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P E T E R M E Y E R R E I S E F Ü H R E R
Landeskunde & Reisepraxis
POLEN: OSTSEE & MASUREN
Strände, Städte & Natur – Aktivurlaub in Nordpolen
V O N G R A ˇ Y N A & W O L F G A N G K L I N G
1. Auflage Frankfurt am Main 2007P E T E R M E Y E R V E R L A G
PolO_allg. Teil 20.08.2006 20:40 Uhr Seite 1
8 Warum nach Nordpolen reisen?
11 HOHER HIMMEL, WEITES LAND
11 Geografie & Landschaft
14 Klima, Wind & Wetter
15 Klimatabelle Danzig
16 Klimatabelle Masuren
17 Flora & Fauna
17 Pflanzen und Vögel am Baltischen Meer
20 Anglerparadies: Nordpolens fischreiche Seen
21 Die Grüne Lunge Polens: Warmia & Masuren
25 Die Urwälder Masurens
27 Nationalparks in Nordpolen
27 Woli˙ski-Nationalpark | S¬owi˙ski-Nationalpark
29 Grafik: Die Wanderdünen von fleba
29 Wigierski-Nationalpark | Biebrza˙ski-Nationalpark
30 Der Masurische Landschaftspark
31 Umweltfragen
35 DIE 1000-JÄHRIGE NATION
35 Polen unter den Piasten
38 Das Goldene Zeitalter unter den Jagiellonen
39 Karte: Der Deutsche Orden, Polen & Litauen um 1400
40 Dreimal geteilt und am Ende ganz verloren
41 Karte: Erste Polnische Teilung 1772
42 Karte: Zweite Polnische Teilung 1793
42 Karte: Dritte Polnische Teilung 1795
43 Mit Stift und Feder gegen die Fremdherrschaft
46 Quo vadis, Polen?
47 Der 2. Weltkrieg und die vierte Teilung
49 Widerstand gegen die Nazis
50 Karte: Verschiebung des Territoriums 1693 – 1945
50 Volksrepublik Polen
54 Die 3. Republik & ihr Weg in die Marktwirtschaft
54 In Hinterpommern wichtig wie eh und je: Kartoffeln
55 Die masurische Landwirtschaft und die EU
I N H A L T
N A T U R & U M W E L T
Lage und Einteilung 12
Der Seeadler,
Wappentier Polens 19
Wojtek, der
Weißstorch 22
G E S C H I C H T E &W I R T S C H A F T
Der Akt von Gnesen 37
Volk aus der Großen Wild-
nis: Die Masuren 44
(West-)Deutsch-Polnische
Annäherungen 52
PolO_allg. Teil 20.08.2006 20:40 Uhr Seite 2
LEBEN UND LEBEN LASSEN 59
Sprache & Verständigung 59
Kirche und Glaube 61
Frömmigkeit und Patriotismus 61
Die »heilige« Familie und die Frauen 63
Kraut und Rüben: Die polnische Küche 65
Die Mahlzeiten 66
Was man so trinkt 68
Kunsthandwerk: Kitsch & Kunst 70
Den Jazz im Blut 75
Kulturelle Einrichtungen 76
REISEPLANUNG & ANREISE 81
Reisezeit & -dauer | Reisekosten 81
Ein- & Ausreise | Zahlungsmittel & Wechselkurs 82
Sicherheit | Infos für Gehbehinderte 84
Was mitnehmen? 85
Anreise 89
Mit dem Auto | Mit Bahn oder Bus 89
Mit dem Flugzeug 90
Reisen für Aktive – organisiert & individuell 90
Strände & Strandwanderungen 90
Surfen, Paddeln & Segeln 92
Angeln 94
Radwandern 94
Reiten & Kutschfahrten 95
Reiseveranstalter 95
REISEPRAXIS AM URLAUBSZIEL 99
Öffnungszeiten & Feiertage 99
Post & Telefon 99
Medizinische Versorgung 100
Unterwegs mit Auto, Bahn & Bus 100
StVO & Co 100
Öffentliche Verkehrsmittel 103
Unterkunft 103
h Hotels & Pensionen 104
c Camping & Bungalows 108
K U L T U R & L E B E N S A R T
Altpolnischer Bigos 68
Bernstein – das Gold des
Baltischen Meeres 72
R E I S E - I N F O R -M A T I O N E N
Checkliste:
