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11.06.2013 1 Praxisempfehlungen für psychologische Interventionen in der Rehabilitation - Chronischer Rückenschmerz und KHK Oskar Mittag & Christina Reese Abteilung Qualitätsmanagement und Sozialmedizin (AQMS) am Universitätsklinikum Freiburg Fachdialog „Psychologie in der medizinischen Rehabilitation“, 14. und 15. Juni 2013 in Erkner gefördert von: Warum diese Modellerkrankungen? Beide Diagnosen sind häufiger Anlass für medizinische Rehabilitation Unterschiede hinsichtlich Epidemiologie, Risikofaktoren, Behandlung und Verlauf. Evidenz (gute?) für die Notwendigkeit und Wirksamkeit psychologischer Interventionen

Praxisempfehlungen für psychologische Interventionen in ... · PDF fileHADS) bei allen Patienten • Entscheidung durch Arzt oder Psychologen über vertiefende Diagnostik / psychologische

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11.06.2013

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Praxisempfehlungen für psychologische Interventionen in der Rehabilitation -

Chronischer Rückenschmerz und KHK

Oskar Mittag & Christina ReeseAbteilung Qualitätsmanagement und Sozialmedizin (AQMS)

am Universitätsklinikum Freiburg

Fachdialog „Psychologie in der medizinischen Rehabilitation“, 14. und 15. Juni 2013 in Erkner

gefördert von:

Warum diese Modellerkrankungen?

• Beide Diagnosen sind häufiger Anlass für medizinische Rehabilitation

• Unterschiede hinsichtlich Epidemiologie, Risikofaktoren, Behandlung und Verlauf.

• Evidenz (gute?) für die Notwendigkeit und Wirksamkeit psychologischer Interventionen

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• Psychologische Interventionen gut etabliert• Leitlinien / KTL schließen psychologische

Interventionen ein• Aber:

– Leitlinien nicht ausreichend differenziert und konkret für Anwendung im Einzelfall

– erhebliche Versorgungsunterschiede zwischen einzelnen Einrichtungen

– Bedürfnis nach belastbaren Empfehlungen für die psychologische Praxis

Ausgangssituation

Vorgaben für die Entwicklung der Praxisempfehlungen

• Hoher Konkretisierungsgrad

• Beste verfügbare Evidenz

• Strukturkonservativ

• Breit konsentiert

• Der Begriff „psychologische Intervention“ wird im übergreifenden Sinn für diagnostische, therapeutische oder edukative Maßnahmen gebraucht, die psychologisch fundiert sind.

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Was haben wir gemacht?

Literaturrecherche nach systematischen

Reviews und Leitlinien

Befragung zu Strukturen und Praxis

in der Psychologie

Formulierung einer ersten Version der Praxisempfehlungen und Konsentierung in zwei ExpertInnenworkshops

Konsultationsfassung an alle Leitenden PsychologInnen

und ChefärztInnen

Fokusgruppen mit RehabilitandInnen

Revision der Praxisempfehlungen und Konsentierung im Rahmen eines abschließenden ExpertInnenworkshops

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Insgesamt 703 Fragebögen verschickt

Grundgesamtheit: 161 kardiologische und 452 orthopädische Einrichtungen

Rücklaufquote 53%!

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Stellenverhältnis

M = 0,83 (stationär)

AHB = 70 %

AHB = 38 %

Stellenverhältnis

Stellenverhältnis in den ambulanten Einrichtungen besser (MOrth. / Kard. = 1,37 / 2,04 auf 100 Patienten)

In 80 bzw. 90 % (stationär) und 40 % (ambulant) der Einrichtungen gibt es ein Psychologenteam.

50 % der PsychologInnen (stationär und ambulant) sind als Psychotherapeuten approbiert.

