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Rahmenkonzept eines Initialpflegekurses für pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz
Curriculum
Autorinnen:
Prof. Dr. Katharina Gröning Anja Klostermann Cristiane Gerhold
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© Universität Bielefeld, Januar 2016
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Inhaltsverzeichnis
1. Erste Sitzung s 04
1.1 Aufnahme der Angehörigensituation, Krankheitssituation, s 04
Medikation
1.2 Vorstellung und Begrüßung s 04
1.3 Übung: s 05
Fragen zum Alltag mit an Demenz erkrankten Menschen.
1.4 Lehrgespräch zum Erleben von Demenz, zum s 06
verstehenden Umgang und zu den alltäglichen
Regeln der Pflege
1.5 Hausaufgabe: Alltagsbeobachtung und Stressprotokoll s 07
2. Zweite Sitzung s 08
2.1 Einführung in die Kommunikation und den Umgang mit s 08
Konfliktsituationen mit Dementen
2.2 Transaktionsanalyse s 08
2.3 Abschlussblitzlicht s 11
3. Dritte Sitzung s 12
3.1 Biographiearbeit und Verstehen der imaginären s 12
Lebenswelten
3.2 Kohortenanalyse und Portrait der dementiell s 12
erkrankten Person
3.3 Lehrgespräch: Die Bedeutung der Biografie und s 14
Erinnerungspflege
3.4 Änderungen der Pflegeversicherung s 15
3.5 Monatliche Leistungen der Pflegeversicherung s 16
Literaturverzeichnis s 18
Anhang 1 s 19
Anhang 2 s 28
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1. Erste Sitzung
1.1 Aufnahme der Angehörigensituation, Krankheitssituation, Medikation (evtl. kann ein Experte zum Krankheitsbild informieren)
Erfahrungsgemäß haben Angehörige in Demenzkursen ein großes Bedürfnis, die
Krankheit zu verstehen. Sie suchen nach Informationen auch über geriatrische und
gerontopsychiatrische Behandlungsmöglichkeiten. Dieses Bedürfnis sollte schon
im Eingang aufgenommen und visualisiert werden. Empfohlen werden zudem
Partner(innen)interviews mittels eines ebenfalls visualisierten Fragebogens, um die
Gruppe zum Sprechen zu bringen.
1.2 Vorstellung und Begrüßung (mit Partnerinterview) (20 min):
An die Partner(innen)interviews kann direkt eine Übung angeschlossen werden:
• Wer bin ich und was führt mich hierher?
• Was muss passieren, damit ich mich hier wohl fühle und was möchte ich
nicht?
• Was möchte ich lernen (z. B. besser kommunizieren), worüber möchte ich
mehr wissen (z.B. über die medizinischen Aspekte), was möchte ich verste-
hen (z.B. die Biografie des /der Erkrankten)?
• Wie ist meine alltägliche häusliche Situation?
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1.3 Übung: Fragen zum Alltag mit an Demenz erkrankten Menschen.
Die Angehörigen sollen die Möglichkeit haben, das zu formulieren, was ihnen im
Alltag besonders im Umgang mit ihren dementen Angehörigen als belastend oder
unverständlich erscheint.
„Nennen Sie im Folgenden die Probleme im Alltag, die Sie am stärksten erleben.“
1=kein Problem, 5=großes Problem
Denkstörungen und Orientierungslosigkeit
Aggression und Depressivität
Misstrauen und Eifersucht
Davonlaufen und das Zuhause suchen
Nächtliche Unruhe und starke Aktivität
Verlieren und verstecken
Anhänglichkeit und Anklammern
Verweigerung, Aggression, Wut
Unsauberkeit
Störungen der Sexualität/Sexualisierung
Sonstiges.............................................
Die Teilnehmer(innen) erhalten Gelegenheit die Alltagsprobleme zu erläutern. Even-
tuell kann die Kursleitung die Antworten der Teilnehmenden auf einem Flipchart sam-
meln und so Häufigkeiten heraus kristallisieren.
