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1
Bedeutung und
Herkunft von A-Z
Lexikon der Redensarten
2
Lexikon der Redensarten
Copyright © by PHOENIX publishing services GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten
Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher
Genehmigung von PHOENIX publishing.
Satz und Layout: www.buch-macher.de
www.phoenix-publishing.de
3
Vorwort
Wann haben Sie sich das letzte Mal so geärgert, dass Sie „einen dicken
Hals“ bekommen haben? Sich über etwas „wie ein Schneekönig“
gefreut? Oder bei einem überraschenden Ereignis mit dem Ausruf „Ach
du grüne Neune!“ reagiert?
Redewendungen bereichern unsere Alltagssprache durch
absurde Vergleiche oder Anspielungen auf Literatur, Religion oder
Wissenschaft. Kaum jemand weiß aber, dass er sich auf mittelalterliche
Kochgewohnheiten bezieht, wenn er beim Autofahren „einen
Zahn zulegt“. Wer die Ohren offenhält, wird erstaunt sein, wie
häufig beinahe jeder Redensarten verwendet. Der Streifzug durch
ihre Entstehungsgeschichte, zu dem dieses Buch einlädt, ist eine
unterhaltsame Lektüre und bietet oft überraschende Einsichten.
Oder wussten Sie schon, wie oft sie jeden Tag aus der Bibel zitieren?
Andere Redensarten sind regionale Besonderheiten – auch auf sie wird
eingegangen. Einige altertümliche Raritäten finden sich ebenfalls. Um
die „großen Fragen der Menschheitsgeschichte“ zu klären, liefert dieses
Lexikon eine Bedeutungserklärung zu jedem Eintrag – damit nicht mehr
diskutiert werden muss, ob „wie die Faust aufs Auge“ nun sehr gut oder
gar nicht Zusammen passendes beschreibt.
Ein vergnüglicher Blick auf die Vielfalt und zuweilen Absurdität unserer
nur scheinbar gewöhnlichen Alltagssprache – viel Spaß damit!
4
Inhalt
das A und O 80
Wer A sagt, muss auch B sagen 80
glatt wie ein Aal sein 80
sich winden wie ein Aal 80
ein altes Aas sein 81
mit etwas aasen 81
wie die Aasgeier über jemanden herfallen 81
Abbitte leisten 81
etwas abblasen 82
jemanden abblitzen lassen 82
Es ist noch nicht aller Tage Abend 82
jemandem eine Abfuhr erteilen 82
abgebrannt sein 83
abgebrüht sein 83
abgefeimt sein 83
es auf jemanden abgesehen haben 83
jemanden abhalftern 84
jemanden abkanzeln 84
jemandem etwas nicht abkaufen 84
ein billiger Abklatsch 84
jemandem etwas abknöpfen 84
etwas abkupfern 85
jemanden eiskalt abservieren 85
jemandem die Absolution erteilen 85
jemanden aufs Abstellgleis schieben 85
auf etwas abzielen 86
mit Ach und Krach 86
5
die Achillesferse sein 86
jemanden über die Achsel ansehen 86
jemanden in Acht und Bann tun 86
sich vom Acker machen 87
bei Adam und Eva anfangen 87
im Adamskostüm 87
eine künstlerische Ader haben 87
jemanden zur Ader lassen 88
bei jemandem an der falschen Adresse sein 88
wie ein Affe auf dem Schleifstein 88
ein Affentheater um etwas machen 88
einen Affenzahn draufhaben 89
etwas zu den Akten legen 89
Alarm schlagen 89
blinder Alarm 89
alt wie Methusalem sein 89
sich aufs Altenteil zurückziehen 90
Ja und Amen sagen 90
so sicher wie das Amen in der Kirche 90
ein Ammenmärchen 90
den Amtsschimmel reiten 91
mit jemandem anbändeln 91
jemanden anblöken 91
jemanden anfauchen 91
angefegt kommen 91
angefressen sein 92
etwas sitzt wie angegossen 92
die Welt aus den Angeln heben 92
wie angewurzelt stehen bleiben 92
6
jemandem sitzt die Angst im Nacken 92
ein Angsthase sein 93
jemandem nichts anhaben können 93
jemandem etwas anhängen 93
jemanden um etwas anhauen 94
auf Anhieb 94
jemandem etwas ankreiden 94
etwas anleiern 94
im Anmarsch sein 94
jemanden anschmachten 95
jemanden anschwärzen 95
eine Antenne für etwas haben 95
etwas anzetteln 95
sich den Schuh nicht anziehen 95
in den sauren Apfel beißen 96
die Früchte seiner Arbeit ernten 96
arbeiten wie ein Pferd 96
mit Argusaugen über etwas wachen 97
einen langen Arm haben 97
jemanden auf den Arm nehmen 97
die Beine unter den Arm nehmen 97
die Ärmel hochkrempeln 97
etwas aus dem Ärmel zaubern 98
ein Armleuchter 98
etwas ist ein Armutszeugnis für jemanden 98
am Arsch der Welt 98
ein Arsch mit Ohren 98
etwas geht jemandem am Arsch vorbei 99
jemand hat den Arsch offen 99
7
jemand kann einen am Arsch lecken 99
etwas auf der linken Arschbacke absitzen 99
die Arschkarte bekommen 100
aus der Art schlagen 100
Asche zu Asche, Staub zu Staub 100
sich Asche aufs Haupt streuen 101
am Ast sägen, auf dem man sitzt 101
auf dem absteigenden Ast sein 101
sich einen Ast lachen 101
schwer asten 102
nicht ganz astrein sein 102
einen langen Atem haben 102
eine Attacke gegen jemanden reiten 102
zu neuen Ufern aufbrechen 102
jemanden aufgabeln 103
aufgedonnert sein 103
kein Aufhebens machen 103
jemanden aufmöbeln 103
es mit jemandem aufnehmen (können) 104
aufschneiden 104
komentenhafter Aufstieg 104
sich auftakeln 104
im Aufwind sein 104
etwas wie seinen Augapfel hüten 105
auf dem rechten Auge blind sein 105
auf einem Auge blind sein 105
Auge um Auge, Zahn um Zahn 105
da bleibt kein Auge trocken 106
das Auge des Gesetzes 106
8
das Auge isst mit 106
ein Auge riskieren 106
ein Auge zudrücken 107
ins Auge gehen 107
ins Auge springen 107
mit einem blauen Auge davonkommen 107
sehenden Auges etwas tun 107
vor dem inneren Auge 108
die Augen schonen 108
jemandem fällt es wie Schuppen von den Augen 108
jemandem Sand in die Augen streuen 108
den Augiasstall ausmisten 108
etwas ausbaldowern 109
jemanden ausbooten 109
ein Ausbund an ... 109
jemanden auseinandernehmen 109
etwas ausfechten 110
ausgefuchst sein 110
etwas ist nicht ausgegoren 110
ausgepowert 110
etwas ausmerzen 111
etwas ausposaunen 111
jemanden ausquetschen 111
den Ausschlag geben 111
zum Auswachsen sein 112
außer sich sein 112
sich benehmen wie die Axt im Walde 112
ein wahres Babel (sein) 112
wie beim Turmbau zu Babel 113
9
ein Backfisch sein 113
jemandem eine Backpfeife geben 113
ein Bad in der Menge nehmen 113
zu heiß gebadet haben 114
baff sein 114
auf die schiefe Bahn geraten 114
aus der Bahn geworfen werden 114
einen großen Bahnhof machen 114
nur Bahnhof verstehen 115
den Balken im eigenen Auge nicht sehen, aber den Splitter im fremden 115
am Ball bleiben 115
den Ball flach halten 115
etwas ist Balsam für die Seele 116
vor etwas einen Bammel haben 116
mit harten Bandagen kämpfen 116
Bände sprechen 116
durch die Bank 117
leeren Bänken predigen 117
da steppt der Bär 117
wie ein Bär schlafen 117
jemandem einen Bären aufbinden 117
jemandem einen Bärendienst erweisen 118
auf der Bärenhaut liegen 118
auf die Barrikaden gehen 118
jemandem um den Bart gehen 118
solch einen Bart haben 119
wissen, wo der Barthel den Most holt 119
ein ganzer Batzen 119
aus dem hohlen Bauch 120
10
jemanden bauchpinseln 120
draufschlagen wie der Bauer auf den Wolf 120
ein Bäuerchen machen 120
auf Bauernfang gehen 121
ein Bauernopfer darbringen 121
bauernschlau sein 121
Bauklötze staunen 121
zwischen Baum und Borke stehen 122
in Bausch und Bogen 122
sich bedeckt halten 122
kein Bein auf die Erde kriegen 123
Hals- und Beinbruch! 123
etwas auf die Beine stellen 123
jemandem Beine machen 123
sich die Beine in den Bauch stehen 123
auf wackeligen Beinen stehen 124
jemanden nicht mit der Beißzange anfassen mögen 124
eine Benzinkutsche 124
der Berg kreißt und gebiert eine Maus 124
wie ein Ochse vor dem Berg stehen 125
Berge versetzen können 125
wie ein Berserker 125
sehr beschlagen sein 126
jemanden unter Beschuss nehmen 126
Ich fress einen Besen ... 126
wie bestellt und nicht abgeholt 126
ein Betbruder 126
jemanden an den Bettelstab bringen 127
nach dem Bettzipfel schielen 127
11
gut betucht sein 127
ein Beutelschneider 127
bis an die Zähne bewaffnet sein 127
Himmel und Hölle in Bewegung setzen 128
jemanden beweihräuchern 128
jemanden bezirzen 128
auf Biegen und Brechen 128
etwas wie saures Bier anbieten 129
auf eine Bierreise gehen 129
im Bilde sein 129
wie aus dem Bilderbuch 129
von der Bildfläche verschwinden 129
Ach du heiliger Bimbam! 130
einen hinter die Binde kippen 130
in die Binsen gehen 130
eine Binsenweisheit 130
jemandem bleibt der Bissen im Halse stecken 131
blank sein 131
das Blatt hat sich gewendet 131
ein unbeschriebenes Blatt 132
etwas steht auf einem anderen Blatt 132
blau sein 132
blauäugig sein 132
ins Blaue hinein 133
ein Blaustrumpf sein 133
Blech reden 133
blechen müssen 133
ein Blindgänger 134
wie der Blitz 134
12
rangehen wie Blücher an den Katzbach 134
etwas durch die Blume sagen 134
damit keinen Blumentopf gewinnen können 135
blaues Blut haben 135
Blut an den Händen haben 135
Blut lecken 135
Blut und Wasser schwitzen 136
die Musik im Blut haben 136
jemandem kocht das Blut in den Adern 136
seltsame Blüten treiben 136
den Bock zum Gärtner machen 137
einen Bock schießen 137
null Bock haben 137
die Schafe von den Böcken scheiden 137
sich ins Bockshorn jagen lassen 137
am Boden zerstört sein 138
an Boden gewinnen 138
auf dem Boden bleiben 138
auf fruchtbaren Boden fallen 138
etwas nicht aus dem Boden stampfen können 139
jemandem brennt der Boden unter den Füßen 139
jemandem den Boden unter den Füßen wegziehen 139
wie Pilze aus dem Boden schießen 139
ein Ritt über den Bodensee 140
den Bogen überspannen 140
für jemanden böhmische Dörfer sein 140
nicht die Bohne 140
Bohnen in den Ohren haben 141
ein Bollwerk sein 141
13
die Bombe platzen lassen 141
wie eine Bombe einschlagen 141
ein Bonzenheber 142
jemanden mit ins Boot holen 142
einen Boykott verhängen 142
einen Brandbrief schreiben 142
ein Bratkartoffelverhältnis 143
über jemanden den Stab brechen 143
brechend voll sein 143
in die Bredouille kommen 144
um den heißen Brei herumreden 144
eine Breitseite auf jemanden abfeuern 144
für jemanden eine Bresche schlagen 144
für jemanden in die Bresche springen 144
ans Schwarze Brett kommen 145
ein Brett vor dem Kopf haben 145
Bretter schneiden 145
die Bretter, die die Welt bedeuten 145
dünne Bretter bohren 146
nicht gern dicke Bretter bohren 146
das geht wie das Brezelbacken 146
ein blauer Brief 146
jemandem Brief und Siegel geben 147
durch die Brille boxen 147
mit allem Brimborium 147
ein harter Brocken 147
kleine Brötchen backen 148
den Brotkorb höher hängen 148
in die Brüche gehen 148
14
jemandem eine goldene Brücke bauen 148
alle Brücken hinter sich abbrechen 149
im Brustton der Überzeugung 149
ein Buch mit sieben Siegeln 149
wie ein offenes Buch sein 149
wie es im Buche steht 150
sich auf seine vier Buchstaben setzen 150
jemand kann einem den Buckel runterrutschen 150
viele Jahre auf dem Buckel haben 150
über die Bühne gehen 150
sein Bündel schnüren 151
jemandem zu bunt sein/werden 151
da werden abends die Bürgersteige hochgeklappt 151
auf den Busch klopfen 151
es ist etwas im Busch 151
mit etwas hinter dem Busch halten 151
Busenfreunde sein 152
Alles in Butter! 152
Butter auf dem Kopf haben 152
Butter bei die Fische geben 152
jemandem die Butter vom Brot nehmen 153
etwas für ein Butterbrot hergeben 153
auf die Butterseite fallen 153
zugehen wie in Buxtehude, wo die Hunde mit dem Schwanz bellen 153
den Gang nach Canossa antreten 154
kein Chorknabe sein 154
nicht alle auf dem Christbaum haben 154
seinen Claim abstecken 154
einen Clown zum Frühstück gegessen haben 155
15
Ein alter Mann ist doch kein D-Zug! 155
eine aufs Dach bekommen 155
etwas unter Dach und Fach bringen 155
etwas halten wie ein Dachdecker! 155
einen Dachschaden haben 156
ein Damaskuserlebnis haben 156
nicht auf dem Damm sein 156
jemandem dämmert es 157
ein Damoklesschwert über sich hängen haben 157
ein Danaergeschenk 157
einen grünen Daumen haben 157
einen kranken Daumen haben 158
jemandem den Daumen aufs Auge drücken 158
jemandem die Daumen drücken 158
Pi mal Daumen 158
über den Daumen gepeilt 159
jemandem die Daumenschrauben anlegen 159
jemandem fällt die Decke auf den Kopf 159
sich nach der Decke strecken 159
unter einer Decke stecken 159
jemandem eins auf den Deckel geben 160
unter dem Deckmantel des ... 160
etwas deichseln 160
über den Deister gehen 160
jemandem einen Denkzettel verpassen 160
keinen Deut besser sein als ... 161
keinen Deut wert sein 161
mit jemandem deutsch reden 161
nicht ganz dicht sein 162
16
mit jemandem durch dick und dünn gehen 162
sich mit etwas dicke machen 162
guter Dinge sein 162
jemanden dingfest machen 162
jemandem einen Dolchstoß versetzen 163
Donner und Doria! 163
einen Ruf wie Donnerhall haben 163
Zum Donnerwetter! 163
doppelt gemoppelt 164
ein alter Drachen 164
auf Draht sein 164
einen guten Draht zu jemandem haben 164
einen Drahtseilakt vollführen 164
Dreck am Stecken haben 165
den richtigen Dreh rauskriegen 165
Man kann es drehen und wenden, wie man will ... 165
das gibt Dresche 165
eine Drohkulisse aufbauen 166
ein Drückeberger 166
am Drücker sitzen 166
dumm wie Bohnenstroh 166
die Dummheit mit Löffeln gegessen haben 167
völlig im Dunkeln tappen 167
(wegen etwas) durchdrehen 167
durchfallen 167
etwas durchfechten 168
jemandem etwas durchgehen lassen 168
etwas durchsickern lassen 168
eine kalte Dusche 168
17
Dusel haben 168
kein Echo finden 169
um drei Ecken miteinander verwandt 169
ein getreuer Eckart sein 169
ein Eckpfeiler sein 169
etwas aus dem Effeff beherrschen 169
jemandem die Ehre abschneiden 170
etwas für einen Appel und ein Ei kaufen 170
etwas ist nicht das Gelbe vom Ei 170
etwas wie ein rohes Ei behandeln 171
wie aus dem Ei gepellt sein 171
sich um ungelegte Eier kümmern 171
wie auf Eiern gehen 171
noch die Eierschalen hinter den Ohren haben 171
einen Eiertanz aufführen 172
im Eimer sein 172
weder ein noch aus wissen 172
etwas einbimsen 172
jemandem etwas einbläuen 172
sich die Suppe selbst einbrocken 173
jemanden einbuchten 173
etwas hat sich eingebürgert 173
es geht ans Eingemachte 174
jemandem tüchtig einheizen 174
jemanden einnorden 174
etwas einpauken 174
wie eine Eins dastehen 174
jemanden einseifen 175
jemanden einwickeln 175
18
jemanden auf Eis legen 175
sich auf dünnes Eis begeben 175
ein heißes Eisen anfassen 176
zum alten Eisen gehören 176
Es ist höchste Eisenbahn! 176
jemand benimmt sich wie ein Elefant im Porzellanladen 176
in seinem Element sein 177
ein Häufchen Elend sein 177
im Elfenbeinturm sitzen 177
die Ellbogen gebrauchen 177
eine Ellbogengesellschaft 178
wie eine Elster stehlen 178
nicht von schlechten Eltern sein 178
bis ans Ende der Zeiten 178
Lieber ein Ende mit Schrecken ... 178
mit seinem Latein am Ende sein 179
die Engel im Himmel singen hören 179
ein gefallener Engel sein 179
wie mit Engelszungen reden 180
nicht die feine englische Art sein 180
sich wegen etwas entrüsten 180
ein Erbsenzähler 180
jemandem hat es die Ernte verhagelt 181
eine Eroberung machen 181
auf etwas erpicht sein 181
völlig erschossen sein 181
Erster von hinten sein 182
etwas ist erstunken und erlogen 182
den Sack schlagen, aber den Esel meinen 182
19
eine Eselsbrücke bauen 182
wie Espenlaub zittern 183
Essig sein mit etwas 183
ein Etikettenschwindel 183
Eulen nach Athen tragen 183
eine halbe Ewigkeit 183
eine Extrawurst gebraten haben wollen 184
nicht lange fackeln 184
alle Fäden in der Hand haben 184
am seidenen Faden hängen 184
den Faden verlieren 184
der rote Faden 185
die Fäden ziehen 185
immer den gleichen Faden spinnen 185
keinen trockenen Faden am Leib haben 186
jemanden im Fadenkreuz haben 186
die Fahne hochhalten 186
die Fahne nach dem Wind drehen 186
sich etwas auf die Fahnen schreiben 186
die Fahnen strecken 187
mit wehenden Fahnen zu jemandem überlaufen 187
fahnenflüchtig werden 187
einen fahren lassen 187
in gefährliches Fahrwasser geraten 188
einen Fallstrick legen 188
Fanfare blasen 188
Farbe bekennen 188
das Fass zum Überlaufen bringen 188
dem Fass den Boden ausschlagen 189
20
ein Fass aufmachen 189
ein Fass ohne Boden 189
die Faust im Sack ballen 189
wie die Faust aufs Auge passen 190
sich ins Fäustchen lachen 190
die Faxen dicke haben 190
fechten gehen 190
eine spitze Feder führen 191
ein Federfuchser 191
ohne viel Federlesens 191
Federn lassen 191
sich in die Federn legen 191
sich mit fremden Federn schmücken 192
jemandem den Fehdehandschuh hinwerfen 192
Fehlanzeige sein 192
das Feld behaupten 192
das Feld beherrschen 193
ein weites Feld 193
etwas ins Feld führen 193
jemandem das Feld streitig machen 193
jemandem das Feld überlassen 193
jemanden aus dem Feld schlagen 193
gegen jemanden zu Felde ziehen 194
das Fell versaufen 194
das Fell verteilen, bevor der Bär erlegt ist 194
ein dickes Fell haben 194
jemandem das Fell gerben 195
jemandem das Fell über die Ohren ziehen 195
jemandem das Fell versohlen 195
21
seine Felle davonschwimmen sehen 195
wie ein Fels in der Brandung 196
sich zu weit aus dem Fenster lehnen 196
weg vom Fenster sein 196
Warum in die Ferne schweifen? 196
sich an jemandes Fersen heften 197
jemandem die Fersen zeigen 197
Fersengeld geben 197
fix und fertig sein 197
jemanden auf etwas festnageln 197
sein Fett abbekommen 198
ins Fettnäpfchen treten 198
sich fetzen 198
für jemanden die Kastanien aus dem Feuer holen 198
für jemanden durchs Feuer gehen 199
mehrere Eisen im Feuer haben 199
mit dem Feuer spielen 199
mit Feuer und Schwert 199
wie Feuer und Wasser sein 200
zwischen zwei Feuer geraten 200
eine Feuerprobe bestehen 200
die Feuertaufe bestehen 201
im falschen Film sein 201
jemand hatte einen Filmriss 201
einen Fimmel haben 201
die Finger drin haben 202
die Finger nach etwas lecken 202
durch die Finger sehen 202
jemanden um den kleinen Finger wickeln 202
22
keinen Finger krumm machen 202
sich die Finger verbrennen 203
sich etwas an den Fingern abzählen können 203
sich etwas aus den Fingern saugen 203
mit Fingerspitzengefühl 204
ein kleiner Fisch 204
sich fühlen wie ein Fisch auf dem Trockenen 204
sich fühlen wie ein Fisch im Wasser 204
die Fische füttern 204
in trüben Gewässern fischen 204
Fisimatenten machen 205
jemanden unter seine Fittiche nehmen 206
die weiße Flagge hissen 206
Flagge zeigen 206
unter fremder Flagge segeln 206
etwas auf kleiner Flamme kochen 207
eine lahme Flasche 207
einen Flattermann haben 207
Flausen im Kopf haben 207
ein weißer Fleck auf der Landkarte 208
ein Mensch aus Fleisch und Blut 208
in Fleisch und Blut übergehen 208
ein Gemüt wie ein Fleischerhund haben 208
Flickschusterei sein 208
die Fliege machen 208
keiner Fliege etwas zuleide tun können 209
die Flinte ins Korn werfen 209
Flitterwochen machen 209
gespannt sein wie ein Flitzebogen 209
23
jemandem einen Floh ins Ohr setzen 210
die Flöhe husten hören 210
flöten gehen 210
jemandem (die) Flötentöne beibringen 210
die Flügel über jemandem ausbreiten 211
jemandem die Flügel stutzen 211
platt wie eine Flunder sein 211
allein auf weiter Flur stehen 211
aus der Form gehen 212
fix und foxi sein 212
jemanden aus dem Frack hauen 212
Fracksausen kriegen 212
mit jemandem Fraktur reden 212
sich Fransen an den Mund reden 213
frech wie Oskar 213
frank und frei 213
auf Freiersfüßen wandeln 213
ein gefundenes Fressen sein 214
jemanden zum Fressen gern haben 214
sich freuen wie ein Schneekönig 214
sich wie ein Schnitzel freuen 214
sich wie ein Stint freuen 214
Mein lieber Freund und Kupferstecher! 215
von Freund Hain abgeholt werden 215
die Friedenspfeife mit jemandem rauchen 215
frieren wie ein Schneider 216
Stein und Bein frieren 216
etwas frisieren 216
gegen etwas Front machen 216
24
an mehreren Fronten gleichzeitig kämpfen 216
die Fronten wechseln 217
klare Fronten schaffen 217
zwischen die Fronten geraten 217
einen Frosch im Hals haben 217
wie ein Frosch auf der Gießkanne dasitzen 218
ein freches Früchtchen 218
dem Fuchs den Hühnerstall anvertrauen 218
ein schlauer Fuchs sein 218
wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen 219
etwas fuchst einen 219
fuchsteufelswild werden 219
jemanden unter die Fuchtel nehmen 219
unter jemandes Fuchtel stehen 220
ein falscher Fuffziger 220
mit Fug und Recht sagen können 220
die Fühler ausstrecken 220
in Hülle und Fülle 221
es ist fünf vor zwölf 221
nicht bis fünf zählen können 221
fünfe gerade sein lassen 221
für einen Kuss und ein Fünferle tun 221
..., dass die Funken sprühen 222
Furore machen 222
aus einem Furz einen Donnerschlag machen 222
wie ein Furz im Wind 222
futsch sein 222
auf großem Fuß leben 223
jemanden auf dem falschen Fuß erwischen 223
25
jemanden auf freien Fuß setzen 223
Fußangeln auslegen 223
immer wieder auf die Füße fallen 224
jemandem die Füße küssen 224
kalte Füße bekommen 224
auf eigenen Füßen stehen 224
auf tönernen Füßen stehen 225
etwas stehenden Fußes tun 225
zum Fußvolk gehören 225
eine Gabe Gottes 226
vom Galgen aufs Rad kommen 226
eine Galgenfrist bekommen 226
eine Galgenfrist gewähren 226
Galgenhumor haben 226
ein Galgenvogel 227
Gift und Galle speien 227
jemandem kommt die Galle hoch 227
etwas im Galopp erledigen 227
Gamaschen vor etwas haben 227
jemanden am Gängelband führen 228
eine Gänsehaut bekommen 228
im Gänsemarsch laufen 228
Gänsewein trinken 228
einer Sache den Garaus machen 229
von der alten Garde sein 229
Gardemaße haben 229
jemandem eine Gardinenpredigt halten 229
jemandem ins Garn gehen 230
ein Gassenhauer 230
26
Gassi gehen 230
etwas nicht gebacken kriegen 230
jemand muss erst noch gebacken werden 231
es knistert im Gebälk 231
ein furchtbares Gedöns machen 231
jemandem reißt der Geduldsfaden 231
mit einem Fuß im Gefängnis stehen 231
zum letzten Gefecht antreten 232
im Eifer des Gefechts 232
jemanden gefressen haben 232
der Käse ist gegessen 232
geharnischt 232
jemandem ins Gehege kommen 233
Geheimratsecken haben 233
Weiß der Geier! 233
die erste Geige spielen 233
nach jemandes Geige tanzen (müssen) 233
den Geist aufgeben 234
ein homerisches Gelächter 234
gelackmeiert sein 234
geladen sein 234
am Geld kleben 234
das Geld durch die Gurgel jagen 235
das Geld unter die Leute bringen 235
das Geld zum Fenster hinausschmeißen 235
Geld wie Heu haben 235
die Gelegenheit beim Schopfe packen 236
etwas in vollen Zügen genießen 236
ein Genosse 236
27
etwas für sich gepachtet haben 236
sich wie gerädert fühlen 236
gerüstet sein 237
das falsche Gesangbuch haben 237
gezäumt und gesattelt dastehen 237
krumme Geschäfte machen 237
geschniegelt und gestriegelt 238
sich geschnitten haben 238
schweres Geschütz auffahren 238
das Gesicht verlieren 238
ein Gesicht ziehen wie sieben Tage Regenwetter 239
jemandem wie aus dem Gesicht geschnitten sein 239
sein wahres Gesicht zeigen 239
ein gutes Gespann 239
gestiefelt und gespornt dastehen 239
etwas ist gehupft wie gesprungen 240
ein Gesundheitsapostel 240
sich gesundstoßen 240
mit Spreewasser getauft sein 240
jemand gehört geteert und gefedert 240
Gewehr bei Fuß stehen 241
ins Gewicht fallen 241
gewitzt sein 241
jemandem gewogen sein 241
bei jemandem hat es gezündet 241
Darauf kannst du Gift nehmen! 242
jemanden mit Glacéhandschuhen anfassen 242
mit Glanz und Gloria 242
zu tief ins Glas schauen 242
28
sich aufs Glatteis begeben 243
etwas an die große Glocke hängen 243
ein Hans im Glück 243
sein Glück machen 243
seines Glückes Schmied sein 244
Gnade vor Recht ergehen lassen 244
den Gnadenstoß geben 244
Gold in der Kehle haben 244
jemanden nicht mit Gold aufwiegen können 245
jemandem goldene Berge versprechen 245
ein Goldesel 245
jedes Wort auf die Goldwaage legen 245
jemandem das Schwarze unter den Nägeln nicht gönnen 245
Gott sei’s getrommelt und gepfiffen! 246
leben wie Gott in Frankreich 246
sich sein eigenes Grab schaufeln 246
etwas zu Grabe tragen 246
jemand würde sich im Grabe umdrehen 247
mit einem Bein im Grabe stehen 247
das Gras wachsen hören 247
ins Gras beißen 247
alles grau in grau malen 248
nur graue Theorie 248
die Gretchenfrage stellen 248
einen glücklichen Griff tun 248
die Grillen vertreiben 248
bei jemandem ist der Groschen gefallen 249
der Groschen fällt pfennigweise 249
in die Grube fahren 249
29
das Gleiche in Grün 249
grün vor Neid werden 250
jemandem nicht grün sein 250
noch sehr grün sein 250
jemandem geht der Arsch auf Grundeis 250
der Grundstein für etwas sein 251
Ach du grüne Neune! 251
Komm an meine grüne Seite! 251
alles liegt im grünen Bereich 251
ein Grünschnabel 252
Grütze im Kopf haben 252
eine gscherte Person 252
ein Gummiparagraf 252
Saure-Gurken-Zeit 252
den Gürtel enger schnallen 253
wie aus einem Guss 253
etwas ist jenseits von Gut und Böse 253
an einem Haar hängen 254
das Haar in der Suppe finden 254
kein gutes Haar an jemandem lassen 254
niemandem ein Haar krümmen 254
Haare auf den Zähnen haben 254
Haare lassen müssen 255
jemandem stehen die Haare zu Berge 255
jemandem wächst der Kopf durch die Haare 255
sich die Haare raufen 255
sich in die Haare kriegen 256
sich keine grauen Haare wachsen lassen 256
etwas an den Haaren herbeiziehen 256
30
sich in den Haaren liegen 256
um Haaresbreite 257
haargenau dasselbe 257
haarige Angelegenheit 257
etwas haarklein erzählen 257
Haarspaltereien betreiben 257
bis in die Haarspitzen 258
von Hacke bis Nacke 258
die Hacken zusammenschlagen 258
in den Hafen der Ehe einlaufen 258
jemanden sticht der Hafer 258
ein rechter Hagestolz 259
der Hahn im Korb sein 259
es kräht kein Hahn mehr danach 259
jemandem den roten Hahn aufs Dach setzen 259
Nun mach mal halblang! 260
den Hals aus der Schlinge ziehen 260
einen dicken Hals kriegen 260
etwas hängt einem zum Hals heraus 260
etwas in den falschen Hals kriegen 261
Hals über Kopf 261
sich jemandem an den Hals schmeißen 261
sich um den Hals reden 261
jemandem die Hammelbeine lang ziehen 261
das Heft in der Hand haben 262
die Hand auf der Tasche halten 262
die Hand im Spiel haben 262
die Hand über jemanden halten 262
eine hohle Hand machen 262
31
etwas gegen jemanden in der Hand haben 263
etwas geht Hand in Hand 263
für jemanden die Hand ins Feuer legen 263
Hand aufs Herz! 263
Hand und Fuß haben 264
Hand von der Butter lassen 264
in die Hand beißen, die einen füttert 264
jemandem aus der Hand fressen 264
jemanden in der Hand haben 265
sich für jemanden die Hand abschlagen lassen 265
von langer Hand geplant 265
ordentlich in die Hände spucken 265
das Handtuch werfen 266
etwas im Handumdrehen machen 266
jemandem das Handwerk legen 266
etwas ist hanebüchen 266
es ist Hängen im Schacht 267
etwas mit Hängen und Würgen schaffen 267
ein Hans-guck-in-die-Luft 267
Hansdampf in allen Gassen 267
jemanden hänseln 268
ein Hanswurst 268
niemandem ein Härchen krümmen können 268
jemandem zeigen, was eine Harke ist 268
jemanden in Harnisch bringen 269
es kommt hart auf hart 269
hart im Nehmen sein 269
hartnäckig 269
da liegt der Hase im Pfeffer 270
32
ein alter Hase 270
wissen, wie der Hase läuft 270
ein Hasenfuß sein 270
das Hasenpanier ergreifen 270
nicht ganz hasenrein sein 270
unter die Haube kommen 271
ein Hauen und Stechen 271
