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In Kooperation mit Psychopharmaka in Alten- und Pflegeheimen Sedierende Medikamente – muss das sein? Gemeinsame Lösungen finden Fachtag am 14. Oktober 2016 im Haus St. Josef der MÜNCHENSTIFT GmbH, Luise-Kiesselbach-Platz

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In Kooperation mit

Psychopharmaka in Alten- und Pflegeheimen Sedierende Medikamente – muss das sein?Gemeinsame Lösungen finden

Fachtagam 14. Oktober 2016

im Haus St. Josef der MÜNCHENSTIFT GmbH, Luise-Kiesselbach-Platz

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Die Veranstaltung

Ziele der Veranstaltung:Der Fachtag sollte die Ziele der Initiative München aufnehmen und ein weiterer Schritt zur Sensibilisierung im Umgang mit Psychopharmaka in stationären Alten hilfeeinrichtungen sein.

Ziel war zudem die Aufklärung über das Thema „Medikamentengabe“. Eine Auseinan der setzung über die rechtlichen Voraussetzungen, die dabei zu beachten sind, sollte ermöglicht werden.

Ein weiteres Ziel war, die Kommunikation zwischen den beteiligten Professionen, den Bewohnerinnen und Bewohnern der stationären Altenhilfeeinrichtungen und den gesetzlichen Vertreterinnen und Vertretern zu verbessern. Dadurch kann die Zusammenarbeit gefördert werden.

Das Interesse an der Veranstaltung und Thematik war sehr groß. Wir konnten über 100 Interessierte begrüßen.

Grußworte• MÜNCHENSTIFT GmbH,

Herr Predrag Savic• Betreuungsstelle

der LH München – Frau Birgit Fischer

• Bayerisches Staats-ministerium für Gesundheit und Pflege – Herr Christian Müller

Teilnehmerinnen und Teilnehmer:• Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MÜNCHENSTIFT-

Häuser (Pflegekräfte, Leitungskräfte). Sie stellten etwa die Hälfte der Teilnehmenden dar.

• Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer, Vereinsbetreuerinnen und Vereinsbetreuer

• Verfahrenspflegerinnen und Verfahrenspfleger nach dem Werdenfelser Weg

• Ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer

• Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Betreuungsstellen

• Richterinnen und Richter sowie Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger vom AG München

• Vertreterinnen und Vertreter für

- das Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege,

- den MDK Bayern, - die LH München (Direktorium: Beschwerdestelle für

Probleme in der Altenpflege, Kreisverwaltungsreferat: FQA/Heimaufsicht, Sozialreferat: Strukturelle Hilfen bei Pflegebedürftigkeit, Referat für Gesundheit und Umwelt: Alkohol und Medikamentenberatung)

Referentin: Frau Sylvia Silberzweig, Richterin am AG München

„Freiheitsentziehende Maßnahmen durch Medikamente“

Rechtliche Aspekte, wenn die Bewohnerin/der Bewohner nicht mehr in eine medikamentöse Behandlung einwilligen kann.

Stichpunkte: Rechtliche Grundlagen, Aufklärung und Einwilligung, Verpflichtung des Heimes, Medikationsplan, Genehmigungspflicht durch das Betreuungsgericht, Zwangsbehandlung

Weitere Informationen finden Sie hier

Präsentation des Vortrags von Frau Silberzweig

Initiative München

Referent: Hr. Gerhard Stadler, Verantwortlicher für Weiterbildung Gerontopsychiatrische Pflege und Betreuung „allgäu akademie“ am Bezirkskrankenhaus Kaufbeuren

„Viel hilft nicht viel – Patient-Arzt-Pflegekraft in der Psychopharmakotherapie im Alter“Besondere Aspekte der Psychopharmakotherapie beim älteren Menschen – Grundlegende Informationen

Stichpunkte: Einteilung der Psychopharmaka, Wirkweisen und Hypothesen, erwünschte und unerwünschte Nebenwirkungen, Wirklatenz und Bedarfsmedikation, Schlüsselfaktoren zur Qualitätsverbesserung, Wechselwirkungen, Beobachtung und Dokumentation, Fallbeispiele

Weitere Informationen finden Sie hier

Präsentation des Vortrags von Herrn Stadler

Handlungsstufen der Psychopharmakaverordnung

PÜDA_2016

Literaturempfehlung

Beste Versorgung durch die Küche des Hauses St. Josef

Vorträge am Vormittag:

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Impulsreferat von Herrn Max Hüttinger, Vereins- betreuer vom Betreuungs verein für Münchner Bürgerinnen und Bürger

Aufgaben der Betreuungsvereine – Schwerpunkt Schulung und Beratung von Ehrenamtlichen zur Aufgabe „Gesundheitssorge“ und „freiheitsentziehende Maßnahmen“

Diskussion mit dem Ziel: Wie kann die Kooperation der Pflegekräfte mit den Betreuerinnen und Betreuern/Bevollmächtigten/Angehörigen nach besseren und geeigneteren Lösungen für unruhige Heimbewohnerinnen und Heimbewohner gelingen?

Weitere Informationen finden Sie hier

Dokumentation Workshop 1

Betreuungsstelle

Impulsreferat von Frau Felicitas Ruhlig, Amt für Soziale Sicherung Strukturelle Hilfen bei Pflegebedürftigkeit

Kurze Darstellung der gesetzlichen Regelung zu Pflege-überleitung und Entlassmanagement. Dies mündet in Über gangsfragen, wer an dieser Form der Überleitung konkret beteiligt ist und wie es dann erfahrungsgemäß läuft.

Diskussion mit dem Ziel: Ein gemeinsamer Blick ins System der versorgenden Pflegeeinrichtung. Entlassmanagement ist endlich gesetzlich geregelt, somit alles gut? Weitere Informationen finden Sie hier

Dokumentation Workshop 2

Anlage Entlassmanagement

Anlage BAnz

Workshop 1: „Die Angehörigen wollen das aber!“ Die Unterstützungsmöglichkeiten der Betreuungsvereine

Workshop 2: Vom Krankenhaus ins Heim. Kooperation und Kommunikation an Übergängen

Fachlicher Austausch in Workshops

Workshop 3: Ohne „Pille“ geht es nicht? Zusammenarbeit bei heraus-forderndem Verhalten

Impulsreferat von Frau Carola Ruf, Vereinsbetreuerin vom Betreuungsverein Kath. Jugendfürsorge der Erzdiözese München und Freising e.V.

Aufgaben der Betreuerin/des Betreuers mit dem Aufgaben-kreis „Gesundheits fürsorge“; Einwilligungsfähigkeit der Bewohnerin/des Bewohners (Patienten verfügung); welche Informationen müssen der Betreuerin/dem Betreuer wann mitgeteilt werden? Verträge; Versicherungen

Diskussion mit dem Ziel: Rollenklärung und Aufgaben der jeweils Agierenden im Sinne eines Trialogs (Begegnung auf Augenhöhe aller Beteiligten) zum Wohle der Bewohnerin/des Bewohners.