1 2 3 4 5
1 2 3 4 5
1 2 3 4 5
1 2 3 4 5
1 2 3 4 5
1 2 3 4 5
1 2 3 4 5
1 2 3 4 5
1 2 3 4 5
1 2 3 4 5
1 2 3 4 5
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1.4 Lehrgespräch zum Erleben von Demenz, zum verstehenden Umgang und zu den alltäglichen Regeln der Pflege1
Hilfreich ist hier eine kurze Erläuterung der Bindungstheoretischen Fundierung und
dem Konzept der „sicheren Basis“ sowie den Regeln, die bei der Zeit, der Alltagsstruk-
tur, dem Milieu und der Bindungssuche wichtig sind.
(vgl. Studienbrief „Sprechen Sie demenzisch?“).
Quelle: Stuhlmann 2006 nach Lienker, V. (2013).
Unterscheiden von
bindungssuchendem
Verhalten und Verhal-
tensweisen anderer
Ursachen, eindeutiges
Respektieren von
Grenzen und Schutz vor
Grenzüberschreitungen,
Förderung von Autono-
mie und Handlungsfä-
higkeit. Konstanz der
Bezugspersonen Zuver-
lässigkeit bei Zusagen.
Bindungskonstanz
Teilhabe am ge-
sellschaftlichen
Leben so viel und
solange es mög-
lich ist, Stützen
der Identität aus
der Biografie,
Anerkennen und
Bestätigen der
Gefühle, Gespür
für das Gleichge-
wicht zwischen
Nähe und Distanz.
Milieu
Normalität,
Übersichtlich-
keit, Sicherheit
und Vertrautheit
der Umgebung,
Erkennbarkeit der
Individualität der
Person an der
biografisch orien-
tierten Einrichtung
des Zimmers.
strukturell
Verlässlichkeit
der Zeitabläufe,
Prinzip der Hand-
lungskette: ein
Element nach dem
anderen, Prinzip
der Einzeitigkeit
– nur eine Infor-
mation zur selben
Zeit, Realitätsbe-
zug herstellen.
zeitlich
1 nach Stuhlmann (2006)
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1.5 Hausaufgabe: Alltagsbeobachtung und Stressprotokoll
Die Alltagsbeobachtung und das Stressprotokoll sollen den Angehörigen helfen, sich
in der Beziehung zu ihrem dementiell erkrankten Angehörigen besser zu verstehen.
Zu berücksichtigen ist dabei, ob die Prinzipien der bindungsorientierten Beziehung
nach Stuhlmann eingehalten werden.
„Schildern Sie bis zum nächsten Treffen mindestens eine markante Situation in der sie
sich überfordert gefühlt haben.
• Tritt das Verhalten immer auf?
• Können Sie sich in Ihren Angehörigen hineinversetzen?
• Können Sie Gefühle beschreiben, die ihr Angehöriger erlebt?
• Was hilft in der Situation: Trost, Zuwendung, Streicheln, Ablenkung, etwas
zu essen?“
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2. Zweite Sitzung
Zu Beginn der zweiten Sitzung sollte sich die Kursleitung neben der Erkundigung
nach dem allgemeinen Befinden mit den Protokollen befassen. Die Teilnehmer(innen)
sollten sie vorlesen können und es könnte dann ein Lehrgespräch dazu stattfinden,
welche sich noch einmal mit Bindungstheorie und mit dem Ansatz des Personseins
befasst. Je nach Protokoll kann die Kursleitung dann solche Beispiele, die sich direkt
auf Kommunikation beziehen in die nächste Übung einbeziehen.
2.1 Einführung in die Kommunikation und den Umgang mit Konfliktsituationen mit Dementen
Zu Beginn steht die Einführung in das Prinzip der Validation und der Kommunikati-
onsregeln von Jenny Powell. Die Ausführungen sollten sich damit befassen, wie der
„normale“ Kommunikationsprozess verläuft und warum er bei älteren Menschen ge-
stört sein kann. Inwieweit eine demenzielle Erkrankung die Kommunikation beein-
flussen kann wird erläutert und Ideen und Tipps zur Aufrechterhaltung verschiede-
ner Kommunikationswege werden aufgezeigt. Beispiele anhand des Konzepts der
Validation liefern den Angehörigen neue Zugänge im Umgang mit ihren dementen
Angehörigen (vgl. Studienbrief „Sprechen Sie demenzisch?“).
