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Politikbrief 01/2014 Informationsdienst für Entscheider in Politik und Wirtschaft Inhalt Näher an der Realität: Ein neues Verfahren zur Verbrauchsbestimmung 2 von Fahrzeugen soll weltweiter Standard werden Derzeit ermitteln alle Fahrzeughersteller in Europa den Kraftstoffverbrauch und die Abgasemissionen ihrer Produkte mithilfe des „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ … Elektromobilität in Deutschland: Die Zeit ist reif für den Markthochlauf 3 Wir stehen an einer neuen Wegmarke: Die Elektromobilität ist markttauglich. Insgesamt 16 Serien-Elektromodelle deutscher Hersteller werden … Infrastruktur: Lkw nicht zum Lückenbüßer machen 4 Die neue Bundesregierung bekennt sich nicht nur zu mehr Investitionen in die Infrastruktur, sondern stellt auch fünf Milliarden Euro mehr für … Autonomes Fahren – Illusion oder nahe Zukunft? 5 Kennen Sie das? Sie stehen seit 20 Minuten im Stau. Eigentlich sollten Sie schon im Büro sein und sich auf den nächsten Termin vorbereiten. Wäre es nicht … Einladung zur 65. IAA Nutzfahrzeuge: Zukunft bewegen 6 Vom 25. September bis 2. Oktober öffnet die 65. Internationale Automobil- Ausstellung (IAA) Nutzfahrzeuge ihre Tore in Hannover. Ein Schwerpunkt der … Wettbewerbsfaktor Strompreis: Worauf es für die Industrie 7 bei der Energiewende ankommt Brauchen wir die Wende von der Wende? Gänzlich zurückzurudern wäre sicherlich der falsche Weg, aber beim Jahrhundertprojekt der deutschen Energiewende … Impressum 8

Politikrief 01/2014 - VDA...Beispiel die Nutzung von Klimaanlage, Radio oder Sitzheizung, die Straßenbeschaffenheit, unterschiedliche Witterungsverhält-nisse, vor allem aber die

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Politikbrief 01/2014

Informationsdienst für Entscheider in Politik und Wirtschaft

Inhalt Näher an der Realität: Ein neues Verfahren zur Verbrauchsbestimmung 2 von Fahrzeugen soll weltweiter Standard werden Derzeit ermitteln alle Fahrzeughersteller in Europa den Kraftstoffverbrauch und die Abgasemissionen ihrer Produkte mithilfe des „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ …

Elektromobilität in Deutschland: Die Zeit ist reif für den Markthochlauf 3 Wir stehen an einer neuen Wegmarke: Die Elektromobilität ist markttauglich. Insgesamt 16 Serien-Elektromodelle deutscher Hersteller werden …

Infrastruktur: Lkw nicht zum Lückenbüßer machen 4 Die neue Bundesregierung bekennt sich nicht nur zu mehr Investitionen in die Infrastruktur, sondern stellt auch fünf Milliarden Euro mehr für …

Autonomes Fahren – Illusion oder nahe Zukunft? 5 Kennen Sie das? Sie stehen seit 20 Minuten im Stau. Eigentlich sollten Sie schon im Büro sein und sich auf den nächsten Termin vorbereiten. Wäre es nicht …

Einladung zur 65. IAA Nutzfahrzeuge: Zukunft bewegen 6 Vom 25. September bis 2. Oktober öffnet die 65. Internationale Automobil- Ausstellung (IAA) Nutzfahrzeuge ihre Tore in Hannover. Ein Schwerpunkt der …

Wettbewerbsfaktor Strompreis: Worauf es für die Industrie 7 bei der Energiewende ankommt Brauchen wir die Wende von der Wende? Gänzlich zurückzurudern wäre sicherlich der falsche Weg, aber beim Jahrhundertprojekt der deutschen Energiewende …

Impressum 8

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Politikbrief 01/2014

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Derzeit ermitteln alle Fahrzeughersteller in Europa den Kraftstoff-verbrauch und die Abgasemissionen ihrer Produkte mithilfe des „Neuen Europäischen Fahrzyklus“, kurz NEFZ. Dieser hat sich jahrelang als verbindliche und gesetzlich vorgeschriebene Basis für den Vergleich verschiedener Fahrzeuge bewährt. Dennoch ist das Testverfahren in die Kritik geraten, weil im realen Betrieb Abweichungen zu den Prüfwerten auftreten können: Je nach Fahrverhalten und äußeren Bedingungen kann der Verbrauch über oder unter dem Normwert liegen. In der Praxis liegt er häufig darüber, was der Industrie die Kritik von Verbraucher-schützern und Umweltschutzorganisationen einbringt.

