Rechtsextremistischer Revisionismus

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  • 7/25/2019 Rechtsextremistischer Revisionismus

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    Revisionismus

    -ein Thema von heute-

    Bundesamt fr

    Verfassungsschutz

    Das Echo auf die

    AUSSCHWITZ-LGEEin Rechtsanwalt verteidigtdas deutsche Volk

    Die Lge von 6 Millionenermordeten Juden lt sich nichtlnger aufrechterhalten

    Verffentlichung der Anklage-und Verteidigungsschriftenund vieler Leserzuschriften

    Rechtsanwalt Manfred Roeder

    Rechtsextremistischer

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    Rechtsextremistischer

    Revisionismus

    - ein Thema von heute -

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    Impressum:

    Herausgeber: Bundesamt fr Verfassungsschutz

    Presse- und ffentlichkeitsarbeit

    Merianstrae 100

    50765 KlnTel.: 0221/792-3838

    Fax: 0221/792-1247

    eMail: [email protected]

    http: / /www.verfassungsschutz.de

    Titelgestaltung: Bundesamt fr Verfassungsschutz

    Stand: 2001

    Druck: Bundesamt fr Verfassungsschutz, Kln

    Diese Druckschrift wird im Rahmen der ffentlichkeitsarbeit des Bundesamtes fr Verfassungsschutz herausgegeben. Siedarf nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme des Bundesamtes zugunsten einzelner politischerGruppen verstanden werden knnte. Die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsstnden von Parteien wieauch jede sonstige Verwendung zum Zwecke der Wahlwerbung ist untersagt. Den Parteien ist es gestattet, die

    Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder weiterzugeben.

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    InhaltSeite

    1. Einleitung 1

    2. Definition und Funktion des Revisionismus 2

    3. Die Leugnung der Schuld Deutschlands am

    Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 4

    4. Die Leugnung der Massenvernichtung in

    deutschen Konzentrationslagern 9

    5. Der revisionistische Umgang mit Dokumenten 13

    6. Der Hintergrund pseudowissenschaftlicher Gutachten 17

    7. Sonstige revisionistische Publizistik 22

    8. Gesetzesverschrfung und revisionistische Reaktion 25

    9. Revisionismus im und aus dem Ausland 28

    10. Revisionismus im Internet 31

    11. Der Revisionismus und die Geschichtswissenschaften 33

    12. Fazit und Ausblick 38

    13. Literatur 39

    Anhang: Publikationen des Bundesamtes fr Verfassungsschutz 41

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    1. Ein lei t ung

    Gelegentlich werden in Schriften ber das Dritte Reich die Kriegs-schuld Deutschlands und der Massenmord in Konzentrationslagern in

    Zweifel gezogen oder abgestritten. Zu den gngigen Argumentationen

    gehren dabei Aussagen wie Hitler erklrte immer wieder seine Abr-

    stungs- und Friedensabsichten, er wollte keinen Krieg, Die J uden

    haben Deutschland 1933 den Krieg erklrt oder Es gibt naturwissen-

    schaftliche Gutachten, die beweisen, dass in Auschwitz nie J uden vergast

    wurden. Urheber derartiger Ansichten sind angebliche Wissenschaftler

    oder ehemalige Widerstandskmpfer. Mit Hinweis auf deren angeblicheReputation wird der Eindruck von Seriositt und Wissenschaftlichkeit der

    Aussagen suggeriert, was allerdings bei genauer Nachprfung jeder

    inhaltlichen Grundlage entbehrt. Tatschlich handelt es sich bei den zitier-

    ten Experten um Rechtsextremisten, die das Hitler-Regime mit den

    Mitteln der Flschung und Manipulation von seiner Schuld frei zu spre-

    chen suchen.

    Die Grnde sind ebenso nachvollziehbar wie verwerflich: Noch heutesind der von den Nationalsozialisten ausgelste Zweite Weltkrieg und die

    Massenvernichtungen so prsent im ffentlichen Bewusstsein, dass jeg-

    liche Anklnge an die mit ihm verwandten Ideologieelemente breite

    Ablehnung erfahren. Ein Umstand, der Rechtsextremisten jeglicher Pro-

    venienz grundstzlich in die Defensive drngt. Diese ungnstige takti-

    sche Lage kann nach Auffassung vieler rechtsextremistischer Akteure

    somit nur gewendet werden, wenn es gelingt, das Dritte Reich von

    Schuldvorwrfen zu befreien.

    Vor diesem Hintergrund entwickelte sich im Rechtsextremismus eine

    besondere fingierte - Geschichtsdeutung, mit der die Verantwortung

    der Hitler-Regierung am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs letztlich

    geleugnet und der systematische Massenmord an J uden weitestgehend

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    1 Im Zusammenhang mit dem Rechtsextremismus werden auch Absichten, Verfassungen oder vlkerrechtliche Vertrge zu ndern,revisionistisch genannt. In diesem letzteren Sinne spricht man auch von Grenzrevisionen, deren Einforderungen hufig mit aggres-

    siven und nationalsozialistischen Vorstellungen verbunden sind. Diese Zielsetzungen knnen durchaus als revisionistisch bezeichnetwerden.2 In Ausnahmefllen sind zu den Revisionisten auch unpolitische, teilweise sogar ursprnglich politisch links stehende Personen

    gestoen. Diese haben offenbar keine Probleme in der Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten gesehen und nahmen bald selbstrechtsextremistische Auffassungen an.

    abgestritten werden. Die Apologeten solcher Zerrbilder bezeichnen sich

    seit den siebziger J ahren selbst als Revisionisten. Mit diesem Begriff

    suchen sie den irrefhrenden Eindruck zu erwecken, sie korrigierten

    unvoreingenommen anhand wissenschaftlicher Methoden revisionsbe-

    drftige Auffassungen zum Nationalsozialismus. Tatschlich handelt es

    sich aber um den ideologisch motivierten Versuch der Geschichtsverfl-

    schung mit pseudowissenschaftlicher Fassade. Die Entwicklung dieses

    Revisionismus im deutschen Rechtsextremismus soll in der folgenden

    Abhandlung dargestellt und seine Auswirkungen eingeschtzt werden.

    2 . D ef i ni t ion un d Fu nk t i on des Revi si on ism u s

    Als Revisionisten bezeichnen sich seit den siebziger J ahren solche

    Rechtsextremisten , die ein bestimmtes, den Nationalsozialismus ver-

    harmlosendes Geschichtsbild propagieren.1 Obwohl sie in Wirklichkeit

    ideologische Ziele verfolgen, geben sie sich den Anschein der Wissen-

    schaftlichkeit. Revision bzw. Revisionismus bedeutet im eigentlichen

    Sinne des Wortes nderung einer Meinung nach grndlicher Prfung.Die Wissenschaftstheorie des kritischen Rationalismus machte die

    stndige Korrektur bestehender Erkenntnisse auf der Basis neuerer

    berprfungen zum primren Mastab wissenschaftlichen Arbeitens.

    Rechtsextremist ische Revisionisten dagegen wol len ke ine wis-

    senschaft l ich en Forschungsergebnisse p rsenti eren: Sie trachten

    vielmehr danach, die Geschichtsschreibung ber die Zeit des Dritten

    Reichs zu ndern, um das nationalsozialistische System aufzuwerten

    und seine Ideologieelemente zu entstigmatisieren. Bei dieser Art vonRevisionisten handelt es sich also berwiegend um Anhnger und Nach-

    ahmer des historischen Nationalsozialismus. Andere - ebenfalls - rechts-

    extremistische Revisionisten, die nicht spezifisch nationalsozialistischer

    Einstellung sind, wollen sich der Belastung ihrer eigenen Politikvorstel-

    lungen durch den Nationalsozialismus entziehen. 2

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    3 Die Formulierung stammt von dem als Theoretiker der frhen NSDAP geltenden Alfred Rosenberg, vgl. Alfred Rosenberg, DerMythus des 20. J ahrhunderts. Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestaltenkmpfe unserer Zeit (1920), Mnchen 3. Auflage 1932,S. 683, worin er die organische Wahrheit definiert als Unterordnung von sachlichen Aussagen unter die Zweckmigkeit derLebensgestalt.

    Inhaltlich richtet sich der Revisionismus insbesondere auf zwei Themen-

    felder:

    - d ie deutsche Verant w ort ung fr den Au sbruch des Zw eitenWeltkr iegs und

    - die M assenvernich t ung d er europischen Juden.

    Dabei kann zwischen einem engeren und einem weiteren Verstndnis

    von Revisionismus unterschieden werden: Unter Letzterem wird eine Art

    Sammelbezeichnung fr alle rechtsextremistischen Versuche der Ver-

    harmlosung des Nationalsozialismus verstanden: Sie reicht von der

    Leugnung der Kriegsschuld ber relativierende Vergleiche bis hin zur Dif-

    famierung der Widerstndler als Vaterlandsverrter. Das engere Ver-

    stndnis von Revisionismus bezieht sich auf die Leugnung der Massen-

    vernichtung von J uden in Gaskammern, also auf das Schlagwort von der

    Auschwitz-Lge. Die Unterscheidung zwischen einem engeren und

    einem weiteren Verstndnis von Revisionismus ist nicht nur wegen der

    inhaltlichen Komponente, sondern auch aus juristischen Grnden not-

    wendig: Die Holocaust-Leugnung ist in Deutschland strafbar (

    130,131,185,189 StGB). Vor diesem Hintergrund erfolgten auch eineReihe von Beschlagnahmungen revisionistischer Literatur und Verurtei-

    lungen von einschlgigen Propagandisten.

    Handelt es sich bei den rechtsextremistischen Revisionisten also um

    berzeugungstter, die historische Realitt aus ideologischer Verbohrt-

    heit leugnen, oder um Personen, die wider besseres Wissen aus oppor-

    tunistischen Grnden agieren? Diese Frage kann nur schwer beantwor-

    tet werden. Beide Aspekte drften eine Rolle spielen, ganz im Sinne einerorganischen Wahrheit 3, welche den Wahrheitsbeweis pragmatisch den

    politischen Erfordernissen unterordnet. Offen wird solches verstndli-

    cherweise nicht bekundet. Vertraut man aber den Angaben eines J ourna-

    listen, so hat sich einer der wichtigsten Akteure revisionistischer Agita-

    tion dahingehend geuert. Der noch nher vorzustellende Thies

    Christophersen, der im deutschen Sprachraum als einer der Ersten das

    Schlagwort von der Auschwitz-Lge aufbrachte, bemerkte in einem

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    4 Zit. in Michael Schmidt, Heute gehrt uns die Strae. Der Inside-Report aus der Neonazi-Szene, Dsseldorf 1993, S. 341f.

    5 Vgl. u. a. Wilhelm Deist/Manfred Messerschmidt/Hans-Erich Volkmann/Wolfram Wette, Ursachen und Voraussetzungen des ZweitenWeltkriegs, Stuttgart 1979.6 Vgl. Hans-Helmuth Kntter, Ideologien des Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland. Eine Studie ber die Nachwirkungen des

    Nationalsozialismus, Bonn 1961, S. 93-132; zu entsprechender Literatur aus den sechziger J ahren vgl. Gerhart Binder, Revisionslite-ratur in der Bundesrepublik, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 17 (1966), S. 179-200.