2.2 Transaktionsanalyse
Sodann sollte die Transaktionsanalyse mit ihren Denkmodellen eingeführt werden.
Die Transaktionsanalyse nach Dr. Eric Berne (2009) ist eine Methode, die auch zum
Verständnis der Probleme der Kommunikation bei Demenz angewandt werden kann.
Sie geht davon aus, dass das Denken, Fühlen und Verhalten von verschiedenen We-
sensmerkmalen unserer Person bestimmt wird, die als Kind-Ich, Eltern-Ich und Er-
wachsenen-Ich bezeichnet werden. Sie treten bei einer inneren Auseinandersetzung
oder Entscheidung auf und auch nach außen hin, im Kontakt mit anderen Men-
schen. Sie bestimmen die Interaktion entscheidend mit. Diese drei Ich-Zustände, die
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an Wortwahl, Tonfall und Inhalt dessen was gesagt wird, sowie an Mimik, Gestik und
Körpersprache erkennbar sind, gilt es zu erkennen.
Der Kindheits-Ich Zustand: Hier fühlt, denkt und handelt man, wie man es als Kind
auf Grund seiner Lebenssituation unbewusst oder bewusst selbst entschlossen hat zu
tun. Eric Berne teilte diesen Ich-Zustand in ein angepasstes, natürliches und rebelli-
sches Kind-Ich auf.
Der Eltern-Ich Zustand: Hier fühlt, denkt oder handelt man, wie man es von ande-
ren Autoritätspersonen früher (Eltern) oder gegenwärtig übernommen hat. Eric Berne
teilte diesen Ich-Zustand in ein fürsorgliches und ein kritisches Eltern-Ich auf.
Der Erwachsenen-Ich Zustand: Hier fühlt, denkt und handelt man, wie man es in
der Gegenwart nach den Gesichtspunkten der Situation und der Realität selber be-
wusst entschieden hat. Eric Berne teilte diesen Ich-Zustand nicht auf.
führsorgliches
Eltern-Ich
Erwachsenen-Ich
natürliches
Kind-Ich
kritisches
Eltern-Ich
rebellisches
Kind-Ich
angepasstes
Kind-Ich
kEL fEL
ER
rK nK
aK
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Entsprechend diesem Modell kann sich jemand fürsorglich oder kritisch (Eltern-Ich),
der Situation angemessen und logisch (Erwachsenen-Ich), natürlich, angepasst oder
rebellisch (Kind-Ich) verhalten.
Wenn zwei oder mehr Personen miteinander in Beziehung treten ergeben sich je nach
beteiligten (aktivierten) Ich-Zuständen charakteristische Kommunikationsformen, die
Transaktionen genannt werden.
Erfolgt eine Reaktion aus dem angesprochenen Ich-Zustand, nennt man sie eine pa-
rallele Transaktion.
Erfolgt die Transaktion aus einem unerwarteten Ich-Zustand, wird sie gekreuzte Trans-
aktion genannt. Gekreuzte Transaktionen ziehen häufig bei einem oder bei beiden
Gesprächspartner(innen)n einen Wechsel des Ich-Zustandes nach sich.
Von verdeckten Transaktionen spricht man dann, wenn unter einer offenen Botschaft
noch eine zweite liegt, die meist nonverbal aus einem anderen Ich-Zustand als dem
der offenen Botschaft vermittelt wird.
Auf der Kommunikationsebene, auf der wir uns über unsere Kommunikationsmuster
austauschen, hat der in Transaktionsanalyse geschulte Mensch die Möglichkeit, mehr
Klarheit in ein Gespräch zwischen die Beteiligten zu bringen.
(vgl. Studienbrief „Der Beratungsprozess und die Prinzipien und Probleme der Sozial-
leistungsberatung“; Petzold 1975).
Zu klären ist:
• In welchem Ich-Zustand befinde ich mich, wenn ich mit meiner/meinem
Angehörigen kommuniziere?
• Welche Transaktionen führen zum Konflikt?
• Welche Transaktionen beruhigen den Konflikt?
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Die zweite Ebene ist die Beziehungsentwicklung in Richtung: Ich bin o.k., Du bist o.k.
