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Pinsel und Gra Kriegsmalerei im Haus der Deutscher D ie Führung des Dritten Reiches verstand den Zweiten Weltkrieg nicht zuletzt auch als Auseinander- setzung um die Rettung der deutschen Kultur vor dem Anspruch des russischen Bolschewismus. Kunstschaffen und Fronteinsatz waren unter diesem Gesichtspunkt zwei Seiten ein und derselben Medaille. Die zirka 200 an allen Frontabschnitten den kämpfen- den Truppen zugeteilten Künstler sollten dort den Er- lebniseindruck des Krieges nicht mehr nur als Beobachter und aus einer gewissen Distanz, sondern unmittelbar aus ihrer eigenen soldatischen Erfahrung künstlerisch verar- beiten. Die hieraus entstandenen Kunstwerke wurden da- bei nicht lediglich als persönliche Dokumente des einzel- nen Künstlers, sondern als künstlerischer Ausdruck einer Erfahrung, die die ganze Nation betraf, gewertet. Die herrschende Kunstauffassung sah in Kriegsbildern eine Bestätigung dafür, daß der wahre Künstler durch das pra- xisnahe, eigene starke Erleben reife und nicht etwa durch den Schul betrieb einer Kunstakademie. Einseitige Kritik Die künstlerische Verarbeitung von Kriegsereignissen in Malerei und Graphik war im Übrigen im Dritten Reich nicht, wie es heutzutage meist behauptet wird, einer poli- tischen Tendenz geschuldet, sondern dem historischen Be- wußtsein. So haben sich schon zuvor die bedeutenden Ma- ler aller Epochen der zeitdokumentarischen Aufgabe ge- stellt, das menschliche Dasein auch in der existenziellen Ausnahmesituation des Krieges darzustellen. Zum Beispiel der Maler und Graphiker Adolph von Menzel, der 1866 auf den Schlachtfeldern des Preußisch-Österreichischen Krie- ges Werke von eindrucksvollem Realismus geschaffen hat.

Pinsel Und Granaten

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  • Pinsel und GraKriegsmalerei im Haus der Deutscher

    D ie Fhrung des Dritten Reiches verstand den Zweiten Weltkrieg nicht zuletzt auch als Auseinander

    setzung um die Rettung der deutschen Kultur vor dem Anspruch des russischen Bolschewismus. Kunstschaffen und Fronteinsatz waren unter diesem Gesichtspunkt zwei Seiten ein und derselben Medaille.

    Die zirka 200 an allen Frontabschnitten den kmpfenden Truppen zugeteilten Knstler sollten dort den Erlebniseindruck des Krieges nicht mehr nur als Beobachter und aus einer gewissen Distanz, sondern unmittelbar aus ihrer eigenen soldatischen Erfahrung knstlerisch verarbeiten. Die hieraus entstandenen Kunstwerke wurden dabei nicht lediglich als persnliche Dokumente des einzelnen Knstlers, sondern als knstlerischer Ausdruck einer Erfahrung, die die ganze Nation betraf, gewertet. Die herrschende Kunstauffassung sah in Kriegsbildern eine

    Besttigung dafr, da der wahre Knstler durch das praxisnahe, eigene starke Erleben reife und nicht etwa durch den Schul betrieb einer Kunstakademie.

    Einseitige KritikDie knstlerische Verarbeitung von Kriegsereignissen in

    Malerei und Graphik war im brigen im Dritten Reich nicht, wie es heutzutage meist behauptet wird, einer politischen Tendenz geschuldet, sondern dem historischen Bewutsein. So haben sich schon zuvor die bedeutenden Maler aller Epochen der zeitdokumentarischen Aufgabe gestellt, das menschliche Dasein auch in der existenziellen Ausnahmesituation des Krieges darzustellen. Zum Beispiel der Maler und Graphiker Adolph von Menzel, der 1866 auf den Schlachtfeldern des Preuisch-sterreichischen Krieges Werke von eindrucksvollem Realismus geschaffen hat.

  • tatenKunst

    Das Bild Der 10. M ai 1 9 4 0 beeindruckt durch seine groe Erlebnisnhe w ie suggestive K raft des A u sd ru cks.

    Da es also eine Kriegs- und Historienmalerei aller Zeiten und Vlker gibt, fehlt einer einseitigen moralischen Kritik der Kriegsdarstellungen der deutschen Knstler whrend des Zweiten Weltkriegs jede Grundlage.

    Im Hinblick auf den heute propagierten Vorwurf, im Kunstleben des Dritten Reiches sei eine Verherrlichung des Krieges und der soldatischen Tugenden betrieben worden, bleibt festzustellen, da es demgegenber sogar Bilder gab, in denen ein gewisses Mitleid fr die feindlichen Gefangenen oder fr die zerstrten Drfer in Ruland sichtbar wird. In vielen Werken der spten Kriegsmalerei klingt dabei natrlich auch an, da trotz der Ausweglosigkeit der militrischen Lage nicht das Prinzip soldatischer Tugenden und auch nicht der gemeine Land

    ser gescheitert sind - mit blinder Heroisierung hat das aber nichts zu tun.

