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Querdenken | Dokumentation

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Dokumentation der 22. Jugendkunstschultage Baden-Württemberg vom 18.-20.11.2011 in Freiburg

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Inhaltsverzeichnis „Phantasie ist etwas, was sich manche Leute gar nicht vorstellen können.“ Gabriel Laub

VorwortGudula TrefzgerMonika FahrenkampSeite 1

Rahmenprogramm„Danse du vente“„Akrobatoni“Seite 2

BegrüßungsworteStaatssekretär Dr. Frank MentrupBürgermeister Ulrich von KirchbachVorsitzende Monika FahrenkampGudula Trefzger, TagungsinitiatorinSeite 3

Prof. Anne BamfordBewegungsspiele für WahrnehmungSeite 4

Kinder sind die besseren DenkerVortrag Prof. Anne Bamford, LondonSeite 5

„Quergefragt“ - Denken Sie quer?PodiumsdiskussionSeite 6 und 7

Prof. Ursula BertramQuerdenkerfabrik ID factory TU Dortmund„Navigieren im offenen System“Seite 8

Was ist das Gegenteil von einem Frosch?Vortrag Prof. Ursula Bertram, DortmundSeite 9

RahmenprogrammJugendliche portraitieren Referenten und GästeSeite 10

„Creativity is not a prisonor of Art“Erfinderwerkstatt mit Prof. Ursula BertramSeite 11

Prof. Dr. Metin TolanJames Bond im Visier der PhysikSeite 12

Non-lineare Wissenschaft mit James BondVortrag Prof. Dr. Metin Tolan, DortmundSeite 13

RahmenprogrammPoetry von „Alica aus dem Wunderland”Seite 14

„Schwarzwald – Black Beauty"Das erste Baden-Württembergische KunstcampSeite 15

Workshop Film„Schwarzwald – Black Beauty“Seite 16 und 17

Workshop Performance„Schwarzwald – Black Beauty“Seite 18 und 19

Workshop Design„Schwarzwald – Black Beauty“Seite 20 und 21

Workshop Malerei„Schwarzwald – Black Beauty“Seite 22 und 23

Workshop Installation„Schwarzwald – Black Beauty“Seite 24 und 25

Kunstverein FreiburgAusstellung „Schwarzwald - Black Beauty“Seite 26 und 27

„Freilichtspiel 9“Solare LichtkunstobjekteSeite 28 und 29

Tolle Tonnen für die InnenstadtGestaltung der Müllbehälter in FreiburgSeite 30 und 31

RahmenprogrammMarionettentheater „Die versunkene Stadt"Improvisationstheater mit dem PublikumSeite 32

ImpressumSeite 33

Das Magazin 2011/12 ist diesmal aus-schließlich einer einzigen Kunstschulegewidmet: Der JugendkunstschuleFreiburg im Jugendbildungswerk e.V.

Weil in einer kalten Novembernachtnicht nur Solare Lichtkunstobjekte ineinem kleinen Stadtteilkarree vonFreiburg außergewöhnliche Ideen inBäume gezaubert haben. Weil nichtnur mit Pinsel und Farbe schöpferi-scher Glanz auf graue Mülltonnen derStadt Freiburg fiel. Weil nicht nur

ein erstes Baden-WürttembergischesKunstcamp den Schwarzwald erobertund neu entdeckt hat, sondern darü-ber hinaus auch eine hochkarätigequerdenkerische Tagung, geschmücktmit einem vielseitigen Rahmenpro-gramm, dazu anhielt, Ordnungsprinzi-pien aus den Fugen zu heben, um sichkreativ auf unsicheres Terrain zubegeben.

Ein vielfältiges Konzept auf hohemNiveau der Jugendkunstschule Frei-burg füllt diese Dokumentation und

steht beispielhaft für den kreativenReichtum der Programmgestaltung allunserer Mitgliedskunstschulen.

Viel Vergnügen beim Lesen, Nachsinnen und Entdecken neuerIdeen und Gedanken wünscht Ihnen

Monika FahrenkampVorsitzendeLandesverband der KunstschulenBaden-Württemberg

Den Teilnehmerinnen und Teilneh-mern der 22. Jugendkunstschultage inFreiburg bot sich ein vielseitiges Programm aus Vorträgen, Workshops,Diskussionen und künstlerischen Bei-trägen, die aus unterschiedlichen Perspektiven ein gemeinsames Zielverfolgten: Eine wissenschaftlich fundierte Lanze zu brechen für denfreien Gedankenflug, für kreative,non-lineare Prozesse in einer nachEffizienz bestrebten Gesellschaft.

Durch künstlerisches Denken lerntman rundum, oben drüber oder auchmitten durch zu denken. Das fördertMut und Risikobereitschaft, und mansteht dem Leben offen gegenüber.Kreativität ist eine Schlüsselkompe-tenz und Beweglichkeit im Denkenschafft Möglichkeiten im Handeln.

In diesem Sinne sprachen hochkaräti-ge Referentinnen und Referentendarüber, was Kreativitätsförderungbei Kindern und Jugendlichen be-wirkt, auch wenn sie später einmal inkeinem kreativen Fach arbeiten. Eswurde der Frage nachgegangen, obdie Wirtschaft von Kunst und vonkünstlerischem Denken profitiert undwie wichtig Kreativität in der Politikist.

Nicht nur die Wissenschaft brauchtunkonventionelles und kreatives Den-ken, schon in den Kinderstuben zeigensich messbare Erfolge, wie Anne Bamford in ihrem Vortrag über ihreweltweiten Forschungsergebnisse imBereich der künstlerischen und kultu-rellen Bildung erörtert: Sie attestierenden Schülern kunstorientierter Schu-

len mehr Engagement, Zufriedenheitund Teamfähigkeit, sowie eine ein-deutig höhere Lerneffizienz und Flexi-bilität.

Die Tagung zeigte eindeutig, dass dieJugendkunstschulen bereits seit zweiJahrzehnten Pionierarbeit leisten undganz auf der Höhe der Zeit sind!

Mein Wunsch ist, dass die professio-nelle Arbeit der JugendkunstschulenAnerkennung und Unterstützung er-hält, damit sie fest verankert werdenkann.

Gudula TrefzgerLeiterinJugendkunstschule Freiburg

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QUERDENKEN - Begrüßungen zu den 22. Baden-WürttembergischenJugendkunstschultagen in Freiburg

Staatssekretär Dr. Frank Mentrup„Ich versuche ja gerade, mir alles ein-zuverleiben, was mit Kulturpolitik zutun hat,“ begann Dr. Mentrup seineRede, „und mit großer Freude bin ichheute hierher zu den Jugendkunst-schultagen gekommen.“ Laut Dr. Men-trup, sind die 32 JugendkunstschulenBaden-Württembergs weit über dieGrenzen für ihr künstlerisches know-how bekannt. „Und sie drängen auchmit immer mehr Macht in die Schu-len“, so Mentrup, „um neue Potentialefrei zu setzen.“

Weil diese Arbeit Wertschätzung undUnterstützung braucht, sicherte Men-trup den Jugendkunstschulen diese soweit wie möglich zu. „Gerade IhreArbeit in den Ganztagsschulen, imBereich der Kooperationen und derkommunalen Arbeit, wie der Vernet-zung von Institutionen und der früh-kindlichen Bildung sehen wir in derPolitik als großartige Leistung“, lobteMentrup weiter, „soweit die Ressour-cen reichen, wollen wir hier unterstüt-zend zur Seite stehen.“

Ebenso betonte er, dass es wichtig ist,flächendeckend und nachhaltig, nichtnur als Projektimpuls, vor Ort zuarbeiten. Um dieses Vorhaben weiter-hin in die Tat umzusetzen, bedarf esdes Querdenkens. „Querdenken findetüberall statt und wo es stattfindet,setzt es neue Impulse frei“, sprachMentrup weiter, „auch in der Politik istdies passiert – ich hätte mir nie träu-men lassen, dass ich einmal im Kultus-ministerium was zu sagen habe“, lach-te er. Um das Querdenken weiterzu-führen, versicherte er, dass die Beto-nung auf Integration, Inklusion unddie Motivation zum freien DenkenHerausforderung und Impuls für dieRegierung bedeuten. Zum Abschluss

seiner Begrüßungsworte fasste Dr.Mentrup noch einmal zusammen, wasfür ihn Querdenken beinhaltet: „Gelassenheit, Freiheit, Optimismus,Leidenschaft, Lebendigkeit, Kreati-vität… es ist eine Lebenskunst!“ Mitdiesen Worten wurden die FreiburgerJugendkunstschultage bestens eröff-net.

Bürgermeister Ulrich von KirchbachDas städtische Oberhaupt erklärtedarauf in seiner Rede, dass die StadtFreiburg gerne und immer wieder solche Veranstaltungen unterstützt. Erbekundete seine Wertschätzung fürdie kulturelle Arbeit der Jugendkunst-schule Freiburg, wie auch die liebe-volle und inspirierende Kombinationder Tagung: „Von wissenschaftlich-intellektuell bis kreativ-spielerisch –eine wunderbare Mischung.“ Kirch-bach ist stolz, dass die Jugendkunst-schule Freiburg es über all die Jahreimmer wieder geschafft hat, die Gren-zen zu verschieben und den Blick überden Tellerrand nicht nur möglichgemacht hat, sondern ihn auch nochkreativ und innovativ umsetzte.

Vorsitzende Monika Fahrenkamp„Nun mache ich das wieder drei Jah-re,“ meinte Monika Fahrenkamp undbezog sich damit auf ihre Wiederwahlzur Vorsitzenden des Landesverbandesder Jugendkunstschulen Baden-Würt-temberg. Sie fragte sich in ihrer Rede,warum sie diese Arbeit erneut auf-nimmt und erläuterte, dass es hierfürzwei wichtige Punkte gibt.

