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Science Factory 4/2002 Markenstrategie absatzwirtschaft 1 Vom Verdrängungswettbewerb in der Molkereiwirtschaft sind insbesondere kleine und mittelständische Unterneh- men sowie Genossenschaften, welche bislang kaum nationale Marken aufge- baut haben, betroffen. Soweit die Unternehmen aufgrund ihrer Größe und Organisation nicht in der Lage sind, als Kostenführer im Basisseg- ment ausreichende Gewinne zu erwirtschaften, werden zumindest bei langfristiger Betrachtung solchen Un- ternehmen wesentlich bessere Chan- cen eingeräumt, die es schaffen, Mar- ken im Premiumsegment zu etablie- ren. Der Erfolg einer Marke hängt da- bei eng mit deren Positionierung zu- sammen. Entscheidend ist, ob ihre spezifischen Präferenzleistungen überzeugend zum Ausdruck gebracht werden. Trotz der zentralen Bedeu- tung, welche die Positionierung für den Erfolg einer Marke und letztlich für den Unternehmenserfolg hat, fehlt vielen Milchproduktmarken eine klare Positionierung beziehungsweise wird die Positionierung nur sehr unsyste- matisch betrieben. Grundlagen der Positionierung von Milchproduktmarken (1) Ausgangspunkt der Produktpositio- nierung ist die Tatsache, dass Konsu- menten durchweg solche Produkte auswählen, deren Eigenschaften ihre speziellen Bedürfnisse am besten be- friedigen. (2) Das Ziel der Produktpo- sitionierung ist es somit, einen Pro- duktnutzen beziehungsweise. eine Produktleistung zu finden, welche mit den Nutzenerwartungen der poten- ziellen Kunden bestmöglich überein- stimmt. Dieser Produktnutzen oder dieses Leistungsangebot des Produk- tes sollte zudem einen einzigartigen Verkaufsvorteil darstellen, der das Produkt im Vergleich zum Wettbe- werb unverwechselbar macht und da- mit Grundlage für eine ganz spezifi- sche und nicht nachahmbare Profilie- rung darstellt ("USP") . (3) Die am weitesten entwickelte Form der Positionierung von Marken lässt sich in eine analytische und eine stra- tegische Komponente unterteilen . (4) Die analytische Komponente der Positionierung besteht aus der Festlegung und Profilierung des USP's innerhalb der Wahrnehmung der Verbraucher und in der Schaffung ei- nes strategischen Wettbewerbsvor- teils. Zu der strategischen Kompo- nente der Positionierung gehört die Definition der Marketingzielsetzung, die Strategieentwicklung zur Errei- chung dieser Zielsetzung sowie die Positionierung Milchprodukte erfolg- reich im Markt positionieren • Markenstrategie • Milchproduktmarken • Positionierung • Positionierungsprozess • Ernährungstrends Die Molkereiwirtschaft ist gegenwärtig mit einem harten Verdrän- gungswettbewerb konfrontiert. Der Erfolg einer Marke hängt in diesem Markt eng mit deren Positionierung zusammen. Undine Maidl und Hannes Weindlmaier erörtern die wichtigsten Rahmenbedingungen der Positionierung von Milchproduktmarken. Darüber hinaus stellen die Autoren eine Vorgehensweise zur Diskussion, welche es ermöglicht, den Positionierungsprozess auf eine systematische Basis zu stellen. FACHINFO Prof. Dr. Hans Weindlmaier ist seit 1991 Direktor des In- stituts für Betriebswirt- schaftslehre am Forschungszen- trum für Milch und Lebensmittel Weihenstephan der Technischen Universität München. Undine Maidl studierte an der TU München- Weihenstephan Agrarwissen- schaften. Im An- schluss war sie mehrere Jahre bei Kraft Jacobs Suchard sowie bei Philip Morris im Consumermarke- ting tätig. 1996 wechselte sie in die Unternehmensberatung. Seit 1998 arbeitet sie als freie Beraterin. Kontakt: [email protected] [email protected]

Positionierung Milchprodukte erfolg- reich im Markt ...printarchiv.absatzwirtschaft.de/pdf/sf/weindlmaier.pdf · Kraft Jacobs Suchard sowie bei Philip Morris im Consumermarke-ting