feurige Kohlen auf jemandes Haupt sammeln 271
völlig aus dem Häuschen sein 272
auf der faulen Haut liegen 272
aus der Haut fahren 272
eine ehrliche Haut sein 272
in jemandes Haut schlüpfen 272
mit Haut und Haaren 273
seine Haut teuer verkaufen 273
sich seiner Haut zu wehren wissen 273
am längeren Hebel sitzen 273
der Hecht im Karpfenteich sein 273
ein toller Hecht 274
ziehen wie Hechtsuppe 274
So ein Heckmeck! 274
aufgehen wie ein Hefekuchen 274
jemandem das Heft aus der Hand nehmen 275
eine Heidenangst haben 275
ein Heidengeld kosten 275
etwas hoch und heilig versprechen 275
ein komischer Heiliger 275
ein Heimchen am Herd 276
etwas auf Heller und Pfennig zurückzahlen 276
33
keinen roten Heller wert sein 276
jemandem ist das Hemd näher als der Rock 277
wie bei Hempels unterm Sofa 277
bei jemandem hereinschneien 277
Wie der Herr, so`s Gscherr 277
zwei Herren dienen 277
Ach herrje! 278
auf jemandem herumhacken 278
um jemanden herumscharwenzeln 278
auf jemanden heruntersehen 279
aus seinem Herzen keine Mördergrube machen 279
ein Herz aus Gold haben 279
ein Herz und eine Seele (sein) 279
ein Herz wie Butter haben 280
jemandem sein Herz zu Füßen legen 280
jemandem wird es ganz warm ums Herz 280
mit Herz und Hand 280
sein Herz auf der Zunge tragen 281
heulen wie ein Schlosshund 281
kein heuriger Hase mehr sein 281
einfallen wie ein Heuschreckenschwarm 281
Ach du lieber Himmel! 282
das Blaue vom Himmel herunterlügen 282
im siebten Himmel schweben 282
zum Himmel schreien 282
ein Himmelfahrtskommando 283
Himmelkruzitürken noch mal! 283
vor sich hindümpeln 283
etwas in sich hineinfressen 283
34
sich auf die Hinterbeine stellen 284
etwas in der Hinterhand haben 284
ins Hintertreffen geraten 284
eine Hintertür offen lassen 284
Hinz und Kunz 285
eine Hiobsbotschaft erhalten 285
sich das Hirn zermartern 285
ein Hitzkopf sein 285
hoch im Kurs stehen 286
jemandem etwas hoch anrechnen 286
etwas hochgehen lassen 286
Hochwasser haben 286
jemanden vom Hocker reißen 286
jemandem den Hof machen 287
sich in die Höhle des Löwen wagen 287
nur etwas für den hohlen Zahn sein 287
Hokuspokus machen 287
da ist Holland in Not 288
jemandem die Hölle heiß machen 288
dreimal auf Holz klopfen 289
Holz auf sich hacken lassen 289
Holz in den Wald tragen 289
Holz sägen 289
nicht aus Holz sein 289
viel Holz vor der Hütte haben 290
Wenn das am grünen Holz geschieht ... 290
vom Hölzchen aufs Stöckchen geraten 290
etwas mit dem Holzhammer tun 290
auf dem Holzweg sein 290
35
jemandem Honig um den Bart schmieren 291
strahlen wie ein Honigkuchenpferd 291
da ist Hopfen und Malz verloren 291
ein Silberstreifen am Horizont 291
einen engen Horizont haben 292
seinen Horizont erweitern 292
etwas ist wie einem Ochsen ins Horn gepetzt 292
kräftig ins Horn stoßen 292
jemandem Hörner aufsetzen 292
jemanden auf seine Hörner nehmen 293
sich die Hörner abstoßen 293
die Hosen anhaben 293
die Hosen voll haben 294
jemandem flattern die Hosen 294
wie bei den Hottentotten 294
mal hü, mal hott sagen 294
die Hucke voll kriegen 295
jemandem die Hucke voll lügen 295
in die Hufe kommen 295
mit den Hufen scharren 295
das Huhn, das goldene Eier legt, schlachten 295
Da lachen ja die Hühner! 296
mit den Hühnern aufstehen 296
ein Hühnerhaufen 296
mit den Hühnern ins Bett gehen 296
oben hui, unten pfui 296
Hummeln im Hintern haben 297
auf den Hund kommen 297
da liegt der Knüppel beim Hund 297
36
Da wird der Hund in der Pfanne verrückt! 298
dort liegt der Hund begraben 298
ein scharfer Hund 298
wie Hund und Katze sein 298
es regnet junge Hunde 299
Hunde, die bellen, beißen nicht 299
schlafende Hunde wecken 299
vor die Hunde gehen 299
wenn die Hunde mit dem Schwanz bellen 300
ein Hundeleben 300
hundemüde sein 300
mit allen Hunden gehetzt sein 300
vom Hundertsten ins Tausendste kommen 300
Hunger ist der beste Koch 301
am Hungertuch nagen 301
hungrig wie ein Bär sein 301
ein Husarenritt 302
alles unter einen Hut bekommen 302
auf der Hut sein 302
Das kannst du dir an den Hut stecken! 302
ein alter Hut 303
etwas aus dem Hut zaubern 303
vor jemandem den Hut ziehen 303
über die Hutkrempe gehen 303
es geht einem etwas über die Hutschnur 303
Raum ist in der kleinsten Hütte 304
einen Igel in der Tasche haben 304
zu viel intus haben 304
jwd 304
37
Jacke wie Hose 304
seit Jahr und Tag 305
die fünfte Jahreszeit 305
zu einem weißen Jahrgang gehören 305
ein Jammerlappen 305
über den Jordan gehen 306
eine Josephsehe 306
nicht um ein Jota 306
alle Jubeljahre 306
ein schwerer Junge 307
ein eingefleischter Junggeselle 307
ein Jungspund sein 307
aus Jux und Dollerei 307
ein Kadavergehorsam 308
jemanden vor den Kadi zerren 308
kalter Kaffee sein 308
in einem goldenen Käfig sitzen 308
ein Kainsmal tragen 308
wo selbst der Kaiser zu Fuß hingeht 309
jemanden durch den Kakao ziehen 309
in Kalamitäten kommen 309
von besonderem Kaliber sein 309
jemanden kaltmachen 310
eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ... 310
olle Kamellen 310
alles über einen Kamm scheren 311
jemandem schwillt der Kamm 311
einen Krieg bis aufs Messer führen 311
mit offenem Visier kämpfen 311
38
jemanden an die Kandare nehmen 311
wie ein Kaninchen vor der Schlange stehen 312
eine große Kanone sein 312
unter aller Kanone 312
Kanonenfutter sein 312
etwas auf die hohe Kante legen 313
ein Kantersieg 313
ein unsicherer Kantonist 313
ein Kapitel für sich sein 314
etwas auf die eigene Kappe nehmen 314
mit Karacho 314
im Karree springen 314
jemandem an den Karren fahren 314
jemanden vor seinen Karren spannen 314
die letzte Karte ausspielen 315
die Karten auf den Tisch legen 315
die Karten neu mischen 315
mit offenen Karten spielen 315
sich nicht in die Karten schauen lassen 315
jemanden wie eine heiße Kartoffel fallen lassen 316
Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln! 316
mit jemandem Karussell fahren 316
ein Kassandraruf 316
ab nach Kassel 317
etwas auf dem Kasten haben 317
einen Kater haben 317
die schnelle Katharina haben 317
jemandem Kattun geben 317
etwas ist für die Katz 318
39
mit jemandem Katz und Maus spielen 318
vor jemandem katzbuckeln 318
der Katze die Schelle umhängen 318
die Katze im Sack kaufen 318
wie die Katze um den heißen Brei schleichen 319
nur Katzengold sein 319
ein Katzensprung 319
am Katzentisch sitzen 320
eine Katzenwäsche machen 320
ein komischer Kauz 320
ein Kaventsmann 320
die Kehle ölen 321
etwas im Keim ersticken 321
einen weichen Keks haben 321
der Kelch ist an jemandem vorbeigegangen 321
in die gleiche Kerbe schlagen 322
etwas auf dem Kerbholz haben 322
ein Kerl wie ein Baum 322
des Pudels Kern 322
jemand hat einen weichen Kern in einer rauen/harten Schale 323
wie eine Kerze sein, die an beiden Enden brennt 323
jemanden an die Kette legen 323
mit den Ketten rasseln 323
jemanden auf dem Kieker haben 324
etwas auf Kiel legen 324
in jemandes Kielwasser fahren 324
... wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist 324
das Kind mit dem Bade ausschütten 324
das Kind schon schaukeln 325
40
mit Kind und Kegel 325
sich bei jemandem lieb Kind machen 325
zu etwas kommen wie die Jungfrau zum Kind 325
seine gute Kinderstube vergessen 325
jemandem klappt die Kinnlade herunter 326
die Kirche im Dorf lassen 326
die Kirche ums Dorf tragen 326
jemanden kirre machen 326
mit jemandem ist nicht gut Kirschen essen 327
Klarschiff machen 327
Klartext mit jemandem reden 327
klebrige Finger haben 327
nicht kleckern, sondern klotzen 328
klein beigeben müssen 328
aus etwas Kleinholz machen 328
in der Klemme stecken/sitzen 328
wie eine Klette an jemandem hängen 328
jemanden über die Klinge springen lassen 329
mit jemandem die Klingen kreuzen 329
sich die Klinke in die Hand geben 329
klipp und klar 329
ein ungehobelter Klotz 329
sich einen Klotz ans Bein binden 330
etwas ist klar wie Kloßbrühe 330
einen Knall haben 330
Knall auf Fall 330
etwas über das Knie brechen 330
jemanden in die Knie zwingen 331
weiche Knie haben 331
41
ein Knöllchen bekommen 331
den Gordischen Knoten durchhauen 331
sich einen Knoten ins Taschentuch machen 332
jemandem Knüppel zwischen die Beine werfen 332
wie ein Knüppel am Bein 332
knüppeldick 332
etwas macht den Kohl auch nicht fett 332
Kohldampf schieben 333
(wie) auf glühenden Kohlen sitzen 333
jemandem die Kohlen aus dem Feuer holen 333
Das ist doch Kokolores! 334
einen Koller haben 334
das Ei des Kolumbus 334
den Kopf in den Sand stecken 335
den Kopf voll haben 335
der Erfolg ist jemandem zu Kopf gestiegen 335
die Hände über dem Kopf zusammenschlagen 335
einen eigenen Kopf haben 336
jemandem den Kopf waschen 336
jemandem steht nicht der Kopf nach etwas 336
Kopf und Kragen riskieren 336
mit dem Kopf durch die Wand gehen/wollen 337
nicht wissen, wo einem der Kopf steht 337
sein Geld auf den Kopf hauen 337
sich den Kopf zerbrechen 337
sich etwas aus dem Kopf schlagen 337
sich um Kopf und Kragen reden 338
ein helles Köpfchen 338
es rollen Köpfe 338
42
eine Kopfnuss 338
einen Korb bekommen 338
ein Korinthenkacker 339
jemanden aufs Korn nehmen 339
auf seine Kosten kommen 339
Man hat schon Pferde kotzen sehen! 340
es platzt einem der Kragen 340
jemanden Kopf und Kragen kosten 340
jemandes Kragenweite sein 340
nicht in den Kram passen 340
ins Kraut schießen 341
wie Kraut und Rüben 341
ein alter Krauter 341
ein kleiner Krauter 341
bei jemandem in der Kreide stehen 341
Kreide fressen 342
mit schwarzer Kreide in den Schornstein schreiben 342
Krethi und Plethi 342
(vor jemandem) zu Kreuze kriechen 342
die Kirche ums Kreuz tragen 343
ein breites Kreuz haben 343
jemanden aufs Kreuz legen 343
sein Kreuz auf sich nehmen 343
ins Kreuzfeuer geraten 344
jemand kann einen mal kreuzweise 344
das Kriegsbeil begraben 344
in voller Kriegsbemalung 344
mit einer Sache auf Kriegsfuß stehen 345
Krimskrams 345
43
an der Krippe sitzen 345
Krokodilstränen vergießen 345
reich wie Krösus sein 345
Wer eine Kröte fressen will, muss sie nicht lange besehen 346
krumme Sachen machen 346
die Krux sein 346
es gießt wie aus Kübeln 347
in Teufels Küche kommen 347
dort ist Schmalhans Küchenmeister 347
Das mag der Kuckuck wissen! 347
Hol`s der Kuckuck! 347
ein Kuckuckskind 348
die Kuh vom Eis holen 348
eine blöde Kuh 348
eine heilige Kuh schlachten 348
einen Kuhhandel machen 349
ein Kurpfuscher 349
einen Kurschatten haben 349
den Kürzeren ziehen 349
ein langer Laban sein 350
sardonisches Lachen 350
sich zu Tode lachen 350
der Lack ist ab 351
Fertig ist der Lack! 351
der Lackierte sein 351
etwas auf Lager haben 351
ein blutiger Laie 352
viel Lametta auf der Brust haben 352
lammfromm sein 352
44
das Land, wo die Zitronen blühn 352
es ist Land in Sicht 352
etwas an Land ziehen 353
eine Landpomeranze sein 353
jemanden zu Tode langweilen 353
für jemanden eine Lanze brechen 353
mit jemandem eine Lanze brechen 354
durch die Lappen gehen 354
jemandem etwas zur Last legen 354
ein Latrinengerücht 355
jemandem etwas vor den Latz knallen 355
Fertig ist die Laube! 355
auf der Lauer liegen 355
sich wie ein Lauffeuer verbreiten 356
jemandem den Laufpass geben 356
sich eine Laus in den Pelz setzen 356
Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen? 356
ein Lausbub 356
etwas läuten hören 357
sein Leben in die Schanze schlagen 357
es von den Lebendigen nehmen 357
jemandem den Lebensfaden abschneiden 357
eine spartanische Lebensweise 358
frei von der Leber weg sprechen 358
die beleidigte Leberwurst spielen 358
jemandem ans Leder wollen 358
vom Leder ziehen 359
es herrscht gähnende Leere 359
Lehrgeld zahlen müssen 359
45
jemandem zu Leibe rücken 360
Leichen im Keller haben 360
die alte Leier 360
aus dem Leim gehen 360
jemandem auf den Leim gehen 360
sich leimen lassen 361
jemanden an der kurzen Leine führen 361
Leine ziehen 361
alles über einen Leisten schlagen 361
sich einen schönen Lenz machen 361
jemandem die Leviten lesen 362
grünes Licht haben/kriegen 362
jemandem das Licht ausknipsen 362
jemandem geht ein Licht auf 362
jemandem Licht ans Fahrrad machen 363
jemanden hinters Licht führen 363
Licht am Horizont sehen 363
sein Licht unter den Scheffel stellen 363
Das ist verlorene Liebesmüh 363
jemanden linken 364
etwas mit links machen 364
jemanden links liegen lassen 364
eine dicke Lippe riskieren 364
ein Lippenbekenntnis 364
ein Loblied auf jemanden singen 365
aus dem letzten Loch pfeifen 365
ein Loch in die Kasse reißen 365
in ein schwarzes Loch fallen 365
jemandem zeigen, wo der Zimmermann das Loch gelassen hat 365
46
jemanden ein Loch in den Bauch fragen 366
jemanden ins Loch stecken 366
sich ein Loch in den Bauch ärgern 366
jemanden löchern 366
nicht lockerlassen 366
den Löffel abgeben 367
die Löffel aufsperren 367
jemanden über den Löffel balbieren 367
mit einem goldenen Löffel geboren worden sein 367
silberne Löffel stehlen 368
in Lohn und Brot stehen 368
ein Lokalmatador 368
sich auf seinen Lorbeeren ausruhen 368
im Lot sein 368
den Löwenanteil bekommen 369
Augen wie ein Luchs haben 369
ein Luder sein 369
dicke Luft herrschen 369
Die Luft ist rein! 370
Die Luft wird dünn 370
Es brennt die Luft 370
gesiebte Luft atmen 370
jemanden an die Luft setzen 370
Luftschlösser bauen 371
Lug und Trug 371
lügen, dass sich die Balken biegen 371
wie gedruckt lügen 371
ein langer Lulatsch sein 372
sich nicht lumpen lassen 372
47
sich die Lunge aus dem Hals husten 372
die Lunte ans Pulverfass legen 372
die Lunte riechen 372
ein leichtes Mädchen 373
wie die Made im Speck leben 373
Wer zuerst kommt, mahlt zuerst! 373
jemanden in die Mangel nehmen 373
sich fühlen, wie durch die Mangel gedreht 373
Ein Mann, ein Wort! 374
mit Mann und Maus 374
vor etwas Manschetten haben 374
etwas mit dem Mantel der Nächstenliebe zudecken 374
etwas ein Mäntelchen umhängen 374
jemandem das Mark aus den Knochen saugen 375
jemandem den Marsch blasen 375
den Marschallstab im Tornister tragen 375
die Masche raushaben 375
reden wie ein Maschinengewehr 376
die Maske fallen lassen 376
jemandem die Maske vom Gesicht reißen 376
Massel haben 376
an der Matratze horchen 377
Matratzenhorchdienst haben 377
jemanden mattsetzen 377
jemanden auf die Matte legen 377
mit jemandem ist Matthäi am Letzten 377
Mätzchen machen 378
ein Mauerblümchen sein 378
ein ungewaschenes Maul haben 378
48
jemandem ums Maul gehen 378
sich das Maul verbrennen 379
sich das Maul zerreißen über jemanden 379
ein Maulheld 379
jemandem einen Maulkorb verpassen/anlegen 379
Da beißt die Maus keinen Faden ab! 380
eine graue Maus 380
die Mäuse husten hören 380
weiße Mäuse sehen 380
am liebsten in ein Mauseloch kriechen 380
sich mausern 380
sich mausig machen 381
das Maß voll machen 381
mit zweierlei Maß messen 381
einen Mecklenburger zu Hilfe rufen 381
die Kehrseite der Medaille 382
am Meer wohnen und Wasser suchen 382
auf dem Meer nach Wasser gucken 382
das Meer ausschöpfen wollen 382
ein Meer von ... 382
kein Mehl im Mund behalten 383
pfeifen wollen und dabei das Mehl im Mund behalten 383
eine Meise haben 383
in jemandem seinen Meister finden 383
die Melkkuh von jemandem sein 383
eine Memme sein 384
in rauen Mengen 384
ein quecksilbriger Mensch 384
Mensch Meier! 384
49
wie der erste Mensch 384
wie der letzte Mensch 385
meschugge sein 385
auf Messers Schneide stehen 385
ein Messer ohne Klinge, an dem der Stiel fehlt 385
es geht einem das Messer in der Tasche auf 385
ins offene Messer laufen 386
jemandem das Messer auf die Brust setzen 386
jemandem das Messer in der Wunde umdrehen 386
jemandem sitzt das Messer an der Kehle 386
jemanden ans Messer liefern 386
messerscharf schließen 387
einen Metzgersgang machen 387
gute Miene zum bösen Spiel machen 387
ohne eine Miene zu verziehen 387
schon die halbe Miete sein 388
das Land, wo Milch und Honig fließen 388
die Milch der frommen Denkart 388
ein Milchgesicht 388
eine Milchmädchenrechnung 389
eine grüne Minna 389
jemanden zur Minna machen 389
auf jemandes Mist gewachsen sein 389
Mist bauen 390
mitgegangen – mitgehangen 390
etwas mitgehen lassen 390
ab durch die Mitte 390
die goldene Mitte 391
einen Mohren weiß waschen wollen 391
50
ein Mollenfriedhof 391
bei jemandem geht der Mond auf 391
den Mond anbellen 392
hinter dem Mond leben 392
in den Mond gucken 392
jemanden auf den Mond schießen wollen 392
blauen Montag machen 392
Montezumas Rache 393
Moos haben 393
wie der Mops im Paletot 393
etwas mopsen 393
morgen läuft eine andere Sau durchs Dorf 394
Morgenluft wittern 394
in Morpheus` Armen ruhen 394
Motten im Kopf haben 394
aus einer Mücke einen Elefanten machen 395
mucksmäuschenstill sein 395
jemandem geht die Muffe 395
Muffensausen haben 395
Lieschen Müller 396
jemandem wird es mulmig 396
keinen Mumm in den Knochen haben 396
ein Mummelgreis 396
etwas ist Mumpitz 396
jemandem den Mund wässrig machen 397
kein Blatt vor den Mund nehmen 397
sich den Mund fusselig reden 397
von Mund zu Mund gehen 397
jemanden mundtot machen 397
51
etwas für bare Münze nehmen 398
etwas mit gleicher Münze heimzahlen 398
von der Muse geküsst 398
etwas mit der Muttermilch aufgesogen haben 399
jemandem springt der Draht aus der Mütze 399
sich für den Nabel der Welt halten 399
Nachtigall, ick hör dir trapsen! 399
jemandem den Fuß in den Nacken setzen 400
jemandem im Nacken haben 400
jemandem sträuben sich die Nackenhaare 400
die Nadel im Heuhaufen suchen 400
mit heißer Nadel gestrickt worden sein 401
wie auf Nadeln sitzen 401
den Nagel auf den Kopf treffen 401
ein Nagel zu jemandes Sarg sein 401
etwas an den Nagel hängen 401
Nägel mit Köpfen machen 402
sich etwas unter den Nagel reißen 402
etwas brennt jemandem unter den Nägeln 402
eine Nagelprobe machen 402
aus dem Nähkästchen plaudern 403
keinen sittlichen Nährwert haben 403
nichts auf der Naht haben 403
Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts! 403
sich einen Namen machen 404
einen Narren an jemandem gefressen haben 404
eine feine Nase für etwas haben 404
jemandem eine Nase drehen 405
jemandem etwas unter die Nase reiben 405
52
jemandem nach der Nase gehen 405
jemanden an der Nase herumführen 405
jemanden mit der Nase auf etwas stoßen 406
seine Nase in alle Töpfe stecken 406
sich an die eigene Nase fassen 406
sich eine goldene Nase verdienen 406
alle naselang 406
jemandem etwas an der Nasenspitze ansehen 407
naseweis sein 407
nassforsch auftreten 407
im Nebel stochern 407
der blanke Neid 408
vor Neid platzen 408
ein Neidhammel sein 408
alles auf einen gemeinsamen Nenner bringen 408
Nerven wie Drahtseile haben 409
sich in die Nesseln setzen 409
Nestbeschmutzer sein 409
das Nesthäkchen sein 409
ein Nestor sein 409
ein Neunmalklug 410
viel Lärm um nichts machen 410
ein Nickerchen machen 410
etwas geht jemandem an die Nieren 410
ein Nimmersatt sein 410
Otto Normalverbraucher 411
die Notbremse ziehen 411
eine eigene Note haben 411
etwas bitter nötig haben 411
53
ein Notnagel sein 412
jemanden auf die Nudel schieben 412
nullachtfünfzehn 412
eine harte Nuss 412
eine taube Nuss 412
Ober sticht Unter 413
die Oberhand gewinnen 413
im Oberstübchen nicht ganz richtig sein 413
Oberwasser haben 414
seinen Obolus entrichten 414
dastehen wie der Ochse vor dem Scheunentor 414
eine Odyssee hinter sich haben 414
Jetzt ist der Ofen aus! 415
mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen 415
ein offenes Ohr haben 415
ganz Ohr sein 415
jemandem das Ohr abkauen 415
jemanden übers Ohr hauen 415
die Ohren auf Durchzug stellen 416
es faustdick hinter den Ohren haben 416
feucht hinter den Ohren sein 416
Halt die Ohren steif! 416
mit den Ohren schlackern 416
sich etwas hinter die Ohren schreiben 417
tauben Ohren predigen 417
ein Ohrenschmaus 417
ein Ohrwurm 417
etwas geht runter wie Öl 418
Öl auf die Wogen gießen 418
54
Öl ins Feuer gießen 418
dastehen wie ein Ölgötze 418
wie die Ölsardinen 419
der große Onkel 419
jemanden in den Orkus schicken 419
wenn Ostern und Pfingsten auf einen Tag fallen 419
den flotten Otto haben 420
ein P davorsetzen 420
ein paar verpasst kriegen 420
zwei Paar Stiefel sein 420
jemanden auf die Palme bringen 420
die Büchse der Pandora öffnen 421
etwas auf sein Panier schreiben 421
panische Angst haben 421
unter jemandes Pantoffel stehen 421
ein Pantoffelheld 422
ein Papiertiger 422
nicht von Pappe 422
Ich kenn doch meine Pappenheimer 422
kein Pappenstiel 423
jemandem in die Parade fahren 423
ein Paragrafenreiter 423
einen Angriff parieren 423
sich auf glattes Parkett wagen 424
jemandem Paroli bieten 424
für jemanden Partei ergreifen 424
mit von der Partie sein 424
ein blinder Passagier 424
passen müssen 425
55
ein Patentrezept 425
in der Patsche sitzen 425
jemandem aus der Patsche helfen 425
mit Pauken und Trompeten 426
vom Saulus zum Paulus werden 426
wie Pech und Schwefel zusammenhalten 426
eine Pechsträhne haben 426
ein Pechvogel sein 426
den Pegasus besteigen 427
Zuckerbrot und Peitsche 427
jemandem auf der Pelle liegen 427
jemandem auf die Pelle rücken 428
Perlen vor die Säue werfen 428
jemandem einen Persilschein ausstellen 428
jemandem hat`s die Petersilie verhagelt 428
petzen 429
etwas auf der Pfanne haben 429
jemanden in die Pfanne hauen 429
jemandem Pfeffer in den Arsch blasen 430
jemanden dorthin schicken, wo der Pfeffer wächst 430
Pfeffer im Hintern haben 430
jemanden ins Pfefferland wünschen 431
jemandem eine pfeffern 431
auf etwas pfeifen 431
den Pfennig dreimal umdrehen 431
das Pferd beim Schwanz aufzäumen 432
jemandem etwas vom Pferd erzählen 432
vom Pferd auf den Esel kommen 432
Dahin bringen mich keine zehn Pferde! 432
56
die Pferde scheu machen 433
jemand, mit dem man Pferde stehlen kann 433
mit jemandem gehen die Pferde durch 433
einen Pferdefuß haben 434
etwas hat Pfiff 434
jemanden einen Pfifferling kümmern 434
keinen Pfifferling wert sein 434
geschmückt sein wie ein Pfingstochse 435
ein teures Pflaster 435
ein Pflaumenaugust sein 435
auf dem Pfropfen sitzen 435
ein Pfundskerl 435
eine Philippika halten 436
sich wie Phönix aus der Asche erheben 436
leere Phrasen dreschen 436
jemanden piesacken 436
etwas von der Pike auf gelernt haben 437
eine bittere Pille für jemanden sein 437
die Pimpernellen kriegen 437
ein feiner Pinkel 437
wie aus der Pistole geschossen antworten 437
jemanden auf den Plan rufen 438
eine platonische Liebe 438
ein Pleitegeier 438
plemplem sein 438
Noch ist Polen nicht verloren 439
von Pontius zu Pilatus laufen 439
Porzellan zerschlagen 439
wie ein Posaunenengel aussehen 439
57
Da geht die Post ab! 440
auf verlorenem Posten stehen 440
nicht ganz auf dem Posten sein 440
seinen Posten verlieren 440
Potemkinsche Dörfer 440
zu Potte kommen 441
jemanden an den Pranger stellen 441
wie auf dem Präsentierteller sitzen 441
der Prellbock für jemanden sein 441
So schnell schießen die Preußen nicht! 442
eingehen wie eine Primel 442
wie eine Prinzessin auf der Erbse 442
ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande 442
beim Barte des Propheten (schwören) 443
kurzen Prozess machen 443
der Prügelknabe sein 443
Pudding in den Beinen haben 444
dastehen wie ein begossener Pudel 444
pudelnass sein 444
sich pudelwohl fühlen 444
jemandem auf den Puls fühlen 445
auf einem Pulverfass sitzen 445
etwas auf Pump kaufen 445
sich etwas pumpen 445
am toten Punkt angelangt sein 445
der springende Punkt 446
etwas auf den Punkt bringen 446
pünktlich wie die Maurer 446
bis in die Puppen 447
58
die Puppen tanzen lassen 447
einen Pyrrhussieg erringen 447
ein Quacksalber 447
die Quadratur des Kreises versuchen 447
ein Quantensprung 448
jemanden einen Quark angehen 448
sich über jeden Quark aufregen 448
Quecksilber im Leib haben 448
jemandem in die Quere kommen 449
die Quintessenz von etwas sein 449
Rabeneltern 449
das fünfte Rad am Wagen sein 449
ein Rad greift ins andere 450
die Radieschen von unten anschauen 450
den Rahm abschöpfen 450
rammdösig sein 450
außer Rand und Band sein 451
Ränke schmieden 451
bei jemandem rappelt`s im Karton 451
auf Schusters Rappen 451
eine eiserne Ration 452
einen Rattenschwanz nach sich ziehen 452
unter die Räuber fallen 452
in Räuberzivil erscheinen 452
viel Rauch und wenig Braten 452
einer Sache Raum geben 453
mit spitzer Feder rechnen 453
jemandem einen Strich durch die Rechnung machen 453
nicht wissen, wo rechts und links ist 453
59
große Reden schwingen 454
nach allen Regeln der Kunst 454
ein warmer Regen 454
ein strenges Regiment führen 454
jemandem nicht das Wasser reichen können 454
ein innerer Reichsparteitag 455
in Reih und Glied 455
aus der Reihe tanzen 455
etwas auf die Reihe kriegen 456
reihern 456
sich keinen Reim auf etwas machen können 456
reinbuttern 456
Reinschiff machen 456
ein apokalyptischer Reiter 457
Reißaus nehmen 457
ein totes Rennen 457
jemanden aus der Reserve locken 457
eine Retourkutsche 458
ein Revolverblatt 458
etwas Revue passieren lassen 458
mit etwas richtig liegen 458
einer Sache einen Riegel vorschieben 458
sich am Riemen reißen 458
nach Adam Riese 459
ein Riesenross 459
ein Rindvieh 459
sich etwas nicht aus den Rippen schneiden können 459
ein Ritter ohne Furcht und Tadel 459
ein Ritter von der traurigen Gestalt 460
60
einen Rochus auf jemanden haben 460
hinter jedem Rock her sein 460
an Mutters Rockzipfel hängen 460
in die Röhre schauen 461
ein Rohrkrepierer sein 461
aus der Rolle fallen 461
völlig von der Rolle sein 461
auf Rosen gebettet sein 461
ein Rosenkrieg 462
sich die Rosinen aus dem Kuchen herauspicken 462
auf dem hohen Ross sitzen 462
mit Ross und Wagen untergehen 462
Ross und Reiter nennen 463
vom hohen Ross steigen 463
eine Rossnatur haben 463
rotsehen 463
ein Rotzlappen 464
etwas ruck, zuck erledigen 464
jemandem in den Rücken fallen 464
mit dem Rücken zur Wand stehen 464
den Rückzug antreten müssen 464
zum Rückzug blasen 465
aus dem Ruder laufen 465
das Ruder herumreißen 465
stoische Ruhe 465
jemandem einen guten Rutsch wünschen 466
mit dem Säbel rasseln 466
eine runde Sache 466
die Katze aus dem Sack lassen 466
61
in Sack und Asche gehen 467
wie ein nasser Sack 467
wie einen Sack Flöhe hüten 467
auf dem Meer säen 467
jemanden im eigenen Saft schmoren lassen 468
ein Saftladen 468
andere Saiten aufziehen 468
Da haben wir den Salat! 468
ein Salonlöwe sein 469
das Salz der Erde sein 469
das Salz in der Suppe sein 469
jemandem Salz in die Wunde streuen 469
zur Salzsäule erstarren 469
ein Sammelsurium 470
samt und sonders 470
etwas ist auf Sand gebaut 470
Sand im Getriebe sein 471
wie Sand am Meer 471
etwas verläuft im Sande 471
ohne Sang und Klang 471
das Sankt-Florians-Prinzip 472
bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag 472
Immer ran an den Sarg und mitgeweint 472
fest im Sattel sitzen 472
jemandem in den Sattel helfen 473