Was mitnehmen? 86
h Schlafen wie
die Grafen 104
h Agrotourismus = Feri-
en auf dem Land 106
PolO_allg. Teil 20.08.2006 20:40 Uhr Seite 3
111 GROSSSTADT IM GRÜNEN
111 Blick in Stettins Stadtgeschichte
116 Stadtrundgang
116 Auf der Roten Route durch die Altstadt
121 Das Pariser Viertel
122 Durchs Hafentor zur Jakobikirche
124 Kunst & Ausflüge
124 Das Nationalmuseum und seine Sammlungen
125 wPuszcza Bukowa & Puszcza Goleniowska
126 wPilze sammeln in der Puszcza Wkrza˙ska
126 Praktische Informationen
126 Unterkunft & Camping
129 Essen & Trinken
131 Pubs, Clubs & Discos
132 Shopping | Nützliches
133 DIE INSEL WOLIN | WOLLIN
133 Die Stadt Wolin – das legendäre Vineta?
135 Mi¸dzyzdroje | Misdroy – Quellbad an der Ostsee
138 Ausflüge im Woli˙ski-Nationalpark wf
143 Praktische Informationen
146 Das Seebad Æwinouj¯cie | Swinemünde
151 Praktische Informationen
155 WEISSER SAND, GRÜNE HÜGEL
155 Kamie˙ Pomorski | Cammin – Domstadt am Bodden
157 Der Dom
158 Praktische Informationen
160 Die klassischen Badeorte entlang der 102
164 Trzebiatów | Treptow
167 Ko¬obrzeg | Kolberg – Auf Salz gebaut
167 Sehenswertes
172 Praktische Informationen
174 Orte entlang der Küste bis Mielno
177 Die Küste zwischen Koszalin und Ustka
177 Koszalin | Köslin
178 Vom Hinterland zur Küste
179 Dar¬owo | Rügenwalde – »Königliche« Wurststadt
184 Nach Jaros¬awiec | Jershöft
185 Familienfreundlich: Ustka | Stolpmünde
189 f Mit dem Fahrrad nach Rowy
S T E T T I N & W O L I N - I N S E L
Szczecin: Innenstadt 114
Grüne Oasen 122
Szczecin: Übersicht
& Hotels 128
Mi¸dzyzdroje 136
Insel Wolin & Woli˙ski-
Nationalpark 140
Æwinouj¯cie 148
K Ü S T E & H I N T E R L A N D
Kamie˙ Pomorski 159
Kirche von Trz¸sacz 161
Ko¬obrzeg 170
Dar¬owo & Dar¬ówko 183
Ustka 186
PolO_allg. Teil 20.08.2006 20:40 Uhr Seite 4
S¬upsk | Stolp – Klein-Paris in Hinterpommern 190
Stadtbesichtigung 191
Praktische Informationen 195
Im und um den S¬owi˙ski-Nationalpark 197
Der kleine Künstlerort Smo¬dzino | Schmolsin 197
Das Freilichtmuseum in Kluki | Klucken 198
fleba | Leba – Vom Sande verweht 200
wPolens Sahara: Wo die Dünen wandern 204
f Radeln an der slowinzisch-kaschubischen Küste 206
Ein Zipfel Kaschubei 207
DIE ALTE DAME DANZIG 213
Kleiner Überblick zur Stadtgeschichte 213
Stadtbesichtigung 217
Rundgang durch die Rechtstadt 217
Die Altstadt 227
Sehenswerte Museen 228
Das Zisterzienserkloster von Oliwa | Oliva 232
Praktische Informationen 233
Unterkunft & Camping 233
Essen & Trinken 236
Einkaufen 238
Nützliches 240
Sopot | Zoppot – Das alte Weltbad 241
Stadtbummel 245
Praktische Informationen 248
Gdynia | Gdingen – Stadt vom Reißbrett 252
DIE KASCHUBEI – EIGENWILLIGES LAND
UND EIGENWILLIGE LEUTE 255
a Tour in den Norden der Kaschubei 255
Wejherowo, das kaschubische Jerusalem 255
An der Zatoka Pucka | Putziger Bucht 258
Zur Ostseeküste 260
Tagesausflug: Mit dem Schiff nach Hel | Hela 263
Von Danzig in die Kaschubische Schweiz 265
ˇukowo | Zuckau 266
Kartuzy | Karthaus 266
Chmielno | Chmelno 268
Die Kaschubische Straße 268
Ko¯cierzyna | Berent 269
S¬upsk 192
S¬owi˙ski-Nationalpark 204
Fischer mit Kultur:
Die Slowinzen 199
fleba 203
D A N Z I G & K A S C H U B E ILech Wa¬¸sa und die
Solidarno¯ç 214
Gda˙sk: Innenstadt 218
Langer Markt 221
Marienkirche 225
Artushof 230
Gda˙sk: Hotels 235
Dominikanermarkt 238
Sopot: Innenstadt 245
Sopot: Übersicht 248
Aus hartem
Holz geschnitzt: Die
Kaschuben 256
PolO_allg. Teil 20.08.2006 20:40 Uhr Seite 5
273 WEICHSELWERDER UND DIE BURGEN-ROUTE
273 ˇu¬awy Wi¯lane | Weichselwerder
273 Auf der Insel Sobieszewo
274 Auf der 501 bis zum KZ Stutthof
275 Malbork | Marienburg
276 Die Burg – Sitz und Bollwerk des Deutschen Ordens
283 Ausflug nach Pelplin
284 Tipp: Burgen an der Weichsel
285 DIE BERNSTEINKÜSTE: DAS FRISCHE HAFF
285 Die Frische Nehrung, die schönste Sackgasse Europas
288 Elbl˚g | Elbing
290 Stadtspaziergang
292 f Durchs oberländische Flachland nach Æwi¸ty Gaj
293 Praktische Informationen
294 Das Schloss von Kadyny | Cadinen
295 Die Kopernikusstadt Frombork | Frauenburg
295 Der Dom
298 Braniewo | Braunsberg
300 DIE OBERLÄNDISCHE SEENPLATTE
300 Zur Herder-Stadt Mor˚g | Mohrungen
301 Ostróda | Osterode
304 Ausflug übers Wasser nach I¬awa | Deutsch Eylau
309 ROT UND BLAU GETUPFTES GRÜN
309 Warmier, Polen und Borussen
309 Olsztyn | Allenstein – Das Zentrum des Ermlands
310 Bummel durch die Altstadt
313 Praktische Informationen
317 Ausflug: Wallfahrtsort Gietrzwa¬d | Dietrichswalde
318 a Fahrt in Warmias Nordosten
318 Dobre Miasto | Guttstadt – Die gute Kleine
319 Die Burg der Bischöfe in Lidzbark Warmi˙ski | Heilsberg
321 Unterwegs im Bartener Land
322 Das Trakehnergestüt in Liski | Liesken
322 Rückfahrt nach Olsztyn über Lutry und Barczewo
326 a Tour südlich von Olsztyn
326 Olsztynek | Hohenstein – Museales & Lebendiges
330 Abstecher nach Szczytno
W E I C H S E L ,H A F F &
O B E R L A N D
Die Marienburg 277
Der Deutsche Orden 278
Malbork 282
Elbl˚g 291
Frombork 297
Wo die Schiffe über
Berge fahren: Der Ober-
ländische Kanal 302
W A R M I A | E R M L A N D
Olsztyn: Die Burg 312
Olsztyn 315
Kulturgemeinschaft
»Borussia« 316
Bischofsburg 320
Wer waren eigentlich
die Pruzzen? 324
PolO_allg. Teil 20.08.2006 20:40 Uhr Seite 6
DAS LAND DER STÖRCHE UND
HIMMELBLAUEN SEEN 333
Westlich der Großen Masurischen Seen 333
Rund um K¸trzyn | Rastenburg 333
Barciany & Drogosze | Barten & Dönhoffstädt 334
Das Zyklopennest des »Führers«: Die Wolfsschanze 335
Der Wallfahrtsort Æwi¸ta Lipka 337
Zur Kunstburg nach Reszel | Rössel 339