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Science Factory 4/2002

Markenstrategie

absatzwirtschaft 1

Vom Verdrängungswettbewerb in derMolkereiwirtschaft sind insbesonderekleine und mittelständische Unterneh-men sowie Genossenschaften, welchebislang kaum nationale Marken aufge-baut haben, betroffen. Soweit dieUnternehmen aufgrund ihrer Größeund Organisation nicht in der Lagesind, als Kostenführer im Basisseg-ment ausreichende Gewinne zuerwirtschaften, werden zumindest beilangfristiger Betrachtung solchen Un-ternehmen wesentlich bessere Chan-cen eingeräumt, die es schaffen, Mar-ken im Premiumsegment zu etablie-ren. Der Erfolg einer Marke hängt da-bei eng mit deren Positionierung zu-sammen. Entscheidend ist, ob ihrespezifischen Präferenzleistungenüberzeugend zum Ausdruck gebrachtwerden. Trotz der zentralen Bedeu-tung, welche die Positionierung fürden Erfolg einer Marke und letztlichfür den Unternehmenserfolg hat, fehltvielen Milchproduktmarken eine klarePositionierung beziehungsweise wirddie Positionierung nur sehr unsyste-matisch betrieben.

Grundlagen der Positionierung vonMilchproduktmarken (1)Ausgangspunkt der Produktpositio-nierung ist die Tatsache, dass Konsu-

menten durchweg solche Produkteauswählen, deren Eigenschaften ihrespeziellen Bedürfnisse am besten be-friedigen. (2) Das Ziel der Produktpo-sitionierung ist es somit, einen Pro-duktnutzen beziehungsweise. eineProduktleistung zu finden, welche mitden Nutzenerwartungen der poten-ziellen Kunden bestmöglich überein-stimmt. Dieser Produktnutzen oderdieses Leistungsangebot des Produk-tes sollte zudem einen einzigartigenVerkaufsvorteil darstellen, der dasProdukt im Vergleich zum Wettbe-werb unverwechselbar macht und da-mit Grundlage für eine ganz spezifi-sche und nicht nachahmbare Profilie-rung darstellt ("USP") . (3)Die am weitesten entwickelte Formder Positionierung von Marken lässtsich in eine analytische und eine stra-tegische Komponente unterteilen. (4)Die analytische Komponente derPositionierung besteht aus derFestlegung und Profilierung des USP'sinnerhalb der Wahrnehmung derVerbraucher und in der Schaffung ei-nes strategischen Wettbewerbsvor-teils. Zu der strategischen Kompo-nente der Positionierung gehört dieDefinition der Marketingzielsetzung,die Strategieentwicklung zur Errei-chung dieser Zielsetzung sowie die

PositionierungMilchprodukte erfolg-

reich im Markt positionieren

• Markenstrategie• Milchproduktmarken• Positionierung• Positionierungsprozess• Ernährungstrends

Die Molkereiwirtschaft ist gegenwärtig mit einem harten Verdrän-gungswettbewerb konfrontiert. Der Erfolg einer Marke hängt in diesemMarkt eng mit deren Positionierung zusammen. Undine Maidl undHannes Weindlmaier erörtern die wichtigsten Rahmenbedingungen derPositionierung von Milchproduktmarken. Darüber hinaus stellen dieAutoren eine Vorgehensweise zur Diskussion, welche es ermöglicht, denPositionierungsprozess auf eine systematische Basis zu stellen.

FACHINFO

Prof. Dr. HansWeindlmaierist seit 1991Direktor des In-stituts fürB e t r i e b s w i r t -schaftslehre amForschungszen-trum für Milch

und Lebensmittel Weihenstephan derTechnischen Universität München.

Undine Maidlstudierte an derTU München-WeihenstephanA g r a r w i s s e n -schaften. Im An-schluss war siemehrere Jahre bei

Kraft Jacobs Suchard sowie beiPhilip Morris im Consumermarke-ting tätig. 1996 wechselte sie in dieUnternehmensberatung. Seit 1998arbeitet sie als freie Beraterin.