Weitere Informationen finden Sie hier

Dokumentation Workshop 4

Informationsblatt Gesundheitsfürsorge

Impulsreferat von Frau Susanne Hofmann, Leiterin evangelische Pflegeakademie München

Menschen, die ein herausforderndes Verhalten zeigen, strengen an, die betroffene Person genauso wie die Pflegenden, andere Bewohnerinnen und Bewohner oder die Angehörigen. Warum werden Menschen herausfordernd? Was ist unter herausforderndem Verhalten zu verstehen? Was kann bei herausforderndem Verhalten getan werden? Welche innere Haltung deeskaliert? Was sind die Auslöser? Wie kann ich sie erkennen? Und wie kann ich mich verhalten?

Diskussion mit den Zielen: Denkanstöße liefern, Problem-bewusstsein schaffen, Ansätze zum Weiterdenken entwickeln und die Zusammenarbeit der verschiedenen Berufsgruppen optimieren.

Weitere Informationen finden Sie hier

Dokumentation Workshop 3

Workshop 4: Wer entscheidet was? Die Rolle des Betreuers im Dialog Pflegekraft, Arzt und Bewohner

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Herzlichen Dank!Wir bedanken uns bei unseren Kooperationspartnerinnen der Initiative München und der MÜNCHENSTIFT GmbH für die fachliche und organisatorische Unterstützung, die Bereitstellung der Räume und die hervorragende kulinarische Versorgung!

Wie kann es weitergehen?Wir wollen mit den Betreuungsvereinen über weitere Schulungen und Veranstaltungen für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer sprechen.

Wir werden den Austausch zwischen MÜNCHENSTIFT-Pflegekräften und Berufsbetreuerinnen und Berufs betreuern weiter fördern.

Wir planen eine weitere Veranstaltung.

Ausblick

Organisation

Landeshauptstadt MünchenSozialreferatAmt für Soziale SicherungBetreuungsstelleMathildenstraße 3a80336 München

in Kooperation mit:

MÜNCHENSTIFT GmbHGemeinnützige Gesellschaft der Landeshauptstadt, wohnen und pflegen in der StadtSeverinstraße 481541 Münchenund:

Initiative Münchenwww.justiz.bayern.de/gericht/ag/m/inmue/

Anhang

Grundlagen

• Art 2 Abs. 2 und Art 1 Abs. 1 GG Recht auf körperliche Selbstbestimmung

• jeder ärztliche Heileingriff für sich gesehen von außen, ein Eingriff in die grundrechtlich garantierte Freiheit,

• jeder ärztliche Heileingriff ist vom

äußeren Tatbestand eine

Körperverletzung gem. §§ 223 ff. StGB

• diese aber gerechtfertigt unter bestimmten Voraussetzungen:

1. Es besteht eine entsprechende Indikation,

2. Der Arzt klärt den Patienten hinreichend auf,

3. Der Patient willigt in den ärztliche Behandlung

ein

4. Die Behandlung erfolgt de lege artis.

Aufklärung und Einwilligung:

• wirksame Einwilligung nur,

wenn der Patient ausreichend und umfangreich aufgeklärt,

wenn der Patient einwilligungsfähig ist,

Wann ist der Patient einwilligungsfähig?

Voraussetzungen des Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung :

• eine Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider (Risiko gegen Nutzen)

• bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte

• unbeeinflusst vom Willen Dritter

• im Lichte der vorliegenden psychischen Erkrankung , keine überzogenen Anforderungen

Ist der Patient nicht einwilligungsfähig?

Einwilligung durch den „ Stellvertreter im Recht“ =

• Betreuer mit Aufgabenkreis „Gesundheitsfürsorge“ ( §§ 1896 ff.BGB)

Oder

• Bevollmächtigter, Vollmacht für den Bereich der Gesundheitsfürsorge erteilt

( Vorsicht immer schauen , wann Vollmacht erteilt wurde)

muss einwilligen, nach erfolgter ausreichender Aufklärung,

„Nimmt aber ein Arzt ohne wirksame Einwilligung des Patienten einen Eingriff vor, so ist er für die Folgen des rechtswidrigen Eingriffs ohne Rücksicht darauf schadensersatzpflichtig, ob ihm ein Kunstfehler unterlaufen ist (in ständiger Rspr. seit vgl. BGH, NJW 1959, NJW Jahr 1959 Seite 2299)“

Hierbei bedeutet Einwilligung , die vor der Behandlung erteilte Zustimmung, eine Genehmigung, das heißt nach dem Eingriff, reicht nicht aus !!!!!

Liegt die Einwilligung des „ Stellvertreter im Recht“ vor, kann die ärztliche Maßnahme durchgeführt werden.

Anders nur, wenn es sich um einen Notfall handelt: Die Körperverletzung wird gerechtfertigt durch

§ 34 StGB, rechtfertigender Notstand:

„Wer in einer gegenwärtig, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib und Leben,[…], eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtwidrig, wenn […] .“

Das Heim selbst hat die Verpflichtung nach

• Art 3 Abs. 2 Nr. 5 PfleWoqG „die ärztliche und gesundheitliche Betreuung in der stationären Einrichtung selbst oder in angemessener anderer Weise gewährleistet wird, insbesondere die Arzneimittel ordnungsgemäß und bewohnerbezogen aufbewahrt und die in der Pflege und Betreuung tätigen Personen einmal im Jahr über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln beraten werden, ein ausreichender und dem Konzept der stationären Einrichtung angepasster Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner vor Infektionen gewährleistet wird und von den Beschäftigten die für ihren Aufgabenbereich einschlägigen Anforderungen der Hygiene eingehalten werden,“

§48 Abs.1 Nr.4 AVPfleWoqG

Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten

• (1) Aus den nach Art. 7 PfleWoqG vom Träger zu erstellenden Aufzeichnungen muss insbesondere ersichtlich werden:

• Nr. 4

der Erhalt, die Aufbewahrung und die Verabreichung von Arzneimitteln einschließlich der pharmazeutischen Überprüfung der Arzneimittelvorräte und der Unterweisung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln,

• Nr. 8

die freiheitsbeschränkenden und die freiheitsentziehenden Maßnahmen bei Bewohnerinnen und Bewohnern, die Überprüfung von deren Notwendigkeit sowie die Angabe des für die Anordnung der Maßnahme Verantwortlichen,

§ 3 Abs. 2 Nr. 2 a KrPflG

• (2) Die Ausbildung für die Pflege nach Absatz 1 soll insbesondere dazu befähigen, 1.