    Gesprch:

    Ich will uns entlasten und verteidigen, dann kann ich das nicht mit dem,

    was wir tatschlich getan haben. Ich leugne das nicht. Aber jeder Verteidi-

    ger, der was zu verteidigen hat, der wird doch nicht das Belastende auf-

    fhren.4

    3 . D ie Leu gn un g d er Sc hu ld Deu t sc hlan ds am A u sb ru ch

    des Zw eiten Weltk r iegs

    Die von der revisionistischen Agitation vertretene Leugnung der Kriegs-

    schuld, also der Hauptverantwortung der Hitler-Regierung fr den Aus-

    bruch des Zweiten Weltkriegs5, hat im Kern zwei Komponenten: Einer-

    seits werden entscheidende kriegsvorbereitende Manahmen der Natio-

    nalsozialisten schlichtweg ignoriert oder als Ausdruck berechtigten Han-

    delns zur berwindung des Versailler Vertrags angesehen. Andererseits

    schiebt man die Schuld am Kriegsausbruch den spteren Gegnern zu, die

    als die eigentlichen Aggressoren gelten sollen. Bereits in den fnfzigerJ ahren erschien eine Flle von Publikationen in diesem Tenor.6 Es han-

    delte sich dabei um Aufstze und Bcher von Autoren, die meist selbst

    Funktionstrger des NS-Staats auf einer mittleren Ebene waren und in

    ihren Schriften nicht nur ihr individuelles Tun rechtfertigten, sondern mit

    einer nderung des Geschichtsbilds den Weg fr die Akzeptanz ihrer

    ideologischen Vorstellungen ebnen wollten. Spter in den sechziger J ah-

    ren kamen jngere Autoren nach, die zwar keine bedeutenden Funktio-

    nen im Dritten Reich ausgebt hatten, aber in diesem Umfeld ideolo-

    gisch sozialisiert worden waren und sich nun vor allem im politischen

    Nahbereich der 1964 gegrndeten Nationaldemokratischen Partei

    Deutschlands (NPD) bewegten. Da an dieser Stelle nicht alle einschlgi-

    gen Verffentlichungen vorgestellt und analysiert werden knnen, seien

    exemplarisch drei in diesem Kontext bedeutsamere Publikationen aus-

    fhrlicher behandelt:

    - 4 -

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    7 Peter Kleist, Auch Du warst dabei. Ein Buch des rgernisses und der Hoffnung, Heidelberg 1952. Als kritische Analysen dazu vgl. HansBuchheim, Zu Kleists Auch Du warst dabei, in: Vierteljahreshefte fr Zeitgeschichte 2 (1954), S. 177-192; Hermann Graml, Alte undneue Apologeten Hitlers, in: Wolfgang Benz (Hrsg.), Rechtsextremismus in Deutschland. Voraussetzungen, Zusammenhnge, Wir-kungen, Frankfurt/M. 30-66, hier S. 34-37.

    Da ist zunchst das 1952 erstmals im

    rechtsextremistischen Vowinckel-Verlag

    erschienene Buch A u c h Du w ar st

    dabei 7 von Peter Kleist. Bei dem Autor

    handelte es sich um einen ehemaligen SS-

    Angehrigen, der im NS-Staat eine rasche

    Karriere machen konnte: Kleist war

    u. a. Ministerialdirigent und Leiter der Poli-

    tischen Abteilung Ost in dem von Alfred

    Rosenberg gefhrten Ministerium fr die besetzten Ostgebiete und

    wirkte gegen Ende des Krieges im persnlichen Stab des Auenmini-

    sters J oachim von Ribbentrop. In seinem Buch Auch Du warst dabeischilderte Kleist chronologisch die Geschichte des Dritten Reichs. Der

    Autor versuchte dabei - durchaus geschickt - eine politisch-moralische

    Rehabilitierung des Nationalsozialismus: Statt platter Apologie arbeitete

    Kleist einerseits mit Anspielungen und Vergleichen, andererseits mit

    bewusstem Hervorheben oder Ignorieren bestimmter Zusammenhnge.

    Dabei setzte der Autor mehr auf die suggerierende Wirkung seiner ideo-

    logisch verzerrten einseitigen Geschichtsdarstellung denn auf das offene

    Verherrlichen des Nationalsozialismus. Wiewohl Kleist zahlreicheAspekte und Themen jener Geschichtsepoche behandelte, soll hier eine

    auf die Darstellung der Kriegsschuld-Problematik beschrnkte kurze Ana-

    lyse erfolgen. Kleist fixierte seine Darlegungen einseitig auf auenpoliti-

    sche Aspekte: Es htten demnach Rahmenbedingungen geherrscht,

    unter denen sich die deutsche Innenpolitik habe angeblich nur in eine

    bestimmte Richtung entwickeln knnen. So wird der Versailler Vertrag fr

    das Aufkommen des Nationalsozialismus verantwortlich gemacht,

    erscheint dadurch doch die Hitler-Bewegung nur als berechtigter Protestgegen die aus den Vertrgen sich ergebenden Restriktionen fr die deut-

    sche Politik. Gleichzeitig rechtfertigt Kleist mit dem Bezug auf Versailles

    die expansive Auenpolitik der NS-Regierung, welche nur angeblich

    berechtigte Grenzrevisionen vornehmen wollte. Die Politik der spteren

    Kriegsgegner Deutschlands sei von Anfang an machtpolitisch ausgerich-

    tet gewesen und habe beabsichtigt, ein politisch und wirtschaftlich

    erstarkendes Deutschland klein zu halten. Daher erscheinen die westeu-

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    8 David L. Hoggan, Der erzwungene Krieg. Die Ursachen und Urheber des Zweiten Weltkriegs, Tbingen 1961. Als kritische Analysendazu vgl. Gotthard J apser, ber die Ursachen des Zweiten Weltkriegs. Zu den Bchern von A. J . P. Taylor und David L. Hoggan, in:Vierteljahreshefte fr Zeitgeschichte, 10 (1962), S. 311-340; Hermann Graml, David L. Hoggan und die Dokumente, in: Geschichte inWissenschaft und Unterricht 14 (1963), S. 492-514.

    ropischen Staaten und die USA hinsichtlich ihrer Auenpolitik kaum

    moralischer als das Dritte Reich. Diesen sei es nur darum gegangen,

    ihre Hegemonie gegen die Ansprche eines neuen Konkurrenten zu ver-

    teidigen. Konsequenz einer solchen Darstellung ist die moralische

    Gleichsetzung von Drittem Reich und Westmchten, wobei angesichts

    der Ausfhrungen zum Versailler Vertrag und seiner politischen Bedeu-

    tung der Hitler-Regierung ein greres Recht fr ihr Handeln eingerumt

    wird. Ihr sei es um die Anerkennung von Lebensrechten gegangen. Dar-

    stellungen und Dokumente, die dieser Interpretation widersprechen,

    ignoriert Kleist grozgig. berhaupt weist sein Buch keine genauen

    Quellenbelege auf, so dass allein deshalb die berprfung vieler Aussa-

    gen und Zitate nicht mglich ist.

    Ganz anders steht es in dieser Hinsicht um eine Verffentlichung, die bis

    heute wohl als wichtigster Versuch einer Infragestellung der Schuld der

    Hitler-Regierung am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs angesehen wer-

    den kann. 1961 erschien im rechtsextre-

    mistischen Grabert-Verlag das Buch

    Der erzwungene Kr ieg 8 des US-

    Historikers David L. Hoggan. Es han-delte sich dabei um ein voluminses

    Werk mit ber 940 Seiten, welches

    angeblich auf einer breiten Quellen-

    grundlage unter formaler Beachtung wis-

    senschaftlicher Kriterien entstanden war.

    Allein diese Auflistung sollte beeindru-

    cken und veranlasste den Verlag zu einer

    geschickten Werbekampagne, in derenFolge Hoggan auch mehrmals in

    Deutschland als Referent bei verschiedenen rechtsextremistischen Kultu-

    rorganisationen auftrat und dort eine Reihe von Preisen entgegennahm.

    Welch groe ffentliche Aufmerksamkeit Hoggans Auftritte seinerzeit

    auslsten, zeigt exemplarisch, dass das Hamburger Nachrichtenmagazin

    Der Spiegel sich im Mai 1964 zu einer Titelgeschichte um Hoggan ver-

    anlasst sah: Unter der berschrift US-Historiker Hoggan in Deutsch-

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    9 Vgl. US-Historiker Hoggan in Deutschland: War Hitler ein Friedensfreund?, in: Der Spiegel, Nr. 20/13. Mai 1964, S. 28-34; War Hit-ler ein Friedensfreund? Spiegel-Gesprch mit dem amerikanischen Historiker David L. Hoggan, in: ebenda, S. 36-48.

    10 Udo Walendy, Wahrheit fr Deutschland. Die Schuldfrage des Zweiten Weltkrieges, Vlotho 1964. Als kritische Analyse dazu vgl. Graml,Alte und neue Apologeten Hitlers (FN 7), S. 41-46.

    land: War Hitler ein Friedensfreund? druckte man einen lngeren Arti-

    kel und anschlieend auch ein Interview mit Hoggan - beides aber durch-

    aus in kritischer Absicht.9

    Trotz des zunchst bemerkenswerten Eindrucks, den Person und Werk

    machten, ist es um die Wissenschaftlichkeit von Der erzwungene Krieg

    nicht sonderlich gut bestellt. Hoggan behauptet darin, Hitler habe weder

    einen Konflikt mit Polen noch mit England gewnscht, England indessen

    gegenber Deutschland bewusst eine feindliche Politik betrieben, die

    dann zum Krieg fhrte. Die eigentlichen Kriegstreiber seien somit nicht

    Hitler und die anderen fhrenden Nationalsozialisten, sondern der briti-

    sche Auenminister Lord Halifax und der US-amerikanische Prsident

    Roosevelt gewesen. Ihnen gegenber stellt Hoggan Hitler als verantwor-tungsbewussten Staatsmann dar, welcher lediglich die Erfllung angeb-

    lich berechtigter deutscher Ansprche bewirken wollte. Trotz des

    Anscheins von Wissenschaftlichkeit hatte diese Darstellung der Ereig-

    nisse im zeitlichen Vorfeld des Kriegsausbruchs nur wenig mit der histo-

    rischen Realitt zu tun. Dies kann auch nicht verwundern: Ein kritischer

    Vergleich von Originalquellen und Hoggans Zitaten sowie Deutungen

    zeigt nmlich, dass sich der Autor verflschender Auslassungen ebenso

    wie erfundener Zustze bediente. Damit versuchte Hoggan, hnlich wiedie meisten anderen Revisionisten, seine Thesen mit der bewussten Ver-

    flschung von Sachverhalten bzw. dem Ignorieren bestimmter

    Zusammenhnge zu untermauern.

    Vergleichbar arbeitete ein im Anschluss an die Verffentlichung von Hog-

    gan 1964 erstmals erschienenes Werk, das Buch Wahrhei t f r

    Deutschland. Die Schuldfrage des zweiten Weltkr ieges 10 von

    Udo Walendy. Der Autor - spter zeitweilig ein hoher Funktionr in derNPD - druckte es in seinem eigenen Verlag. Walendy stellte in dem Buch

    die Auffassung von der Kriegsschuld der Hitler-Regierung als reine Pro-

    paganda-These der im Krieg siegreichen Alliierten dar: Es handele sich

    um ein Dogma zur Verstrickung der Menschheit in eine neue Hassmen-

    talitt; er wolle durch wissenschaftliches Durchdenken und Unabhngig-

    keit von machtpolitischen Einflssen mutig als Tabubrecher dagegen

    angehen. Walendy vertritt hnliche Auffassungen wie Hoggan: Nicht

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    Deutschland sei die expansive, zum Krieg treibende Macht vor dem Aus-

    bruch des Zweiten Weltkriegs gewesen, sondern Grobritannien und die

    anderen gegnerischen Mchte htten zum Krieg gedrngt, um sich des

    unliebsamen politischen und wirtschaftlichen Konkurrenten Deutschland

    zu entledigen. Die auch von Walendy nicht geleugnete Appeasementpo-

    litik der Westmchte wird als geschickte Strategie dargestellt, mit der

    Hitler in die Falle gelockt werden sollte. Walendy formulierte aber nicht

    nur hnliche Auffassungen wie Hoggan, auch der Umgang mit Quellen

    war hnlich unseris wie bei dem US-amerikanischen Vorbild: Walendy

    sah die von ihm zitierten Akten offenbar gar nicht ein oder er gab sie

    bewusst falsch wieder. So werden etwa Reaktionen der Westmchte auf

    die bedrohliche Politik der Hitler-Regierung nicht als auenpolitischeNotwendigkeiten, sondern als expansive Schritte dargestellt. Zitate alli-

    ierter Politiker gibt Walendy zwar genau an, nur finden sie sich nicht an

    den jeweiligen Stellen. Alle den Auffassungen des Autors widerspre-

    chenden Dokumente werden systematisch ignoriert und fr eine ber-

    prfung der Interpretation nicht zur Kenntnis genommen. Bekannte

    Schlsseldokumente erwhnt Walendy zwar, stellt sie aber mit Andeu-

    tungen als Flschungen dar. All diese formalen Mngel verhinderten

    nicht die Verbreitung des Buches im rechtsextremistischen Lager: Meh-rere Auflagen, eine Taschenbuch-Ausgabe und eine englische berset-

    zung, erschienen im Laufe der Zeit. Noch grere Verbreitung fand

    Hoggans Werk Der erzwungene Krieg, das 1990 in 14. Auflage erschien.