Zum einen bezeichnet sie diese Arbeitals Lebenselixier, da sie „unglaublicheEnergien freisetzt und durch ihreEigenwilligkeit besticht.“ Neben derHingabe an die jungen Menschen, diesich in diesem Experimentierfeld

bewegen und begegnen können,bekundete Fahrenkamp, dass es ihrnach wie vor eine Ehre ist, ihre Kolle-ginnen und Kollegen zu unterstützen.Sie äußerte den Wunsch, „dass wieüber die Goldmarie ein warmer Geld-regen über alle Jugendkunstschulen inBaden-Württemberg hernieder geht,“und bat Herrn Dr. Mentrup herzlich,„als eine seiner politischen Taten denkreativen Jugendkunstschulen nach22 Jahren innovativer kulturellerBildungsarbeit zu einer kleinen, wohl-verdienten Million zu verhelfen. Wirsind Experimentierlabore und Glücks-schmieden. Um dem Anspruch nachFlächendeckung gerecht zu werdenbrauchen wir finanzielle Unterstüt-zung, um überall Heimatort fürschöpferische Tätigkeiten zu werden.“

Gudula Trefzger, Tagungsinitiatorin„Stets haben wir Pionierarbeit gelei-stet“, knüpfte Gudula Trefzger mitihrer Rede an, „vor 15 Jahren wurdeder Fachbereich im Jugendbildungs-werk Freiburg eröffnet. Wir waren,sind und werden Stätte für jungeGestalter, Lustwandler in der Realitätund Querdenker sein.“

Zum Abschluss ihrer Begrüßungswortezitierte Trefzger eine Mail, die sie voneiner unbekannten Person zur Eröff-nung der Jugendkunstschultageerhielt: „Wer verändert die Welt?Menschen, die kreativ denken und denMut haben, Ideen auch umzusetzen,denn so wie wir denken, stellt sich dieWelt heraus.“ Diese Worte unterstrei-chen die Bedeutung der Arbeit, die dieJugendkunstschulen betreiben – dieArbeit mit Jugendlichen ist der Weg in die Zukunft. Für Gudula Trefzger kristallisiert sich klar heraus: „Quer-denker sind unsere Zukunft.“Text: Petra Weßbecher, Kulturwissenschaftlerin

„Akrobatoni”Zirzensisches aus den Zirkuskursen der Jugendkunstschule

Rahmenprogramm der Jugendkunstschule Freiburg zu denBaden-Württembergischen Jugendkunstschultagen

„Danse du vente”Orientalischer Bauchtanz aus den mehrjährigen Ganzjahreskursen der Jugendkunstschule

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Vortrag Prof. Anne Bamford: Kinder sind die besseren Denker.Bedeutung und Nachhaltigkeit künstlerischer und kultureller Bildung

Bewegungsspiel für Wahrnehmung und Reaktionsvermögen

„Kunst und Kultur sind nicht der Gussauf dem Kuchen – Kunst und Kultursind der Kuchen!“, begann Prof. AnneBamford ihren inspirierenden Vortrag.„Neue Technologien erlauben es mitt-lerweile kreative Prozesse, die imGehirn stattfinden, darzustellen.Interessanter Weise wurde so auf-gezeigt, dass Koma-Patienten aufkreative Impulse wie Musik, mit demgleichen Gehirnzentrum reagieren,das auch angesprochen wird, wenn sieBesuch von geliebten Menschenerhalten.“ Es zeigt sich somit, dassKunst und Kultur grundlegende Fak-toren des Lebens sind.

Prof. Bamford erläuterte, dass kreativeProzesse im Gehirn von Kindern vielöfter und stärker verankert sind als beiErwachsenen. Je älter man wird, destofestgefahrener sind die Denkstruktu-ren und man beschneidet sich somitselbst, „dieser Prozess setzt leider beimEintritt in die Schule ein.“ Es ergibtsich folglich die Tatsache, dass Kinderdie besseren Gehirne besitzen. Prof.Bamford argumentierte, dass Kinderbessere motorische Fähigkeiten besit-zen: Sie beginnen nicht linear amAnfang mit einer Sache, sondern dort,wo es ihnen Freude bereitet. Kinderkönnen multi-tasken, spielerisch ler-nen und sie sind folglich „intelligenterals Erwachsene, weil ihr Gehirn funk-tionsfähiger ist.“

Dramatisch ist der Tatbestand, dassSchulen sich immer weiter weg vonden Kindern entwickeln. Auch wennan 92,7% der Schulen Kunst und Kul-tur Pflicht sind, bedeutet dies in derRealität trotzdem, dass 25% der kul-turellen Arbeit mehr Schaden anrich-ten und somit verheerender sind, als

wenn gar keine Kulturpädagogikbetrieben werden würde. Hierfürführte Prof. Bamford das Beispiel ihresmusikbegeisterten Sohnes an. „MitFreude spielte er auf dem Klavier. Dar-um dachte ich, dass Musikunterrichtgenau das Richtige wäre für ihn. Lei-der fasste er mit dem Beginn desUnterrichts das Klavier nicht mehran.“

Die Sicherung von Qualität ist folg-lich grundlegend für Kunst- undKulturarbeit. Was sichert aber dieseQualität? Hier führte sie den „Wow-factor“ an, der sich aus zehn Punktenzusammensetzt. Zehn Punkte müs-sen in einem Projekt vereint sein,damit qualitativ wertvolle Arbeitentsteht (siehe linke Seite).

Lohnt sich aber Kulturelle Bildungüberhaupt? Entgegen der Pisa-Studie,die naturwissenschaftlichen Fächernden Vortritt lässt, zeigte sich, dassgerade Schulen mit einer starken kul-turellen Prägung bessere Leistungenund mehr Lernfreude in allen Schulbe-reichen erzielen. „Selbst Lehrer gebenzu“, so Prof. Bamford, „dass Kinder inder Schule weitaus weniger lernen alsim außerschulischen Bereich.“

Der kreative Umgang mit Bildung,sowie die Impulssetzung für künstleri-sches Denken, ist grundlegend für diePersönlichkeitsentwicklung der Kinder.Prof. Bamford zeigte anschaulich aneinem Praxisbeispiel auf, wie sich kul-turelle Bildung lohnt: „Nach wassuchen Arbeitgeber? Ich habe mitmeinem Team in allen möglichenBerufsparten Befragungen durchge-führt, mit dem Ergebnis, dass guteNoten einen weitaus geringeren

Stellenwert für Arbeitgeber bei derAuswahl von zukünftigen Mitarbei-tern haben. Viel bedeutender sind fürsie Aspekte wie: Kommunikation,Teamwork und Selbstbewusstsein.“Diese softskills werden innerhalb vonkultureller Bildung angeregt, ausge-bildet und verfeinert. Können Kindermit Freude und Kreativität lernen,erwerben sie enormen Bildungszu-wachs. Zudem nehmen sie eine eigeneHaltung ein und wagen es unabhängigvon Anderen zu denken und ihre Mei-nung zu äußern.

Bamford zeigte abschließend an Handder Statistiken „innovativ scorboard2008“ und „Pillars of innovation“, dasswirtschaftliche Unternehmen zuneh-mend darauf achten, wo Kunst undKultur zum Alltag gehören. Denn dortwo Kunst und Kultur Teil des Lebenssind, leben Menschen, die fähig zuInnovationen sind und ihr Standortsomit als zukunftsweisende Gegendbetrachtet wird. „Außerdem ergab dieStatistik, dass Menschen glücklichsind, wenn sie gesund sind und gleichdarauf folgte die Teilhabe an Kunstund Kultur als Faktor des Glück-lichseins.“

Kinder des 21. Jahrhunderts brauchenMut, Leidenschaft und Freude am Ent-decken neuer Möglichkeiten, da sie ineiner Welt aufwachsen, die aus Verän-derungen besteht. „Jugendliche brau-chen offene Augen für ihre Welt, dennoft ist das, was man sucht, schon da –man muss nur den Mut haben, es auchzu entdecken.“

Text: Petra Weßbecher, Kulturwissenschaftlerin

Professor Anne Bamford

Professor Anne Bamford ist Direktorinder International Research Agency,London, sowie Director of Educationin Südengland. Sowohl national alsauch international genießt sie großeAnerkennung für ihre Forschung inden Bereichen künstlerische Bildung,emerging literacies und visuelle Kom-munikation. Anne Bamford ist einerenommierte Expertin auf dem Gebietinternationaler künstlerischer undkultureller Bildungsarbeit.

Ihre Forschung erstreckt sich u.a. aufdie Themengebiete Innovation undsoziale Wirkung sowie gleichberech-tigte Teilhabe und Diversität. AlsWorld Scholar für die UNESCO hat siezentrale nationale Wirkungs- undEvaluationsstudien durchgeführt, u.a.für die Regierungen von Dänemark,den Niederlanden, Belgien, Island undHong Kong. Aktuell arbeitet sie aneiner Studie in Norwegen.

Der Wow Faktor

Aus der Vielzahl von Anne BamfordsPublikationen ist besonders der Band„Der Wow Faktor: Eine weltweite Ana-lyse der Qualität künstlerischer undkultureller Bildung“ herauszuheben,welchen sie im Auftrag der UNESCOerstellte. Er wurde in fünf Sprachenübersetzt und ist mittlerweile in mehrals 40 Ländern erschienen. Darin weistsie nach, von welch grundlegenderBedeutung es für die Nachhaltigkeitkünstlerischer und kultureller Bildungist, Kindern einen Zugang zu qualita-tiv hochwertigen Angeboten in die-sem Bereich zu ermöglichen. Das Buchhat als Informationsquelle und Re-ferenztext für sowohl politischeEntscheidungsträger als auch Bil-dungsfachleute und Künstler großeBedeutung erlangt.

10 Punkte für künstlerische Qualität

1. Teamwork2. Flexibilität3. Zugänglichkeit für alle4. Stetige Fortbildung5. Reflektion der eigenen Arbeit6. Betonung und Entdeckung

der kommunalen Umgebung7. Einbindung der Kinder in die

Entwicklung von Projekten8. Zeit und Raum für Darbietung,

Ausstellung und Aufführung der Arbeiten

9. Das Sprechen verschiedener Sprachen, die der Kunst, der Intuition, der Empathie – denn sie greifen, wenn andereSprachen schon längst versagen.

10. Risikofreude

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„Quergefragt“– auf dem Podium: Denken Sie quer?

