letzte Eiszeit, die Würmeiszeit, wur-den große Mengen an Kalkschotter aus denAlpen verfrachtet und in Form mächtiger Morä-nenhügel abgelagert. Somit stehen idealeBedingungen für kalkliebende Arten zur Verfü-gung. Es handelt es sich somit im „Fünf-Seen-Land“hauptsächlich um Kalkstandorte (z. B. durchZeigerpflanzen wie Stinkender Hainsalat - Apo-seris foetidus -, oder auch die Waldgerste - Hor-delymus europaeus, sowie durch diverseOrchideen - z. B. Epipactis microphylla -gekennzeichnet), oder zumindest um neutraleBöden -gekennzeichnet durch das Galio-odo-rati-Fagetum, den Waldmeister-Buchenwald,der durch eine besonders artenarme Waldbo-denflora auffällt. Dennoch gibt es im Fünf-Seen-Land auch bodensaure Standorte! Nachder Eiszeit wurde auf die kalkreichen Jung-moränen durch die Winde der rückweichenden

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Blauender Königs-Röhrling Boletus pseudoregius Foto: Christoph Hahn Rote Liste Kl 2

Pilze im „Fünf-Seen-Land“Christoph Hahn, Hörwarthstr. 33, 80804 München

Kein Speisepilz

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Gletscher Löß aufgeblasen. Durch die hohenNiederschläge hier im Alpenvorland wurdedieser Löß rasch entkalkt und ist nun „stock-sauer“. Diese Schicht ist nicht sehr mächtig undwird häufig vom Kalk durchstoßen. Nur durchZeigerpflanzen und durch Gewinnung einesBodenprofils kann man dieses kleinräumigeMosaik erkennen. Ebenso sauer sind die Alt-moränen, die Endmoränen der Rißeiszeit. Dasie weitaus älter sind als die Moränen der letz-ten Eiszeit, wurde aus ihnen durch diehohen Niederschläge im Alpenvorlandbereits der gesamte Kalk ausgewaschen.Es handelt sich hier also um tiefgründige,saure Standorte. Bei Leutstetten / Starn-berg liegen die Jung- und Altmoränenstellenweise fast nebeneinander, sodaßman in kurzer Zeit von äußerst kalkrei-chen zu extrem sauren Standortenwechseln kann. Auch hier kann mandies in der Regel gut durch die Begleit-pflanzen erkennen.Im folgenden möchte ich einige selteneoder bemerkenswerte Arten aus dieserRegion vorstellen. Alle Aussagen bezie-hen sich nur auf das „Fünf-Seen-Land“.

Als einen Verwandtschaftskreis mit vielenseltenen und gefährdeten Arten möchteich die Dickröhrlinge (Gattung Boletus)etwas eingehender vorstellen:

„Steinpilze“ (Sektion Boletus):B. aereus, Schwarzer Steinpilz, Bron-zeröhrling: Nur einmal habe ich diesewärmeliebende Art bei mir zu Gesichtbekommen. Er wurde mir in Tutzing indie Pilzberatung gebracht. Die Sammle-rin konnte kaum glauben, daß ihr einzi-ger Steinpilz den sie gefunden hat so selten seinsollte. Letztendlich überließ ich ihr den Fund,so daß ich leider keinen Beleg habe. Fundort:Tutzing, Waldschmidtschlucht, Nähe Luswiese.Boletus edulis, Fichtensteinpilz: Allgemein sehrhäufig in Fichtenpflanzungen.Boletus reticulatus, Sommersteinpilz: Dieserüberaus häufige Röhrling erscheint im Gebietin drei Farbformen: Typischer hellbrauner, demGallenröhrling manchmal nicht unähnlicherTyp, dazu ein sehr dunkelhütiger und gernebereifter Typ (B. aereus ähnelnd) und zu guterletzt ein rothütiger Sommersteinpilz, sehr ähn-

lich dem Boletus pinophilus - Kiefernsteinpilz.Alle drei Farbformen sind übrigens in demBuch „Il Porcino“ von Alessio (1984) abgebil-det und beschrieben. Die helle Form kommtstellenweise als Massenpilz vor und ist absolutbodenvage.