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    4 . D ie Leu gn un g d er M assen ver ni ch tu ng i n d eu t sc hen

    Konzentrat ionslagern

    Bei den drei vorgestellten Bchern, in denen die Hauptschuld der Hitler-

    Regierung am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs geleugnet wird, handelt

    es sich - wie bereits bemerkt - lediglich um wichtige Fallbeispiele. Im

    Laufe der J ahre verffentlichten die verschiedenen rechtsextremisti-

    schen Verlage eine ganze Flle unterschiedlicher Bcher mit hnlichem

    Inhalt. Bei all diesen Publikationen fllt auf, dass sie die Massenvernich-

    tung von J uden in Konzentrationslagern lange Zeit nicht thematisierten.

    Lediglich am Rande fanden sich verharmlosende Bemerkungen etwa imZusammenhang mit der Reichskristallnacht. Man traute sich in den

    fnfziger und sechziger J ahren selbst unter den Rechtsextremisten nicht,

    den Massenmord an J uden eindeutig und offen zu leugnen. Sie frchte-

    ten dabei zu sehr ein heikles Thema anzurhren, da der Holocaust zu die-

    ser Zeit auch in der deutschen ffentlichkeit noch weitgehend tabuisiert

    wurde. Dies nderte sich erst Anfang der sechziger J ahre angesichts der

    Auschwitz-Prozesse in Frankfurt am Main und dann verstrkt ab Ende

    der siebziger J ahre nach Ausstrahlung der TV-Serie Holocaust, so dassdie rechtsextremistische Seite unter einen gewissen Zugzwang geriet.

    Hinsichtlich der Leugnung der Massenvernichtung in Konzentrationsla-

    gern sollen stellvertretend fr zahlreiche Broschren und Bcher drei der

    wichtigsten Protagonisten dieser Auffassung und ihre Werke dargestellt

    und eingeschtzt werden.

    Bereits gegen Ende der fnfziger J ahre erschienen Bcher eines Autors,

    der zwar noch nicht das Schlagwort von der Auschwitz-Lge nutzte,aber in ersten Anstzen das Ausma der J udenverfolgungen durch die

    Nationalsozialisten leugnete. Es handelte sich dabei um den Franzosen

    Paul Rassinier, der sich in den dreiiger J ahren nicht nur als sozialisti-

    scher Pazifist in der Widerstandsbewegung bettigte, sondern whrend

    des Zweiten Weltkriegs selbst Hftling im Konzentrationslager Buchen-

    wald war. Diese Umstnde lieen ihn den deutschen Rechtsextremisten

    als besonders glaubwrdig und als eine Art Kronzeugen erscheinen.

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    11 Paul Rassinier, Die Lge des Odysseus, Wiesbaden 1959; ders., Was ist Wahrheit. Zum Fall Eichmann oder Die unbelehrbaren Sieger,Leoni 1963; ders., Das Drama der J uden Europas. Eine technische Studie, Hannover 1965; ders., Operation Stellvertreter. Huldigungeines Unglubigen, Mnchen 1966.

    12 Vgl. Lothar Baier, Auschwitz und seine Weiwscher. Robert Faurisson & Genossen, in: ders., Franzsische Zustnde. Berichte undEssays, Frankfurt/M. 1982, S. 89-121, hier S. 89-97.

    So publizierten sie auch seine Bcher immer wieder in bersetzungen,

    wozu Schriften wie die folgenden Titel gehrten: Die Lge des Odys-

    seus, Was ist Wahrheit ? Zum Fall Eich m ann, Das Dram a der

    Juden Europas und Operat ion St el lver t reter . Huldigung eines

    Unglubigen 11. Rassinier stritt darin die Ergebnisse der bisherigen

    wissenschaftlichen Forschung und die Inhalte von Zeugenaussagen ber

    die Geschehnisse in deutschen Konzentrationslagern ab. Gruel und Ver-

    brechen in den Lagern waren demnach nicht die Schuld der Nationalso-

    zialisten, sondern Folgen des Krieges: J eder Krieg fhre automatisch zur

    Errichtung derartiger Lager, dies habe es auch in anderen Lndern gege-

    ben und insofern seien Konzentrationslager auch nichts Besonderes. Im

    Laufe der Zeit verstrickte sich Rassinier immer mehr in seinen Vorstel-lungen, die auch strker antisemitische Prgungen annahmen und

    schlielich in der Auffassung mndeten, die J uden htten zum Krieg

    gegen Deutschland gedrngt.

    Wie kam nun aber ein ehemaliger Konzentrationslager-Hftling zu derar-

    tigen Auffassungen? 12 Rassinier war im Oktober 1943 von der

    Gestapo verhaftet und ins Konzentrationslager Buchenwald eingewiesen

    worden. Dort erlebte er nicht zuerst die Konfrontation mit gewaltttigen

    SS-Mnnern, sondern die Misshandlung durch einen kommunistischenMithftling. Die Erfahrung muss fr Rassinier derart traumatisch gewe-

    sen sein, dass er seine Umwelt von da an nur noch selektiv wahrnahm:

    Denn noch bedrohlicher als die SS erschienen ihm seine Mitgefangenen,

    insbesondere die von Kommunisten dominierte Lagerselbstverwaltung.

    Nach vier Monaten verlegte man Rassinier in das berchtigte Auenla-

    ger Dora im Harz (unterirdische Waffenproduktion), wo ihm - im

    Gegensatz zu anderen Hftlingen - relativ leichte Ttigkeiten in einem

    Krankenrevier und bei einem SS-Oberscharfhrer bertragen wurden.Dies prgte Rassinier offenbar so stark, dass er das System der NS-Kon-

    zentrationslager in einem positiveren Licht darstellen wollte. Durch seine

    verallgemeinerten subjektiven Erfahrungen entstand dabei ein vllig

    verzerrtes Bild von der objektiven historischen Realitt.

    - 10 -

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    15/46

    13 Thies Christophersen, Die Auschwitz-Lge (Kritik-Folge Nr. 23), Klberhagen 1973.

    Die These von der Auschwitz-Lge im engeren Sinne entstand erst

    spter: 1973 verffentlichte der rechtsextremistische Agrarjournalist

    Thies Chri stop hersen die Broschre Die

    Auschwitz-Lge 13. Der Autor war als SS-

    Angehriger im Konzentrationslager

    Auschwitz zeitweilig mit botanischen Arbei-

    ten betraut und arbeitete Ende der sechziger

    J ahre als Schriftleiter im Verlag der rechtsex-

    tremistischen Deutschen National-Zeitung

    (DNZ). Nach seiner Entlassung wegen redak-

    tioneller Unstimmigkeiten grndete Christo-

    phersen 1969 die von ihm auch inhaltlichbetreute Zeitschrift Die Bauernschaft, 1971

    die Brger- und Bauerninitiative und 1972 den Kritik-Verlag mit sei-

    ner Schriftenreihe. Vor allem auf publizistischer Ebene bettigte er sich

    im Sinne einer Rechtfertigung des NS-Systems und der NS-Ideologie. So

    erschienen im Laufe der J ahre in der Kritik-Schriftenreihe mehrere

    Bcher und Broschren, die die Zeit des Nationalsozialismus verherr-

    lichten, die Hauptschuld des Hitler-Regimes am Kriegsausbruch und das

    Ausma der J udenverfolgung und J udenvernichtung bestritten oder denRassismus propagierten.

    Dazu zhlte auch Christophersens - in relativ hoher Auflage und auch in

    andere Sprachen bersetzte - Broschre Die Auschwitz-Lge, ein die

    Massenvernichtung von J uden leugnender persnlicher Erlebnisbericht:

    Er habe niemals auch nur die geringsten Anzeichen von Massenverga-

    sungen bemerkt, in Auschwitz seien auch keine Menschen erschossen

    worden, niemals habe sich der Geruch von verbranntem Fleisch im Lager

    verbreitet. Christophersen zeichnete demgegenber ein idyllisches Bildvom Leben im Konzentrationslager: Die Hftlinge seien elegant gekleidet

    gewesen, es habe Filmvorfhrungen gegeben, Gottesdienste der ver-

    schiedenen Religionen wren abgehalten worden, es habe eine Theater-

    gruppe gegeben und insgesamt sei fr die Lagerinsassen gut gesorgt

    worden. Der Zynismus der Darstellung erklrt sich wohl durch die rechts-

    extremistische Absicht des Autors.

    - 11 -

  • 7/25/2019 Rechtsextremistischer Revisionismus

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    14 Wilhelm Stglich, Der Auschwitz-Mythos. Legende oder Wirklichkeit?, Tbingen 1979.15 Vgl. Wolfgang Scheffler, Gutachterliche Stellungnahme zu Wilhelm Stglich, Der Auschwitz-Mythos vom 30. September 1981, unver-

    ffentlichtes Manuskript; Graml, Alte und neue Apologeten Hitlers (FN 7), S. 51-57.

    Eine weitere verbreitete Verffentlichung, die

    die Auschwitz-Lge propagiert, ist das

    1979 im rechtsextremistischen Grabert-Ver-

    lag erschienene Buch Der Auschwi t z-

    Mythos. Legende oder Wirkl ichkeit? 14

    des wegen rechtsextremistischer Aktivitten

    entlassenen Richters Wilhelm Stgl ich ,

    dem spter auch wegen Unwrdigkeit der

    Doktortitel entzogen wurde. Im Unterschied

    zu den Verffentlichungen von Rassinier und

    Christophersen und hnlich wie bei Hoggans

    Werk zur Kriegsschuldfrage handelt es sich um eine Publikation, die sichvon der formalen Darstellung her einen wissenschaftlichen Charakter

    geben will: Es werden genaue Quellen angegeben und der Anhang ent-

    hlt eine ausfhrliche Bibliographie. Im Unterschied zu Hoggan hat

    Stglich allerdings nicht darauf verzichtet, die zwischenzeitlich erschie-

    nene revisionistische Literatur ausfhrlich zu zitieren. In hnlichem Sinne

    kommentiert der Autor in dem Buch die zeitgenssischen Dokumente,

    Erlebnis- und Zeugenberichte sowie Auseinandersetzungen im

    Zusammenhang mit dem Auschwitz-Prozess. Letztendlich kommtStglich zu dem Schluss, die Ergebnisse der zeitgeschichtlichen For-

    schung seien falsch, die rechtskrftigen Strafurteile sachlich nicht ange-

    messen und die Massenvernichtung von J uden in deutschen Konzentra-

    tionslagern habe nie stattgefunden.

    hnlich wie bei der zuvor behandelten revisionistischen Literatur ist es

    auch bei dieser Verffentlichung um den wissenschaftlichen Gehalt

    schlecht bestellt15: Stglich streitet allgemein bekannte historische Fak-

    ten ab, wenn er z. B. behauptet, dass vor Kriegsausbruch kein einzigerJ ude aus rassistischen Grnden in ein Konzentrationslager eingewiesen

    worden sei. Allein nach der Reichskristallnacht von 1938 verhafteten

    die nationalsozialistischen Machthaber ber 25.000 J uden, was bereits

    den damaligen Zeitgenossen durch schlichten Augenschein in der

    unmittelbaren Umgebung bekannt wurde. Wichtige Dokumente, die

    Stglichs Auffassungen widersprechen, wie etwa die Aussagen

    Eichmanns im J erusalemer Prozess, nahm er nicht zur Kenntnis.

    - 12 -

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    Andere Dokumente und Zeugenaussagen wurden vom Autor als Fl-

    schungen bezeichnet, wozu allein schon geringfgige formale Abwei-

    chungen bei der Beschreibung ein und desselben Ereignisses fr

    Stglich ausreichten. berhaupt unterstellte er offenbar, dass nach 1945

    eine systematische Flschung bzw. Verflschung von historischen Doku-

    menten betrieben wurde, um den Nachweis der Massenvernichtung in

    den Konzentrationslagern zu erbringen. Derartige Vorstellungen mnden

    - wie bei vielen anderen Revisionisten ebenfalls nicht selten - in antise-

    mitischen Verschwrungstheorien, die den J uden ein konspiratives Wir-

    ken bei der systematischen Geschichtsverflschung unterstellen.