Von links: Leonhard Geiger, Moderator, Uwe Barth, Vorstand Volksbank FreiburgDr. Susanne Ramm-Weber, M.A. KunstwissenschaftlerinDr. Julia Galandi-Pascual, Kuratorin Kunstraum Alexander Bürkle, Freiburg

von links: Peter Kamp, 1. Vorsitzender Bundesverband der Jugendkunstschulen, bjkeDr. Michael Kalff, Dozent HTWG – Hochschule Konstanz für Technik, Wirtschaft und Gestaltung,Prof. Ursula Bertram, TU Dortmund, Zentrum für Kunsttransfer [ID] factory, Katharina Kleiter, Moderatorin

interessiert sich sehr für junge Künst-ler. Zu dem wollen wir etwas in derRegion für die Region tun. Darum istuns auch die Vermittlungsarbeit sehrwichtig. Gerade zeitgenössische Kunstbedarf der Vermittlung. Für Mitarbei-ter des Unternehmens ist die Arbeitdes Kunstraums wichtig. Hier wird fürIrritationen gesorgt und zugleich einRaum für eine Auszeit erzeugt, beideAspekte helfen neue Denkwege zuentdecken. Somit hat sich kreativesDenken, also die Freude an neuenBlickwinkeln, im Unternehmen eta-bliert.

Dr. Susanne Ramm-Weber: KreativesDenken ist eben auch sinnlichesWahrnehmen. Für meine Arbeit alsKunsthistorikerin ist dieser Aspektsehr wichtig. Ich übersetze quasi vonBild zu Wort. Zuerst verinnerliche ichdie Atmosphäre eines Bildes, setzemich also auf meine ganz persönlicheArt mit einem Bild auseinander. Nurauf diese Weise schaffe ich es, ande-ren Personen Bilder verständlich zuerklären. Es geht nicht um gute oderschlechte Kritik, sondern darum, Neu-gierde zu erzeugen und Informationzu liefern, besonders bei Jugendlichenist das wichtig. Ich habe selbst als KindBlockflöte gespielt. Auch wenn Sie esnicht glauben werden, aber auch heu-

te spiele ich noch Blockflöte! Wennich nicht mehr denken kann, gehe ichin ein anderes Zimmer und macheMusik – ich puste mir wortwörtlichden Kopf frei. Das funktioniert.

Uwe Barth: Solche kreativen Arbeits-formen sind wichtig. Ebenso wichtigist es, dass kreative Arbeit auch gutbezahlt wird. Die Arbeit eines Elektri-kers ist klar bezahlbar, aber ein Künst-ler kann froh sein, wenn er ein warmesEssen bekommt. Nehmen wir dieDeutsche Bank als Beispiel: Hier wirdKunst gesammelt. Schön. Aber nurdadurch, dass Kunst an die Wandgehängt wird, wird noch kein kreativesDenken verursacht. Es ist nun malrichtig harte Arbeit, freizudenken undneue Ideen zuzulassen. Neues Denkenin kunstferne Bereiche zu tragen istschwer. Wirtschaftliches Denken mussmit künstlerischem Denken gleichge-setzt werden.

Dr. Julia Galandi-Pascual: Kunst darfeben nicht Dekor sein – Vermittlungist darum so wichtig. Man muss Krea-tivität zulassen, genauso wie dasScheitern. Im Kunstraum versuchenwir Umdenken und Kommunikationanzuregen.

Peter Kamp: Kindern wird in dieserHinsicht oft zu wenig zugetraut, dar-um sind Kinder sehr oft unterfordert.Sie haben durchaus Stress, aber derkommt wo anders her. Zeitliche Ver-dichtungen und der Mangel an Inhal-ten sind das Problem. Vorschulkinderbrauchen zum Beispiel Räume um ihreKreativität pflegen zu können. G8 istdarum eine Katastrophe. Man mussextrem um Freiraum kämpfen! Elternsind ja teilweise enttäuscht, wenn sieihr Kind aus dem Hort abholen und esfragen, was es denn heute gemachthabe... und das Kind antwortet: wirhaben gespielt. Das kann doch nichtsein. Kinder brauchen Raum zum Kindsein. Damit alle Kinder das erlebenkönnen, sprich kulturelle Bildungerfahren können, darum ist dieFlächendeckung so wichtig. In der kul-turellen Bildung wird darum nachModellen gesucht, wie man diesesProblem lösen kann. Zum Beispiel dasProjekt „MoKa“ – das ist eine mobileKunstschule.

Dr. Julia Galandi-Pascual: Querdenkenist in allen Bereichen wichtig. SolcheInitiativen wie hier, auf den FreiburgerKunstschultagen, tragen dazu bei,dass neues Denken zugelassen wird.

Text: Petra Weßbecher, Kulturwissenschaftlerin

Wie kamen Sie auf die Idee der [ID]factory?Prof. Ursula Bertram: Die Errichtungder factory erfolgte auf die Frage derHochschule, was denn die einzelnenFachbereiche für die Wirtschaft zubieten haben. Ich komme aus demBereich der Kunstpädagogik und da istdie Antwort in erster Instanz ja nichtoffensichtlich. Aber ich kam zu demPunkt, dass auf einmal ganz klar wur-de, was wir der Wirtschaft bieten kön-nen: Künstlerisches Denken. Um diesesDenken und seine Wirkung erforschenzu können, gibt es die [ID]factory.

Ist künstlerisches Denken erlernbar?Prof. Bertram: Wenn man es zulässt,kann man es auch erlernen. Die Feed-backs zeigen, dass das Denken durchkünstlerische Prozesse nachhaltig verändert wird. Ein Student aus demBereich Raumplanung empfahl ande-ren Studenten, aus seinem Studien-bereich in die factory zu kommen,damit sie neue Inspirationen und neueHerangehensweisen für ihre eigneArbeiten kennenlernen.

Kann man denn in dem Bereich vielvon Kindern lernen?Prof. Bertram: Auf jeden Fall. Sie sindoffener und neugieriger. Wichtig istfür uns zu verstehen, dass wir Kindern

künstlerisches Denken nicht beibrin-gen müssen, sondern wir müssen esbei ihnen erhalten.

Dr. Michael Kalff fügte hinzu: ich sehees bei meinen Studenten, dass sieimmer mehr auf auswendig Lernentrainiert werden. Es wird gelernt, vondem man glaubt, dass es der Dozenthören will. Ich ermutige deshalb inmeinen Seminaren zum kreativenDenken. Dieses Denken erfährt geradejetzt höchste Priorität. Betrachten Siedoch nur einmal unser Wirtschafts-system – es fliegt uns gerade um dieOhren! Ebenso auch das politische unddas soziale System. Da müssen neueAntworten und Lösungen her, dienicht Ergebnis alter Pfade sind, son-dern ihren Ursprung in kreativenDenkprozessen haben. Die Welt kannanders sein als sie jetzt ist. Betrachtenwir das Sozialsystem. Wenn ich mei-nen Studenten die Idee des gleichenGrundeinkommens für jeden vorschla-ge – was glauben Sie, was da los ist?!Querdenken ist in Universitäten mitt-lerweile sehr schwer geworden, abergerade Studenten der Wirtschaft müssenzu „Gesellschafts-Künstlern“ werden.

Uwe Barth: Der Leidensdruck ist großgeworden und zeitgleich versagenSysteme. Es zeigt sich, dass die Deka-

denz der Gesellschaft die Gesellschaftzerstört. Querdenken kann der Wegaus der Misere sein. Zum Beispiel wur-de aus der Bankenkrise 2008 nicht vielgelernt, weil man sich einfach nichttraute, neue Wege zu gehen – lieberbeschritt man Gewohntes.

Wie sieht es denn mit sogenanntensoft skills aus? Erlernt man die durchQuerdenken in Kunst und Kultur?Uwe Barth: Ich bin jetzt nicht derkünstlerischste Mensch, aber früherhabe ich in einer Rockband Bassgespielt. Was man da lernt ist Team-fähigkeit und Kommunikation. DieNoten zählen bei uns in der Bank auchnur die Hälfte, wenn sich junge Leutebewerben, wichtiger ist uns dass dajunge Menschen sitzen, die Lusthaben, aus festen Strukturen auszu-brechen und eigenständig denkenkönnen.

Dr. Julia Galandi-Pascual: Neue Wegebeschreiten wir auch im Kunstraum inFreiburg. Uns geht es hier um Kunst-vermittlung in Freiburg. Das besonde-re am Kunstraum ist, dass er in Mitteneines Elektronikbetriebs liegt. DieSammlung gibt es seit acht Jahrenund umfasst hauptsächlich zeitgenös-sische Kunst. Der Senior der FirmaBürkle ist begeisterter Sammler und

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Was ist das Gegenteil von einem Frosch?Künstlerische Innovationsfähigkeit in außerschulischen Feldern. Vortrag Prof. Ursula Bertram, TU Dortmund

Wozu braucht man künstlerischeInnovationsfähigkeit in außerschuli-schen Feldern? Jeder kennt das Phä-nomen, dass man im Schlaf die inno-vativsten Ideen entwickelt. Doch wor-an liegt das? Hier ist man entspanntund frei von festen Strukturen;kommt somit zu neuen Ideen. In derKunst herrscht ebenfalls diese Ent-spanntheit in Bezug auf das freie Den-ken. Hier stellte Frau Prof. Ursula Ber-tram die Frage, ob man nun davonausgehen kann, dass Kunst somit dieHeimat der Innovation ist?

Vergleicht man Wissenschaft mitKunst, lässt sich erkennen, das Wissen-schaft das Ergebnis von Regelwerkenund Validität ist. Kunst hingegen kannin kein Regelwerk gepresst werden,sondern ist immer subjektive Sicht-weise. Überträgt man diese subjektiveHerangehensweise in die Wissenschaftund in den Bereich der Wirtschaft,erzeugt man folglich neues Denken.Die Betonung muss hier, laut Prof.Bertram, auf dem Prozess und nichtauf dem Produkt liegen. Man borgtsich also nicht die schöne Kunst (dasProdukt), sondern man lässt sich vomkünstlerischen Weg (dem Prozess) zumErgebnis inspirieren: „NonlinearesDenken wird zum Motor!“, so Prof.Bertram. Hier gibt es kein richtig oderfalsch, sondern nur Verdichtungen.