Ferien bei den Störchen: Jezioro Kiersztanowskie 341
Die grüne Stadt Mr˚gowo | Sensburg 342
Ryn | Rhein 346
Durch die Große Wildnis: Die Puszcza Piska 348
∏ Paddeln auf der Perle Masurens: Die Krutynia 348
Museum mitten im Wald: Piers¬awek 352
Kruty˙ – die »Hauptstadt« an der Krutynia 353
Rund um den Niedersee: Von Ruciane-Nida nach Pisz 358
Miko¬ajki und das Masurische Meer 361
Stadtbummel 362
f wRadeln und Wandern rund um Miko¬ajki 363
Praktische Informationen 369
Seen und Wälder Nordmasurens 373
Festungsstadt mit Hafen: Gi˛ycko | Lötzen 373
f Ausflüge per Rad 375
Praktische Informationen 378
W¸gorzewo | Angerburg 381
a Durch die Borkener Heide nach Go¬dap 382
Der nahe Osten: Die Seenplatte um E¬k 385
E¬k | Lyck – Idylle mit Schmalspurbahn »Popp« 385
a Ausflug zum Nationalpark an der Biebrza 387
Der ferne Osten: Zwischen Suwa¬ki & Augustów 389
Suwa¬ki 390
∏ Paddeln auf der Czarna Ha˙cza 394
Augustów und die Puszcza Augustowska 396
Kartenlegende 401
Stettin – Wolin – Küste bis S¬upsk 402
Kaschubei – Dreistadt – Weichsel, Haff & Oberland 404
Warmia – Masuren 406
Kartenverzeichnis | Impressum 408
Register der Orte & Sehenswürdigkeiten,
Stichworte & Personen 409
M A S U R E N
Schuster Kristan sucht
das Paradies 335
Reszel: Die Burg 340
Mr˚gowo 345
Krutynia-Route 351
Dort, wo Masuren am
masurischsten ist 367
Miko¬ajki 368
Weiße Flotte 372
Radeln bei Gi˛ycko 377
Gi˛ycko 379
Suwa¬ki 391
Czarna-Ha˙cza-Route 395
Augustów 399
K A R T E N & R E G I S T E R
PolO_allg. Teil 20.08.2006 20:40 Uhr Seite 7
WARUM NACHNORDPOLEN REISEN?Lieben Sie ursprüngliche Natur und vielWasser, am besten Meer, Seen und Flüs-se alles ganz nah beisammen? Dann sindSie in Nordpolen haargenau richtig! UndSie müssen noch nicht mal in die Ferneschweben.Der Norden unseres östlichen Nachbarnist ein wahres Paradies für Naturlieb-haber und Aktivurlauber, egal ob Sie sichlieber paddelnd, in die Pedale tretendoder in Wanderschuhen fortbewegen, ei-ne wunderbare Feriengegend auch für In-dividualtouristen und für Familien mitkleinen Kindern. Exakt über 524 Kilome-ter erstreckt sich die polnische Ost-seeküste von Swinemünde bis zur russi-schen Oblast Kaliningrad. Wie an einerPerlenschnur säumen kleine pommer-sche Seebäder die Ufer und bieten preis-werte Unterkünfte, die größeren auchKuraufenthalte. Das gesunde Mikroklimamit seinem hohen Jodgehalt gibt’s gra-tis. Fast überall ist das Wasser sauberund die Wellen rollen an weiße, feinsan-dige und breite Strände. Allein schon derKlang des Namens Masuren versprichteine reizende, teilweise kaum berührte,waldreiche Landschaft mit mehr als3300 größeren Seen.
Auch Kulturinteressierte kommennicht zu kurz. Sie können durch alte tra-ditionsreiche Städte wie Stettin, Danzigoder Olsztyn (Allenstein) streifen – alle-samt nach den verheerenden Zerstörun-gen im Zweiten Weltkrieg weitgehendwiedererstanden, Sie können sich aufdie Route der beeindruckenden gotisch-mittelalterlichen Backsteinburgen an derWeichsel begeben oder in mehreren lie-bevoll gestalteten Freilichtmuseen viel
Interessantes und Lehrreiches über Völ-ker wie die Kaschuben oder die Slowin-zen erfahren.
Polen ist hierzulande noch immerrecht unbekannt, obwohl es so nah liegt.Auch wenn die Zahl westlicher Besucherseit 1990 kontinuierlich steigt, gibt es of-fenbar noch immer Hemmnisse, dieOder zu überqueren. Aus Unkenntnis hal-ten sich hartnäckig Stereotypen, Kli-schees und Vorurteile. Wer den Dichterwill verstehen, muss in Dichters Landegehen, riet einmal Goethe. Dem ist ei-gentlich nichts hinzuzufügen. Hoffentlichwirkt sich der Beitritt Polens in die EUauch in diesem Sinne fördernd aus.
Sicherlich geboren aus den schreck-lichen Erfahrungen in den letzten zweiJahrhunderten lautet ein polnischesSprichwort pessimistisch: Solange dieWelt Welt wird sein, wird der Deutschedem Polen kein Bruder sein. Dass essich hierbei aber nicht um eine unüber-windliche Abneigung handelt, merkte ich– Wolfgang – schon, als ich noch vor derWende mehrmals allein durch Polen reis-te und die große Hilfsbereitschaft undGastfreundschaft der Menschen allenFremden gegenüber schätzen lernte.Mittlerweile erkunden wir seit 1990 ge-meinsam als polnisch-deutsches Paardas Land zwischen Oder und Bug undstoßen immer wieder auf Überraschen-des und im Wandel Begriffenes. Ser-decznie witamy, herzlich willkommensind Sie in Polen auch heute schon.
Es gibt viel zu entdecken in diesemschönen Land, viel Spaß dabei wün-schen Ihnen
Gra˛yna und Wolfgang Kling
PolO_allg. Teil 20.08.2006 20:40 Uhr Seite 8
NATUR & UMWELT
N A T U R & U M W E L T
G E S C H I C H T E & W I R T S C H A F T
K U L T U R & L E B E N S A R T
R E I S E - I N F O R M A T I O N E N
S T E T T I N & W O L I N - I N S E L
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D A N Z I G & K A S C H U B E I
W E I C H S E L , H A F F & O B E R L A N D
W A R M I A | E R M L A N D
M A S U R E N
PolO_allg. Teil 20.08.2006 20:40 Uhr Seite 9
PolO_allg. Teil 20.08.2006 20:40 Uhr Seite 10
Geografie & Landschaft Vor rund 500.000 Jahren sorgten extre-me klimatische Veränderungen dafür,dass riesige Gletscher ganz Nordeuropabedeckten. Warmperioden unterbrachendie folgenden drei Eiszeiten. Beim jewei-ligen Vordringen der Eismassen undbeim Abfließen der getauten Gletscherwurde die Erde stetig geformt. Vor etwa16.000 Jahren zerfiel der mächtigeEispanzer über dem nördlichen Europaallmählich. Zurück blieben verschieden-artige Ablagerungen und Vertiefungen:Hügel, Sanderflächen und viel Wasser –das charakteristische Landschaftsreliefder Ostseeküste und Nordpolens.