    Bei nherer Betrachtung fllt der relativ geringe Anteil an Kriegsmalerei in den jhrlichen Groen Deutschen Kunstausstellungen im Haus der Deutschen Kunst in Mnchen ins Auge. Selbst nach Kriegsbeginn zeigten die offiziellen Ausstellungskataloge in ihren jeweils zirka rund 70 bis 80 Werkabbildungen nur sehr vereinzelt kriegerische oder kmpferische Motive. Auch in den einschlgigen Kunstzeitschriften fand die Kriegsmalerei im

    Das Bild Durchbruch deutscher Panzer am 5. Juni 1940 bei Peronne des

    Malers Walter Rose wurde 1941 im Haus der Deutschen K unst gezeigt.

  • D er M aler Eduard Thny ze ig t in seinem Bild A rtillerie von Ost nach W est den M arsch eines

    deutschen A rtillerieverbandes.

    Hinblick auf die umfassenden Auswirkungen und tiefgreifenden Einschnitte, die whrend des Krieges in allen Lebensbereichen zu verzeichnen waren, nur bemerkenswert wenig Raum. Beitrge und Darstellungen zur Kriegsmalerei waren nur selten zu finden und sogar noch im Jahre 1944 eher die Ausnahme.

    Ungeachtet dieser quantitativ nicht dominierenden Stellung erfreute sich die Kriegsmalerei allerdings hoher Wertschtzung. Ziel der Kriegsmalerei war vor allem die Vermittlung eines unmittelbaren und authentischen Eindrucks des Kriegsgeschehens in Verbindung mit der Herausstellung und Vermittlung zentraler zeitloser Ideen wie Kameradschaft, Leistung, Mnnlichkeit, Tapferkeit, Opfermut, Einsatzbereitschaft und Kampf fr die Nation. Die Darstellungen bewegten sich wie seit je her in der Kriegsmalerei in der Polaritt zwischen realistischer Wiedergabe und idealisierendem Ausdruck, zwischen detailgenauem Bild und der Sichtbarmachung einer geistigen Haltung. Zahlreiche Werke vereinfachten und verengten das Geschehen des Krieges auf einen Einzelnen, der als frei und entscheidend Handelnder, als Vorbild und als zur Identifikation auffordernder Typus auftrat.

    Dramatische DarstellungDas zeitgenssische Verstndnis der Kriegsmalerei er

    schliet sich schon aus der Kurzbesprechung einiger weniger Bilder. Die Zeitschrift Die Kunst im Deutschen Reich wies in einem Artikel ber das bekannte Werk Der 10. Mai 1940 von Paul Mathias Padua, das - in Anlehnung an das Bild von Emmanuel Leutze Washington Crossing the Delaware, welches die berschreitung des Delaware-Flusses durch den amerikanischen General George Washington im Dezember 1776 zum Inhalt hat - 15 Soldaten zu Beginn des Frankreichfeldzuges bei der berquerung des Rheins mit einem Schlauchboot zeigt,

    S olda ten a lltag: D er M aler H ans Schw arte-H ellw eg ze ig t ju n g e M atrosen der K riegsm arine

    bei einem Abend an B o rd .

    auf die groe Erlebnisnhe wie suggestive Kraft des Aus drucks hin. Es ist in diesem Bilde unwichtig, welche Ein- zelepisode des Krieges dargestellt ist, es wird auch nie- mand die Kpfe der Soldaten als Portrts empfinden, denn strker als das Episodische und Portrthafte wirkt auf den Beschauer der mythische Gehalt dieser dramatischen Dar

  • Das Gemlde Das grere Opfer von A d o l f Reich ze ig t die S traensam m lung zum Winterhilfswerk vor dem

    Siegestor a u f der Ludwigstrae in Mnchen.

    Das bekannte Gemlde K am eraden des Malers Will Tschech ze ig t einen berhrenden A k t

    der Kameradschaft.

    aller packenden Realistik der Darstellung in den Gestalten der Soldaten weder Herkunft noch Beruf erkennen, denn alles Individuelle und Trennende ist in diesen Gestalten der Kmpfer ausgelscht durch das Gemeinsame des Erlebnisses. Es ist diesen Malern bei sehr verschiedenen malerischen Ausdrucksformen gelungen, ber die Schilderung eines Tatsachenerlebnisses hinaus ein Mehr, nmlich die innere Haltung des kmpfenden Menschen, den Geist dieses Krieges, zum Ausdruck zu bringen.

    Soldatische Motive nahmen Bezug auf den Ersten, spter auch auf den Zweiten Weltkrieg und bevorzugten dabei einen furchtlosen, entschlossenen Kmpfertypus. Malern, die das Fronterlebnis aus unmittelbarer Anschauung im Gemlde festzuhalten versuchten, waren im Haus der Deutschen Kunst besondere Rume gewidmet.