Was aber versteht man unter Kunst innicht künstlerischen Bereichen? Esherrscht eine starke Betonung desKunstprodukts vor. „Sammlungen, wieauch die der Deutschen Bank, betonenallzusehr den Kunstgegenstand,“ er-läutert Prof. Bertram. Diese Produktesind transportierbar, aber nicht trans-ferierbar. Richtet man den Fokus aufden Prozess, sieht man, dass dieser, imGegensatz zum Produkt, transformier-bar ist – von ihm lässt sich eine Den-kensart ablesen, die dann zu einer

Geisteshaltung wird, die in nichtkünstlerische Bereiche übertragenwerden kann. „Gerade die Wirtschaftlebt von der Innovation“, erklärteUrsula Bertram, „jedoch haben Künst-ler hier keinen Platz. Ein Paradox,wenn man bedenkt, dass die Heimatdes kreativen Denkens doch in derKunst liegt.“ Dies ist ein Faktor der„Wissenschafts-Menschen“, der jedocherstmal aufgezeigt werden muss.

Prof. Bertram führte hierfür PabloPicasso als Beispiel an: „Er setzte 1903einfach ein Stück Zeitungspapier ineine Malerei von ihm. Ein Unding zudiesem Zeitpunkt.“ Künstlerische Dis-ziplinen war strikt geteilt, jedocherschuf Picasso mit diesem non-kon-formen Handeln eine neue Kunstgat-tung: die Collage. Er setzte sich überKategorien hinweg und sorgte fürGrenzaufhebung in Praxis, Theorieund Denken. „Indem man solche Pro-zesse zulässt, setzt man Schritte in dieZukunft“, erläuterte Ursula Bertram.

Jedoch ist der Weg bis zum Erreichendieser Leichtigkeit harte Arbeit. Wie-der führte Prof. Bertram Picasso alsBeispiel an. Picasso fertigte ein Por-trait an. So weit unspektakulär, jedochwar der Weg zu dieser Zeichnung einregelrechtes Umherirren: „Zuerst wares eine Vase, dann ein Fisch, dann einHuhn und letztendlich ein Gesicht.Man bewegt sich fern ab von Kli-schees.“

Kreative Prozesse bestehen aus Ver-werfen, Fehler begehen, Zerstörung,Reduktion und Umdenken. So werden,laut Prof. Bertram, jedoch Normenabgebaut und es entsteht Irritation,die zu eigener Qualifikation führt. DieIrrläufe dieses Prozesses beinhaltenReibung, Wagnis, Unsicherheit undbedeuten: „sich außerhalb der Kom-fortzone zu bewegen.“

Was passiert jedoch, wenn künstleri-sches Denken in nicht künstlerischenBereichen Einzug hält? Die Firma Goo-gle ist hierfür das beste Beispiel. DasUnternehmen besitzt neben einemRuheraum mit Hängematten, eineKlausel in den Mitarbeiter-Verträgen,die diese verpflichtet, 10% ihrerArbeitszeit mit nicht arbeitsbezoge-nen Inhalten zu verbringen. Platz fürfreies Denken. Dies ist die Öffnungvon festen Systemen hin zur Normen-brechung, Betonung der Kommunika-tion und ein zu einem Ende der strik-ten Kategorien. Um solches Denkenverankern zu können, bedarf es desRaums. Denn nur intuitives Denkenallein schafft auch keine Neuerung, esmuss immer wieder verbunden wer-den mit der Ratio.

Aber wo ist nun der Ort der Innova-tion? Prof. Bertram: „Nachdem wasich heute auf den Jugendkunst-schultagen gesehen habe, würde ichsagen: Hier ist ein Ort der Innova-tion! Durch solche langfristigen und nachhaltigen Projekte, wie siehier initiiert werden, werden neueHaltungen geschaffen und neuePositionen gebildet.“ Es zeigt sich,dass stetig mit Freude an derErneuerung nach neuen Systemengesucht werden muss, wie es in denJugendkunstschulen geschieht oderauch in der ID-factory, die ProfessorBertram in Dortmund führt.

Non-lineares Denken, überfachlicheund interdisziplinäre Herangehens-weisen bilden die Basis für Querden-ken: „diese Denkart ist nicht nurfruchtbar und in der Kunst zu Hause,sondern sie ist Quelle der Innovationfür alle anderen nicht künstlerischenBereiche – wie eben auch in der Wirt-schaft und der Wissenschaft.“

Text: Petra Weßbecher, Kulturwissenschaftlerin

Querdenkerfabrik IDfactory an der TU Dortmund

Das Konzept der QuerdenkerfabrikIDfactory an der TU Dortmund basiertauf Überlegungen, wie sich die künst-lerische Innovationsfähigkeit füraußerkünstlerische Felder vermittelnlässt. Die Kompetenz des non-linearenDenkens soll Nachwuchskräften vonmorgen ermöglichen, mit Fragestel-lungen offen umzugehen und kreativProbleme zu lösen. Die Zukunft unse-res Gesellschafts- und Wirtschaftssy-stems wird bestimmt werden durchdie Fähigkeit zum Navigieren im offe-nen System.

Kreativität entwickelt sich in physi-schen und gedanklichen Räumen, dieeinander ähneln.Es bedarf jeglicher Ausdehnungsmög-lichkeit, zudem multipler ineinandergreifende, neuronale Raumkonstella-tionen und veränderbare beweglicheGrenzen. Erforderlich sind Orte derKonzentration und der Distanz, Frei-räume für Zweifel , Gedankenmüllund non-lineare Prozesse, sowieSchutzräume für das Navigieren imfragilen, offenen System. Kreativitätist räumlich mindestens dreidimensio-nal wie ein Würfel, dem man durchSchütteln noch weitere Dimensionenentlocken kann.

Prof. Ursula Bertram

Prof. Ursula Bertram, TU Dortmund, istKünstlerin und Professorin an der TUDortmund. Ihr Forschungsschwer-punkt ist der Transfer künstlerischenDenkens in außerkünstlerische Felderwie Wirtschaft und Wissenschaft.Zusammen mit dem Büro für Innova-tionsforschung (Bf) gründete sie dasbundesweite Modellprojekt Zentrumfür Kunsttransfer mit der (ID) factoryals Lehr- und Entwicklungsraum fürnon-lineares, künstlerisches Denken.

Auszug aus"Navigieren im offenen System"Ursula Bertram/Werner Preißingspindelhub-pockets

Geschlossene Systemebieten Sicherheit, Ord-nung, Orientierung. Wirbrauchen geschlosseneSysteme, damit wir nichtjeden Tag das Leben neuerfinden müssen (Bei-spiel Autofahren, Schnür-senkelbinden).

Durch Experimente, be-stehend aus Input undBeobachtung des Out-puts kann auf den Inhaltdes Systems geschlossenwerden.

Geschlossene Systemehaben den Hang zurErstarrung, Verabsolutie-rung und Zementierungeingefahrener Denkwege.Es ist nicht opportun,diese Denkwege oder gar das System in Fragestellen.

Im geschlossenen Systemdienen Gesetze, Regeln,Konventionen als Ersatzfür ein persönliches Pro-fil. Die Wege sind vorge-zeichnet.

Der schützende Rahmendes geschlossenen Sy-stems muss durch eineneigenen Rahmen ersetztwerden.

Offenen Systeme erfor-dern Autonomie, Profil,Positionierung und dieständige Bereitschaftzum Navigieren in einemsich verändernden Um-feld.

In geschlossenen Syste-men gibt es "wahr" und"falsch", De-Finitionen,Fehler, Plus und Minus.

In offenen Systemen gibtes Zustände und Inter-pretationen zwischen"wahr" und "falsch", Be-schreibungen, Plausibi-litäten.

Grundlegendes Wachs-tum ist nur möglichdurch Ausbruch aus demgeschlossenen System.

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„Creativity is not a prisonor of Art“ Erfinderwerkstatt mit Prof. Ursula Bertram ID-factory, Dortmund

Jugendliche portraitieren Referenten und Gäste mit Bleistift und Kohle

Die Erfinderwerkstatt

Eine Erfinderwerkstatt lud ein zueinem Perspektivwechsel. Non-lineareÜbungen ermöglichten den Teilneh-mern alternative Wahrnehmungenund staubten auch mal die Motten-kiste unserer Wissensarchive etwas ab.

Die vom Ökonom Peter Schumpeterbenannte „Kreative Zerstörung“ lässtNeuentdeckungen erst sichtbar wer-den und ermöglicht so das Entwerfenund Ausprobieren alternativer undinnovativer Problemlösestrategien.Die erworbenen Kompetenzen sindnicht fachbezogen, sondern könnenin alle Bereiche transferiert werden.

Hier werden künstlerische Strategienangewendet, deren Prozess des„künstlerischen Denkens und Han-delns“ nicht in Kunstprodukte (desKunstunterrichts) mündet (und somitin eine Insellage), sondern deren inno-vatives Potential sich als Trans-ferpotential für außerkünstlerischeFelder anbietet.

Badische Zeitung, 22. November 2011

„So – und jetzt malen Sie erst maleinen Tisch, eine Vase und einen Blu-menstrauß – ohne viel zu überlegen!“eröffnete Ursula Bertram von derTechnischen Uni Dortmund ihre Erfin-derwerkstatt. Sofort stricheln die vier-zig teilnehmenden Kunstpädagogenund Künstler eifrig drauf los – undproduzierten fast durchgängig das-selbe Bild: Kugelrunder Blumenstraußin bauchiger Vase auf quadratischemTisch. – Und sind dann sattsamschockiert, wie normiert ihre Seh- undDenkmuster funktionieren, auf welchausgetretenen, klischeegespicktenEinbahnstraßen sich das Gehirn offen-sichtlich bewegt.

Dass Spontanität, Improvisation undIntuition durchaus erfolgsverspre-chende Methoden sind, ließ sich dannauch gleich live erleben: Gerade malfünfzehn Minuten gab Ursula Bertramihren Workshop-Teilnehmern, um dasModell für eine Installation an einemöffentlichen Platz zu gestalten. Einzi-ge Auflage: Das Material muss vor Ortzu finden sein.