• die folgenden Aufgaben eigenverantwortlich auszuführen:

• […]

2. die folgenden Aufgaben im Rahmen der Mitwirkung auszuführen:

a) eigenständige Durchführung ärztlich veranlasster Maßnahmen,

b) Maßnahmen der medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilitation,

§ 3 Abs.1 Nr. 2 AltPflG

1. Die Ausbildung in der Altenpflege soll die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln, die zur selbständigen und eigenverantwortlichen Pflege einschließlich der Beratung, Begleitung und Betreuung alter Menschen erforderlich sind. Dies umfasst insbesondere:

2. die Mitwirkung bei der Behandlung kranker alter Menschen einschließlich der Ausführung ärztlicher Verordnungen,

Die Vorschriften , die die Pflege zur Medikamentenabgabe verpflichten bedeuten aber nicht, dass die Einwilligung des Betroffenen nicht vorliegen muss !

Sie legen nur fest welche Versorgungsleistungen das Heim anzubieten hat.

Eine Berechtigung diese auch ohne oder sogar gegen den Willen des Bewohners durchzuführen, lässt sich hieraus nicht ableiten.

Neue gesetzliche Hilfestellung: § 31 a SGB V Mediaktionsplan der gesetzlich Krankenversicherten: Versicherte, die gleichzeitig mindestens drei verordnete Arzneimittel anwenden, haben ab dem 1. Oktober 2016 Anspruch auf Erstellung und Aushändigung eines Medikationsplans in Papierform durch einen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt. ……… Jeder an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt ist verpflichtet, bei der Verordnung eines Arzneimittels den Versicherten, der einen Anspruch nach Satz 1 hat, über diesen Anspruch zu informieren.

(2) In dem Medikationsplan sind mit Anwendungshinweisen zu dokumentieren

1. alle Arzneimittel, die dem Versicherten verordnet worden sind,

2. Arzneimittel, die der Versicherte ohne Verschreibung anwendet, sowie

3. Hinweise auf Medizinprodukte, soweit sie für die Medikation nach den Nummern 1 und 2 relevant sind. […]

(3) Der Arzt nach Absatz 1 Satz 1 hat den Medikationsplan zu aktualisieren, sobald er die Medikation ändert oder er Kenntnis davon erlangt, dass eine anderweitige Änderung der Medikation eingetreten ist. Auf Wunsch des Versicherten hat die Apotheke bei Abgabe eines Arzneimittels eine insoweit erforderliche Aktualisierung des Medikationsplans vorzunehmen. …..

(4) Inhalt, Struktur und Vorgaben zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans sowie ein Verfahren zu seiner Fortschreibung vereinbaren die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Bundesärztekammer und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker auf Bundesebene bis zum 30. April 2016 im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. ….

Genehmigungspflicht durch das Betreuungsgericht bei bestimmten

Medikamenten !

Wird eine Medikation gegeben, die sedierend wirkt, stellt sich die

Frage : Genehmigungsbedürftigkeit durch das Betreuungsgericht

Grund:

Art. 104 GG

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich misshandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) und (4) […]

Das oben beschriebene „ förmliche“ Gesetz stellt hier das BGB dar :

§ 1906 BGB Genehmigung des Betreuungsgerichts bei der Unterbringung

(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil

Nr. 1 auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder

Nr. 2 Zur Abwendung eines dringenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

[…] (2-3)

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.

(5) Die Unterbringung durch einen Bevollmächtigten und die Einwilligung eines Bevollmächtigten in Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 setzen voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die in den Absätzen 1, 3 und 4 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

Wann wirkt eine Medikation freiheitsentziehend? Eine Genehmigungsbedürftigkeit liegt also vor, wenn die Medikation freiheitsentziehend wirkt.

Rechtsprechung zu § 1906 Abs. 4 BGB :

OLG Hamm, Beschluss vom 08.01.1997 - 15 W 398/96

„ Diese Vorschrift hat Freiheitsbeschränkungen zum Gegenstand, die die Bewegungsfreiheit betreffen. Abs. 4 des § BGB § 1906 BGB bestimmt, dass die in den Abs. 1-3 enthaltenen Regelungen über die Unterbringung entsprechend gelten sollen, wenn der Betreute u. a. durch Medikamente ununterbrochen oder regelmäßig am Verlassen seines Aufenthaltsortes gehindert werden soll, ohne untergebracht zu sein. Am Verlassen des Aufenthaltsortes „gehindert“ wird der Betreute nur dann, wenn in anderer Art als durch Bitte oder Überredung auf seine Entschließung eingewirkt wird (BT-Drucksache 11/4528, S. 149). Dies kann u. a. dadurch geschehen, dass der Betroffene gezielt durch Schlafmittel oder andere Medikamente am Verlassen der Einrichtung gehindert wird (BT-Drucksache 11/4528, S. 148). Aus der Formulierung in § 1906 Absatz 4 BGB „die Freiheit entzogen werden soll“ und den Gesetzesmotiven ergibt sich, dass die Hinderung am Verlassen des derzeitigen Aufenthaltsortes Zweck der Einwirkung und nicht nur deren Nebenfolge sein soll (Damrau/Zimmermann, Betreuung und Vormundschaft, 2. Auflage, § 1906 Rn. 19)

Das heißt also umgekehrt :

Nur Medikamente , die darauf abzielen, den Betroffenen in seiner Bewegungsfreiheit einzuschränken. Dies ist besonders hinsichtlich Medikationen von Bedeutung, die nicht genehmigungspflichtig sind, wenn lediglich als Nebenwirkung der Bewegungsdrang des Betroffenen eingeschränkt wird (OLG Hamm NJWE-FER 1997, 178; Wigge MedR 1996, 290, 292).

(Beck online Kommentar)

Unter Medikamenten, die der Freiheitsentziehung dienen, sind solche Arzneimittel zu verstehen, die allein oder im Zusammenwirken mit anderen Stoffen dazu führen, dass der Betreute die Einrichtung oder Räumlichkeiten in ihr nicht verlassen kann. (Staudinger Kommentar)

OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1114

„Die Vorschrift schützt gleichfalls die persönliche Bewegungsfreiheit. Eine Medikamentenbehandlung wird deshalb nur hiervon erfasst, wenn diese gezielt eingesetzt werden, um den (…)Betreuten am Verlassen seines Aufenthalts zu hindern (vgl. BT-Drucks. 11/4528, S. 149; OLG Hamm, FG-Prax 1997, 64, 65; Bienwald aaO S 1906 Rdnr. 64; Palandt/Diederichsen aaO § 1.906 Rdnr. 20; anders auf die Erheblichkeit der Maßnahmen abstellend OLG Bremen RuP 1997, 87, 88“

Indikation der Bedarfsgabe

der Psychopharmaka:

• Begriff der Unruhe: - „Allgemeine Unruhe“

- „Nächtliche Unruhe“

- „Verbale Unruhe“

- „Motorische/

Psychomotorische Unruhe“

- „Starke Unruhe“

- „Schlafstörung“

- „Agitiertheit

Aus dem Bericht der FQA München

• Sonstiges: - Weglauftendenz

- Halluzinationen

- Schreien

- Grübeln

- Vor dem Duschen

- Vor Angehörigenbesuch

- Jammern

- Bettflüchtigkeit

- Massive Gegenwehr

- Ablehnung der Pflege

- Erregung

- Verwirrtheit

- Selbstgespräche

- Wenn Bewohner gegenüber Mitbewohnern laut wird

Ist der Entzug der Freiheit eine zulässige ärztliche Indikation?