Kontakt: [email protected]@rwe.com

Festlegung des einzusetzenden Mar-keting-Mix und des Wettbewerbsver-haltens. Im Folgenden wird insbeson-dere auf die analytische Komponenteder Positionierung näher eingegangen.Um seine Bedürfnisse zu befriedigen,kauft der Verbraucher mit einemMilchprodukt ein ganzes Bündel anNutzenkomponenten (vgl. Abb. 1).Bei Milchprodukten werden durchden Grundnutzen im wesentlichenKonsumentenbedürfnisse hinsichtlichNährwert, Geschmack/Aroma, Kon-sistenz usw. befriedigt. Der Zusatz-nutzen unterteilt sich in Zusatz-leistungen, wie etwa eine Milchpro-duktverpackung, die alternativ alsBehälter für das Tiefgefrieren verwen-det werden kann und Zusatzaus-stattungen, beispielsweise eine Verpa-ckungsbeilage. Der Grundnutzen ist bei den meistenMilchproduktmarken für die Festle-gung des USP nicht geeignet, da dieQualitätsunterschiede bei "Low-In-terest Produkten", zu denen Milchpro-dukte überwiegend zählen, für eineDifferenzierung zu gering sind. (5)Zusätzlich ließe sich ein darauf basie-render USP nur schwer kommunizie-ren, da es einerseits über die echtenQualitätsunterschiede der konkurrie-renden Marken nur wenige Informa-tionen gibt und andererseits die (we-nig involvierten) Konsumenten aufgesättigten Märkten nur ein geringesProdukt- und Informationsinteressehaben.. (6)Besser geeignet für die Positionierungsind emotionale Nutzenkomponen-ten, welche über die Vermittlung sinn-lich-emotionaler Erlebnisse einenBeitrag zu einer Steigerung der emo-tionalen Lebensqualität leisten. Emo-tionale Erlebniswerte sind zum Bei-spiel Prestige, Sportlichkeit, Erotikund soziales Glück. Um diesen emo-tionalen Nutzen vermitteln zu können,muss das Produkt/die Marke mit die-sen Werten aufgeladen werden.Beispielsweise suggeriert die Marke"Landliebe" die "reine, unberührteNatur", während die Joghurtmarke"LC1" von Nestlé versucht, durch denMarkennamen die ernährungswissen-schaftliche Basierung des probioti-schen Milchprodukts zum Ausdruck

zu bringen und damit dem Produkt dieAura des "besonders Wertvollen" zuverleihen. (7)Soll eine emotionale Positionierungrealisiert werden, geht es zunächstdarum zu analysieren, welche emo-tionalen Werte für die Zielgruppe be-deutsam sind ("Core Values"). (8)Um bei den informations- und werb-lich überfluteten Märkten für Milch-produkte ein Chance zur Profilie-rung des festgelegten USP der Mar-ke zu haben, ist es ferner erforderlich,eine einfach zu verstehende Bot-schaft für die Marke zu finden undsich auf einen der für die Verbraucher

wichtigsten Nutzen zu beschränken(z.B. "Gut für die Gesundheit"). Diesbedingt die Beachtung folgender dreiKriterien: (9)

• Die Grundaussage muss einfach zukommunizieren sein ("KISS: keep itsimple and stupid").

• Die Marke soll in ihrer Kategorie alserste am Markt sein um von denKonsumenten wahrgenommen zuwerden ("FIRST") und um in das"evoked set" der präferierten Mar-ken zu gelangen.

• Aufgrund der großen Informations-überflutung der Konsumenten ist ei-ne hohe Werbeintensität erforder-lich ("VOICE"). (10)

Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktorfür die Positionierung ist die Schaf-fung eines strategischen Wettbe-werbsvorteils für das Unternehmen,das heißt die Sicherung einer dauer-haften und profitablen Alleinstellungim Wettbewerb. Hierzu ist es erfor-derlich, dass die Marke nicht nur aufaktuelle Bedürfnisse, sondern auchauf latente und zukünftige Bedürf-nisse eine Antwort anbietet.

Darstellung des Positionierungs-prozesses Eine erfolgversprechende Positionie-rung stellt höchste Anforderungen andas Positionierungs-Management derUnternehmen. Um eine optimale Ziel-erreichung mir den nur begrenzt zurVerfügung stehenden Ressourcen zuerreichen ist ein möglichst effektiverund effizienter Positionierungsprozessunerlässlich. Der im Rahmen der vor-liegenden Arbeit entwickelte Positio-nierungsprozess unterscheidet dreiPhasen (vgl. Abb. 2). In der erstenPhase wird das Positionierungsziel

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Rationaler Nutzen

Positionierung

Emotionaler Nutzen

Grundnutzen

• Milchinhaltsstoffe• Nährwert• Geschmack/Aroma• Frische• Konsistenz etc.

SachlicherZusatznutzen

• Zusatzleistungen z.B. Conveniencevor- teile der Verpackung• Zusatzausstattungen, z.B. Verpackungs- beilagen

Zielgruppenspezifische Werte zurBefriedigung emotionalerBedürfnisse

• Prestige• Sportlichkeit• Erotik• etc.