Ursachen für eine Überschreitung des Normverbrauchs sind zum Beispiel die Nutzung von Klimaanlage, Radio oder Sitzheizung, die Straßenbeschaffenheit, unterschiedliche Witterungsverhält-nisse, vor allem aber die individuelle Fahrweise. Wer konstant mit Tempo 80 auf der Landstraße fährt, wird den NEFZ-Wert aller Wahrscheinlichkeit nach unterschreiten. Im Stop-and-go-Verkehr der Innenstadt dagegen wird der Verbrauch meist höher liegen. Diese unterschiedlichen Einflussfaktoren kann die Messung des Normverbrauchs naturgemäß nicht abbilden. Denn es ist gerade der Sinn dieses Verfahrens, unter einheitlichen und immer gleichen Bedingungen stattzufinden. Nur so lassen sich die gemessenen Werte tatsächlich auch „vergleichen“. Experten aus aller Welt arbeiten nun unter dem Dach der Vereinten Nationen an einem global harmonisierten Testzyklus zur Ermittlung von Verbrauchswerten, die die Realität besser

Näher an der Realität: Ein neues Verfahren zur Verbrauchsbestimmung von Fahrzeugen soll weltweiter Standard werden

abbilden sollen. Die Automobilindustrie hat diese Initiative maßgeblich unterstützt und mit vorangetrieben. Neben Europa und Japan wollen Indien und Korea den Zyklus anwenden. China wird sich ebenfalls daran orientieren. Leider beteiligen sich die USA nicht an diesem Prozess.

Der neue WLTP-Zyklus (Worldwide Harmonized Light Duty Test Procedure) bezieht weltweit gesammelte Fahrdaten ein und deckt verschiedenste Fahrsituationen ab – vom Innenstadtver-kehr bis hin zur Autobahnfahrt. Ziel ist es, dem veränderten Fahrverhalten und den neuen Fahrzeugtechnologien besser gerecht zu werden. Im Gegensatz zum NEFZ enthält der WLTP-Zyklus wesentlich mehr Beschleunigungs- und Bremsvorgänge und ist viel dynamischer. Insgesamt sind die Randbedingungen klarer definiert als beim NEFZ – er wird deswegen über alle Motorvarianten hinweg zu einem statistischen „Mehrverbrauch“ führen. Für den alten wie den neuen Verbrauchstest gilt aller-dings: Ein geübter „Öko-Fahrer“ hat ebenso gute Chancen, die offiziellen Werte zu unterschreiten, wie ein „Bleifuß“ sie problemlos überschreiten kann. Die erste Phase der WLTP-Entwicklung wurde im März 2014 abgeschlossen. Die Testprozedur ist jetzt für konventionelle Fahrzeuge anwendbar. Noch offene Fragen, wie zum Beispiel die Einbeziehung von elektrifizierten Fahrzeugen und Plug-in-Hybriden, sollen bis Ende 2015 geklärt werden. Erst dann kann der WLTP-Zyklus auch in die EU-Gesetzgebung über-tragen werden.

Quelle: VDAQuelle: UN/ECE

Geschwindigkeitsprofil im künftigen „Weltzyklus“ WLTP

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WLTP NEFZ

Starttemperatur kalt kalt

Zykluszeit 30 min 20 min

Standzeitanteil 13 % 25 %

Zykluslänge 23,25 km 11 km

GeschwindigkeitMittel: 46,6 km/h – Maximal: 131 km/h

Mittel: 34 km/h – Maximal: 120 km/h

AntriebsleistungMittel: 7 kW –

Maximal: 47 kWMittel: 4 kW –

Maximal: 34 kW

Einfluss Sonder-ausstattung und Klimatisierung

Sonderausstattungen werden für Gewicht, Aerodynamik und

BN-Bedarf (Ruhestrom) berück-sichtigt. Keine Klimaanlage.