Das größte Brackwasser-MeerDie Ostsee ist erdgeschichtlich gesehenein sehr junges Meer. Ihr Ursprung be-ginnt mit dem Zurückweichen der letzteneiszeitlichen Gletscher, als sich die Balti-sche Senke mit Wasser füllte. Vor11.000 Jahren brach das gestaute Was-ser erstmals zur Nordsee durch. Salz-wasser flutete in den Baltischen Eisseeund schwemmte arktische Muscheln an.Die Gletscher zogen sich weiter vomskandinavischen Festland zurück, dasLand hob sich und schnürte das balti-sche Becken erneut ab, sodass sich in
der Mittelsteinzeit wieder ein großerSüßwassersee bilden konnte. Doch dieabklingende Eiszeit ließ den Meeresspie-gel des Atlantiks ansteigen und vor etwa8000 Jahre durchbrachen die Wasser-massen schließlich die Landverbindungzwischen Dänemark und Schweden. Erstvor 4000 Jahren bremste die (andauern-de) Hebung Skandinaviens die Überflu-tung mit Salzwasser. Damit war das Bal-tische Meer (polnisch: Morze Ba¬tyckie),wie die Ostsee in Anlehnung an den anti-ken Namen Baltia seit dem 11. Jahrhun-dert auch genannt wird, geboren.
Der Salzgehalt der Ostsee ist mit2,5 % sehr gering und nimmt nach Ostenhin weiter ab (0,3 %). Zum Teil gibt esgroße Sprünge im Salzgehalt, was mitdem Bodenprofil der Ostsee und demspezifischen Gewicht des Salzwassers zutun hat. Dort, wo die Landbewegungentiefer gelegene Becken hinterlassen ha-ben, sinkt das schwere Salzwasser nachunten, das Süßwasser, das aus den vie-len Flüssen nachströmt, bildet die obereSchicht. Dass die Ostsee das größteBrackwasser-Meer der Welt ist, liegt andiesem Mix aus Salz- und Süßwasser.
Höhen und TiefenDie skandinavischen Gletscher schobenbei ihrem Vordringen nach Süden gewal-tige Massen Gesteinsschutt vor sich herund walzten dabei die Erde platt. So ent-
11GEOGRAF I E & LANDSCHAFT
NA
TU
R &
UM
WE
LT
HOHER HIMMEL, WEITES LANDMeer und Sandstrand, weites, meist flaches Land an der Küste, tausende fast durch-weg saubere Seen im pommerschen Hinterland, in der Kaschubei und in den Masuren,herrliche Flüsse, eine reiche Flora und Fauna nicht nur in den Naturparks, besteVoraussetzungen für Wassersportler, Radler und Angler – das bietet der NordenPolens aktiven Urlaubern und Naturfreunden.
Masuren: Um den Jezioro Inulec führt eine
schöne Wanderung
PolO_allg. Teil 20.08.2006 20:40 Uhr Seite 11
standen einerseits die Küstenniederun-gen des mitteleuropäischen Tieflandsund andererseits hügelige Höhenzügeam Ende der Vereisung. Diese Endmorä-nen sind charakteristisch für die nordpol-nische Landschaft: Der BaltischeHöhenrücken zieht sich girlandenförmigvon der Oder bis zu den Seesker Höhen
nahe der nordmasurischen Stadt Go¬-dap. Die Hügel erreichen eine durch-schnittliche Höhe von 200 m. Die Niede-rungslandschaften zwischen der Küsteund den Endmoränen sind von ausge-dehnten Grundmoränenplatten mit brei-ten und flachen Tälern gestaltet. Bei denGrundmoränen handelt es sich um unter
12 GEOGRAF I E & LANDSCHAFT
DAS KÜSTENLANDPommern wendet sein Gesicht dem Meer
zu. »Am Meere gelegen« bedeutet denn
auch sein Name, auf Polnisch po morze.
Die geografische Form Pommerns wird
gern mit einem Schmetterling
verglichen, der auf das offe-
ne Meer hinausfliegt. Sein
Leib entspricht der Oder,
Stettin dem Kopf, die Inseln Usedom und
Wolin figurieren als seine Fühler. Vorpom-
mern erscheint als der zerzauste und klei-
nere linke, Hinterpommern als der rechte
Flügel.
Das ehemalige Hinterpommern ist seit der
großen polnischen Verwaltungsreform von
1999 in zwei Wojewodschaften geteilt:
Zachodnio-Pomorskie (Westpommern) mit
der Hauptstadt Szczecin (Stettin) und Po-
morskie (Pommern) mit der Hauptstadt
Gda˙sk (Danzig). Westpommern nimmt ei-
ne Fläche von 22.900 km2 ein und reicht
an der Küste von Æwinoujscie (Swinemün-
de) bis Dar¬owo, dem einstigen Rügenwal-
de. Die Wojewodschaft Pommern ist flä-
chenmäßig etwas kleiner. Zu ihr gehört
auch das Weichselgebiet ungefähr bis zur
Stadt Kwidzyn (Marienwerder). Ihre öst-
liche Grenze verläuft auf der Höhe zwi-
schen dem Frischen Haff und Malbork (Ma-
rienburg).
DER NORDOSTENDie Wojewodschaft Warmi˙sko-Mazur-
skie schließt östlich an Pommern an. Sie
ist mit 24.200 km2 die viertgrößte der 16
Verwaltungseinheiten Polens. Gleichzeitig
hat sie mit nur 60 Einwoh-
nern pro km2 die geringste
Bevölkerungsdichte im Land.
Ihre Hauptstadt ist Olsztyn
(Allenstein). Sie gliedert sich in zwei Teile:
Im Westen liegt das historische Warmia
(Ermland), zu dem heute auch das ehema-
lige Oberland zwischen den Städten Elbl˚g
(Elbing) und Ostróda (Osterode) gehört.
Warmia war einst eines der vier Bistümer
des Ordenslandes. Seinen Namen bekam
es von dem pruzzischen Stamm der War-
mier, die hier siedelten.