    5 . D er rev isi on ist i sch e U m gang m it D ok u m en t en

    Anhand einiger Fallbeispiele wird deutlich, mit welcher Methodik Rechts-

    extremisten bei dem Versuch der Geschichtsflschung vorgehen. So ver-

    ffentlichten Rechtsextremisten im Laufe der letzten J ahrzehnte eine

    Reihe von Schriften, die sich auf verflschte oder fehlinterpretierte Doku-

    mente sttzten, um die eigenen Positionen durch sogenannte Kronzeu-gen abzusichern. Zu diesen unfreiwilligen Zeugen gehren meist

    serise Institutionen, Medien und Persnlichkeiten, die aufgrund ihrer

    besonderen Glaubwrdigkeit hufig Erwhnung finden. Hierdurch kn-

    nen Leser mit weniger Hintergrundwissen leicht getuscht und unter

    Umstnden sogar in Richtung des Revisionismus mobilisiert werden.

    Auch von daher ist ein kritischer Blick auf den Umgang mit historischen

    Dokumenten in derartigen Verffentlichungen angezeigt:

    In zahlreichen rechtsextremistischen uerungen finden sich Hinweise

    auf eine angebliche Kriegserklrung des internationalen J udentums

    an Deutschland. Dabei wird immer wieder auf einen Pressebericht in der

    englischen Boulevardzeitung Daily Express Bezug genommen, der am

    24. Mrz 1933 unter dem Titel J udea Declares War on Germany

    erschien. Darin berichtete das Blatt ber Boykottdrohungen und Proteste

    einzelner Gruppen US-amerikanischer und britischer J uden als Gegenre-

    - 13 -

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    16 Vgl. Hellmuth Auerbach, Kriegserklrungen der J uden an Deutschland, in: Wolfgang Benz (Hrsg.), Legenden, Lgen, Vorurteile. EinWrterbuch zur Zeitgeschichte, Mnchen 1992, S. 122-125.

    aktion auf antisemitische Aktionen der Nationalsozialisten. Bereits die

    damalige Vertretung der in Grobritannien ansssigen J uden distan-

    zierte sich davon, da man derartiges Handeln als Einmischung in inner-

    deutsche Angelegenheiten verstand. Die revisionistische Agitation stellt

    dies alles indessen anders dar und behauptet, es habe eine Kriegserkl-

    rung aller J uden gegen Deutschland gegeben. Vor diesem Hintergrund

    werden antisemitische Manahmen - vom Boykott ber die Inhaftierung

    bis zur Vernichtung - als vermeintlich berechtigte Reaktionen auf eine

    angeblich zuvor erfolgte Aktion des Weltjudentums gegen den NS-

    Staat relativiert. Ebenfalls von einer jdischen Kriegserklrung spre-

    chen Revisionisten im Zusammenhang mit einem Brief, den der Prsi-

    dent des Zionistischen Weltkongresses und Leiter der J ewish Agencyfor Palestine, Chaim Weizmann, Ende August 1939 an den britischen Pre-

    mierminister Chamberlain schrieb und der im Wortlaut am 6. September

    1939 in der Times verffentlicht wurde. Darin versicherte der Autor, die

    J uden wrden im Falle eines sich abzeichnenden Krieges nicht teil-

    nahmslos sein, sondern aufseiten Grobritanniens und der Demokratie

    stehen. Weizmann reagierte damit auf die zuvor fr den Fall eines Krie-

    ges ffentlich von Hitler angekndigte Vernichtung der jdischen Rasse

    und die bereits laufenden antisemitischen Aktionen in Deutschland. Aberauch unabhngig davon kann der Brief nicht als Kriegserklrung ange-

    sehen werden, da Weizmann allenfalls fr seine Organisation und nicht

    fr einen Staat oder gar alle J uden der Welt sprach. Die Revisionisten

    stellten diesen Brief gleichwohl als eine solche Kriegserklrung dar

    und folgerten, damit sei auch die Hitler-Regierung berechtigt gewesen,

    die J uden in Konzentrationslagern zu internieren, da sie doch Kriegs-

    gegner seien und dies in solchen Fllen blich sei. 16

    Ein anderes Beispiel fr den unserisen revisionistischen Umgang mit

    Dokumenten stellt die Agitation mit dem von den Akteuren sogenannten

    Kaufmann-Plan dar. Es handelt sich hierbei um eine Anfang 1941 in

    New York erschienene Broschre, in der die Ausrottung der Deutschen

    durch Sterilisation propagiert wurde. Autor der Schrift war ein in politi-

    scher Hinsicht vllig unbedeutender Verkufer von Theaterkarten namens

    Theodore N. Kaufman, der den Text in einem Eigenverlag unter dem Titel

    - 14 -

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    17 Vgl. Wolfgang Benz, J udenvernichtung aus Notwehr? Vom langen Leben einer rechtsradikalen Legende, in: Benz (Hrsg.),Rechtsextremismus in Deutschland (FN 7) S. 179-202.

    Germany Must Perish! verffentlichte. Die NS-Propaganda stilisierte

    Kaufman zum persnlichen Berater des US-Prsidenten Roosevelt und

    gab ihm den jdisch klingenden zweiten Vornamen Nathan. Das

    Reichspropagandaministerium nahm sich der Broschre an und druckte

    selbst eine deutsche bersetzung in Millionenauflage nach, um die

    Durchhaltepropaganda im Zweiten Weltkrieg zu untersttzen.17 Die revi-

    sionistische Agitation der gegenwrtigen Rechtsextremisten machte dar-

    aus einen Beweis fr die angeblich vlkermrderischen Absichten der

    Alliierten und J uden, um so die antisemitischen Manahmen des Drit-

    ten Reichs als zwingenden Akt der Notwehr erscheinen zu lassen. In die-

    sem Tenor spielten rechtsextremistische Autoren immer wieder auf den

    Kaufmann-Plan an und druckten kontinuierlich dessen bersetzungennach.

    Ein w icht iges Ziel von Revisionist en ist das vll ig e Inf ragest ellen

    der Massenvernichtung von Juden in deutschen Konzentrat ions-

    lagern whrend des Zweiten Weltkr iegs. Viele Rechtsextremisten

    bezweifeln zunchst die Zahl von sechs Millionen als Folge der antisemi-

    tischen Verbrechen der Hitler-Regierung ums Leben gekommener J uden.

    Sie fordern hier eine mathematische Exaktheit absoluter Zahlen ein, dieniemand erfllen und auf die es auch nicht ankommen kann. ber die

    Zweifel an solchen Einzelzahlen wollen sie die Zweifel am Gesamtvor-

    gang vertiefen - bis hin zur vlligen Leugnung des Massenmordes. In

    dem Zusammenhang verweist die revisionistische Agitation auf einen

    angeblich aus der frhen Nachkriegszeit stammenden Bericht des Inter-

    nationalen Komitees des Roten Kreuzes, wonach lediglich 300.000

    J uden im Zweiten Weltkrieg ums Leben gekommen seien. Derartige

    Behauptungen kursierten bereits in den fnfziger J ahren und lstendamals eine klrende Stellungnahme aus, welche in Form eines Briefes

    an das Institut fr Zeitgeschichte, Mnchen, vorliegt. Darin stellte die

    Hilfsorganisation klar: Statistische Aufstellungen ber Verluste an Mili-

    trpersonen oder Deportierten knnen wir nicht verschaffen, da derar-

    tige statistische Arbeiten dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz

    nicht obliegen. Die Angaben einer damaligen rechtsextremistischen

    Publikation beruhten auf keiner vom Internationalen Komitee vom

    - 15 -

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    18 Die beiden Briefe sind als Faksimile nachgedruckt in: Wolfgang Benz, J udenvernichtung: Die Zahl der Opfer, in: Benz (Hrsg.), Legen-den, Lgen, Vorurteile (FN 16), S. 107-112, dort S. 108-111.

    19 Helmut Krausnick, Vorbemerkung zu Graml, David Hoggan und die Dokumente (FN 8), S. 493.

    Roten Kreuz gelieferten Information. In einer spteren Stellungnahme

    uerte sich die internationale Einrichtung noch einmal dahingehend:

    Wir mchten eindeutig klarstellen, da das Internationale Komitee vom

    Roten Kreuz in Genf berhaupt nichts mit diesen Behauptungen zu tun

    hat. Die Statistiken ber die Kriegsverluste und die Opfer politischer, ras-

    sischer oder religiser Verfolgungen fallen nicht in sein Zustndigkeits-

    gebiet und haben nie dazugehrt. 18 Die von den Revisionisten ange-

    fhrten Stellungnahmen des Internationalen Komitees vom Roten

    Kreuz existieren somit berhaupt nicht und wurden zur politischen Pro-

    paganda schlicht erfunden.

    Der manipulat ive Um gang mi t Quel len durch Revisionisten lsst

    sich auch beim Zit ieren aus verf fent l ichten Dokumenten bele-

    gen. Der Historiker Hermann Graml hatte sich die Mhe gemacht, die

    Texte der Original-Dokumente den Zitaten in Hoggans Der erzwungene

    Krieg gegenberzustellen. Der Historiker Helmut Krausnick resmiert

    dazu: Wer sich jedoch die Mhe nimmt, einmal die Wiedergabe der von

    Hoggan verwerteten Dokumente mit deren Wortlaut zu vergleichen, der

    wird ... sein blaues Wunder erleben; er wird berrascht sein, wie berech-

    tigt der ... Vorwurf war, Hoggan sei selbst vor Flschungen nichtzurckgeschreckt. Da dieser in zahlreichen Fllen ausdrcklich die Quelle

    nennt, die seine These sttzen soll, hat er jenen Vergleich von Wortlaut

    und Wiedergabe sehr erleichtert. Die folgende ... Gegenberstellung

    erhebt durchaus keinen Anspruch auf Vollstndigkeit; sie lt sich jeder-

    zeit erweitern: es handelt sich vielmehr um eine Auswahl, eine Blten-

    lese sozusagen aus Hoggans Entstellungen des Quelleninhalts. 19 In der

    Tat zeigt die Gegenberstellung von Dokumenten und Zitaten, wie stark

    Hoggan mit verflschenden Auslassungen und erfundenen Zustzenarbeitete.

    - 16 -

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    20 Der erste Leuchter Report. Resultate einer wissenschaftlichen, technischen und forensischen Untersuchung der Gaskammern undanderer Installationen in den ehemaligen Konzentrationslagern von Auschwitz, Birkenau und Majdanek, von dem US-Gaskammer-und Exekutionsexperten Fred Leuchter, Toronto 1988.

    21 Richard Harwood, Starben wirklich sechs Millionen? Endlich die Wahrheit, Vlotho 1975.

    6 . Der Hinter gr un d p seu do w issen sc haf t l ic her Gu tac hten

    Rechtsextremistische Revisionisten pflegen nicht nur einen zweifelhaftenUmgang mit bestehenden Dokumenten, sondern auch mit selbst erstell-

    ten angeblichen Gutachten. Gemeint sind damit Stellungnahmen und

    Verffentlichungen, die sich einen wissenschaftlichen Anstrich geben

    und auf dieser Ebene insbesondere das Vorhandensein von Gaskam-

    mern zur Massenvernichtung von J uden in deutschen Konzentrationsla-

    gern leugnen. Die beiden bekanntesten derartigen Dokumente sind

    der Leucht er-Report und das Rudol f -Gutachten . Sie verdeut-

    lichen exemplarisch die beiden wichtigsten Komponenten des Revisio-nismus: einerseits den politischen Hintergrund des Entstehens und der

    Verbreitung zur rechtsextremistischen Agitation und andererseits die

    bewusste und zielgerichtete Verflschung der historischen Realitt durch

    manipulative Vorgehensweisen.

    Beim Leucht er-Report 20 handelt es sich

    um das angebliche Fachgutachten eines US-

    amerikanischen Ingenieurs. Die Ausarbei-tung soll belegen, dass die massenhafte Ver-

    nichtung von J uden durch Gas im Konzentra-

    tionslager Auschwitz technisch nicht mglich

    gewesen sei. Der Leuchter-Report entstand

    im Zusammenhang mit einem Prozess

    gegen den seinerzeit in Kanada lebenden

    Neonazi Ernst Zndel, der seit vielen J ahren

    revisionistisches Propagandamaterial welt-weit verbreitet. Hierzu gehrte auch die Schrift eines Richard Harwood

    mit dem Titel Starben wirklich sechs Millionen?. 21 Dies bot den Anlass

    zu einer juristischen Klage wegen der Verbreitung falscher Nachrichten

    und der Strung des sozialen Friedens unter den verschiedenen ethni-

    schen Bevlkerungsgruppen Kanadas. Es kam 1985 zu einem Prozess

    und zu einer Verurteilung Zndels, die aufgrund von Verfahrensfehlern

    aber wieder aufgehoben werden musste. Im J anuar 1988 begann das

    - 17 -

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    Wiederaufnahmeverfahren.