M = 1,15 (stationär)

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Therapeutische Ausrichtung

KVT GT systemisch psych.dyn.0%

20%

40%

60%

80%

100%

Orthopädie

Kardiologie

Häufigste Kombinationen

0%

10%

20%

30%

40%

OrthopädieKardiologie

Aufteilung der Arbeitszeiten

Kardiologie

Entspannung17,9%

Einzelgespräch37,9%

Gruppe (allg.)7,2%

Gruppe (problem.)11,7%

Diagnostik5,9%

Besprechungen6,7%

Verwaltung11,2%

sonstige1,6%

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Aufteilung der Arbeitszeiten

Orthopädie

Entspannung18,0%

Einzelgespräch37,0%

Gruppe (allg.)5,8%

Gruppe (problem.)11,7% Diagnostik

6,0%

Besprechungen7,1%

Verwaltung12,5%

sonstige2,0%

… aber große Heterogenität zwischen den Einrichtungen!

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Zuweisung von PatientInnen zur Psychologischen Abteilung über …

sehr selten / nie sehr häufig

aufnehmende ÄrztInnen

ärztliche Visite

Selbstzuweisung

Teambesprechungen

sonstige Berufsgruppen

Screening-Fragebogen

psychologische Visite

0 1 2 3 4 5

Orthopädie

Kardiologie

Was haben wir gemacht?

Literaturrecherche nach systematischen

Reviews und Leitlinien

Befragung zu Strukturen und Praxis

in der Psychologie

Formulierung einer ersten Version der Praxisempfehlungen und Konsentierung in zwei ExpertInnenworkshops

Konsultationsfassung an alle Leitenden PsychologInnen

und ChefärztInnen

Fokusgruppen mit RehabilitandInnen

Revision der Praxisempfehlungen und Konsentierung im Rahmen eines abschließenden ExpertInnenworkshops

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Orthopädie 21 Empfehlungen

Kardiologie 33 Empfehlungen

Ergebnisse der Anwenderbefragung

• Befragungszeitraum: 7/2011

• Insgesamt 1.228 Konsultationsfassungen

• Rücklauf: 38 Prozent!

• Mittlere Zustimmungsrate über alle Empfehlungen: 92% (Range: 58 - 100%)

• Über 2.000 z. T. sehr ausführliche Freitextangaben (davon 83 % positiv)

• Zustimmung auch in den Fokusgruppen

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Was haben wir gemacht?

Literaturrecherche nach systematischen

Reviews und Leitlinien

Befragung zu Strukturen und Praxis

in der Psychologie

Formulierung einer ersten Version der Praxisempfehlungen und Konsentierung in zwei ExpertInnenworkshops

Konsultationsfassung an alle Leitenden PsychologInnen

und ChefärztInnen

Fokusgruppen mit RehabilitandInnen

Revision der Praxisempfehlungen und Konsentierung im Rahmen eines abschließenden ExpertInnenworkshops

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Inhalte der Praxisempfehlungen (Koronare Herzkrankheit)Psychische Funktionen

1.1Depression und Angst1.2Anpassungsstörungen, akute Belastungsreaktionen, PTBS1.3Affektdurchlässigkeit / -labilität1.4Kognitive oder Verhaltensstörung aufgrund einer Schädigung oder

Funktionsstörung des Gehirns1.5Weitere psychische Komorbidität1.6Akute psychische oder psychosoziale Probleme; Probleme bei der Krankheits-

oder Krankheitsfolgenbewältigung

Körperfunktionen2.1Implantierter Kardiodefibrillator (ICD)2.2Hypertonie2.3Herzrhythmusstörungen2.4Sexualleben

Umweltfaktoren und personenbezogene Faktoren3.1 Lang andauernde psychosoziale Belastungen3.2Problemlagen in Bezug auf die Erwerbstätigkeit3.3Rauchen3.4Bewegungsmangel3.5Fehlernährung3.6Ungenügende Adherence

• Screening durch den aufnehmenden Arzt• Nach 3 - 4 Tagen Statuserhebung (z. B. PHQ-9,

HADS) bei allen Patienten • Entscheidung durch Arzt oder Psychologen über

vertiefende Diagnostik / psychologische Betreuung • Einleitung einer evidenzbasierten Behandlung• Verlaufsbeobachtung durch gesamtes Rehateam • Am Ende der Reha Verlaufskontrolle bei allen