Wird gegenwärtig nicht berücksichtigt.

WLTPNEFZ

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Wir stehen an einer neuen Wegmarke: Die Elektromobilität ist markttauglich. Insgesamt 16 Serien-Elektromodelle deutscher Hersteller werden am Ende dieses Jahres erhältlich sein. Vom City-Flitzer bis zum Sportwagen – in keinem anderen Land wird eine solche elektromobile Vielfalt geboten. Mit seinem Angebot liegt Deutschland international an der Spitze. Das zeigt auch der aktuelle Electric Vehicle Index (EVI) von McKinsey.

Die Fahrzeuge sind natürlich das Aushängeschild. Aber die Elektromobilität ist eine Querschnittstechnologie, die neben unseren mittelständischen Zulieferfirmen besonders die Chemieindustrie, den Maschinenbau und die Elektroindustrie umfasst. Als neues Technologiefeld ist die Elektromobilität besonders hart umkämpft. Viele Länder sind fest entschlossen, die sich bietenden neuen Quellen für Arbeitsplätze und Wohl-stand zu erschließen. Weltweit konkurrieren Produktionsstandorte miteinander.

Auch Deutschland hat das Ziel und die Chance, internationaler Leitmarkt für Elektromobilität zu werden. Allerdings ist es jetzt an der Zeit, den Rahmen für einen erfolgreichen Markthochlauf zu schaffen. Erforderlich ist ein Bündel geeigneter Maßnahmen. Die Absicht von Bundesverkehrsminister Dobrindt, ein Elektro-mobilitätsgesetz noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen, ist ein erster richtiger Schritt. Sonderparkrechte oder auch die Nutzung von Busspuren können Anreize für den Kunden sein.

Hierfür müssen die zu privilegierenden Fahrzeuge definiert werden. Hybride, Plug-in-Hybride und Range-Extender, rein batterieelektrische Fahrzeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge leisten jeweils einen wichtigen Beitrag, um die Mobilität nachhaltiger zu gestalten. Ein technologieoffenes und deshalb sinnvolles Abgrenzungskriterium wäre eine elektrische Mindestreichweite von 25 km. Höhere Reichweiten würden größere Batterien erfordern. Damit stiegen jedoch Preis und Gewicht des Autos. Wenn aber schon mittlere Einkommens-schichten diese Mehrkosten nicht mehr akzeptieren, verpuffen auch die möglichen CO2-Einsparungen.

Weitere Schritte sind gefragt. Bund, Länder und Kommunen müssen bei der Erneuerung ihres Fuhrparks Zeichen setzen. Und natürlich spielen die Kosten eine wichtige Rolle bei der Kaufentscheidung. So bleiben die Batteriepreise eine der größten Herausforderungen. Aber Elektrofahrzeuge können trotz ihrer höheren Anschaffungskosten schon heute wirtschaftlich sein. Regelmäßige und kurze Strecken sind bestens geeignet, um sie elektrisch zu fahren. Die geringeren Verbrauchs- und Wartungskosten können die höheren Anschaffungsausgaben kompensieren. Über das Flottengeschäft muss der Markthochlauf in Bewegung kommen. Zumindest in den ersten Jahren werden Gewerbe-kunden den Kauf von E-Autos noch von zusätzlichen

Elektromobilität in Deutschland: Die Zeit ist reif für den Markthochlauf

politischen Anreizen abhängig machen. Deshalb hat die Nationale Plattform Elektromobilität zu Recht eine Sonderab-schreibung für gewerblich genutzte Fahrzeuge vorgeschlagen. Dies wäre ein bewährtes marktwirtschaftliches Instrument, um die Elektromobilität für einen großen Kreis von Unternehmen attraktiv zu machen. Und wir brauchen rasch praxistaugliche Steuerregeln für den Bezug von Ladestrom: Wer zum Beispiel auf dem Betriebsgelände seines Arbeitgebers sein privates E-Auto nicht aufladen darf, weil er das als geldwerten Vorteil versteuern muss, ist für den schnellen Markthochlauf „verloren“. Mit solchen Themen sollte der Fiskus so pragmatisch umgehen wie mit der Privatnutzung von betrieblichen PCs, als diese in der vorletzten Dekade die Schreibtische eroberten.