    Kurz darauf nahm ein Gesinnungsfreund Zndels, der als Revisionist

    bekannte franzsische Literaturwissenschaftler Robert Faurisson, Kon-

    takt zu Fred A . Leucht er auf. Dieser galt der Szene als Spezialist fr die

    Herstellung und Perfektionierung von Gaskammern zur Vollstreckung

    von Todesurteilen in den USA und sollte als Experte im Auftrag von

    Zndel und Faurisson prfen, ob es im Konzentrationslager Auschwitz

    Gaskammern zur Menschenvernichtung gegeben hat. Im Februar 1988

    flog Leuchter mit einigen Mitarbeitern nach Polen, nahm verschiedene

    Untersuchungen vor und erstellte einen Bericht, der spter als Leuchter-

    Report bekannt wurde. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Gaskammern

    in Auschwitz im Zweiten Weltkrieg nicht als Exekutions-Gaskammernverwendet wurden, weil die bautechnischen Voraussetzungen gefehlt

    htten. Das Gericht nahm den Report Leuchters aber weder als Gut-

    achten noch als Beweismittel an, sondern legte ihn lediglich zu Doku-

    mentationszwecken den Akten bei. Das Gericht billigte darber hinaus

    Leuchter auch keinen Expertenstatus zu.

    Dafr gab es Grnde ganz verschiedener Art: Leuchter fhrte ohne staat-

    liche Konzession den Titel eines Ingenieurs; spter wurde berdies

    bekannt, dass die von ihm fr den Vollzug der Todesstrafe entworfenenVorrichtungen noch nicht einmal den notwendigen Richtlinien entspra-

    chen. Wie sich im Kreuzverhr herausstellte, verfgte Leuchter weder

    ber eine chemische noch ber eine toxikologische Ausbildung. Er erhob

    seine Untersuchung zudem ohne besondere Kenntnisse der historischen

    Umstnde der Massenvernichtung in Auschwitz. Ihm waren durch

    Faurisson lediglich einige revisionistische Verffentlichungen bekannt.

    Von daher verwundert auch nicht, dass Leuchter mit falschen Annahmen

    operierte:Er ging nmlich von den Verhltnissen in US-amerikanischen Gefngnis-

    sen aus, wo Hinrichtungen von Einzelpersonen mittels Gas in technisch

    aufwendigen Gaskammern unter Beachtung strenger Vorsichtsmanah-

    men stattfinden. Leuchter bernahm die aus diesen Exekutionen gewon-

    nenen Erfahrungen als Kriterien fr die Untersuchung der Gaskammern

    in Auschwitz. Dabei lies er jedoch die dortigen - besonderen - Umstnde

    unbercksichtigt. Allein schon deshalb ergaben sich zahlreiche Fehlein-

    - 18 -

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    22 Vgl. Hellmuth Auerbach, Die Authentizitt des Leuchter-Reports, in: Der Bundesminister des Innern (Hrsg.), Aktuelle Aspekte desRechtsextremismus, Bonn 1994, S. 101-104; J osef Bailer, Die Revisionisten und die Chemie, in: Brigitte Bailer-Galanda/WolfgangBenz/Wolfgang Neugebauer (Hrsg.), Die Auschwitzleugner. Revisionistische Geschichtslge und historische Wahrheit, Berlin 1996,S. 130-152: Brigitte Bailer-Galanda, Leuchter und seine Epigonen, in: ebenda, S. 117-129; Werner Wegner, Keine Massenvergasung inAuschwitz? Zur Kritik des Leuchter-Gutachtens, in: Uwe Backes/Eckhard J esse/Rainer Zitelmann (Hrsg.), Die Schatten der Vergan-

    genheit. Impulse zur Historisierung des Nationalsozialismus, Frankfurt/M. 1990, S. 450-476; Georges Wellers, Der Leuchter-Berichtber die Gaskammern von Auschwitz. Revisionistische Propaganda und Leugnung der Wahrheit, in: Dachauer Hefte, 7 J g., 1991, S.230-241.

    23 Germar Rudolf, Gutachten ber die Bildung und Nachweisbarkeit von Cyanidverbindungen in den Gaskammern von Auschwitz,Stuttgart 1992.

    schtzungen, die noch durch das laienhafte und unsystematische Vorge-

    hen Leuchters verstrkt wurden. So ignorierte er, dass die untersuchten

    Gebude von der abziehenden SS gesprengt wurden und in ihrem rui-

    nsen Zustand seit mehr als vierzig J ahren Wind und Wetter ausgesetzt

    waren. Teilweise hatten die Mauerreste sogar monatelang im Wasser

    gestanden. Angesichts dieser Umwelteinflsse konnten von vornherein

    keine signifikanten Zyanidspuren mehr vorhanden sein. In zahlreichen

    Untersuchungen ganz unterschiedlicher Wissenschaft ler sind

    nach Bekannt w erden des Leucht er-Report s die einzelnen Feh-

    ler und Widersprche des Gutachtens ausf hr l ich und ein-

    deut ig nachgew iesen w orden. 22

    hnlich wie der Leuchter-Report

    bestreitet auch das Rudolf -Gutach-

    t e n 23 auf angeblich naturwissen-

    schaftlicher Basis das Vorhandensein

    der Gaskammern im Konzentrations-

    lager Auschwitz. Benannt wurde das

    Papier nach seinem Autor, dem Che-

    miker Germar Rudolf . Die Schriftentstand zwischen 1991 und 1993 und

    wurde mit Hilfe des Kreises um den -

    1992 wegen Volksverhetzung verurteil-

    ten - Neonazi Remer verbreitet. hn-

    lich wie Leuchter entnahm Rudolf im

    ehemaligen Konzentrationslager

    Gesteinsproben. Der als Doktorand am Max-Planck-Institut fr Festkr-

    perforschung in Stuttgart ttige Chemiker schickte die Proben imNamen seiner Einrichtung an das Chemische Institut Fresenius in Tau-

    nusstein, um die Funde auf Blausurerckstnde untersuchen zu lassen.

    Da Rudolf ohne Wissen seiner Vorgesetzten - aber im Namen des Max-

    Planck-Instituts - vorgegangen war, kam es zu einer fristlosen Kndi-

    gung.

    - 19 -

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    24 Vgl. Bailer, Die Revisionisten und die Chemie (FN 22); Bailer-Galanda, Leuchter und seine Epigonen (FN 22).25 Vgl. J ean-Claude Pressac, Die Krematorien von Auschwitz. Die Technik des Massenmordes, Mnchen 1994.26 Vgl. Ernst Gauss (Hrsg.), Grundlagen zur Zeitgeschichte. Ein Handbuch ber strittige Fragen des 20. J ahrhunderts, Tbingen 1994,

    S. 257.

    Wie Leuchter hatte auch Rudolf bei den angeblichen Untersuchungen

    den Kontext des Geschehenen ausgeblendet und seine Analyse von

    vornherein darauf angelegt, den Vorwurf der Auschwitz-Lge zu

    besttigen. Die Proben hatte er nach eigenen Angaben aus den Ruinen

    der Gaskammern und Sachentlausungsanlagen von Auschwitz entnom-

    men, allerdings ohne Erlaubnis der dortigen Verwaltung und ohne Doku-

    mentation durch Dritte. Hiermit verletzte Rudolf ein wichtiges Gebot jeg-

    lichen wissenschaftlichen Tuns. Darber hinaus arbeitete er mit der nicht

    belegbaren Grundannahme, dass die Anwendung von Zyklon B zwin-

    gend eine Blaufrbung des Mauerwerks nach sich ziehe. Eine genaue

    und systematische Ursachenuntersuchung fr das von ihm unterstellte

    Phnomen nahm Rudolf indessen nicht vor. Weiterhin ignorierte er beider vergleichenden Betrachtung von Gaskammern und Sachentlau-

    sungsanlagen, dass in geschlossenen Rumen fr die Vernichtung von

    Menschen weniger Gift bentigt wird als fr die Vernichtung von Insek-

    ten. Und schlielich legte Rudolf bei seinen Berechnungen auch immer

    wieder nicht nachvollziehbare Mastbe an; so etwa fr die Zeitdauer

    der Freisetzung von Blausure aus dem Zyklon-Prparat. 24

    Auch in seinem Untersuchungsbericht arbeitete Rudolf unseris, so fin-

    den sich zahlreiche sinnentstellende Zitate aus einem Text von J ean-Claude Pressac.25 Rudolf widerlegte sich im brigen mit seinen Aussa-

    gen und Verffentlichungen selbst: So behauptete er, es gebe in den Rui-

    nen der Gaskammern von Auschwitz keine Blaufrbungen die aus sei-

    ner Sicht notwendigen Indizien fr die Nutzung von Zyklon B. Dennoch

    verffentlichte er in einem Buch ein Farbfoto, das deutliche Hellblaufr-

    bungen an den Wnden zeigt wenngleich mit einer gegenteiligen

    Unterzeile.26 An gesicht s der Mngel des Rudolf -Gutachtens ver-

    w undert nic ht , dass es bei dem erw hnt en Prozess gegen Remervom Ger icht n icht anerkannt w urde.

    Rudolf versucht zwar immer wieder, das Bild eines ernsthaften und

    unvoreingenommenen Wissenschaftlers zu vermitteln. Tatschlich

    bewegte er sich jedoch bereits vor der Erstellung seines Rudolf-Gut-

    achtens in rechtsextremistischen Zusammenhngen. Darber hinaus

    bediente Rudolf sich bei der Erstellung und Verbreitung seiner Verffent-

    lichungen unseriser Methoden, wozu etwa die Verwendung von Pseu-

    - 20 -

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    27 J akob Sprenger, Wie Historisierung behindert wird, in: J unge Freiheit, Nr. 9/September 1993, S. 18.28 Germar Rudolf, Von der Angst und wie man sie berwindet, in: Vierteljahreshefte fr freie Geschichtsforschung, Nr. 2/2000, zitiert

    nach der Internet-Einstellung der V.H.O.

    donymen mit von ihm nicht erlangten akademischen Titeln gehrte (z. B.

    Dr. Christian Konrad, Dr. Dr. Rainer Scholz). Auerdem nutzte Rudolf

    verschiedene Pseudonyme, um unter diesen Decknamen die von ihm

    selbst erbrachte Arbeit zu loben: Unter dem Namen J akob Spranger

    verffentlichte er in der Zeitung J unge Freiheit 27 etwa einen Artikel mit

    dem Titel Wie Historisierung behindert wird. Darin sprach er von einem

    am Max-Planck-Institut beschftigten Diplom-Chemiker, der den

    Leuchter-Report in seiner sachlich-khlen serisen Arbeit verifiziert

    habe. Mit dem Diplom-Chemiker meinte Rudolf alias Spranger sich

    selbst. Das tatschliche Ausma der Sachlichkeit und Seriositt

    Rudolfs offenbart ein von ihm in den rechtsextremistischen Vierteljah-

    resheften fr freie Geschichtsforschung (VffG) unter dem Titel Von derAngst und wie man sie berwindet verffentlichter Artikel. Darin ruft er

    indirekt zur Gewaltanwendung gegen einen in der Bekmpfung des

    Revisionismus - sehr engagierten Staatsanwalt auf. 28

    ber die von Leuchter, Rudolf und anderen rechtsextremistischen Auto-

    ren verwendete angeblich fundierte Argumentation urteilte der Geneti-

    ker Benno Mller-Hill: Es seien die diesbezglichen Argumente der

    Revisionisten naturwissenschaftlich widerlegt, dass erstens, der Raumder Gaskammern um einen Faktor sieben zu klein sei, um die angenom-

    mene Zahl der in Auschwitz Ermordeten zu erklren. Dabei gehen die

    Revisionisten davon aus, dass in den Gaskammern jeder Person je ein

    Quadratmeter zugewiesen wurde. Es ist ein einfaches Experiment, jeder

    kann sich in einem Lift davon berzeugen, da man sechs bis sieben Per-

    sonen, darunter Kinder, auf einem Quadratmeter zusammendrngen

    kann. Zweitens sei Zyklon B bei Temperaturen unter zehn Grad Celsius

    nicht wirksam, die Gaskammern hatten keine Heizung. Sie hatten abersehr niedrige Decken. Wenn man sie, wie oben beschrieben, im Winter

    mit halbnackten Menschen volldrngte, dann wrmte sich ihre Luft

    schnell auf, man brauchte dazu keine Heizung. Zu dem Befund, bei Ana-

    lysen ber das Vorhandensein von Cyanid in Proben aus den Gaskam-

    mern sei kein Cyanid gefunden worden, sehr wohl aber bei Proben aus

    den Entlausungskammern, bemerkt Mller-Hill: Hier mu man den

    Revisionisten glauben und vertrauen, da sie die Proben an den richti-

    - 21 -

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    26/46

    29 Benno Mller-Hill, Gedrngt in den Gaskammern (Leserbrief), in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. September 1994.30 Hans Grimm, Die Erzbischofsschrift. Antwort eines Deutschen, Gttingen 1950; ders., Warum - woher - aber wohin. Vor, unter und

    nach der geschichtlichen Erscheinung Hitler, Lippoldsberg 1964.31 Erich Kern, Von Versailles zu Adolf Hitler. Der schreckliche Friede in Deutschland, Gttingen 1961; ders., Opfergang eines Volkes. Der

    totale Krieg, Gttingen 1962; ders., Verrat an Deutschland. Spione und Saboteure gegen das eigene Vaterland, Gttingen 1963; ders.,Deutschland im Abgrund, Gttingen 1963; ders., Verbrechen am deutschen Volk, Gttingen 1964.

