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LVR-Klinikum Düsseldorf
Klinik für Psychosomatische Medizin und
Psychotherapie
Psychotherapie mit traumatisierten Flüchtlingen
Dr. L. Joksimovic, MPHLtd. OÄ
LVR Klinikum DüsseldorfKliniken der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf
Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Berlin, 09.07.2016
LVR-Klinikum Düsseldorf
Klinik für Psychosomatische Medizin und
Psychotherapie
Gliederung
1. Brauchen Flüchtlinge Psychotherapie?
2. Was sind spezifische Herausförderungen an die
Psychotherapie mit Flüchtlingen?
3. Kann Psychotherapie Flüchtlingen helfen?
4. Wie kann psychotherapeutische Versorgung von
Flüchtlingen innerhalb der Regelversorgung gelingen?
L. Joksimovic, Ltd. OÄ Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
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Klinik für Psychosomatische Medizin und
Psychotherapie
erhöhter Vulnerabilität für die Entwicklung von psychischen Störungen ( Laban et al. 2004, Johnson & Thompson, 2008, Sundquist,
1992, 1994, Cervantes et al. 1989).
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1. Flüchtlinge brauchen Psychotherapie aufgrund von..
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Psychotherapie
Reaktionen auf schwere Belastungen wie PTBS (F43.-)
Depressive Störungen (ICD 10: F 32.-, F 33.-)
Angststörungen (F 41.-)
Somatoforme Störungen (F45.-)
Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (F62.0)
Dissoziative Störungen (F 44.-)
Reaktionen welche keinen gängigen Krankheitsbildern
zuzuordnen sind wie z. B. atypische emotionale Reaktionen,
medizinisch nicht erklärliche körperliche Beschwerden und
Schmerzen (Pfortmueller et al., 2016).
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chronischen Krankheitsverläufen (Marshall et al. (2005)
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1. Flüchtlinge brauchen Psychotherapie aufgrund von..
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z.B. bei nicht vorliegender Behandlung können Flüchtlinge auch 20 Jahren nach ihrer Flucht eine höhe Häufigkeit für PTBS (62%) und Depression (51%) aufweisen (Marshall et al. (2005)
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trauma- , kultur- und stressbedingten Komorbiditäten (Rohlof et al., 2014)
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1. Flüchtlinge brauchen Psychotherapie aufgrund von..
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z.B. das Risiko für komorbide Somatisierung ist bei Flüchtlingen sowohl in der Allgemeinpopulation als auch innerhalb der primären ärztlichen und der klinischen psychiatrischen Versorgung erhöht ( review von Rohlof et al., 2014).
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das Krankheitsbild PTBS das Risiko für körperliche
Erkrankungen
und gesundheitsschädigendes Verhalten erhöhen .
1. Flüchtlinge brauchen Psychotherapie, nicht zuletzt deshalb, weil..
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für häufigste psychische Erkrankungen und
Komorbiditäten, die bei Flüchtlingen vorkommen die
Therapie der Wahl, nach geltenden Behandlungsleitlinien,
Psychotherapie ist.
1. Flüchtlinge brauchen Psychotherapie, weil..
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2. Spezifische Herausforderung an die Psychotherapie von traumatisierten Flüchtlingen
…Behandlung der gesundheitlichen Folgen von
traumatisierenden Erlebnissen im Heimatland (Krieg,
Folter, Vergewaltigung, Verfolgung und schwere Diskriminierungen, Misshandlungen, Todesnähe etc.)
Belastungen auf der Flucht (Obdachlosigkeit, Trennung von Familie
auf der Flucht, Dauerdistress etc.)
Belastungen im Aufnahmeland (keine Perspektiven,
Diskrimminierungs- und Ablehnungserfahrungen, Ausgrenzung im Bereich Schule, Wohnen, Heimat- und Sprachverlust etc.) (vgl. Metaanalyse von Porter & Haslam, 2005).
L. Joksimovic, Ltd. OÄ Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
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Studie zu gesundheitlichen Problemen von AsylbewerberInnen, welche vom 1.11.2011 bis 30.06.2014 die Abteilung für Notfallmedizin der Uniklinik Bern aufgesucht haben, zeigt, dass die Behandlungsanlässe bei sehr jungen Patienten aus dem Mittleren Osten inkl. Syrien in hohem Maße unspezifische körperliche Symptome (Pfortmueller et al., 2016).