Darüber hinaus ist eine vernünftige Ladeinfrastruktur notwen-dig. Hier gibt es noch reichlich Verbesserungspotenzial. In den öffentlichen Bereichen, Parkhäusern und Einkaufszentren müssen weitere Lademöglichkeiten geschaffen werden. Zudem gilt es, die europäische Einigung auf das Combined Charging System (CCS) als Standard für Normal- und Schnellladen rasch in deutsches Recht umzusetzen.

Abschließend bleibt festzuhalten: Beim Übergang zur Elek-tromobilität würde jeder Versuch scheitern, die Kunden umzuerziehen. Durchsetzen wird sich ein Elektroauto nur als alltagstaugliches Komfortfahrzeug. Es muss bezahlbar sein. Aber es soll auch Spaß machen, elektrisch zu fahren. Mit ihren milliardenschweren Investitionen setzt die deutsche Automo-bilindustrie ein klares Signal. Hersteller wie Zulieferer sind fest entschlossen, ihren Beitrag zu einem elektromobilen Erfolg in Deutschland zu leisten.

Abbildung: Die Automobilindustrie hält Wort. Insgesamt 16 Serien-Elektromodelle

deutscher Hersteller werden am Ende dieses Jahres erhältlich sein. Im kommenden

Jahr werden zahlreiche weitere Modelle folgen.

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Die neue Bundesregierung bekennt sich nicht nur zu mehr Investi-tionen in die Infrastruktur, sondern stellt auch fünf Milliarden Euro mehr für den Verkehrsetat zur Verfügung. Weitere Mittel sollen vor allem durch eine deutliche Mehrbelastung des Straßengüterver-kehrs gewonnen werden – das sieht der Koalitionsvertrag vor.

Wegekostengutachten

Für die Höhe der Lkw-Maut sind neben dem politischen Willen die tatsächlichen Kosten für den Betrieb und die Erhaltung der Straßeninfrastruktur entscheidend. Diese fallen laut neuem Wegekostengutachten geringer aus als bisher. Grund dafür sind die geringeren Kapitalkosten infolge der aktuell niedrigen Zinsen. Die Lkw-Mautsätze müssen daher konsequenterweise abgesenkt werden.

Maut-Ausweitung trifft Mittelstand und strukturschwache Regionen

Vor diesem Hintergrund ist die Absicht der Bundesregierung zu sehen, zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Dafür will das BMVI auch die Kostenschraube an mehreren Stellen anziehen. So soll die Lkw-Maut auf Lkw ab 7,5 Tonnen Gesamtgewicht (aktuell: 12 Tonnen) und auf weitere rund 1.000 Kilometer vierspurige Bundesstraßen ausgeweitet werden. Betroffen wären davon vor allem der deutsche Mittelstand und der regionale Wirtschaftsver-kehr. Denn mehr als 90 Prozent der leichteren Lkw auf Bundes-fernstraßen tragen ein deutsches Kennzeichen.

Neben diesen Maßnahmen sollen Lkw ab 2018 nicht mehr nur auf Autobahnen, sondern auch auf den rund 40.000 Kilometer langen Bundesstraßen Maut bezahlen. Damit droht langfristig eine kritische Zusatzbelastung für Transportgewerbe, Wirtschaft und Verbraucher. Auch mit einer Beteiligung ausländischer Fahr-zeuge an den Wegekosten haben diese Pläne kaum etwas zu tun. Während immerhin 40 Prozent der mautpflichtigen Fahrleis-tungen auf Autobahnen auf ausländische Lkw entfallen, werden auf den bereits heute bemauteten Bundesstraßen 85 Prozent der gefahrenen Kilometer von deutschen Lkw zurückgelegt. Auf zweispurigen Bundesstraßen im ländlichen Raum dürfte dieser Anteil wohl noch höher liegen. Hinzu kommt: Das Wegekostengutachten schlägt für Bundes-straßen den doppelten Mautsatz wie für Autobahnen vor. Damit würden autobahnferne, strukturschwächere Standorte erst recht belastet, mit allen Folgen für inländische Unternehmen und Beschäftigte in diesen Regionen. Externe Kosten bringen weitere Verteuerung Diese umfangreiche Mautausweitung soll durch die Anlastung externer Kosten der Luftverschmutzung verschärft werden. Damit würde ein Systemwechsel vollzogen – weg von einer Nutzerge-