„Anhängselröhrlinge“ (Sektion Appendicu-lati):Boletus fechtneri, Silber-Röhrling: Mir sind drei

Fundstellen bei Andechs bzw. zwischen An-dechs und Herrsching bekannt. Es handelt sichum wärmebegünstigte, kalkreiche Buchen- undEichen-Buchen-Standorte. Die Abtrennung zuB. pseudoregius fällt mir persönlich nichtleicht. Im Jugendstadium ist B. fechtneri amtypischen, dichten und etwas radialfaserigenHutüberzug zu erkennen. Doch kann auch B.pseudoregius hell überreift sein. Dieser Reif istjedoch nicht so dicht und vor allem nicht radi-alfaserig. Im Alter, wenn der Reif verschwun-den sein kann, ist es manchmal kaum möglich,B. pseudoregius und B. fechtneri zu trennen, da

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Silber-RöhrlingBoletus fechtneri Aquarell: Thomas Brückner

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die für B. fechtneri typische rote Zone am Stielebenfalls fehlen kann.Boletus pseudoregius (=B. speciosus), Blauen-der Königsröhrling: Diesen äußerst seltenenRöhrling fand ich bislang nur einmal in der

Nähe von Herrsching.Interessanterweise fruk-tifizierte er an einem dereingangs erwähntensauren Standorte. Diezugehörige Pflanzenge-sellschaft ist das Luzulo-Fagetum mit der Zeiger-pflanze HainsimseLuzula luzuloides. DerKalkuntergrund wirddurch eine dünne Löß-schicht überdeckt. Bereits früher wurde B.pseudoregius auf einergemeinsamen Exkursionmit Herrn J. Schreiner inMainfranken auf sauremUntergrund gefunden,so daß diese Art wohlnicht als kalkhold zu

bezeichnen ist (vielleicht eher als bodenvag).Die Bestimmung verdanke ich im übrigen HerrnSchreiner, da ich meinen Fund zunächst alsAnhängsel-Röhrling Boletus appendiculatus

Blauender Königs-Röhrling Boletus pseudoregius Foto: Chr. Hahn RL 2

Wurzelnder Bitter-Röhrling Boletus radicans Foto: Josef Christan Rote Liste Kl. 2 Kein Speisepilz

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Kein Speisepilz

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bestimmte. Die Unterscheidung ist z. T. nuranhand des deutlichen Blauens im Hut und derPoren zu teffen. Zudem ist B. pseudoregiushäufig in der Stielbasis rosa gefärbt. Die Hut-farbe ist nicht immer rot wie beim Königsröhr-ling, sondern kann auch völlig hellbraun ohnejegliches Rot sein. Dann ist - wie auch bei mei-nem Fund - auf Anhieb die Unterscheidung zuB. appendiculatus nicht einfach. Auch B. fecht-neri kann ähnlich erscheinen. Boletus regius, Königsröhrling: Nach dem Ver-breitungsatlas der Großpilze in Westdeutsch-land (Krieglsteiner 1991) ist ein Fundpunkt imGebiet bekannt (MTB 7932). Nähere Informatio-nen hierzu besitze ich nicht, ich habe denKönigsröhrling noch nicht finden können.

„Bitterröhrlinge“ (Sektion Calopodes):Boletus calopus, Schönfußröhrling: Nur ein Fun-dort bei Andechs ist mir bislang in dieser Regionbekannt. Interessanterweise fruktifiziert er aufeinem kalkhaltigen Buchenhang und nicht, wiesonst für diese Art typisch, auf saurem Unter-grund. Das Biotop ist ein Kalkbuchenwald Hor-delymo-Fagetum mit scharenweise Aposerisfoetidum. Als Mykorrhiza-Bäume stehenBuchen (B. calopus wuchs direkt an der Stamm-basis) und Fichte (etwa 10 m entfernt) zur Verfü-gung. Boletus radicans, Wurzelnder Bitterröhrling: wie

Herr Breit (1998)bereits ausführte,eine im Fünf-Seen-Land häufige Art. Zufinden ist er vorallem an sehrheißen, trockenenStellen, z. B. an fest-getretenen Wegrän-dern unter Buchenund Eichen, aberauch bei Linden undBirken.