Abb. 1: Nutzenebenen der Positionierung von Milchprodukten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an KARMASIN H. (1993): Produkte alsBotschaften, Wien , S. 252. VERSHOVEN W. (1959): Die Marktentnahme als Kernstückder Wirtschaftsförderung, Berlin/Köln, S. 89

festgelegt. In der zweiten Phase wer-den potentielle Positionierungsalter-nativen erarbeitet. Die Positionie-rungsentscheidung in der dritten Pha-se erfolgt durch die Bewertung undAuswahl der für das Unternehmen ambesten geeigneten Positionierungs-alternative. In regelmäßigen Abstän-den ist die festgelegte Positionierungzu überprüfen und es ist zu entschei-den, ob die Positionierung beibehaltenwerden kann oder ob eine Um- bzw.Repositionierung erforderlich ist. AlsEntscheidungshilfe wurden für dieeinzelnen Stufen umfangreicheChecklisten erarbeitet, um eine syste-matische Vorgehensweise im Positio-nierungsprozess zu gewähr-leisten. (11)

1. Phase des Positionie-rungsprozesses: Analyseund Festlegung der Positio-nierungszieleFür die Definition derZielsetzung der Positionie-rung ist die Bestimmung derIst-Situation, die Durchfüh-rung einer Trendanalyseund die Überprüfung derPositionierungsziele erfor-derlich.

• Bestimmung der Ist-Si-tuation

Bei der Bestimmung derZielsetzung ist festzulegen,welche generellen Ziele und

Strategien das Unternehmen im Mar-keting verfolgt. Wird eine Präferenz-strategie oder eine Nischenstrategieumgesetzt? Wird im Marketing seg-mentorientiert oder undifferenziertvorgegangen? Soll eine Einzelmar-ken- oder eine Dachmarkenstrategierealisiert werden? Als Informationenfür diese Analyse dienen die angepeil-te Zielgruppe und deren Bedürfnisse,der USP, der "Reason Why", dieNutzenebenen, die "Core Values", dasWettbewerbsumfeld sowie die vor-aussichtliche Reaktion des Handels.

• TrendanalyseDamit das Ergebnis des Positionie-

rungsprozesses längerfristig Gültig-keit haben kann, sind auch künftigeEntwicklungen und deren Auswirkun-gen zu berücksichtigen. Von besonde-rer Bedeutung sind dabei die latentenund zukünftig erwarteten Bedürfnisseder Zielgruppe. Zur Informationserhe-bung im Kontext der Trendanalysebietet es sich an, verfügbare Studienvon Verlagen, Werbeagenturen, derCMA etc. zu nutzen. Neben den allge-mein zugänglichen Sekundärquellenist oftmals die Durchführung von Pri-märerhebungen erforderlich. Hier lie-fern insbesondere der Außendienst,Lieferanten, Kunden und Expertenwichtige Informationen. Da Trendsnicht unbedingt in der eigenen Bran-che oder im eigenen Land entstehen,ist zusätzlich die Analyse von ver-wandten Branchen und von Zielgrup-pen vorteilhaft, welche zu den "Trend-settern" gehören. Darüber hinaus bie-tet es sich an, Entwicklungen in ande-ren Ländern sorgfältig zu beobachten. Für die Identifikation latenter Bedürf-nisse ist auch der Einsatz des Lead-User-Konzepts geeignet, das in derEntwicklung von Produktinnovatio-nen im Molkereibereich erfolgreichgetestet wurde. (12) Abb. 3 zeigt diefür die Positionierung von Milchpro-duktmarken relevanten Trends (13),die auf eigenen Untersuchungen undverschiedenen aktuellen Studien ba-sieren. Die dargestellten Trends wur-

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absatzwirtschaft 3

2. SchrittAuswahl der vorteilhaftesten

Positionierung

1. SchrittBewertung der

Positionierungsalternativen

1. Phase

2. Phase

3. Phase

1. SchrittMarktsegmentierung

2. SchrittVorselektion der

Teilmärkte

3. SchrittBestimmung der

Bedürfnisse

4. SchrittDef. der Positionie-rungsalternativen

1. SchrittBestimmung der Ist-

Situation

2. SchrittTrendanalyse

3. SchrittÜberprüfung der

Positionierungsziele

Ermittlung der Positionierungsalternativen

Positionierungsentscheidung

Analyse und Festlegung der Positionierungsziele

Systematische Überprüfung der Positionierungsentscheidung

Abb. 2: Ablaufmodell Positionierungsprozess

Quelle: Eigene Darstellung

TrendsTren

ds

Moral- Food(Fair Trade)