Infrastruktur: Lkw nicht zum Lückenbüßer machen

bühr mit Infrastruktur- und Wegekostenbezug. Eine Anlastung externer Kosten ist aus ökologischen Gründen jedoch nicht erforderlich. Die bewährte belastungsneutrale Spreizung der Maut nach Schadstoffklassen setzt bereits die nötigen Anreize für eine zügige Flottenerneuerung mit modernen emissionsar-men Fahrzeugen. Dass mit der Mautreform endlich eine eigene, günstige Mautklasse für Euro-6-Lkw geschaffen wird, ist daher begrüßenswert. Ein „Luftverschmutzungszuschlag“ auf die Maut ist insgesamt überflüssig.

Einbettung in Strukturreformen

Mit der Mautausweitung folgt die Politik auch Empfehlungen der Bodewig-Kommission – jedoch leider nur zum Teil. Die Kommission hatte vorgeschlagen, die neuen Gebühren in eine umfassende Reform einzubinden, inklusive der Schaffung von Infrastruktur-fonds für die einzelnen Verkehrsträger. Ohne die Weiterentwick-lung des Finanzierungskreislaufs für die Straße finden zusätzliche Nutzergebühren nicht die Akzeptanz des Gewerbes.

Kurzfristige Einnahmeausfälle sollten nicht darüber hinwegtäu-schen: Spätestens ab 2017/2018 werden die Mautkosten für die Transportwirtschaft wieder deutlich steigen. Der (einheimische) Lkw darf aber nicht zum Lückenbüßer für fehlende Haushalts-mittel gemacht werden. Denn Transport- und Logistikkosten sind ein entscheidender Standortfaktor für Deutschland.

Busse nicht belasten

Erst im Oktober hatte die Verkehrsministerkonferenz eine Busmaut ver- worfen, um das mittelständische Busgewerbe nicht zusätzlich zu belas-ten. Dabei sollte es bleiben. Ohnehin decken Busse ihre Wegekosten auf Autobahnen zu mehr als 270 Prozent ab (vgl. Pkw: 400 Prozent).

aus Haushaltsmitteln aus Lkw-Maut Sonderprogramme

Quelle: BMVI, VDA

Bundesfernstraßeninvestitionen (in Mrd. Euro)

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Autonomes Fahren – Illusion oder nahe Zukunft?

Kennen Sie das? Sie stehen seit 20 Minuten im Stau. Eigentlich sollten Sie schon im Büro sein und sich auf den nächsten Termin vorbereiten. Wäre es nicht ideal, jetzt auf Knopfdruck einen Stauassistenten einzuschalten, der für Sie bremst, anfährt und Abstand hält, während Sie Ihre Unterlagen durchgehen? Die gute Nachricht: Technisch ist das bald möglich. Die schlechte Nachricht: Die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen noch angepasst werden.

Die Entwicklung neuer Technik gehört zur DNA der Automo-bilindustrie. Moderne Assistenzsysteme machen das Fahren schon heute sicherer und bequemer. Sie helfen uns beim Abbiegen, bei Nachtfahrten oder Müdigkeit. Sie warnen uns, wenn das Auto die Fahrspur verlässt, oder sich ein anderes Fahrzeug im toten Winkel nähert. Damit diese Assistenzsysteme funktionieren können, haben unsere Unternehmen viel Technik in die Autos gebaut.

Die damit gewonnenen Informationen ermöglichen auch automatisierte Fahrfunktionen, bei denen das Auto die Fahr-aufgabe übernimmt. Erste Anwendungen wie ein Stau- oder ein Autobahnassistent werden in den kommenden Jahren verfügbar sein. Auch die endlosen Runden auf der Suche nach einem freien Platz im Parkhaus könnten bald der Vergangen-heit angehören. In mittlerer Zukunft kann man wahrscheinlich vor speziellen Parkhäusern aussteigen und das Auto sucht sich selbst den Parkplatz.