„Hexenröhrlinge“(Sektion Luridi):B. erythropus,FlockenstieligerHexenröhrling:Diese Art habe ichbislang nur in den

sauren Bereichen im Gebiet finden können.Hier ist sie verbreitet, aber nicht sehr häufig.Boletus impolitus, Fahler Röhrling: Nur einFundpunkt bei Andechs über Kalk ist mirbekannt. Es handelt sich um eine offene Wald-weide mit Eichen und Buchen. Die Einreihung

Rosahütiger Röhrling Boletus rhodoxanthus Foto: Christoph Hahn RL 2

Rosahütiger Röhrling Boletus rhodoxanthusFoto: Christoph Hahn Kein Speisepilz

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Kein Speisepilz

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in die „Hexenröhrlinge“erfolgt nach Engel et. al.(1983). B. impolitus besitzteinen Doppelgänger, derauch bereits im Gebietnachgewiesen wurde,Boletus depilatus. Dieseerst vor kurzem beschrie-bene Art unterscheidet sichvon B. impolitus durcheine gehämmert wirkendeHuthaut (durch einen völ-lig anderen anatomischenBau der Hutdeckschicht -siehe hierzu die Zeichnun-gen in Pilze der SchweizBd. 3 - Breitenbach &Kränzlin, 1991). Auch wer-den andere Mykor-rhiza-Bäume bevorzugt.Während B. impolitus vorallem Buchen und Eichenwählt, geht B. depilatus„lieber“ mit Hainbuchenoder Haselnüssen eineSymbiose ein. Die einzige bis-lang bekannte Fundstelle vonB. depilatus im Gebiet ist einesolitäre Hainbuche bei Ande-chs. Der Fund wurde währendeiner Exkursion zur Deut-schen Tagung der DGfM inHerrsching gemacht.Boletus luridus, der Netzstie-lige Hexenröhrling: überall imGebiet häufig (nur an Kalk-standorten).Boletus rhodoxanthus,Rosahütiger Röhrling: jährlichan vielen Stellen auftretend.Gehäuft im Raum Starnberg /Würmtal / Leutstetten undAndechs. Bei gezielter Suchegeeigneter Biotope - wärme-begünstigte Buchenwälder aufKalk - ist dieser wunderschöneRöhrling immer wieder undhäufiger als der Satanspilz zufinden. Die Unterscheidungzu diesem fällt leicht: Fleischim Schnitt überall leuchtendgelb, Geruch angenehm säu-

Satanspilz Boletus satanas RL 2 giftig

Huthaut des Falschen Satanspilzes Boletus splendidus Beide Fotos: Christoph Hahn RL 2 Kein Speisepilz

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erlich, zumindest Hutrand rosalich, bisweilenaber auch der ganze Hut leuchtend rosarot wiebeim Königsröhrling. Boletus satanas, der Satansröhrling: Allein inund um Tutzing sind mir vier Myzelien bekannt,im Raum Herrsching weitere vier, in Seefeldzwei. Dieser seltene Röhrling ist, wenn derSommer nicht zu verregnet ist, fast jedes Jahr ingroßen Stückzahlen aufzufinden. Eine Anmer-kung in eigener Sache: ein Umstand, den ichbislang erst einmal in der Pilzliteratur gefundenhabe (Knudsen1992) ist der auffällige undeigentümliche Geruch von Boletus satanas,durch den man ihn immer von seinen nächstenVerwandten trennen kann. Er riecht nämlichvon Jugend an stark und unangenehm nachUrin, ähnlich einer „stinkenden Bahnhofstoi-lette“. Dies konnte ich bislang bei jedem Fundfeststellen. Während der Pilzausstellungen 1997

des Vereines für Pilzkunde Münchenim Botanischen Garten Münchenkonnte dies auch von vielen Besu-chern „getestet“ werden. Der Geruchwurde eindeutig erkannt (nur einmalwurde „nach verbranntem Zucker“angegeben). Im Alter wandelt sich derGeruch in den typischen Aasgeruch.Ich frage mich nun, ob dieser Uringe-ruch eine Eigenart der Satanspilzemeiner Umgebung ist (auch von mirin Italien gesammelte Kollektionenhaben diesen eigentümlichenGeruch), oder aber ein konstantes Art-merkmal darstellt. Zudem, weshalbdies in der Literatur kaum auftaucht.