Umwelt-freundlich Kontrolliert

5 Sicherheit /Verantwor- tung

Basis-Produkte

6

Preis /Leistung

ConvenienceSnackingTake away /Fast Food

3

KeineZeit /Convenience

Natürlich /Organisch

Mineralien /Vitamine

FunctionalFood

Leichtes Essen mitGeschmack

2

GesundesLeben

Frische

„Professional-Food“ (Starköche)

ModerneTradition

Absolut sündhaf-tes, sinnlichesGenießen

Fremde Länder(z.B. Ethnic Food)

Genuss

1

Fun-Food

Single- Food

Kinder-Produkte

Senioren-Produkte

Familien-Produkte

Life style

4

Bedürfnisse

Quelle: MAIDL U. (2002), a.a.O. und die dort angegebene Literatur

Abb. 3: Aktuelle Ernährungstrends als Basis für die Positio-nierung von Milchprodukten

den sechs grundlegenden aktuellenBedürfnissen zugeordnet. Wie eineAuswertung von Marktforschungs-ergebnissen zeigte, repräsentieren beiMilchprodukten insbesondere "Ge-sundheit", "Geschmack/Frische,""Natürlichkeit" und "Kinder/Familie"zentrale Werte und sind dementspre-chend für deren Positionierung be-sonders geeignet. (14)

• Überprüfung der Positionierungs-ziele

Auf der Basis der Erkenntnisse aus derBestimmung der Ist-Situation und derTrendanalyse ist zu entscheiden, obdie bisherige Positionierung derMarke(n) des Unternehmens beibe-halten werden kann oder ob Änderun-gen vorgenommen werden müssen.Beispielsweise hat die Positionierungvon Milchprodukten in der Mehrweg-Glasverpackung auf der Basis derWerte "Umwelt- und Ressourcen-schutz" stark an Bedeutung verloren,während andere Werte, z.B. der Wert"Convenience", wesentlich stärker inden Vordergrund gerückt sind.(15)

2. Phase des Positionierungsprozes-ses: Ermittlung der Positionierungsal-ternativenDie zweite Phase des Positionie-rungsprozesses unterteilt sich in die"Marktsegmentierung", die "Vorselek-

tion der Teilmärkte", die "Bestim-mung der Bedürfnisse" sowie die "De-finition der Positionierungsalterna-tiven".

• Zielgruppendefinition/Marktseg-mentierung

Nachdem die Zielsetzung festgelegtist, muss eine tragfähige und erfolg-versprechende Neu- beziehungsweiseRepositionierung gefunden werden. Jenach Positionierungstyp ist die Basishierfür eine möglichst detaillierteAnalyse von bestehenden und poten-ziellen Kunden. Um psychographi-sche Segmentierungskriterien festle-gen zu können, sind Primärerhebun-gen anzustreben. Dass diese nicht miteinem hohen Aufwand verbunden seinmüssen, zeigt das Beispiel Unilever:Wünsche und Bedürfnisse der Konsu-menten werden durch einfache Kon-zepte erhoben, die den direkten Kon-takt zwischen Konsument und "Mar-kenkreaturen" beinhalten. Dies erfolgtdurch die Auswertung von Kunden-reklamationen sowie die Durchfüh-rung von "In home" Anwendungen,welche im Haushalt mit Videokame-ras aufgenommen werden. (15)

• Vorselektion der TeilmärkteFür den Fall, dass durch dieMarktsegmentierung mehrere inte-ressante Segmente bzw. Zielgruppenidentifiziert wurden, sind daraus die

für das Unternehmen attraktivstenTeilmärkte auszuwählen. Für diesenZweck bietet sich eine Portfolioana-lyse an, in welcher die Teilmärkte zumBeispiel nach den Kriterien "Marktat-traktivität" und "eigener Wettbewerbs-vorteil" beurteilt werden. Alternativdazu kann die Auswahl der Teilmärkteauch unter Einsatz einer Checkliste er-folgen, welche die für den Markter-folg entscheidenden Kriterien wie et-wa das Absatzpotential, die Marktein-trittschancen und -risiken sowie Er-fahrungs- und Größenvorteile beinhal-tet.

• Bestimmung der BedürfnisseFür die selektierten Zielgruppen be-ziehungsweise Teilmärkte müssen dieBedürfnisse erhoben werden. Für dieEntwicklung einer langfristig relevan-ten Positionierung spielen die latentenund zukünftigen Bedürfnisse eine ent-scheidende Rolle. Ein wichtigerGrund ist darin zu sehen, dass beste-hende Bedürfnisse häufig bereitsdurch Wettbewerber abgedeckt sind.