Gleich wurden Handtaschen undMülleimer geplündert, man schnip-pelt, faltet und klebt rund um die winzigen Maßstabs-Figuren. Doch wiegroß ist die Überraschung, als daseigene Kunstwerk dann blitzschnellden Besitzer wechseln musste, der dieses ohne jedes Vorwissen einer kritischen Jury zu präsentieren hatte.

Die Ergebnisse waren fantastisch:Nicht nur entstanden mit Brillen,Hustenbonbons oder zerknüllten Müsli-riegelpackungen ausgesprochen origi-nelle Platzkonzepte, die Teams wus-sten diese auch erstaunlich schlüssigzu erörtern.

Eine eindrückliche Erfahrung inSachen kreativer Prozesse, im Loslas-sen können und Vertrauen haben inandere Partner und nebenbei aucheine ausgesprochen lebendige undfröhliche Angelegenheit. Vor allemdieser Spielfaktor verführte dieWorkshopteilnehmer dann auch zuwahren Höchstleistungen.”

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Vortrag: Prof. Dr. Metin Tolan, Dortmund „Bitte geschüttelt, ich habe nicht viel Zeit…“ – Non-lineare Wissenschaft mit James Bond

Kann man ein Flugzeug in der Luft einholen?Kann man einen Löffel mit einer Magnetuhr anziehen?

Prof. Dr. Metin Tolan

Prof. Dr. Metin Tolan, Prorektor fürForschung an der TU Dortmund. Er istVorstandsmitglied der Deutschen Phy-sikalischen Gesellschaft (DPG) undMitglied im Lenkungsausschuss desInternetportals „Welt der Physik“. Sei-ne unkonventionellen Publikationen„Geschüttelt, nicht gerührt: JamesBond und die Physik“ weisen ihn alshoch interessanten non-linearen Den-ker und als phantastischen Redner aus.

James Bond im Visier der Physik

Stunts und technische Tricks vonJames Bond werden mit den Metho-den der Physik analysiert. Kann manein Flugzeug in der Luft einholen?Kann man einen Löffel mit einerMagnetuhr anziehen? Wieso trinkt007 seinen Wodka Martini geschütteltund nicht gerührt?

Wer hätte gedacht, dass mit JamesBond Physik verständlich wird? Pro-fessor Metin Tolan dachte sich das underläuterte non-lineare physikalischeGleichungen mit querdenkerischenBeispielen. James Bond, der Geheim-agent der Queen, sorgt somit nichtnur für aufregende Unterhaltung,sondern auch für physikalischeErkenntnisse.

Bond ist nicht nur für legendäre Sätzewie, „Mein Name ist Bond, JamesBond“ bekannt, sondern auch für sei-ne Vorliebe für geschüttelte, nichtgerührte Martinis. Warum eigentlichgeschüttelt? Prof. Tolan erklärteneben diesem Sachverhalt noch vieleandere James Bond Phänomene.Neben der Berechnung, ob JamesBond nun tatsächlich in ein abstür-zendes Flugzeug im freien Fall einstei-gen kann und wie die Parametergenau gedreht werden müssen, damites in der Realität funktionieren könn-te, errechnete Metin Tolan anschau-lich in seinem Vortrag.

So viel sei verraten: James Bond kannin ein stürzendes Flugzeug einsteigen- nur muss er neben einem Anzug, derihn luftschnittiger macht als das fal-lende Flugzeug, auch die Fähigkeitbesitzen, eine gekoppelte non-lineareDGL-System Gleichung 1. Ordnung imKopf zu lösen, während er mit einemMotorrad das Flugzeug verfolgt.

Neben diesen unglaublichen Fähigkei-ten besitzt Bond stets wunderbaretechnische Erfindungen. Zu diesenzählen die ausgefallenen Armbanduh-ren. „Jede seiner Uhren ist ein non-lineares Kunstwerk!“, so Metin Tolan,„manche können morsen, andere

besitzen walky-talky-Funktion, man-che haben einen integrierten Geigen-zähler oder besitzen eine Spreng-stoff-Funktion.“ Eine für den Vortraginteressante Uhr ist die Armbanduhrmit integriertem Elektromagneten.

Im Filmausschnitt schafft es Bond, denKaffeelöffel aus einem Meter Entfer-nung aus der Hand seines Gespräch-partners zu lösen. Geht das? Es geht,jedoch gibt es ein paar Schwierigkei-ten. Ein Elektromagnet erzeugt durchden fließenden Strom Hitze. Im Fallevon James Bond ergibt sich somit fol-gendes Problem: Um aus einem MeterAbstand den Löffel heranziehen zukönnen, benötigt die Uhr 10.000000Amp Strom und erzeugt somit 1 Billi-on Grad Hitze. Selbst für James Bond eine Herausforderung. „Die Uhrhat zwei Nachteile, zum einen ihreGröße und zum anderen der Abstandzum Objekt,“ erklärte Prof. Tolan mitreißend, „hätte die Uhr einenDurchmesser von 1,5 Metern, würde esaus einem Meter Entfernung funktio-nieren.“

Was hat es aber nun mit der geschüt-telten Martini-Liebe auf sich? „Wiejeder Wissenschaftler habe ich erst-mal geschaut, was andere schonerforscht haben“, so Metin Tolan, „dastieß ich auf die Erklärung, dassgeschüttelte Martinis weit aus gesün-der wären als gerührte. Geschütteltvernichten Martinis doppelt so vielefreie Radikale als gerührte.

James Bond ist jedoch nicht als Re-formhausgänger bekannt geworden,darum verwerfen wir diese Theorie.“Jede Theorie, die in der Praxis keinen Sinn macht, besitzt keine

Gültigkeit in der non-linearen Physik.Tatsächlich ist es so, dass Martini ausverschieden großen Molekülenbesteht: Kleinen Ethanol-Molekülenund großen Molekülen, die denGeschmack transportieren. Schütteltman einen Wodka-Martini, tritt derParanuss-Effekt zu Tage. Hierdurchwerden die großen Moleküle nachoben befördert und die kleinen nachunten. Bond erhält durch das Schüt-teln einen Martini, auf dessen Ober-fläche sich konzentrierter Geschmackbefindet. „Diese Theorie macht Sinn“,grinste Prof. Tolan, „als Geheimagenthat man nie viel Zeit, erst recht nicht,um einen ganzen Wodka-Martini zutrinken. Somit muss der erste Schluckextrem intensiv sein.“

Mit anschaulichen Beispielen undQuerdenken werden selbst abstraktephysikalische Probleme und Formelngreifbar und verständlich. Es zeigtsich, dass die Art, wie man sicheinem Sachverhalt nähert und ihnfolglich auch vermittelt, von größterBedeutung ist.

Metin Tolan erzeugte Neugierde, Lustam eigenen Ausprobieren, wie aucham Mit- und Weiterdenken. Manbewegte sich gedanklich mit Licht-geschwindigkeit weg vom stupidenauswendigen Lernen hin zum Bil-dungserwerb. Auf einmal ergeben sichwunderbar viele Fragen, denen mannachgehen möchte. Eine Frage HerrTolan, brennt mir auf der Seele: Kön-nen sich Gedanken denn überhauptmit Lichtgeschwindigkeit bewegen?Und werden sie schneller, wenn ihrImpuls der Begeisterung entspringt?

Text: Petra Weßbecher, Kulturwissenschaftlerin

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„FRAGEN”Ein Poetrytext von „Alica aus dem Wunderland”

„Schwarzwald – Black Beauty“: Wo Köpfe rauchenDas erste Baden-Württembergische Kunstcamp für junge Leute in Breitnau

Wir tanzen wie taumelnde Tagträumedurch die Nacht. Fühlen uns unendlichklein unter den unendlichen Weitendes Universums und fragen uns nachden Fragen des Lebens und finden kei-ne Antworten.

Wir fragen uns, was wohl wäre, wennwir einfach alles hinschmeißen wür-den. Mit dem nächsten Zug nach Parisund alles zurück lassen.Wir fragen uns, was wohl wäre, wennwir uns nicht hinter tausend Maskenverstecken würden. Einfach nur wirselbst wären und keine Verstellungnötig hätten.Wir fragen uns, was wohl wäre, wenndas Leben einfach wäre. Wenn wir keine Probleme hätten und sorgloswären.

Wir fragen uns Fragen auf die wir kei-ne Antworten finden und fragen uns,seit wann das Leben so voller Fragenist. Seit wann wir angefangen habenzu zweifeln, seit wann Erdbeeren wie-der nach Kinderlachen schmecken undseit wann sich die Welt nicht mehrvon selbst erklärt.Wir fragen uns Fragen auf die wir kei-ne Antworten finden und fragen uns,wie es jetzt wohl weiter gehen soll.Wie wir jetzt nach den Sternen greifensollen, ohne uns dabei den Kopf amHimmel zu stoßen. Wie wir jetztatmen sollen, ohne uns dabei amLeben zu verschlucken. Wie wir jetztantworten auf unsere Fragen bekom-men sollen.

Wir fragen uns Fragen, auf die wir keine Antworten bekommen und tau-meln dabei wie tanzende Tagträumedurch die Nacht. Fühlen uns unendlichklein unter den unendlichen Weitendes Universums und fragen uns, warum wir uns die fragen des Lebensstellen.

Wir fragen uns, was wohl wäre, wennjetzt Tag wäre. Wenn wir uns nicht soklein fühlen würden, das Universumnicht so weit wäre und über uns nureine Decke mit Zuckerwattewolkenläge. Wir fragen uns, was wohl wäre,wenn wir keine Flasche Wodka geleerthätten. Wenn wir jetzt nüchternwären und unser Verstand uns all dieAntworten liefern könnte.

Wir fragen uns Fragen auf die wir kei-ne Antworten finden und nüchterndabei langsam wieder aus. Ernüchternunsere aufgewühlten Herzen undmüssen uns nun fragen, warum wiruns all diese Fragen nur stellen, wennes Nacht ist. Warum wir nur anfangenzu zweifeln, wenn wir wie Tagträumedurch die Weiten des Universums tan-zen und taumeln. Warum Erdbeerennur nach Kinderlachen schmecken,wenn wir eine Flasche Wodka geleerthaben. Und warum sich die Welt nurdann nicht mehr von selbst erklärt,wenn wir nicht mehr bei klarem Verstand sind.