Bisher untersuchten Prädiktoren für Somatisierung bei Flüchtlingen :
depressive Symptome und PTSD (Schubert &Punamäki, 2011; Fenta et al., 2010)
unzureichende Englischkenntnisse (Westermeyer, 1989, Fenta et al. 2010)
Postmigrationsstress (Schweiter et al., 2010; Laban et al., 2008, Fenta et al., 2010)
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„…ich war dort in einem Asylheim. Ich hatte keinen Kontakt. Mein Zimmer war
weit außerhalb. Das war kein guter Ort für mich. Ich habe versucht, meine Probleme mit dem Amt zu besprechen. Ich habe gesagt, dass es mir nicht gut geht. …Da habe ich meine Hoffnung verloren und mein Herz ist zerbrochen. Ich habe Schmerzen, viele Schmerzen. Mein Leben ist kalt. Ich habe mich dann zurückgezogen und nichts mehr gesagt. Ich hatte keine Schule, keinen Sport. Sehr schlechte Zeit für mich gewesen…dann wollte ich nicht mehr“
(Zitat eines schwer misshandelten und durch Flucht traumatisierten Patienten aus Afghanistan nach einem Suizidversuch, mit seiner Genehmigung).
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Eine Reihe von Studien
belegt die Wirksamkeit psychotherapeutischer Interventionen auch bei Überlebenden schwerer Menschenrechtsverletzungen
Review aus dem Zeitraum von 1980 bis 2010 (Farlane & Kaplan, 2012) : in 36 der 40 Studien (90%) signifikante Verbesserung der PTBS Symptome wie auch der Depression , der Angst und der Somatisierung nach der Behandlung
3. Kann Psychotherapie Flüchtlingen helfen? Ja.
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Nach 25 Stunden der muttersprachlichen traumaspezifischen Psychotherapie nehmen die Werte der PTSD Skala, die körperliche Symptomatik und die allgemeine psychische Belastung bei schwer traumatisierten bosnischen Flüchtlingen signifikant ab.
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Prä Post
Therapie
Wartegruppe
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vor der
Therapie
nach der
Therapie (1
Jahr)
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Wartegruppe
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vor der
Therapie
nach der
Therapie (1
Jahr)
Psychotherapie
Wartegruppe
GSI prä/postVergleich
SOMS prä/post Vergleich
PTSD prä/postVergleich
Kruse, J., Joksimovic, L., Cavka, M., Wöller, W., Schmitz, N. (2009) Effects of trauma-focused psychotherapy upon war refugees. Journal of Traumatic Stress 22 (6): 585-592.
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4. Wie kann psychotherapeutische Versorgung
von traumatisierten Flüchtlingen innerhalb der
Regelversorgung gelingen?
Dr. (Yu) L. Joksimovic
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- Institutionelle Zielvereinbarung: Integration von Flüchtlingen innerhalb der Regelversorgung- Schaffung von Anreizen für Mitarbeiter für den Erwerb von transkulturellen Kompetenzen- kompetenter Management von Vielfalt und Diversity
- transkulturelle Kompetenz
- traumatherapeutische Kompetenz
- einschlägige Erfahrungen in der Arbeit mit Menschen aus
Kriesengebieten
- Behandlungsmodelle greifen nur dann , wenn sie für spezifische Belastungen und Komorbiditäten von Fl. modifiziert werden
- Kultur- und traumaadaptiert
- würdevoll, personalisiert und frei von Vorurteilen und diskriminierenden Interventionen
Dr. (Yu) L. Joksimovic
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- höhe Professionalität
- Behandlungsassistenz
- Kulturkompetenz
- Integrationsvermittlung
- Aktive Mitarbeit
- Vertrauen
- Bereitschaft Ängste und Skepsis zu überwinden
- Psychosoziale Zentren für Flüchtlinge
- Förderer (z.B. EU Fonds)
- Forschungseinrichtungen
- Öffentlichkeitsarbeit
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• Patientenaufklärung
• Akute Versorgung
• Fluchtsensible Anmeldesituation
• Darstellung der Behandlungsoptionen
• Aufklärung über Diagnosen
• verlängerte Diagnostikphase
• Stabilisierende Psychodynamische Psychotherapie im Einzelsetting
• stabilisierende interaktionelle Gruppenpsychotherapie
• traumakonfrontation, EMDR- Therapie
•Stationäre Traumatherapie
Stufen der Behandlung von
traumatisierten Flüchtlingen
nach dem Düsseldorfer Model
• Kultursensible Medikamentensprechstunde
• Stabilisierende Kunsttherapie
•längerfristige Anbindung•Vermittlung in die KÄ Versorgung
•längerfristige niederfrequente Anbindung
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gefördert von der Europäischen Union /Europäischer Flüchtlingsfonds (EFF)
Ein Projekt von:
Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge Düsseldorf
Diakonie Düsseldorf
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Gefördert durch den Europäischen Flüchtlingsfonds EFF
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„Gütesiegel des Ministeriums für Gesundheit-Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA) NRW“
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Ambulanz für transkulturelle Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Düsseldorf
• ca. 100 Patient/innen sind Flüchtlinge, die Behandlung wird u.a. ermöglicht durch Projekte des Europäischen Flüchtlingsfonds (EFF, aktuell: Projekt „Erkennen-und-Handeln“)
• Menschen aus Afghanistan, Syrien, Osteuropa/ Kaukasus, Balkanländer/Ex-Jugoslawien, afrikanische Länder, etc.