• Definition der Positionierungsalter-nativen

Auf der Basis der anvisierten Ziel-gruppen/Marktsegmente und ihrerBedürfnisse sind schließlich die Posi-tionierungsalternativen zu definieren.Eine mögliche Vorgehensweise, dieder Positionierung eines Milchdessert

zugrunde liegen könnte, enthältauszugsweise Checkliste 1.Darauf aufbauend ist im Weg ei-ner Vorselektion zu beurteilen,ob die Definition der Produkt-eigenschaften/Leistungen alsDifferenzierungskriterien geeig-net sind. Für eine zu entwickeln-de Positionierung sind insbeson-dere die Bedürfnisse von Interes-se, welche für die Konsumentenwichtig sind, die zur Zeit jedochnoch nicht optimal erfüllt werden(in Abb. 4 Feld links/oben). BeiBedürfnissen, welche durch denWettbewerb bereits relativ gutbefriedigt werden, ist zunächstzu überprüfen, ob dieser Befrie-digungsgrad dauerhaft übertroff-fen werden kann.

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Sachlicher Emotionaler Zusatznutzen Nutzen

Positionierungsalternative 1: Produktnutzen: Verführung in die Cremiger, sahniger

Geschmack

Reason Why: Verwendung von frischer Sahne, hoher Fettgehalt des Desserts

Mit „Panna Cotta von „Firma X“ entfliehe ich in die mediterrane Welt Italiens.

Positionierungsalternative 2: Grundnutzen:

„Mousse au Chocolat“ Traumhaft schokoladiger Geschmack

Produktnutzen 2 Reason Why:

Verwendung von X % feinster Schokolade

Erdbeersauce als „On Pack“ (also separat beigefügt). Kann somit individuell dosiert werden.

Für eine festliche Tafel geeignetes Becherdesign

Wenn ich Mousse von „Firma X“ genieße, vergesse ich für diesen Moment alles um mich herum.

Zielgruppe/Teilmarkt: MilchdessertBedürfnis: Genuss „Absolut sündhaftes, sinnliches genießen“

Grundnutzen

Quelle: Eigene Darstellung

Checkliste 1: Definition der Postionierungsalternativen

3. Phase des Positionierungsprozes-ses: Positionierungsentscheidung In der abschließenden Phase desPositionierungsprozesses ist endgültigzu entscheiden, welche Teilmärktekünftig bearbeitet werden und welcheLeistungen beziehungsweise welcherUSP in diesen Teilmärkten angebotenwerden sollen. Das Ziel der Bewer-tung muss es sein, einerseits zu über-prüfen, ob die in Phase 1 festgelegtenZiele von den jeweiligen Positionie-rungsalternativen erfüllt werden könn-

nen, andererseits ist die für dasUnternehmen erfolgreichste Alternati-ve zu selektieren. Als Hilfe für diesenEntscheidungsprozess sind in Check-liste 2 (s. am Schluss dieses Beitrags)den einzelnen Positionierungsbaustei-nen die jeweiligen Anforderungen füreine erfolgreiche Positionierung zuge-ordnet.

Top-Management entscheidendIn Molkereiunternehmen, die basie-rend auf dem Angebot von Hersteller-

marken eine Differenzierungsstrategieverfolgen, kommt einer professionell-len Durchführung des Positionie-rungsprozesses eine sehr große Be-deutung zu. Neben dem erforderlichenKnow-how ist der Erfolg des Positio-nierungsprozesses maßgeblich davonabhängig, ob die entsprechenden Res-sourcen sowie die notwendigen Toolszur Verfügung gestellt werden. Der Positionierungsprozess und dieVerwendung der entwickelten Check-listen wurde in ausgewählten Molke-reiunternehmen getestet. Es zeigtesich, dass damit der Positionierungs-prozess effektiv und effizient durchge-führt werden kann. Dabei ist es wich-tig, die festgelegten Positionierungs-bedingungen an alle am Positionie-rungsprozess beteiligten Personen-gruppen umfassend zu kommunizie-ren. Neben dem Produktmanagementsind die Produktions- und Entwick-lungsabteilung, der Einkauf sowie dieWerbeagentur in diesen Prozess ein-zubeziehen. Entscheidend ist letztlich,ob das Top-Management voll hinterder gewählten Positionierung steht.