Die Mazury (Masuren) entsprechen weitge-
hend dem südlichen Teil des ehemaligen
Ostpreußens. Die beiden höchsten Erhe-
bungen dieser Region sind gleichzeitig die
geografischen Eckpunkte der Masuren: im
Südwesten die Góra Dylewska (Kernsdor-
fer Höhe) mit 312 m und im Nordosten die
Szeskie Wzgórza (Seesker Höhen) mit ei-
ner Höhe von 309 m. Das russische
Kaliningrad begrenzt Masuren im Norden,
im Osten ist es die Wojewodschaft Podlas-
kie. Zu ihr gehören bereits die Kleinstädte
Suwa¬ki und Augustów.
LAGE UNDEINTEILUNG
PolO_allg. Teil 20.08.2006 20:40 Uhr Seite 12
den Gletschern abgelagerten Schutt, derdurch das Eis vom Untergrund losgelöstund mitgeführt wurde. In diesen Zonenist die Landschaft leicht gewellt. In denMulden zwischen den Minihügeln liegendie eiszeitlichen Wasser, die nicht ab-fließen konnten. Diese Toteisseen prä-gen die Pommersche Seenplatte, diedurch Urstrom- und Flusstäler in mehrereSeensegmente zerschnitten wird. Diegrößten sind die Dramburger (PojezierzeDrawskie) und die Kaschubische Seen-platte (Pojezierze Kaszubskie).
Küsten und WanderdünenWo die Grundmoränenplatten bis an dieKüste reichen, werden sie von der Strö-mung und der Brandung gekappt. DieErosionstätigkeit des Meeres schafftSteilküsten mit schroffen Kliffen, wiezum Beispiel an der Küste der Insel Wo-lin. Die Kliffe bestehen hauptsächlichaus Ton und Lehm, in die eiszeitlichesGeröll eingelagert ist. Auch Wind undWetter verändern ständig das Aussehender Küste. Besonders im Spätherbst wü-ten Stürme an der Küste und die Wellentoben gegen das Land. Regen undSchmelzwasser graben tiefe Furchen indie anliegenden Hänge und Dünen. ImWinter arbeitet an ihnen der Frost. DerSturm hat dann leichtes Spiel, Stückeherauszubrechen. Die abgetragenenSande werden mit West-Ost-Strömunganderswo wieder angelandet. So entste-hen breite Strände, Nehrungen, Haffsund Dünen. Dünenwälle haben hier undda ehemalige Haffs abgeschnitten undzu Strandseen werden lassen. Beispielehierfür sind die Seen bei fleba und beiKoszalin. Bei den Dünenzügen selbst un-terscheidet man je nach Bewuchs weiße
und graue Dünen. Die imposanten Wan-derdünen von fleba gehören zu denweißen Dünen.
Beim größten Teil der polnischen Ost-seeküste handelt es sich um eine Aus-gleichsküste mit seichten Ufern, breitenSandstränden und bewaldeten Dünendahinter. Eine ausgeprägte Haffküstehaben wir an der Odermündung nördlichvon Stettin. Dieses Oderhaff ist fastschon ein kleines Meer. Es gehört zu ei-nem lang gestreckten Areal von Bodden-gewässern, die durch Inseln, Halbinselnund Landzungen von der offenen See ge-trennt sind. Ansonsten gibt es im weite-ren Verlauf der polnischen Ostseeküstekeine Inseln.
Die weit geschwungene DanzigerBucht ist sowohl Haff- als auch Neh-rungsküste. Nehrungen sind schmaleLandzungen, die ein Haff gegen dasMeer abschließen. So die Frische Neh-rung mit dem dahinter liegenden Fri-schen Haff. Sie entstand durch einer-seits von der Meeresströmung und an-dererseits von Weichsel und Nogatherangetragene Sinkstoffe, die sich all-mählich zu Inseln aufschichteten. DerWestwind trug schließlich das Seine bei,die Inseln mit angewehtem Sand zu ver-binden und die typische West-Ost-Aus-richtung der Nehrung zu formen. DieHalbinsel Hel, die sichelförmig mehr als30 km in die Danziger Bucht ragt, ist ei-ne Nehrung im Werden. Ihre charakteris-tische Form mit der Krümmung nach in-nen ist der Kraft der Wellen geschuldet.
Armes Pommern stein-reichReich bestückt hat die Natur das eherarme Land mit Steinen, die die Eiszeitaus Skandinavien mitbrachte. Man hat
13GEOGRAF I E & LANDSCHAFT
NA
TU
R &
UM
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LT
PolO_allg. Teil 20.08.2006 20:40 Uhr Seite 13
sie gut genutzt – die Alten für ihre Werk-zeuge und Waffen, die frühen Pommern-christen bauten damit ihre Gotteshäu-ser, für die Kutschen entstanden stei-nerne Straßen und Chausseen und dieHandelsstationen wurden zu gepflaster-ten Marktplätzen. Der Stein-Reichtumscheint nicht abzuebben. Die hinterpom-mersche Landschaft ist noch immer vonden wandernden Steinen übersät. Man-che dieser Findlinge haben imposanteMaße und ragen nicht selten aus demWasser an den Seeufern. Die Fantasieder Bevölkerung machte aus ihnen »Teu-felssteine« oder ließ sie von Riesen überdie pommersche Erde schleudern.
Die Seen im NordostenAuch die Große Masurische Seenplatteist ein Geschenk der letzten Eiszeit. Dieabfließenden Schmelzwasser formtendiese einzigartige Seenlandschaft, bilde-ten Flüsse, Bäche, Sölle, Sümpfe undMoore. Doch der Rückzug des Eises er-folgte keineswegs gleichmäßig. Glet-scher rückten wieder nach, Sandmas-sen, Gestein und Moränenschutt wurdenerneut zusammengeschoben. So ent-stand eine höchst vielfältige Landschaft,wie wir sie vor allem in den nördlichenund mittleren Masuren mit über 200 mhohen Hügeln, Senken und Ebenen an-treffen. Im Süden der Masuren dominie-ren Sander- (Schotter) und Heideflächen.