• Bei etwa einem Drittel dieser Patient/innen erfolgt ein regelmäßiger Einsatz von Sprach- und Integrationsmittler/innen bzw. Dolmetscher/innen u. a. ermöglicht durch das „LVR Verbundprojekt Migration“.
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EFF - PROJEKT „KOMPLIMENT“ (2011-2014)
• Weitere
• Komorbiditäten:
Somatoforme
Störungen
Angststörungen
Persönlichkeits-
störungen
Dissoziative
Störungen
EssstörungenJoksimovic/Schröder
Diagnosen F 43.1 F 32.1, -.2, F 33.1, -.2
komorbid Frauen Männer Gesamt Frauen Männer Gesamt
F 32.1, -.2, F 33.1, -.2 44 18 62 / / /F 32.3, F 33.3
2 1 3 / / /F 41.-
1 0 1 3 1 4F 44.-
2 0 2 1 0 1F 45.-
14 6 20 8 1 9F 54.0
1 1 2 2 0 2F 62.0
2 1 3 0 0 0
Keine Komorbidität 1 7 8
60 31 91 14 2 16
Gesamt: 107 Patienten (von 123)Folie 24
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Psychotherapie
Stabilisierende psychodynamischen Traumatherapie (Kruse, Joksimovic, Cavka, Wöller, Schmitz, 2009)
1. Aufbau der therapeutischen Beziehung
2. Reduktion des Stressniveaus
3. Psychoedukation
4. Arbeit an den kognitiven Inhalten
5. Kurzformen von Entspannungsverfahren
6. Affektregulation und stabilisierende Übungen
7. Selbstfürsorgende Verantwortungsübernahme
8. Sozialtherapeutische UnterstützungL. Joksimovic, Ltd. OÄ Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
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Stabilisierende psychodynamische Traumatherapie (Kruse, Joksimovic, Cavka, Wöller, Schmitz, 2009)
25-stündige Intervention für Patientinnen und Patienten mit Posttraumatischer Belastungsstörung und v.a. medizinisch nicht erklärbaren körperlichen Beschwerden
-Verständnis für• das spezifische Klageverhalten • die besonderen Lebenssituation • spezifsche Kommunikationsmerkmale in unterschiedlichen Ländern, • für die unterschiedlichen Tabus, Geschlechterrollen, Rituale und
Religionen, • für den unterschiedlichen Umgang mit Autoritäten und Regeln• seelische Belastung durch reale Unsicherheit hinsichtlich des
Aufenthaltes
L. Joksimovic, Ltd. OÄ Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
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Das
kunsttherapeutische Angebot für Flüchtlinge in
der transkulturellen Ambulanz
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Flyer
Folie 28
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Voraussetzungen für psychotherapeutische Versorgung von Flüchtlingen
innerhalb der Regelversorgung
Es reicht auf Dauer nicht, bei den herkömmlichen Strategie der
interkulturellen Öffnung zu bleiben, wie z.B. dem Abbau von
Sprachbarriere durch SIM
Vielmehr müssen multifaktorielle Krankheitsentstehung und
Krankheitsrisiken
sowie soziokulturell bedingte Unterschiede in Bezug auf:
• das Krankheitsverständnis,
• die Beziehungsgestaltung,
• die Erwartungen sowie
• die Kommunikationsweisen
bei Planung von Angeboten beachtet werden.
L. Joksimovic, Ltd. OÄ Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
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Dr. (Yu) L. Joksimovic
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!