Wir fragen uns Fragen auf die wir kei-ne Antworten finden und nüchterndabei langsam wieder aus. Erlaubenunserem Verstand zurück zu kehrenund vergessen wieder, wie es sichanfühlt, schwerelos zu sein. Werdenvon Tagträumern zu Realisten, vonFragenden zu Antwortenden. Erdbee-ren schmecken nicht mehr nach Kin-derlachen. Wir können uns auch nichtmehr den Kopf am Himmel stoßen,wenn wir nach den Sternen greifenwollen, können uns nicht mehr amLeben verschlucken. Die Welt erklärtsich wieder von selbst.

Wir fragen uns Fragen auf die wir jedeAntwort finden und vergessen wiederwie es ist, die Welt als Rätsel zu sehen.Wie es ist, sich über eine Blume am

Straßenrand zu freuen, und wie es ist,sich jeden Tag wieder von Neuem überdie seltsamen Dinge des Lebens zuwundern.

Wir fragen keine Fragen mehr. UnserVerstand erklärt uns die Welt, dasLeben ist eine einzige Antwort. Mankann nicht nach den Sternen greifen,denn die sind Lichtjahre entfernt. Mankann sich auch nicht am Leben verschlucken. Erdbeeren sollen nichtnach Kinderlachen schmecken. Undwir sollen keine dummen Fragen stellen. Sollen nicht hinterfragen,nicht zweifeln, nur hinnehmen.Hinnehmen, dass die Welt eben so ist,wie sie ist und wir daran nichts ändernkönnen. Hinnehmen, dass alles irgend-wie erklärt werden kann. Und hinneh-men, dass es nicht geht, auf eine Fragekeine Antwort zu finden. Einfach nurhinnehmen.

Wir fragen uns Fragen auf die wir jedeAntwort finden und nehmen das hin.Halten das für normal, verlernendabei, Fragen zu stellen. Vergessen,wie es ist, nicht zu wissen, dass dieTitanic vierzig Tonnen Kartoffeln anBord hatte, dass ein Eisbär bis zu neunTage am Stück schwimmen kann unddas aus einer Tube Zahnpaste durch-schnittlich 2,8 Meter kommen. Ver-gessen, wie es ist, nicht zu wissen.

Wir fragen keine Fragen mehr. UnserVerstand erklärt uns die Welt, dasLeben ist eine einzige Antwort. Unddoch sehnen wir uns still und heimlichschon jetzt nach der nächsten Nachtin der wir zu tanzenden und taumeln-den Tagträumen in den Weiten desUniversums werden. Denn manchmalist eine Frage so viel schöner, als eineAntwort.

Badische Zeitung, 13. September 2011

„Seltsame Wesen wandeln durch denspätsommerlichen Wald: Sie tragenextraterrestrisch anmutende Kaleido-skopmasken oder Helme mit dreiecki-gen Facettenaugen, haben überdimen-sionierte Fühler, Papierflügel oderGeweihe umgeschnallt. Tastend undstolpernd bewegen sie sich zwischenBaumstämmen, Farn und Gebüsch hindurch und üben sich in der Wahr-nehmung an der Schnittstelle zwischenTier und Mensch: Wie sieht es sich mitzersplittertem Blick, wie fühlt es sich anmit Saugnäpfen in der Vertikalen zukleben? Vollkommen unbeeindrucktdavon käut auf der benachbarten Wieseeine Herde Kühe und lässt sich auch vondem auf allen Vieren kauernden Foto-grafen nicht stören, während an denTischen neben dem Weidezaun mitBlättern und Farben an Miniaturengearbeitet wird. Der Blick durch dieoffene Küchentür zeigt Staffeleien mitkraftvollen, mal ornamentalen, malflächigen oder abstrakten Gemäldenrund um das Motiv Baum.

Soviel Kunst hat die SchwarzwaldhütteRamshalde bei Breitnau selten gesehen,tagt hier doch gerade das erste Jugend-kunstcamp der 21 Kunstschulen Baden-Württembergs, das von der FreiburgerJugendkunstschule organisiert wird: Infast jedem Winkel des Alpenverein-Hauses wird mit unterschiedlichenMaterialien und Konzepten gewerkeltund experimentiert, jeden Abend trifftman sich im urigen Gastraum zum Aus-tausch. „Schwarzwald – Black Beauty“,so das Basisthema, mit dem sich dieprofessionell geleiteten Workshops fünfTage lang beschäftigen.

Dazu sind 32 junge Erwachsene im Altervon 18 bis 25 Jahren aus dem ganzenBundesland angereist – „mit ungeheuerviel künstlerischem Potential, Engage-ment und Flexibilität im Gepäck“, wiedie Leiterin der Freiburger Jugendkunst-schule Gudula Trefzger begeisterterzählt. Alle besuchen sie schon seitJahren Kurse der Jugendkunstschulenund haben daher jede Menge Vorerfah-rungen. Das einzigartige Angebot istdank Sponsoren kostenfrei und soll denTeilnehmern nicht nur ein Eintauchen in

ihr gewähltes Thema ermöglichen, son-dern im Freiburger Kunstverein zurEröffnung der 22. Baden-Württember-gischen Jugendkunsttage im Novemberauch zeigen, was Jugendkunstschulenoft im allzu Verborgenen leisten.

Beeindruckend ist die hochkonzentrier-te Arbeitsatmosphäre in Haus und Gar-ten: In der niedrigen Holzküche rauchenKöpfe und Laptops, während dasgesammelte Filmmaterial geschnittenund mit Tonspuren unterlegt wird:Waldszenen blitzen auf, mal idyllisch,mal bedrohlich, dann erzählt ein Breit-nauer in Tracht von Früher. An die Wandgepinnte Storyboard- Skizzen und Pro-tokolle zeugen von einem bewegtenEntwicklungsprozess. In der Scheunewerden genietete Alublechmodelleunter der Leitung von Bildhauerin MirjaWellmann diskutiert. Auch hier arbeitetman anhand differenzierter Hörproto-kolle zum Thema Wald, während imBreitnauer Rathaus zur selben Zeit dieTanz-Gruppe nach der Surrealismus-Methode "Cadavre Exquis" ihre Spiel-performance probt. Schwarzwald-Kunst, soweit das Auge reicht …“

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Workshop Film

DozentinnenAnne Kliche, Kunst- und MedienwissenschaftlerinKatharina Kleiter, Film, Theater- und Medienwissen-schaftlerin

Beteiligte JugendlicheNicolai Buchner, NürtingenElsa Wellmann, HeidelbergLisa Nikola, BahlingenFlorian Model, MeersburgYasin Mohamed, OffenburgLion Sauterleute, LeutkirchLaura Fischinger, Leutkirch

Themen und Inhalte der beiden Künst-lerinnen für ihren Workshop:Einblick in die Praxis der Gestaltungvon audiovisuellen Beiträgen zugeben, während der Entstehung deseigenen Werks einen Zugang zum Filmzu finden, verschiedene Aufgaben-bereiche aus diesem Gebiet kennen zulernen, selbstständig umzusetzen undmögliche Interessenschwerpunkte zuentdecken.

Die inhaltlichen Anreize: Das ThemaSchwarzwald filmisch darzustellen.Was kommt euch in den Sinn, wennihr an „Wald” denkt? Was möchtet ihrin euren Filmen festhalten? Gibt es einGefühl von Heimat und Tradition?Sind es bestimmte Geräusche undOrte, die für euch der „Wald” aus-macht? Ist es der mikroskopischgenaue Blick auf Details oder sind esgrößere Zusammenhänge und Land-schaften? Bewegungen?

Zielperspektive Medienkenntnis: Gemeinsame Erarbeitung der verschie-denen Bausteine eines Films von derIdeenfindung, über das Drehbuch bishin zu Dreh und Schnitt. Ein Gespür zuentwickeln nach fünf intensiven undspannenden Tagen im Kunstcamp fürdas Medium Film, um auch in derZukunft weiter zu experimentieren.

Von Stolz und StativenCamp-Tagebucheintrag Filmpubliziert am 7.9.2011 von muem

„So, wir vom Film haben vor allemgestern sehr viel erreicht. Nachdemdie grobe Story skizziert war, warenwir auf der Suche nach den passendenOrten und dem perfekten Licht. DieArbeit macht super viel Spaß, die Leu-te sind easy und es passt alles. DerWald geht auch ab, ist eben derSchwarzwald.

Während draußen mächtige Wolkenüber die Wipfeln der schwarzen Fich-ten hinweg ziehen und der Wind dieGrashalme der endlosen Weiden zumBeben bringt, sitzen wir Filmemacherdrinnen und sichten unser Material –nicht ohne einen gewissen Stolz.

Endlich Resultate sehen! Endlichsehen, was wir gestern alles geschaffthaben. Und wir haben viel geschafft.Auch wenn einige der Aufnahmengleich in den Papierkorb verbanntwurden („Hey Moment, was macht dasStativ da hinten bei dem Baum?!”),sind alle sichtlich erfreut und mehr alszufrieden mit unserem Werk. Oderdem, was bisher davon zu erkennenist.“

Weitere Einträge und Fotos auf dem Camp-Blogwww.kunstcamp.org

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Workshop Performancenach der Surrealismus-Methode „Cadavre Exquis“

Die Performancekünstlerin zu ihrenImpulsen: Was empfinden unsere Körper im Schwarzwald? Wie wirkt essich aus, wenn wir uns zwischen eng-stehenden Bäumen bewegen oderwenn wir einen freien Blick über eineweite Hügellandschaft vor uns haben?

Wie sind die Temperaturen, dieGerüche, welche Materialien, Pflanzenund Tiere beeinflussen uns? WelcherBoden ist unter uns, welcher Himmelüber uns und wie schnell verändertsich unser Raum bei der Bewegunginmitten organischer unregelmäßgerFormen? Welche Rolle kommt demMenschen inmitten der Natur zu?

