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THEMA: GRüNE VERKEHRSINFRASTRUKTURPOLITIK WAHLRECHT ENERGIEWENDE MäRZ 2012 NEUE WEGE GEHEN

profil: grün März 2012

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Liebe Leserin, lieber Leser, Joachim Gauck wird neuer Bundespräsident. Eine gute Nachricht für uns, weil wir ihn vorgeschlagen und schon 2010 für den besseren Kandidaten gehalten haben. Eine gute Nachricht aber auch für all diejenigen, die die fortdauernde Beschädigung des Amtes durch Christian Wulff unerträglich fanden. Dass sich Union und FDP zu dem rot-grünen Kandidaten bekennen, ist eine gute Entscheidung. Wir sehen jetzt aber auch, ...

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ThemA: Grüne VerkehrsInfrAsTrukTurpolITIk

WAhlrechT

enerGIeWende

märz 2012

neue WeGe Gehen

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Impressum

edITorIAl Seite 3

Renate Künast

Grüne VerkehrsInfrAsTrukTurpolITIk Seite 4

Dr. Toni Hofreiter und Stephan Kühn

enerGIeWende Am ende? Seite 8

Hans-Josef Fell

Grün beWeGT Seite 10

porTräT: TobIAs lIndner Seite 14

WAhlrechT – VerhälTnIsmässIG unberechenbAr Seite 16

Volker Beck und Wolfgang Wieland

Grün und bunT Seite 20

WeImArer erklärunG 2012 Seite 22

märz 2012 | VerkehrsInfrAsTrukTurpolITIk

herausgeberin: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, 11011 Berlin, TEL 030/227 56789, FAX 030/227 56552, [email protected]

V.i.s.d.p.: Nina Lösche

redaktion: Gisela Hüber, Sibylle Kraut-Eppich, Ute Köhler, Herta Parchent, Benjamin Winter

Gestaltung: Stefan Kaminski, Jakina U. Wesselmann

Titelbild: Jakina U. Wesselmann, Quelle: fotolia, cartogis

druck: möller druck und verlag gmbh

Auflage: 84.000, erscheint auch als Anzeige im „schrägstrich“

redaktionsschluss: 23.02.2012

papier: 90 g/qm Circle Matt White

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„Joachim Gauck ist ein mann,der in diesem Land etwas erLebt, er Litten und erkämpft hat.“

lIebe leserIn, lIeber leser,

Joachim Gauck wird neuer Bundespräsident. Eine gute Nachricht für uns, weil wir ihn vorgeschlagen und schon 2010 für den besseren Kandidaten gehalten haben. Eine gute Nachricht aber auch für all diejenigen, die die fortdauernde Beschädigung des Amtes durch Christian Wulff unerträglich fanden. Dass sich Union und FDP zu dem rot-grünen Kandidaten bekennen, ist eine gute Ent-scheidung.

Wir sehen jetzt aber auch, dass die Bundesregierung keine Gemeinsamkeiten mehr hat. Der Koalition fehlt damit die entscheidende Voraussetzung, so entschlossen zu handeln, wie es die europäische Finanzkrise erfordern wür-de. Union und FDP haben nicht die Kraft, notwendige – auch unpopuläre – Entscheidungen zu treffen. So schwelt die Krise weiter und nagt am europä-ischen Fundament.

Auch bei den Aufgaben im eigenen Land präsentiert sich Schwarz-Gelb ohne Initiativen, Projekte, echte Reformen. Besonders deutlich zu sehen ist das bei der Energiewende. Energieeffizienz und erneuerbare Energien kommen nicht voran. Das zentrale Feld der Verkehrsinfrastrukturpolitik wird nach dem alten Wünsch-dir-was-Prinzip beackert. Klare Prioritäten sind nicht zu erkennen. Bei der Reform des Wahlrechts hat die Koalition nach langem Trödeln ein Gesetz verabschiedet, das weder das Wahlrecht vereinfacht noch das Problem des negativen Stimmrechts behebt.

Deutschland hat Besseres verdient. Eine echte Energiewende mit großen öko-nomischen Chancen. Eine moderne Mobilitätspolitik. Ein Wahlrecht, das die demokratischen Spielregeln unserer Verfassung achtet. Und nicht zuletzt eine Politik, die Frauen den Weg in die Schaltzentralen ebnet, zum Beispiel in die Aufsichtsräte. Eine Forderung, die wir auch zum diesjährigen Internationalen Frauentag erneuern.

Die Alternative ist grün. Unseren Wegweiser zur Bewältigung der zentralen Herausforderungen finden Sie in der „Weimarer Erklärung“ in diesem Heft.

Herzlich

Ihre renATe künAsT

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Grüne InfrAsTrukTurpolITIk – neue WeGe Gehen!

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Castrop-Rauxel: Eine von vielen „So-da“-Brücken, wie der Bundesrechnungshof unfertig gebaute Brücken bezeichnet, die einfach so da in der Landschaft stehen. Quelle: VISUM

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enerGIeWende Am ende?

ein Jahr nach fukushima ist die schwarz-gelbe energiewende schon am ende, bevor sie angefangen hat. Was bleibt, sind die abgeschalteten Atommeiler. Im ewigen hin und her der regierungskoalition bleibt jeder Ansatz einer zukunftsfähigen energiepolitik auf der strecke.

Quelle: Corbis

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hans-Josef fell mdb Sprecher für Energiepolitik

In diesen Tagen versucht sich der FDP-Parteivorsitzende und Wirtschaftsminister Rösler mit der Forderung nach unbe-grenztem Wirtschaftswachstum zu profilieren. Dass die Wirtschaft mit erneuerbaren Energien wachsen könnte, hat er dabei nicht im Sinn. Den Ausbau der Solarenergie will er ab sofort drastisch kürzen und ab 2014 schrittweise ganz aussteigen. Schlimm ist, das er sich mit dieser Linie gegen-über Umweltminister Röttgen und unter Duldung der Kanz-lerin durchsetzen konnte. Fakten spielen dabei eine unter-geordnete Rolle, es geht nur um Machtpolitik.