Boletus splendidus, Falscher Satans-pilz: Mir sind zur Zeit nur drei Myze-lien bekannt (Andechs, Starnberg, Tut-zing ). Er ist wohl der seltenste derdrei nahestehenden Arten B. satanas,B. rhodoxanthus und B. splendidus.Der Hut ist jung graulich, alt jedochwunderschön rosarot. Der Stiel ist tiefblutrot genetzt. Ein auffälliges Merk-mal sind die mit der Zeit schwärzen-den, kleinfeldrigen Stellen der Hut-haut (siehe Abbildung Seite 13). Diesist nicht zu verwechseln mit demsofortigem blau-schwarz-Verfärbendes Boletus rhodopurpureus-torosus-Formenkreises. Geruch: pilzig bisangenehm würzig, beim Trocknen

angenehm würzig, aber meines Empfindensnach nicht wie „Maggi“, wie es in der Literaturmanchmal zu lesen ist (z. B. Engel et al. 1983).Schwarzblauender Röhrling (Sektion Subprui-nosi):B. pulverulentus, der Schwarzblauende Röhr-ling, ist selten und kommt in sauren Fichtenwäl-dern der Altmoränen bei Starnberg / Leutstettenvor.Weitere Dickröhrlinge habe ich im Fünf-Seen-Land noch nicht finden können. Im folgendenmöchte ich noch anhand einiger ausgewählter„Besonderheiten“ den hohen Wert dieserGegend im Voralpenland unterstreichen:

Raritäten:Hydnellum geogenium, Schwefelgelber Kork-stacheling (Rote Liste 1): Eine Fundstelle in Tut-

Falscher Satanspilz Boletus splendidus Beide Fotos: Christoph Hahn

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zing, Kalkgraben oberhalb der „Waldschmidt-schlucht“ (Hahn 1997). Dieser Pilz war seit lan-ger Zeit in Bayern verschollen. Nur zwei weitereFundstellen sind in Deutschland bekannt. Auf-grund seinerleuchtendschwefelgel-ben Färbungist er zumin-dest jungunverkennbarund unver-wechselbar.Nur sehr altwerden dieFruchtkörperunscheinbar,braun wiebeispiels-weise derErdwarzen-pilz - Thele-phora terre-stris, wobeiauch danndas schwefel-

gelb verbleibende Basalmyzel, bzw. die Rhizo-morphen, die Art immer noch leicht bestimmbarmachen. 1998 ist Hydnellum geogenium in Tut-zing in besonders großer Zahl erschienen, aber

Schwefelgelber Korkstacheling Hydnellum geogenium Foto: Christoph Hahn Rote Liste 1

Gelbblättriger Rasling Lyophyllum favrei Foto: Ludwig Beenken

2 (99) S. 15

Kein Speisepilz

Speisewert unbekannt

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nur an der einen bislang bekannten Fund-stelle.Lyophyllum favrei, Gelbblättriger Rasling:Das bislang einzige in Deutschlandbekannte Vorkommen ist die „Waldschmidt-schlucht“ in Tutzing (Hahn 1995). Dieserüberaus schöne Rasling ist hauptsächlich ausden Flußauen der größeren Schweizer Flüssebekannt. Aufgrund der Merkmalskombina-tion von leuchtend gelben Lamellen, grau-lich-bläulichen Hut und des schwärzendenFleisches ist die Art unverkennbar. 1997 fruk-tifizierte er in Tutzing überaus zahlreich andrei verschiedenen Stellen in der Schlucht!Panaeolus reticulatus, Flachmoor-Dünger-ling: Dieser nicht auf Dünger oder Mistwachsende „Düngerling“ (Rote Liste 1)wurde von mir auf der sog. „Pulverwiese“ inTutzing, einer kleinen Feuchtwiese, die vomBund Naturschutz gepflegt wird, entdeckt.Die Bestimmung (z. B. mit Breitenbach &Kränzlin 1995) fällt aufgrund der hygropha-nen Mehrfach-Zonierung des Hutes (sieheAbbildung) sowie der für die Gattung beson-ders kleinen Sporen leicht. Vor allem aber istder Standort Kalkflachmoor bzw. Kalk-Feuchtwiese für die Art typisch. Pseudoplectania sphagnophila, Sumpf-Schwarzborstling: Im letzten Frühjahr (1997)fand ich diesen in Westdeutschland nochnicht bekannten Becherling zusammen mitHerrn L. Beenken und Ch. Scherber im Bern-rieder Filz. Einen Tag früher fanden G. Bauerund J. Christan ebenfalls diesen schwarzenBecherling in einem Moor bei Beuerberg (Bauer1999 - in Druck).Sowerbyella rhenana, Gestielter Orange-Becherling: Das einzige bislang in Bayernbekannte Vorkommen liegt nördlich von Starn-berg (Bauer 1996). Herr G. Bauer zeigte mirfreundlicherweise den Standort, einen südseiti-gen Buchenhang