Der Unterschied zwischen der Bewe-gung in der Natur und in einemgeschlossenen Raum soll erspürt unddamit experimentiert werden. Wir ver-suchen die Erfahrung in der Natur in Bewegung zu übertragen und alsoffene Kunstform neu erlebbar zumachen.

DozentinLucie Tuma, Tänzerin

Beteiligte JugendlicheKathrin Schroeter, Bad SaulgauMarielena Multner, Bad SaulgauSaskia Lupberger, Bad SaulgauTim Föll, SchönaichTheresa Traub, FreiburgMareike Wöllhof, Leutkirch

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Workshop DesignSinne (ver)wandeln - Natur durch Design erfahren

Wie ist die Beziehung zwischen Kontext und Design? Wie erleben wirRäume und wie nutzen wir unsereSinne, um die Umgebung zu erleben?Was geschieht, wenn Erfahrung undDesign Hand in Hand gehen? Undkann Design Probleme lösen? Auf wel-che Weise können wir mit der Naturinteragieren? Wie sind Tiere konstru-iert, um zu überleben?

Durch den Wald inspiriert!Wie erlebt zum Beispiel ein Pferd seineUmgebung mit seinen auseinander-gerichteten Augen, und wie anderserlebt die Biene die gleiche Umge-bung, mit ihren schnellen Bewegun-gen, Facettenaugen und Antennen?

Mit Hilfe von Spiegeln, Papier, Klebe-band und Kaleidoskop, wird ein eige-ner „Tast- und Fühlapparat“ erstellt,welcher von Tieren im Wald inspiriertist und mit dem sich die Umgebungneu wahrnehmen lässt. Mit Hilfe der

Kamera wird das neue räumliche Verständnis dokumentiert und Inspira-tionen für weitere Arbeiten entstehen.

Welche Art von Räumen / Designsfordert der Wald?Die Kreationen sollen das Zusammen-spiel von Mensch, Tier und dem umlie-genden Wald repräsentieren. Gearbei-tet wird direkt in der Landschaft, mitdem Material, welches zu finden ist,aber auch mit Schnur, Karton undanderen verfügbar Materialien. Wirbewegen uns im Bereich der Architek-tur, des Produktdesigns und der Mode.

Das Gewicht liegt auf dem Skizzierenund Experimentieren. Die fünf Ar-beitstage werden sich sowohl auf denProzess, als auf die Resultate konzen-trieren. Die verschiedenen Schrittewerden für ein besseres Verständnisfür die eigenen Methoden dokumen-tiert und liefern auch Material füreine Mappe.

Camp-Tagebucheinträge Design

Mit Karton aus der Schaffenskrise –zur Superkreation„Wie lautet das optimale Rezept fürKreativität und Spaß? Sonst würdenwir ja sagen: Spieglein, Spieglein inder Hand…., doch heute reicht schonKarton, um unsere künstlerischen Zel-len in Schwung zu bringen und uns zumotivieren. Mit der Aufgabe aus Kar-ton einen funktionalen und stylischen„Ministuhl” zu kreieren, entstandenzum Einen in kurzer Zeit kreativeModelle und zum Anderen löste sieeine wahre Schaffenswelle aus, dieden Stau von gestern wegspülte undzur Freude aller den ganzen Taganhielt. Diese Welle trieb die Produk-tion der Wochenaufgabe, ein Körper-teil zu bauen, mächtig voran.Also: Heute gings mächtig und pro-duktiv zur Sache!Und unsere Erkenntnis des Tages lau-tet: Die im kreativen Prozess spontanentstandenen Kreationen sind oftbesser als unsere anfänglichen Pläne.“

Schaffenskrise: Spieglein, Spiegleinin der Hand ...„Wie ist es möglich, neue Blickwinkelund Wahrnehmungen zu erforschen?Mit dieser Frage hat sich unser Desi-gnworkshop beschäftigt und zumLeitthema des Workshops gemacht.Bewaffnet mit einfachen Spiegelnund Digitalkameras, erkundeten wirdie Welt des Black Forestes und ent-deckten die kleinsten Winkel, die wei-testen Blicke und die verrücktestenBlickwinkel. Diese neue Erfahrungeninspirieren uns für unsere Wochen-aufgabe und sind der Schlüssel ausjeder Schaffenskrise.“

DozentinnenLea Mönninghoff, Studentin Kulturwissenschaften LüneburgHildur Steinpórsdóttir, Architektin, Reykjavík

Beteiligte JugendlicheJasmin Rapp, RottweilKathrin Grünwald, HeidenheimAnna-Maria Schuttkowski, Bad SaulgauMaria Gomagina, HeidenheimAnne Schmiederer, RottweilNina Häußermann, WaiblingenJessica Lang, Karlruhe

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Workshop MalereiGroßformatige Zeichnung und Malerei auf Papier und Baumwolle

Es sind großformatige und kraftvolleZeichnungen von Bäumen in Kohle,Kreide und Tusche geplant. Damit wirddas Wesenhafte des Baumes, seineindividuelle Gestalt, sein skulpturalerCharakter herausgearbeitet. Es gehtum den „Wurf“, Gedanken und Gefüh-le sollen unmittelbar zu Papiergebracht werden und wegführen vonder klassischen Naturstudie.

Weiterhin können kleine und großeFundstücke aus dem Wald gesucht,gefunden und groß gezeichnet wer-den. Die Gesamtheit der während desKunstcamps entstehenden Zeichnun-gen kann einen neuen Blickwinkel fürWald und Natur erzeugen.

Alles ist Objekt, einzigartig und ingroßem Format besonders präsent.Nirgendwo existiert soviel Vielfalt wiein der Natur.

Auch Malereien in Acryl und/oderMischtechnik auf Baumwolle stehenauf dem Programm. „Das große oderdas kleine Waldstück" in Anlehnungan Dürers „Großes Rasenstück“ ist derArbeitstitel dieser Bilder. Mittel - odergroßformatige Malereien enthaltenkleine oder große Waldstücke als Bild-inhalt. Es kann eine Waldansicht seinoder ein winziger Ausschnitt in derNatur, z.B. auf dem Boden, zwischenden Zweigen. Die Vielfarbigkeit undVielseitigkeit einer Farbe z.B. desGrüns wird thematisiert.

Die Grundidee des Workshops ist,durch die Kunst eine neue Naturwirk-lichkeit zu schaffen. Der frische Blick-winkel soll sich in kraftvoller Bewe-gung beim Zeichnen und Malen und indynamischer Größe verwirklichen. Wirarbeiten teilweise in der Natur undsuchen im Wald Motive, die wir dannfotografisch festhalten und als Ent-würfe für Malerei und Zeichnung verwerten. Somit entsteht auch eineAhnung von dem Endergebnis derWoche. Auch Mensch und Tier könnenmit „eingearbeitet werden“.

DozentinUte Wilke, Malerin

Beteiligte JugendlicheSamira Steinmayer, FilderstadtLarissa Widmann, WinnendenVictoire Dryancour, WalldorfLisa Freudenberger, HeidenheimSaskia Kopf, BiberachNicolas Weisenburger, KarlsruheLea Zapf, Tuttlingen

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Workshop Hörskulptur

Der Impuls von Mirja Wellmann:Wo stehe ich und wie treten dieGeräusche zu mir in Verbindung?

Der Anfang gehört der Stille. Jederhört auf die Geräusche des Raums undder Umgebung. Die Umsetzung desGehörten wird zuerst schreibendangegangen:Ich möchte zuerst mit den Teilneh-mern des Kurses gemeinsam hörenund ein Hörprotokoll erstellen, für dasjeder in einer vorgegebenen Zeit alleGeräusche und Laute, die an sein Ohrdringen, aufschreibt. Im selben Zeit-raum entsteht so je ein Hörprotokoll,von denen jedes anders aussehen wird.Nach der Annäherung zur eigenenWahrnehmung durch das Hören, sollen die gehörten und zu unseremKörper in Beziehung stehendenGeräusche in eine Skulptur überführtwerden.

Das Material für die Skulptur könnteetwas Modernes sein wie Flugzeug-holz, das sehr biegsam und leicht istoder Draht mit dünnen Kunststoff-platten oder Aluminium.

Spuren im WaldgeflüsterCamp-Tagebucheintrag Hörskulpturenpubliziert am 9. September 2011 von Wunderlandtussi

„Eben war die Installations-Gruppe imWald, um ihre Plastiken fotografierenzu lassen. Ja, Plastiken. Lion belehrteuns gestern, dass man von einerSkulptur redet, wenn man Materialwegnimmt, und von einer Plastik,wenn Material zusammengefügt wird.Oder so ähnlich. Jedenfalls wissen wirnun, dass Hörplastiken entstandensind. Der Wald war wieder einmalunglaublich. Der Wind, der durch dieBlätter flüstert. Die Sonne, die mitdem Schatten auf dem Boden spielt.Die Vögel, die ihre unterschiedlichstenMelodien durch die Bäume pfeifen.Und alles begleitet von dem lautenKnacken und Knistern unserer Schrit-te. Man sieht die Spuren, die wir hin-terlassen haben. Hier und da immerwieder ein zertretener Ast, ein abge-knickter junger Baum. Eine gelbe Pla-stiktüte auf dem weichen Waldboden.Ein bisschen Metall in den Bäumen.“

Projekt „KID – Kunst im Dialog“Die Kunststiftung Baden-Württem-berg, das Kunstbüro und der Landes-verband der Kunstschulen entwickel-ten 2011 erstmalig ein gemeinsamesProjekt. Stipendiaten der Kunststif-tung Baden-Württemberg arbeitetenan sechs ausgewählten Jugendkunst-schulen, um interessierten Jugendli-chen die Möglichkeit zu geben, mitneuen und aktuellen künstlerischenTechniken in Kontakt zu kommen."Die Hörskulptur" war eines dieserProjekte und fand in Kooperation mitder Jugendkunstschule Freiburg statt.