Wohl eher nicht und daher auf den ärztlichen Attesten auch eher nicht zu finden.

Aber ärztlichen Atteste haben lediglich Indiziencharakter, Gericht kann zur eigenen Überzeugungsfindung einen eigenen Sachverständigen mit der Attestierung oder Begutachtung beauftragen (§§ 29,30 i.V.m. 321 Abs 1 und 2 FamFG) ;

Außerdem:

Mörsern und verdecktes Verabreichen von Medikamenten stellt eine Zwangsmedikamentierung dar und ist nur unter den engen Voraussetzungen des § 1906 Abs. 3, 3 a BGB zulässig!

Vielen Dank für Ihre

Aufmerksam keit

Viel hilft nicht viel - Patient, Arzt und Pflegekraft in der Psychopharmakotherapie im Alter

München, 14. Oktober 2016

Gerhard Stadler, BBA, Krankenpfleger f. Psychiatrie allgäu akademie Kaufbeuren

Neues Wissen???

Psychopharmaka bei Menschen mit Demenz in Pflegeheimen Sekundärdatenanalyse in Deutschland, Österreich und den Niederlanden

Ergebnisse: 55–77% der Bewohner mit Demenz bekommen Psychopharmaka. 37–60% der Bewohner werden Neuroleptika verabreicht.

6–18% der Demenzkranken erhalten drei oder mehr verschiedene Psychopharmaka.

Die höchsten Verordnungszahlen finden sich sowohl in einzelnen deutschen als auch österreichischen Heimen.

In deutschen Pflegeheimen werden bei den Neuroleptika Melperon/ Eunerpan, Risperdal und Dipiperon bevorzugt,

während es in Österreich Dominal, Risperidon und Haloperidol sind.

Quelle: Stefan Wilm - Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland, September 2011. © Colourbox

Arzneimittel im Alter Seit 08/2010

Priscus-Liste (potentiell inadäquater Medikation für ältere Menschen)

stuft 83 Medikamente als für Senioren ungeeignet ein, da sie höhere Risiken mit sich bringen.

Gleichzeitig zeigt eine Untersuchung:

40 Prozent der Altenheim-Bewohner bekommen Mittel, die auf der Liste stehen.

Quelle: P. Thürmann, Witten/Herdecke

Psychopharmaka (psychotrope Substanzen) -Einteilung-

• Antipsychotika – 1. Generation [klassische] (z.B. Haldol®, Neurocil®, Atosil®, Dipiperon®) – 2. Generation [atypische] (z.B. Risperdal®, Zyprexa®, Leponex®, Seroquel®)

• Antidepressiva – Trizyklische AD - TZA (z.B. Saroten®, Amitriptylin) – Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer – SSRI (z.B. Sertralin®/Citalopram) – Noradrenalin/Serotonin-selektive Antidepressiva – NSSA (z.B. Remergil®/Mirtazapin) – Selektive Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer – SSNRI (z.B.

Trevilor/Efectin (ER)®/Venlafaxin) – Phytopharmaka (z.B. Jarsin®/Johanniskraut)

• Tranquilizer – Benzodiazepine (z.B. Tavor®/Laubeel® (Lorazepam) – Non-Benzodiazepin-Tranquilizer (z.B. Buspiron/Bespar®)

• Antidementiva – Acetylcholinesterasehemmer (z.B. Aricept®, Reminyl®, Exelon®) – Glutamatmodulatoren (z.B. Ebixa®, Axura®) – Nootropika mit unspezifischer Wirkung auf Stoffwechsel und Durchblutung (z.B.

Hydergin®, Nimotop®, Nootrop®, Tebonin®)

• Phasenpropylaktika – Lithiumsalze (z.B. Quilonum®, Hypnorex®) – Antikonvulsiva (z.B. Valproinsäure, Carbamazepin, Lamotrigin)

Transmitterhypothese

Psychose

Depression

Demenz

Antidepressiva (AD)

Antidementiva

Neuroleptika (NL) (Antipsychotika)

Überschuss an Dopamin führt zu

Mangel an Serotonin führt zu

Mangel an Acetylcholin führt zu

„Alte Menschen sind pharmakologisch anders“ M. Bastigkeit, DocCheck News (2010)

Gewichtsanteil Körperfett

35% 17%

Gesamtkörperwasser

wasserlöslicher Arzneistoff = höhere Plasmakonzentration

Fettlöslicher Arzneistoff = Verlängerung der Halbwertzeit

Das reative Lebergewicht sinkt von 2,5 % auf 1,5 % Kapazität der Verstoffwechslung

nur noch 55 – 60 % Ausscheidungsleistung der

Niere nimmt bis zum 90. Lebensjahr um 35 % ab

M. Bergener u. C. Hesse, Psychopharmakotherapie in der Gerontopsychiatrie, in: Neuro-Psychopharmaka Bd. 1,Riederer P., Laux G., Pöldinger W.(Hrsg.) 1992

„Auch die Leber und Niere altert“

Das alternde Gehirn

Müller WE, 2000

Veränderung von Rezeptordichte Rezeptorfunktionalität Transmitterkonzentrationen Signalbedingte Freisetzung von Transmittern

Konsequenzen für den älteren Menschen (1)

Konsequenzen (2) – Aspekt „Bioverfügbarkeit“

Medikament 20-30j 65-70j Verhältnis Clomethiazol 5-16% 70-90% 7,0

Nalbuphin 11% 44% 4,0

Lidocain 13% 27% 2,1 Verapamil 23% 38% 1,7 Propanolol 30% 55% 1,8 Nifedipin 46% 61% 1,3

Fichtl B, Pharmakokinetik beim alten Menschen, in: Forth W et al. (Hrsg.) Allg. u. spezielle Pharmakologie u. Toxikologie (8.Aufl), © Urban & Fischer 2001 70

Bedeutung der Kombinationstherapie für die Arzneimittelsicherheit

0,00%

5,00%

10,00%

15,00%

20,00%

25,00%

Ost

1-5 Medik.> 5 Medik.