jemanden aus dem Sattel heben 473
sattelfest sein 473
in allen Sätteln gerecht sein 473
die Sau durchs Dorf treiben 474
62
jemanden zur Sau machen 474
wie eine gesengte Sau 474
jemandem etwas sauer machen 474
saufen wie ein Bürstenbinder 475
sich vom Saulus zum Paulus wandeln 475
in Saus und Braus leben 475
einen Schabernack mit jemandem treiben 475
jemanden in Schach halten 476
schachmatt sein 476
ein geschickter Schachzug 476
das schwarze Schaf der Familie 476
seine Schäfchen ins Trockene bringen 477
ein Schäferstündchen verbringen 477
sich in Schale werfen 477
den Schalk im Nacken sitzen haben 477
Schall und Rauch sein 478
Schamade blasen 478
ein Schandmaul haben 478
auf jemanden scharf sein 478
die Scharte auswetzen 478
über seinen eigenen Schatten springen 479
ein Schattenparker 479
ein Schaumschläger 479
sich von jemandem eine Scheibe abschneiden 479
Scheibenhonig! 479
am Scheideweg stehen 480
jemanden über den Schellenkönig loben 480
ein Schelm, wer Böses denkt 480
nach Schema F 480
63
scherbeln gehen 481
ein Scherbengericht abhalten 481
sich nicht um etwas scheren 481
sein Scherflein zu etwas beitragen 481
essen wie ein Scheunendrescher 482
offen wie ein Scheunentor 482
es ist Schicht im Schacht 482
dem Schicksal in die Speichen greifen 482
schiefgewickelt sein 482
schiefliegen 483
jemandem den Schierlingsbecher reichen 483
aus der Hüfte schießen 483
etwas geht aus wie das Hornberger Schießen 483
querschießen 484
zum Schießen sein 484
aufpassen wie ein Schießhund 484
das Schießpulver nicht erfunden haben 484
Schiffbruch erleiden 485
mit allen Schikanen 485
jemanden auf den Schild heben 485
etwas im Schilde führen 486
keinen Schimmer einer Ahnung haben 486
mit Schimpf und Schande davonjagen 486
schimpfen wie ein Rohrspatz 486
eine Schimpfkanonade loslassen 487
ein alter Schinken 487
mit einem Schisslaweng 487
den Schlaf der Gerechten schlafen 487
schlafen wie ein Murmeltier 487
64
jemanden am Schlafittchen packen 488
ein Schlag ins Gesicht sein 488
sich wacker schlagen 488
Schlagseite haben 488
Schlamassel 489
eine falsche Schlange 489
eine Schlappe einstecken 489
das reinste Schlaraffenland 489
auf dem Schlauch stehen 489
jemanden schleifen 490
jemanden ins Schlepptau nehmen 490
ins Schleudern kommen 490
alle Schliche kennen 490
jemandem auf die Schliche kommen 490
einer Sache den letzten Schliff geben 491
jemandem auf den Schlips treten 491
sich auf den Schlips getreten fühlen 491
mit jemandem Schlitten fahren 491
ein Schlitzohr sein 492
ein armer Schlucker 492
das Schlusslicht sein 492
einen Schlussstrich unter etwas ziehen 493
vor die rechte Schmiede kommen 493
Schmiere stehen 493
sich nicht die Finger schmutzig machen 493
sich den Schneid abkaufen lassen 494
aus dem Schneider sein 494
Herein, wenn`s kein Schneider ist! 494
schnell bei der Hand sein 494
65
jemandem ein Schnippchen schlagen 494
einen Schnitzer machen 495
etwas ist jemandem schnuppe 495
etwas klappt wie am Schnürchen 495
sich von seiner Schokoladenseite zeigen 495
Mein lieber Scholli! 496
sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen 496
etwas beim Schopfe packen 496
die Schotten dicht machen 496
jemandem fällt etwas wie eine reife Frucht in den Schoß 497
sicher wie in Abrahams Schoß 497
jemanden in seine Schranken weisen 497
bei jemandem ist eine Schraube locker 498
eine Schraube ohne Ende 498
etwas ist der letzte Schrei 498
sage und schreibe 498
schreien wie am Spieß 498
den zweiten Schritt vor dem ersten tun 499
von altem Schrot und Korn 499
Wo drückt der Schuh? 499
jemandem die Schuld in die Schuhe schieben 499
zäh wie eine Schuhsohle 500
etwas auf die leichte Schulter nehmen 500
jemandem die kalte Schulter zeigen 500
jemanden schurigeln 500
ein Schürzenjäger 501
ein Schuss geht nach hinten los 501
einen Schuss haben 501
einen Schuss in den Himmel tun 501
66
gut in Schuss sein 501
jemandem einen Schuss vor den Bug verpassen 502
keinen Schuss Pulver wert sein 502
zum Schuss kommen 502
in die Schusslinie geraten 502
die Schussstiefel anhaben 503
Schütze Arsch im letzten Glied 503
einen Schutzengel gehabt haben 503
jemandem Schützenhilfe leisten 503
das Schwabenalter erreichen 504
schwach auf der Brust sein 504
sich keine Schwachheiten einbilden 504
aussehen wie eine Schwalbe, wenn`s blitzt 504
Schwamm drüber! 504
Mein lieber Schwan! 505
ein Schwanengesang 505
mit etwas schwanger gehen 505
jemandem schwant etwas 505
den Schwanz einziehen 505
sich in den Schwanz beißen 506
aus Schwarz Weiß machen 506
den schwarzen Peter haben 506
etwas schwarz auf weiß haben 507
ins Schwarze treffen 507
jemandem den schwarzen Peter zuschieben 507
Schwarzmalerei betreiben 507
Alter Schwede! 507
hinter schwedischen Gardinen 508
schweigen wie ein Grab 508
67
Ich glaub, mein Schwein pfeift! 508
Schwein haben 509
im Schweinsgalopp 509
im Schweiße seines/ihres Angesichts 509
ein Schwerenöter 509
ein zweischneidiges Schwert 510
mit zwei Schwertern fechten 510
schwofen gehen 511
Stein und Bein schwören 511
in See stechen 511
die Seele baumeln lassen 511
eine Seele von Mensch sein 512
ein Seelenverkäufer 512
(vor jemandem) die Segel streichen 512
jemandem den Wind aus den Segeln nehmen 512
in den Seilen hängen 512
ein älteres Semester sein 513
weggehen wie warme Semmeln 513
seinen Senf dazugeben 513
Senge kriegen 513
etwas geht einem auf den Senkel 513
seinen Sermon herunterbeten 514
auf Nummer sicher gehen 514
jemandem brennt die Sicherung durch 514
ein Hirn wie ein Sieb haben 514
mit Siebenmeilenstiefeln gehen 515
seine Siebensachen packen 515
einen siebten Sinn haben 515
nicht alle (fünf) Sinne beisammen haben 515
68
eine Sisyphusarbeit 515
viel Sitzfleisch haben 516
zwischen Skylla und Charybdis sein 516
von den Socken sein 516
wie in Sodom und Gomorrha 516
jemandem scheint die Sonne aus dem Arsch 517
ein Sonntagskind 517
etwas kommt einem spanisch vor 517
auf Sparflamme schalten 517
Spargel quer essen können 518
mit Kanonen auf Spatzen schießen 518
Spatzen unter dem Hut haben 518
ein Spatzenhirn haben 518
jemandem den Speck durch den Mund ziehen 518
ein Speichellecker 519
die Spendierhosen anhaben 519
ins Sperrfeuer der Kritik geraten 519
nach Speyer appellieren 519
ein abgekartetes Spiel 520
etwas aus dem Spiel lassen 520
viel aufs Spiel setzen 520
den Spieß umdrehen 520
Spießruten laufen müssen 520
sich spinnefeind sein 521
Seemannsgarn spinnen 521
Spitz auf Knopf stehen 521
die Spitze des Eisbergs 522
der Spitzenreiter sein 522
splitternackt 522
69
jemandem die Sporen geben 522
sich die Sporen verdienen 522
ein babylonisches Sprachengewirr 523
die Spreu vom Weizen trennen 523
etwas springen lassen 523
einen Sprung in der Schüssel haben 524
jemandem auf die Sprünge helfen 524
jemandem bleibt die Spucke weg 524
sich sputen 524
über jemanden den Stab brechen 525
ein Stachel im Fleisch von jemandem sein 525
wider den Stachel löcken 525
die Stadt unsicher machen 526
jemandem etwas ins Stammbuch schreiben 526
jemandem eine Standpauke halten 526
bei der Stange bleiben 526
jemandem die Stange halten 527
etwas vom Stapel (laufen) lassen 527
jemandem den Star stechen 527
in den Startlöchern sitzen 527
..., bis sich der Staub gelegt hat 528
in den Staub beißen 528
sich aus dem Staub machen 528
vor jemandem im Staub kriechen 528
aus dem Stegreif 529
ein Stehaufmännchen sein 529
auf jemanden stehen 529
stehlen wie ein Rabe 529
jemandem den Steigbügel halten 530
70
bei jemandem einen Stein im Brett haben 530
den Stein der Weisen suchen 530
den Stein ins Rollen bringen 531
der Stein des Anstoßes 531
Dir wird schon kein Stein aus der Krone fallen! 531
jemandem einen Stein in den Garten werfen 531
jemandem fällt ein Stein vom Herzen 532
auf der Stelle treten 532
die Stellung halten 532
Stellung nehmen 532
in den Sternen stehen 533
nach den Sternen greifen 533
sternhagelvoll sein 533
etwas stibitzen 533
jemanden im Stich lassen 533
hieb- und stichfest sein 534
den Stiefel durchziehen 534
Stielaugen bekommen 534
den Stier bei den Hörnern packen 535
stiften gehen 535
stinken wie ein Wiedehopf 535
jemandem die Stirn bieten 535
jemandem steht etwas auf der Stirn geschrieben 535
mit eiserner Stirn 536
einen Stock verschluckt haben 536
stocksteif sein 536
vom Storch gebissen worden sein 536
wie ein Storch im Salat 537
eine drakonische Strafe 537
71
blau wie eine Strandhaubitze 537
über die Stränge schlagen 537
einen Strauß mit jemandem ausfechten 538
ein Straßenfeger 538
jemanden zur Strecke bringen 538
jemandem einen Streich spielen 538
sieben auf einen Streich 539
Streit um des Kaisers Bart 539
etwas geht jemandem gegen den Strich 539
nach Strich und Faden 539
unterm Strich 540
jemandem einen Strick aus einer Sache drehen 540
wenn alle Stricke reißen 540
jemanden an der Strippe haben 540
leeres Stroh dreschen 540
Stroh im Kopf haben 541
ein Strohfeuer 541
der rettende Strohhalm 541
sich an jeden Strohhalm klammern 541
Ach du heiliger Strohsack! 541
eine Strohwitwe 542
gegen den Strom schwimmen 542
Das ist ein starkes Stück! 542
große Stücke auf jemanden halten 542
an jemandes Stuhl sägen 542
jemandem den Stuhl vor die Tür stellen 543
zwischen zwei Stühlen sitzen 543
wissen, was die Stunde geschlagen hat 543
Stunk machen 543
72
stur wie ein Esel sein 544
ein Sturm im Wasserglas 544
etwas im Sturm erobern 544
gegen etwas Sturm laufen 544
Sturm läuten 545
jemanden zum Sündenbock machen 545
sein eigenes Süppchen kochen 545
jemandem die Suppe versalzen 545
Süßholz raspeln 546
etwas aufs Tablett bringen 546
jemandem etwas auf dem silbernen Tablett servieren 546
die Tafel aufheben 546
das Tafelsilber verscherbeln 546
ein rabenschwarzer Tag 547
etwas an den Tag legen 547
vor Tau und Tag 547
etwas zu Tage fördern 547
nach jemandes Pfeife tanzen 548
wie von der Tarantel gestochen 548
jemanden in die Tasche stecken 548
eine trübe Tasse 548
jemanden auf frischer Tat ertappen 549
die weiße Taube 549
zugehen wie in einem Taubenschlag 549
ein Techtelmechtel haben 549
einen im Tee haben 550
auf dem Teppich bleiben 550
den roten Teppich ausrollen 550
auf Teufel komm raus 550
73
den Teufel mit dem Beelzebub austreiben 551
In der Not frisst der Teufel Fliegen 551
jemanden reitet der Teufel 551
jemanden vom Thron stoßen 551
ein hohes Tier 552
in der Tinte sitzen 552
sich aus der Tinte ziehen 552
jemanden über den Tisch ziehen 552
reinen Tisch machen 552
einen Toast ausbringen 553
ein Tohuwabohu 553
toi, toi, toi 553
zugehen wie im Tollhaus 554
ein Tollpatsch sein 554
Tomaten auf den Augen haben 554
große Töne spucken 554
jemanden in den höchsten Tönen loben 554
wie Topf und Deckel zusammenpassen 555
etwas torpedieren 555
Torschlusspanik haben 555
jemanden auf Trab halten 555
mit einer Träne im Knopfloch 556
ein Treppenwitz 556
Trick siebzehn 556
Trübsal blasen 556
auf die Tube drücken 557
auf Tuchfühlung gehen 557
mit der Tücke des Objekts kämpfen 557
in Tüdel kommen 557
74
aus der Not eine Tugend machen 558
einer Sache Tür und Tor öffnen 558
zwischen Tür und Angel 558
von Tuten und Blasen keine Ahnung haben 558
ein notwendiges Übel 559
vom anderen Ufer sein 559
den heiligen Ulrich anrufen 559
die Hände in Unschuld waschen 559
etwas unterminieren 560
ein Uriasbrief 560
fröhliche Urständ feiern 560
ein salomonisches Urteil 560
jemanden veräppeln 561
etwas verballhornen 561
sich verfranzen 561
sich verhaspeln 562
jemanden am ausgestreckten Arm verhungern lassen 562
etwas verhunzen 562
etwas nicht verknusen können 562
etwas vermasseln 562
vernagelt sein 563
verraten und verkauft sein 563
in jemanden verschossen sein 563
das Blaue vom Himmel versprechen 563
etwas verzapfen 563
sich verzetteln 564
einen Vogel haben 564
jemandem einen Vogel zeigen 564
etwas auf Vordermann bringen 564
75
von vorne bis hinten nicht reichen 565
Vorschusslorbeeren ernten 565
ein Tanz auf dem Vulkan 565
in die Waagschale fallen 565
die Waffen strecken 565
die Wahl haben zwischen Pest und Cholera 566
gegen jemanden ein Waisenkind sein 566
den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen 566
auf die Walz gehen 566
gegen eine Wand anrennen 566
sich gegen etwas wappnen 567
Warten auf Godot 567
schmutzige Wäsche waschen 567
auch nur mit Wasser kochen 567
das Wasser bis zum Hals stehen haben 568
jemandem das Wasser abgraben 568
jemandem das Wasser reichen können 568
jemandem eine Handbreit Wasser unter dem Kiel wünschen 568
jemanden ins kalte Wasser werfen 569
Rotz und Wasser heulen 569
sich über Wasser halten 569
Wasser auf die Mühlen von jemandem gießen 569
Wasser in den Wein gießen 569
Wasser ins Meer tragen 570
Wasser mit einem Sieb schöpfen 570
Wasser predigen und Wein trinken 570
aussehen, als ob man kein Wässerchen trüben könnte 570
ein wasserdichtes Alibi 570
mit allen Wassern gewaschen sein 571
76
jemandem auf den Wecker gehen 571
jemandem Rosen auf den Weg streuen 571
jemandem Steine in den Weg legen 571
jemanden weich klopfen 572
ein Gefühl wie Weihnachten und Ostern zusammen 572
jemanden ausnehmen wie eine Weihnachtsgans 572
alter Wein in neuen Schläuchen 572
jemandem reinen Wein einschenken 573
die Weisheit nicht mit Löffeln gegessen haben 573
jemanden zur Weißglut bringen 573
hohe Wellen schlagen 573
auf gleicher Wellenlänge sein 573
dort ist die Welt mit Brettern vernagelt 574
ein Wendehals sein 574
die Werbetrommel für etwas rühren 574
in ein Wespennest stechen 574
eine weiße Weste haben 575
jemandem etwas unter die Weste jubeln 575
etwas aus der Westentasche bezahlen können 575
etwas kennen wie seine Westentasche 576
jemanden am Wickel haben 576
es ist ihm nicht an der Wiege gesungen worden 576
vom ständigen Wiegen wird die Sau auch nicht fetter 576
jemandem eine wienern 576
seinen Wilhelm unter etwas setzen 577
ohne mit der Wimper zu zucken 577
drei Meilen gegen den Wind stinken 577
etwas in den Wind schlagen 577
etwas in den Wind schreiben 578
77
hart am Wind segeln 578
sein Mäntelchen nach dem Wind hängen 578
sich nach dem Wind drehen 578
von etwas Wind bekommen 579
Wind machen 579
Wind säen und Sturm ernten 579
gegen Windmühlen kämpfen 579
ein Winkeladvokat 579
einen großen Wirbel veranstalten 580
eine grüne Witwe 580
ein Wolf im Schafspelz 580
auf Wolke sieben schweben 580
sich in die Wolle kriegen 581
jemandem das Wort im Munde herumdrehen 581
mit seinem Pfund wuchern 581
den Finger in die offene Wunde legen 581
ein blaues Wunder erleben 581
es geschehen noch Zeichen und Wunder 582
über die Wupper gehen 582
die Würfel sind gefallen 582
da ist der Wurm drin 583
jemandem die Würmer aus der Nase ziehen 583
mit der Wurst nach der Speckseite werfen 583
Wurst wider Wurst 584
etwas mit der Wurzel ausrotten 584
ein Rufer in der Wüste 584
jemanden in die Wüste schicken 584
jemandem ein X für ein U vormachen 585
eine Xanthippe 585
78
etwas auf Zack bringen 585
Zahlemann und Söhne spielen 586
Diesen Zahn werde ich ihm ziehen! 586
einen Zahn zulegen 586
jemandem/etwas auf den Zahn fühlen 586
die Zähne zusammenbeißen 587
unter Zähneklappern 587
auf dem Zahnfleisch gehen 587
der Zankapfel sein 587
zum Zapfenstreich blasen 588
jemanden im Zaum halten 588
einen Streit vom Zaun brechen 588
ein Wink mit dem Zaunpfahl 588
der Zahn der Zeit 589
eine tickende Zeitbombe 589
alle heiligen Zeiten 589
ein enges Zeitkorsett 589
das Zeitliche segnen 590
eine Zeitungsente 590
das Zepter schwingen 591
mit eisernem Zepter regieren 591
Zeter und Mordio schreien 591
jemandem am Zeug flicken 591
sich ins Zeug legen 591
kein Zielwasser getrunken haben 592
jemandem eine Zigarre verpassen 592
jemanden auspressen wie eine Zitrone 592
mit Zitronen handeln 592
mit Zittern und Zagen 593
79
ein alter Zopf sein 593
alte Zöpfe abschneiden 593
zu etwas zubuttern 593
nicht aus Zucker sein 594
seinem Affen Zucker geben 594
kein Zuckerschlecken sein 594
auf den fahrenden Zug aufspringen 594
einen guten Zug haben 594
die Zügel fest in der Hand halten 594
die Zügel schießen lassen 595
die Zügel schleifen lassen 595
jemandem Zunder geben 595
wie Zunder brennen 595
das Zünglein an der Waage sein 596
jemandem etwas zuschanzen 596
jemandem etwas zuschustern 596
auf keinen grünen Zweig kommen 596
in einer Zwickmühle stecken 597
80
das A und O
auch: das A und das O (sein)
das Zentrale, Wichtige an einer Sache;
aus der Bibel: In Kapitel 1, Vers 8 der Offenbarung des Johannes spricht
Gott: „Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende.“ A und O stehen
für den ersten – Alpha – und den letzten Buchstaben – Omega – des
griechischen Alphabets. Die Redewendung versinnbildlicht also den
umfassenden, lückenlosen Aspekt einer Sache.
Wer A sagt, muss auch B sagen
Angefangenes muss zu Ende geführt werden; wer etwas beginnt,
muss die Konsequenzen tragen;
die Redewendung nimmt Bezug auf Schulkinder, die das Alphabet
aufsagen müssen, bzw. auf das Alphabet als untrennbare Einheit.
glatt wie ein Aal sein
auch: aalglatt sein
nicht zu fassen sein, sich auf nichts festlegen lassen; durchtrieben,
schlüpfrig sein;
aus dem Tierreich: Der Speisefisch ist aufgrund seiner länglichen
Körperform und der nassen Schuppen mit der Hand praktisch nicht zu
ergreifen.
sich winden wie ein Aalauch: sich winden wie eine Schlange
aus einer unangenehmen, peinlichen Lage zu entkommen versuchen;
der Aal besitzt mit seinen bis zu 260 Wirbelsäulensegmenten einen
außergewöhnlich biegsamen Körper, der dem der Schlange gleicht
und der es ihm ermöglicht, selbst durch enge Felsspalten unter Wasser
zu gelangen.
81
ein altes Aas sein
auch: ein dummes Aas sein
ein unsympathischer Mensch sein;
aus dem 16. Jahrhundert: Schon bei Hans Sachs findet sich die
Bezeichnung „altes Aas“, die sich auf den unangenehmen Geruch
bezieht, den ein verfaulender Kadaver verströmt.
mit etwas aasenauch: mit etwas rumaasen
etwas vergeuden, verschwenden;
die Redensart wurde in dem Irrglauben geprägt, Aas fressende Vögel
würden Teile ihrer „Beute“ fortschleudern, nachdem sie sie aus dem
Kadaver herausgerissen haben. Tatsächlich versuchen die Vögel
mittels Herumschleudern des Fleisches nur, die Fetzen weiter zu
zerkleinern.
wie die Aasgeier über jemanden herfallen
sich rücksichtslos auf jemanden stürzen, gierig sein;
aus dem Tierreich: Die „Aas-“ bzw. Schmutzgeier, eine heute
gefährdete Art, stürzen sich in Schwärmen auf verendete Tiere, um
möglichst rasch davon zu fressen, bevor ein anderer Vogel oder ein
sich von Aas ernährendes Säugetier das Fleisch auffressen kann.
Abbitte leisten
auch: Abbitte tun
um Verzeihung bitten;
aus dem Rechtswesen: Die „Abbitte“ war eine Demut beweisende Bitte
(auf den Knien u. Ä.) um Vergebung, die z. B. bei Verletzung der Ehre
einer Person diese zufriedenstellen sollte.
82
etwas abblasenetwas absagen, aufkündigen;
aus der Jägersprache: Mit einem speziel len Jagdhornsignal wurde das
Ende einer Treibjagd geblasen.
jemanden abblitzen lassen
jemandem einen Korb geben, diesen barsch abweisen;
aus der Waffenkunde: Bei alten Gewehren kam es immer wieder vor,
dass die Lunte zwar abbrannte, das Pulver aber nicht zündete – das
so genannte „Abblitzen“. Wenn man eine Person abblitzen lässt, so
zündet deren Kontaktversuch also nicht. Nach einer anderen, wenn
auch unwahrscheinlichen Erklärung kommt die Wendung vom
Blitzableiter, der verhindert, dass der Blitz sein ursprüngliches Ziel
erreicht.
Es ist noch nicht aller Tage Abenddie endgültige Entscheidung ist noch nicht getroffen, es kann sich
noch einiges – zum Guten wie zum Schlechten – ändern;
geht möglicherweise auf ein Zitat des römischen Schriftstellers Livius
zurück: „Nondum omnium dierum solem occidisse“ (Noch ist die
Sonne aller Tage nicht untergegangen, Livius XXXIX, 26, 9).
In Schillers Wallenstein heißt es: „Und wer weiß, was er noch erreicht
und ermisst, denn noch nicht aller Tage Abend ist.“
jemandem eine Abfuhr erteilen
jemanden scharf zurückweisen, tadeln;
aus der Studentensprache: Eine „Abfuhr“ ist eine vorzeitige
Beendigung des Mensur kampfes schlagender Verbindungen. Der
Ausdruck verweist auf die Tatsache, dass ein schwer verletzter
Teilnehmer durch seinen Sekundanten abgeführt wird – er erhält also
durch den Sieger eine Abfuhr.
83
abgebrannt sein
pleite sein, kein Geld mehr haben;
bezeichnete im 16. Jahrhundert noch ganz wörtlich jemanden, der
durch einen Brand Haus und Hof verloren hatte und damit mittellos
war. Ab dem 17. Jahrhundert wird die Wendung auch redensartlich
gebraucht.
abgebrüht sein
hartgesotten, unerschrocken, kalt sein;
aus dem Mittelalter: Das mittelhochdeutsche Wort „briuten“ hatte
nichts mit dem heutigen „Brühen“ gemein, sondern bezeichnete die
Defloration einer Frau. Jemand, der „abgebrüht“ ist, ist also aufgrund
einer (eventuell schmerzhaften) Erfahrung unempfindlich und lässt
sich so leicht von nichts mehr beeindrucken.
abgefeimt sein
gewissenlos sein;
aus dem Althochdeutschen: „Feim“ bedeutete Schaum; wenn etwas
abgefeimt war, dann war es von Schmutz und Schaum befreit. Im
Neuhochdeutschen vollzog sich ein Bedeutungswandel hin zu
„Abschaum“.
es auf jemanden abgesehen haben
seine Aufmerksamkeit auf jemanden richten, und zwar in zweierlei
Bedeutung: 1.) jemanden ständig schikanieren, ihn treffen, angreifen
oder verletzen wollen, 2.) mit jemandem gern eine engere Beziehung
haben wollen;
„Absehen“ bzw. „Absicht“ meinte ursprünglich das Visier bzw.
die Kimme am Gewehr. Hatte man es auf jemanden oder ein Tier
abgesehen, zielte man mit dem Gewehr darauf. In der Wendung „sein
Absehen auf etwas richten“ hat sich dies noch deutlicher erhalten.
84
Aus dem „Absehen“ im Sinne von Visier wurde ganz allgemein
„Aufmerksamkeit“.
jemanden abhalfternjemanden entlassen;
aus der Landwirtschaft: Wurde das Pferd abgehalftert – der Begriff ist
heute kaum noch in Verwendung –, so hatte es seine Arbeit für diesen
Tag getan; ein altes Pferd wurde für immer abgehalftert, wenn es zum
Metzger ging.
jemanden abkanzelnjemanden in seine Schranken weisen;
bei der sonntäglichen Predigt wurden früher oft auch Verfehlungen
der Gemeinde oder sogar einzelner Personen scharf kritisiert. Und
da diese Kritik von der Kanzel der Kirche aus ertönte, wurden die
Missetäter im Volksmund bald „abgekanzelt“.
jemandem etwas nicht abkaufenjemandem etwas nicht glauben;
aus dem Handel: Der Kunde nimmt dem Kaufmann im Normalfall nur
fehlerfreie, tadellose Ware ab. Wenn etwas nicht einwandfrei ist, dann
wird es ihm nicht abgekauft. Redensartlich ist die Wendung seit den
1930er-Jahren belegt.
ein billiger Abklatscheine billige Nachahmung;
der „Abklatsch“ ist ein kostengünstiges Reproduktionsverfahren aus
dem Druckwesen.
jemandem etwas abknöpfenjemandem etwas (v. a. Geld) mit List oder Tricks abnehmen;
früher wurden Reiche nicht nur ihres Geldes beraubt, sondern auch
85
der wertvollen, oft aus Gold oder Silber gefertigten Schmuckknöpfe
ihrer Jacken.
etwas abkupfernetwas fälschen, eine Idee stehlen, plagiieren;
ursprünglich bedeutete „abkupfern“ lediglich reproduzieren. In
der Anfangszeit des Kupferdrucks wurden die weniger haltbaren
Holzdruckstöcke auf Kupferplatten übertragen – es wurden sozusagen
Raubkopien erstellt. Eine andere Erklärung weist darauf hin, dass die
Kupferstecher ihre legal erworbenen Kopierfähigkeiten später, mit
Aufkommen des Papiergeldes, zur Geldfälschung einsetzten.
jemanden eiskalt abservierenjemanden entlassen/vollkommen ignorieren;
aus der Gastronomie: Der Kellner serviert ab, wenn das Gereichte
gegessen wurde – oder kalt geworden ist. Muss er Kaltes vom Tisch
räumen, so zeigt das, dass die Gäste mit der Qualität der Küche nicht
zufrieden waren.
jemandem die Absolution erteilen
jemandem verzeihen;
aus dem Lateinischen: Vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil, als
Latein noch die Kirchensprache war, beendete der Pfarrer die Beichte
mit den Worten „ego te absolvo a peccatis tuis“ (ich spreche dich los
von deinen Sünden). Aus dieser Formel entwickelte sich der Begriff
Absolution für „Sündenvergebung“.
jemanden aufs Abstellgleis schieben
jemanden behindern, seinen Einfluss hemmen;
ein „totes“ oder „Abstellgleis“ ist ein Gleis, das nirgendwohin führt oder
stillgelegt wurde und nun lediglich dem „Parken“ von Zügen dient.
86
auf etwas abzielenetwas bezwecken, beabsichtigen;
aus dem Militär: bedeutete ursprünglich, etwas ins Visier zu nehmen,
um es zu treffen.
mit Ach und Krach
gerade noch;
seit dem 16. Jahrhundert belegt: bezog sich ursprünglich auf etwas,
das „mit Ächzen und Krächzen“, also unter Anstrengung durchgeführt
wurde; die Bedeutung wandelte sich erst im Laufe der Zeit zu „mit
knapper Not“.
die Achillesferse sein
eine empfindliche Stelle sein;
aus der griechischen Mythologie: Der Held Achill wurde als
Kleinkind von seiner Mutter in den Fluss Styx getaucht, wodurch er
unverwundbar wurde. Lediglich die eine Ferse, an der er festgehalten
wurde, blieb verletzlich. So konnte Apollo (oder Paris) ihn durch einen
wohlplatzierten Pfeil in die Ferse töten. Eine Achillesferse ist also die
Schwachstelle einer scheinbar unverletzbaren Person oder Sache.
jemanden über die Achsel ansehen
jemanden abschätzig ansehen;
seit dem 15. Jahrhundert belegt: Wen man verachtet oder für wertlos
hält, bei dem macht man sich nicht einmal die Mühe, sich ihm ganz
zuzuwenden – er wird nur über die Schulter oder, bei noch größerer
Verachtung, über die Achsel angesehen.
jemanden in Acht und Bann tun
jemanden strengstens verurteilen, verdammen, etwas nicht zulassen,
verbieten;
87
aus dem Mittelalter: Bei besonders schweren Vergehen wurde die
Bestrafung eines Delinquenten durch die weltliche Reichsacht und
den Kirchenbann gleichzeitig abgesichert.
sich vom Acker machen
verschwinden, weglaufen;
der „Acker“ steht in dieser umgangssprachlichen Redewendung
beispielhaft für jeden beliebigen Ort, von dem jemand verschwindet
oder verschwinden soll.
bei Adam und Eva anfangen
ganz am Anfang beginnen;
aus der Bibel (Genesis) abgeleitet: Wer bei Adam und Eva, also den
ersten Menschen und am Anfang der menschlichen Entwicklung
zu erzählen beginnt, breitet anschließend die gesamte Geschichte
in meist ermüdender Ausführlichkeit aus. So wird diese Redensart
beinahe ausschließlich als Kritik verwendet.
im Adamskostümnackt;
abgeleitet aus der Bibel: In der Schöpfungs geschichte sind Adam
und Eva, bevor sie den Apfel vom Baum der Erkenntnis essen, nackt,
ohne sich dessen zu schämen. „Adamskostüm“ ist eine scherzhafte
Bezugnahme, da Nacktheit der Ausnahme zustand ist, in dem der
Mensch keine Kleidung, also auch kein Kostüm trägt.
eine künstlerische Ader haben
auch: eine musikalische Ader haben
ein entsprechendes Talent;
bezieht sich auf die Vorstellung, dass künstlerische Begabung
vererbbar sei.