(Harris 2006). Die Transaktionsanalyse kommt zu vier möglichen Lebensanschauun-
gen, wie ein Mensch sich selbst und andere sieht:
ICH
DU
2.3 Abschlussblitzlicht
Am Ende der Sitzung sollte es ein Abschlussblitzlicht geben in dem die Teilnehmer(innen)
zusammenfassen was sie über Kommunikation gelernt haben. In diesem Zusammen-
hang kann eine Vertiefung im Lehrgespräch hilfreich sein.
oknicht ok
ich bin ok,
du bist nicht ok
ich bin nicht ok,
du bist nicht oknicht ok
ich bin ok,
du bist ok
ich bin nicht ok,
du bist okok
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3. Dritte Sitzung
3.1 Biographiearbeit und Verstehen der imaginären Lebenswelten
Aus dem Studienbrief zur Demenz könnten die Kapitel zu den Verlusten in Erinne-
rung gerufen werden um die Bedeutung von Verlusten für den Verlauf der Demenz
zu unterstreichen. Der Lebenslauf lässt sich soziologisch als Zeitstrahl verstehen, der
mit Statuspassagen einhergeht, ein Status folgt auf den Anderen – aus Schülern wer-
den Azubis oder Studenten etc. Statuspassagen sind biografische Wendepunkte. Hin-
zu kommen die Kritischen Lebensereignisse, wie Krankheiten, Arbeitslosigkeit etc..
Schließlich sind Traumatisierungen zu erwähnen, wie z.B. schwere Verluste.
Um Lebensläufe zu verstehen, müssen historische und soziale Zeit in Beziehung ge-
setzt werden. Daraus entstehen die sogenannten Kohortenanalysen, wann hat eine
Generation/Kohorte welche Historische Zeit in welchem Entwicklungsabschnitt ihrer
Biografie erlebt?
3.2 Kohortenanalyse und Portrait der dementiell erkrankten Person
(eventuell auch zu zweit durchführbar, falls die dementiell erkrankten Personen der
gleichen Kohorte angehören):
Geburt und Abstammung___________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
Frühe Kindheit_____________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
Mittlere Kindheit___________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
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Jugend___________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
Junges Erwachsenenalter____________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
Berufsbiografie____________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
Mittleres Erwachsenenalter__________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
Höheres Erwachsenenalter__________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
Alter_____________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
Biografische Wendepunkte__________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
Kritische Lebensereignisse___________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
Begabungen und Lebensstile________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
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Daseinsformen (z.B. regeln des Umgangs miteinander etc.)______________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
Theoretisch liegt der Übung die Entwicklungstheorie Eriksons (1981, 1988), die Le-
benslauftheorie von Martin Kohli (1978) und die Theorie der Kritischen Lebensereig-
nisse von Filipp (1990) zugrunde (vgl. Studienbrief „Die pflegende Familie. Sozialpsy-
chologische und wissenschaftliche Grundlagen des Modellprogramms).
3.3 Lehrgespräch: Die Bedeutung der Biografie und Erinnerungspflege
Bestimmte Störungen und Probleme im Umgang mit Personen mit Demenz sind nur
aus der Biografie heraus verstehbar. Die Biografie gibt aber auch Aufschlüsse über
Alltagsgewohnheiten und Beschäftigungen. Zu erwähnen ist weiterhin die historische
Identität, d.h. die Frage, welche Ereignisse haben die Menschen wann mitgemacht
und wie sind sie durch diese Ereignisse geprägt worden? Schließlich sollte die soziale
Zeit erwähnt werden. Jede Gesellschaft hat Vorstellungen darüber, wann welche Er-
eignisse in die Biografie eintreten sollen.
An diese Übung sollte sich ein Informationsgespräch zur Pflegeversicherung vor al-
lem das PNG anschließen.
• Jede Gesellschaft hat einen Normallebenslauf.
• Wie normal war der Lebenslauf des Dementen?
• Was hat Normalität gegeben?
• Was hat sie zerstört?
• Welche Erinnerungshilfen stehen zur Verfügung?
• Gibt es Möglichkeiten alte Fotos zu vergrößern und eine Erinnerungsmappe
mit großen, gut erkennbaren Fotos zu machen?