Um das technische Potenzial zu heben, müssen noch die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Der wich-tigste Ort, um die juristischen Fragen zu klären, sind die Vereinten Nationen (UN). Schließlich muss es eine weltweit gültige Regelung geben. Deutschland wird in den relevanten UN-Gremien von der Bundesregierung vertreten. Die deutsche Automobilindustrie unterstützt mit ihrer Expertise diese Arbeit.

Eines ist jedoch klar: Mit Fahrzeugen, die überall völlig auto-nom fahren, ist in den kommenden Jahren nicht zu rechnen. Medienberichte über Forschungsprojekte, nach denen der Einsatz solcher Fahrzeuge unmittelbar bevorsteht, wecken falsche Vorstellungen. Weder rechtlich noch technologisch oder mit Blick auf unsere Infrastruktur ist ein solches Szenario in naher oder selbst mittlerer Zukunft realistisch.

Die greifbare Zukunft liegt da schon eher in der Vernetzung der Fahrzeuge untereinander, mit ihrer Umwelt und dem Inter-net. Fahrzeuge werden über Mobilfunk oder W-LAN mitein-ander kommunizieren. So werden wir in Echtzeit vor Unfällen gewarnt, ohne dass wir dazu das Autoradio anschalten müssen. Wir werden Staus besser umfahren und so die Reise-zeiten verkürzen. Wir werden uns E-Mails im Auto vorlesen lassen. Das Ziel ist der unfallfreie Straßenverkehr. Gemeinsam mit der Politik und Partnern aus der Informationstechnologie gehen wir den Weg in die neue Mobilität.

Quelle: Continental AG

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Einladung zur 65. IAA Nutzfahrzeuge: Zukunft bewegen

Vom 25. September bis 2. Oktober öffnet die 65. Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) Nutzfahrzeuge ihre Tore in Hannover. Ein Schwerpunkt der internationalen Leit-messe für Mobilität und Transport ist in diesem Jahr die Vernetzung der Fahrzeuge mit all ihren Facetten: Sie bringt mehr Sicherheit durch intelligente Assistenzsysteme und erhöht Effizienz und Komfort.

Die IAA bietet nicht nur die höchste Dichte an Weltpremieren, sondern auch prakti-sche Vorführungen, zum Beispiel auf der Innovationsbühne. In Fachveranstaltungen stehen aktuelle Themen wie Verkehrssicherheit, alternative Kraftstoffe, Fahrerman-gel und die Barrierefreiheit in Fernbussen auf dem Programm. Zu den Workshops „goING“ und „workING“ erwarten wir erneut Schüler und Lehrer aus ganz Deutsch-land zur Studien– und Berufsorientierung. Zusätzlich findet unsere Schulklassenak-tion statt, die nicht nur einen günstigeren Eintritt, sondern auch viele Materialien zur Vorbereitung des Messebesuchs bietet.

Die IAA ist als weltweit wichtigste Mobilitätsmesse auch bedeutende Plattform für politische Kommunikation. Zahlreiche Bundes- und Landespolitiker, Vertreter der EU sowie weitere internationale Gäste werden erwartet. Der VDA bietet individu-elle Rundgänge für politische Mandatsträger und Mitarbeiter aus Ministerien und Behörden an. Informationen zu diesen Rundgängen gibt Christine Rother aus dem VDA-Organisationsteam unter 030 897842 - 401 bzw. [email protected]. Weitere Details zur Messe und zur Teilnahme an IAA-Fachveranstaltungen werden kontinuierlich aktualisiert auf www.iaa.de.

Programmauswahl der IAA-Fachveranstaltungen 2014

(Stand Anfang Mai 2014)

Do., 25.09. – Global Truck Markets – 2025 and beyond

Fr., 26.09. – CO2 Schwere Nutzfahrzeuge – Ladungssicherheit: Aus der Praxis für die Praxis (mit Demonstration) – IAA-China-Day 2014

Mo., 29.09. – Gefahrguttag (mit Demonstration) – LNG – der alternative Kraftstoff für das Nutzfahrzeug – Nutzfahrzeuge der Zukunft

Di., 30.09. – Werd’ Berufskraftfahrer! Spannender Job, moderner Arbeitsplatz, sichere Arbeitsstelle – Fernbusse in Deutschland – umweltfreundlich, attraktiv, barrierefrei (mit Demonstration) – Gemeinsam in neue Märkte! Außenwirt- schaftsförderung und Entwicklungs- zusammenarbeit – carIT-Kongress