Bei den weit über 3000 masurischenSeen unterscheidet man zwischenGrundmoränen- und Rinnenseen. DieGrundmoränenseen bildeten sich meistals Wassersammelstellen in den Senkenund Becken. Sie sind oft sehr flach undneigen daher zur Verlandung. Viele sindbereits verschwunden, andere sind ver-
moort oder wurden zur agraren Nutzungtrockengelegt. Sie haben fast immer ei-nen unregelmäßigen Umriss und sind inder Regel nur klein. Allerdings handeltes sich auch bei den größten masuri-schen Seen um Grundmoränenseen.Diese entstanden aus riesigen Toteis-platten. Aber flach sind auch sie; selbstder Jezioro Æniardwy (Spirdingsee), dergrößte See Polens, ist maximal 23 mtief. Die Rinnenseen dagegen sind meistsehr viel tiefer, da sie durch abfließendeGletscherwasser gebildet wurden. Siesind daher lang gestreckt und oft leichtgewunden. Der schönste masurischeSee dieser geomorphologischen Art istzweifellos der Jezioro Nidzkie (Nieder-see) in der Puszcza Piska (Johannisbur-ger Heide).
KLIMA, WIND & WETTERIm nördlichen Polen herrscht zu größerenTeilen ein Übergangsklima. Während ander Küste atlantische Einflüsse überwie-gen und mildes, aber niederschlags-reiches Wetter bringen, ist das Klima imNordosten vom raueren KontinentalklimaOsteuropas geprägt.
SeewetterIm atlantischen Klimabereich der polni-schen Ostseeküste sind vor allem dieSommer sehr unbeständig. Oft ändertsich die Wetterlage mehrmals an einemTag. Strahlendem Sonnenschein amMorgen folgt plötzlich am Mittag ein hef-tiger Gewitterregen mit stürmischen Win-den, während am späten Nachmittagebenso plötzlich wieder die Sonne vomazurblauen Himmel lacht. Für Badelusti-ge oft ein stetes Hin und Her zwischen
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Strand und Strandbar. Das gilt vor allemfür den westlichen Küstenabschnitt zwi-schen Szczecin (Stettin) und Koszalin(Köslin). Aber auch im Übergangsbereichder Klimazonen östlich davon – also zwi-schen S¬upsk (Stolp), Danzig und demFrischen Haff – ist das in den Sommer-monaten nicht wesentlich anders.
Der Frühling an der Küste ist in derRegel eine verhältnismäßig kurze Über-gangszeit zwischen Winter und Sommer.Hier macht sich der Einfluss der Ostseestark bemerkbar, da sich das Wasserzwischen Skandinavien und Mitteleuropanur sehr langsam erwärmt. Die Wärmetritt dann häufig ganz unvermittelt ein,sie wird jedoch oft noch von Nachtfrös-ten unterbrochen. Das im Sommer auf-gewärmte Meer verlängert andererseitsden hier sprichwörtlich goldenen Herbst.Die ersten großen Stürme peitschen nor-malerweise im November die Ostseewel-len auf. Richtig kalt wird es meist erstum die Weihnachtszeit oder im Januar.
Der regenreichste Monat ist (ausgerech-net) der Juli. Dauerregen im Sommersind jedoch ganz selten. Zwischen Märzund Mai fällt am wenigsten Nieder-schlag.
Die Wassertemperaturen der Ostseebleiben mit 15 – 18 Grad auch im Som-mer kühl, nur in der Danziger Bucht istdas Wasser wärmer. Die Wasserqualitätist überall sehr gut, nur wiederum in derDanziger Bucht und dort vor allem in derNähe der Weichselmündung ist es starkverschmutzt.
Masurisches WetterIn den Masuren sind Sommertage mitTemperaturen über 30° C und Winterta-ge mit Temperaturen bis zu –25° C undmehr keine Seltenheit. Allerdings ist diewarme Jahreszeit sehr kurz. Die Winterdagegen sind äußerst lang und meistauch schneereich. Schneehöhen bis zu2 m verwandeln die Landschaft dann ineine reizende Märchenwelt. Durch-
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Tage°C
1,4 1,4 4,2 8,7 15,1 18,8 21,3 21 17,7 12,5 6,6 3,4
-3 -3,8 -1,3 2,2 7,2 11,1 14,3 13,9 10,6 6,7 2,2 -0,7
2,9 1,9 2,6 4,3 7,9 12,9 16,2 17 15,2 11,7 8,3 5,3
1,22 2,5 4,32 5,43 7,22 8,63 7,61 7,26 5,8 3,39 1,5 1,03
15 14 12 13 11 11 13 12 13 14 12 15
34 30 30 34 44 59 77 79 55 54 39 42
Jan Feb Mär Apr Mai Juni Juli Aug Sep Okt Nov DezTemperaturTag °C
TemperaturNacht °C
TemperaturWasser °C
Sonne:Stunden/Tag
Regen:Tage/Monat
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Klimadaten Polen: Gdansk | Danzig 15 m
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schnittlich zählen die Masuren über 100
Frosttage und gerade mal um die 25
Sommertage mit über 25° C. Für einenreinen Badeurlaub eignen sich die Ma-suren also im Normalfall nicht, auchwenn die Wassertemperaturen dermeisten Seen zwischen Ende Juni und
Mitte September 20° C erreichen oderdarüber liegen. Außerdem regnet es imSommer recht häufig und mit starkenGewittern muss täglich gerechnet wer-den. Campingurlauber sollten entspre-chend gewappnet sein.
16 KL IMA , W IND & WETTER
WETTERFROSCHBei der Wettervorhersage halten sich die
Menschen Masurens lieber an die Natur
als an die Prognosen im Radio. Es wird
schön, sagen sie, wenn:
• die Sonne sehr klar untergeht,
• die Sterne klar scheinen, aber nicht
flimmern,
• es in der Nacht starken Tau gibt, der
einige Stunden nach dem Sonnenauf-
gang verschwindet,
• der Wind am Vormittag von Süden,
Südosten oder aus dem Osten kommt
und sich am Abend beruhigt,
• sich am Vormittag Hau-
fenwolken bilden, die
am Nachmittag wieder
verschwinden,
• der Rauch vertikal in
den Himmel steigt,
• die Mücken besonders aggressiv
zustechen.
Unfreundliches und regnerisches Wetter
dagegen kommt, wenn:
• am Abend starker Westwind weht,
• die Sonne hinter dunklen Wolken
untergeht.