UAW-Rate

Platt/Mutschler, Pharmakotherapie im Alter (1999)

Gründe für Polypharmazie

• Verschiedene Ärzte verordnen verschiedene Therapien

• Die Therapien werden zulange durchgeführt • Die Nebenwirkungen werden mit weiteren meist

teureren Arzneimitteln behandelt • Unwirksame Arzneimittel werden mit wirksamen

kombiniert anstatt durch solche ersetzt • Zusätzlich wird eine Selbstmedikation betrieben

Quelle: Rheinfelder Tage 2005; Alter Ernährung & Medikamente (Möll)

Psychopharmakologische Besonderheiten beim Alterspatienten

• Langsamer und einschleichender Behandlungsbeginn

– bis zu max. 1/3 der Dosis des jüngeren und mittleren Erwachsenenalters • (Konsensus-Konferenz 2000)

Psychopharmakotherapie Allgemeine Grundsätze

Ausreichende Dosierung aber nur ca. 1/3. Erwachsenendosis

erhöhte ZNS-Sensibilität verändertes Muskel-Fett-Verhältnis verringerter first-pass Effekt reduzierte Metabolisierung physiologisch reduzierte renale Clearance

Anticholinerge Substanzen meiden !

z.B. Saroten®, Taxilan®

Merke: so wenig (psychotrope) Substanzen wie

möglich, keine Pharmakapolypragmasie Konsensustreffen der Geriatrischen Fachgesellschaften 2000, Düsseldorf

Nißle 2003

Delir – Epidemiologie

Gehäuft ab dem 60. Lebensjahr Etwa 20 % aller 65-jährigen bei

Krankenhausaufnahme Gehäuft bei Demenz Mortalität 25% In Pflegeheimen besonders hoch

mindestens jeder zweite Pflegeheimbewohner (58 %)

Bei ca. 11 – 30 % ist das Delir durch Medikamente bedingt

30-60% der Delirien bleiben unerkannt Quelle: Lorenzl, S., Füsgen, I., Noachtar, S., Dtsch Arztebl Int 2012; S. 109.

Formen des Delirs Hyperaktives Delir (z.B. Delirium tremens) - ca. 15% psychomotorische Unruhe (bis zur Erregung) erhöhte Irritierbarkeit Halluzinationen Angst ausgeprägte vegetative Zeichen

Hypoaktives Delir (z.B. Medikamentenintoxikationen) – ca. 25% „scheinbare“ Bewegungsarmut kaum Kontaktaufnahme Halluzinationen und Desorientierung erst durch Befragen deutlich kaum vegetative Zeichen

Gemischtes Delir – ca.50%

Analgetika ++++ Morphin und Derivate (stark wirksam), ASS in hoher Dosierung, Risiko für Paracetamol am geringsten

Benzodiazepine +++ Benzodiazepin-Entzug kann auch delirante Bilder verursachen

Antidepressiva +++ Risiko steigt mit der sedativen Potenz der jeweiligen Substanz und deren anticholinerger Nebenwirkung (vor allem trizyklische Antidepressiva wie z.B. Doxepin (Aponal®), Amitriptylin (Saroten®)

Parkinsonmittel ++ - +++ Risiko für anticholinerge höher als für dopaminerge Substanzen

Kortikosteroide +++ besonders bei Dosen > 40 mg/Tag Prednisolonäquivalent über >1 Woche

Antihypertonika Substanz-abhängig

zentralwirksame Substanzen haben ein hohes, Alpha- u. Beta-Blocker ein mittleres, Diuretika, Kalzium-antagonisten und ACE-Hemmer ein geringes Risiko

Theophyllin ++ –

Digitalis ++ Digoxin

Antiarrhythmika ++ Risiko für Lidocain am größten

H2-Antagonisten +++ Risiko für Cimetidin am größten

Neuroleptika +++ vor allem bei sedierender und anticholinerger Nebenwirkung z.B. Clozapin (Leponex®), Thioridazin (Melleril®), Levomepromazin (Neurocil®), Promethazin (Atosil®)

Antibiotika + Gyrasehemmer, Sulfonamide, Tuberkulostatika, Aciclovir, Nitrofuran

Ophtalmologika + Atropin-haltige Augentropfen

Antikonvulsiva ++

Quelle: Damerau-Dambrwoski, Hager 2006.

Pharmaka die ein Delir auslösen können

Antipsychotika (Neuroleptika)

Wirkung • die eigentlich antipsychotische Wirkung setzt erst nach 2 – 4 Wochen (im Alter nach 4 – 6 Wochen) ein:

• UAW dagegen nach Stunden bzw. Tagen oder nach der ersten Gabe:

modifiziert nach Hinterhuber H, Haring CH,

Unerwünschte Wirkungen, Kontraindikationen, Überdosierungen, Intoxikationen In: NEURO-PSYCHOPHARMAKA Bd. 4: Neuroleptika

Hrsg.: Riederer P, Laux G, Pöldinger W © Springer-Verlag Wien New York 1998: 144-165

Wirklatenz

Nicht-Wirklatenz

Einteilung der Nebenwirkungen

• Parkinsonoid • Dystonien • Akathisie • Dyskinesien

• Malignes neuroleptisches Syndrom (0,2 – 0,4%)

• Vegetative, endokrine, metabolische und psychische Nebenwirkungen

EP(M)S

Schlüsselposition: Pflegefachkräfte!!!

Pflegende haben bei der Psychopharmakatherapie eine Vermittlerrolle zwischen Bewohnern/Patienten und den Hausärzten.

Quelle: Abschlussbericht „Psychopharmaka im Altenpflegeheim“ Prof. Dr. med. J. Pantel, Dr. med. B. Weber, Dr. med. G. Bockenheimer-Lucius, Prof. Dr. jur. I. Ebsen, 2005.

Schlüsselfaktoren zur Qualitätsverbesserung

Aktive Mit- und Zusammenarbeit Information Kommunikation Beobachtung Dokumentation

Aktive Mitarbeit und Zusammenarbeit (Compliance)

• Tragfähige Beziehung • Gemeinsames Behandlungskonzept • Kommunikative Grundhaltung (aktives Zuhören, Zuwendung,

Wärme, Empathie, Stellungnahme nicht werten, Entscheidungsfähigkeit respektieren)

• Eigene Sichtweise • Ausreichende, begleitende Aufklärung • Verschweigen von UAW (Resultat Non-Compliance wird gefördert)

• Kontinuierliche Weiterbildung für Ärzte und Pflegepersonal

Information

Wissen über und Einschätzung von psychischen Befindlichkeiten, Störungen und Erkrankungen

Basiswissen über Wirkung bzw. unerwünschte Wirkungen von Psychopharmaka

Wichtiger: Alternativen zu Psychopharmaka kennen

Kommunikation

Fachsprache und Begrifflichkeiten

Mündliche Weitergabe

Fragen, Fragen, Fragen.......

Beobachtung

Motto: „Wenn wir nicht bewusst

danach suchen, werden wir auch nichts finden!“

Pflegerische Überwachung der Arzneimittelwirkung

Quelle: Prof. Dr. Gläske: Die Schwester/Der Pfleger 07/12.