Mi., 01.10. – IAA-India-Day 2014 – Grüne Logistik

N U T Z F A H R Z E U G E

6 5 . I N T E R N A T I O N A L E A U T O M O B I L - A U S S T E L L U N G

25. SEPTEMBER – 02. OKTOBER 2014 HANNOVER

www.iaa.de

Zukunft bewegen

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Brauchen wir die Wende von der Wende? Gänzlich zurückzurudern wäre sicherlich der falsche Weg, aber beim Jahrhundertprojekt der deutschen Energiewende brauchen wir eine Kurskorrektur. Das ist evident. Deshalb hat die Bundesregierung die Reform des Gesetzes zum Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) ganz oben auf ihre Agenda gesetzt.

Kein Zweifel: Strom aus erneuerbaren Energien ist ein immer wichtigerer Teil im Energiemix. Aber damit aus der Chance kein endloses Desaster wird, muss das EEG von einigen Konstrukti-onsfehlern befreit werden. Zuallererst gilt es, die Kostenspirale anzuhalten. Im vergangenen Jahr erzeugte das EEG Kosten in Höhe von mehr als 20 Milliarden Euro für eine Strommenge, deren Wert am Spotmarkt noch nicht einmal 5 Milliarden Euro betrug. Deutschland belegt bei den Strompreisen im interna-tionalen Vergleich der großen Industriestaaten einen bedau-erlichen Spitzenplatz. Unser Strompreis ist im Durchschnitt mehr als doppelt so hoch wie der in den USA, und auch in der EU sind die Energiekosten im Schnitt knapp um die Hälfte niedriger. Die größten Stromkunden in Deutschland sind Industrie und Gewerbe – rund 60 Prozent des Stroms gehen in diesen Bereich. Fast alle Unternehmen der Automobilindustrie zahlen den vollen Preis mit allen Abgaben. Nicht nur für viele unserer mittelständischen Firmen sind die hohen Energiekosten immer weniger akzeptabel. Einige große Unternehmen zahlen jedes Jahr sogar dreistellige Millionenbeträge nur für die EEG-Umlage. Die OECD und die Internationale Energiebehörde haben einen Anstieg des hiesigen Strompreises seit dem Jahr 2000 von 80 Prozent errechnet. Diese stetig wachsende Belastung hängt wie Blei an den Füßen unserer Unternehmen, die sich im welt-weiten Wettlauf gegenüber ihren Konkurrenten behaupten müssen. Dieser erhebliche Wettbewerbsnachteil birgt die Gefahr, den Industriestandort Deutschland nachhaltig zu schä-digen. Hier muss kurzfristig gegengesteuert werden. Denn das Risiko, industrielle Wertschöpfung an konkurrierende Standorte mit weniger ambitionierten Umwelt- und Klimavorschriften zu verlieren, wächst. Dies würde nicht nur dem Beschäfti-gungs- und Wohlstandsniveau hierzulande schaden, sondern letztlich auch der Umwelt. Erste Warnsignale sind erkennbar: So haben Firmen verschiedener Branchen bereits angekündigt, neue Investitionen außerhalb Deutschlands zu tätigen. Die deutsche Automobilindustrie produziert bereits seit 2010 mehr Fahrzeuge im Ausland als in ihren heimischen Werken. Neben „natürlichen“ Beweggründen beschleunigt der Strompreis diese Entwicklung.

Wettbewerbsfaktor Strompreis: Worauf es für die Industrie bei der Energiewende ankommt

Um die Kosten in den Griff zu bekommen, müssen die erneuer-baren Energien viel stärker in den Markt integriert werden. Die Bundesregierung schlägt dazu eine gleitende Marktprämie vor und will die Direktvermarktung von erneuerbar erzeugtem Strom aus Neuanlagen schrittweise vorschreiben. Das wird nicht reichen. Um mehr Wettbewerb zu schaffen, wäre ein prozentualer Aufschlag auf die Markterlöse effektiver. Die vorgesehene Ausschreibung würde diese Wirkung verstärken. Die Pflicht zur Direktvermarktung sollte früher als geplant und für deutlich mehr Größenklassen von Anlagen gelten. (Fortsetzung auf Seite 8)