WIrTschAfT profITIerT, VerbrAucher zAhlT

Obwohl in der Energiepolitik nichts vorangeht, bringt der Atomausstieg bisher – allen Unkenrufen zum Trotz – weder die heraufbeschworenen Verteuerungen noch Blackouts bei der Stromversorgung. An der Börse sind die Strompreise dank Ökostrom auf den tiefsten Stand seit fünf Jahren gefal-len. Dass die Bürger dennoch tiefer ins Portemonnaie grei-fen müssen, hat andere Gründe. Vor allem die Umvertei-lungspolitik der Bundesregierung treibt die Strompreise für die Haushalte nach oben. Wirtschaftsminister Rösler macht der Industrie ein Geschenk nach dem anderen. Die Kosten dafür zahlen die privaten Verbraucher.

erneuerbAre seTzen sIch durch

Trotz aller schwarz-gelben Querschüsse schreiben die erneuerbaren Energien im Stromsektor weiter Erfolgsge-schichte. Das spiegelt sich auch in den Nachbarländern wider. Nach dem letzten Atomausstiegsbeschluss witterten die Energiekonzerne dort Morgenluft, sie hofften auf gute Geschäfte mit dem Export von Atomstrom nach Deutsch-land. Doch mittlerweile füllt sich das hiesige Stromnetz zunehmend mit Wind- und Solarstrom. Nicht nur bei uns drücken sie die Preise nach unten, sondern über den euro-päischen Stromhandel auch in den Nachbarstaaten. Neue teure Atomkraftwerke können da nicht mithalten. So haben unsere niederländischen Nachbarn gerade den geplanten Neubau eines AKW abgeblasen. Der Atompolitik der Bundes-regierung ist dagegen weiterhin nicht zu trauen. Der Atom-ausstieg hindert sie nicht daran, den Export von Atomtech-nik mit Hermeskrediten zu fördern, etwa für den Atomreaktor Angra III in Brasilien.

AusGehunGerT und kApuTTGespArT

Die Energiewende kostet, auf sie zu verzichten kostet aber auch: 400 Milliarden Dollar musste Europa im letzten Jahr für Ölimporte bezahlen, nach 280 Milliarden Dollar im Jahr davor. Tendenz steigend. Von einer Strategie „weg vom Öl“ ist bei Schwarz-Gelb nichts zu sehen. In strategischen Berei-chen der Energiewende herrschen Stagnation oder der Rot-stift:

netzausbau: Hier wird viel Zeit mit untauglichen Konzep-ten verplempert. Neueste technologische Entwicklungen bleiben im Netzkonzept der Bundesregierung unberück-sichtigt.

kraft-Wärme-kopplung (kWk): Ein politischer Wille, ihren Ausbau mit der Novelle des KWK-Gesetzes zu beschleuni-gen, ist nicht erkennbar. Wie in alten Zeiten setzt die Bundesregierung auf den Bau neuer Großkraftwerke. Wirtschaftsminister Rösler will sogar ein Subventionspro-gramm für Kohlekraftwerke auflegen. Dass sich die FDP als Kohlesubventionspartei profilieren will, ist immerhin eine Neuheit.

energieeinsparung: Hatte die Bundesregierung die Mittel für Gebäudesanierung nach Fukushima vorübergehend auf-gestockt, so hat sie sie jetzt um 600 Millionen Euro gekürzt. Zugleich blockiert Rösler in Brüssel die Energieeffizienzricht-linie – ein klares Votum für Energieverschwendung.

förderung der erneuerbaren im Wärmebereich: Hier setzt die Bundesregierung den Rotstift an, zuerst bei der Solar-thermie. Die zusätzlichen Mittel, die aus dem Energie- und Klimafonds (EKF) finanziert werden sollten, fielen einer kurzsichtigen Sparpolitik zum Opfer.

Verkehr: Verkehrsminister Ramsauer setzt auf Beton und neue Straßen. Über ökostrombetriebene Elektroautos wird viel geredet, getan wird wenig. Die Biokraftstoffe überlässt man den Mineralölkonzernen – und die Nachhaltigkeit gleich mit.

fazit: Ein Jahr nach Fukushima sehen wir statt einer schwarz-gelben Energiewende ein Rollback. Ein Jahr vor der Bundestagswahl versuchen die alten Kräfte das Rad so weit wie möglich zurückzudrehen.

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» mIndesTlohn mIT AusnAhmen

Die Mindestlohndebatte erreicht endlich die Koalition. Eine Arbeits-gruppe der Unionsfraktion erarbei-tet derzeit einen Vorschlag, der vor-behaltlich einer Zustimmung durch die FDP noch in dieser Legislaturpe-riode Geltung erlangen soll. Das diskutierte Modell sieht eine Lohn-untergrenze in den Branchen vor, in denen kein gültiger Tarifvertrag existiert. Die Höhe soll durch eine Kommission der Sozialpartner bestimmt werden.

Es ist zu begrüßen, dass nun endlich auch in der Union die Einsicht um sich greift, dass es mit dem wach-senden Niedriglohnsektor nicht wei-tergehen kann wie bisher. Das größte Problem des vorliegenden Vor-schlags: Tariflich vereinbarte Nied-rigstlöhne – beispielsweise 3,06 Euro für eine Friseurin in Sachsen – haben damit weiter Bestand. Zudem wird ein Geschäftsfeld für neue Gewerkschaften ge schaffen, die Niedrigstlöhne vereinbaren. Das alles hat mit einem flächendeckenden und verbindlich geltenden Mindest-lohn nichts zu tun.

Wir Grüne im Bundestag wollen dagegen einen echten Mindestlohn für alle Beschäftigten. Eine Mindest-lohnkommission bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern von Gewerkschaften, Arbeitgeberver-bänden und Wissenschaft soll eine geeignete Mindestlohnhöhe ermit-teln. Ziel ist es, angemessene und faire Arbeitsbedingungen zu schaf-fen sowie sozialversicherungspflich-tige Beschäftigung zu erhalten.

gruene-bundestag.de » Themen A-z » Arbeit

» dIe Grüne pfleGe-bürGerVersIcherunG

In der Pflege sucht man die Regie-rungskoalition vergeblich: Sie hat weder die Finanzen noch die Leistungen in Ordnung gebracht. Wir Grüne haben dagegen ein zu kunftsfähiges Konzept vorgelegt: Alle Bürgerinnen und Bürger, auch bislang privat Versicherte, werden in die gesetzliche Pflegeversiche-

rung einbezogen. Auf alle Ein-kunftsarten, auch Vermögensein-kommen, Gewinne und Mieteinkünfte, wird ein Beitrag erhoben. Der renommierte Pflege-ökonom Prof. Dr. Heinz Rothgang hat für die grüne Bundestagsfraktion ein Gutachten erstellt. Es zeigt: Unser Konzept wirkt! Wir haben einen neuen Begriff der Pflegebe-dürftigkeit entwickelt, der Demenz-kranke verstärkt ins Blickfeld nimmt. Wir sorgen dafür, dass die Leistungen zur Pflege dynamisiert werden. Der Beitragssatz kann in den kommenden Jahrzehnten den-noch bei knapp drei Prozentpunk-ten gehalten werden. Eine Demo-grafiereserve ist überflüssig, denn unsere Reform wird dafür sorgen, dass die soziale Pflegeversicherung eine leistungsstarke Gemeinschaft bleibt, in der Solidarität großge-schrieben wird.