88
jemanden zur Ader lassen
jemanden schröpfen, jemandem Geld abnehmen;
aus der Medizin: Der Aderlass ist eine bereits im Mittelalter praktizierte
Therapie methode, bei der Blutgefäße angeritzt oder Blutegel
aufgesetzt werden. Im übertragenen Sinne saugt man einer Person
nicht das Blut aus dem Körper, sondern das Geld aus der Tasche.
bei jemandem an der falschen Adresse sein
bei jemandem unerwünscht sein;
wer jemanden aufsucht, will im Normalfall etwas mit demjenigen
besprechen. Gerät man allerdings an eine falsche Adresse, trifft man
auf eine Person, die für das Anliegen nicht empfänglich ist, und ist
daher im Normalfall auch nicht erwünscht.
wie ein Affe auf dem Schleifstein
unbequem, fehl am Platze; lächerlich aussehend;
aus dem Mittelalter: Die reisenden Scherenschleifer besaßen zu
ihrer Gesellschaft und zur Unterhaltung ihrer Kunden manchmal
ein zahmes Äffchen, das auf dem sich drehenden Schleifstein
herumhüpfte. Die Erweiterung „er sitzt da wie ein Affe auf dem
Schleifstein“ ist allerdings schlicht falsch – denn zum Sitzen kam das
Äffchen nie.
ein Affentheater um etwas machen
auch: einen Affenzirkus veranstalten
große, überflüssige Aufregung um etwas;
aus dem Tierreich: Affen imitieren jeweils das Verhalten ihres
Nachbarn; wenn ein Affe grundlos schreit, schreit sofort die ganze
Gruppe mit.
89
einen Affenzahn draufhaben
mit überhöhter Geschwindigkeit fahren;
Kombination aus der Redewendung „ einen Zahn zulegen“ und
dem Ausdruck „Affentempo“, welcher auf ein sehr hohe, fast
unkontrollierbare Geschwindigkeit anspielt.
etwas zu den Akten legen
auch: etwas ad acta legen
eine Sache abschließen, nicht weiter berücksichtigen;
„ad acta“ (zu den Akten) wird auf Schriftstücken vermerkt, die bereits
ausreichend bearbeitet wurden oder nicht beachtet werden müssen;
sie wandern ins Archiv.
Alarm schlagen
auch: eine Warnung ausgeben, die Öffentlichkeit informieren
vom italienischen Begriff „all’ arme“ bzw. dem französischen „aux
armes“ (zu den Waffen) entlehnt. Alarm wurde im Mittelalter mit einer
Glocke „geschlagen“.
blinder Alarmunnötige Aufregung oder Warnung;
aus dem italienischen Begriff „all’ arme“, französisch „aux armes“. „Blind“
wird schon im 14. Jahrhundert auch in der Bedeutung „funktionslos“
verwendet.
alt wie Methusalem sein
unbeschreiblich alt sein;
aus der Bibel: Ein wahrlich „biblisches Alter“ besaß Methusalem, einer
der Urväter im Alten Testament (Genesis 5,21–27): Er wurde 969 Jahre
alt. Heute geht man davon aus, dass dieser Altersangabe ein anderer
Kalender oder eine andere Zählweise als die heutige zugrunde liegt.
90
sich aufs Altenteil zurückziehen
in Altersrente gehen;
aus dem Mittelalter: Waren die Eltern zu alt, um weiter in
der Landwirtschaft mitzuarbeiten, zogen sie sich in ein
„Austragshäuschen“, auch „Altenteil“ genannt, zurück und wurden dort
von den Kindern, denen sie das große Bauernhaus übergeben hatten,
weiterhin versorgt.
Ja und Amen sagen
auch: zu allem Ja und Amen sagen
einverstanden sein, (resigniert) zustimmen;
abgeleitet aus der Bibel: „Amen“ (hebräisch, arabisch) bedeutet etwa:
„So sei es.“ Im Deuteronomium, dem 5. Buch Mose, heißt es: „Und
die Leviten sollen anheben und zu allen Männern Israels mit lauter
Stimme sagen: Verflucht sei, wer einen Götzen oder ein gegossenes
Bild macht. [...] Und alles Volk soll antworten und sagen: Amen. –
Verflucht sei, wer seinen Vater oder seine Mutter verunehrt! Und alles
Volk soll sagen: Amen. [...]“ (Deuteronomium 27,15–26).
so sicher wie das Amen in der Kirche
ganz gewiss;
abgeleitet aus der Liturgie: „Amen“ drückt die Zustimmung der
christlichen Gemeinde zu Rede, Gebet und Segen aus und wird auch
als Schlussformel von Gebeten gebraucht. Auf den Ruf des Priesters
oder am Ende eines Gebets folgt also sicher ein Amen.
ein Ammenmärcheneine unglaubwürdige Geschichte, Lüge;
die Geschichten und Märchen, die eine Amme (Kinderfrau) den
Kindern erzählte, waren so offensichtlich unwahr, dass wirklich nur
Kinder sie glauben konnten.
91
den Amtsschimmel reiten
übertrieben bürokratisch vorgehen, stets nur nach den Vorschriften
handeln;
aus dem 19. Jahrhundert: Der „Amtsschimmel“ war ursprünglich ein
„Simile“, eine Verfahrensregel, um der überbordenden Bürokratie der
österreichisch-ungarischen Monarchie Herr zu werden. Nach diesem
Grundsatz sollten ähnliche Sachverhalte ähnlich – ohne erneutes
Abwägen – behandelt werden. Nachdem das Simile im Volksmund
zum Schimmel geworden war, konnte man ihn schließlich, wie jedes
andere Pferd auch, sogar reiten.
mit jemandem anbändelneine Beziehung beginnen;
umgangssprachliche Form von „Bande knüpfen“, wobei die Bande
bzw. Bänder die freundschaftliche oder liebevolle Verbindung
zwischen zwei Menschen symbolisieren.
jemanden anblökenjemanden beschimpfen, tadeln;
aus dem Tierreich: bezieht sich auf die Lautäußerung von Schafen, die
z. B. beim Scheren durchaus vorwurfsvoll klingen kann.
jemanden anfauchenjemanden beschimpfen;
aus dem Tierreich: Das Fauchen ist die typische Lautäußerung von
Katzen, wenn sie Angst haben oder verärgert sind – beispielsweise,
wenn sie einen Hund sehen.
angefegt kommen
auch: dahergefegt kommen
wütend oder in rasantem Tempo erscheinen;
92
bezieht sich auf den im Mittelalter weit verbreiteten Glauben, Hexen
würden auf dem Besen dahergeritten kommen.
angefressen sein
verärgert, wütend, beleidigt sein;
aus dem 20. Jahrhundert: verbreitet im süddeutschen Raum und in
Österreich; im Schweizer Sprachraum hat die Wendung hingegen die
Bedeutung „von etwas völlig begeistert sein“.
etwas sitzt wie angegossenetwas passt sehr gut;
diese Redensart vergleicht ein gut passen des Kleidungsstück mit
einem Metall, das in bzw. an eine Form gegossen wird und diese
perfekt umschließt.
die Welt aus den Angeln heben
die Welt grundlegend verändern, umgestalten, etwas noch nie
Dagewesenes vollbringen wollen;
aus dem Griechischen: Archimedes (285–212 v. Chr.), der griechische
Mathematiker, Physiker und Entdecker der Hebelgesetze, soll gesagt
haben: „Gib mir einen Punkt, wo ich hintreten kann, und ich bewege
die Erde!“
wie angewurzelt stehen bleiben
abrupt stehen bleiben;
die Redewendung vergleicht eine „zur Salzsäule erstarrte“ Person
mit einem Baum, der durch seine Wurzeln unbeweglich in der Erde
festgehalten wird.
jemandem sitzt die Angst im Nacken
jemand wird von Angst beherrscht;
aus dem Volksglauben: Der Nacken wurde ob seiner Nähe zum Kopf
93
als Aufenthaltsort von Dämonen und bösen Geistern gedeutet, die
den Menschen beeinflussen wollten. Wenn jemand von seiner Angst
beherrscht wird und kaum noch eine rationale Entscheidung treffen
kann, dann sitzt ihm die Angst wie ein Dämon im Nacken.
ein Angsthase sein
feige, ängstlich, mutlos sein;
die abwertende Bezeichnung „Angsthase“ für einen wenig mutigen
Menschen resultiert aus der Annahme, Hasen würden häufig
vollkommen grundlos flüchten. Tatsächlich ist der Hase aufgrund
seiner geringen Körpergröße ein leichtes Opfer für Raubtiere – er muss
also stets ausgesprochen aufmerksam sein und auf alle möglichen
Bedrohungen mit Flucht reagieren.
jemandem nichts anhaben können
jemandem nicht schaden können, ihn nicht verantwortlich machen
können;
aus dem Mittelalter: „Einem etwas anhaben“ bedeutete ursprünglich
„Hand an jemanden legen“, wenn man also jemandem nichts anhaben
konnte, so gab er sich keine Blöße und war nicht angreifbar. Die
Wendung wurde schon im Frühneuhochdeutschen redensartlich
verwendet.
jemandem etwas anhängenungerechtfertigterweise jemanden einer Sache beschuldigen;
aus dem Mittelalter: Teil der Strafe eines Delinquenten war es, einen
anschaulichen Gegenstand um den Hals zu tragen, der sein Vergehen
symbolisierte. So konnte jeder sofort erkennen, wer für welche
Straftat verurteilt worden war. Heute wird mit der Redensart eher eine
ungerechtfertigte Anschuldigung verbunden.
94
jemanden um etwas anhauenjemanden um etwas bitten, etwas von jemandem haben wollen;
umgangssprachlich: „Anhauen“ stammt vermutlich von dem vor
allem unter Männern üblichen kameradschaftlichen Schlag auf die
Schulter oder den Oberarm. Solche Gesten, die dem anderen die enge
freundschaftliche Beziehung verdeutlichen sollen, werden oft zugleich
mit der Bitte um etwas gezeigt.
auf Anhiebohne Verzögerung, ohne Schwierigkeit;
der Anhieb ist der erste Schlag mit der Axt gegen einen zu fällenden
Baum. Wer den Baum „auf Anhieb“ fällt, ist entweder sehr stark und
erfahren – oder der Baum ist noch sehr jung.
jemandem etwas ankreidenjemanden einer Sache beschuldigen;
aus dem 15. Jahrhundert: Der Wirt schrieb früher oft mit Kreide die
Zeche seiner Kunden auf eine Schiefertafel, damit sie nicht vergessen
wurde. Wenn er also jemandem etwas ankreidete, schrieb er eine
Zechschuld auf.
etwas anleiernetwas initiieren, etwas in Gang setzen;
„Leier“ ist ein Synonym für eine Kurbel, mit der ein Mechanismus in
Gang gebracht wird. Insbesondere die ersten Personen kraftwagen
mussten mittels einer Kurbel angelassen werden.
im Anmarsch sein
unterwegs sein, anrücken;
aus der Soldatensprache: Das französische Wort „marche“ steht für
eine militärische Wanderung und setzt sich hier mit einem deutschen
95
Präfix zusammen. Ursprünglich bezeichnete der Ausdruck das
Herannahen eines Soldatentrupps.
jemanden anschmachtenjemanden anhimmeln, Sehnsucht nach jemandem haben;
„schmachten“ bedeutete ursprünglich sehr großen Hunger oder Durst
haben und soll eine lautmalerische Wiedergabe des Lautes sein, den
ein Verdurstender oder Verhungernder von sich gibt.
jemanden anschwärzenjemanden verleumden, schlechtmachen;
wer jemandem „den schwarzen Peter zuschiebt“, der rückt ihn in
schlechtes Licht. Schwarz galt schon immer als Farbe des Unglücks,
aber auch des Teufels.
eine Antenne für etwas haben
ein gutes Gespür für eine Sache/Entwicklung haben;
aus der Funktechnik abgeleitet: Diese bildhafte Redensart setzt
dem Angesprochenen eine Empfangsantenne auf, mit der er die
Schwingungen aufnehmen kann, die eine künftige Entwicklung
„voraussendet“.
etwas anzettelnetwas initiieren, etwas in Gang setzen, in die Wege leiten;
aus der Webersprache: Der Beginn bzw. das Anheften eines Gewebes
wird als „Anzetteln“ bezeichnet. Die Wendung hat also nichts mit dem
Notizzettel zu tun (dieser kommt vom lateinischen Wort „cedula“).
sich den Schuh nicht anziehenmit einer Sache nichts zu tun haben wollen, sich für etwas nicht
verantwortlich fühlen;
ähnlich der Redewendung „in jemandes Schuhen stecken“ steht hier
96
der Schuh, in dem man geht und steht, für eine Aufgabe oder eben
auch für die Verantwortung, die jemand anderes übernehmen soll.
in den sauren Apfel beißen
etwas Unliebsames tun müssen;
erklärt sich im Grunde von selbst: Saure Äpfel genießt niemand,
deshalb werden sie metaphorisch einem notwendigen Übel
gleichgesetzt. Auch betrübt aussehenden Personen wird nachgesagt,
sie sähen aus, als hätten sie in einen sauren Apfel gebissen. Es wird
vermutet, dass sich der Ausdruck schon lange vor Luther eingebürgert
hat, in schriftlicher Form taucht er allerdings erstmalig in einem Brief
Luthers auf.
die Früchte seiner Arbeit ernten
auch: die Früchte ihrer Arbeit ernten
den verdienten Lohn erhalten;
aus der Landwirtschaft: Erst im Herbst kann der Bauer die Früchte
ernten, vorher muss er lange arbeiten, ohne einen unmittelbaren Lohn
zu erhalten.
arbeiten wie ein Pferd
auch: schuften/ackern wie ein Pferd
sehr hart arbeiten;
aus der Landwirtschaft: Die Redewendung stammt aus der Zeit, als
Kaltblutpferde als Zug- und Tragtiere in der Landwirtschaft noch
unverzichtbare Dienste leisteten. Das Pferd steht seither für große
körperliche Kraft auf der einen, aber auch eine große Bereitschaft zur
Arbeit auf der anderen Seite.
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mit Argusaugen über etwas wachen
etwas sehr genau bewachen;
aus der griechischen Mythologie: Der Riese Argus besaß angeblich
Hunderte von Augen am ganzen Körper, sodass er alles sehen
konnte. Zeus beauftragte das Ungeheuer, über seine Geliebte Io „mit
Argusaugen“ zu wachen, nachdem diese in eine Kuh verwandelt
worden war. Hermes schläferte den Riesen mit seinem Flötenspiel ein,
sodass dieser die Augen schloss und Hermes ihn mit einem Felsen
erschlagen konnte.
einen langen Arm haben
großen Einfluss haben;
die Reichweite des Menschen wird durch die Länge seiner Arme
begrenzt; wer also lange Arme hat, dessen Einflussbereich reicht
weiter als der anderer.
jemanden auf den Arm nehmen
jemanden veralbern, foppen, verkohlen;
belegt seit etwa 1850: Die Redensart bezieht sich darauf, dass man
kleine Kinder auf den Arm nimmt. Wenn man jemanden redensartlich
auf den Arm nimmt, behandelt man ihn wie ein kleines, naives Kind.
die Beine unter den Arm nehmen
sich beeilen, schnell laufen, fliehen;
wer schnell und überstürzt davonläuft, der reißt die Beine manchmal
so weit in die Höhe, dass es aussieht, als nähme er sie unter die Arme.
die Ärmel hochkrempeln
auch: die Ärmel aufkrempeln
mit anpacken, eine Arbeit in Angriff nehmen;
stammt aus der Zeit, als noch Handmanschetten getragen wurden,
98
die bei den meisten Arbeiten hinderlich waren. Aber auch heute
noch krempelt man die Ärmel eines guten Hemdes hoch, um es vor
Schmutz zu schützen.
etwas aus dem Ärmel zaubern
etwas aus dem Nichts erscheinen lassen; etwas mühelos entstehen
lassen oder hervorbringen;
aus dem Mittelalter: Früher besaß die Oberbekleidung oft sehr weit
geschnittene Ärmel, in denen man auch kleinere Bedarfs gegenstände
mit sich tragen konnte. Die so aufbewahrten Gegenstände wurden
durch ein kurzes Schütteln ans Tageslicht „gezaubert“.
ein ArmleuchterDummkopf, Trottel, Idiot;
der Ursprung dieser Wendung ist unklar, aber vermutlich handelt es
sich um eine Verschleierung des ähnlich beginnenden, aber obszönen
„Arschlochs“.
etwas ist ein Armutszeugnis für jemanden
jemand stellt seine geistige Unfähigkeit unter Beweis;
früher erhielten Arme eine amtliche Bescheinigung über ihre
materielle Bedürftigkeit, mit der sie dann bei bestimmten Stellen
Vergünstigungen erhielten.
am Arsch der Welt
sehr abgelegen;
aus der Soldatensprache im Zweiten Weltkrieg: leitet sich von der
etwas feineren Wendung „am Ende der Welt“ her.
ein Arsch mit Ohren
ein dummer oder widerlicher Mensch;
aus dem Mittelalter: In vielen Volkserzählungen wird das Gesäß mit
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dem Gesicht gleichgesetzt und der Mensch damit der Lächerlichkeit
preisgegeben.
etwas geht jemandem am Arsch vorbei
etwas interessiert jemanden gar nicht;
das so bezeichnete Ereignis interessiert jemanden so wenig, dass er
sich nicht einmal an seinem „wertlosesten“ Körperteil davon berührt
fühlt.
jemand hat den Arsch offen
jemand ist verrückt, sehr dumm;
diese sehr derbe Redewendung bezieht sich darauf, dass die
Worte oder Taten eines Menschen kaum einem denkenden Gehirn
entspringen können, sondern an „intellektuelle Ausscheidungen“
erinnern.
jemand kann einen am Arsch lecken
mit jemandem nichts zu tun haben wollen;
aus dem Volksglauben: Der heute als derbe Beleidigung
gebräuchliche Ausdruck war ursprünglich ein Mittel zur „Gefahren-
abwehr“; dem nackten Arsch schrieb man die Fähigkeit zu, bösen
Zauber abzuwehren. Damit man sein Hinterteil nicht jedes Mal, wenn
man sich einer vermeintlichen Hexe gegenübersah, entblößen musste,
reichte es schon aus, den Spruch dreimal aufzusagen.
„Sag deinem Hauptmann: Vor Ihro Kaiserliche Majestät hab ich, wie
immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag’s ihm, er kann mich im Arsch
lecken!“ So Goethes Götz von Berlichingen zu einem Boten (im 3. Akt).
etwas auf der linken Arschbacke absitzen
etwas mühelos durchstehen, etwas ohne viel Aufwand zu Ende
bringen;
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umgangssprachliche Redensart, die auf eine so kurze Zeitspanne
anspielt, dass selbst das Sitzen auf einer Kante, auf der nicht das
gesamte Gesäß Platz findet, nicht unbequem wird.
die Arschkarte bekommen
auch: die Arschkarte haben
in eine unangenehme Position versetzt werden, eine unangenehme
Aufgabe erhalten;
aus dem Fußball: Vor Einführung des Farbfernsehens war es bei
Fußballübertragungen nicht einfach, eine rote von einer gelben Karte
zu unterscheiden. Damit die Fußballfans vor dem Fernseher dennoch
wussten, wie der Schiedsrichter entschieden hat, wurde beschlossen:
Die gelbe Karte steckt in der Brusttasche, die rote Karte in der hinteren
Hosentasche. Wurde nun ein Spieler wegen Fouls vom Platz gestellt,
bekam er vorher die Karte aus der „Arschtasche“ des Schiedsrichters
gezeigt.
aus der Art schlagen
anders sein;
seit dem 15. Jahrhundert belegt: Bereits im Frühneuhochdeutschen
gab es diese Redewendung, parallel dazu „aus dem Geschlecht
schlagen“. Dies zeigt, dass mit „Art“ hier sicher nicht eine Kategorie
der biologischen Systematik gemeint war, sondern lediglich die
Familie und der Ahnenstamm. „Schlagen“ ist ein altes Wort für ähneln,
gleichen, nachkommen. Auch die Bezeichnung „Menschenschlag“ hat
sich aus derselben etymologischen Wurzel entwickelt.
Asche zu Asche, Staub zu Staub
auch: Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub
aus der Liturgie: Die Formel ist Teil der Beerdigungszeremonie. Mit
den Worten „Asche zu Asche, Staub zu Staub“ wirft der Pfarrer ein
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Schäufelchen Erde ins frische Grab. Damit drückt er aus, dass die
leibliche Hülle des Verstorbenen aus dem Staube geformt sei und nun
dahin zurückkehren werde.
sich Asche aufs Haupt streuen
etwas bereuen;
aus der Bibel: Asche auf das Haupt zu streuen ist im Altertum
ein Zeichen der Trauer. Belege dafür finden sich bereits im Alten
Testament; im Aschenkreuz, das der Priester am Aschermittwoch auf
das Haupt der Gläubigen streut, hat der Brauch bis heute überlebt.
am Ast sägen, auf dem man sitzt
auch: den Ast absägen, auf dem man sitzt
sich unabsichtlich selbst schaden, obwohl die Folgen absehbar
gewesen wären;
aus dem 13. Jahrhundert kennt man eine Schwankerzählung, in der
die Hauptfigur der Geschichte auf demselben Ast sitzt, den sie gerade
absägt. In dem Schwank erkennt die Person nicht die Folge ihres Tuns,
den eigenen Sturz. So bürgerte sich die Redensart für all diejenigen
ein, die ihr Handeln nicht sorgfältig überdenken und sich mehr
Schaden als Nutzen zufügen.
auf dem absteigenden Ast sein
auf dem Weg bergab sein, den Höhepunkt überschritten haben;
aus der Genealogie: Bei der Darstellung der Ahnen auf einem
Stammbaum werden Eheschließungen zwischen Blutsverwandten auf
einem absteigenden Ast dargestellt.
sich einen Ast lachen
heftig lachen (müssen) – oft ironisch gebraucht;
als „Ast“ bezeichnete man früher den Buckel eines Menschen. Wer sich
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also einen Ast lachte, der krümmte sich so vor lauter Lachen, dass es
aussah, als habe er einen Buckel.
schwer astenauch: sich einen abasten
hart arbeiten;
der Ast symbolisiert in Redensarten meist den Buckel, also die
Rückenwölbung, die auch bei harter Arbeit entwickelt werden kann.
nicht ganz astrein sein
nicht in Ordnung, nicht im Sinne des Gesetzes sein;
aus dem Schreinerhandwerk: Ein nicht astreines Brett ist ein Brett mit
Astlöchern, das der Schreiner nicht gebrauchen kann.
einen langen Atem haben
hinsichtlich einer Aufgabe, eines Problems Ausdauer beweisen;
aus dem Sport: Wer einen „langen Atem“ hat, also auch nach
sportlicher Betätigung in langen, ruhigen Zügen atmet, war nicht
besonders angestrengt und hat vermutlich eine sehr gute Kondition.
eine Attacke gegen jemanden reiten
auch: eine Attacke gegen etwas reiten
sich scharf gegen jemanden/etwas wenden;
vom französischen Wort „attaque“ (Angriff): wurde während des
Dreißigjährigen Krieges ins Deutsche übernommen. Als Attacke wurde
ursprünglich ein überraschen der Angriff der Kavallerie bezeichnet,
daher die Wendung „eine Attacke reiten“.
zu neuen Ufern aufbrechenauch: nach neuen Meeren aufbrechen
neue Ziele anstreben;
aus der Seefahrt: Vor der vollständigen Kartierung der Welt konnte
103
jedes aufbrechende Schiff neue Meere oder Ufer finden; heute kann
dies nur noch jeder für sich persönlich hoffen.
jemanden aufgabelnjemanden zufällig treffen und irgendwohin mitnehmen;
beim Essen mit einer Gabel steckt hinter dem Aufspießen und
„Mitnehmen“ eines Bissens durchaus die Intention des Essen den;
wenn man hingegen eine Person aufgabelt, so hat man sie ohne
Planung und Verabredung getroffen.
aufgedonnert sein
stark geschminkt und schick angezogen sein (bei Frauen);
bei diesem Sprichwort trügt wieder einmal der erste Eindruck.
So stand nicht der Donner Pate für den Ausdruck, sondern der
Wortursprung, auf den u. a. das italieni sche Wort „Donna“ (Frau)
zurückgeht. Wer sich „aufdonnert“, unterstreicht also in erster Linie
seine weiblichen Reize. Erst im Laufe der Zeit erhielt die Redewendung
einen eher negativen Beigeschmack.
kein Aufhebens machen
etwas nicht besonders beachten, keine großen Umstände machen;
aus dem Fechtsport: Die Redensart hat ihren Ursprung wohl im
Schaufechten. Vor dem eigentlichen Kampf wurden die Waffen in einer
umständlichen Zeremonie zunächst auf den Boden gelegt, dann ihre
Länge verglichen u. Ä., schließlich wurden sie aufgehoben, und das
Fechten begann.
jemanden aufmöbelnjemanden aufmuntern, jemandem Mut zusprechen;
bezog sich ursprünglich tatsächlich auf alte Möbel, die restauriert
wurden.
104
es mit jemandem aufnehmen (können)
jemandem gewachsen sein;
meint mit dem „es“, das aufgenommen wird, Waffen; die
Redewendung bedeutet also eigentlich: sich einem Duell, Zweikampf
mit jemandem gewachsen fühlen.
aufschneidenprahlen, angeben;
aus dem 17. Jahrhundert: geht darauf zurück, dass man bei Tisch
den Braten tranchiert und dabei so große Stücke abschneidet, dass
die Gäste sie kaum essen können. Wer so großspurig von seinen
Heldentaten erzählt, dass schnell erkennbar wird, dass er nur angibt,
dessen Lügengeschichten sind ebenso „schwer zu schlucken“.
komentenhafter Aufstiegeine steile Karriere;
aus der Astronomie abgeleitet: Eigentlich ist diese Redewendung
unsinnig, da Kome ten, in die Erdatmosphäre eindringende
Gesteinsbrocken, nicht aufsteigen, sondern – wenn auch mit extrem
hoher Geschwindigkeit – fallen.
sich auftakelnsich herrichten, hübsch machen;
aus der Schifffahrt: Die Redensart geht auf Matrosenjargon aus dem
18. Jahrhundert zurück. Die Takelage ist die Segelausstattung samt
Masten – Schiffe wurden aufgetakelt, also zum Auslaufen vorbereitet.
Ist das Schiff aufgetakelt, können die Matrosen die Segel setzen.
im Aufwind sein
zunehmenden Erfolg haben;
aus der Aerodynamik: Ein Aufwind ist eine aufsteigende Luftbewegung,
105
auf der Vögel, aber auch Segelflugzeuge ohne Kraft- bzw. Motoreinsatz
höher steigen können.
etwas wie seinen Augapfel hüten
etwas wertschätzen und deshalb gut beschützen;
aus der Bibel: Das Auge und der damit verbundene Sehsinn ist für den
Menschen ausgesprochen wichtig. Es gibt tatsächlich kaum einen
Körperteil, der so empfindlich ist und so gut behütet wird. Aus dieser
Erkenntnis entsprang die Bitte an Gott in Psalm 17,8: „Behüte mich wie
einen Augapfel im Auge, beschirme mich unter dem Schatten deiner
Flügel.“
auf dem rechten Auge blind sein
die Gefahr linksextremer/rechtsextremer Aktivitäten ignorieren oder
verharmlosen;
eine Abwandlung der Wendung „auf einem Auge blind sein“.
auf einem Auge blind sein
einen bestimmten Aspekt einer Sache nicht wahrnehmen (wollen);
wer seine Sehkraft auf einem Auge eingebüßt hat, dessen räumliches
Sehen ist verloren. Wer hingegen im übertragenen Sinne „auf einem
Auge blind ist“, der übersieht – bewusst oder unbewusst – wichtige
Aspekte einer Angelegenheit und sieht nur die eine Seite.
Auge um Auge, Zahn um Zahn
Gleiches mit Gleichem vergelten;
aus der Bibel: Dieser alttestamentarische Rechtssatz kommt in der
Bibel mehrfach vor, so heißt es u. a. bei Levitikus (2. Mose 24,19–20):
„Und wer seinen Nächsten verletzt, dem soll man tun, wie er getan
hat, Schaden um Schaden, Auge um Auge, Zahn um Zahn; wie er
einen Menschen verletzt hat, so soll man ihm auch tun.“
106
da bleibt kein Auge trocken
alle sind gerührt;
aus dem 19. Jahrhundert: Wenn von einer Geschichte die Zuhörer
so gerührt sind, dass ihnen die Tränen in den Augen stehen, dann
bleibt „kein Auge trocken“. Heute wird die Redensart auch für andere
aufregende oder lustige Vorkommnisse verwendet.
das Auge des Gesetzes
auch: der Arm des Gesetzes
die Polizei, die Exekutive;
schon in der Antike finden sich ähnliche Redensarten, so spricht
Sophokles (ca. 496–406 v. Chr.) vom „Auge der strafen den
Gerechtigkeit“.
das Auge isst mit
eine Mahlzeit muss auch gut aussehen;
da der Mensch die Eindrücke seiner Sinne kombiniert und daraus die
Beurteilung einer Sache formt, stimmt es tatsächlich, dass das Auge
„mitisst“. Wenn eine Speise zwar wohlschmeckend und -riechend ist,
aber unansehnlich, wird sie kaum munden, da als Erstes das Urteil
„nicht essbar“ gefällt wurde.
ein Auge riskieren
auch: einen Blick riskieren
einen kurzen Blick wagen;
aus dem Mittelalter: Wer „ein Auge riskierte“, dem drohte ursprünglich
der Verlust dieses Auges, wenn er nicht wachsam war. Die
Redewendung stammt aus dem Umfeld der Ritterkämpfe – ein Ritter
musste das schützende Visier anheben, um sein Gesichtsfeld etwas zu
erweitern.
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ein Auge zudrücken
etwas nicht so genau nehmen, etwas durchgehen lassen;
da nur zwei nebeneinanderliegende Augen räumliches Sehen
ermöglichen, bedeutet das Schließen eines Auges, dass die optische
Wahrnehmung verflacht und weniger präzise wird. Wer in einer Sache
„ein Auge zudrückt“, der erklärt sich also bewusst bereit, einige Details
zu übersehen.
ins Auge gehen
schiefgehen, misslingen;
belegt seit etwa 1900: Wenn etwas das Auge trifft oder gar den
Augapfel verletzt, kann dies schlimmstenfalls zur Erblindung führen,
während der Kopf bzw. das Gehirn weitgehend durch Schädelknochen
vor Verletzungen geschützt ist.
ins Auge springen
sofort auffallen;
etwas, das einem auf den ersten Blick auffällt, „springt“ einen in seiner
Offensichtlichkeit schier an – oder einem „ins Auge“.
mit einem blauen Auge davonkommen
einer Gefahr/schlimmen Lage mit nur kleinen Schäden entkommen;
zwar ist ein „blaues Auge“ keine schöne Verletzung, aber wer z. B. von
einem Bären angegriffen wird, der dürfte froh sein, wenn er mit einem
Bluterguss entkommt.
sehenden Auges etwas tun
das Risiko bei dem, was man tut, kennen;
diese Redewendung betrachtet das Risiko einer Unternehmung als
etwas Materielles, also Sichtbares, das man entweder „vor Augen“ hat
oder nicht sehen will.