EU-IndustriestrompreisvergleichGruppe IF: 70 GWh < Verbrauch < 150 GWh; Stand: 1. Halbjahr 2013

Quelle: Eurostat, VIK

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ZypernItalien

DeutschlandSlowakei

Vereinigtes KönigreichLettland

Tschechische RepublikUngarn

IrlandDänemark

PortugalÖsterreichSlowenien

EstlandNiederlande

GriechenlandSpanien

PolenRumänienFrankreich

KroatienBelgien

FinnlandNorwegenBulgarien

SchwedenMontenegro

FYR Mazedonien

Ct/kWh, Preise einschließlich Steuern (ohne MwSt.)

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Datenschutzhinweis: Wir speichern und nutzen Ihre Kontaktdaten, um Ihnen aktuelle Informationen des VDA e.V. per Post oder per E-Mail zusenden zu können.

Um Fehlversendungen zu vermeiden, achten wir darauf, dass die bei uns gespeicherten Kontaktdaten inhaltlich zutreffend sind. Wir möchten Sie daher bitten, uns

Änderungen Ihrer Kontaktdaten rechtzeitig mitzuteilen. Die Mitteilung kann per E-Mail an [email protected] oder per Post an den Verband der Automobilindustrie e.V.,

Behrenstr. 35, 10117 Berlin erfolgen. Über diese Adresse können Sie auch die gespeicherten Daten erfragen oder der Nutzung Ihrer Daten zum Zwecke der Zusendung

von Informationen widersprechen.

Impressum

Herausgeber VDA Verband der Automobilindustrie e.V. Behrenstr. 35 10117 Berlin www.vda.de Telefon 030 897842 - 0 Telefax 030 897842 - 600

Verantwortlich Dr. Kay Lindemann E-Mail [email protected]

Redaktion Tineke Bartsch, Dr. Christoph Muhle Politische Kommunikation E-Mail [email protected], [email protected]

Mitarbeiter dieses Politikbriefes Sandra Courant, Thomas Fabian, Marko Gustke, Matthias Krähling, Henry Kuhle, Peter Mair, Dr. Michael Niedenthal, Dr. Jakob Seiler, Stefanie Senft, Dr. Stefan Wöhrl

Stand Anfang Mai 2014

(Fortsetzung von Seite 7)

Vor einigen Jahren war es der Wunsch der Politik, dass sich Unternehmen verstärkt selbst um ihre Stromversorgung kümmern. Das haben sie getan, mit hohem Investitionsauf-wand. Nicht nur die energieintensiven Betriebe, auch andere Branchen wie die Automobilindustrie haben eigene Kraftwerke. Diese Eigenstromproduktion ist hocheffizient, weil die Abwärme gleichzeitig für die Produktion genutzt werden kann. Sie trägt zum Gelingen der Energiewende bei. Deswegen ist es richtig und gerecht, dass entgegen ersten Plänen für diesen selbst erzeugten Strom keine EEG-Umlage erhoben wird. Gleiches sollte weiterhin auch für neu gebaute Anlagen gelten. Entscheidend ist zudem, dass die energieintensiven Betriebe von der EEG-Umlage befreit bleiben. Die Wettbewerbsfähigkeit der stromintensiven Industrie ist für die Automobilindustrie wichtig –

auch wenn unsere Unternehmen meist selbst nicht dazugehören. Wir brauchen die gesamte Wertschöpfungskette in Deutschland. Was als Privileg von Brüssel gebrandmarkt wird, ist in Wahrheit der Ausgleich eines Wettbewerbsnachteils. Diesen Angriff aus Europa gilt es abzuwehren, damit Zukunftstechnologien hier nicht nur weiter entwickelt, sondern auch produziert werden können. Klar ist: Die Energiewende ist die deutsche Reformaufgabe – stark umkämpft und zum Erfolg verdammt. Trotzdem sollten wir nicht dem Tunnelblick verfallen, sondern auch zur Seite schauen. Da sehen wir, dass andere Länder andere Wege gehen. Wie etwa Frankreich, das einen viel niedrigeren Strompreis hat, oder Australien, das sich wieder auf die Kohle besinnt – mit der Begründung, eine Energiewende wie in Deutschland sei zu teuer.