gruene-bundestag.de » Themen A-z » pflege

baku ist der falsche ort für eine unbeschwerte party, liebe leserin-nen und leser. Während die me-dienwelt euphorisch einen neuen star für baku suchte, sehen nur wenige, dass Aserbaidschan eine diktatur ist. In ihr werden opposi-tionelle, bloggerinnen und blogger und kritische Journalistinnen und Journalisten gnadenlos verfolgt. Auch homosexuelle erleiden hier schwere diskriminierungen. der eurovision song contest sollte deshalb unter menschenrechtli-chen Gesichtspunkten dort nicht stattfinden. das regime wird versuchen, ihn als propagandaver-anstaltung zu nutzen. mit Ölmil-liarden wird die stadt erneuert. Illegal und unangemeldet haben 20.000 menschen im zentrum der stadt ihre Wohnungen verloren. baku bemüht sich um eine schöne fassade. Wer genau hinschaut, sieht dahinter autoritäre Willkür.

und was tut die bundesregierung? die geht, wie auch die eu, mit dem aserbaidschanischen regime aus geo- und energiepolitischen Gründen zu nachsichtig um. Wir dürfen die situation in Aserbaid-schan nicht unkommentiert lassen, sondern müssen die einhaltung der menschenrechte einfordern. zu diesem zweck werden wir den prozess mit den parlamentarischen Instrumenten weiterverfolgen.

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Volker beck Erster

Parlamentarischer Geschäftsführer

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» unTersuchunGsAus-schuss rechTsTerror

Die brutalen Morde der Terrorgrup-pe „Nationalsozialistischer Unter-grund“ (NSU) waren ein Anschlag auf unsere offene Gesellschaft. Es ist beschämend, dass der Staat trotz all seiner Verfassungsschutzbehör-den und unzähliger V-Leute die Menschen nicht vor dem rechts-extremen Terror geschützt hat. Wir sind den Opfern, Angehörigen und uns allen eine schonungslose Auf-klärung der Anschläge und des Ver-sagens staatlicher Stellen schuldig.

Seit November 2011 haben wir uns daher für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Bun-destag stark gemacht und ihn schließlich auch durchgesetzt. Am 26. Januar 2012 wurde der Aus-schuss eingerichtet. Für uns sorgt dort Wolfgang Wieland, Sprecher für Innere Sicherheit, für rückhaltlose Aufklärung. Sein Stellvertreter ist Hans-Christian Ströbele, Mitglied im Kontrollgremium für die Geheimdienste.

Unter die Lupe genommen werden die Taten der NSU-Mitglieder, das Umfeld und die UnterstützerInnen. Es wird untersucht, warum sie so lange unerkannt schwerste Strafta-ten begehen konnten. Die Rolle von V-Leuten kommt auf den Prüfstand, ebenso Defizite beim Informations-austausch zwischen Ländern und Bund. Auch soll der Ausschuss Schlussfolgerungen ziehen, wie Rechtsextremismus künftig effekti-ver bekämpft werden kann.

gruene-bundestag.de » Themen A-z » rechtsextremismus

» rechTsschuTz Im Asyl-VerfAhren

Tausende Menschen sterben jedes Jahr bei dem Versuch, die Küsten Europas zu erreichen. Sie verdurs-ten auf hoher See, erleiden Schiff-bruch, ertrinken. Flüchtlinge, die es nach Europa schaffen, erwartet statt menschenwürdiger Aufnahme und Hilfe oft das Gegenteil: über-füllte Auffanglager, ignorante Behörden, oft auch die Abschie-bung.

2011 haben europäische Gerichte aber unmissverständlich klarge-stellt: Schutzsuchende dürfen nicht in einen anderen EU-Staat über-stellt werden, wenn ihnen dort eine unmenschliche Behandlung droht. Das gilt nicht nur für Grie-chenland, sondern auch für Italien oder Ungarn.

Diese Urteile haben unmittelbare und weitreichende Folgen für Asyl-verfahren in Deutschland. Denn die deutsche Regelung, wonach wirk-samer Rechtsschutz gegen eine Überstellung in einen anderen europäischen Staat ausgeschlossen ist, ist mit europäischem Recht nicht vereinbar. Wir fordern die Bundesregierung auf, die deutsche Rechtslage den europäischen Stan-dards anzupassen (BT-Drs. 17/8460).

gruene-bundestag.de » Themen A-z » flüchtlingspolitik

» Grüne AGendA für nAchhAlTIGen fleIsch-konsum

Klimaemissionen, Regenwaldrodun-gen für Futtermittelanbau, tierquä-lerische Haltung, Antibiotikamiss-brauch, Zerstörung regionaler Wirtschaftsstrukturen - Art und Umfang der heutigen Fleischpro-duktion haben weitreichende nega-tive Folgen für Mensch, Tier und Umwelt. Doch die schwarz-gelbe Bundesregierung hält weiter an der Expansion der Tierhaltung fest. Mit Billigfleisch sollen nicht nur hiesige Supermärkte, sondern die ganze Welt überschwemmt werden. Wir meinen: Ein Systemwechsel in der Tierhaltung ist unausweichlich. Wesentliche Bestandteile der grünen Agenda für verantwortungsbewuss-ten Konsum statt Massentierhaltung sind: die Verschärfung des Ord-nungsrechts, eine bessere Bürgerbe-teiligung bei der Planung neuer Tierhaltungsanlagen, die Förderung von ökologischer Erzeugung und regionaler Lebensmittelverarbei-tung, eine verbindliche Tierschutz-kennzeichnung für alle Lebensmit-tel, ein eindeutiges Verbot der Verbrauchertäuschung in der Wer-bung sowie mehr Aufklärung zu den Auswirkungen eines übermäßigen Fleischkonsums.

gruene-bundestag.de » Themen A-z » Agrar

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» bIldunG GemeInsAm AnGehen

Das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern im Bereich der Bildungspolitik muss abgeschafft werden. Die großen Herausforderun-gen im Bildungsbereich erfordern ein gemeinsames Handeln von Bund, Ländern und Gemeinden. Das „Bildungs- und Teilhabepaket“ für Kinder aus Hartz-IV-Familien zeigte zuletzt, welch widersinnige Barriere CDU/CSU und SPD im Jahr 2006 mit dem Kooperationsverbot geschaffen haben.