    gen Stellen entnommen und nicht vertauscht haben. Es ist aber in der

    Naturwissenschaft blich, da man Personen nicht glaubt und vertraut,

    die, wie oben gezeigt, bereits einmal wissenschaftlich betrogen oder

    unfhig geurteilt haben und sich darber hinaus weigern, ihren Irrtum

    zuzugeben. 29

    7. So nst i ge r ev isi on ist i sc he Pu bl izi st i k

    Revisionisten geht es in Wirkl ichk eit n icht um w issenschaf t l iche

    Forschung, sondern um pol i t ische Agitat ion und Akt ionen imrechtsextremist ischen Sinne. Dazu bediente man sich der unter-

    schiedlichsten Mittel: Seit den fnfziger J ahren erschien eine Flle von

    revisionistischer Literatur, die wie die oben genannten Werke die Schuld

    der Hitler-Regierung am Kriegsausbruch und die Massenvernichtung von

    J uden in Konzentrationslagern leugnet. Dazu gehrten etwa die beiden

    Bcher des Schriftstellers Hans Grimm Die Erzbischofsschrift von 1950

    und Warum - woher - aber wohin von 196430, die aufgrund der

    Bekanntheit ihres Autors zu den wichtigsten frhen Schriften zur Ent-schuldigung und Rechtfertigung des Nationalsozialismus gehrten. Zu

    einem der eifrigsten Publizisten in diesem Genre zhlte der J ournalist

    Erich Kern (eigentlich Kernmayer) mit Buchtiteln wie Von Versailles zu

    Adolf Hitler, Opfergang eines Volkes, Verrat an Deutschland, Deutsch-

    land im Abgrund oder Verbrechen am deutschen Volk, alle zwischen

    1961 und 1964 erschienen. 31 Darin bemhte der Autor die typischen revi-

    sionistischen Argumentationsfiguren: Der Versailler Vertrag habe allein

    das Aufkommen des Nationalsozialismus bedingt und implizit den Aus-bruch des Zweiten Weltkriegs verursacht. Zudem trgen die Gegner des

    nationalsozialistischen Regimes (Widerstand) die Schuld an der Kriegs-

    niederlage des deutschen Reiches.

    Auch in Schriften ehemaliger NS-Gren oder von deren Angehrigen

    wurde die Schuld der Hitler-Regierung am Kriegsausbruch abgestritten.

    - 22 -

  • 7/25/2019 Rechtsextremistischer Revisionismus

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    32 J oachim von Ribbentrop, Zwischen London und Moskau, Leoni 1957; Anneliese von Ribbentrop, Verschwrung gegen den Frieden,Leoni 1958.

    33 Heinz Roth, Wieso waren wir Vter Verbrecher?, Odenhausen 1970; ders., Was htten wir Vter wissen mssen?, Odenhausen 1970;ders., Was geschah nach 1945? Der Zusammenbruch, Odenhausen 1971.

    34 Emil Aretz, Hexen-Einmal-Eins einer Lge, Phl 1970.35 Ingrid Weckert, Feuerzeichen. Die Reichskristallnacht. Anstifter und Brandstifter - Opfer und Nutznieer, Tbingen 1981.

    Als Beispiel knnen die Aufzeichnungen Zwischen London und

    Moskau des ehemaligen Auenministers J oachim von Ribbentrop und

    die Schrift seiner Ehefrau Anneliese von Ribbentrop Verschwrung

    gegen den Frieden von 1957 und 1958 genannt werden. 32 Anfang der

    siebziger J ahre erschienen im Eigenverlag des Publizisten Heinz Roth

    mehrere Schriften in der Reihe Auf der Suche nach der Wahrheit, die

    Titel enthielt wie Wieso waren wir Vter Verbrecher?, Was htten wir

    Vter wissen mssen? oder Was geschah nach 1945? 33. In diesen im

    rechtsextremistischen Lager weit verbreiteten Bnden listete der Autor

    Zitate aus der bislang erschienenen revisionistischen Literatur auf und

    kommentierte diese in eingngiger Form. Zur gleichen Zeit verffent-

    lichte der Schriftsteller Emil Aretz das Buch Hexen-Einmal-Eins einerLge 34, das sich als eine Art Gegen-Geschichtsbuch zur Vernichtung der

    J uden im Zweiten Weltkrieg verstand: Einerseits wurde das Vorhanden-

    sein der Gaskammern ebenso abgestritten wie die Zahl der sechs Millio-

    nen ermordeter J uden, andererseits wurden die Verbrechen durch den

    Hinweis auf eine Mitschuld der Alliierten am Schicksal der J uden und die

    Verbrechen der Kriegsgegner relativiert. Es erschien aber auch revisioni-

    stische Literatur zu einzelnen Ereignissen, so etwa das von Ingrid

    Weckert verfasste Buch Feuerzeichen 35 von 1981. Darin wurde demLeser suggeriert, die zionistischen J uden seien die Einzigen gewesen, die

    von der Reichskristallnacht profitiert und sie auch geschickt initiiert

    htten. Hinsichtlich der Methoden und Techniken der Geschichtsverfl-

    schung unterscheiden sich die hier lediglich exemplarisch genannten

    Werke kaum von den bereits ausfhrlicher vorgestellten.

    Auer in Bchern wurden revisionistische Auffassungen auch immer

    wieder von rechtsextremistischen Zeitungen und Zeitschriften propa-giert. Dazu gehrte etwa die bereits 1951 gegrndete Monatsschrift

    Nation & Europa, das wichtigste theoretische Organ des Rechtsextre-

    mismus mit einer heutigen Auflage von 14.500 Exemplaren. In den Aus-

    gaben der fnfziger und sechziger J ahre bildete der Versuch, den Natio-

    nalsozialismus durch relativierende und verharmlosende Beitrge von

    - 23 -

  • 7/25/2019 Rechtsextremistischer Revisionismus

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    36 Christophersen, Die Auschwitz-Lge (FN 13), ders., Der Auschwitz-Betrug, Klberhagen 1975; Robert Faurisson, Ich suchte - und fand

    die Wahrheit, Mohrkirch 1982.37 Harwood, Starben wirklich sechs Mill ionen? (FN 21); vgl. kritisch dazu: Arthur Suzman/Denis Diamond, Der Mord an sechs MillionenJ uden. Die Wahrheit ist unteilbar, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 30 vom 29. J uli 1978, S. 4-21; Udo Walendy, Ein Proze derGeschichte macht, Vlotho 1988.

    seiner Schuld freizusprechen, einen wichtigen inhaltlichen Schwerpunkt.

    Seit den siebziger J ahren ffnete man sich zunehmend auch anderen

    gegenwartsbezogenen Themen, so dass der Revisionismus nur noch

    einen geringen Stellenwert einnahm. Weiterhin stark auf dieses Thema

    bezogen ist die seit 1955 - zunchst noch unter einem anderen Namen -

    erscheinende Vierteljahreszeitschrift Deutschland in Geschichte und

    Gegenwart. Gedruckt in einer Auflage von 5.000 Exemplaren uert sie

    sich zwar auch zu aktuellen Themen wie Nation und Auslnderpolitik,

    daneben besteht in revisionistischen Ausfhrungen aber ein weiterer

    Schwerpunkt. Gleiches gilt fr die Publikationen des bereits mehrfach

    erwhnten Thies Christophersen sowohl in der 1969 gegrndeten vier-

    teljhrlich in einer Auflage von 3.000 erscheinenden Zeitschrift Die Bau-ernschaft als auch in der 1972 erstmals herausgegebenen Kritik-

    Schriftenreihe. Dort bildete die distanzlose Verherrlichung des histori-

    schen Nationalsozialismus den Schwerpunkt der Agitation, wie die Titel

    Die Auschwitz-Lge, Der Auschwitz-Betrug und Ich suchte - und fand

    die Wahrheit veranschaulichen.36 Nach dem Tod Christophersens im

    J ahr 1997 wurde die Publikation eingestellt.

    Eine eigene Schriftenreihe mit ausschlielich revisionistischem Inhalt

    grndete der ebenfalls schon erwhnte Udo Walendy 1975 unter demTitel Historische Tatsachen. In dieser Reihe erschienen zahlreiche - die

    Schuld des Hitler-Regimes am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die

    Massenvernichtung von J uden in Konzentrationslagern leugnende - Aus-

    gaben wie etwa die Schrift Starben wirklich sechs Millionen? oder Ein

    Proze, der Geschichte macht (mit dem Leuchter-Report). 37 Darber

    hinaus war bis zu ihrer Einstellung 1994 die Remer-Depesche als revi-

    sionistisches Publikationsorgan von Bedeutung, eine von dem Alt-Natio-

    nalsozialisten und frheren stellvertretenden Vorsitzenden der rechtsex-tremistischen Sozialistischen Reichspartei Otto Ernst Remer herausge-

    gebene Zeitung. In ihr wurde insbesondere mit Hinweis auf das Rudolf-

    Gutachten die Massenvernichtung von J uden in deutschen Konzentra-

    tionslagern geleugnet. Und schlielich sei noch auf die von dem Vorsit-

    zenden der Deutschen Volksunion (DVU) Gerhard Frey herausgege-

    bene Wochenzeitung National-Zeitung hingewiesen, die mit Auflagen

    - 24 -

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    38 Holocaust: Lug und Betrug? J discher Wissenschaftler rechnet ab, in: National-Zeitung, Nr. 21 vom 28. J uli 2000.39 Vgl. Bayerisches Landesamt fr Verfassungsschutz (Hrsg.), Revisionismus in der Bundesrepublik Deutschland, Mnchen 1992,

    S. 30-34; Landesamt fr Verfassungsschutz Berlin (Hrsg.), Die internationale Revisionismus-Kampagne, Berlin 1994, S. 29-47.

    von weit ber 40.000 Exemplaren revisionistische Auffassungen propa-

    giert, z. B. mit Schlagzeilen wie Holocaust: Lug und Betrug? 38

    8 . Gesetzesverschr fung und rev i sionist i sche Reak t ion

    Neben der publizistischen Umsetzung versuchte der Rechtsextremismus

    das Thema Revisionismus aber auch fr breitenwirksame Aktionen zu

    nutzen, was sich recht anschaulich am Versuch der Propaganda mit dem

    Leuchter-Report verdeutlichen lsst: Mehrmals bemhten sich Revisio-

    nisten, in Deutschland ffentliche Tagungen zu diesem Thema zu veran-stalten. So plante etwa Ernst Zndel einen Kongress, der Ende Mrz 1991

    in Mnchen stattfinden und von dem dort lebenden Neonazi Ewald

    Althans organisiert werden sollte. Als Referenten waren neben Leuchter

    die franzsischen Revisionisten Robert Faurisson und Henri Roques, der

    sterreichische Neonazi Gerd Honsik sowie der britische Schriftsteller

    David Irving vorgesehen. Die Stadt Mnchen sprach ein Verbot gegen die

    Veranstaltung aus. Leuchter referierte daraufhin im November 1991 ber

    seine Untersuchungen in einer kleineren Versammlung, die der dama-lige NPD-Vorsitzende Gnter Deckert organisiert hatte. Von dieser Rede

    stellte man spter Videofilme her, die ber rechtsextremistische Buch-

    dienste vertrieben wurden. 39 Ab 1994 gingen derartige Kampagnen und

    Verffentlichungen zur Leugnung des Holocaust vor dem Hintergrund

    einer Gesetzesverschrfung immer mehr zurck.