DozentinMirja Wellmann, BildhauerinSitpendiatin der Kunststiftung Baden-Württemberg

Beteiligte JugendlicheLeonie Locher, FellbachLukas Ludwig, MeersburgAmira Siepen, BruchsalJasmin Reisbeck, NagoldVivienne Wiedemer, OffenburgAlica Läuger, Freiburg

inspiriert.Camp-Tagebucheintrag Hörskulpturenpubliziert am 6. September 2011 von WunderlandtussiNur ein Wimpernschlag, ein Augen-blick, eine einzige Sekunde. Das Kit-zeln eines warmen Sonnenstrahls. Einschief gewachsener Baum, eine ausge-fallene Blüte. Ein Wort, ein Gedanke,ein Geräusch, ein Geruch.Nur ein Wimpernschlag und da ist siewieder – deine Inspiration.

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Ausstellung „Schwarzwald - Black Beauty“ im Kunstverein Freiburg

Gezeigt wurden Werke aus den Works-hops Film, Malerei, Performance/Tanz,Installation und Design, die sich auf die Themen „Schwarzwald“ und„Natur“ bezogen.

Stop-Motion Filme zum Thema Hei-mat und Natur, als auch der Kurzfilm„3 Ender“ waren zu sehen, der nachdem Kunstcamp beim Wettbewerb„Wir sind Wald„ einen Geldpreisgewann. Zudem wurden klein- undgroßformatige Malereien und Zeich-nungen zum Thema Wald, Hörskulptu-ren aus Metall und Plexiglas, als auchvielfältige Designentwürfe in Schau-kästen ausgestellt. Beeindruckendwaren die in der Ausstellung darge-stellten Wahrnehmungsexperimentemit Spiegeln und Hörprotokollen, wel-che die jungen Leute für ihre künst-lerischen Arbeiten inspiriert haben.

Eröffnet wurde die Ausstellung mitder Spiel-Performance „Cadavre Exquis“der Performancegruppe. Ein weiteresHighlight war der Poetry Text der Teil-nehmerin „Alica aus dem Wunder-land“, in dem sie die Erfahrungen derKunstcamp-Teilnehmer in der Essenzdes kreativ-künstlerischen Schaffenspoetisch zusammengefasst hat.

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„Freilichtspiel 9“Solare Lichtkunstobjekte – Bäume mit LeuchtkraftEine Schulkooperation mit dem Friedrich Gymnasium Freiburg

Neun künstlerisch gestaltete und sol-arbetriebene Lichtobjekte wurden imHerbst 2011 während der 22. Baden-Württembergischen Jugendkunst-schultage in Freiburg in den Bäumender Urachstraße installiert, um dieVeranstaltung nachhaltig und phanta-sievoll ins Licht stellen!

Während des letzten Schuljahres ent-wickelte Manuel Frattini, ein Künstler

der Jugendkunstschule, zusammen mitder Kunsterzieherin Cornelia Kürzelund deren 12. Klasse des FriedrichGymnasiums, solare Lichtobjekte.

Integriert in den wöchentlichenUnterricht in der Schule stand zuBeginn die intensive Beschäftigungmit dem Thema „Licht“. Es wurdenerste künstlerische Ideen entwickelt,gezeichnet, gemalt, mit Leuchtmittel

experimentiert und anschließend klei-ne Modelle gebaut.

Die Umsetzung vom Modell zum illu-minierten, durch solare Inselanlagenbetriebenen Lichtobjekt, forderte vielPhantasie, Tüftlergeist und techni-sches Know-how von allen Mitwirken-den. Hier war „Querdenken“ gefragt!

Die Lichtkunstobjekte:

„Friede sei mit Euch" - Lawrence Bird, Jan Hansen und Leonard Karger„Mikado“ - Sophia Beukenhorst, Mario Müller und Liza Weber„cube“ - Dirk Steinmetz und Miguel Wodraschke Oses„CIRCULO” - Cristina Cerinza Sick und Franziska Fabian„Wundernest” - Clara Matcau und Nora Hellwig„STOP leaving” - Claudia Dehn, Anna Happach, Klara Hauser und Arne Klumb„nervös?” - Caroline Beyersdorf und Magdalena Wißkirchen„Natur und Menschenhand“ - Christoph Beyersdorf und Nikolaus Samsonidse„moving point” - Lena Kowalitzki und Andrea Moser

Dank an die badenova, EWS Elektrizitätswerke Schönau, an Bierer BiologischeBaustoffe GmbH, an das Garten- und Tiefbauamt und an Eugen Maurer

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Tolle Tonnen für die Innenstadt!Jugendliche der Jugendkunstschule gestalten Müllbehälter neu

Badische Zeitung 29. März 2011

„Jeder kennt sie: die tristen, dunkel-grünen Mülltonnen, in die Besucherder Freiburger Innenstadt ihre Becherund Tüten entsorgen können. Zumeistsind die Tonnen beschmiert oderbeklebt und geben ein unschönes Bildab. In einer Kunstaktion wurden siejetzt von Jugendlichen der Jugend-kunstschule neu gestaltet.

Die Aktionsgemeinschaft Handel undGewerbe „z“Friburg in der Stadt“ woll-te die unansehnlichen Mülltonnennicht länger hinnehmen: „Wir habenverschiedene Überlegungen angestellt,wie man die Situation mit den Müll-

tonnen verbessern kann“, sagtGeschäftsführerin Claudia Warth.Zunächst waren Tonnenpatenschaftenangedacht, aber dann kam die Idee,die Müllkübel im Rahmen einer Kunst-aktion zu gestalten: „Aus der Erfah-rung mit Graffiti ist bekannt, dassdort, wo etwas von Hand gestaltet ist,weniger geschmiert wird“, so Warth.Solche Objekte haben einen besonde-ren Charme.

Michael Broglin, Geschäftsführer derAbfallwirtschaft und StadtreinigungFreiburg (ASF), war der Idee gegenübersofort aufgeschlossen und die FreiburgTouristik, Wirtschaft und Messe sagtefinanzielle Unterstützung zu.

Für die Umsetzung wurde die Jugend-kunstschule mit ins Boot geholt. Anzwei Wochenenden wird nun in einerHalle des Recyclinghofs St. Gabriel mitvollem Einsatz grundiert, skizziert undgemalt. 15 Jugendliche, überwiegendMädchen, sind dabei.

„Als Themenrahmen haben wir Mate-rial-Imitationen festgelegt“, sagtGudula Trefzger, die Leiterin derJugendkunstschule, „aber sonst gab eskeine Vorgaben und die Jugendlichenhaben sich ihre Motive alle selbst aus-gesucht.“ Bei der Aktion sind die beiden Freiburger Künstlerinnen Kat-harina Gehrmann und Julia Reygersvor Ort, die die Jugendlichen bei der

Arbeit unterstützen. "Es ist faszinie-rend, was für eine Themenvielfalt beider Ideenfindung herausgekommenist“, meint Katharina Gehrmann.

Gudula Trefzger schätzt besonders denintuitiven Zugriff von Kindern undJugendlichen bei der künstlerischenArbeit: „Die Jugendlichen hinterfragennicht so sehr, sie machen einfach“,sagt sie. Unterstützung brauchen sie hauptsächlich bei maltechnischenFragen.

Lilja Schreiber ist fast zwölf undbesucht den Kunstzug am Droste-Hülshoff-Gymnasium in Herdern. Sieist ganz in die Arbeit an ihrer Tonneversunken. „Ich esse gerne Gurken,außerdem finde ich, dass die witzigaussehen“, erklärt sie ihr Projekt. Undtatsächlich, auf ihrer Tonne tummeltsich bereits eine stattliche Anzahl der

süßsauren Leckereien. Ob sie malKünstlerin werden möchte, weiß sienoch nicht: „Vielleicht mache ich auchwas mit Tieren“. Maren Gärtner (15)sieht da schon klarer. Sie will nachdem Abitur auf jeden Fall auf eineKunstakademie und Malerei studieren.Ihre Tonne gestaltet sie mit einer exo-tischen Unterwasserwelt. Dafür hat siesich Bilder von Fischen aus dem Inter-net heruntergeladen und ausgedruckt.

Auf weiteren Tonnen sind bunteSüßigkeiten, Bienenwaben oder lusti-ge Strickmuster zu sehen. Ann-Cathrinvon Döhren (11) hat sich von einemFlyer des Bambutopia in Mengeninspirieren lassen. Der Müllbehälter istbereits über und über mit einem dyna-mischen Bambusmuster bedeckt: „AmSchluss male ich da noch einen großenschwarzen Käfer drauf“, sagt die jungeKünstlerin.

Claudia Warth ist begeistert von densehr unterschiedlichen Ergebnissen:„Das sind echte Hingucker“, findet sie.Im April werden die „tollen Tonnen“auf der Kaiser-Joseph-Straße aufge-stellt. Dann ist die Stadt um einigesbunter – und alle Beteiligten sind sehrgespannt auf die Reaktionen.”

Mittlerweile sind insgesamt 26 Tonnengestaltet worden! Weitere zwölf Müll-behälter folgen.

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Herausgeber Landesverband der KunstschulenBaden-Württemberg e.V.Monika [email protected] 0731.265399

Veranstalter Jugendkunstschule Freiburgim Jugendbildungswerk e.V.Gudula [email protected] 0761.7919 79-13/-0

Redaktion und Gestaltung Monika Fahrenkamp, ElchingenSatz und Drucklegung d-lounge Martina Kübrich, Neu-Ulm

Gestaltung Umschlag gestalter. Tobias Binnig, Freiburg

Bildnachweis Jugendkunstschule FreiburgFotograf Marc DoradzilloFotografin Daniela Wolf, Hörskulpturen

Produktion flyeralarm GmbH WürzburgAuflage 1000 Exemplare

Juni 2012

mit freundlicher Unterstützungdes Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport

ImprovisationstheaterSpontanes Theater mit einer Gruppe Jugendlicher,entstanden aus einem Ferienworkshop der Jugendkunstschule Freiburg

Marionettentheater „Die versunkene Stadt“Ein Projekt der Jugendkunstschule mit der Mooswaldschule, Schule für Erziehungshilfe FreiburgVideo: www.youtube.com/Die versunkene Stadt

Rahmenprogramm der Jugenkunstschule Freiburg zu denBaden-Württembergischen Jugendkunstschultagen

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