Wir wollen jetzt darauf drängen, dass auch die anderen Bundestags-fraktionen diesen Fehler der Verfas-sungsreform korrigieren. Als Bun-destagsfraktion setzen wir uns genauso wie die Grünen in den Landtagsfraktionen dafür ein, gang-bare Kooperationswege zu entwi-ckeln, um unsere zentralen bil-dungspolitischen Ziele wie mehr Ganztagsschulen, Inklusion und bessere Sprachbildung umzusetzen. Wir wollen die Grundlage schaffen für eine neue Kooperations- und Vertrauenskultur im Bildungsbereich. Uns geht es darum, in Gesprächen mit den anderen Fraktionen die notwendige Zweidrittelmehrheit für eine Verfassungsänderung zu errei-chen. Dabei können wir uns ver-schiedene Wege vorstellen. Ent-scheidend ist, dass Bund, Länder und Kommunen zukünftig gemein-sam die Leistungsfähigkeit des Bil-dungswesens sichern und es so wei-terentwickeln können, dass es die bestmögliche Bildung und gesell-schaftliche Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen ermöglicht.

gruene-bundestag.de » Themen A-z » bildungspolitik

» ArAbellIon: Gesell-schAfT GIbT keIne ruhe

Ein Jahr nach dem Sturz des ägypti-schen Präsidenten Mubarak haben sich Jürgen Trittin und Kerstin Mül-ler in Kairo ein Bild von der kom-plexen Lage gemacht. Die friedli-chen Großdemonstrationen zum Jahrestag des Aufstandes zeigen, dass die Entwicklung keineswegs nur vom Obersten Militärrat und den islamistischen Kräften bestimmt wird. Eine starke und lebendige Zivilgesellschaft hat sich als dritter Machtfaktor etabliert. Mit dem Parlament gibt es zudem eine erste demokratisch legitimierte Ins-titution. Allerdings gehen auch die Angriffe auf die Nichtregierungsor-ganisationen und Stiftungen weiter. Wesentlich gewalttätiger verlaufen die Umbrüche leider in anderen arabischen Staaten. Im Jemen hat zwar der bisherige Präsident Saleh das Land verlassen. Aber ihm, sei-ner Familie und seinen engsten Verbündeten wurde Straffreiheit zugesichert. In einem Antrag unter-stützt die grüne Bundestagsfraktion die jemenitische Opposition und fordert einen UN-Beschluss zur Ein-schaltung des Internationalen Strafgerichtshofes (BT-Drs. 17/8587). In Syrien geht das Regime mit immer größerer Brutalität gegen die Aufständischen vor. In einem Antrag fordern wir Russland und China auf, ihre Blockade im Weltsicherheitsrat zu beenden und schlagen eine humanitäre Sicherheitszone in der Türkei vor (BT-Drs. 17/8132).

gruene-bundestag.de » Themen A-z » Internationales

» mehr TrAnspArenz Im rohsToffsekTor

Die Ausbeutung von Rohstoffen führt in vielen Ländern zu Menschen-rechtsverletzungen und Gewalt. Die EU-Kommission hat im Oktober 2011 Vorschläge zur Verbesserung der Transparenz in der Erdöl-, Bergbau- und Holzindustrie vorgelegt. Grüne und Nichtregierungsorganisationen fordern seit langem die verbindliche Offenlegung der Zahlungsströme, um Korruption und Armut zu bekämp-fen. Mit einem Antrag machen wir uns für umfassende Transparenz im Rohstoffsektor stark (BT-Drs. 17/ 8354). Bürgerinnen und Bürger roh-stoffreicher Länder haben ein Recht darauf zu erfahren, welche Summen ihre Regierungen einnehmen. Trans-parente Zahlungsströme sind die Voraussetzung dafür, dass sie ihre Regierungen kontrollieren und eine faire Beteiligung an den Einnahmen einfordern können. Deshalb muss die Bundesregierung ihre zögerliche Haltung gegenüber dem Vorschlag der Kommission aufgeben. Während sich Staaten wie Frankreich und Großbritannien für verpflichtende Transparenz der Rohstoffzahlungen stark machen, tritt Schwarz-Gelb in Brüssel als Bremserin auf und will die Vorschläge verwässern.

gruene-bundestag.de » Themen A-z » entwicklungspolitik

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» zehn JAhre GeWAlT-schuTzGeseTz

Häusliche und sexuelle Gewalt sind für viele Frauen bittere Realität. Gewalt innerhalb von Beziehungen tritt entgegen aller Klischees in allen sozialen Schichten täglich auf, unabhängig vom sozialen Status, ethnischen Hintergrund, von Bil-dung und Alter.

Im Januar hat die Bundestagsfrak-tion ein Fachgespräch zur Situation in Deutschland zehn Jahre nach Ver-abschiedung des Gewaltschutzge-setzes durchgeführt. Die geladenen Fachleute machten deutlich: Mit dem Gesetz hat es einen Paradig-menwechsel in der Arbeit mit Gewaltopfern gegeben. Frauenbera-tungsstellen, Polizei und Verwaltung kooperieren heute deutlich stärker miteinander. Die Fallbearbeitung durch die Polizei wurde intensiviert und zeigt sichtlich Erfolg.

Hemmnis im Kampf gegen Gewalt sind Mythen in der Gesellschaft, die davon ausgehen, dass nur junge, hübsche Frauen im dunklen Park von einem Fremden vergewaltigt werden. Fakt ist, dass Vergewalti-gungen überwiegend im sozialen Nahraum passieren. Doch dies ent-spricht nicht dem Bild in den Köpfen vieler und führt zu fehlgeleiteten Bewertungen solcher Fälle.

gruene-bundestag.de » Themen A-z » frauen

dAs blITzInTerVIeW: dreI frAGen An sylVIA koTTInG-uhl

sie ist sprecherin für Atompolitik und obfrau im parlamentarischen untersu-chungsausschuss Gorleben. sylvia kotting-uhl gibt sich mit dem schwarz-gel-ben Atomausstieg nicht zufrieden und wird weiter für mehr Atomsicherheit und eine frühere Abschaltung aller AkWs kämpfen.

» ein Jahr nach fukushima: die Laufzeitverlängerungen sind zurückge-nommen. ist das atomthema jetzt tot?