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Erfüllungsgrad der Produktleistung

Hoch Bedürfnisse in diesem Feld sind für den Konsumenten von hoher Bedeutung. Sie werden jedoch noch gar nicht bzw. noch nicht sehr gut durch die Produktleistungen

Bedürfnisse in diesem Feld sind von hoher Bedeutung, werden jedoch schon relativ gut durch Produktleistungen der Wettbewerber erfüllt.

Bedürfnisse in diesem Feld sind nur von geringem Interesse und werden aus diesem Grunde durch die Produktleistungen auch nur unzureichend erfüllt.

Bedürfnisse in diesem Feld sind zwar niedrig in der Bedeutung, werden jedoch durch die Produktleistungen relativ gut erfüllt.

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Abb. 4 Beurteilungs-Matrix der Positionierungsalternativen

Quelle: Eigene Darstellung

Anmerkungen

(1) Der Beitrag basiert auf der Dissertation der aufgeführten Koautorin. Vgl. MAIDL, U. (erscheint 2002): Entwick-lung einer stan-dardisierten Vorgehensweise zur Positionierung von Marken in mittelständischen Unternehmen. Dargestellt am Beispiel derDeutschen Molkereiwirtschaft. In: Hochschulschriften zur Betriebswirtschaftslehre, München: VVF-Verlag.(2) Vgl. KROEBER-RIEL W.; WEINBERG, P. (1996): Konsumentenverhalten, 6. Aufl., München, S. 211 ff.(3) Vgl. dazu z.B. BECKER J. (1998): Marketing Konzeption, 6. Auflage, München, S. 183 ff.; Bruhn M. (1997): Marketing,Grundlagen für Studium und Praxis, 3. Aufl., Wiesbaden, S. 130; ESCH, F. (2000): Markenpositio-nierung als Grundlage derMarkenführung. In: ESCH, R. (Hrsg.): Moderne Markenführung. 2. Auflage. Wiesba-den, S. 233-265(4) Vgl. TROMMSDORF V.; ZELLERHOFF C. (1994): Produkt- und Markenpositionierung. In: Bruhn M. (Hrsg.), HandbuchMarkenartikel, Bd. I, Stuttgart, S. 349-373.(5) Vgl. TROMMSDORFF, V. (1993), Konsumentenverhalten, 2. Aufl., Stuttgart, S. 52.(6) Vgl. Vgl. KROEBER-RIEL W.; WEINBERG, P. (1996): Konsumentenverhalten, 6. Aufl., München, S. 119 ff.(7) KÖHLER spricht in diesem Zusammenhang auch von einer "proaktiven Positionierung", durch welche neue Nut-zendimensionenin die Wahrnehmung der Nachfrager eingeführt werden. Vgl. KÖHLER, R. (2001): Erfolgreiche Markenpositionierung angesichtszunehmender Zersplitterung von Zielgruppen. In: KÖHLER, R.; MAJER, W.; WIEZOREK, H.: Erfolgsfaktor Marke. München. S. 57.(8) Vgl. BISMARCK V. W.-B.; BAUMANN S. (1996): Markenmythos, 2. Aufl., Frankfurt, S. 161.(9) Vgl. RIES A.; TROUT J. (1990): Marketing fängt beim Kunden an: Taktik geht vor Strategie, Frankfurt (10) Der Anstieg der Milchproduktwerbung von 144,2 Mio. EUR im Jahr 1989 auf 270,0 Mio. EUR in Jahr 2001 unterstreicht dieBedeutung der Unterstützung von Marken durch die Werbung. Vgl. Milch-Marketing (2002), 18. Jg., H. 3, S. 55.(11) Im vorliegenden Beitrag werden nur ausgewählte Checklisten dargestellt und erläutert. Für eine vollständige Darstellung derChecklisten vgl. MAIDL, U. (2002), a.a.O.(12) Vgl. STOCKMEYER, B. (erscheint 2002): Ansatzpunkte und Methoden zur Effizienzsteigerung im Innovations-management derErnährungsindustrie. In: Hochschulschriften zur Betriebswirtschaftslehre, München: VVF-Verlag.(13) Vgl. dazu auch WEINDLMAIER, H.; FALLSCHEER, T.; DUSTMANN, H. (2001): Dem Trend auf der Spur. Weiße Linie:Perspektiven und Erfolgspotentiale. In: Milch-Marketing, 18. Jg., H. 10, S. 66-71 und H. 11, S. 50-54.(14) Vgl. Maidl, U. (2002), a.a.O., S. 93-142.(15) Vgl. dazu Stach, M. (1995): Reaktionen des Marketing auf eine sich ändernde Konsumentin. In. Markenartikel, H. 10, S.459-462.