    Im Rahmen des 130 StGB ist heute die so genannte einfache

    Auschwitz-Lge als Volksverhetzung strafbar und wird auch ohne

    Antrag von Betroffenen von Amts wegen verfolgt.

    Die am 1. Dezember 1994 in Kraft getretene Gesetzesnderung

    ermglichte zahlreiche Beschlagnahmen von den Holocaust leugnen-

    den Verffentlichungen und fhrte zu Verurteilungen von Protagoni-

    sten der Auschwitz-Lge wie etwa Rudolf und Walendy. Seit der

    Gesetzesverschrfung betreiben Revisionisten diese Agitation nur

    noch selten in Deutschland, insbesondere die Produktion revisionisti-

    - 25 -

  • 7/25/2019 Rechtsextremistischer Revisionismus

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    scher Schriften erfolgt seither berwiegend im Ausland.

    Wegen der unterschiedlichen Rechtsauffassungen in den einzelnen Staa-ten ist es allerdings derzeit kaum mglich, gegen lnderbergreifend

    agierende Revisionisten vorzugehen.

    Dies hat auch der Prozess im Herbst 1999 gegen den Leiter des revisio-

    nistischen Adelaide Institutes aus Australien Fredrick TOBEN gezeigt.

    In seinem Newsletter und

    mit Offenen Briefen hatte er

    Texte mit Holocaust leugnen-den Inhalten an Empfnger in

    Deutschland versandt. Inhalts-

    gleiche Schriftstcke stellte er

    auf seiner Homepage ein. Da

    in Australien die Leugnung

    nicht strafbar ist, kann er dort

    deshalb auch nicht belangt werden. ber die Frage, ob eine Internet-Ein-

    stellung im Ausland oder bei einem auslndischen Provider dem deut-

    schen Strafrecht unterliegt, weil sie in Deutschland abgerufen und gele-

    sen werden kann, herrscht derzeit noch Unklarheit. Im vorliegenden Fall

    konnte TOBEN dennoch verurteilt werden, weil er sich allein durch das

    Versenden der Schriften an in Deutschland lebende Empfnger auf post-

    alischem Wege strafbar gemacht hatte. Dieser Umstand fhrte im

    November 1999 vor dem Landgericht Mannheim zu einer Verurteilung

    von zehn Monaten ohne Bewhrung sowie zu einer Geldstrafe.

    Im Inland konzentrierte sich revisionistische Propaganda inhaltlich seit-

    dem auf das Abstreiten der Schuld des Hitler-Regimes am Ausbruch des

    Zweiten Weltkriegs und die Verharmlosung von Ereignissen und Institu-

    tionen des Nationalsozialismus. Exemplarisch seien dafr zwei Verf-

    fentlichungen genannt:

    1999 erschien das von Gnter Kaufmann verfasste Buch Auf Teufel

    komm raus. Unwahrheiten und Lgen ber die nationalsozialistische

    - 26 -

    aus der Homepage des Adelaid Institute

    Home Page About the Adelaide Institute Whats New Revisionist Links Exterminationist LinksAustralian Links Cutting Edge Views und Discussions Whats Available

    Newslet ter 50 Newslet ter 51 Newslet ter 52 Newslet ter 53

    Newslet ter 54 Newslet ter 55 Newslet ter 56 Newslet ter 57

  • 7/25/2019 Rechtsextremistischer Revisionismus

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    40 Gnter Kaufmann, Auf Teufel komm raus. Unwahrheiten und Lgen ber die nationalsozialistische J ugendbewegung, Berg 1999;Hans-Henning Bieg, Die Wurzeln des Unheils. Zeitgeschichte ohne Mythen, Tbingen 2000.

    41 Reinhard Uhle-Wettler, Sieg der Wahrheit, Blamage der Linken. Zwischenbilanz zur Antiwehrmachts-Ausstellung, in: Nation &Europa, 50. J g., Nr. 1/J anuar 2000, S. 26-33.

    J ugendbewegung, das die Hitler-J ugend als Einrichtung fr die Ent-

    wicklung einer gesunden Urteilsfhigkeit der J ugend beschrieb.

    Hans-Henning Bieg verffentlichte 2000 das Werk Die Wurzeln des

    Unheils, worin die Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs der ame-

    rikanischen Regierung unter Franklin D. Roosevelt zugeschrieben wird. 40

    Vorherrschend in der revisionistischen Agitation rechtsextremistischer

    Parteien, Organisationen und Zeitschriften war indessen die einschlgige

    Kommentierung von ffentlich diskutierten Themen: Bekannte Beispiele

    sind etwa das Buch Hitlers willige Vollstrecker des amerikanischen

    Politologen Daniel J . Goldhagen und die Ausstellung Vernichtungskrieg.

    Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944. Gerade die Ausstellung moti-

    vierte rechtsextremistische Gruppen zu Demonstrationen mit jeweilsmehreren tausend Teilnehmern, ein Hinweis fr die im Rechtsextre-

    mismus nach wie vor bestehende groe Mobilisierungswirkung revisio-

    nistischer Agitation. Ende des J ahres 1999 erhoben Historiker den Vor-

    wurf, einzelne Bilder der Ausstellung seien falsch untertitelt oder zuge-

    ordnet worden. Diese Kritik veranlasste die Initiatoren, die Ausstellung

    aus der ffentlichkeit zurck zu ziehen und die Schautafeln und Texte zu

    berarbeiten. In rechtsextremistischen Publikationsorganen wie etwa in

    Nation & Europa wurde dieses Faktum unter dem Titel Sieg derWahrheit, Blamage der Linken 41 kommentiert und als Schlag gegen die

    von den Siegern initiierte Vergangenheitsbewltigung gesehen. Tatsch-

    lich nderte die berarbeitung der Ausstellung nichts an dem wissen-

    schaftlich unstrittigen Faktum, wonach auch Angehrige der Wehrmacht

    im Russland-Feldzug in erheblichem Mae an Kriegsverbrechen beteiligt

    waren. Anhand dieses Beispiels lsst sich eine typische revisionistische

    Manipulationstechnik erkennen: Detail-Fehler in historischen Darstellun-

    gen werden berdimensioniert und als Indiz fr eine grundstzlich fal-sche Geschichtsbetrachtung herangezogen.

    - 27 -

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    42 Vgl. Anti-Defamation League of Bnai Brith (Hrsg.), Holocaust Revisionism. Reinventing the Big Lie, New York 1989.43 Vgl. Anti-Defamation League of Bnai Brith (Hrsg.), Liberty Lobby. Network of Hate, New York 1990.

    9 . Rev isi oni sm u s i m un d aus dem A usl an d

    Der Revisionismus war und ist keineswegs nur ein in Deutschland vor-kommendes Phnomen. Auch im Ausland gibt es zahlreiche Publizisten,

    die die Schuld der Hitler-Regierung am Zweiten Weltkrieg und die Mas-

    senvernichtung von J uden in Konzentrationslagern leugnen. Die Grnde

    hierfr sind durchaus unterschiedlicher Natur: Die Haltung Rassiniers

    lsst sich auf die subjektive Wahrnehmung seiner Haftzeit zurckfhren,

    bei Hoggan drfte das unkritische Festhalten an bestimmten Thesen sei-

    ner ersten Untersuchungen ausschlaggebend gewesen sein und

    Leuchter hatte seine Arbeit methodisch unzulnglich durchgefhrt. Alledrei - ursprnglich offenbar nicht rechtsextremistisch eingestellten -

    Autoren lieen sich von Rechtsextremisten fr deren politische Agitation

    instrumentalisieren und bernahmen mit der Zeit selbst deren Auffas-

    sungen. Kein einziger der zuvor angeblich unpolitischen Autoren distan-

    zierte sich darber hinaus von dem rechtsextremistischen Umfeld des

    Revisionismus.

    Mit nur wenigen Ausnahmen verfgte auch der Revisionismus im Aus-land von Anfang an ber einen rechtsextremistischen Hintergrund, was

    sich anhand des wohl wichtigsten Zentrums revisionistischer Agitation

    verdeutlichen lsst. Gemeint ist das amerikanische Inst i t u t e f o r

    Historical Review (IHR) 42 in Newport Beach bzw. Costa Mesa/Los

    Angeles. 1979 grndete es der Leiter der rechtsextremistischen und anti-

    semitischen Liberty Lobby 43 Willis A. Carto in der Absicht, revisionisti-

    scher Propaganda ein besonderes Forum zu geben. Nach auen hin

    geriert man sich als serises wissenschaftliches Institut, veranstaltetejhrlich Kongresse mit internationaler Beteiligung und gab die Zeitschrift

    J ournal of Historical Review heraus. Tatschlich handelt es sich aber

    um eine rechtsextremistische Organisation zur Propagierung revisionis-

    tischer Auffassungen: Carto selbst hatte bereits die Grndung des IHR

    mit der Behauptung verbunden, der Holocaust habe niemals stattgefun-

    den, sondern sei lediglich Gruelpropaganda. Der erste Direktor war dar-

    ber hinaus David McCalden, Grnder der rechtsextremistischen British

    - 28 -

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    44 Vgl. Eva Menasse, Der Holocaust vor Gericht. Der Proze um David Irving, Berlin 2000.

    National Party (BNP), der diese Funktion, um der Tuschung der ffent-

    lichkeit willen, unter dem Decknamen Lewis Brandon einnahm. An den

    Kongressen und Tagungen beteiligten sich im Laufe der Zeit nahezu alle

    wichtigen revisionistischen Autoren als Referenten; Ausgaben oder

    bersetzungen ihrer Bcher werden in einem dem Institut angeschlos-

    senen Verlag gedruckt.

    Der weltweit wohl bekannteste Revisionist drfte der britische Schrift-

    steller David I rv ing sein. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ist

    er kein ausgebildeter Historiker; das begonnene Geschichtsstudium

    schloss er nicht ab. Frhe Verffentlichungen wie Der Untergang Dres-

    dens (1963), Die Tragdie der deutschen Luftwaffe (1970) oder Hitlers

    Weg zum Krieg (1979) erschienen in renommierten Verlagshusern und

    erreichten fr Sachbcher relativ hohe Verkaufserfolge. In diesen Schrif-

    ten uerte Irving sich zwar wohlwollend zur Hitler-Regierung, vermied

    aber eine direkte Glorifizierung. Die Publikationen fanden gleichwohl bei

    deutschen Rechtsextremisten groen Beifall und bescherten dem Autor

    in den achtziger J ahren Einladungen zu Vortrgen bei einschlgigen

    Organisationen wie der Deutschen Volksunion (DVU) oder der Gesell-

    schaft fr Freie Publizistik (GFP). ber diese Verbindungen entwickeltensich auch Kontakte zu rechtsextremistischen Verlagen, bei denen Irving

    ebenfalls zahlreiche Bcher verffentlichte. Im Rahmen des bereits

    erwhnten Prozesses gegen Ernst Zndel in Kanada trat Irving als Entla-

    stungszeuge auf und bekannte sich nach der Verffentlichung des

    Leuchter-Reports ab 1988 auch offen zur Holocaust-Leugnung. Diese

    uerung fhrte spter zu einem Einreiseverbot in Deutschland und in

    anderen Lndern. Weltweite Aufmerksamkeit lste Irving im J ahr 200044

    aus: Er hatte eine Klage gegen die amerikanische Historikerin DeborahLipstadt angestrengt, da diese ihn als einen der gefhrlichsten Holo-

    caust-Leugner bezeichnete. Dies sah Irving als eine nicht vom Recht auf

    Meinungsfreiheit gedeckte Verleumdung an, woraufhin es zu einem

    mehrmonatigen Prozess in London kam. Im Laufe der Verhandlung

    belegten zahlreiche angesehene Historiker Irvings manipulativen

    Umgang mit Quellen. So wies das Gericht schlielich die Klage Irvings

    ab und hob in seinem Urt eil hervor, der Schri f t stel ler sei ein Ras-

    - 29 -

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    sist, Antisemit, Holocaust-Leugner und absicht l icher Flscher

    historischer Fakten.