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Tage°C
-2,6 -2,4 2,6 9,5 17,3 21,6 22 21,5 17,2 11,2 3,6 0,1
-8,3 -8,7 -4,9 0,9 6,3 10,5 12,3 11,9 7,7 4,0 -0,7 -4,2
0,9 2 4,7 5,4 7,3 8,5 7,6 7,0 5,3 2,8 1 0,7
17 14 13 13 11 13 16 14 12 13 14 16
29 28 30 37 42 77 93 81 56 47 38 36
Jan Feb Mär Apr Mai Juni Juli Aug Sep Okt Nov DezTemperaturTag °C
TemperaturNacht °C
Sonne:Stunden/Tag
Regen:Tage/Monat
mm/Monat
Klimadaten Polen: Suwa¬ki, Masuren 170 m
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FLORA &FAUNAAls der BambergerBischof Otto 1124ins östliche Pom-mern reiste, um diedort ansässigen Hei-den vom rechtenGlauben zu überzeu-gen, war sein Haupt-
problem eher natürlicher als religiöserArt. Wie sein Chronist Herbord berichtet,konnte sich der fromme Mann mit seinemGefolge nur äußerst mühsam einen Wegdurch die dichten Wälder bahnen. Dasganze Pommerland war damals ein schierundurchdringlicher Urwald. Mönche undNeusiedler hatten in den nächsten Jahr-hunderten alle Hände voll zu tun, dass auseinem puren Waldland Kulturland wurde.
Pflanzen und Vögel amBaltischen Meer
Auf Sand gewachsenSogar aus dem Weltall lässt sich derweiße Küstensaum ausmachen, beson-ders die weißen Hügel des ➚ S¬owi˙ski-Nationalparks bei fleba. Diese Weißdü-nen bestehen aus frischem Sand, dervom Wind hoch aufgetürmt wird. Er setztsich aus nährstoffarmen Muschelkalk,Quarz und anderen Mineralien zusam-men, auf denen sich nur hartgesottenePionierpflanzen halten können. Dies sindin erster Linie der Strandhafer, der sichmit seinen schuppigen Halmen im locke-ren Grund verankert, und das Haargras.Sie lassen sich sogar vom Sand über-decken und wachsen so mit der Dünemit. Nur dort, wo es durch Regenrinnsaleoder Trampelpfade zu Abruchkanten
kommt, können auch diese Pionierenichts mehr halten.
Die so genannten Graudünen sind ge-alterte Weißdünen, auf denen nun haupt-sächlich Gräser wie Sandsegge und Sil-bergras wachsen. Ihre abgestorbenenHalme bleiben unzersetzt auf dem Sandliegen und geben der Düne durch diesenRohhumus die graue Farbe. Polster ausMoosen und Flechten sowie Sandstroh-blume, Braunrote Sitter (Stendelwurz)und Stranddistel sind die Nachfolge-pflanzen, die die Düne weiter befestigen.Der ausdauernde, hochstielige Sitter ge-hört zu den spargelartigen Orchideenar-ten und liebt trockene und sandige Bö-den. Im Juli und August bildet er braunro-te bis violette, glockenartige Blüten, diebei warmen Wetter intensiv nach Vanilleduften.
Schließlich siedeln sich Zwergsträu-cher wie Besenheide und Krähenbeerean, die Wurzelpilze besitzen, die denRohhumus in Nährstoffe umwandelnkönnen. Auf der Dünenheide wachsenaußerdem Wundklee und Platterbse.Weit verbreitet sind Riedgras, Tüpfelfarn,dessen Blattunterseiten von Sporen nurso getüpfelt sind, und Sumpfporst, einbis zu 1,5 m hoher Strauch mit immer-grünen, lederartigen Blättern und Blüten-dolden. Er war früher ein beliebtes Mittelgegen Motten und wird daher auch Mot-tenkraut genannt. Sehr selten ist mittler-weile die Schwarze Johannisbeere.
Weitere Arten, die in Strandnähe ihrenLebensraum haben, sind der GemeinePestwurz und die Strandrogge, ein sehrhohes und bläulich-grünes Gras, daszum Befestigen des Flugsandes wichtigist. Die schöne blaublättrige und bis zu60 cm hohe Strandaster wächst auf salz-
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haltigen Strand- und Sumpfwiesen. Anden Kliffhängen findet man vor allemden Sanddorn. Die essbaren Beeren die-ses dornigen Strauches sind sehr reichan Vitamin C.
KüstenwälderAuf den nährstoffarmen und trockenenBöden breiten sich vor allem Kiefernwäl-der oder Kiefern-Eichen-Mischwälderaus. Ausgesprochene Sandkiefernwälderprägen denn auch oft das Landschafts-bild Nordpolens. Silbergras und Heide-seggen bewachsen häufig die Bödendes Kiefernwaldes, der sich oft aus derbuschigen Dünenheide entwickelt. Auffeuchten Ästen der Krähenbeere siedelnsich bald buschige Rentierflechten an,
die Trockenperioden durch Wachstums-starre überdauern. Die anspruchsloseBirke ist verstreut in fast allen Kiefern-wäldern anzutreffen. Vor allem an denRändern und an den Waldwegen.
Höchst beeindruckend sind die be-rühmten pommerschen Buchenwälder.Zum Teil gehen sie in einen Mischwaldmit Kiefern und Eichen über. Besondersim Küstenbereich Nordwestpolens ha-ben sie oft eine weitgehend geschlosse-ne Verbreitung, da die Buche die merge-ligen Grundmoränenböden liebt. DieWaldböden sind in der Regel sehr pflan-zenarm, weil die nicht selten riesigenLaubbäume kaum Sonnenlicht durchlas-sen. An lichteren Stellen gedeihen Zahn-wurz und Einblättriges Perlgras. Ansons-ten trifft man an feuchten Stellen aufFarne sowie auf Waldmeister, Busch-windröschen und Waldveilchen, drei zart-blättrige Frühlingsboten. Tipp: Die ältesten und schönsten Buchen
stehen im Bukowa-Urwald südlich von Stet-
tin und – als Bestandteile des ➚ Woli˙ski-
Nationalparks – an der Kliffküste bei
Mi¸dzyzdroje (Misdroy) und an den steilen
Hängen im Südwesten der Insel Wolin.
Vögel an der KüsteAuf dem Gebiet des Woli˙ski-National-parks horsten einige Paare des seltenen➚ Seeadlers. Auch Habicht, Turm- undWanderfalken, Kormorane, ➚ Weiß- undSchwarzstörche leben hier. Zurzeit ver-sucht man, den Uhu an der Küste wiederheimisch zu machen. Zu den Möwen-arten, die die Lüfte an der Küste in ihrerVielzahl und laut kreischend dominieren,gehören Lachmöwe, Gelbfußmöwe undSilbermöwe. Bei den Schwänen, die aufden Ostseewellen schaukeln, handelt es
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Sand, Strandhafer, Kiefern: Die Ostseeküste
bei Sarbinowo mit typischem Bewuchs
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sich um Höcker- undSingschwäne. Groß istdie Anzahl der langbeini-gen Schnepfenvögel. Zuihnen zählen beispiels-weise der Große Brachvogel und die Be-kassine, die im flachen Uferbereich nachKleintieren stochert. Sie wird auch Him-melsziege genannt, da beim Sturzflugder Männchen zur Erde ein dumpfes,meckerndes Summen zu vernehmen ist.