Im Gegenteil, aufgrund des Konsenses über die AKW-Laufzeiten und der Initi-ative Baden-Württembergs haben wir gerade erstmals die Chance, eine echte Endlagersuche in Deutschland zu starten. Nach über drei Jahrzehnten Atom-kraftnutzung besteht zum ersten Mal die berechtigte Hoffnung, dass wir das Atommüllproblem tragfähig angehen und die Gorleben-Sackgasse verlassen.

» was sind die größten herausforderungen bei der endlagersuche?

Die krankhafte Fixierung von Schwarz-Gelb auf Gorleben ist noch nicht restlos geheilt und gefährdet einen echten Neustart. Wir müssen sicherstellen, dass Gorleben nicht jahrzehntelang den Auswahlprozess vergiftet – wie ein fauler Apfel den ganzen Korb. Auch bei der Öffentlichkeitsbeteiligung und Festlegung der Kriterien hinkt das Bundesumweltministerium noch der Zeit hinterher.

» was steht sonst noch an in diesem Jahr?

Die Rücknahme der schwarz-gelben Laufzeitverlängerungen macht noch keinen Atomausstieg und schon gar keine Energiewende. So muss sich der Atomausstieg auch in einer anderen Verteilung der Forschungsgelder nieder-schlagen. Die AKW-Sicherheitsan forderungen müssen schleunigst verschärft werden. Das wurde vor einem Jahr angekündigt, scheint aber schon wieder vergessen. Druck braucht Röttgen auch bei der niedersächsischen Schachtan-lage Asse. Ihm scheint noch nicht klar, dass er die Verantwortung dafür trägt, ob schon bald eines der größten Umweltdesaster in Deutschland auf uns zukommen kann. Die Rückholung des Mülls muss oberstes Ziel werden.

sylVIA koTTInG-uhl mdb Sprecherin für Atompolitik

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dr. tobias Lindnerseit 1998 mitglied der GrÜnen in wörth am rhein2000 mitglied und pressesprecher des Landesvorstands der Grünen Jugend

rheinland-pfalzseit 2004 Vorsitzender des kreisverbands Germersheim und des stadtverbands wörth

am rhein Jan.07 - Juli 11 mitglied des kreistags Germersheim2009 - Juli 11 Vorsitzender der kreistagsfraktionseit Juni 11 mitglied des deutschen bundestags

Foto: Stefan Kaminski

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Zuhause im südpfälzischen Wörth am Rhein wird der Ber-lin-Neuling schon mal gefragt, ob es ihm da im Bundes-tag eigentlich „Spaß“ macht. Dann verneint Tobias Lind-ner. „Ich bin mit Herzblut dabei, aber von Spaß würde ich nicht reden, dafür geht es um zu viel“, erklärt Lindner ernsthaft, doch mit einem freundlichen Lächeln.

Sein Start als Bundespolitiker im Sommer 2011 fiel mitten in die europäische Schuldenkrise – und führte ihn so gleich in den mächtigen Haushaltsausschuss. „Einerseits eine tolle Herausforderung“, sagt er, „die europäische Einheit liegt mir sehr am Herzen.“ Nur zehn Kilometer von der französi-schen Grenze groß geworden, hat er das Zusammenwach-sen Europas hautnah miterlebt. „Andererseits bin ich mir aber auch der enormen Verantwortung bewusst.“

„Ich halte es für machbar, diese Krise zu überwinden“, meint der studierte Volkswirt. Es müsse aber gelingen, die nötigen Freiräume für Investitionen zu schaffen und auch Ausgaben zurückzufahren. In den Etats des Verteidigungs- oder Wirtschaftsministeriums, für die er als Berichterstat-ter zuständig ist, sieht er dafür durchaus Möglichkeiten.

Das Hantieren mit Zahlen gehört bei Tobias Lindner dazu wie das täglich Brot, verheiratet ist er mit einer Mathe-matikerin. Die Bilanz im Hause Lindner stimmt also immer? „Wir kontrollieren unsere Ausgaben gegenseitig“, erzählt er und gibt lachend zu, privat - anders als im Haushaltsausschuss - nicht immer der Sparsamste zu sein. „Also wenn jemand sagt, wir Pfälzer seien Genussmen-schen, könnte ich dem nicht widersprechen.“

Die Zeiten, in denen die Grünen nur über eine Handvoll Wirtschaftsfachleute verfügten, sind längst vorbei. Die

Botschaft, wir müssen nicht nur wissen was wir wollen, sondern auch wie wir es finanzieren können, ist ange-kommen, berichtet Lindner. Dass der 30-Jährige mit dem Faible für graue Zahlen dennoch etwas aus dem Rahmen fällt, ist er gewohnt: Als er an der Universität Karlsruhe in Wirtschaftstheorie promovierte, war er mit seinem grünen Parteibuch ein Exot.

Schon dem 15-Jährigen war aufgefallen, dass die Argu-mente der Grünen immer detaillierter waren, dass dort konzeptioneller gedacht wurde als anderswo. Als Mitglied des Wörther Jugendparlaments hatte er den direkten Vergleich. Und offener ging es bei den Grünen auch zu. Ausschlaggebend für seinen Parteieintritt war 1998 ausge-rechnet die „fünf D-Mark für den Liter Benzin“-Diskus-sion. „Alle haben geschrien: Die spinnen doch! Aber ich wollte wissen: Warum fordern die das? Die Antworten haben mich überzeugt.“ Schließlich ließ sich auch seine Mutter von der Begeisterung ihres Sohnes anstecken, sie sitzt heute für die Grünen im Wörther Stadtrat.

Offenheit ist ein wichtiges Thema auf Tobias Lindners Agenda. „Ich möchte einen Beitrag dazu leisten, dass wir in der deutschen Politik eine ehrlichere Diskussion bekommen als augenblicklich. Frau Merkel gibt europa-politisch die starke Lady, ihr Handeln ist aber geprägt von Zögern und Zaudern. Damit hat sie die Krise und ihre Kos-ten verschärft. Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern reinen Wein einschenken: Wie wir die Eurokrise auch lösen – es wird Geld kosten. Diese Wahrheit weigert sich Frau Merkel auszusprechen.“

für Tobias lindner kam es überraschend, aber nicht ungünstig: der Abgabetermin seiner doktorarbeit und die nachricht, dass er in den bundestag nachrückt, fielen auf denselben Tag.

spArsAmer Genussmensch. dAs GehT.