Patienten (z. B. PHQ-9, HADS)• Dokumentation der Diagnose im Entlassbrief• Nachsorgeempfehlung ( z. B. psychosomatische

Grundversorgung) • Wiederholte Kontrolle durch den Hausarzt

Depression, Angst

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Kognitive Dysfunktion (z. B. POCD)

• Screening durch den aufnehmenden Arzt (z. B. bei postoperativen Patienten, Z. n. Reanimation)

• Orientierende neuropsychologische Untersuchung - Aufmerksamkeit / Konzentration- Visuomotorik- Gedächtnis / Lernfähigkeit- Exekutivfunktionen

• Differentialdiagnosen Depression oder Demenz besonders beachten

• Vertiefte neuropsychologische Diagnostik und Behandlung im Anschluss an die Rehabilitation!

Inhalte der Praxisempfehlungen (chronischer Rückenschmerz)

Basisangebote1.1Rückenschule1.2Entspannungstraining1.3Schmerzbewältigungstraining oder Psychologische Schmerztherapie

Psychische Funktionen2.1Depression und Angst2.2Schmerzbezogene Kognitionen, Schon- und Vermeidungsverhalten

oder Durchhalteverhalten 2.3Weitere psychische Komorbidität2.4 Akute psychische oder psychosoziale Probleme; Probleme bei der

Krankheits- oder Krankheitsfolgenbewältigung

Umweltfaktoren und personenbezogene Faktoren3.1 Lang andauernde psychosoziale Belastungen3.2Problemlagen in Bezug auf die Erwerbstätigkeit3.3Bewegungsmangel

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Für alle Patienten …

• Standardisierte Rückenschule (z. B. „Curriculum Rückenschule“ von Meng et al., 2011)

• Entspannungstraining

Wenn psychosoziale Faktoren eine besondere Rolle spielen …

• Schmerzbewältigungstraining (mind. 4 UE, psychoedukativ, Dipl.-Psych. / MSc)

oder

• Psychologische Schmerztherapie (> 4 UE, max. 12 Teilnehmer, PPT)

Basisangebote

Für alle Patienten …

• Standardisierte Rückenschule (z. B. „Curriculum Rückenschule“ von Meng et al., 2011)

• Entspannungstraining

Wenn psychosoziale Faktoren eine besondere Rolle spielen …

• Schmerzbewältigungstraining (mind. 4 UE, psychoedukativ, Dipl.-Psych. / MSc)

oder

• Psychologische Schmerztherapie (> 4 UE, max. 12 Teilnehmer, PPT)

Basisangebote

„Yellow flags“ sind z. B. …

Depression und Angst

schmerzbezogene Kognitionen / Verhalten

Langdauernde psychosoziale Belastungen

Problemlagen bezüglich Erwerbstätigkeit

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Psychologische Interventionen durch das gesamte Rehateam

1. Motivierende Gesprächsführung (Miller & Rollnick, 2009)

2. Handlungs- und Bewältigungsplanung (z. B. Sniehotta et al., 2005)

Mitarbeiterfortbildung!

Interdisziplinäre Teamsitzungen!

Supervision!

Was ist das Besondere?

• Mehr Psychologie in die Einrichtungen!

• Theoriegeleitete Interventionen (z. B. HAPA)

• Das gesamte Rehateam ist einbezogen

• Reha als langfristiger Prozess (Nachsorge!)

• Angaben zu Strukturvoraussetzungen und Mindestqualifikation

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Grundkonzept der Rehabilitation

Medizin

PsychologieBewegungs-therapie …

Motivierende Gesprächsführung

Kognitive & behaviorale

Therapie

Wir freuen uns auf die Diskussion!

Ab 2014 Folgeprojekt für die Diagnosen:

• Diabetes mellitus Typ 2• Mamma-, Prostata- und Kolonkarzinom• Schlaganfall