Leben im Baltischen MeerDas ➚ Brackwasser der Ostsee machtder Fauna und Flora das Leben schwer.Fische und Muscheln können sich nurschwer an das gemischte Wasser an-passen, deshalb gibt es in der Ostseenicht so viele Arten und die vorkommen-
den Meerestiere sind deutlich kleinerals in der Nordsee. Für die Fische-reiwirtschaft im Baltischen Meerbesonders wichtig sind Dorsch,Scholle, Flunder, Ostseeheringund Ostseesprotte.
Die Ostsee ist ein kleines Meer. DieAnziehungskräfte von Sonne und Mondwirken hier aber nicht so stark auf dasWasser wie in der Nordsee, weshalb esweder Ebbe noch Flut gibt. Auch die Wel-len in der Ostsee sind kleiner als in an-
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≥ Das Wappentier des Woli˙ski-Natio-nalparks (sowie des polnischen Staa-tes) ist der Seeadler (Haliaetus albicil-la). Er erreicht eine Höhe von 90 cmund eine Spannweitevon 2,40 m. Im Flugist er am keilförmi-gen weißen Schwanzund an den brettartig breiten, gefin-gerten Schwingen zu erkennen. SeineLäufe sind unbefiedert, denn er gehörtnicht zu den eigentlichen Adlern, son-dern steht den Milanen näher. Wiediese nimmt auch der Seeadler Aas anund schmarotzt bei anderen Greifvö-geln. Sein Lebensraum liegt stets amWasser, seien es Meeresküsten, Seenoder Flüsse. Er horstet gern auf alten,bis zu 30 m hohen Bäumen am Wald-rand. Der Horst besteht aus Knüppeln
und Ästchen. Erst im 5. Lebensjahr istder Seeadler geschlechtsreif. DasWeibchen legt im Februar oder März 1 – 3 matt kalkweiße Eier, die beide El-
ternvögel in etwa40 Tagen ausbrü-ten. Die Jungensind nach 80 – 90
Tagen flügge. Bei der Jagd vom erhöh-ten Ansitz aus oder im Suchflug ist derscheinbar schwerfällige Vogel äußerstgeschickt und vielseitig. Fische greifter im Fluge und sogar im Tauchen.Wasservögel überrascht er. Falls sietauchen, ermüdet er sie, indem er überdem Wasser so lange rüttelt, bis er sieschlagen kann. Altvögel überwinternmeist in der Nähe des Brutplatzes,Jungvögel streifen dagegen weitumher. ≤
DER SEEADLER,WAPPENTIER POLENS
Charakteristische Ufer-
vögel: Großer Brach-
vogel und Bekassine:
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deren Meeren. Zum Problem wird dieGröße der Ostsee bei Verschmutzungen:Durch die Flüsse gelangt viel dreckigesWasser und Dünger in das Meer. Nur beilang anhaltenden Stürmen im Frühjahroder Herbst kann sich das Ostseewas-ser wieder mit sauerstoffreicherem Was-ser aus der Nordsee vermischen.
Anglerparadies: Nord-polens fischreiche Seen In Nordpolen hat man insgesamt 6690
Seen gezählt! Allerdings sind dabei nurdie Gewässer berücksichtigt, die größerals ein Hektar sind. Ansonsten kämeman leicht auf die dreifache Anzahl.Nach der offiziellen Statistik besitzt diePommersche Seenplatte 4129, dieMasurische 2561 Seen. Sauber bis sehrsauber sind nahezu alle pommerschenSeen und alle masurischen Gewässernördlich von Gi˛ycko sowie alle kleine-ren, die mit den großen Durchlaufseennicht verbunden sind. Ebenso die isolier-ten Gewässer im Süden der Masuri-schen Seenplatte.
Neben den geomorphologischen Ei-genarten wie ➚ Moränen- und Rinnen-seen unterteilt man die Stillgewässer oftnach den Fischbeständen und den damitzusammenhängenden Wassertiefen. Sosind die Karauschenseen sehr seichteund schlammige Seen, in denen vorwie-gend Karauschen vorkommen. Dieser
Fisch gehört zur Familie der Karpfen undwird auch Moorkarpfen genannt. Hecht-seen sind in der Regel pflanzenreich,nicht tiefer als 6 m und haben schlammi-ge Böden. In ihnen leben außer Hechtenauch Aale, Rotauge und Schleie. DerZandersee ist nährstoffreich und bis zu12 m tief, seine Ufer oft mit Schilf um-säumt. Hier tummeln sich Zander, Karp-fen, Ukelei, Rotauge und Rotfeder. Die-ser silbergraue Fisch ist dem Rotauge(Plötze) ähnlich, hat aber rot gefärbteFlossenspitzen. Der Bleisee hat eine Tie-fe bis zu 20 m, schlammige Böden undist reich an Unterwasserpflanzen. Cha-rakteristische Fischarten dieses Seen-typs sind neben dem Blei, der zur Fami-lie der Karpfen gehört, vor allem Schleie,Hecht, Plötze, der oft in Schwärmen vor-kommende Kaulbarsch, Aal, Güster (we-gen seiner Form auch Breit- oder Platt-fisch genannt), Rotfedern und der Stint,der durchdringend nach frischen Gurkenriecht! Maränenseen schließlich sind tie-fer als 20 m, haben nur wenig Unterwas-serpflanzen und meist sandige, offeneUfer. Hier leben die sehr schmackhafteKleine und die Große Maräne aus der
Familie der Lachse, außerdem Aale,Hechte, Barsche, Plötze, Güster und dieebenfalls wohlschmeckende, grätenar-me Quappe, einziger Vertreter der Fami-lie der Dorsche im Süßwasser. Sie ist imNorden Polens stark verbreitet.
Schmeckt auch fein:
Die Kleine Maräne
Karpfenfisch, der zum Laichen aus der Ost-
see die Flüsse aufsteigt: Die Ziege
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