Von Nina Anika Klotz

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VerhälTnIsmässIG unberechenbAr …

Stellen wir uns vor, bei der Bundestagswahl 2005 hätte in Hamburg, Bremen, im Saarland, in Mecklenburg-Vorpom-mern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen nie-mand der SPD seine Zweitstimme gegeben – und trotzdem hätte die SPD elf Mandate mehr erhalten. Gleichzeitig wäre die CDU-Bundestagsfraktion um neun Sitze stärker gewesen, obwohl sie in Baden-Württemberg und Sachsen ebenfalls keine Zweitstimmen bekommen hätte. Klingt ungerecht? Ist es auch! Das Problem heißt negatives Stimmgewicht. Es entsteht, wenn eine Partei mehr Abge-ordnete in den Bundestag entsenden kann, als ihr nach den abgegebenen Zweitstimmen zusteht. Eigentlich sollte in unserem Wahlrecht die Anzahl der Zweitstimmen ent-scheiden, wie stark eine Partei im Bundestag vertreten ist. Durch Überhangmandate wird dieses Prinzip jedoch ausge-hebelt und durch die negative Wirkung von Zweitstimmen sogar ins Gegenteil verkehrt. Bei der Bundestagswahl 2005 führte dieser Effekt dazu, dass 6,5 Millionen Stimmen nicht den Wählerwillen abbildeten, sondern ins Gegenteil umkehrten. So bekam die CDU/CSU zwar nicht die meisten Stimmen, aber die meisten Sitze im Bundestag.

Das fand auch das Bundesverfassungsgericht paradox und stellte im Juli 2008 fest, dass das Bundeswahlgesetz punk-tuell gegen die Verfassung verstößt, weil „ein Zuwachs an Zweitstimmen zu einem Verlust an Sitzen der Landeslisten oder ein Verlust an Zweitstimmen zu einem Zuwachs an Sitzen der Landeslisten führen kann“. Und auch ein Über-maß an Überhangmandaten (mehr als fünf Prozent der gesamten Mandate) sehen die Verfassungshüter als prob-lematisch an. Bis zum 30. Juni 2011 gaben die Karlsruher

Richterinnen und Richter dem Deutschen Bundestag Zeit, um den Effekt des negativen Stimmgewichts und das Pro-blem der Überhangmandate zu beseitigen. Zudem mahn-ten sie eine bessere Verständlichkeit des Wahlrechts an.

bereITs Im JAhr 2009 hAben WIr Grüne Im bundesTAG eInen GeseTzenTWurf zur änderunG des bundesWAhlGeseTzes eInGebrAchT.

Er sieht vor, durch eine verfassungsgemäße Änderung im Wahlmodus, die Überhangmandate abzuschaffen und damit auch die Möglichkeit eines negativen Stimmge-wichts zu beseitigen. Das Prinzip ist höchst einfach: Ent-steht in einem Bundesland rechnerisch ein Überhang-mandat, dann wird der Sitz besetzt – aber er wird dieser Partei in einem anderen Bundesland abgezogen. Das ist fair, weil so der direkt gewählte Kandidat in den Bundes-tag kommt und gleichzeitig die Stärke der Fraktionen dem Verhältnis der Zweitstimmen entspricht. Überhangman-date werden aber nur so weit angerechnet, wie sie von der Anzahl der bundesweit erzielten Zweitstimmen abge-deckt werden. Gibt es überzählige Wahlkreissitze, werden die Kandidaten mit den geringsten prozentualen Stim-menanteilen nicht berücksichtigt. Gegen diesen auf den ersten Blick radikal erscheinenden Vorschlag gibt es keine verfassungsrechtlichen Bedenken. So hat auch der Bayeri-sche Verfassungsgerichtshof, dessen Mitglieder seit Jahr-zehnten von der CSU-Mehrheit bestimmt werden, ähnlich entschieden. Demzufolge ist eine Regelung zulässig, wonach bei Überhängen „die Stimmkreisbewerber in der Reihenfolge der niedrigsten Stimmzahlen ausscheiden“.

entscheidungen des bundesverfassungsgerichts zu missachten, ist bei schwarz-Gelb programm. so war es bei den hartz-IV-sätzen und dem Trojanereinsatz, so ist es jetzt beim Wahlrecht. zunächst ignoriert man die gesetzten fristen und Grenzen, danach wird im schnellverfahren geschlampt. mit dem im september 2011 verabschiedeten verfassungswidrigen Wahlrecht versucht die bundesregie-rung, sich in eine zweite regierungszeit zu retten – doch wir werden ihr einen juristischen strich durch die rechnung machen.

17Fotos: corbis, dpa, fotolia

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ÜberhanGmandat:

Gewinnt eine partei in einem bundesland mehr direktmandate, als ihr nach Zweitstimmen zustehen, dann entstehen zusätzliche mandate, die sogenannten Überhangmandate. ein beispiel: bei der bundestagswahl 2009 hat die cdu 27,3 prozent der stimmen geholt, macht insgesamt 173 sitze bundesweit. dieses kontingent wird auf die Länder nach ihrem anteil an den Zweitstimmen verteilt, auf sachsen entfielen danach 15 mandate. tatsächlich hat die cdu dort aber 16 wahlkreise gewonnen, das bedeutet 16 direkt gewählte abgeordnete, die alle in den bundestag kommen, einer mit einem Überhangmandat.

neGatiVes stimmGewicht:

wikipedia erklärt es so: „angenommen, eine partei erhält im bundesland a ein Überhangmandat. würde sie nun in diesem bundesland zusätzliche Zweitstimmen gewinnen, kann das dazu führen, dass die Gesamtzahl der ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehenden sitze unverändert bleiben würde, sich jedoch deren Verteilung zwischen den bundesländern ändert. die zusätzlichen Zweitstimmen können so zur folge haben, dass die partei nach dem Zweitstimmenergebnis im bundesland a ein mandat mehr, dafür jedoch in einem anderen bundesland b ein mandat weniger erhält. durch das im Land a hinzugewonnene mandat würde jedoch das Überhangmandat wegfallen, so dass die partei aus dem Land a keinen zusätzlichen abgeordneten in den bundestag entsenden könnte. im bundesland b bekäme sie jedoch ein mandat weniger, sofern sie dort keine Überhangmandate erhält. die partei hätte also trotz mehr Zweitstimmen insgesamt ein mandat eingebüßt.“

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Negatives_Stimmgewicht, 7.2.2012

Stimmauszählung Bundestagswahl, Quelle: picture alliance

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dAmIT WollTen WIr schon für dIe bundesTAGs-WAhl 2009 eIn GerechTes WAhlrechT Auf den WeG brInGen.