Auflistung einer Auswahl weiterer, mir beacht-lich erscheinender Arten:Albatrellus cristatus - Grüner Kammporling, Tut-zing, Albatrellus subrubescens - RötendesSchafeuter, Tutzing, häufig, Amanita aspera -Rauher Wulstling, Tutzing, Andechs, Amanitaechinocephala - Spitzwarziger Wulstling, ver-breitet in Parkanlagen und Alleen unter Linde(z. B. Starnberg / Söcking), Calocybe carnea,

Fleischrosa Schönkopf, bei Tutzing, Calocybeionides, Veilchenblauer Schönkopf, ein Fund-punkt in Tutzing, Waldschmidtschlucht, Cor-tinarius praestans, Schleiereule, SeefelderSchloßpark, Leutstetten (bei Starnberg), Tutzing,Entoloma sinuatum, Riesenrötling, Kiental zw.Herrsching und Andechs, Gomphus clavatus,Schweinsohr, Tutzing, Inocybe fibrosa, GrößterRißpilz, Tutzing, verbreitet, Inonotus dryophilus,Doppelgänger des Tropfenden Schillerporlings,Weßling, Eichenallee, Lepiota calcicola, Herr-sching, Lindtneria trachyspora, StachelsporigeLindtneria - der Karottentrüffel Stephanosporacaroticolor nah verwandt, Tutzing (nur 3 Fund-punkte in Deutschland nach Krieglsteiner 1991- keiner für Bayern!) - Anmerkung: inzwischenhabe ich L. trachyspora auch am Isaroberlaufbei Vorderriß nachweisen können; Polyporusbadius, Kastanienbrauner Porling, Seefeld, Poly-porus mori, Wabenporling, Seefeld, Ramaria fla-

Flachmoor-Düngerling Panaeolus reticulatus Foto: Christoph Hahn Rote Liste 1 für Deutschland

Der Tintling 2 (1999) Seite 16

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vosalmonicolor, Gelblich-lachsfarbene Koralle,verbreitet, Tutzing, Andechs, Herrsching, Rus-sula anthracina var. insipida, Kohlentäubling -milde Varietät, verbreitet im gesamten Gebiet inKalkbuchenwäldern, häufig, Tomentella atra-mentaria, Dunkles Filzgewebe, Tutzing (det.Stalpers - nur 4 Fundpunkte in Deutschlandnach Krieglsteiner 1991), Tricholoma orirubens,Rötender Erdritterling, Tutzing, Tricholoma par-dinum, Tigerrit-terling, jedesJahr in Tutzingerscheinend,1998 Massen-vorkommen ander Straße vonLeutstetten nachWangen (beiStarnberg);

Literatur:Alessio, C. L.(1984) - Il Por-cino.Bauer, G. (1996)- Ein bayerischesVorkommen vonSowerbyellarhenana (Fuck.)J.Moravec.Mycol. Bav. 1: 50- 52.Bauer, G. (1998)

- Pseudoplectania sphagnophila,Mycol. Bav. 3, im Druck.Breit, F. (1998) - Ein Refugium selte-ner Pilzarten. Die Umgebung dergroßen Seen und die Föhntäler im Alpenvorland. Der Tintling 2/98:48-50.Breitenbach, J. & Kränzlin, F.(1991) - Die Pilze der Schweiz. Bd.3Engel, H., Krieglsteiner, G., Der-mek, A. & Watling, R. (1983) -Dickröhrlinge. Die Gattung Boletusin Europa.Hahn, Ch. (1995) - Lyophyllumfavrei Haller & Haller - Erstnachweisfür Deutschland. Z. Mykol. 61(1):39-44.ders. (1997) - Hydnellum geoge-

nium (Fr.) Banker - nach über 100 Jahren wiederfür Bayern nachgewiesen. Mycol. Bav. 2: 21-24.Knudsen, H. (1992) - Boletus in: Hansen, L. &Knudsen, H. (eds.): Nordic Macromycetes vol.2: 56-63.Krieglsteiner, G. (1991) - Verbreitungsatlas derGroßpilze Deutschlands (West). Bd. 1: Ständer-pilze Teil A: Nichtblätterpilze.

Gelblichlachsfarbene Koralle Ramaria flavosalmonicolor Foto: Chr. Hahn

Fleischrosa Schönkopf Calocybe carnea Foto: Chr. Hahn

2 (99) S. 17

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