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vor dem inneren Augein der Vorstellung;
diese Redensart schafft das Bild einer mit ebensolchen Sinnesorganen
wie der Körper ausgestatteten Seele oder Fantasie, die also etwas vor
dem „inneren Auge“ sehen kann.
die Augen schonen
schlafen;
aus der Soldatensprache: Die scherzhafte Wendung entstand wohl
im Ersten Weltkrieg; wer sich schlafen legen konnte, der musste nicht
mehr auf den Feind zielen
jemandem fällt es wie Schuppen von den Augenjemand versteht plötzlich etwas;
aus der Bibel: In der Apostelgeschichte (9,18) wird über die Wandlung
des Saulus zum Paulus berichtet. Gott erschien Saul, blendete ihn und
schickte drei Tage später Hananias zu ihm, um ihm sein Augenlicht
wiederzugeben. Heute wird die Redewendung nicht mehr auf die
Aufhebung einer physischen, sondern der geistigen „Blindheit“
bezogen.
jemandem Sand in die Augen streuen
jemanden blenden, täuschen;
im Fechtduell half ein unfairer Kämpfer seinem Sieg auf die Sprünge,
indem er Erde oder Sand aufnahm und sie dem Gegenüber in das
Gesicht warf, sodass dieser nicht mehr klar sehen konnte und verlor.
den Augiasstall ausmisten
eine große Unordnung, ein lange vernachlässigtes Chaos beseitigen;
aus der griechischen Mythologie: Augias war König von Elis und
hatte einen Stall mit einer riesigen Rinderherde, der seit Jahren nicht
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gereinigt worden war. Herakles (Herkules) erhielt u. a. die Aufgabe,
diesen Stall auszumisten. Es gelang ihm an einem einzigen Tag, indem
er die Flüsse Alpheus und Peneus hindurchleitete, die den Stall durch-
und den Mist mit sich fortspülten.
etwas ausbaldowernetwas auskundschaften;
aus dem Rotwelsch: Das jiddische Wort „baldower“ für jemanden,
der eine Nachricht überbringt, wurde in der Gaunersprache vom
„Kundschafter“ zum „Auskundschafter“ und im 19. Jahrhundert in
dieser Bedeutung in die Alltagssprache übernommen.
jemanden ausbootenjemanden ausschließen;
aus der Seefahrt: „Ausbooten“ bezeichnet eigentlich den Transport der
Besatzung bzw. der Gäste eines großen Schiffes mittels kleiner Boote
an Land.
ein Ausbund an ...
aus der Kaufmannssprache: bezieht sich auf den alten
Kaufmannsbrauch, von einer Ware das schönste Stück oben auf das
Bündel oder außen an das Paket zu binden, um die gute Qualität der
Ware hervor zuheben.
jemanden auseinandernehmenjemanden scharf tadeln; jemanden verprügeln;
vergleicht die kritisierte bzw. verprügelte Person mit einem
Gegenstand, der in mehrere Teile zerlegt werden kann – für einen
Menschen allerdings ein seelisch oder körperlich schmerzhafter
Vorgang.
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etwas ausfechteneinen Streit, eine Auseinandersetzung klären, zur Entscheidung
bringen;
aus der Militärsprache: bedeutete ursprünglich, einen Konflikt durch ein
Gefecht zu klären – und so lange zu kämpfen, bis der Sieger feststand.
Daraus entwickelte sich die übertragene Bedeutung, etwas durch
Argumente abschließend zu klären, etwa vor Gericht.
ausgefuchst sein
gerissen, clever, listig, schlau sein;
„schlau wie ein Fuchs“ bedeutet dieser Ausdruck. Bereits in den Fabeln
Äsops, später dann in denen Lafontaines war „Reineke Fuchs“ der
Gerissene. Die Charakter züge dieser Figur stammen vermutlich aus
orientalischen Sagen.
etwas ist nicht ausgegorenetwas ist noch nicht ausreichend durchdacht;
bezog sich ursprünglich auf die alkoholische Gärung bei der
Bierherstellung; ist diese noch nicht vollständig abgelaufen, ist das
Produkt ungenießbar.
ausgepowertvöllig erschöpft sein;
aus dem Französischen: Vor der Französi schen Revolution war der Adel
gegenüber der armen Bevölkerung erbarmungslos. Die Verarmten,
französisch „les pauvres“, sollten von den adeligen Handlangern völlig
entkräftet werden, also „ausgepovert“. Durch das immer gängigere
Englisch wurde das Wort erst im Lauf der Zeit zu „ausgepowert“.
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etwas ausmerzenetwas aussondern, ausschalten;
aus der Landwirtschaft: Der Ausdruck „merzen“ ist bereits im
Mittelhochdeutschen zu finden. Lange Zeit wurde er lediglich für
das Aussondern von kranken Schafen aus der Herde verwendet
und erst im 18. Jahrhundert generalisiert. Das Wort bildete sich, da
die Aussonderung „unbrauchbarer“ Schafe meist im März vor der
Bedeckung durch den Schafbock geschah („ausmärzen“).
etwas ausposaunenetwas (Geheimes) weitererzählen, publik machen;
aus der Bibel: Ursprünglich meint diese Redewendung, „etwas durch
die Meldeposaunen (oder -trompeten) verbreiten“, also mit großer
Lautstärke und Wirkung bekannt machen. In Matthäus 6,1–13
wird davon abgeraten, seine Wohltaten an anderen Menschen
weiterzuerzählen, um das eigene Ansehen zu steigern: „Habt acht auf
eure Frömmigkeit [...]. Wenn du nun Almosen gibst, sollst du es nicht
vor dir ausposaunen lassen, wie es die Heuchler tun in den Synagogen
und auf den Gassen, damit sie von den Leuten gepriesen werden.“
jemanden ausquetschenjemanden intensiv befragen;
wer einem anderen Menschen „die Würmer aus der Nase zieht“, der
presst eine Antwort auf jede Frage aus ihm heraus – manchmal auch
mit Gewalt.
den Ausschlag geben
etwas entscheiden;
aus dem 15. Jahrhundert, abgeleitet von der Redensart des „Züngleins
an der Waage“, das in die eine oder andere Richtung „ausschlug“ und
damit die Entscheidung traf.
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So schreibt Luther: „Es ist kündig gnug, wenn man dich nach deyner
Zungen wiegen solt, wo der außschlag hynn fallen wurdt.“
zum Auswachsen sein
unerträglich, zum Verzweifeln sein;
seit Mitte des 19. Jahrhunderts belegt: bezieht sich analog zur
Wendung „zum Aus-der-Haut-Fahren sein“ darauf, dass man sich bei
etwas so unwohl fühlt, dass man noch lieber ohne den eigenen Körper
weg läuft, als mit diesem an Ort und Stelle zu bleiben.
außer sich sein
auch: außer sich geraten
erregt, – je nach Zusammenhang – wütend, zornig, aber auch
begeistert, freudig sein/werden;
bezieht sich wohl auf die ähnliche Wendung „aus der Haut fahren“, kann
aber auch in positivem Sinne verwendet werden.
sich benehmen wie die Axt im Walde
sich sehr rücksichtslos verhalten;
in dieser Redensart wird die Axt des Holzfällers personifiziert; ihre
Aufgabe, das Umschlagen der Bäume, wird auf das Verhalten eines
Menschen übertragen, der sich um die (seelischen) Wunden seiner
Mitmenschen nicht sorgt.
ein wahres Babel (sein)
auch: ein wahres Sündenbabel
ein Ort voll Sünden und Verderbtheit;
aus der Bibel abgeleitet: Diese Redensart entstammt der Geschichte
über den Turmbau zu Babel in 1. Buch Mose 11. Die Stadt wird als ein
Ort der Gewalt, Sünde und Gotteslästerung beschrieben, Vergehen,
die in dem Turmbau ihre letzte Steigerung finden.
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wie beim Turmbau zu Babelohne Verständigungsmöglichkeit;
aus der Bibel: Der Turmbau in Babylon wird im Alten Testament,
Genesis 11,1–9, beschrieben. Die Erbauer wollten mit dem Turm den
Himmel erreichen und so mit Gott konkurrieren; dieser schickte als
Strafe die „babylonische Sprachverwirrung“.
ein Backfisch sein
unerfahren, naiv sein; Bezeichnung für junge Mädchen;
aus der Fischersprache: Besonders kleine, weil junge Fische wurden
aus der Fangmasse aussortiert, da sie für den Verkauf unbrauchbar
waren. Dabei wurden sie backbords – also über die Back – in das
Meer zurückgeworfen. Das Wort „Backfisch“ als Bezeichnung für
einen unerfahrenen Menschen wurde zuerst in der Sprache der
studentischen Verbindungen verwendet; in den 1950er-Jahren
wurden schließlich junge, naive Mädchen so genannt.
jemandem eine Backpfeife geben
jemanden ohrfeigen;
die „Backpfeife“ besteht aus einer Kurzform des Wortes „Backe“, dem
Körperbereich, auf den geschlagen wird, und aus „Pfeife“. Eine Pfeife
ist ein kleines, durch Atemluft zum Tönen gebrachtes Instru ment. Es
ist wahrscheinlich, dass hier auf die rasch austretende Luft aus dem
Mund raum bei einem Schlag auf die Wange Bezug genommen wird.
ein Bad in der Menge nehmen
sich in eine Menschenmenge begeben;
aus den 1960er-Jahren: Wer sich als bekannte Persönlichkeit unter die
Leute mischt, um in Form von Händeschütteln, Schulterklopfen etc.
unmittelbaren Kontakt zum „Mann aus dem Volke“ herzustellen, der
badet in der Menge wie andere nur in warmem Wasser.
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zu heiß gebadet haben
nicht ganz bei Verstand sein;
diese sehr junge, umgangssprachliche Redewendung nimmt Bezug
auf Textilien, die durch zu heißes Waschen eingehen, und stellt die
geistige Kapazität einer Person als ebenfalls „geschrumpft“ dar.
baff sein
sprachlos, perplex, überrascht sein;
seit dem 17. Jahrhundert belegt: Der Ausdruck ist eine lautmalerische
Beschreibung eines Schussgeräuschs, bei dem die meisten Menschen
in der Bewegung verharren und sprachlos nach der Ursache horchen.
auf die schiefe Bahn geraten
auch: auf die schiefe Ebene geraten
kriminell werden;
aus der Bergmannssprache: Als schiefe Bahn oder Ebene bezeichnete
man im Bergbau einen schräg nach unten verlaufenden Stollen, durch
den Loren mit dem abgebauten Material nach oben befördert werden
konnten. Wer redensartlich auf die schiefe Bahn gerät, mit dem geht es
bergab.
aus der Bahn geworfen werden
scheitern;
aus dem Mittelalter: „Bahn“ meint hier den Kampfplatz; wer beim
ritterlichen Turnier aus der Bahn geworfen wurde, der hatte den
Kampf verloren.
einen großen Bahnhof machen
viel Aufhebens um etwas oder jemanden veranstalten;
aus der Frühzeit der Eisenbahn: Zu der Eröffnung der ersten Bahnlinien
wurden meist auch gekrönte Häupter eingeladen. Der offizielle
115
Empfang der Hoheiten am Bahnhof hatte den Charakter eines
Staatsaktes, man machte „einen großen Bahnhof“.
nur Bahnhof verstehen
etwas nicht verstehen, nicht begreifen; etwas nicht hören wollen;
im Ersten Weltkrieg die übliche Erwiderung kriegsmüder Soldaten
auf jede Art von Frage. Der „Bahnhof“ symbolisierte für sie die lang
ersehnte Fahrt in die Heimat. Mit der Antwort „Ich verstehe nur
Bahnhof“ machten sie dem Fragenden deutlich, dass sie an keinem
anderen Gesprächsthema als dem Heimreisetermin interessiert waren.
den Balken im eigenen Auge nicht sehen, aber den Splitter im
fremden
nicht selbstkritisch sein; eine Doppel moral haben;
aus der Bibel: In Matthäus 7,3–5 heißt es: „Was aber siehst du den
Splitter, der in deines Bruders Auge ist, den Balken aber in deinem
Auge nimmst du nicht wahr? Oder wie wirst du zu deinem Bruder
sagen: Erlaube, ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen; und
siehe, der Balken ist in deinem Auge? Heuchler, zieh zuerst den Balken
aus deinem Auge, und dann wirst du klar sehen, um den Splitter aus
deines Bruders Auge zu ziehen.“
am Ball bleiben
auch: am Ball sein
eine Sache konsequent weiterverfolgen;
aus dem Sport: Fußballer müssen nahe „am Ball bleiben“, wenn sie
nicht riskieren wollen, dass er ihnen von einem gegnerischen Spieler
abgejagt wird.
den Ball flach halten
kein Risiko eingehen, mit Bedacht agieren, Vorsicht walten lassen;
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aus dem Fußball: Ein Fußballspieler hält den Ball flach, d. h. nur wenig
über Boden niveau, um den Pass besser kontrollieren zu können und
dem Gegner weniger Möglichkeit zur Störung zu bieten.
etwas ist Balsam für die Seele
etwas (ein Lob, Kompliment u. Ä.) tut einem sehr gut;
das Harz des Balsambaumes oder der Myrrhe duftet nicht nur, sondern
wurde auch als Heilmittel, zur Schmerzlinderung und zur Salbung
verwendet.
vor etwas einen Bammel haben
sich vor etwas (ein bisschen) fürchten;
„bammeln“ bedeutete ursprünglich das selbe wie „baumeln“, also
das Hin- und Herschwingen eines hängenden Gegenstands bzw. in
diesem Fall eines Gehenkten am Galgen. Aus der großen Angst vor der
Todesstrafe wurde die wesentlich geringe Furcht oder Sorge z. B. eines
Kindes vor der elterlichen Strafe.
mit harten Bandagen kämpfen
auch: mit harten Bandagen streiten
erbittert, rücksichtslos streiten, den Gegner nicht schonen;
aus dem Boxsport: Heute tragen Boxer Handschuhe, früher
umwickelten sie die Hände mit Stoffstreifen. Wenn sie mit „har ten“,
d. h. entweder rauen oder speziell präparierten Bandagen kämpften,
stieg die Verletzungsgefahr für den Gegner.
Bände sprechen
(unbeabsichtigt) sehr viel aussagen, aufschlussreich sein;
wenn eine kurze Äußerung so viel erklärt wie der Inhalt mehrerer
Bücher, dann spricht sie Bände!
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durch die Bankohne Ausnahme, ohne Unterschied;
von mittelalterlichen Tischsitten: Bei den Mahlzeiten wurden alle
nacheinander bedient und bekamen ihr Essen in der Reihen folge, in
der sie auf der Bank saßen – ohne irgendeine Bevorzugung; Rang oder
Namen spielten im Gegensatz zum sonstigen Leben keine Rolle.
leeren Bänken predigen
auf Desinteresse stoßen, keine Zuhörer haben;
bezog sich ursprünglich auf die Kirchenbänke, wird heute meist auf
die „Bänke“ im Parlament angewendet.
da steppt der Bärbezieht sich wohl auf die früher auf Jahrmärkten und im Zirkus
vorgeführten Tanzbären, die zum Gaudium des Publikums
Kunststücke vollbrachten.
wie ein Bär schlafen
sehr gut und tief schlafen;
aus dem Tierreich: Um einen guten, l angen und erholsamen Schlaf zu
beschreiben, existieren mehrere Redewendungen, die Winterschlaf
haltende Tiere erwähnen; neben dem Bären vor allem noch beliebt:
das Murmeltier.
jemandem einen Bären aufbinden
jemandem Lügenmärchen erzählen;
aus dem Mittelhochdeutschen: Der „Bär“, der aufgebunden wird, ist
kein Waldtier, sondern nur eine Variante des Wortes „Bar“, das so viel
wie Last, Gewicht bedeutete. Mit einer fiktiven Geschichte, die der
andere glaubt, bindet man ihm also eine Bürde auf, denn er wird sich
mit dem neuen „Wissen“ vor anderen unter Umständen blamieren.
118
jemandem einen Bärendienst erweisen
jemandem in guter Absicht einen Dienst erweisen, der für den
Empfänger ungewollt negative Folgen hat;
geht vermutlich auf die Fabel „Der Bär und der Gartenfreund“ des
französischen Dichters Jean de La Fontaine zurück. In ihr freunden
sich ein einsamer Bär und ein alter Gartenfreund an. Eines Tages setzt
sich eine Fliege auf das Gesicht des schlafenden Gärtners. Der Bär, der
seinem Freund zu Diensten sein will, nimmt einen großen Stein und
schleudert ihn nach der Fliege, um sie zu verscheuchen. Weder Fliege
noch Gartenfreund überleben.
auf der Bärenhaut liegen
faulenzen;
aus der Renaissance: Damals wurde die „Germania“ des Tacitus neu
entdeckt. Tacitus schildert die Lebensgewohnheiten der Germanen
(Kapitel 15), die vor allem „auf der faulen Haut“ lagen, bei der es sich
zumeist wohl um ein Bärenfell handelte.
auf die Barrikaden gehen
energisch protestieren, Widerstand leisten;
eine Barrikade, abgeleitet vom französi schen Wort „barriques“ (Fässer),
ist ein (meist improvisierter) Schutzwall in Stra ßenkämpfen. Die
Wendung verbreitete sich in Deutschland während der Revolutions-
wirren 1848, schon in der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts wurde
sie auch redensartlich gebraucht.
jemandem um den Bart gehen
jemandem schmeicheln;
die Geste, die ursprünglich mit dieser Redensart umschrieben wurde,
ist das Streicheln des – früher beim Mann stets von Bart bedeckten –
Kinns.
119
solch einen Bart haben
altbekannt und entsprechend langweilig sein;
vergleicht eine Erzählung oder einen Witz mit einem alten Mann, der
sich schon einen langen Bart hat wachsen lassen.
wissen, wo der Barthel den Most holt
auch: zeigen, wo der Barthel (Bartl/Bartel) den Most holt
sich als der Stärkere, Gewitztere erweisen, sich durchsetzen; zeigen,
dass man in einer Sache Erfahrung besitzt;
unter den zahlreichen Erklärungen dieser Redewendung sind zwei
besonders einleuchtend. Zum einen könnte das Jiddi sche der
Ursprung gewesen sein. Das he brä ische Wort für Münze, maoth,
wurde im Volksmund zum bekannteren „Most“. Barsel, aus dem
schließlich „Barthel“ wurde, bedeutete zunächst lediglich Eisen.
Im Rotwelsch wurde es jedoch für Waffen, Werkzeuge und – wie
in diesem Fall – für das Brecheisen verwendet. Die Redewendung
bedeutet also „wissen, wo man mit dem Brecheisen Geld holen
kann“ – also wissen, wie man seinen eigenen Vorteil erzielt.
Ebenso ist es aber möglich, dass sich die Redewendung aus dem
plattdeutschen Satz „... wo Bartheld de Mus herhalt“ entwickelt
hat. „Mus“ bedeutet Mäuse, kann aber auch als Bezeichnung für
Kinder verwendet werden. Bartheld ist der volkstümliche Name des
Storchs. Wenn man weiß, wo der Storch die Babys wirklich herhat,
kennt man sich aus in der Welt und glaubt keine Kindermärchen
mehr.
ein ganzer Batzeneine große Menge von etwas (Wertvollem);
aus dem 15. Jahrhundert: Als Batzen bezeichnete man, wegen des
darauf abgebildeten Bären (Petz), die Vierkreuzerstücke. Ursprünglich
120
eine Schweizer Münze, verbreiteten sich die Geldstücke im
15. Jahrhundert in ganz Deutschland und mit ihnen die Bezeichnung.
aus dem hohlen Bauchohne Vorbereitung;
während ein gefüllter Bauch Energie gibt, muss der hohle Bauch
Hunger leiden und steht damit für Kraftlosigkeit. Üblicherweise
müsste, bevor eine Aufgabe angefangen wird, erst etwas gegessen
(gelernt), der hohle Bauch (Kopf) also gefüllt werden.
jemanden bauchpinselnjemandem schmeicheln;
aus der Studentensprache: vielleicht eine scherzhafte Nachbildung zu
„Gaumen kitzel“. Der Bauch gilt redensartlich als Sitz des Gefühls – daher
das „Bauchgefühl“ oder das „flaue Gefühl in der Magengrube“. Wer es
versteht, sich erfolgreich bei jemandem einzuschmeicheln, der schaltet
gleichsam den Verstand seines „Opfers“ aus.
draufschlagen wie der Bauer auf den Wolf
fest zuschlagen;
Bauern wurden früher zwar für dumm, aber zumindest für sehr robust
und aufgrund der Feldarbeit kräftig gehalten; sie konnten ihre Gegner
also ebenso leicht niederschlagen wie einen Wolf, den sie in ihrem
Stall erwischten.
ein Bäuerchen machen
erwartetes Aufstoßen (bei Babys);
benannt nach der als bäuerlich geltenden Sitte, zum Zeichen der
Sättigung nach dem Essen laut zu rülpsen.
121
auf Bauernfang gehen
jemanden auf sehr ungeschickte, plumpe Weise übervorteilen
(wollen);
diese Redewendung wurde auf der Basis des früher weit verbreiteten
Vorurteils, alle Bauern seien ungebildet und entsprechend leicht zu
betrügen, gebildet.
ein Bauernopfer darbringen
eine weniger wichtige Sache opfern, um einer wichtigen Sache zu
nützen;
aus dem Schachspiel: bezieht sich auf die empfehlenswerte Taktik,
lieber einen Bauern durch den Gegner nehmen zu lassen, als eine der
wichtigen Figuren (v. a. den König) zu gefährden.
bauernschlau sein
gewitzt sein;
die Redewendung bezieht sich auf einen heute mit Sicherheit nicht
mehr allgemein-gültigen Umstand früherer Jahrhunderte. Damals
genossen praktisch ausschließlich die Kinder reicher Eltern und von
Städtern eine bessere Schulausbildung; die Bildung der Bauern auf
dem Land war sehr gering. Dennoch konnten sie teilweise durch
Gewitztheit, Planungsfähigkeit und Schlauheit überraschen –
zumindest die Städter, die sie dafür stets für zu unintelligent gehalten
hatten.
Bauklötze staunen
verblüfft sein, sprachlos staunen;
aus den 1920er-Jahren: Diese Berliner Redensart entwickelte sich
vermutlich über mehrere Stufen von einem „da machste Jlotzoogen“
(Glotzaugen machen; später: „Jlotzen machen“) über „da staunste
Jlotzen“ hin zu „da staunste Klozzer“, also Klötze. Hier wirkte die
122
Ausspracheähnlich keit semantisch unterschiedlicher Wörter in
verschiedenen Dialekten treibend („ Kloz zer“ stammt aus dem
Fränkischen).
zwischen Baum und Borke stehen
Entscheidungsschwierigkeiten haben;
diese Redewendung ist inhaltlich identisch mit dem Ausdruck „nicht
ein noch aus wissen“. Zwischen Baum und Borke befindet sich das so
genannte Splintholz, eine noch nicht verkernte, junge Holzschicht.
Diese steht also bezüglich Festigkeit und Material zwischen der Borke,
der Schutzrinde des Baumes, und dem nutzbaren Kernholz.
in Bausch und Bogen
komplett, total, ohne Ausnahme;
„Bausch“, liest man in Grimms Wörterbuch der deutschen Sprache, ist
die nach außen, „Bogen“ die nach innen gewölbte Grenze oder Fläche.
Wenn etwas „in Bausch und Bogen“ verurteilt wird, sind also sämtliche
Aspekte und möglichen Erscheinungsformen betroffen. – Der Ausdruck
wurde zunächst im juristischen Bereich üblich und meinte dort eine
bestimmte Verkaufsvariante. Aus der alternativen Schreibweise
„Pausch und Pogen“ entstanden später das Wort „pauschal“ und
Zusammensetzungen wie Pauschbetrag oder Pauschalreise.
sich bedeckt halten
seine Meinung zu etwas nicht preisgeben;
aus dem Mittelalter: Das Visier eines Ritters schützte im Kampf
oder beim Turnier nicht nur sein Gesicht, sondern machte ihn auch
unkenntlich. Wer also sein Visier geschlossen und damit sein Gesicht
bedeckt hielt, der hielt seine Identität verborgen.
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kein Bein auf die Erde kriegen
keinen Erfolg mit etwas haben;
spielt darauf an, dass man bezüglich eines Vorhabens keinen festen
Stand gewinnt bzw. immer wieder zurückgeworfen wird.
Hals- und Beinbruch!
Viel Glück! Alles Gute!
Für diese Redensart gibt es zwei mögli che Quellen: Zum einen den
hebräischen Wunsch „hazlóche un bróche“, was schlicht „Glück und
Segen“ bedeutet und im Lauf der Zeit durch lautähnliche (aber unsinni-
ge) deutsche Begriffe ersetzt wurde. Die zweite Erklärung verweist auf
die Annahme des volkstümlichen Aberglaubens, dass böse Geister
aufgrund ihrer negativen Wirkung auch Glückwünsche ins Gegenteil
verkehren. Wünscht man jemandem also direkt Glück, so wird daraus
Unglück. Der alte Schauspielerwunsch „Hals- und Beinbruch“ bewirkt
dagegen, dass eben dies nicht eintritt.
etwas auf die Beine stellen
etwas aufbauen, zustande bringen, schaffen, entwickeln;
stellt eine Unternehmung wie ein Lebe wesen dar – wenn man es auf
die Beine stellt, impliziert der Ausspruch, so wird es künftig alleine
„laufen“.
jemandem Beine machen
jemanden antreiben;
die unteren Extremitäten werden in dieser Redewendung als Synonym
für ihre Haupt aufgabe, das (schnelle) Laufen, verwendet.
sich die Beine in den Bauch stehen
auch: sich die Beine in den Leib stehen
lange (im Stehen) warten müssen;
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diese Redewendung beruht auf dem Bild durch langes Stehen kürzer
werdender Beine und erklärt sie dadurch, dass das Gewicht des
Oberkörpers so groß ist, dass er über die Beine zu Boden gedrückt
wird.
auf wackeligen Beinen stehen
unsicher/schwach/ungewiss sein;
aus dem Tierreich: Neugeborene Säugetiere, z. B. Rehkitze, sind
darauf angewiesen, möglichst schnell auf eigenen Beinen zu stehen
und laufen zu können, da sie sonst gegen Fressfeinde keine Chance
haben. Dabei sind sie anfangs jedoch sehr unsicher, stehen eben „auf
wackeligen Beinen“.
jemanden nicht mit der Beißzange anfassen mögen
jemanden überhaupt nicht berühren wollen;
beschreibt bildhaft, dass man sich von jemandem so abgestoßen
fühlt, dass selbst die Verwendung eines Werkzeugs aus Metall nicht
genug Abstand zu ihm schafft.
eine Benzinkutscheein Kraftfahrzeug;
scherzhafter Ausdruck für das Auto, den Nachfolger der
Pferdekutschen; vermittelt den Eindruck eines ähnlichen Aussehens
und lediglich unterschiedlichen Antriebs.
der Berg kreißt und gebiert eine Maus
auch: der Berg kreißt und eine Maus wird geboren; der Berg gebiert eine Maus
große Vorbereitungen treffen oder Versprechungen machen, die kein
Ergebnis zeitigen werden;
aus der Antike: In der „Ars poetica“ des römischen Dichters Horaz
(65–8 v. Chr.) heißt es: „Parturient montes, nascetur ridiculus mus.“ (Es
125
kreißen die Berge, zur Welt kommt nur ein lächerliches Mäuschen.)
Horaz kritisierte mit diesen Worten seine Kollegen, deren Werke seiner
Ansicht nach nicht ihren großen Ankündigungen entsprachen.
wie ein Ochse vor dem Berg stehen
ratlos sein;
diese Redewendung bezieht sich auf die angebliche große Dummheit
der Rinder: Ein Ochse ist sogar so dumm, dass er nicht weiß, wie er
einen Berg überwinden könnte.
Berge versetzen können
etwas leisten können, was menschliche Kräfte eigentlich übersteigt;
es gibt viele Taten, die nicht menschenmöglich sind; „Berge versetzen“
ist nur eine davon. So wird umschrieben, dass jemand etwas tut, was
man einem Menschen nicht zugetraut hätte. Meist wird die Rede-
wendung allerdings abgeschwächt verwendet als Beschreibung des
momentanen Zustands einer Person: „Ich fühle mich heute, als könnte
ich Berge versetzen!“
wie ein Berserkerwie verrückt, als ob man den Verstand verloren hätte;
aus dem Altnordischen: Die Bezeichnung „Berserker“ ist eine
Zusammensetzung aus den altnordischen Wörtern ber, „Bär“, und
serkr, „Hemd, Obergewand“. Sie steht für das Bärenhemd, den
Oberkörperschutz nordischer Krieger aus Haut und Fell eines Bären,
das ihnen die Kraft des Tieres verleihen sollte. Tatsächlich hatte
weniger die Übertragung animalischen Mutes als vielmehr der Furcht
einflößende Anblick und Gestank durchschlagende Folgen.
126
sehr beschlagen sein
sehr erfahren sein;
aus dem Schmiedehandwerk: Die seit dem 17. Jahrhundert belegte
Redewendung lautete im noch nicht übertragenen Sinne eher „gut
beschlagen sein“, denn ein mit passenden Hufeisen versehenes Pferd
läuft taktklar und sicher.
jemanden unter Beschuss nehmen
jemanden scharf und anhaltend kritisieren;
vergleicht eine heftige Rüge mit der Gefechtssituation in einem Krieg.
Ich fress einen Besen ...
Ausruf des Unglaubens; Beteuerung, dass etwas nicht wahr sein kann;
seit Beginn des 20. Jahrhunderts belegt: Der Sprecher beteuert, etwas
sehr Unangenehmes über sich ergehen lassen zu wollen – ein Besen
ist erstens nicht wohlschmeckend, zweitens schmutzig und drittens
aufgrund der harten Borsten kaum herunterzubringen –, wenn eine
von ihm angezweifelte Aussage sich als wahr erwei sen sollte. Dies
zeigt, wie überzeugt er von seiner Meinung ist.
wie bestellt und nicht abgeholt
fehl am Platz, verloren wirkend;
diese jüngere Redewendung wird insbesondere für vergeblich auf
jemanden wartende Personen verwendet, die sich während des
Wartens unwohl fühlen.
ein Betbruderjemand, der scheinheilig ist; ein Frömmler;
fiktiver klerikaler Titel; jeder Ordens bruder ist zum Beten angehalten,
ein Betbruder oder eine Betschwester ist aber eben nicht
Ordensmitglied.
127
jemanden an den Bettelstab bringen
jemanden sehr arm machen, ihn um sein gesamtes Geld bringen;
vermutlich war der Bettelstab der Wanderstock eines Bettlers, den
dieser brauchte, da er ohne feste Wohnung war und jeden Tag auf
der Suche nach Nahrung und Unterkunft durch die Gegend zog.
Auch könnte er sein Hab und Gut in einem an das Ende des über die
Schulter gelegten Stabes geknoteten Tuch mitgetragen haben.
nach dem Bettzipfel schielen
sehr müde sein;
beschreibt die sehnsüchtigen Gedanken einer übermüdeten Person
an sein Bett bzw. die daraufliegende Decke.
gut betucht sein
wohlhabend sein;
aus dem Mittelalter: Unter den wertvollen Dingen, die sich nur der
Adel leisten konnte, war auch feines Tuch; Bauern trugen stets grob
gewebte Baumwollstoffe. War jemand mit gutem Tuch bekleidet,
musste er also sehr reich sein.
ein Beutelschneiderein Dieb; jemand, der andere bei Geschäften übervorteilt;
bezieht sich auf den Geldbeutel, der aufgeschnitten wird, sodass das
gesamte Geld heraus und in die Hände des Diebes fällt.
bis an die Zähne bewaffnet sein
schwer bewaffnet sein;
aus dem Mittelalter: Die Wendung, die auf die Zähne als letzte Waffe
anspielt, findet sich schon in mittelhochdeutschen Quellen und ist
auch in anderen Sprachen verbreitet. So heißt es im Englischen „armed
to the teeth“.