Beispiel Dokumentation UAW

Frau X. zeigt seit dem Aufstehen deutliche Anzeichen einer Akathisie. Augenscheinlich sind diese vor allem beim Stehen, Bew./Pat. tritt permanent von einem Bein auf das andere. Ruhiges Sitzen scheint ihr ebenfalls schwer zu fallen, hier ist ein ständiger Aufstehimpuls abwechselnd mit rhythmischem überkreuzen der Beine beobachtbar. Bew./Pat. ist auch nicht in der Lage über einen längeren Zeitraum sitzen zu bleiben, selbst bei den Mahlzeiten kommt sie nicht zur Ruhe. Frau X.wirkt insgesamt sehr angespannt und gereizt, gequälter Gesichtsausdruck. Auf die Bewegungsunruhe angesprochen äußert sich Bew./Pat. nicht konkret, meint, es gehe ihr nicht gut, sie müsse nach Hause. Dieser Zustand hielt den gesamten Vormittag unverändert an. Der behandelnde Hausarzt wurde telefonisch über das Befinden von Fr. X informiert.

Rechtliche Aspekte

• Formfreiheit – Anordnungen können

schriftlich/mündlich/fernmündlich erfolgen – bei fernmündlicher Anordnung wird von der

Rechtssprechung eine Wiederholung des gehörten Textes verlangt

Rechtliche Aspekte

Bedarfsmedikation

unbestimmte Rechtsbegriffe wie: • bei Unruhe, bei Schmerzen, bei Schlafstörungen, bei Angstzuständen sind nicht zulässig • qualitative und quantitative Einschränkung • Arzt muss „wenn – dann“ Ausführungsdefinition leisten

Beispiel Bedarfsmedikation

Datum Bedarfsmedikation HZ Abges. 22.12.15

Bei Unruhe 5 ml Melperon GE 12.03.16

12.03.16

Wenn Fr. X starke psychomotorische Unruhe zeigt und durch Beschäftigungs-angebote, oder Gespräche nicht zu beruhigen ist, dann kann sie einmalig 5 ml Melperon erhalten.

GE

12.03.16

Wenn Fr. X nach Erhalt von Schlaftee bis 22.00 Uhr nicht einschlafen kann, dann 20 Trpf. Dominal. Ab 24.00 Uhr keine Schlafmittel geben.

GE

1. Erst Suche nach (körperlichen oder medikamentösen) Ursachen! 2. Dann bzw. gleichzeitiger Einsatz nichtmedikamentöser Interventionen 3. Erst danach Psychopharmaka, je nach Symptomatik evtl. auch andere Sustanzgruppen

Antipsychotika und herausforderndes Verhalten bei Demenz

1. Ist dieses Medikament jetzt notwendig oder kann dem anliegenden Problem mit anderen Möglichkeiten begegnet werden ? - z.B. mit Gespräch, Zuwendung, Aktivität

2. Jedes Medikament birgt auch Risiken in sich, insbesondere dann, wenn der Patient bereits mehrere Medikamente hat - Probleme der Wechselwirkungen von Medikamenten im Alter !

3. Benzodiazepine wie Tavor®, Laubeel®, werden im Alter häufig (langfristig) eingesetzt, das kann oft zu einer Beruhigung und Entspannung führen aber: - soll eine Abhängigkeit in Kauf genommen werden ? - Muskelrelaxation ? - evtl. paradoxe Reaktion ?

Grundsätzlich gilt für die Pharmakotherapie bei älteren Menschen:

4. Strukturelle Defizite der Einrichtung (Krankenhaus, Heim) lassen sich mit Medikamenten nicht beheben; dafür sind Psychopharmaka und sonstige Medikamente auch nicht da !

5. Die Verabreichung eines Medikamentes muss dann in Frage gestellt werden, wenn es in erster Linie eine Hilfe für die Anderen ist.

6. Ein Medikament ist dann erfolgreich, wenn der Mensch, der es einnimmt, den Nutzen selbst spüren kann.

7. „Jedes neue Symptom sollte als potenzielle Arzneimittelnebenwirkung betrachtet werden – bis zum Beweis des Gegenteils“ (J. Gurwitz1995).

Grundsätzlich gilt für die Pharmakotherapie bei älteren Menschen:

Herzlichen Dank

für Ihre

Aufmerksamkeit!

Gerhard Stadler

allgäu akademie

Kemnater Str. 16

D-87600 Kaufbeuren

www.allgaeu-akademie.de

Fachtag: Psychopharmaka in Alten- und Pflegeheimen 14. Oktober 2014 Sedierende Medikamente – muss das sein?

Quelle: Abschlussbericht „Psychopharmaka im Altenpflegeheim“, Eine interdiziplinäre Untersuchung unter Berücksichtigung gerontopsychiatrischer, ethischer und juristischer Aspekte, Prof. Dr. J. Pantel, et al., S. 138, Frankfurt 2005.

Handlungsstufen der Psychopharmakaverordnung im Altenpflegeheim

Fachtag: Psychopharmaka in Alten- und Pflegeheimen 14. Oktober 2014 Sedierende Medikamente – muss das sein?

Gerhard Stadler, allgäu akademie Kaufbeuren 1

Quelle: Prof. Dr. G. Gläske, J. Schulze, F. Henke,in: Die Schwester DerPfleger 07/2012.

Literaturempfehlung

Benkert–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Pocket GuidePsychopharmaka von A bis Z

Springer Verlag

ISBN: 978-3-652-54766-9

Dieses komprimierte Pocket-Buch ist bestens geeignet, um es in die Kitteltasche zu packen.

Die Informationen im Buch sind sehr knapp und präzise gehalten; ganz bewusst wurde hier auf eine ausführliche Darstellung der Störungen verzichtet.

Im Pocket Guide finden Sie von A bis Z schnell und übersichtlich die „Erste-Hilfe“-Information rund um alle Psychopharmaka, die Sie auf Station und im Praxisalltag brauchen.

–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Über den Autor: Professor Benkert ist Autor des erfolgreichen Buches „Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie“.

Workshop 1Die Angehörigen wollen das aber! Die Unterstützungsmöglichkeiten der Betreuungsvereine

Folgende Fragen wurden diskutiert:

1. Welche Situationen kennen Sie, bei denen Angehörige (Betreuerinnen, Betreuer oder Bevollmächtigte) beruhigende Medikamente wünschen?

- Es wird vom Pflegepersonal Druck auf Angehörige ausgeübt („Der Bewohner ist sonst nicht tragbar“) - Es wird Druck von den Angehörigen anderer Bewohnerinnen und Bewohnern ausgeübt - Sorge um die Angehörigen im Heim - Mangelnde Information bzw. mangelndes Wissen der Angehörigen – der Arzt ist immer noch der

„Halbgott in weiss“ - Angehörige wünschen einen bequemen, umgänglichen alten Menschen während ihres Besuchs - Hinlauftendenz - Kommunikationsproblem -

2. Wie ist es in solchen Fällen zu einer Entscheidung gekommen? (Wer war daran beteiligt? Welche Alternativen zur Medikamentengabe wurden versucht?)