    Franz Eichhorst, der sich als Maler des deutschen Bauern, Arbeiters und des heroischen Soldaten einen Namen gemacht hatte, war z.B. 1940 mit dem Gemlde Der Polenkmpfer vertreten. Es zeigt einen Heeressoldaten mit Karabiner in der Hand - am Koppel hngen Stahlhelm und Handgranate - inmitten von Huserruinen. Ebenfalls 1940 wurde sein Bild Feuernde Geschtze bei der Beschieung von Warschau gezeigt.

    Der Krieg gegen Frankreich war hufiges Motiv der Knstler. 1941 wurde Walter Roses Durchbruch deutscher Panzer am 5. Juni 1940 bei Peronne ausgestellt. Der Betrachter sieht eine deutsche Panzerabteilung, die sich auf weiter Ebene zum Angriff entfaltet. Im Hintergrund sind Brnde zu erkennen, am Himmel decken Flugzeuge den Vorsto.

    Querschnitt deutscher KriegsmalereiDer oben bereits genannte Elk Eber, wie Eichhorst

    ebenfalls Militrmaler im Ersten Weltkrieg, arbeitete an Kriegs- und Sportmotiven und war zudem als groer In

    stellung als ein Sinnbild der Einsatzbereitschaft, der Kameradschaft, heit es in dem Beitrag.

    Bei den Bildern Sie trommeln von Elk Eber - dargestellt sind im Unterstand auf das Ende des feindlichen Trommelfeuers wartende deutsche Soldaten - und Vormarsch im Westen von Wilhelm Sauter kann man bei

  • dianerzeichner bekannt. 1937 hing in der Ausstellung sein Bild Die letzte Handgranate. Man sieht einen deutschen Soldaten des Ersten Weltkrieges im Schtzengraben beim Abziehen einer Stielhandgranate, vor ihm auf dem Grabenrand liegt sein feindwrts gerichteter Karabiner. 1939 prsentierte das Haus der Deutschen Kunst Ebers Meldegnger. Das Gemlde zeigt einen deutschen Infanteristen - Stahlhelm auf dem Kopf und Karabiner auf dem Rcken -, der aus dem Graben hechtet.

    Der Knstler Claus Bergen war als erfolgreicher Marinemaler seit dem Ersten Weltkrieg bekannt. Auf den Groen Deutschen Kunstausstellungen war er zwischen 1937 und 1944 mit insgesamt 13 Gemlden vertreten, z.B. 1937 mit dem Bild Die Beschieung Almerias durch Admiral Scheer oder 1940 mit dem Werk Die Beschieung der Westerplatte, das die ersten Schsse des Polen-Feldzuges durch das Linienschiff Schleswig-

    Das Bild Washington Crossing the D elaware (1851) des deutschen Malers Emmanuel Leutze diente als Inspiration

    f r Paul M athias Paduas Werk Der 10. M ai 1 9 4 0 .

    Holstein zeigte. Als Motiv taucht bei Bergen immer wieder das U-Boot auf. Whrend des Zweiten Weltkrieg war Bergen auf verschiedenen U-Booten und den Schweren Kreuzer Prinz Eugen, auerdem besuchte er den Befehlshaber der U-Boote, Admiral Karl Dnitz, in dessen franzsischem Hauptquartier bei Lorient; aufgrund

    dieser Reiseeindrcke schuf er verschiedene Monumentalwerke.

    Immer wiederkehrende Sujets waren vom Krieg zerstr- te Landschaften und das Leben der Zivilisten oder Sol- datenportrts (etwa von Wolfgang Willrich). Jetzt ist zu dem dreibndigen Werk Das Haus der Deutschen Kunst 1938-1945 der lang erwartete dritte Band erschienen. Er befat sich explizit mit der Kriegsmalerei. Das Zusammen- tragen dieser Gemlde ist eine knstlerische Grotat. Vie- le Originale wurden im Zweiten Weltkrieg zerstrt oder sind seither verschollen. In diesen Fllen hat der heraus- gebende ARNDT-Verlag hochwertige alte Farbreproduk- tionen aus dem Dritten Reich gefunden und technisch hervorragend aufbereitet. Andere Originale befinden sich in Privatbesitz oder als Beutekunst in fragwrdiger recht- licher Situation im Ausland, meist in den USA. In mhseliger

    Kleinarbeit ist es dem Verlag gelungen, diese Originale fr den vorliegenden Band zu fotografieren. Weitere

    Originale befinden sich als von den USA zwischenzeitlich zurckgegebene Beutekunst im Bestand des Deutschen Historischen Museums in Berlin. Dessen Bildarchiv sowie zahlreiche weitere Bildarchive steuern hochauflsende Fotos zu diesem einmaligen Bildband bei.

    Das Buch liefert einen reprsentativen Querschnitt der deutschen Kriegsmalerei bis 1945 in qualitativ hochwertigen F arb b ild u n g en von Gemlden, die heute als verfemte Kunst vor der ffentlichkeit verborgen in diverser Museumsmagazinen im Dornrschenschlaf liegen.

    Auch die M arine wurde im Haus der Deutschen K unst gewrdigt: Das Gemlde

    des Malers Eduard Schloemann zeig t die Fahrt nach N arvik.