128
Himmel und Hölle in Bewegung setzen
auch: Himmel und Erde in Bewegung setzen
alles für eine Sache/für jemanden tun;
aus der Bibel abgeleitet: In der Beschreibung der Strafe Gottes für
das sündige Babel (Jesaja 13,13) heißt es: „Darum will ich den Himmel
bewegen, und die Erde soll beben und von ihrer Stätte weichen durch
den Grimm des Herrn Zebaoth, am Tage seines Zorns.“
jemanden beweihräuchernjemanden (übermäßig) loben;
seit dem 18. Jahrhundert belegt: Weihrauch ist ein aus der
katholischen Liturgie nicht wegzudenkendes Element, das als Zeichen
der Gegenwart Gottes dient und gleichzeitig die Verehrung für ihn
ausdrückt. Wer jemanden beweihräuchert, der „vergöttert“ ihn also.
jemanden bezirzenjemanden umgarnen, verführen;
aus der griechischen Mythologie: Die verführerische Zauberin Circe
(Kirke) war die Tochter des Sonnengottes Helios. Sie lockte Odysseus
und seine Gefährten auf ihre Insel. Während sie die anderen in
Schweine verwandelte, beließ sie Odysseus seine menschliche Gestalt,
verführte ihn und behielt ihn lange bei sich (Homer, Odyssee, X).
auf Biegen und Brechen
bis zum Äußersten, hart auf hart;
erst im 17. Jahrhundert in dieser Form bezeugt: Die
Zusammenstellung von „biegen“ und „brechen“ ist jedoch weit älter.
So schreibt Luther: „Man beuget’s so lange, bis es bricht.“
„Was dan nicht biegen will, muss brechen.“ (Georg Rodolf Weckherlin,
Geistliche und weltliche Gedichte, 1641)
129
etwas wie saures Bier anbieten
auch: etwas wie Sauerbier anbieten
etwas um jeden Preis verkaufen wollen;
seit Anfang des 16. Jahrhunderts belegt: „Saures“ Bier ist schlechtes
Bier, dessen Verkauf ein Bierhändler dem Konkurrenten vorwarf.
auf eine Bierreise gehen
eine Kneipen- oder Sauftour unternehmen;
verbreitet im 19. Jahrhundert: bezieht sich wie der heutige Begriff
„Kneipentour“ auf den Besuch mehrerer Lokale im Laufe eines
Abends, verbunden mit dem intensiven Genuss von Bier oder anderen
alkoholischen Getränken.
im Bilde sein
etwas verstanden haben, sich über etwas im Klaren sein;
aus der Soldatensprache: bezieht sich nicht auf die Fotografie, auf der
jemand zu sehen ist, sondern auf das Bild (also die Vorstellung), das
sich jemand von einem Sachverhalt machen kann.
wie aus dem Bilderbuchetwas entspricht der Idealvorstellung von dieser Sache/diesem
Vorgang;
ähnlich der Wendung „wie gemalt“ deutet diese Redensart an, dass
etwas so perfekt ist, dass es nicht real sein kann.
von der Bildfläche verschwinden
auch: auf der Bildfläche erscheinen
plötzlich vollkommen verschwinden;
aus dem 19. Jahrhundert: Mit der „Bild fläche“ war zunächst das
Foto bzw. der durch den Sucher zu sehende Ausschnitt einer Szene
gemeint. Später wurde die Redewendung auf die Filmleinwand bzw.
130
den Fernsehbildschirm übertragen, auf der ein Schauspieler plötzlich
erscheint oder verschwindet.
Ach du heiliger Bimbam!Ausruf der Überraschung/des Erschreckens;
lautmalerische Redewendung, die auf das Glockenläuten der Kirche,
mit dem Sterbe fälle u. Ä. bekannt gemacht wurden, zurückgeht.
einen hinter die Binde kippen
sich betrinken;
seit Mitte des 19. Jahrhunderts belegt: Die Binde ist der früher übliche,
einer Fliege oder schmalen Krawatte ähnliche Halsschmuck eines
Mannes; sie wird bildlich für den Hals gesetzt.
in die Binsen gehen
fehlschlagen, misslingen;
aus der Jägersprache: Wird auf Federvieh in Wassernähe Jagd
gemacht, kann es geschehen, dass sich die Ente zwischen die Binsen
am Ufer flüchtet. Da sie dort nicht mehr sichtbar ist, ist sie für die Jäger
verloren – und die Jagd missglückt.
eine Binsenweisheitauch: eine Binsenwahrheit
eine bekannte, unumstrittene Wahrheit;
Binsen haben im Gegensatz zu anderen Grasarten keine Knoten;
eine Binsenwahrheit ist demnach eine „glatte Sache“ ohne jegliche
Verknotungen. In der griechischen Mythologie findet sich die
Geschichte König Midas’, dem Apollo Eselsohren angezaubert hatte;
sein Friseur entdeckte diese unter der Krone und vertraute dies –
ansonsten zum Schweigen verpflichtet – den Binsen am Flussufer an,
die die Kunde schnell in alle Winde verbreiteten.
131
jemandem bleibt der Bissen im Halse stecken
sich sehr erschrecken;
aus dem Mittelalter: geht wohl auf eine bestimmte Form des
Gottesurteils zurück, das bis ins späte Mittelalter eine weit verbreitete
Form der Rechtsfindung war. Eine Möglichkeit war, den Delinquenten
ein Stück trockenen Brotes oder harten Käses ohne Flüssigkeit
hinunterschlucken zu lassen. Gelang ihm dies ohne Schwierigkeiten,
so war Gott auf seiner Seite, er also unschuldig, anderenfalls zu
verurteilen.
blank sein
kein Geld haben, pleite sein;
„blank“ bezieht sich vermutlich auf den Boden eines Geldkästchens,
der durch die früher darin lagernden Münzen glatt gerieben wurde.
Ist man blank, so sieht man diesen Boden, weil sich kein Geld mehr im
Kasten befindet.
das Blatt hat sich gewendet
die Situation ist nun eine andere, aus einem Vorteil wurde ein Nachteil
(oder umgekehrt);
seit dem 16. Jahrhundert belegt: Meist bezeichnet diese Redensart
den Wandel zum Schlechteren für jemanden. Möglich ist eine
Herkunft aus dem Kartenspiel, wenn das „Blatt“ eines Spielers plötzlich
bessere oder auch keine Möglichkeiten mehr bietet. Wahrscheinlicher
aber ist der Bezug zum Blatt des Baumes. Besonders die Blätter der
Pappel „wenden“ sich um die Sommersonnenwende, um den wenigen
fallenden Regen zur Erde und den Wurzeln durchzulassen. Das zeigt
an, dass die Tage wieder kürzer werden und der harte Winter näher
kommt.
132
ein unbeschriebenes Blattjemand, über dessen Vergangenheit nichts bekannt ist; jemand, der in
einer Sache noch keinerlei Erfahrungen gemacht hat;
spielt auf eine leere Seite in einem Blankobuch an, auf der noch alles
getan werden kann: schreiben, zeichnen, malen ...
etwas steht auf einem anderen Blattetwas hat nichts damit zu tun, ist eine ganz andere Sache;
nimmt Bezug zu einem Buch, das keine durchgehende Geschichte
erzählt, sondern in dem auf jeder Seite – jedem Blatt – etwas anderes
steht.
blau sein
(sehr) betrunken, stark alkoholisiert sein;
der Ursprung dieser Redewendung ist nicht eindeutig gesichert, obwohl
sie erst in jüngerer Zeit entstand. Möglich ist, dass „blau“ eine Anspielung
auf die Nase eines Säufers ist, die aufgrund der gefäßerweiternden
Wirkung des Alkohols rot und nach dem Platzen kleiner Äderchen durch
die Einblutungen blau wird. Es existiert allerdings auch die wesentlich
früher belegte Redewendung „jemandem wird blau vor Augen“. Damit
wird eine einsetzende Ohnmacht beschrieben, die nach starkem
Alkoholkonsum auch eintreten kann.
blauäugig sein
naiv sein;
die meisten Babys haben blaue Augen, wenn sie zur Welt kommen.
Das liegt daran, dass die Farbpigmente auf der Regen bogenhaut noch
nicht ausreichend entwickelt sind, erst später bildet sich die eigentliche
Augenfarbe aus. Blauäugigkeit ist also typisch für einen gerade
geborenen Menschen, der noch unerfahren ist. Die Blauäugigkeit wird
deswegen auch gern naiven Personen zugeschrieben.
133
ins Blaue hinein
auch: ins Blaue fahren
ohne Vorbereitung, planlos, ohne genau festgelegtes Ziel;
in der Farbsymbolik steht das Blaue u. a. für die Weite und die
unbestimmte Ferne, das im Ungewissen liegende; genau in die se
Ungewissheit hinein handelt jemand, der ohne Planung oder weitere
Überlegung eine Unternehmung anfängt. Ähnlichen Ursprungs ist
beispielsweise auch der Ausdruck nach der „blauen Blume suchen“.
ein Blaustrumpf sein
eine Emanze sein (abwertend);
aus dem 19. Jahrhundert: bezieht sich auf die ersten
Emanzipationsbewegungen. Bei den Versammlungen einer der ersten
Gruppen der Frauenbewegung in England um 1750 war stets ein Herr
mit auffälligen blauen Strümpfen anwesend.
Blech reden
Unsinn reden;
Blech wird als Gegensatz zu Edelmetall redensartlich für
Minderwertiges, Wertloses gebraucht.
blechen müssen
(unrechtmäßig) viel bezahlen müssen;
der ursprünglich aus der Gaunersprache stammende Begriff „Blech“
für Geld, insbesondere für Münzen, war schon im 16. Jahrhundert
allgemein geläufig. Nach einer anderen Erklärung stammt die
Wendung aus dem frühen Münzwesen, als Münzen noch nicht
gestanzt, sondern aus einer Edelmetallplatte, dem so genannten Blech,
herausgeschnitten werden mussten.
134
ein Blindgängerein Versager;
als Blindgänger bezeichnete man ursprünglich nur Munition, die
nicht zün dete.
wie der Blitzauch: wie ein geölter Blitz
rasend schnell;
die bei Gewitter zu sehende elektrische Entladung ist seit Langem
ein Symbol für extreme Schnelligkeit. Ölen dient bei Maschinen der
Verringerung des Reibungs- und Laufwiderstandes, was selbst einen
Blitz noch schneller als üblich machen soll.
rangehen wie Blücher an den Katzbach
sehr entschlossen vorgehen;
diese Redensart nimmt Bezug auf den preußischen
Generalfeldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher (1742–1819),
der für seine wagemutige offensive Schlachtenführung berühmt
wurde. In der Schlacht am Katzbach am 26.8.1813 schlug er die
französischen Truppen vernichtend.
etwas durch die Blume sagen
etwas verhüllend, andeutend, auch schonend klarmachen;
aus dem Mittelalter: Die „Sprache der Blu men“ war schon im
Mittelalter bekannt und erlebte im 19. Jahrhundert erneut einen
großen Boom. Jeder Blume wird dabei eine bestimmte Bedeutung
zugewiesen. So musste die Angebetete den werbenden Ritter nicht
durch unfreundliche Worte zurückweisen, sondern überreichte ihm
einfach ein Sträußchen mit den entsprechenden Blumen. Auf diese
Form der Kommunikation geht auch die Wendung „Lasst Blumen
sprechen“ zurück.
135
damit keinen Blumentopf gewinnen können
nichts erreichen können, keinen Erfolg mit etwas haben;
aus der Berliner Mundart: geht wohl auf Jahrmarktsbuden zurück, an
denen die Gewinnchancen bekanntermaßen gering sind und man
schwerlich auch nur einen Blumentopf gewinnen kann.
blaues Blut haben
von Adel sein;
aus dem Spanischen: „Sangre azul“ („blaues Blut“) floss in den Adern
der spanischen Adeligen, da die Fürsten zumeist aus dem Norden
kamen, so etwa die Habsburger oder die Bourbonen, und hellere
Haut hatten, sodass ihr „blaues“ Blut deutlich hindurchschimmerte. Im
Deutschen ist die Wendung seit dem frühen 19. Jahrhundert belegt.
Blut an den Händen haben
auch: an jemandes Händen klebt Blut;
ein Mörder, Verbrecher sein;
wenn das Blut noch von den Händen tropft, liegt der Verdacht nahe,
dass gerade ein Mord geschehen ist. Redensartlich wird die Wendung
allgemein für Verbrechen und Untaten verwendet.
„Also noch einmal, nichts von Haß oder dergleichen, und um eines
Glückes willen, das mir genommen wurde, mag ich nicht Blut an den
Händen haben“ (Theodor Fontane, Effi Briest, Kap. 27).
Blut lecken
auf den Geschmack kommen;
aus der Tierwelt: Raubtiere werden noch gefährlicher, wenn sie ein
Beutetier bereits verletzt haben; das Blut bringt die Tiere erst so richtig
auf den Geschmack. Sie haben schließlich Blut geleckt!
136
Blut und Wasser schwitzen
große Angst haben, sehr nervös sein;
vor Angst oder Aufregung zu schwitzen ist eine normale körperliche
Reaktion; sie dient der Vorbereitung auf eine eventuell notwendige
Flucht vor der Ursache der Angst. Bei sehr großer Anspannung können
zudem feine Äderchen, die für eine optimale Blutversorgung im
Notfall geweitet werden, platzen, sodass Einblutungen unter der Haut
entstehen. Diese treten zwar nicht aus – aber man erhält den Eindruck,
als wolle der Körper zusätzlich zum Wasser auch Blut transpirieren.
die Musik im Blut haben
auch: den Rhythmus im Blut haben
musikalisch sein;
bezog sich ursprünglich darauf, dass man ein musikalisches Talent von
seinen Vorfahren geerbt, es also mit dem Blut übertragen bekommen
habe.
jemandem kocht das Blut in den Adern
sehr wütend sein;
die Redewendung bezieht sich auf die Beobachtung, dass bei
großer Wut die Adern am Hals und auf der Stirn anschwellen, sodass
man glauben könnte, das Blut sei kurz vor dem Überkochen. Einen
ähnlichen Weg geht der Ausdruck „ein hitziges Temperament haben“.
seltsame Blüten treiben
auch: wunderliche/merkwürdige Blüten treiben
da die Zahl und oft auch Ausprägung und Farbe der Blüten einer
Pflanze nie vorhersehbar ist, stehen diese „Blüten“ für etwas
Unerwartetes oder, wie in dieser Redewendung, anders Erwartetes.
137
den Bock zum Gärtner machen
jemand völlig Ungeeigneten mit einer Aufgabe betrauen;
während der Gärtner die Pflanzen hegt und pflegt, frisst sie der Bock
einfach ab. Ziegen fressen aber nicht nur die Triebe, sondern reißen oft
die ganze Pflanze samt der Wurzeln aus; ein frei laufender Ziegen bock
würde einen Garten innerhalb kürzester Zeit verwüsten. Die Redensart
als solche lässt sich schon im 16. Jahrhundert belegen.
einen Bock schießen
einen (groben) Fehler machen, eine Dumm heit begehen;
aus dem 15. Jahrhundert: Damals war es auf Schützenfesten im
Schwarzwald Brauch, dem Verlierer des Preisschießens einen Bock
als Trostpreis zu überreichen – wer den Bock schoss, der hatte zwar
danebengeschossen, musste sich aber dennoch nicht allzu sehr
grämen.
null Bock haben
keine Lust verspüren auf etwas;
erst um 1980 entstandene umgangssprachliche Wendung.
die Schafe von den Böcken scheiden
aus der Schäferei: Schon in der Bibel wird die Wendung auch im
übertragenen Sinne gebraucht, für die Trennung der guten und
schlechten Menschen beim Jüngsten Gericht: „Und alle Völker werden
vor ihm versammelt werden. Und der wird sie voneinander scheiden,
wie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet, und wird die Schafe
zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken.“ (Matthäus 25,32)
sich ins Bockshorn jagen lassen
unsicher werden, sich in die Enge treiben lassen;
nicht gesichert; möglicherweise bezieht sich die Wendung auf das
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Horn eines Tieres als Trinkgefäß oder Musikinstrument, das sich
zum Ende hin verjüngt; dort ist man in der Enge, hat keine weitere
Rückzugsmöglichkeit. „Bockshorn“ ist allerdings auch die früher
übliche Bezeichnung der Frucht des Johannisbrotbaumes.
am Boden zerstört sein
vollkommen am Ende, kraftlos sein;
aus dem Zweiten Weltkrieg: bezog sich ursprünglich auf die „dem
Erdboden gleichgemachten“ Städte, über die Bombenangriffe
geflogen worden waren.
an Boden gewinnen
auch: an Boden gutmachen
Fortschritte machen, Verlorenes wieder zurückgewinnen;
aus der Militärsprache: bezog sich ursprüng lich auf die im Feld
gemachten Fortschritte, d. h. auf den Zugewinn an Terrain.
auf dem Boden bleiben
auch: auf der Erde bleiben
sachlich, realistisch bleiben, sich keinen Illusionen hingeben;
der Boden steht redensartlich für das Fundament, die sichere
Grundlage. Im Gegensatz zum Träumer, der „abhebt“, bleibt der Realist
„auf dem Boden der Tatsachen“.
auf fruchtbaren Boden fallen
Zustimmung für etwas erhalten;
aus der Botanik: Wem es gelingt, bei anderen Menschen
Begeisterung für eine Idee oder einen Plan zu erzeugen, ihnen seine
Vorstellungen also „einpflanzen“ kann, dessen Worte fallen „auf
fruchtbaren Boden“.
139
etwas nicht aus dem Boden stampfen können
etwas nicht schaffen können;
Das feste Aufstampfen ist ein uralter magischer Brauch; die damit
angeblich verbundene Möglichkeit, Dinge herbeizuzaubern, führte
schon in der Antike zu ähnlichen Redensarten. Plutarch (45–125
n. Chr.) berichtet, der römische Feldherr Pompeius habe geprahlt, es
würden Scharen von Fuß- und Reitervolk aus der Erde steigen, wenn
er auf Italiens Boden stampfe (Plutarch, Pompeius 57).
„Kann ich Armeen aus der Erde stampfen? Wächst mir ein Kornfeld in
der flachen Hand? [...] nicht Silber hab ich, noch Soldaten!“ (Karl, König
von Frankreich, in Friedrich Schillers „Die Jungfrau von Orleans“ I,3)
jemandem brennt der Boden unter den Füßen
auch: jemandem wird der Boden unter den Füßen zu heiß
jemand befindet sich in einer gefährlichen Situation;
beschreibt den Drang zu fliehen bzw. einen anderen Aufenthaltsort
zu wählen, aber auch das durch Nervosität und Angst hervor gerufene
ängstliche Hin- und Hergehen.
jemandem den Boden unter den Füßen wegziehen
auch: einer Sache den Boden entziehen
jemanden ruinieren, in (finanzielle) Probleme bringen; etwas
entwerten;
diese Redewendung überträgt den „Boden unter den Füßen“ als Basis
des sicheren Stands auf das finanzielle Fundament u. Ä.
wie Pilze aus dem Boden schießen
sehr plötzlich sehr rasch wachsen;
wird meist hinsichtlich des plötzlich gehäuften Auftretens von
bestimmten Laden- oder Gastronomietypen verwendet, bezieht sich
aber auch auf rasch hochgezogene Wohn- und Industriebauten.
140
ein Ritt über den Bodenseeeine große Gefahr, die man erst im Nachhinein erkennt;
aus der Ballade „Der Reiter und der Boden see“ von Gustav Schwab
(1826): In dieser Erzählung wird von einem Reiter berichtet, der über
den zugefrorenen Bodensee reitet und, als man ihn danach auf diese
Gefahr aufmerksam macht, vor Schreck tot vom Pferd fällt.
den Bogen überspannen
es übertreiben;
aus der Antike: Der hölzerne Bogen, der der Jagd und als Waffe diente,
brach bei zu starker Spannung der Sehne leicht. Wer also mit zu viel Elan
an eine Sache herangeht, der zerbricht den Bogen leicht und wird dann
gar keinen Jagderfolg mehr haben.
für jemanden böhmische Dörfer sein
ganz und gar unbekannt oder unverständlich sein;
stammt aus der Zeit der österreichischen Donaumonarchie, zu der
auch Böhmen gehörte. Dessen Dörfer waren oft sehr entlegen und
hatten für Deutschsprachige unverständliche und unaussprechliche
tschechische Namen. Ähnliche Wendungen mit anderen Sprachen
oder Regionen gibt es in zahlreichen Sprachen, so sprechen die
Tschechen bei dieser Gelegenheit von einem „spanischen Dorf“, das
zwar ebenso wie ein böhmisches einst habsburgisch war, aber am
anderen Ende des Kontinents liegt.
nicht die Bohnekein bisschen, keineswegs;
aus dem Mittelalter: Obwohl Bohnen wie alle Hülsenfrüchte in
früheren Zeiten ein wichtiges Grundnahrungsmittel waren, war eine
einzelne Bohne nicht viel wert und schon im 13. Jahrhundert ein
Synonym für etwas Unwichtiges, Unbedeutendes.
141
Bohnen in den Ohren haben
schlecht hören (können);
aus dem Volksglauben: Nach volkstümlicher Vorstellung schädigt der
Verzehr von Bohnen das Gehör.
ein Bollwerk sein
etwas/jemand Schützendes, Widerstehendes;
aus dem Festungsbau: Ein Bollwerk war ursprünglich ein aus Holz oder
Erde, erst später aus Stein errichteter Wehrbau zur Belagerung oder
Verteidigung. Luther verwendete den Begriff in diesem Sinne in seiner
Bibelübersetzung; so heißt es im Deuteronomium (20,20): „Die Bäume
[...] darfst du verderben und fällen und ein Bollwerk daraus bauen
gegen die Stadt, die mit dir Krieg führt, bis du sie besiegt hast“, bei
Jesaja (23,11): „Er [Gott] hat Befehl gegeben über Phönizien, dass seine
Bollwerke zerstört werden.“
„[Da] zog heran Nebukadnezar, der König von Babel, mit seiner ganzen
Macht gegen Jerusalem, und sie belagerten die Stadt und bauten
Bollwerke um sie her.“ (2. Buch der Könige 25,19)
die Bombe platzen lassen
eine unerwartete, schwerwiegende Nachricht überbringen;
aus dem Militär: Der Begriff „Bombe“ bezeichnete ursprünglich eine
mit Sprengstoff gefüllte Hohlkugel, die durch einen Zünder (italienisch
„bomba“) zum „Platzen“, also zum Explodieren gebracht wurde.
wie eine Bombe einschlagen
große Überraschung hervorrufen;
die Redensart bezeichnet einen positiven oder negativen
Überraschungseffekt, der sich auf verschiedenste Lebensbereiche
beziehen kann. So kann z. B. eine Nachricht sensationell wirken, ein
Produkt „wie eine Bombe einschlagen“, also ein Verkaufsschlager
142
sein oder eine Party ein Chaos hinterlassen, als wäre „eine Bombe
eingeschlagen“. Gemeint sind nicht zu übersehende Folgen.
ein BonzenheberFahrstuhl in die Manageretage;
sehr junge, ironisch-scherzhafte Bezeichnung für einen Lift, der die gut
verdienenden leitenden Angestellten eines Unternehmens befördert.
Der Begriff „Bonze“ stammt aus dem Japanischen und bezeichnete
ursprünglich einen buddhistischen Mönch; im 19. Jahrhundert wurde
er im Deutschen zum Spottwort für hochstehende, auf den eigenen
Vorteil bedachte Funktionäre.
jemanden mit ins Boot holen
jemanden zu einem Projekt, einer Kooperation hinzuholen;
diese Redewendung stammt aus dem Bereich der Seefahrt und
bezieht sich auf einen Menschen, der anschließend „im gleichen Boot
sitzt“ – so lange, bis er „ausgebootet“ wird.
einen Boykott verhängen
die Ausführung von etwas ablehnen und zu verhindern suchen, etwas
ablehnen, meiden;
geht zurück auf den englischen Gutsverwalter Charles Cunningham
Boycott, der 1880 im County Mayo (Irland) für den Earl of Earn tätig
war. Dabei ging er mit einer derartigen Härte gegen die irischen
Pächter vor, dass die „Irische Landliga“ (ILL) mit wirkungsvollen
Maßnahmen reagierte: Niemand arbeitete für ihn, niemand kaufte
etwas von ihm, niemand verkaufte etwas an ihn. Schon nach kurzer
Zeit verließ der „boykottierte“ Mr. Boycott das Land.
einen Brandbrief schreiben
einen sehr dringlichen, mahnenden oder bittenden Brief verfassen;
143
aus dem späten Mittelalter: Der so genannte Brandbrief hatte im
Nord- und im Süddeutschen unterschiedliche Bedeutung. Während
er in Norddeutschland das Abbrennen von Haus und Hof im Rahmen
einer Fehde ankündigte, war er im Süden eine Art Erlaubnisschein
zum Betteln. Mit einer solchen Bestätigung der Obrigkeit für
Personen, die „abgebrannt“ waren, also ihre Habe durch einen Brand
verloren hatten, waren außerdem gewisse Vergünstigungen, etwa
freies Bauholz, verbunden.
ein Bratkartoffelverhältniseine wilde Ehe;
aus dem Ersten Weltkrieg: Die „Bratkartoffeln“ in diesem nicht
aktenkundig gemachten Verhältnis symbolisieren die allgemein
verbesserte Versorgungslage – insbesondere für den Mann, für den
nun gekocht wird.
über jemanden den Stab brechenaus dem Gerichtswesen: Der Stab war das Zeichen der Richterwürde,
dass alle bei einer gerichtlichen Versammlung Anwesen den den
Anweisungen des Richters unterstellte. Kurz vor der Exekution eines
Verbrechers zerbrach der Richter seinen Stab über dessen Kopf mit
den Worten: „Nun helfe dir Gott – ich kann dir nicht mehr helfen.“ Wenn
man also über einer Person im übertragenen Sinne den Stab bricht,
sähe man sie am liebsten schwer bestraft.
brechend voll sein
auch: zum Brechen voll
überfüllt;
ein Raum ist so überfüllt, dass das Einbrechen des Bodens oder das
Umfallen der Wände und damit der Zusammenbruch des Hauses zu
befürchten ist.
144
in die Bredouille kommen
in Verlegenheit kommen;
aus dem Französischen: Diese seit dem 18. Jahrhundert im deutschen
Sprachraum belegte Redensart bedeutet übersetzt eigent lich „in den
Matsch kommen“ und bezieht sich auf die Schwierigkeit, eine im
Matsch festsitzende Kutsche wieder freizubekommen.
um den heißen Brei herumreden
nicht zum Kern der Sache kommen;
ähnlich der Wendung „wie die Katze um den heißen Brei“ beschreibt
diese Redensart bildhaft ein Thema, das so riskant oder unangenehm
ist, dass man es nicht direkt anfassen bzw. aussprechen möchte.
eine Breitseite auf jemanden abfeuern
auch: die volle Breitseite (abgeben)
jemanden schonungslos kritisieren oder angreifen;
aus der Schifffahrt: Früher war die lange Seite eines Kriegsschiffes mit
Kanonen bestückt. Wurden diese Geschütze alle gleichzeitig auf einen
Gegner abgefeuert, hatte dieser wenig Möglichkeiten, sich noch zu
wehren – er bekam die „volle Breitseite“ ab.
für jemanden eine Bresche schlagen
für jemanden eintreten, jemandem Bahn brechen;
aus der Militärsprache: ähnlich wie „in die Bresche springen“. Der aus
dem Französischen stammende Ausdruck „brèche“ (Mauer- oder
Wallöffnung, Sturmlücke) wurde erst im 16. Jahrhundert ins Deutsche
übernommen.
für jemanden in die Bresche springen
jemandem helfen, für jemanden einspringen;
aus der Militärsprache: Wurde durch den Rammbock der Belagerer
145
in die Festungsmauer ein Loch (Bresche) gestoßen, so konnten die
Verteidiger nichts tun, als sich in diese Bresche zu stellen und sie mit
allen Mitteln gegen Eindringlinge zu verteidigen. Dies war riskant, und
meist überlebte der in dem Spalt Stehende nicht lange. Fiel er, wurde
der Platz rasch von einem anderen übernommen, der für ihn „in die
Bresche sprang“.
ans Schwarze Brett kommen
öffentlich getadelt werden;
als „Schwarzes Brett“ bezeichnete man ursprünglich die Tafel in
Wirtshäusern, auf der der Wirt mit Kreide die Zeche der Gäste
verzeichnete. Schon im 17. Jahrhundert wurden auch öffentliche
Anschlagtafeln als „Schwarzes Brett“ bezeichnet, daher stammt die
heute geläufige Bedeutung des Begriffes.
ein Brett vor dem Kopf haben
sich dumm anstellen, nichts begreifen;
aus der Landwirtschaft: Als der Ackerbau noch mit Vieh bewältigt
wurde, gab es verschiedene Anspannungsarten für Rinder. Die mit
großen Hörnern und einer stabilen Schädeldecke ausgestatteten
Ochsen trugen ein hölzernes Zugjoch auf der Stirn. Wer ein „Brett vor
dem Kopf“ hat, der ist also so intelligent wie ein männliches Rind.
Bretter schneiden
schnarchen;
bezieht sich auf das Geräusch, das beim Sägen von Brettern entsteht
und ganz ähnlich klingt wie Schnarchgeräusche.
die Bretter, die die Welt bedeuten
die Bühne;
aus dem Theater: Diese Formulierung bezieht sich darauf, dass im
146
Theater für den Zuschauer auf der Bühne quasi eine eigene Welt
erschaffen wird. Auch für den Schauspieler bedeuten die Bühnenbretter
die Welt, ohne die er seinen Beruf nicht hätte ausüben können.
dünne Bretter bohren
auch: ein Dünnbrettbohrer sein; das Brett bohren, wo es am dünnsten ist
es sich einfach machen; den Weg des geringsten Widerstands gehen;
aus dem Handwerk: Der Schreiner, der ein Brett an der dünnsten Stelle
bohrt, macht sich die Arbeit leicht, aber das fertige Werkstück wird so
nicht das beste sein.
„Wer reich werden will, muss zuerst dicke Bretter bohren.“ (Sprichwort)
nicht gern dicke Bretter bohren
stammt wie die Redensart „dünne Bretter bohren“ aus dem
Schreinerhandwerk.
„Grobe Arbeiten zu verrichten war mir ungelegen, weil ich nie gerne
dicke Bretter geboret.“ (Grimmelshausen, Simplicissimus)
das geht wie das Brezelbackensehr schnell gehen, nicht lange dauern;
Brezen werden durch die vorher aufgetragene Lauge im Ofen sehr
schnell braun.
Corvinus schrieb 1720 in seinen „Reifferen Früchten“: „Die Bretzeln
schiebet man geschwinde / In Ofen ein und wieder aus. / Der Teig wird
augenblicks zur Rinde, / Mit Versen sieht es anders aus.“
ein blauer Briefein Kündigungs- oder Verwarnungsschreiben;
Die Redensart bezieht sich auf die blauen Umschläge, in denen das
preußische Kabinett im 18. Jahrhundert an Offiziere die Aufforderung,
ihren Abschied zu nehmen, verschickte.
147
jemandem Brief und Siegel geben
etwas beschwören;
aus der Rechtssprache: Briefe waren früher – ebenso wie die
Menschen, die sie schreiben konnten – rar und besaßen meist
einen ernsten Inhalt; oft waren sie rechtliche Urkunden. Damit
kein Unbefugter sie lesen konnte und damit der Empfänger die
Rechtmäßigkeit ihres Inhalts anerkannte, wurden Briefe mit dem
Siegel des Verfassers verschlossen.
durch die Brille boxen
verhüllende Umschreibungen für das „große Geschäft“;
„Brille“ meint in diesem Zusammenhang die Klobrille.
mit allem BrimboriumÜberflüssiges, unnötiger Zusatz, Getue;
seinen Ursprung hat das Wort im Französischen: brimborion bedeutet
„Nebensächlichkeit“. Im Mittelfranzösischen existierte auch das Wort
briborion für einen (überflüssigen) Zauberspruch. Im deutschen
Sprachraum wurde „Brimborium“ zunächst für hastig gemurmelte
Gebete, später für jedes Gemurmel verwendet – also für ein Getue, das
aufgrund seiner Unverständlichkeit keinerlei Nutzen für den Zuhörer
hat, sondern nur „magisch“ wirken soll.