- Kollegiale Fallberatung - Betreuungsassistenz ist hilfreich - Runder Tisch, gegebenenfalls mit Vermittlung (z. B. von der Beschwerdestelle) - meistens treffen immer noch der Arzt, die Ärztin und die Pflegekraft die Entscheidung - Alternativen: + Abendtreffs und andere Aktivitäten

+ Strukturen aufbrechen, z. B. Essen auch um Mitternacht möglich + immer die konkrete Situation anschauen + neue Wohnkonzepte (Innenraumgestaltung)

3. Wie könnte die Kooperation zwischen den Beteiligten verbessert werden?

- Angehörigenabende – Angehörige trauen sich oft nicht, etwas Neues auszuprobieren, das heißt, sie brauchen Unterstützung

- Schulungen von Angehörigen, Betreuerinnen, Betreuern und Bevollmächtigten - die Pflegekräfte sollen Beschwerden über Betreuerinnen und Betreuer an das Betreuungsgericht

oder die Betreuungsstelle melden - offene, transparente Kommunikation - alle an einen Tisch bringen

Fazit: Wünschenswert wäre, dass alle Beteiligten gut informiert sind, miteinander reden und nach kreativen Lösungen suchen. Hierzu wären „runde Tische“ mit den Angehörigen, dem Betreuer, der Betreuerin, dem Hausarzt, der Hausärztin, der Pflegedienstleitung und den Pflegekräften ein geeignetes Vorgehen. Die Träger der Heime sind gefragt, eine entsprechende Kultur zu schaffen. Diese Kultur würde beispielsweise durch ein Angebot von Informations- und Schulungsveranstaltungen für das Personal und die Angehörigen sowie eine Begleitung des Pflegepersonals bei der alltäglichen Umsetzung gefördert werden.

Workshop 2Vom Krankenhaus ins Heim – Kooperation und Kommunikation an Übergängen

Folgende Fragen wurden diskutiert:

1. Wer ist im Prozess beteiligt?

2. Wo landet welche Information?

3. Wer ist wie verantwortlich?

4. Wo sind die Schnittstellen?

5. Wo gibt es Verbesserungsbedarf? (Es gibt zum Beispiel „feM-Beauftragte“ in den Häusern der MÜNCHENSTIFT)

6. Was kann helfen?

7. Welche Fragen stellen sich dennoch?

Fazit: Teilnehmende waren Pflegekräfte aus mehreren Pflegeeinrichtungen der MÜNCHENSTIFT, Mitarbeiterinnen der Betreuungsvereine, eine ehrenamtliche Betreuerin und eine Berufsbetreuerin.

Reger Austausch über Erfahrungswerte. Die gegenseitigen Zuständigkeiten waren allen bekannt. Es wurde über das gesetzlich geregelte Entlassmanagement und die daraus relevanten Neuerungen informiert (siehe Anlage).

Durch das Entlassmanagement soll die Kontinuität der Versorgung an den Schnittstellen gewährleistet und eine verbesserte Kommunikation zwischen den beteiligten ambulanten oder stationären Versorgungsbereichen eingeführt werden. (Wikipedia)

Hier ist eine konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten gefragt.

Als wichtiges Kriterium für eine erfolgreiche Zusammenarbeit wurde eine gute Kommunikation zwischen Pflegenden und rechtlichen Vertretern (Betreuerinnen, Betreuern und Bevoll-mächtigten) gesehen. Dies setzt voraus, dass die entsprechenden Kontaktdaten den Beteiligten bekannt sind (z. B. Vermerk im Stammblatt zu Kontaktdaten der Bevollmächtigten / der rechtlichen Betreuung). Alle Beteiligten sollen aktiv handeln.

Im Blickfeld steht grundsätzlich der pflegebedürftige Mensch.

Wikipedia:Durch das Entlassmanagement soll die Kontinuität der Versorgung an den Schnittstellen gewährleistet und eine verbesserte Kommunikation zwischen den beteiligten ambulanten oder stationären Versorgungsbereichen eingeführt werden.

Gesetzestext:

§ 39 SGB V Krankenhausbehandlung(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115a) sowie ambulant (§ 115b) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation.(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 7 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 7, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses bis zum 31. Dezember 2015 in einem Rahmenvertrag; § 118a Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend; kommt eine Vereinbarung nicht zustande, kann auch das Bundesministerium für Gesundheit das Schiedsamt anrufen. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten

dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden. Information, Einwilligung und Widerruf bedürfen der Schriftform.

Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses:„§16a Verordnung von Heilmitteln im Rahmen des Entlassmanagements“ ist am 04.08.2016 in Kraft getreten

Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachungeines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses

über eine Änderung der Heilmittel-Richtlinie:Verordnung im Rahmen des Entlassmanagements

Vom 17. Dezember 2015

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seinen Sitzungen am 17. Dezember 2015 und 19. Mai 2016 be-schlossen, die Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinie,HeilM-RL) in der Fassung vom 20. Januar 2011 (BAnz. S. 2247) wie folgt zu ändern:

I.

Nach § 16 wird folgender § 16a eingefügt:

§ 16a Verordnung von Heilmitteln im Rahmen des Entlassmanagements

(1) Soweit es für die Versorgung der oder des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung aus dem Krankenhauserforderlich ist, kann das Krankenhaus (die Krankenhausärztin oder der Krankenhausarzt) im Rahmen des Entlass-managements wie eine Vertragsärztin oder ein Vertragsarzt Heilmittel nach Maßgabe des Heilmittelkatalogs für einenZeitraum von bis zu sieben Kalendertagen nach der Entlassung entsprechend dieser Richtlinie verordnen. Für Ver-ordnungen nach Satz 1 sind zuvor getätigte vertragsärztliche Verordnungen durch die Krankenhausärztinnen undKrankenhausärzte nicht zu berücksichtigen. Die Verordnungsmenge ist abhängig von der Behandlungsfrequenz sozu bemessen, dass der nach Satz 1 erforderliche Versorgungszeitraum nicht überschritten wird.

(2) Ergänzend zu den übrigen Vorgaben zu Verordnungen nach dieser Richtlinie gilt für Verordnungen im Rahmen desEntlassmanagements, das auf diesen auch das Entlassungsdatum anzugeben ist. Das Nähere sowie ein Kennzeichender Verordnung als „Entlassmanagement nach § 39 Absatz 1a SGB V“ ist in den Verträgen zur Umsetzung von § 39Absatz 1a SGB V zu regeln.