    Aus Belgien verbreitet die rechtsextremistische Organisation V r i j

    Historisch Onderzoek (V.H.O.) zahlreiche revisionistische Publikatio-

    nen, wozu Bcher und Zeitschriften ebenso wie Aufkleber und Flugblt-

    ter gehren. Leiter der bereits seit 1985 bestehenden Organisation ist der

    Rechtsextremist Siegfried Verbeke. Das Programm enthlt neben den

    wichtigsten revisionistischen Bchern zahlreiche in der Bundesrepublik

    Deutschland beschlagnahmte und indizierte Verffentlichungen zur Holo-

    caust-Leugnung, die so ber den Postweg aus dem Nachbarland wieder

    Verbreitung finden. Zum Vertriebsprogramm gehren aber auch eigene

    Texte wie etwa die Broschre Eine deutsche Antwort auf die Goldhagen-

    und Spielberglgen, die ab 1996 groe Verbreitung fand. Es handelt sich

    dabei um einen relativ kurzen Text von knapp 40 Seiten, der die zentralen

    Behauptungen der Holocaust-Leugner zusammenfasst und ein breiteres

    Publikum im revisionistischen Sinne ansprechen soll. Auerdem gibt die

    V.H.O. die pseudo-wissenschaftlich aufgemachte Zeitschrift Vierteljah-

    reshefte fr freie Geschichtsforschung (VffG) heraus. Deren eigentlicher

    Kopf ist indessen der von Grobritannien aus agierende, bereits

    erwhnte deutsche Revisionist Germar Rudolf. Er war 1995 wegen Volks-

    verhetzung zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt worden

    und hatte sich vor Haftantritt ins Ausland abgesetzt. Im Verlag Castle Hill

    Publishers verffentlicht er die VffG und Bcher von anderen Holo-

    - 30 -

    aus dem Internet-Angebot der V.H.O.

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    caust-Leugnern; so etwa die von dem Schweizer Revisionisten J rgen

    Graf edierten Bcher Das Konzentrationslager Stutthof und Riese auf

    tnernen Fen. Beide tuschen wie die meisten anderen Produkte des

    Verlags mit Hilfe bestimmter Formalien wie Funoten, Struktur und

    Tabellen einen wissenschaftlichen Eindruck vor, stellen tatschlich aber

    rechtsextremistisch motivierte einseitige Pamphlete in der oben

    beschriebenen Manier dar. Insgesamt gelang es Rudolf aber nicht, seine

    Projekte entscheidend voranzutreiben, entschuldigte er sich doch in einer

    Art Rechenschaftsbericht an seine Leser fr die Verzgerung angekn-

    digter Vorhaben.

    10 . Rev isi on ism u s i m In t er net

    Die Bedeutung des Inter-

    net fr Revisionisten ist

    in den letzten J ahren

    gestiegen. Deutsche

    Holocaustleugner nut-zen auslndische Inter-

    netprovider, um ihre -

    hierzulande verbotene -

    Propaganda zu verbrei-

    ten. Auf diese Weise

    umgehen sie die Risiken

    einer strafrecht-lichen Verfolgung.

    Zu den im Internet

    aktiven Revisioni-

    sten gehren etwa

    der Personenkreis

    um den - inzwi-

    schen aus Kanada

    - 31 -

  • 7/25/2019 Rechtsextremistischer Revisionismus

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    in die USA verzogenen - deut-

    schen Neonazi Ernst Zndel,

    der seit 1995 im WWW prsent

    ist, und die bereits erwhnte

    belgische Organisation V.H.O.,

    ber die alle bedeutenden revi-

    sionistischen Homepages ber

    automatisierte Verbindungen

    (Links) erreicht werden knnen.

    Aber auch die franzsische

    Association des

    Anciens Amateurs

    de Rcits de

    Guerre et dHolo-

    causte (AAARGH)

    und die beiden amerikanischen Organisationen Commitee For Open

    Debate On The Holocaust (CODOH) und das IHR sind im Internet ver-

    treten. Die letztgenannte Einrichtung hielt Ende Mai 2000 in Orange

    County (California) einen Kongress mit revisionistischen Referenten ausverschiedenen Lndern ab, wozu auch Graf, Irving, Rudolf und Zndel

    gehrten. Im Internet stellte das IHR nicht nur Informationen zu dieser

    Veranstaltung ein, sondern machte auch die einzelnen Vortrge ber eine

    Abrufmglichkeit - in allerdings schlechter technischer Qualitt - zugng-

    lich.

    Durch das Angebot revisionistischer Internet-Seiten sowie die sich ver-

    strkende informationstechnologische Vernetzung der Gesellschaftwchst der Personenkreis stndig, der auf diese Inhalte Zugriff nehmen

    kann. Sind herkmmliche Medien wie Bcher und Zeitschriften fr den

    Leser nur mit einem unvergleichbar hheren Aufwand zu beschaffen,

    bietet das Internet einfachen, anonymen und kostengnstigen Zugang zu

    revisionistischen Inhalten. Darber hinaus kommen mit dieser Propa-

    ganda auch Personen in Berhrung, die sich im Internet - z. B. als Sch-

    ler - ber den Holocaust informieren wollen, sich aber kaum anderweitig

    - 32 -

    Bring history into accord with facts.

    This collection of revisionist material is provided free of charge by the Institute for Historical Review. This material may be

    copied and printed, but please read the copyright notice

    If you are interested in the revisionist viewpoint on history, youve come to the right place. We offer revisionist perspectives

    about Auschwitz, Birkenau, Treblinka, Dachau, Majdanek, Sobibor, Chelmno, Nazi gas chambers, and the Holocaust in

    general, as well as about Franklin Delano Roosevelt, Pearl Harbor, Winston Churchill, WWII, and other topics.

    Things to read -- places to go

  • 7/25/2019 Rechtsextremistischer Revisionismus

    37/46

    einschlgige Materialien

    beschafft htten. Gelegent-

    liche Angaben von Revi-

    sionisten ber die Hufig-

    keit, mit der ihre Interne-

    teinstellungen aufgesucht

    werden, sind allerdings

    mit Vorsicht zu lesen, da

    diese Angaben oftmals der

    aufwertenden Selbstdar-

    stellung dienen sollen.

    Neben dem WWW bietetdas Internet Revisionisten

    auch andere Kommunika-

    tionsmglichkeiten. Sie knnen mit der E-Mail-Funktion, dem elektroni-

    schen Versenden von Dokumenten, ihre Propaganda wesentlich kosten-

    gnstiger und schneller verbreiten als in der Vergangenheit, in der lang-

    wierige Postwege in Kauf zu nehmen waren. ber automatische Mai-

    ling-Lists werden Interessenten stndig mit Nachrichten versorgt.

    Gleichgesinnte knnen sich durch Beitrge in Diskussionsforen, den sogenannten Newsgroups, austauschen und schlielich bieten auch

    Diskussionsrume im Internet Relay Chat (IRC) Revisionisten Gelegen-

    heit, sich unter Nutzung von Decknamen in Echtzeit zu unterhalten.

    11. Der Rev ision ismus und d ie Gesch ich tsw issenschaf t en

    Wie gezeigt versuchen Revisionisten hufig, ihren Publikationen einen

    wissenschaftlichen Anstrich zu geben, wobei von Wissenschaftlichkeit

    allerdings ernsthaft nicht gesprochen werden kann. Hinsichtlich der

    Quellenkritik bemerkte der verstorbene Historiker Martin Broszat zutref-

    fend:

    Sieht man davon ab, da auch die hufige Wiederholung von plumpen

    Erfindungen oder Entstellungen ... bei einem in dieser Frage vielfach

    - 33 -

    Waren es wirklich 6 Millionen??

    Wir sagen nein es waren niemals 6 Millionen J uden die wir vergast haben, wasknnen wir dafr das diese ekel erregenden Kamel Ficker nicht arbeiten knnenund unter der Last der Arbeit zusammen brachen Sie konnten und knnen ja nur

    armen Deutschen das Geld aus der Tasche ziehen und damit ihre Synagogenbauen und sonst auch nur Waffen und anderen Mist kaufen!

    Und daher sagen wir es offen heraus das diese 6 Millionen Lge nicht stimmt undalles von Auschwitz bis Dachau erfunden war. Gaskammern hat es nicht gegeben

    und die Meisten vergasten sind heute noch am Leben.

    Wenn soviele J uden vergast worden wren wre heute kein einziger J ude mehrauf der Welt, und wir bruchten nicht mehr die J hrlichen abgaben an den Staat

    der J uden ableisten!

    Wenn ich mir vorstelle das mir in der schule erzhlt wurde wie schlimm es dochden J uden gegangen ist wird mir schlecht und ich mu mich bergeben und wennich mir dann auch noch vorstelle wie dieser Ignatz Bubis auf dem Geld sitzt was ervon den Steuergeldern erhlt dann denke ich nur noch eins lat uns an die macht

    kommen dann wissen sie was es heit verfolgt zu sein, denn dann werden siezurck geschickt in Ihre Heimat und da wei man genau wie es an der Klage

    mauer ist und angeblich verstorbenen nach zutrauern denn es sind keine J uden inDeutschland von 1933-1945 um gebracht worden.

    Und wer das behauptet ist ein Volksverrter und der wird den Tot finden

    Niemals frieden fr den Zentralrat der Schmarotzer

    Antisemitistische und revisionistische Agitation im Internet (Schreibfehle r im Original)

  • 7/25/2019 Rechtsextremistischer Revisionismus

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    45 Martin Broszat, Vorbemerkung zu Ingo Arndt/Wolfgang Scheffler, Organisierter Massenmord an J uden in nationalsozialistischen Ver-nichtungslagern. Ein Beitrag zur Richtigstellung apologetischer Literatur, in: Karl Dietrich Bracher/Manfred Funke/Hans-Adolf J acob-sen (Hrsg.), Nationalsozialistische Diktatur 1933-1945. Eine Bilanz, Bonn 1983, S. 539-571, hier S. 542-544.

    kenntnislosen, deshalb kaum kritikfhigen und leicht in Verwirrung zu

    bringenden Publikum ihre Wirkung zu tun vermag, so kam Rassinier und

    seinen Nachahmern zugute, da sie sich auch auf einzelne tatschlich

    unrichtige oder bertriebene ... Aussagen von ehemaligen Hftlingen

    oder Zeugen berufen konnten oder auf sonstige Ungereimtheiten, die in

    Presse und Literatur ber die J udenvernichtung, die Konzentrationslager

    und hnliches irgendwann und irgendwo verlautbart worden waren. Auf

    der Basis solcher berechtigten Einzelkritik ... wird dann methodisch der

    Eindruck zu erwecken versucht, als stehe die ganze Kenntnis der Mas-

    senvernichtung der J uden quellenmig auf vllig unsicherem Boden.

    Revisionisten ignorieren die tatschliche Quellenlage - und zwar

    nicht aufgrund von unbeabsichtigten methodischen Fehlern, sondern

    mit geziel ter pol i t ischer Absicht . Noch einmal Broszat dazu:

    In der gesamten apologetischen Literatur werden in der Regel die Men-

    gen von Zeugnissen ber die Erschieungsaktionen der Einsatzgruppen

    mit der Flle ihrer Zahlenangaben ber die Ausmae der einzelnen

    Aktionen ebenso verschwiegen wie die von Auschwitz und anderen Ver-

    nichtungslagern zum Teil erhalten gebliebenen Lager-Dokumente und

    Listen mit ihren Angaben ber J uden-Transporte und Selektionen unddie zahlreichen Unterlagen ber die Auflsung der Ghettos in Polen in

    den J ahren 1942/43 und den Abschub dieser J uden in die Vernichtungs-

    lager oder die Dokumente ber die oft genau rekonstruierbaren J uden-

    deportationen aus Deutschland, Frankreich, Holland, Belgien, Ungarn,

    Griechenland und anderen besetzten Lndern in den J ahren 1941-1944.45

    Angesichts dieser vlligen Ignoranz gegenber historischen Dokumen-

    ten kann somit noch nicht einmal in Anstzen von einem wissenschaft-

    lichen Nutzen oder Wert revisionistischer Verffentlichungen gesprochenwerden.

    Hinsichtlich der Quellenlage bei der Darstellung des technischen Ablaufs

    der Ve