Doch der Bundestag lehnte eine Reform des Wahlrechts zu dem Zeitpunkt ab. Die Begründung der Union: Eine Wahl-rechtsänderung würde ein Jahr nach dem Urteil des Bun-desverfassungsgerichts einem „juristischen und politi-schen Husarenritt“ gleichen. Tatsächlich spekulierte man darauf, dass das alte Wahlrecht für Union und SPD günsti-ger ist und ihnen wieder die gewünschten Überhangman-date beschert. Die FDP zog mit, um ihren Wunsch-Koaliti-onspartner zu stärken. Das Wahlergebnis zeigte, dass diese Rechnung aufging.

Auch nach der Wahl 2009 blieb der Blick auf die Machtfragen gerichtet. Vergeblich wartete man auf Vorschläge für ein ver-fassungskonformes Wahlrecht seitens der Union und ihres inzwischen gelben Koalitionspartners. Angekündigt wurde viel, geliefert wurde nicht. Man war sich selbst innerhalb der Regierungsfraktionen uneinig. Dabei geht es gerade bei der Änderung des Wahlrechts um einen elementaren Bestandteil unserer Demokratie. Es gehört zu den guten parlamentari-schen Gepflogenheiten, dass wir nur im fraktionsübergrei-fenden Konsens eine so tief greifende Veränderung beschließen. Und so kam es, wie es kommen musste. Die Frist des Bundesverfassungsgerichts lief im Juni 2011 ab. Bereits vier Entwürfe aus der Opposition lagen da auf dem Tisch. Die Koalitionsparteien zeigten dem Bundesverfas-sungsgericht die kalte Schulter und verabschiedeten sich in die Sommerpause.

nAch der sommerpAuse – und dAs GlIch dAnn WIrklIch eInem husArenrITT – peITschTe dIe koAlITIon Ihren enTWurf durch den bundesTAG.

Man hatte während der verregneten Sommertage ein abenteuerliches Verfahren ersonnen, um die eigenen Überhangmandate zu retten. Die Gesetzesänderung sieht eine künstliche Trennung der Bundestagswahl in 16 Län-der-Bundestagswahlen (plus ein schwer verständliches Konstrukt namens „Reststimmenausgleich“) vor, um so das negative Stimmgewicht aufzulösen. Es bewirkt allen-falls eine unsystematische Teillösung des negativen Stim-mengewichts und wird Dutzende Überhangmandate schaffen – was auch wieder verfassungswidrig ist. In einer Anhörung des Innenausschusses war die Kritik der Expertinnen und Experten an dem Vorschlag nicht zu überhören. Sogar die von der Union eingeladenen Sach-

verständigen mussten eingestehen, dass die Zahl der Überhangmandate und die damit einhergehende Verzer-rung des Größenverhältnisses zwischen den Parteien so nicht minimiert, sondern in Zukunft eher noch wachsen werden. Der Entwurf der Koalition macht das Wahlrecht komplizierter und er ist unlogisch: Niemand geht zur Wahl, um mehr Bremer oder mehr Sachsen ins Parlament zu wählen, egal von welcher Partei. Bundestagswahlen sind Entscheidungen über politische Ziele und Programme und über die Parteien, die sie vertreten.

dA IsT der Grüne enTWurf deuTlIch überzeuGender.

Er sorgt dafür, dass das Verhältnis zwischen Stimmenzahl und Parlamentssitzen möglichst genau stimmt. Wir sind daher zuversichtlich, dass das von der Koalition im Allein-gang zusammengeschusterte Wahlrecht vor dem Verfas-sungsgericht keinen Bestand haben wird. Es zielt allein auf den Machterhalt der Koalitionsparteien, nicht auf die Verbesserung des Wahlrechts als Grundpfeiler unserer Demokratie. Der Bundesverband und die Bundestagsfrak-tion von Bündnis 90/Die Grünen haben deshalb beim Bundesverfassungsgericht Klage eingereicht. Wir hoffen auf eine schnelle Entscheidung aus Karlsruhe, denn gera-de beim Wahlrecht sollte es in einer Demokratie keine Unsicherheit geben.

Volker beck mdb 1. Parlamentarischer Geschäftsführer

WolfGAnG WIelAnd mdb Obmann im Innenausschuss

des Bundestages

» bloG demokrATIe dIrekT: eIn Voller erfolG

Von Anfang Dezember letzten bis Ende Januar diesen Jahres haben wir unseren grünen Gesetzentwurf zur Einführung der Volksgesetzge-bung auf Bundesebene gemeinsam mit der Öffentlichkeit in unserem Blog „Demokratie direkt“ diskutiert. Unserem Aufruf sind viele gefolgt. Es gab eine rege Online-Diskussion zu den Themen Planungsverfahren, Änderung der Verfassung und der EU-Verträge, Menschenrechts- und Minderheitenschutz sowie Gewähr-leistung der Finanzstabilität.

Die Diskussion im Blog war ein Erfolg. Es gab viele positive, aber auch kritische Stimmen. Für uns sind beide wichtig, denn beide bedeuten demokratische Teilhabe und können zur Optimierung unse-res Gesetzentwurfs beitragen. Wir werden diese hilfreichen Ideen und Anmerkungen daher in unseren Gesetzentwurf einfließen lassen. Derzeit werten wir alle Kommentare aus. Die Ergebnisse der Evaluation fassen wir in einem Bericht zusam-men und stellen diesen für alle zugänglich im Blog ein.

Ingrid Hönlinger und die Fraktion bedanken sich herzlich bei allen, die sich an der Diskussion beteiligt und wichtige Hinweise gegeben haben.

gruenes-blog.de/demokratiedirekt

Grün & bunT

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» ulrIch schneIder: dIe JuGend Im fokus

„Gerade junge Menschen haben das Recht darauf, dass sie in ihren indi-viduellen und sozialen Entwicklun-gen gefördert werden. Wir müssen ihnen zu diesem Recht verhelfen.“ Mit diesen Worten hat Ulrich Schneider, der neue jugendpoliti-sche Sprecher der grünen Fraktion, seine erste Rede im Plenum des Bundestags begonnen und sein Grundkonzept für diese Legislatur dargelegt. Schneider rückt für Till Seiler nach und wird neben der Jugendpolitik auch das Thema bür-gerschaftliches Engagement bear-beiten. Für diese Aufgabe wird Schneider als Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und im Unterausschuss für Bürgerschaftliches Engagement sit-zen.

Grünes Mitglied ist Ulrich Schneider seit 1998. Vor seiner Mandatsauf-nahme war er als Geschäftsführer beim 33. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden tätig.