(3) Die Heilmittelbehandlung aus der Verordnung nach Absatz 1 muss abweichend von § 15 innerhalb von siebenKalendertagen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus aufgenommen werden und darüber hinaus innerhalb vonzwölf Kalendertagen nach der Entlassung abgeschlossen sein. Die nicht innerhalb von zwölf Kalendertagen in Anspruchgenommenen Behandlungseinheiten verfallen. Wird eine Heilmittelbehandlung aus der Verordnung nach Absatz 1 nichtinnerhalb von sieben Kalendertagen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus begonnen, verliert die Verordnung ihreGültigkeit.

(4) Die Krankenhausärztin oder der Krankenhausarzt hat in geeigneter Weise im Rahmen des Entlassmanagementsrechtzeitig die weiterbehandelnde Vertragsärztin oder den weiterbehandelnden Vertragsarzt über die getätigten Ver-ordnungen zu informieren. § 11 Absatz 4 SGB V bleibt unberührt.

(5) Verordnungen nach Absatz 1 bleiben für die weiterbehandelnde Vertragsärztin oder den weiterbehandelnden Ver-tragsarzt bei der Betrachtung eines Regelfalls sowie bei der Bemessung der Verordnungsmengen (Einheiten pro Ver-ordnung, Gesamtverordnungsmenge) unberücksichtigt.

(6) Die Regelungen dieses Paragraphen gelten entsprechend für Ärztinnen und Ärzte in Einrichtungen der medizinischenRehabilitation bei Leistungen nach § 40 Absatz 2 und § 41 SGB V.

II.

Die Änderung der Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 17. Dezember 2015

Gemeinsamer Bundesausschussgemäß § 91 SGB V

Der VorsitzendeProf. Hecken

www.bundesanzeiger.de

BekanntmachungVeröffentlicht am Mittwoch, 3. August 2016BAnz AT 03.08.2016 B3Seite 1 von 1

Workshop 3Ohne „Pille“ geht es nicht? – Zusammen­arbeit bei herausforderndem Verhalten

Impulse des Vortrags von Frau Hofmann:

• Diagnose Demenz = Entstehen von herausforderndem Verhalten innerhalb von 2 Jahren

• Herausforderndes Verhalten = Kommunikationsversuch (Umgebung stimmt nicht)

• Psychopharmaka = Antwort auf nicht angemessenes Verhalten der Umgebung

• Fluktuation / Wechsel / gestresstes Personal = herausforderndes Verhalten

• „Gelingende Demenz“ = hohes Maß an Selbstbestimmung (angepasstes Umfeld)

• Wertekanon / Philosophie der Einrichtungsleitung:

- Akquise von kompetentem Pflegepersonal

- Förderung von Beziehungsaufbau und Erhalt der Beziehung

• Andere Haltung in der Gerontopsychiatrie / im Pflegeheim:

- weniger Somatik (z. B. Sturzgefährdung, Ernährung, Prophylaxe)

- Wahrnehmung der Persönlichkeit des Bewohners

- erfordert „Chaoskompetenz“, aber auch „professionelle Distanz“ des Personals

• Orientierung an Best Practice Beispielen:

- Reischl Hof in Ebersberg (Innere Mission)

- Multiprofessionelles Team

- gemeinsames Erarbeiten einer „Verstehenshypothese“

- Schulung des gesamten Betreuungsteams

- Erkennen von Angst, Ärger, Traurigkeit (als Reizspirale für herausforderndes Verhalten)

- Dokumentation des Verhaltens und Ziehen von Rückschlüssen zu Form der Demenz (z. B. Alzheimer Demenz)

- Nutzung von Assessmentinstrumenten zur Eruierung von Suchtpotenzial, Schmerzen

- Erinnerungspflege

- über individuelle Biografie

- über Orientierungstraining

- durch Einsatz von Betreuungsassistenz

Workshop 3

Folgende Fragen wurden diskutiert:

• Wer hat welche Aufgabe? Betreuerinnen, Betreuer oder Bevollmächtigte – Pflegekräfte

• Wann und wo wird die Deeskalation überprüft und dokumentiert?

• Wer soll noch mit einbezogen werden?

Ergebnisse:

• interdisziplinäre Fallbesprechungen („runder Tisch“)

• Nutzung bzw. Entwicklung eines Handlungsleitfadens

• Einbeziehen der Pflegedienstleitung und des rechtlichen Vertreters

• Einbeziehen der Apotheke zur Abklärung von möglichen Wechselwirkungen

• Alternativen stärker nutzen (basale Stimulation, Snoozeln, Bewegungsförderung)

Workshop 4„Wer entscheidet was?“ – die Rolle des Betreuers im Dialog mit Pflegekraft, Arzt und Bewohner

Folgende Fragen wurden diskutiert:

1. Wer ist wie verantwortlich?

2. Wann und wie ist der Betreuer / die Betreuerin einzubeziehen?

3. Was kann helfen die Zusammenarbeit zu verbessern?

Zu 1.Es ist wünschenswert, die Betreuerinnen, Betreuer oder Bevollmächtigen bereits bei Aufnahme der Heimbewohner in den Pflege- und Behandlungsprozess zuverlässig und kontinuierlich einzu-beziehen – nicht erst in Krisensituationen, wenn eine Entscheidung eilig getroffen werden muss.

Zu 2.Es wird empfohlen, dass in die Arbeitsabläufe der Pflegestationen die Weitergabe von Informationen an die rechtlichen Vertreter stärker integriert wird. Eine automatische Benachrichtigung, in der Regel per Fax, bietet sich beispielsweise bei jeder Änderung der Medikamentenvergabe oder nach regelmäßigen neurologischen Visiten an.

Zu 3.Als ein Beispiel für gelingende Praxis ist der Umgang der MÜNCHENSTIFT-Häuser mit Psychopharmaka zu nennen. Dort wird seit einigen Jahren die Vergabe von Psychopharmaka monatlich ausgewertet. Jede einzelne Medikation ist dabei anhand der bei den Heimbewohnern beobachteten Wirkungen innerhalb einer Bedarfsabklärung zu optimieren, gegebenenfalls auch abzusetzen. Die Betreuerinnen, Betreuer oder Bevollmächtigten werden in der Regel bereits informiert – im Sinne der genannten Verbesserung der Arbeitsabläufe wäre zukünftig an eine automatische Benachrichtigung zu denken.Für 2017 soll in den MÜNCHENSTIFT-Häusern ein Benchmarking-Prozess im Hinblick auf die Vergabe von Psychopharmaka eingeführt werden.

Ergebnis:

Für eine gelingende Zusammenarbeit wird als wichtig erachtet, dass alle an dem Prozess Beteiligten (Betreuerinnen, Betreuer oder Bevollmächtigte, Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte) kontinuierlich im Dialog stehen, damit im Sinne der Bewohnerin, des Bewohners eine erfolgreiche Behandlung und Pflege gewährleistet und der Umgang unter anderem mit Medikamenten mit sedierender Wirkungen kritisch reflektiert wird.