Mephistopheles (in Goethes „Urfaust“): „... die Freud ist lange nicht so
groß, / Als wenn Ihr erst herauf, herum / Durch allerlei Brimborium /
Das Püppchen geknetet und zugericht’t ...“
ein harter Brockeneine schwierige Aufgabe;
bezieht sich auf einen Brocken Brot, der schon angetrocknet und
daher schwer zu kauen ist; ähnlich mühsam gestaltet sich manche
Aufgabe.
148
kleine Brötchen backen
sich zurücknehmen, nach anfänglichem Großtun bescheiden werden;
nicht viel Energie in eine Sache investieren;
aus dem Bäckerhandwerk: Kleine Brötchen sind leichter herzustellen
als große Brote, da sie rascher durchgebacken sind; zudem benötigt
der Bäcker weniger Teig, sodass sie billiger sind.
den Brotkorb höher hängen
jemanden (finanziell) knapp halten;
leitet sich wohl vom Futterkorb im Pferdestall her. Um zu verhindern,
dass ein Pferd zu viel frisst, zog man die Futterraufe oder den
Hafereimer einfach ein Stück in die Höhe.
„Lassen wir uns auseinandersprengen, werden sie uns den Brotkorb
höher hängen.“ (Schiller, Wallensteins Lager, 11. Auf tritt)
in die Brüche gehen
kaputtgehen, zerstört werden;
möglicherweise aus der Mathematik, auf die Bruchrechnung bezogen:
Wenn sich Zahlen nicht glatt, also nicht ohne Rest teilen ließen,
musste man mit Brüchen rechnen. Nach einer anderen Erklärung leitet
sich die Wendung vom Wort Bruch für Sumpf her (z. B. Oderbruch).
jemandem eine goldene Brücke bauen
jemandem die Möglichkeit geben, sich zurückzuziehen, ohne sich zu
blamieren;
geht wohl auf eine alte Kriegsregel zurück, nach der man den
flüchtenden Feind nicht bekämpfte und ihm zur Not sogar Brücken
zum Rückzug baute. Dies hatte aber einen strategischen Grund: Der
geschlagene Feind durfte abziehen, damit er dem Sieger nicht noch
eine Verzweiflungsschlacht lieferte. Im modernen Sprachgebrauch
ist die goldene Brücke meistens ein Euphemismus für Bestechung
149
– beispielsweise wenn im politischen oder Wirtschaftsleben einem
aktiven Querkopf ein höher dotiertes passives Amt angeboten wird.
alle Brücken hinter sich abbrechen
auch: alle Brücken hinter sich abreißen
sämtliche Bindungen lösen, sein bisheriges Leben radikal ändern;
aus dem Lateinischen: Vermutlich abgeleitet von der antiken
Redensart „Pons a tergo abruptus est“ (Die Brücke ist im Rücken
gebrochen).
im Brustton der Überzeugung
sehr überzeugt;
diese Redensart wurde um 1870 durch den Historiker und Wortführer
der Nationalisten Heinrich von Treitschke geprägt.
ein Buch mit sieben Siegeln
ein geheimnisvolles, vollkommen unverständliches Thema;
aus der Bibel: In Kapitel 5, Vers 1 der Offenbarung des Johannes findet
sich der Bericht: „Und ich sah in der rechten Hand dessen, der auf dem
Thron saß, ein Buch, beschrieben innen und außen, versiegelt mit
sieben Siegeln. [...] Und niemand, weder im Himmel noch auf Erden,
noch unter der Erde, konnte das Buch auftun und hineinsehen.“ Die
Siegel verschließen die Buchrolle fest, bis der Richtige kommt, sie zu
öffnen. Die Zahl Sieben steht gemäß der Zahlensymbolik für die Magie
und Mystik des geheimnisvollen Buches.
wie ein offenes Buch sein
von anderen hinsichtlich seiner Gedanken, Gefühle etc. leicht
einschätzbar sein;
wer „wie ein offenes Buch“ ist, bei dem können seine Mitmenschen
leicht erkennen – also „lesen“ –, was in ihm vorgeht.
150
wie es im Buche steht
mustergültig, perfekt;
bezieht sich auf die Bibel, das „Buch der Bücher“. Schon König David
wird in der Bibel mit den Worten zitiert: „Siehe, ich komme, im Buch ist
von mir geschrieben.“ (Psalm 40,8)
sich auf seine vier Buchstaben setzen
sich hinsetzen;
die vier „Buchstaben“ stehen für den kindersprachlichen Ausdruck
„Popo“. Da selbst diese direkte Bezeichnung des Gesäßes noch als
unfein galt, umschrieb man den Ausdruck mit dieser Redewendung.
jemand kann einem den Buckel runterrutschen
jemand ist einem gleichgültig, soll einen in Ruhe lassen;
„Buckel“ steht hier für den gesamten Rücken, den man jemandem
zudreht, den man verachtet und mit dem man nichts zu tun haben
möchte.
viele Jahre auf dem Buckel haben
alt sein;
der „Buckel“ wird als Kennzeichen alter Menschen angesehen; heute
wird die Rede wendung auch auf Gegenstände, Fahrzeuge etc.
übertragen.
über die Bühne gehen
stattfinden;
aus der Theatersprache: Wird diese Wendung mit der
Bedeutungserklärung „ablaufen“ versehen, ist bereits der Kern der
Sache getroffen; es geht nämlich um einen Schauspieler, der über die
Theaterbühne läuft und damit innerhalb eines Stückes ein gewisses
Ereignis darstellt.
151
sein Bündel schnüren
weggehen, abreisen; sterben;
die Wendung stammt von dem bei Wanderern oder auf der Walz
befindlichen Handwerksgesellen üblichen großen Tuch, dessen Ecken
zusammengeknotet und über einen Stock, der über der Schulter lag,
geschoben wurden – ein Rucksack für alle Habseligkeiten.
jemandem zu bunt sein/werden
jemandem zu viel, unerträglich werden;
„bunt“ bedeutet hier nicht farbenfroh, sondern einen unangenehmen,
weil chaotischen Farbenmix, der einem „in den Augen wehtut“.
da werden abends die Bürgersteige hochgeklappt
alles ist wie ausgestorben;
scherzhafte Wendung, bezieht sich auf ein fehlendes Nachtleben.
Wenn die Straßen abends „wie ausgestorben“ sind und die
Bürgersteige nicht mehr begangen werden, könnten sie eigentlich
hochgeklappt werden ...
auf den Busch klopfen
jemanden auszuhorchen versuchen;
aus der Jägersprache: Durch Schlagen des Unterholzes und der
Büsche soll das Wild aufgescheucht werden.
es ist etwas im Buschda wird etwas passieren, etwas steht bevor;
spielt auf die Vorahnung an, es könne sich ein Raubtier/ein Räuber im
Gebüsch neben der Straße befinden.
mit etwas hinter dem Busch halten
etwas geheim halten;
beide Varianten beziehen sich auf eine natürliche Deckung, die von
152
Soldaten, aber auch von Räubern genutzt wurde, um nicht frühzeitig
gesehen zu werden (ähnlich „da ist etwas im Busch“).
Busenfreunde sein
sehr enge, intime Freunde sein;
„Busen“ bedeutete ursprünglich schlicht „Brust“ bzw. die Mitte
zwischen den Brüsten, die für das Herz stand. Ein „Busen freund“ ist
jemand, der einen Platz im Herzen hat und außerdem an die Brust
gedrückt wird.
Alles in Butter!
Alles in Ordnung! Alles bestens!
Aus dem Mittelalter: Eine übliche Verpackungsmethode zerbrechlicher
Preziosen war vor der Erfindung der Luftpolsterfolie das Einlassen in
Butter. Damit bedeutete auf einem Warentransport „alles in Butter“:
Alles ist noch heil und gut geschützt.
Butter auf dem Kopf haben
sich genieren, weil man etwas Dummes getan hat;
ein Verkürzung des alten Sprichworts „wer Butter auf dem Kopf
hat, der sollte nicht in die Sonne gehen“. In Frankreich wurden im
Mittelalter Betrüger, die die Butter durch Beimengung von billigen
Fetten streckten, mit ihrem Produkt auf dem Kopf an den Pranger
gestellt, bis ihnen die „Butter“ vom Kopf herabtropfte.
Butter bei die Fische geben
zur Sache kommen;
aus Norddeutschland: Gebratener Fisch wird gern mit einem
Stückchen Butter serviert, das erst kurz vor Beginn der Mahlzeit auf
den heißen Fisch gegeben werden darf, damit es nicht zerläuft. Sobald
„Butter bei die Fische“ ist, wird gegessen.
153
jemandem die Butter vom Brot nehmen
jemandem einen Vorteil nicht zugestehen, jemanden einer (für ihn)
wichtigen Sache berauben;
Butter war wegen ihrer Nahr- und Schmackhaftigkeit stets ein
wichtiges Lebens mittel und half auch, das oft schon trockene Brot
noch essen zu können.
etwas für ein Butterbrot hergeben
auch: etwas für ein Butterbrot verkaufen
etwas sehr billig verkaufen;
Das Butterbrot ist wohl bis heute die einfachste Form einer Mahlzeit.
Wer etwas „für ein Butterbrot“ verkauft, der verlangt noch nicht einmal
eine Scheibe Wurst darauf, gibt es also sehr billig her.
auf die Butterseite fallen
Pech haben;
aus dem 19. Jahrhundert: Butter- oder Marmeladenbrote fallen
meist auf die bestrichene Seite, d. h., der Belag fällt in den Schmutz.
Wissenschaftlich wird dies manchmal mit der Fallhöhe, manchmal mit
dem Schwerpunkt des beschmierten Brotes erklärt, zuweilen sogar
mit der Wahr nehmung des Menschen – das Schlechte merkt man sich
eher.
zugehen wie in Buxtehude, wo die Hunde mit dem Schwanz bellen
die norddeutsche Stadt stand früh in süddeutschen Redensarten für
etwas Unwirkliches, da sehr weit Entferntes; dazu trug auch die in
Buxtehude spielende Fabel vom Hasen und dem Igel bei. Allerdings
bellen auch dort die Hunde mit dem Maul – die Redewendung bezieht
sich auf die „ Hunte“, die große Glocke, die mit dem Glockenseil (das an
seinem ausgefransten Ende einem Hundeschwanz ähnelt) zum Bellen,
d. h. Läuten, gebracht wird.
154
den Gang nach Canossa antreten
sich demütig zeigen müssen, sich reuig unterwerfen;
bezieht sich auf den Bußgang König Heinrichs IV. zu Papst Gregor VII.
Im so genannten Investiturstreit um das Recht zur Einsetzung
von Bischöfen hatte der Papst den Kirchenbann über den Kaiser
verhängt. Als Heinrich schließlich 1077 im Büßergewand vor die
Burg Canossa zog, musste Gregor den Bann aufheben. Obwohl der
Gang nach Canossa als Demütigung gilt, erhielt der Kaiser dadurch
seine Handlungsfreiheit und Macht wieder und errang somit einen
politischen Sieg.
kein Chorknabe sein
nicht brav sein;
diese Redensart beruht auf dem Vorurteil, dass in einem Chor
singende Jungen ausgesprochen brav und wohlerzogen sein müssten.
nicht alle auf dem Christbaum haben
auch: nicht alle Lichter/Kerzen auf dem Christbaum haben
verrückt, schwachsinnig sein;
„nicht alle haben“ ist eine Verkürzung von „nicht alle seine Sinne
beisammen haben“ und steht auch in anderen Redensarten für
mangelnde Intelligenz. Licht ist dagegen von jeher Sinnbild für
Gelehrsamkeit und Intelligenz, daher kommen auch Wendungen wie
„eine Leuchte sein“.
seinen Claim abstecken
seine Ansprüche bekannt geben, sein Arbeitsgebiet festlegen;
in den USA ist ein „claim“ ein staatlicher Grundbesitz, auf dem sich
ein Siedler gegen Gebühr niederlassen darf; der Begriff bezeichnete
später die von den Goldsuchern als „Privatbesitz“ abgesteckten
Schürfgebiete.
155
einen Clown zum Frühstück gegessen haben
auch: einen Clown zum Frühstück verspeist/gehabt haben
überdreht fröhlich oder witzig sein;
diese junge Redensart spielt mit der Ansicht „man ist, was man isst“ –
und wenn es ein Clown ist, wird man ebenso lustig.
Ein alter Mann ist doch kein D-Zug!
auch: Eine alte Frau ist doch kein D-Zug!
Nicht so schnell!
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts belegt: Der Ausruf ist ein Zitat aus
einem Soldatenlied des Ersten Weltkriegs.
eine aufs Dach bekommen
scharf getadelt werden; einen Schlag auf den Kopf bekommen;
beruht auf der althergebrachten Gleichsetzung des Hausdaches mit
dem Kopf – beide sind jeweils das oberste Teil. Ursprünglich auf den
Schlag auf den Kopf bezogen, wandelte sich die Redensart mit der
Zeit zum ohne Gewalt auskommenden Tadel.
etwas unter Dach und Fach bringen
etwas fertigstellen, zu Ende führen;
aus der Landwirtschaft: Die Redewendung bezieht sich auf das je nach
Wetterlage hektische Einbringen der Ernte in die trockene Scheune
(„Dach“), wo das Stroh oder Heu zwischen die tragenden Pfosten des
Gebäudes („Fächer“) geschichtet wurde.
etwas halten wie ein Dachdecker!
mach, wie du willst;
aus dem Handwerk: Dachdecker war schon immer ein gefährlicher
Beruf, vor der Erfindung von Kränen und anderen Maschinen
noch mehr als heute. So waren die Dachdecker früher die
156
Handwerkergruppe, die kaum zu kontrollieren war, da sich der
Auftraggeber nicht auf das Dach hinaufwagte. Diese große Freiheit
hinsicht lich des Arbeitsrhythmus und Pensums ist gemeint, wenn man
heute zu jemandem sagt, er könne es mit einer Sache „halten wie ein
Dachdecker“.
einen Dachschaden haben
nicht ganz bei Verstand sein;
beruht wie viele Redensarten auf der Gleichsetzung des Hausdaches
mit dem menschlichen Kopf.
ein Damaskuserlebnis haben
auch: sein Damaskus erleben; seinen Tag von Damaskus erleben
sich von Grund auf ändern;
abgeleitet aus der Bibel: bezieht sich auf die Bekehrung des Apostels
Paulus. In der Apostelgeschichte (9,1–19) wird berichtet, wie
dem Saulus, der die Anhänger Christi verfolgt, in Damaskus Jesus
erscheint, ihn bekehrt und zu seinem Jünger macht. Fortan nennt
er sich nicht mehr Saulus, sondern Paulus. Daher kommt auch die
Redensart „vom Saulus zum Paulus werden“.
nicht auf dem Damm sein
nicht gesund, nicht im Vollbesitz der körperlichen Kräfte sein;
seit Mitte des 19. Jahrhundert belegt: Der Damm in dieser Redensart
ist nicht etwa der Wall zum Schutz vor Überschwemmun gen, sondern
der gepflasterte Fahrweg, auf dem man sicherer und besser vorankam
als auf unbefestigten Fußwegen. Daher kommt auch die Bezeichnung
Damm für Straße, z. B. Kurfürstendamm. Das Verlassen dieses Dammes
bedeutete ein Risiko für das Reittier bzw. das Fuhrwerk und das
Vorankommen wurde erheblich erschwerte.
157
jemandem dämmert es
jemand beginnt etwas zu begreifen;
wie bei der Morgendämmerung die Landschaft langsam immer mehr
von der Sonne beleuchtet wird, so erhellt langsame Erkenntnis die
Gedanken desjenigen, dem es „dämmert“.
ein Damoklesschwert über sich hängen haben
auch: ein Damoklesschwert sein
von einer Gefahr bzw. dem Ende einer Glückssträhne bedroht sein;
aus der griechischen Mythologie: Damo kles, Diener am Hofe des
Herrschers von Syrakus, strebte nach Macht und wünschte sich auf
den Thron Dionysios’. Dieser gewährte ihm den Wunsch. Allerdings
hängte er zuvor über seinem Thron ein Schwert an einem Pferdehaar
auf, das jederzeit reißen und Damokles töten konnte. Damit
verdeutlichte er seinem Diener die Schattenseite der Macht – die
ständige Bedrohung durch Neider.
ein Danaergeschenkeine Gabe, die offensichtlich Vorteile verspricht, aber auch große
Risiken birgt;
aus der griechischen Mythologie: Unter den Trojanern, die sich „etwas
vom Pferd“ erzählen ließen und das Trojanische Pferd schließlich
in die Stadt holten, war Lao koon der einzige Warner vor diesem
„Danaergeschenk“. Man hörte nicht auf ihn, und das „gottgesandte“
Geschenk erwies sich als tödliche Falle.
einen grünen Daumen haben
gut in der Pflanzenpflege sein;
der Daumen ist der stärkste Finger der Hand und wird auch häufig
stellvertretend für diese genannt; die Redewendung bedeutet also
„ein Händchen“ für Pflanzen haben.
158
einen kranken Daumen haben
arm, mittellos sein;
bezieht sich auf die Rolle des Daumens beim Zählen der Geldscheine.
Der Arme behauptet scherzhaft, sein Geld nicht aufgrund der Armut
nicht zu zählen, sondern nur deshalb nicht, weil sein Daumen
schmerze.
jemandem den Daumen aufs Auge drücken
jemanden (mit Gewalt) zu etwas zwingen;
aus dem Mittelalter: Die Drohung, ein Auge mit dem Daumen
auszudrücken, war eine Foltermethode, um jemandem ein Geständnis
abzuringen.
jemandem die Daumen drücken
jemandem Glück wünschen;
der Daumen als stärkster Finger steht in zahlreichen Redensarten
für die gesamte Hand. Bis heute ist die Geste üblich, die Hand von
jemandem, dem man Glück wünscht, aufmunternd zu drücken. Kann
man dies aufgrund der räumlichen Distanz nicht, so drückt man
stellvertretend sich selbst die Hand bzw. den Daumen.
Pi mal Daumenauch: Pi mal Schnauze
ungefähr;
aus der Mathematik abgeleitet: Die Kreiszahl Pi ist eine heute
auf über 1,2 Billionen Stellen nach dem Komma festgelegte
mathematische Größe, deren Exaktheit in der Redewendung in
Kontrast zu dem „Über-den-Daumen-Peilen“ gesetzt wird – sodass
das Ergebnis dieser Rechenoperation nur eine grobe Schätzung sein
kann.
159
über den Daumen gepeilt
ungefähr, als grobe Schätzung;
bezieht sich auf die Geste des Anvisierens einer markanten
Geländestelle über den Daumen, wodurch Entfernungen grob
abgeschätzt werden können.
jemandem die Daumenschrauben anlegen
jemanden mittels (moralischer) Erpressung zu etwas zwingen;
aus dem Mittelalter: Kleine Schraubstöcke, in die die Daumen
eingelegt und langsam zerquetscht wurden, waren ein
mittelalterliches Folterinstrument.
jemandem fällt die Decke auf den Kopf
jemand fühlt sich eingesperrt, hält es im Zimmer nicht mehr aus;
dieses eher scherzhaft verwendete Bild zeigt eine unrealistische
Situation, um darzustellen, dass ein Raum, eine Wohnung zu eng oder
langweilig ist.
sich nach der Decke strecken
seinen finanziellen Verhältnissen entsprechend leben;
seit dem 13. Jahrhundert belegt: bezieht sich nicht etwa auf die Decke
eines Raumes, sondern auf die Bettdecke. Wer eine große, lange Decke
hat, der kann sich ungehindert ausstrecken, wer sich hingegen nur
eine kleine leisten kann und doch nicht frieren will, der muss seine
Füße anziehen.
unter einer Decke stecken
in geheimem Einverständnis mit jemandem sein/agieren;
aus dem Mittelalter: Die Decke, insbesondere jene im Ehebett, hatte
im mittelalterlichen Recht große Bedeutung. Erst wenn beide Partner
vor Zeugen den so genannten Bettsprung vorgenommen hatten, also
160
gemeinsam ins Bett stiegen und unter einer Decke lagen, galt die Ehe
als rechtskräftig.
jemandem eins auf den Deckel geben
jemanden scharf tadeln, zurechtweisen;
„Deckel“ ist hier eine spöttische Bezeichnung für einen (hässlichen)
Hut; wer jemandem eines auf diesen gibt, der schlägt ihn (wenigstens
verbal) auf den Kopf.
unter dem Deckmantel des ...
bezeichnet die Tarnung eines anrüchigen Vorgangs oder die
Verhüllung der wahren Absichten;
aus dem Mittelalter: Fürsten hatten früher ein Begnadigungsrecht. Als
sichtbares Zeichen der Begnadigung und des Schutzes legten sie dem
Betroffenen ihren Mantel um – sie nahmen ihn unter ihren Deckmantel.
etwas deichselnetwas geschickt meistern;
seit dem 19. Jahrhundert belegt: Die Deichsel ist die Zugstange eines
Karrens, an dem die Pferde (heute die Zugmaschine) befestigt werden;
wer etwas „deichselt“, ist also in der Lage, die Entwicklung von etwas
zu lenken und zu regulieren.
über den Deister gehen
kaputtgehen, sterben;
diese Redewendung ist die norddeutsche Entsprechung des
gebräuchlicheren „über den Jordan gehen“ und bezieht sich
vermutlich auf die zahlreichen, auf dem Gebirgszug bei Hannover
befindlichen vorgeschichtlichen Hügelgräber.
jemandem einen Denkzettel verpassen
eine zum Nachdenken auffordernde Strafe zukommen lassen; eine
161
unangenehme Erfahrung bereiten, die auf einen Fehler folgte;
für diese Redewendung gibt es mehrere mögliche Quellen: So existiert
im Mittel hochdeutschen das Wort „denkcedel“ für eine Vorladung.
Erhielt man diesen, so musste man sein Verhalten der Vergangenheit
wohl überdenken. Eventuell stammt die Redewendung auch aus dem
16. Jahrhundert, als man Schüler, die gegen die Regeln verstießen,
durch einen um den Hals gehängten Brief mit Auflistung der
Fehltritte kenntlich machte. Auch bei Luther findet sich der Ausdruck
„Denkzettel“ für die mit Bibelsprüchen beschrifteten Papierstreifen,
die sich Juden beim Morgengebet in zwei Kapseln an die Stirn binden.
keinen Deut besser sein als ...
kein bisschen besser;
heute hieße diese Redensart genauer „ keinen Cent besser sein als“,
denn Deut (Duit) war früher der Name der kleinsten nieder ländischen
Münze. Diese Benennung wiederum entwickelte sich etymologisch
aus dem altnordischen Wort für ein kleines, abgetrenntes Stück von
etwas – also etwas sehr Geringes, das vernachlässigt werden darf.
keinen Deut wert sein
nicht wert sein;
ein Deut oder Duit war eine vom 14. bis zum Ende des 18.
Jahrhunderts geprägte niederländische Münze. Sie war anfangs aus
Silber, dann reduzierte man nach und nach den Silbergehalt und
ersetzte das Edel metall durch ein billigeres Material; schon ab 1573
bestand sie nur noch aus Kupfer und hatte nur geringen Wert. Wie die
Münze kommt auch die Redensart aus dem Niederländischen.
mit jemandem deutsch reden
jemandem klar und offen die Meinung sagen;
aus dem 15. Jahrhundert: Damals verwendete man die Redensart
162
noch im wörtlichen Sinne, nämlich Deutsch im Gegensatz zum im
Mittelalter und in der frühen Neuzeit als Gelehrtensprache üblichen
Latein, das für das „gemeine Volk“ unverständlich war.
nicht ganz dicht sein
(ein bisschen) verrückt sein;
diese umgangssprachliche Redensart spielt auf die intellektuell noch
nicht ausgereiften und „undichten“, d. h. in die Windel urinierenden
Babys an.
mit jemandem durch dick und dünn gehen
jemandem sehr vertrauen;
ursprünglich „durch dicht und dünn“, was bedeutete, mit jemandem
so eng verbunden zu sein und ihm so sehr zu vertrauen, dass man mit
ihm durch dichtes Gestrüpp oder gefährliche Engstellen gehen würde.
sich mit etwas dicke machen
angeben, prahlen;
seit dem 17. Jahrhundert belegt: eigentlich sich dicker machen, „sich
aufblasen“, sich größer machen, als man eigentlich ist. Wer seine
eigene Bedeutung in einer Angelegenheit übertreibt, der macht sich
im übertragenen Sinne dick.
guter Dinge sein
gute Laune haben, optimistisch sein;
aus dem Mittelalter: Im Mittelhochdeutschen existierte das Wort
„gedinge“, das in etwa Hoffnung bedeutete.
jemanden dingfest machen
jemanden in Gewahrsam nehmen;
aus dem Altgermanischen: „Ding“ ist eine Aussprachevariante des
Things, des germanischen Gerichts. Wurde jemand eines Vergehens
163
angeklagt, so wurde er „dingfest“ gemacht, d. h., er wurde für die
Anhörung vor dem Thing festgenommen.
jemandem einen Dolchstoß versetzen
jemanden in den Rücken fallen;
weit verbreitet durch die so genannte Dolch stoßlegende, die in
der Zwischenkriegszeit gestreut wurde. Sie besagte, dass das „im
Felde unbesiegte Heer“ durch rote Propaganda quasi „von hinten
erdolcht“ worden und die Niederlage im Ersten Weltkrieg den Linken
zuzuschreiben sei.
Donner und Doria!
Ausruf größten Erstaunens;
aus Friedrich Schillers „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“: Das
zweite vollendete – und heftig kritisierte – Drama Schillers (Premiere
1782) handelt von der Genueser Verschwörung des Giovanni Luigi de
Fieschi gegen Andrea Doria, den altehrwürdigen Dogen von Genua.
einen Ruf wie Donnerhall haben
bekannt/berühmt/berüchtigt sein;
aus dem Lied „Die Wacht am Rhein“ von Max Schneckenburger
(1840): In dem nationalistischen Lied heißt es: „Es braust ein Ruf wie
Donnerhall / wie Schwertgeklirr und Bogenprall, / zum Rhein, zum
Rhein, zum deutschen Rhein [...].“
Zum Donnerwetter!
Verflucht!
Diese Redensart stellt eine Kurzform des Wunsches „da möge ein
Donnerwetter dreinschlagen“ dar und bezieht sich auf die Hoffnung,
Gott werde für ausgleichende Gerechtigkeit sorgen und den Grund
des Fluches vom Blitz treffen lassen.
164
doppelt gemoppelt
(unnötig) zweimal;
scherzhafte Wendung, in der die Verdopplung schon in der
Doppelgliedrigkeit des Ausdrucks zum Vorschein kommt. Das Wort
„moppeln“ bedeutet verknüpfen, verbinden.
ein alter Dracheneine herrschsüchtige Frau;
aus der Mythologie: Der Drache als Feuer spuckendes Ungeheuer mit
Giftzähnen stammt aus dem Volksglauben und findet sich in vielen
Kulturen.
auf Draht sein
informiert sein, immer eine Antwort oder Lösung parat haben;
aus der Kommunikationstechnik: In der Frühzeit der
Fernkommunikation wurde noch fast ausschließlich „gedrahtet“, d. h.,
Meldungen wurden über die Kupferkabel der Telegrafenleitungen
von Amt zu Amt versendet. Jemand, der „auf Draht“ war, hatte also als
Erster Zugang zu Neuigkeiten und wichtigen Informationen.
einen guten Draht zu jemandem haben
sich mit jemandem gut verstehen;
aus der Technik: Der „Draht“ steht für die Übermittlungsleitung von
Telegrammen, über die vor Erfindung des Telefons Neuig keiten am
schnellsten ausgetauscht wurden.
„Der Draht ist abgerissen, welcher uns mit Russland verbunden hat.“
(Bismarck, 1891)
einen Drahtseilakt vollführen
gefährliches oder schwieriges Unterfangen ausführen bzw. meistern;
aus dem Zirkus: Wenige Zirkusnummern waren früher so gefährlich
165
für den Artisten wie das Balancieren auf einem gespannten Drahtseil
unter der Zirkuskuppel.
Dreck am Stecken haben
etwas auf dem Gewissen haben; etwas Verwerfliches, Kriminelles
getan haben;
aus dem 19. Jahrhundert: Wer durch den Schmutz gegangen ist, der
kann sich die Schuhe noch so sauber abgeputzt haben, der Dreck an
seinem Stecken, also dem Wanderstab, bleibt haften und wird ihn
verraten.
den richtigen Dreh rauskriegen
auch: auf den Dreh kommen
geschickt sein, Wissen über eine bestimmte Vorgehens- oder
Funktionsweise erwerben;
diese Redewendung besitzt sprachgeschichtlich denselben Ursprung
wie der Ausdruck „jemandem etwas andrehen“. Gemeint ist eine
unlautere Handelspraxis, das Täuschen beim Verkauf einer Sache. Wer
„den richtigen Dreh raus“ hat, der kennt eine zum Erfolg führende List.
Heute besitzt die Redensart keinen negativen Beigeschmack mehr.
Man kann es drehen und wenden, wie man will ...
es bleibt eine Tatsache, dass ...;
bezieht sich auf das genaue Betrachten eines Gegenstandes von allen
Seiten, das den Gegenstand an sich aber nicht verändert.
das gibt Dreschedafür wirst du geschlagen;
aus der Landwirtschaft: Diese umgangssprachliche Redewendung
bezieht sich auf den Vorgang des Getreidedreschens mittels eines
Dreschflegels. Das Bild, wie mit großer Kraft auf einen Gegenstand
166
eingeschlagen wird, wurde auf den zwischenmenschlichen Bereich
übertragen.
eine Drohkulisse aufbauen
mit etwas drohen;
aus der Theatersprache abgeleitet: Während jedoch im Theater eine
Kulisse aus leeren Hülsen und Pappaufbauten besteht, sollte man
einer (meist politischen) Drohkulisse lieber Glauben schenken.
ein Drückebergerjemand, der sich vor seinen Verpflichtungen „drückt“;
aus dem 19. Jahrhundert: eine scherzhafte Parallelbildung zu
Städtenamen – auch ein Nürnberger kann ein Drückeberger sein. „Sich
drücken“ im Sinne von abhauen, davonlaufen ist schon früher belegt.
am Drücker sitzen
entscheidenden Einfluss haben;
„Drücker“ bezieht sich in dieser Redensart auf die Türklinke bzw. den
Knauf zum Öffnen des Türverschlusses. Wer an diesem Drücker saß,
der hatte ursprünglich die Macht darüber, zu entscheiden, ob jemand
vorgelassen wurde oder nicht.
dumm wie Bohnenstroh
sehr dumm;
aus dem 19. Jahrhundert: „Bohnenstroh“, also getrocknete
Bohnenranken, wurde von sehr armen Leuten in Ermangelung von
echtem Stroh als Matratzenersatz verwendet. Wer so arm war, der war
meist auch ungebildet, also eben dumm wie das Bohnenstroh, auf
dem er sich betten musste. Bei der Redensart könnte es sich allerdings
auch um eine „Verballhornung“ von „dumm wie ein Bund Stroh“
handeln.