» beATe WAlTer-rosen-heImer: Von bAyern nAch berlIn

Beate Walter-Rosenheimer zieht als Nachfolgerin von Christine Scheel in den Deutschen Bundestag ein. Für die grüne Fraktion wird Walter-Rosenheimer als Mitglied im Wirt-schaftsausschuss sitzen und sich für eine ökologische Modernisierung der Wirtschaft einsetzen. Darüber hinaus macht sie sich für Chancen-gleichheit und Gleichstellung von Frauen in Wirtschaft und Gesell-schaft stark. Daneben ist sie stellvertretendes Mitglied im Aus-schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Außerdem ist Beate Walter-Rosenheimer Mitglied der Kinderkommission, um sich für die Interessen von Kindern und Jugendlichen zu engagieren.

Walter-Rosenheimer ist seit 2002 Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen. Zuletzt war sie wissen-schaftliche Mitarbeiterin von There-sa Schopper MdL im Bayerischen Landtag.

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» klImAkonferenz Von durbAn: (noch) nIchTs GeWonnen

Unser klimapolitischer Sprecher Hermann Ott war während der Kli-makonferenz Anfang Dezember 2011 in Durban. Er zieht eine gespaltene Bilanz: Immerhin, ein totales Schei-tern der Klimakonferenz konnte ver-hindert werden. Doch die Aushand-lung eines neuen Klimaabkommens wurde auf 2015 verschoben und ein solches soll auch erst 2020 – viel zu spät – in Kraft treten. Die entschei-denden Punkte wurden wieder ein-mal vertagt. Auch die beschlossenen Formulierungen sind vage, insbe-sondere die Verbindlichkeit eines solchen Abkommens ist unklar geblieben. Das Ziel, die Erderwär-mung auf zwei Grad zu begrenzen, rückt in weite Ferne. Das Positive von Durban: Es gibt eine große Mehrheit für den Klimaschutz in der Welt. Das bestätigt unsere Position eines Strategiewechsels hin zu einer KLi-mapolitik der Unterschiedlichen Geschwindigkeiten (KLUG). Was es jetzt braucht ist eine Allianz von Vor-reitern. Diese werden zeigen, dass Klimaschutz Chancen bietet, neue Jobs schafft und unabhängiger von Rohstoffimporten macht. So wird der Druck auf die Verweigerer des Klima-schutzes in den Verhandlungen erhöht.

gruene-bundestag.de » Themen A-z » klima

» Grüne posT Lieber VerfassunGsschutZ,

niemandem kannst du es recht machen: drückst du ein auge zu, wie bei der rechten terrorgruppe „nationalsozialistischer unter-grund“, gibt es nicht nur ärger, sondern einen untersuchungsaus-schuss. wenn du aber bei mindes-tens 27 bundestagsabgeordneten der Linken etwas genauer hin-schaust, gibt es auch prügel, weil darunter auch ein mitglied des Ver-trauensgremiums ist, welches u. a. die wirtschaftspläne des bnd und des militärischen abschirmdienstes genehmigt. und wenn du die Geg-nerbeobachtung übernimmst, erreicht dich statt freude spott, aber auch solidarität der politi-schen konkurrenz: unsere grüne abgeordnete tabea rößner fordert in einem offenen brief, von dir überwacht zu werden. sie hätte dir sogar das büro zur Verwanzung aufgeschlossen.

Verwirrt, lieber Verfassungsschutz? deine aufgabe ist es die Leute ins Visier zu nehmen, die unsere demokratie ablehnen, die sie mit terroranschlägen attackieren und eine menschenverachtende ideolo-gie verbreiten. und das sind im Zweifelsfall nicht die abgeordneten von der Linken. um es dir einfacher zu machen, beantragen wir, dass ein parlamentarisches Gremium die abgeordnetenbeobachtung geneh-migen muss. dann gibt es weniger kritik und du kannst wieder Zei-tungsschnipsel kleben, trenchcoat tragen, V-Leute anwerben – oder was du sonst so treibst.

herzlich, deine profil:GrÜn

» Grün TreIbT An!

Allen Unkenrufen zum Trotz: Auch in den strengen Wintermonaten mit minus 20 Grad Celsius hat die Abschaltung von acht AKWs nicht zum Blackout geführt. Den Fort-schritten beim Atomausstieg steht jedoch leider ein zögerlicher schwarz-gelber Einstieg in das Zeit-alter der Erneuerbaren gegenüber und beim Energiesparen ist die Regierungskoalition ein Totalausfall.

Wie man die von Schwarz-Gelb gebremste Energiewende flott macht – darum ging es in einer Informationsveranstaltung der grü-nen Bundestagsfraktion am 15. Feb-ruar in der Staatsgalerie Stuttgart mit rund 160 BürgerInnen und Ver-treterInnen aus Wirtschaft sowie Politik.

Jürgen Trittin, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, Franz Untersteller, Umweltminister von Baden-Württemberg und Thorsten Herdan, energiepolitischer Sprecher des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer diskutierten, moderiert von Jürgen Schmitz vom SWR, die notwendige Energiewen-de. Auf dem Podium war man sich einig: Es bedarf einer abgestimmten Handlungsweise von Bund und Ländern, um einen schnellen Aus-bau der Netze zu gewährleisten sowie verlässliche Rahmenbedin-gungen für die Energiewende.

Viel ausdauernde Energie hatte auch das Publikum: Die Diskussion war nach der dreistündigen Veran-staltung noch lange nicht beendet, sondern wurde beim anschließen-den Empfang engagiert fortgesetzt.

gruene-bundestag.de » Themen A-z » energie

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23Quelle: Stefan Kaminski

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weGweiser 2013

TermIne

eu-fIschereIpolITIk: WAs Tun, Wenn der fIsch knApp WIrd?Konferenz am 24.03.12 in HamburgAK 2 KoordinationTEL 030/227 59406 [email protected]

elberAum enTWIckelnKonferenz am 16.04.12 in MagdeburgBüro Stephan Kühn MdBTEL 030/227 71866 [email protected]

reGIonAle bIldunGspArTner-schAfTenFachgespräch am 17.04.12 in BerlinAK 5 KoordinationTEL 030/227 51066 [email protected]

erWerbsmInderunGsrenTeFachgespräch am 23.04.12 in BerlinBüro Wolfgang Strengmann-Kuhn MdBTEL 030/227 73569 wolfgang.strengmann-kuhn@ bundestag.de

VersorGunG Von menschen mIT behInderunGenTagung am 07.05.12 in BerlinBüro Markus Kurth MdBTEL 030/227 71969 [email protected]

rIo 20+Konferenz am 12.05.12 in BerlinBüro Valerie Wilms MdBTEL 030/227 [email protected]

Termine: immer aktuell untergruene-bundestag.de » Termine

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