• Welche Einrichtungsgegenstände erinnern an die Biografie?
• Welche sind nur funktional?
• Wie war die Wohnung der Eltern eingerichtet?
• Wie war der Lieblingsplatz früher?
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3.4 Änderungen der Pflegeversicherung
In den letzten Jahren wurde die Pflegeversicherung mehrfach reformiert. Durch das
Pflegeneuausrichtungsgesetz (PNG) 2013 und die Pflegestärkungsgesetze (PSG I und
PSG II) 2015 und 2016 wurden insbesondere die Leistungen für Demenzkranke, bzw.
für „Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz“ erweitert.
Erstmals haben Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz und einem Hilfebe-
darf unterhalb der Pflegestufe 1 (sogenannte Pflegestufe 0) Leistungsansprüche. In
dieser im Gesetz nicht explizit aufgeführten Pflegestufe werden Menschen eingrup-
piert, deren Hilfebedarf nach den bestehenden Regeln nicht ausreicht, um eine Pfle-
gestufe 1 zu bekommen, die aber, wegen ihrer eingeschränkten Alltagskompetenz,
einen erheblichen Betreuungsbedarf haben. Festgestellt werden muss der Betreu-
ungsbedarf vom medizinischen Dienst der Krankenkassen.
Heute können Menschen mit Pflegestufe 0 und eingeschränkter Alltagskompetenz,
genau wie Menschen der Pflegestufen 1 bis Härtefall, wählen zwischen Pflegegeld,
Pflegesachleistungen oder Kombinationsleistungen. Die jeweilige Höhe der monatli-
chen Zuwendung ist abhängig von der Höhe der Pflegestufe.
Was darüber hinausgehende Leistungen betrifft, sind beide Personengruppen gleich-
gestellt: Neben Kosten für eine sogenannte Wohnraumanpassung von bis zu 4000 €
pro Maßnahme, werden auch Kosten für Pflegehilfsmittel von der Pflegeversicherung
übernommen. Es besteht ein jährlicher Anspruch auf Verhinderungspflege von bis zu
1614 € und auf Kurzzeitpflege von zusätzlichen 1614 €. Erheblich erhöht wurden die
Leistungen für Tagespflege und Nachtpflege, die nicht mehr auf das Pflegegeld oder
die Pflegesachleistungen angerechnet werden.
Die zusätzlichen Leistungen müssen jeweils beantragt werden und „verfallen“, wenn
sie nicht in Anspruch genommen werden.
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3.5 Monatliche Leistung der Pflegeversicherung
mit Demenz(in Euro)Pflegestufe
ohne Demenz(in Euro)
231
689
1.298
1.612
1.995
Pflegestufe 0
Pflegestufe 1
Pflegestufe 2
Pflegestufe 3
Härtefälle
0
468
1.144
1.612
1.995
Sachleistung bei häuslicher Pflege
mit Demenz(in Euro)Pflegestufe
ohne Demenz(in Euro)
123
316
545
728
Pflegestufe 0
Pflegestufe 1
Pflegestufe 2
Pflegestufe 3
0
244
458
728
Pflegegeld bei häuslicher Pflege
mit Demenz(in Euro)Pflegestufe
ohne Demenz(in Euro)
231
689
1.298
1.612
Pflegestufe 0
Pflegestufe 1
Pflegestufe 2
Pflegestufe 3
0
468
1.144
1.612
Tagespflege / Nachtpflege
(Quelle: Bundesministerium für Gesundheit 2015, S. 10)
(Quelle: Bundesministerium für Gesundheit 2015, S. 7)
(Quelle: Bundesministerium für Gesundheit 2015, S. 6)
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Neben den oben genannten Leistungen der Pflegeversicherung haben Pflegebedürf-
tige mit eingeschränkter Alltagskompetenz zusätzlich Anspruch auf Betreuungs- und
Entlastungsleistungen nach §45 b SGB XI im Wert von 104 € (Grundbetrag) oder
208 € (erhöhter Betrag) pro Monat.
Ab 01.01.2015 haben auch Pflegebedürftige der Pflegestufen 1 bis Härtefall ohne
eingeschränkte Alltagskompetenz Anspruch auf Betreuung- und Entlastungsleistun-
gen im Wert von maximal 104 € pro Monat.