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Positionierungsbaustein

Anforderungenð  Emotionaler Nutzen: Passen die Werte zu den relevanten Werten der Zielgruppe bzw. verkörpern sie ihren Lifestyle?

·      Für die Zielgruppe nachvollziehbare und einfache Begründung des USP

·          Kann der „Reason Why“ einfach und verständlich kommuniziert werden?

·      Ist der USP von so immenser Bedeutung für die Zielgruppe, dass er sie wirklich dazu motiviert, das Produkt zu

·      Beschränkt sich der USP auf den für die Zielgruppe wichtigsten Nutzen?·      Passt der USP zu den „Core Values“ des Unternehmens bzw. der Marke, und wird er durch diese in den Augen ·      Passt der USP zu den zentralen Werten der Produktgruppe?·      Zusätzliche Kriterien bei einer Positionsaktualisierung oder Positionsverstärkung:ð  Sind die neben der Kernaussage aufgestellten Positionierungsdimensionen eigenständig?ð  Passen die verschiedenen Positionierungsdimensionen zum Markenkern?ð  Wird die Grundpositionierung beibehalten bzw. nur geringfügig geändert?ð  Liegt eine zeit- und dimensionsgemäße Gestaltung der Positionierungsschwerpunkte vor?

·      KISS (Keep it simple and stupid)ð  Kann der USP einfach und verständlich kommuniziert werden?ð  Ist der USP für die Zielgruppe glaubwürdig und echt - kann er durch einen plausiblen „Reason Why“ begründet ð  Ist der USP stimmig zu bereits vorhandenen Interessen und Einstellungen der Zielgruppe?

·      FIRSTð  Besteht die Möglichkeit, die erste Stelle im „Evoked-set“ der Zielgruppe zu besetzen?ð  Entsteht durch den USP in der Wahrnehmung der Verbraucher eine neue Kategorie?

·      VOICEð  Kann die Zielgruppe effektiv mit der Botschaft erreicht werden (Mediadruck, Interesse der Zielgruppe)?

Wettbewerbs- ·      Spiegelt das Wettbewerbsumfeld die Marktstruktur so wieder, wie der Konsument es sieht?umfeld ·      Von welchen Wettbewerbern soll das geplante Volumen generiert werden und welche Maßnahmen sind hierzu

·      Mit welchen Wettbewerbsreaktionen, die den Positionierungserfolg beeinträchtigen könnten, muss gerechnet werden und wie ist darauf zu reagieren?·      Alleinstellung im Wettbewerb:ð  Ist der definierte USP einmalig bzw. wird er von den Konsumenten für einmalig gehalten?ð  Hebt sich das Produkt vom Wettbewerb ab?ð  Ist eine Umsetzung der Differenzierung auf allen für den Konsumenten erlebbaren Ebenen möglich?

·      Gewinnbeitrag:ð  Übersteigt der Mehrpreis, den die Abnehmer zu zahlen bereit sind, die Mehrkosten der Differenzierung?ð  Besteht die Gefahr, dass der Kostenunterschied zu den Billiganbietern so groß wird, dass die Markenloyalität von den Konsumenten nicht mehr aufrechterhalten wird?ð  Wie groß ist das Risiko der Kannibalisierung mit dem bestehenden Leistungsangebot?

·      Dauerhaftigkeit:ð  Sind die Werte bzw. Bedürfnisse der Zielgruppe, die durch den USP befriedigt werden, langfristig? Gehören ð  Ist eine flexible Anpassung des USP's an sich ändernde Wettbewerbs- und Kundenpräferenzen durch die Positionsaktualisierung oder -verstärkung möglich?ð  Kann die "Einzigartigkeit" des USP's dauerhaft vor Nachahmern geschützt werden?

-       Bestehen Barrieren gegen Nachahmung?

-       Kann ein dauerhafter Kostenvorteil bei der Differenzierung erreicht werden?Reaktion des ·      Welchen Vorteil bietet das neue Produkt für den Handel gegenüber bestehenden Produkten?Handels ð  Ist das neue Produkt profitabler als bestehende?

ð  Ist ein Zusatzumsatz erzielbar, z.B. durch die Ansprache neuer Kundenbedürfnisse?

Bestimmung des USP

Profilierung des USP

Aufbau eines komparativen Konkurrenzvorteils durch den USP

Nutzenebenen der Positionierung

„Reason Why“

Checkliste 2: Anforderungskatalog für eine erfolgreiche Positionierung

Quelle: Eigene Darstellung