Für die Feststellung der „eingeschränkten Alltagskompetenz“ werden in § 45a Abs.2
SGB XI 13 Merkmale aufgeführt. Sobald zwei der aufgeführten Merkmale, wovon
eines aus dem Bereich 1-9 stammen muss, erfüllt sind, besteht ein Anspruch auf Be-
treuungsleistungen. Erhöhte Betreuungsleistungen werden gezahlt, wenn zusätzlich
ein weiteres Merkmal aus dem Bereich 1,2,3,4,5,9 oder 11 gegeben ist.
Quelle: Winkel/Nakielski (2013), S. 55
Unkontrolliertes Verlassen des Wohnbereiches (Weglauftendenz)
Verkennen oder Verursachen gefährdender Situationen
Unsachgemäßer Umgang mit gefährlichen Gegenständen oder potenziell
gefährdenden Substanzen
Tätlich oder verbal aggressives Verhalten in Verkennung der Situation
im situativen Kontext inadäquates Verhalten
Unfähigkeit, die eigenen körperlichen und seelischen Gefühle oder Be-
dürfnisse wahrzunehmen
Unfähigkeit zu einer erforderlichen Kooperation bei therapeutischen oder
schützenden Maßnahmen als Folge einer therapieresistenten Depression
oder Angststörung
Störungen der höheren Hirnfunktionen (Beeinträchtigungen des Gedächt-
nisses, herabgesetztes Urteilsvermögen), die zu Problemen bei der Bewäl-
tigung von sozialen Alltagsleistungen geführt haben
Störung des Tag-/Nacht-Rhythmus
Unfähigkeit, eigenständig den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren
Verkennen von Alltagssituationen und inadäquates Reagieren in Alltagssi-
tuationen
ausgeprägtes labiles oder unkontrolliert emotionales Verhalten
zeitlich überwiegende Niedergeschlagenheit, Verzagtheit, Hilflosigkeit oder
Hoffnungslosigkeit aufgrund einer therapieresistenten Depression
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
18
Literaturverzeichnis
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Gröning, Katharina (2012): Sprechen Sie demenzisch? Studienbrief im Rahmen des Modellprojektes „Familiale Pflege unter den Bedingungen der G’DRG’s“. Univer-sität Bielefeld, Eigenverlag
Gröning, Katharina (2011): Der Beratungsprozess und die Prinzipien und Proble-me der Sozialleistungsberatung. Studienbrief im Rahmen des Modellprojektes „Fami-liale Pflege unter den Bedingungen der G’DRG’s“. Universität Bielefeld, Eigenverlag
Gröning, Katharina (2011): Die pflegende Familie. Sozialpsychologische Dimen-sionen und wissenschaftliche Grundlagen des Modellprogramms. Studienbrief im Rahmen des Modellprojektes „Familiale Pflege unter den Bedingungen der G’DRG’s“. Universität Bielefeld, Eigenverlag
Harris, Thomas. A (2005): Ich bin o.k., Du bist o.k., Reinbek bei Hamburg, Ro-wohlt Taschenbuch Verlag, 40. Auflage
Kohli, Martin (Hrsg) (1978): Soziologie des Lebenslaufs. Darmstadt
Lienker, Vikas (2013): Demenz als Problem der Sozialen Arbeit, BA-Thesis, Düs-seldorf
Petzold, Hilarion (1975): Ich bin o.k., du bist so làlà. In: Psychologie Heu-te, Au-gust 1975, S. 35-43
Stuhlmann, Wilhelm (2006): Arbeit in der Pflege nach dem Bindungskon-zept. In: www.geronet.de/files/alzheimer_berlin_601012.pdf
Winkel, Rolf; Nakielski, Hans (2013): Was sich 2013 im Bereich Pflege ändert(e).
In: Soziale Sicherheit 2/2013, Köln, Bund-Verlag S. 55-59.
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Anhang 1:
Psychologie heute Heft 8 1975
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Anhang 2:
Soziale Sicherheit 2/2013, Winkel, Rolf: Hans Nakielski: Neue Leistungen für De-menzkranke - Was sich 2013 im Bereich Pflege ändert(e)..
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