167
die Dummheit mit Löffeln gegessen haben
auch: die Dummheit mit dem Löffel gegessen/gefressen haben
sehr dumm sein;
eine scherzhafte Abwandlung der Wendung „die Weisheit nicht mit
Löffeln gegessen haben“.
völlig im Dunkeln tappen
keine Ahnung haben;
aus der Bibel: Das Tappen (Gehen auf Zehenspitzen) in völliger
Finsternis ist eine sehr unangenehme Situation; selten fühlt sich der
Mensch hilfloser und verletzlicher. Wohl aus diesem Grund droht Gott
dies als Strafe an, falls sich das Volk Israel nicht an seine Gebote hält:
„Du wirst tappen am Mittag, wie ein Blinder tappt im Dunkeln, und
wirst auf deinem Weg kein Glück haben und wirst Gewalt und Unrecht
leiden müssen dein Leben lang.“ (5. Mose 28,29)
(wegen etwas) durchdrehen(wegen etwas) verrückt werden, sich über etwas furchtbar aufregen;
aus der Technik: Bei einer Maschine dreht etwas durch, wenn
bestimmte Teile nicht richtig ineinandergreifen. Dieses Bild wurde auf
den psychischen Zustand eines Menschen übertragen.
durchfalleneine Prüfung nicht bestehen;
aus der Schüler- und Studentensprache, geht jedoch zurück auf
einen mittelalter lichen Rechtsbrauch. Damals war es üblich, einen
Übeltäter in einem Korb öffentlich aufzuhängen und so anzuprangern.
Irgendwann wurde dann der Boden des Korbs geöffnet, der Verurteilte
„fiel durch“ und zum Gaudium der Anwesenden „ins Wasser“. Er hatte
dann seine Strafe verbüßt.
168
etwas durchfechtensich durchkämpfen, seine Meinung mit Nachdruck durchsetzen;
aus dem 16. Jahrhundert: bedeutete ursprünglich, sich mit dem
Degen oder dem Säbel durch die feindlichen Reihen einen Weg
zu schlagen, wird aber seit dem 19. Jahrhundert nur mehr im
übertragenen Sinne für den Kampf mit dem Wort gebraucht.
jemandem etwas durchgehen lassen
jemanden mit etwas gewähren lassen;
aus der Reiterei: Zuweilen lässt auch der beste Reiter sein Pferd
„durchgehen“, d. h. in überhöhtem Tempo galoppieren, obwohl er
dabei die gute Ausbildung des Pferdes und die Kontrolle über sein
Reittier aufs Spiel setzt – da die Geschwindigkeit einfach Spaß macht.
etwas durchsickern lassen
auch: etwas durchblicken lassen
etwas andeuten;
wenn z. B. ein wenig Fleischsaft durch das Papier sickert, in das die
Ware eingeschlagen ist, so bekommen andere eine Ahnung, was man
in diesem Papier hat.
eine kalte Duscheein unerwarteter Dämpfer;
meint wohl einen nicht vorhergesehenen, unangenehm kalten
Regenguss während des Aufenthalts im Freien.
Dusel haben
Glück haben;
aus dem Niederdeutschen: Ursprünglich bedeutete „Dusel“ eine Art
Rausch- oder Dämmerzustand; in diesem Sinn wird es auch heute
noch z. B. in „im Dusel etwas tun“ verwendet. Die Übertragung
169
zur Bedeutung „Glück“ entstammt eventuell der Vorstellung des
„Glückstaumels“ bzw. eines Zustands, in dem man „trunken vor Glück“
ist.
kein Echo finden
keine Unterstützung, keinen Zuspruch finden;
das Echo, das jemand sich wünscht, ist ein Zurückschallen derselben
Begeisterung, die er für eine Sache oder eine Idee aufbringt.
um drei Ecken miteinander verwandt
entfernt verwandt;
beschreibt ein Verwandtschaftsverhältnis, dass auch im Stammbaum
sehr verwinkelt, also über Eck dargestellt würde.
ein getreuer Eckart sein
ein alter, erfahrener, treuer Begleiter und Warner;
aus dem Mittelalter: Eckart ist eine der ältesten Gestalten der
germanischen Heldensage. Er tritt als Hüter der jungen Harlunge, als
Berater Dietrichs von Bern und auch im Nibelungenlied auf, wo er
die Burgunder vor der Fortsetzung ihrer in den Untergang führenden
Fahrt warnt. Seine weit über das übliche Maß hinausgehende Treue
wird schon in den erwähnten Quellen betont.
ein Eckpfeiler sein
ein tragendes Element sein;
aus der Architektur: bezieht sich auf einen Menschen, der bei einer
Unternehmung unverzichtbar ist.
etwas aus dem Effeff beherrschen
eine Sache vorzüglich beherrschen;
mehrere mögliche Erklärungen: In der Kauf mannssprache bezeichnet
f (fino) feine Waren, ff steht für sehr fein (finissimo). Wer also etwas
170
aus dem Effeff beherrscht, kann es sehr fein. Eine andere Erklärung
geht auf die Pandekten (auch Digesten, eine Sammlung altrömischer
Rechtsgrund sätze) zurück, die man im Mittelalter mit dem Zeichen
ff abkürzte. Das „ff“ entstand vermutlich aus dem griechischen Pi für
pandectae. Eine andere Herleitung führt es auf ein durchgestrichenes
D für Digesten zurück. Mittelalterliche Juristen mussten diese Texte
besonders gut kennen, also „aus dem Effeff beherrschen“. Nach einer
anderen Auffassung geht die Herkunft dieser Wendung noch weiter
zurück, nämlich auf das lateinische „ex forma, ex functione“; wer etwas
nicht nur „der Form nach“ erklären, sondern auch „der Funk tion nach“
bedienen kann, der beherrscht es aus dem Effeff.
jemandem die Ehre abschneiden
jemanden diskreditieren;
es ist heute nicht mehr genau nachvollziehbar, was jemandem als
Zeichen des Ehrverlustes abgeschnitten wurde; man denke aber z. B.
an die Praxis, Häftlingen den Kopf zu rasieren.
etwas für einen Appel und ein Ei kaufen
sehr billig einkaufen;
Äpfel und Eier stehen hier für alltägliche, massenhaft vorhandene und
damit relativ wertlose Güter. Die Redewendung stammt aus einer Zeit,
da sich die meisten Menschen noch mit kleinen landwirtschaftlichen
Betrieben selbst versorgten und nicht viel besaßen – aber Apfelbäume
und Hühner gab es immer.
etwas ist nicht das Gelbe vom Eietwas ist mangelhaft, unvollkommen;
das Eigelb gilt als wertvollster Bestandteil des Eies. Da es angeblich
eine stärkende Wirkung besitzt und besser schmeckt als das Eiweiß, ist
alles am Ei, was nicht „das Gelbe“ ist, weniger wert.
171
etwas wie ein rohes Ei behandeln
auch: jemanden wie ein rohes Ei behandeln
mit etwas/jemandem sehr vorsichtig umgehen;
Eier in Redewendungen stehen oft bildhaft für sehr Fragiles, das mit
äußerster Vorsicht gehandhabt werden muss.
wie aus dem Ei gepellt sein
sehr ordentlich und sauber auftreten;
aus dem Tierreich: Diese Redensart bezieht sich auf das flauschige,
saubere Gelb eines eben geschlüpften und bereits getrockneten
Kückens.
sich um ungelegte Eier kümmern
sich mit Dingen beschäftigen, die noch nicht geschehen sind oder
einen nichts angehen;
da die Zahl der Eier, die eine Henne legen wird, nie vorherzusehen
ist, ist es überflüssig, sich um diese ungelegten Eier zu sorgen. Die
Redewendung weist also darauf hin, dass unvorhersehbare Einflüsse
alle Zukunftsplanungen über den Haufen werfen können.
wie auf Eiern gehen
sehr vorsichtig gehen;
Eier kommen in zahlreichen Redewendungen vor. Sie stehen von jeher
für Zerbrechliches, mit dem man sehr vorsichtig umgehen muss, da
niemand den rohen Inhalt an den Händen oder – wie in diesem Fall –
Füßen haben möchte.
noch die Eierschalen hinter den Ohren haben
noch unreif sein;
aus dem Tierreich: Frisch geschlüpften Kücken kleben oft noch
Schalenstücke am Gefieder, bis dieses trocken ist.
172
einen Eiertanz aufführen
auch: einen regelrechten Eiertanz aufführen
(über-)vorsichtig oder sehr umständlich vorgehen, um nichts zu
verderben;
ungeklärt: Eine berühmte Fundstelle des Begriffes ist Goethes
„Wilhelm Meisters Lehrjahre“, worin Mignon den hochartistischen
„Eiertanz“ vorführt, der sich als Fandango, also spanischer Tanz
afrikanischen Ursprungs, erweist. Vermutlich ist die Benennung jedoch
nicht Goethes Erfindung.
im Eimer sein
fehlerhaft, unbrauchbar sein;
bezieht sich auf den Abfalleimer, in dem etwas Unbrauchbares landet.
weder ein noch aus wissen
auch: nicht mehr ein und aus wissen
keine Lösung sehen, in höchster Not keinen Ausweg mehr finden;
aus der Bibel: Die ursprüngliche Bedeutung zielt eher in Richtung „naiv
sein, nicht viel wissen, wenig Erfahrung besitzen“. “
etwas einbimsenetwas immer wieder üben/lernen;
bezieht sich auf den Bimsstein, mit dessen Hilfe sehr schmutzige
Hände durch Reiben gereinigt wurden – eine langwierige und
zuweilen schmerzhafte Angelegenheit.
jemandem etwas einbläuenauch: jemandem etwas einbleuen
jemanden etwas durch stetiges Wiederholen, durch rabiate Methoden
lehren;
aus dem Mittelhochdeutschen: „ Einbleuen“ stammt von dem Wort
173
„bliuwen“ ab, das so viel wie „schlagen“ bedeutet und sich darauf
bezieht, dass Lehrer in Zeiten der Prügelstrafe häufig noch Gewalt
anwendeten, um den Kindern etwas beizubringen. Die heute
gängigere Schreibweise „einbläuen“ kommt allerdings vom Handwerk
der Färber. Sie mussten Stoffe wieder und wieder einbläuen, um dem
Stoff eine satte blaue Farbe zu geben.
sich die Suppe selbst einbrockenauch: sich etwas einbrocken; die Suppe auslöffeln (müssen), die man sich
eingebrockt hat
selber an etwas schuld sein;
hat seinen Ursprung in früheren Essgewohnheiten. Einfache Leute
aßen häufig Suppe mit Brot. Sie wurde, wie andere Gerichte auch,
oft gemeinsam aus einer Schüssel gegessen, das Brot aber brockte –
heute würde man sagen bröckelte – sich jeder selbst in seine Suppe
und musste es dann wieder herauslöffeln.
jemanden einbuchtenjemanden in das Gefängnis bringen;
allgemein ist eine Bucht ein dreiseitig begrenzter Ort – sei es ein an
drei Seiten von Land umgebenes Stück Meer, sei es ein Koben für
Schweine. Wird jedoch jemand „eingebuchtet“, dann dürfte er eher in
allen Richtungen von dicken Mauern umgeben sein.
etwas hat sich eingebürgertetwas ist ganz üblich geworden;
aus dem nationalen Recht: vergleicht einen Brauch oder Ausdruck, der
immer üblicher und anerkannter wird, mit einem Menschen aus einem
anderen Land, der das Recht zum dauerhaften Aufenthalt erhalten hat.
174
es geht ans Eingemachtees wird ernst, es geht an die Reserven;
vor der Erfindung des Gefrierschranks waren die Möglichkeiten,
Nahrungsmittel zu konservieren, begrenzt; Obst konnte nur
eingemacht, d. h. in Zucker eingekocht, haltbar gemacht werden. Das
Eingemachte wurde im Winter gegessen, wenn keinerlei frisches Obst
mehr zur Verfügung stand.
jemandem tüchtig einheizenjemanden antreiben (indem man ihm Angst einjagt);
aus dem Mittelalter: Ähnlich der Wendung „Feuer unter dem Hintern
machen“ bezieht sich diese Redensart auf das Fegefeuer, das früher als
bedrohliche Folge der Sünde jedem Gläubigen stets bewusst war. Wer
jemandem einheizte, erinnerte ihn an die Qualen des Verbrennens.
jemanden einnordenjemanden zurechtweisen, jemandem die Mei nung sagen;
dieser sehr junge umgangssprachliche Ausdruck stammt aus dem
Umgang mit Karte und Kompass. Eine Karte wird eingenordet, indem
man einen Kompass auflegt und sie mit diesem so lange dreht, bis der
„Kartennorden“ mit der realen Nordrichtung übereinstimmt.
etwas einpaukenetwas durch stete Wiederholung lernen;
die Redensart geht vermutlich auf den monotonen Klang der
Rhythmus gebenden Pauke zurück; ähnlich monoton werden beim
„Einpauken“ z. B. Vokabeln immer wieder gelesen.
wie eine Eins dastehen
aufrecht stehen/sitzen;
diese Redewendung entwickelte sich vermutlich aus dem Bild, das
175
eine geschriebene Eins ergibt: ein lang gestreckter, sehr gerader
Aufstrich; der kleine schräge Abstrich könnte als Kopf gedeutet
werden. Wer „wie eine Eins dasteht“, kann aber auch (seltener) wie ein
Gewinner wirken.
jemanden einseifenjemandem schmeicheln, schöntun (um ihn zu etwas zu bringen);
spielt auf das angenehme Gefühl an, wenn man im Bad von
Seifenschaum umgeben ist.
jemanden einwickelnjemanden für etwas gewinnen, mit List/durch Schmeichelei zu etwas
bringen;
entwickelte sich aus der bereits im 15. Jahrhundert üblichen Wendung
„etwas einwickeln“ für: „eine Sache, einen Sachverhalt schönfärben“ –
und wer die Schönfärberei glaubte, ließ sich einwickeln.
jemanden auf Eis legen
jemanden vormerken für spätere Aufgaben, aber aktuell nicht
heranziehen;
geht zurück auf das „Auf-Eis-Legen“ von verderblichen Lebensmitteln,
die so länger frisch bleiben und erst später zum Verzehr wieder
aufgetaut werden.
sich auf dünnes Eis begeben
auch: sich auf dünnes Eis wagen; sich auf dünnem Eis bewegen
ein Risiko eingehen, viel wagen;
bezieht sich auf das hohe Einbruchrisiko von Eissportlern oder
Eisfischern am Anfang des Winters, wenn das Eis auf Gewässern noch
nicht sehr dick ist.
176
ein heißes Eisen anfassen
eine delikate Angelegenheit anrühren, ansprechen;
aus dem Mittelalter: bezieht sich wie „die Hand ins Feuer legen“ auf
eine schon im 12. Jahrhundert belegte Form des Gottesgerichts: Der
Angeklagte musste ein glühendes Eisen anfassen; daran, wie schnell
oder langsam seine Wunden verheilten, wurde seine Unschuld bzw.
Schuld abgelesen.
zum alten Eisen gehören
auch: zum alten Eisen zählen
ausgedient haben, nicht mehr gebraucht werden (über Menschen);
aus dem Schmiedehandwerk: Da sich nur heißes Eisen bearbeiten
lässt, wird erkaltetes Material auf einen Haufen alten bzw. kalten
Eisens geworfen, das später wieder erhitzt und neu geformt wird.
Es ist höchste Eisenbahn!
diese umgangssprachliche Redewendung ist ein Zitat aus dem Stück
„Ein Heiratsantrag in der Niederwallstraße“ von Adolf Glaßbrenner
aus dem Jahr 1847 und geht auf einen Wortverdreher der Hauptfigur,
des Briefträgers Bornike, zurück, der die Post vom Leipziger Zug
hätte abholen sollen: „Herrjesses Leipzig! [...] Es ist die allerhöchste
Eisenbahn, die Zeit ist schon vor drei Stunden anjekommen!“
jemand benimmt sich wie ein Elefant im Porzellanladen
ungeschickt, tollpatschig sein;
diese Redewendung geht nicht auf das tatsächliche Verhalten des
Elefanten zurück, der sehr vorsichtig und umsichtig ist, sondern
zeichnet nur ein Bild, das sich Menschen, die nicht mit echten
Elefanten zu tun haben, als Katastrophe vorstellen.
177
in seinem Element sein
seine Fähigkeiten voll entfalten können, sich wohlfühlen;
aus der Antike: Nach der Vier-Elemente-Lehre des griechischen
Philosophen Empedokles besteht alles Sein aus den vier
Grundelementen Feuer, Wasser, Luft und Erde. Aus ihnen setzt sich
auch der Mensch zusammen, dessen Charakter durch die jeweilige
Mischung der Elemente bestimmt wird. Auch wenn wir heute weit
über hundert Elemente kennen, so hat sich doch die alte Vorstellung
erhalten. Sie findet sich auch in der Wendung vom „Fisch auf dem
Trockenen“ wieder, der eben nicht in seinem Element ist.
ein Häufchen Elend sein
in einem jämmerlichen Zustand sein;
nicht genug, dass jemand aussieht wie das Elend, in dem er sich
befindet – er ist nicht einmal mehr ein Haufen, sondern aufgrund der
überwältigenden Sorgen/Probleme/Ängste etc. nur noch ein kleines
Häufchen.
im Elfenbeinturm sitzen
realitätsfern sein, sich von der Welt abgehoben fühlen;
aus der Bibel: Der „Elfenbeinturm“ ist nicht nur der Wohnsitz der
Kindlichen Kaiserin in Michael Endes Roman „Die unendliche
Geschichte“. Heute werden v. a. Wissenschaftler, die an der Realität
vorbeileben und -arbeiten, als „im Elfenbeinturm lebend“ bezeichnet.
die Ellbogen gebrauchen
auch: die Ellenbogen gebrauchen
sich mittels Gewalt bzw. grober Methoden rücksichtslos durchsetzen;
diese Redewendung verwendet das Bild einer Person, die sich mit
abgespreizten Ellbogen, die anderen wegdrängend oder zur Seite
boxend, ihren Weg bahnt.
178
eine Ellbogengesellschafteine rücksichtslose, unsoziale Gesellschaft;
wenn nicht nur Einzelne, sondern die Mehrheit der Menschen „die
Ellbogen gebrauchen“, also rücksichtslos vorgehen und damit Erfolg
haben, dann spricht man von einer Ellbogengesellschaft.
wie eine Elster stehlen
alles, was glänzt und wertvoll aussieht, mitgehen lassen; einen
inneren, unkontrollier baren Trieb zum Diebstahl haben;
aus dem Tierreich: Der schwarzweiße Rabenvogel steht seit
Jahrhunderten im Ruf, eine besondere Vorliebe für glänzende
Gegenstände wie z. B. Silberlöffel zu haben und diese in seinem
Nest zu horten. Obwohl dieses Verhalten in der Realität nicht zu
beobachten ist, wurde die Redensart geprägt, die dieses Gerücht
weiter aufrechterhält.
nicht von schlechten Eltern sein
ziemlich gut sein;
aus der Genealogie: Wer gute Eltern hat – z. B. ein Rennpferd mit guter
Abstammung –, lässt die Hoffnung entstehen, selbst ein Champion zu
werden.
bis ans Ende der Zeiten
ewig, immer;
aus der Bibel: In heutigen Übersetzungen heißt es meist: „Ich bin bei
euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Matthäus 28,20)
Lieber ein Ende mit Schrecken ...
lieber an den Folgen einer schnellen Beendigung leiden, als eine
bestehende Situa tion weiter ertragen zu müssen;
aus der Bibel: Diese heute alltäglich verwendete Redewendung war
179
ursprünglich die Antwort auf die Klage eines Psalmisten, warum
Gottlose in Reichtum und Wohlstand leben, während er selbst
tugendhaft, aber arm ist. In Psalm 73,18–19 antwortet er, dass die
Gottlosen auf unsicherem Boden stehen: „Wie werden sie plötzlich
zunichte! Sie gehen unter und nehmen ein Ende mit Schrecken.“ Um
diese Wahrheit zu unterstreichen, wurde später der zweite Halbsatz
angefügt, der aus einer Umkehrung des Bibelzitates entstand: „... als
ein Schrecken ohne Ende.“
mit seinem Latein am Ende sein
nicht mehr weiterwissen;
aus dem Mittelalter: Die verschiedenen deutschen Dialekte waren
früher die Sprache des niederen Volkes; die Gelehrten unterhielten
sich – auch, um nicht vom Volk verstanden zu werden – in lateinischer
Sprache. Damit wurde Latein rasch zum Synonym für Bildung,
Wissenschaft, Weisheit. Wenn jemand also mit seinem Latein am Ende
war, so fehlte ihm weiteres Wissen.
die Engel im Himmel singen hören
von heftigem Schmerz betäubt sein;
beruht auf der Vorstellung eines Chores oder Orchesters aus Engeln,
das die Verstorbenen im Himmel empfängt. Diese wiederum
geht neben der Bibel (Matthäus 24,31) auch auf die antike
Sphärenharmonie zurück.
ein gefallener Engel sein
Schuld auf sich geladen haben;
aus der Religion: Nicht nur im Christentum, auch im Islam gibt es
„gefallene Engel“, die nach Gottgleichheit strebten, übermäßigen Stolz
zeigten oder der Lust nachgaben und daher aus den himmlischen
Heerscharen verstoßen wurden.
180
wie mit Engelszungen reden
jemanden durch Zureden von etwas überzeugen (wollen);
aus der Bibel: Diese Redewendung ist eine weitere, die als
direktes Bibelzitat in die Alltagssprache einging und dort einen
Aussagewandel erfuhr. So steht im Brief des Apostels Paulus an die
Korinther: „Wenn ich mit Menschen- und mit Engels zungen redete und
hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende
Schelle.“ Damit ist mit den Engelszungen hier nur süßliches Gerede
gemeint, das wenig Fundament hat. Heute beschreibt man mit dieser
Redewendung ein durchaus sinnhaltiges, aufrichtiges und trotzdem
folgenloses Einreden auf einen Menschen.
nicht die feine englische Art sein
sich unhöflich/unfair benehmen;
den Bürgern Großbritanniens wird seit Langem eine sehr konservative,
zuweilen stocksteife, im positiven Sinne aber ausgesprochen
beherrschte und höfliche Art (Verhaltensweise) nachgesagt:
sich wegen etwas entrüstenaußer sich geraten, zornig sein;
aus dem Mittelalter: Legte der Ritter seine Rüstung ab, so „entrüstete“
er sich. Nun konnte er sich endlich frei bewegen und war nicht mehr
zu einer steifen, korrekten Haltung gezwungen. Vermutlich darauf
weist der Ausdruck „sich entrüsten“ hin: dass jemand aus Wut Haltung
und Selbstkontrolle vergisst.
ein Erbsenzählerein Pedant;
geht auf ein ähnliches Bild zurück wie der Ausdruck „Korinthenkacker“.
181
jemandem hat es die Ernte verhagelt
jemand hat eine große Enttäuschung/einen Misserfolg erlebt;
aus der Landwirtschaft: Das Einbringen der Ernte war schon immer
abhängig vom Glück in Form des Wetters. Wenn ein Bauer großes Pech
hatte, hagelte es kurz vor dem Ernten – und das reife Getreide wurde
im letzten Moment zerstört.
eine Eroberung machen
die Liebe eines Menschen erobern; eine Sache erobern;
eine „Eroberung“ ist die Aneignung von Ländern, Städten oder Beute
gegen die Widerstände des Angegriffenen. Fürsten kämpften früher
häufig nicht nur um Ländereien, sondern auch um die Gunst ihres
Volkes, also um die positive Gesinnung im Herzen der Bürger.
auf etwas erpicht sein
begierig auf etwas sein;
aus dem 16. Jahrhundert: bedeutete eigentlich „wie mit Pech an
etwas festgeklebt sein“. Die Wendung bezieht sich auf die Technik des
Vogelfangs mit Leimruten, von der sich zahlreiche andere Redensarten
herleiten, z. B. „jemandem auf den Leim gehen“.
völlig erschossen sein
auch: sich ganz erschossen fühlen
völlig müde, fix und fertig, am Ende sein;
aus dem 19. Jahrhundert: Ursprünglich lautet die Redensart
„erschossen wie Robert Blum“. Robert Blum (1807–48), Abgeordneter
der Frankfurter Nationalversammlung, beteiligte sich aufseiten der
Aufständischen am Wiener Oktober aufstand 1848 und wurde von den
kaiserlichen Truppen standrechtlich erschossen. Aus der Volksweise
„Erschossen ist dein Robert, dein treuer Robert Blum“ entwickelte sich
die im Laufe der Zeit verkürzte Redensart.
182
Erster von hinten sein
der Schlechteste/Letzte sein;
scherzhafte Umkehrung der Reihenfolge, um nicht sagen zu müssen,
dass man wenig erfolgreich abgeschnitten hat.
etwas ist erstunken und erlogen
etwas entspricht nicht der Wahrheit, ist eine infame Lüge;
aus dem Mittelalter: Dem Volksglauben nach stinken Lügen zum
Himmel, daraus entstand die stabreimende Formel „erstunken und
erlogen“, um die besondere Gemeinheit einer Lüge zu betonen.
den Sack schlagen, aber den Esel meinen
den Falschen für etwas verantwortlich machen, weil man den
Schuldigen nicht bestrafen kann;
aus der Antike: findet sich in ähnlicher Form schon beim römischen
Satiriker Petronius (ca. 14–66 n. Chr.): „Qui asinum non potest, stratum
caedit“ (Wer den Esel nicht schlagen kann, schlägt den Packsattel).
eine Eselsbrücke bauen
einen leicht erinnerbaren Merksatz, eine Gedächtnisstütze, einen
Lernspruch erfinden;
Esel sind bekannt für ihren eigenwilligen Charakter. Ihre Unwilligkeit,
Wasserläufe zu durchqueren, ist ein Ausdruck ihrer Vorsicht, denn sie
können die Wassertiefe nicht abschätzen. Für Händler, die ihre Waren
per Esel transportierten, war dies jedoch mehr als störend. Speziell
für die wasserscheuen Esel wurden daher an vielen Bächen kleine
„Eselsbrücken“ errichtet, um zwar mit einem Umweg, aber immerhin
sicher ans Ziel zu kommen. Die heutigen Eselsbrücken bauen auch oft
einen kleinen Umweg – aber sie sicherten Generationen von Schülern
gute Prüfungsergebnisse.
183
wie Espenlaub zittern
stark zittern; große Angst haben;
aus der Botanik: Die Espe, auch Zitterpappel genannt, besitzt Blätter
von sehr geringem Gewicht. Selbst bei leichtem Wind drehen sich
diese Blätter ständig, was von Ferne wie ein Zittern des Baumes wirkt.
Essig sein mit etwas
etwas ist fehlgeschlagen;
bezieht sich vermutlich auf Wein oder andere alkoholische Getränke,
die durch Fermentation aufgrund unsachgemäßer Lagerung oder
schlechter Basisqualität zu Essig und damit ungenießbar wurden.
ein Etikettenschwindeleine Täuschung, ein Betrug;
bezog sich ursprünglich auf die Warenauszeichnung, wenn auf dem
Zettel etwas anderes stand, als tatsächlich in einer Packung, Flasche,
einem Karton, Sack etc. enthalten war.
Eulen nach Athen tragen
eine überflüssige Tätigkeit ausführen;
aus dem Altgriechischen: Der antike Dichter Aristophanes (ca.
448–385 v. Chr.) beschrieb in seiner Komödie „Die Vögel“ satirisch
seine Heimatstadt Athen und fragte: „Wer hat die Eule nach Athen
gebracht?“ Eulen, Symbol der Klugheit und der Stadtgöttin Athene,
gab es in Athen nicht nur in natura zahlreiche, sie wurden auch auf
die Münzen geprägt. Aristophanes bezeichnete es als überflüssig,
Silbermünzen (mit der Eule) ins reiche Athen zu tragen.
eine halbe Ewigkeitsehr lange;
ironische Redewendung, denn die Ewigkeit ist unbegrenzt und
184
dementsprechend nicht zu halbieren.
eine Extrawurst gebraten haben wollen
besondere, bevorzugte Behandlung beanspruchen;
die „Extrawurst“ (übrigens eine österreichi sche Wurstsorte) steht als
kulinarischer Sonderweg für alle besonderen Ansprüche einer Person.
nicht lange fackelnnicht zögern, keine Umstände machen;
aus dem Mittelhochdeutschen: geht zurück auf das
mittelhochdeutsche „vacklen“, das zunächst „brennen wie eine
Fackel“ bedeutete, sich dann aber zu „hin und her schwanken wie
das Licht einer Fackel“ wandelte. Die Redensart findet sich erst im
18. Jahrhundert.
alle Fäden in der Hand haben
alles kontrollieren und überwachen;
aus dem Puppenspiel: Marionetten werden von der Spielbühne aus
mit langen Fäden gesteuert. Wer die Fäden in der Hand hält, der kann
die Marionette bewegen, wie er will.
am seidenen Faden hängen
die Lage ist kritisch, bedrohlich;
aus dem Altertum: Nach alter Vorstellung spinnen die
Schicksalsgöttinnen am Lebens faden des Menschen – von der Stärke
des Fadens hängt die Lebensdauer ab. Eine andere Erklärung verweist
auf das ebenfalls an einem Faden hängende Damoklesschwert.
den Faden verlieren
nicht mehr weiterwissen;
abgeleitet aus der griechischen Mytho logie: bezieht sich auf den
Faden, den Ariadne, die Tochter des kretischen Königs Minos, ihrem
185
Geliebten gab, damit er wieder aus dem Labyrinth des Minotaurus
herausfände. Hätte er den Faden verloren, hätte er den Weg heraus
gewiss nicht gefunden.
der rote Fadenimmer wiederkehrendes Element, Verbindung zwischen
verschiedenen Einzelteilen (u. a. einer Rede);
für die Redensart vom „roten Faden“ gibt es zwei Deutungen: Die
häufiger anzutreffende ist der Verweis auf J. W. von Goethes Werk „Die
Wahlverwandschaften“, in denen er diesen Ausdruck verwendet, ihn
aber aufgrund des offenbar anzunehmen den Unverständnisses der
Leser zunächst historisch erklärt. So war damals in sämtliches Tauwerk
der britischen Marine ein nicht zu entfernender roter Faden eingenäht,
der die Taue als Eigentum der britischen Krone kennzeichnete. Eine
zweite, aber unwahrscheinlichere Deutungsvariante bezieht sich auf den
Faden, der laut der griechischen Mythologie von Ariadne an Theseus
übergeben wurde, damit dieser sicher aus dem Labyrinth des Minotaurus
zurückkehren könne. Allerdings findet sich in der Mythologie kein
eindeutiger Hinweis darauf, dass dieser Faden rot gewesen sei.
die Fäden ziehen
eine Sache (aus dem Hintergrund) lenken, bei etwas (unbemerkt) die
treibende Kraft sein;
Marionettenspieler müssen, um ein gutes Puppenspiel vorzuführen,
an den Fäden ziehen, die ihre Marionetten tanzen lassen. Zugleich
müssen sie im Hintergrund bleiben – schließlich würde der Blick auf
den Puppenspieler die Illusion der selbstständig agierenden Figuren
zerstören.
immer den gleichen Faden spinnen
dieselben Dinge ständig wiederholen; einen sehr gleichförmigen
186
Tagesablauf haben;
bezieht sich auf das Spinnen von Wolle, bei dem einmaliges
Bearbeiten ausreicht. Wer denselben Faden mehrfach spinnt, gewinnt
dadurch nichts.
keinen trockenen Faden am Leib haben
völlig durchnässt sein;
Kleidung wird aus Stoff genäht, Stoff besteht aus Fäden. Wer keinen
einzigen trockenen Faden mehr an seinem Leib trägt, ist bis auf jeden
noch so kleinen Fleck seiner Kleidung durchnässt.
jemanden im Fadenkreuz haben
jemanden nicht aus den Augen lassen;
aus der Soldatensprache: Das Fadenkreuz, eine am Zielfernrohr von
Gewehren eingeätzte Markierung, ähnelt einem aus zwei Fäden
gelegten Kreuz. Es dient dem besseren und schnelleren Anvisieren des
Ziels.
die Fahne hochhalten
auch: das Fähnlein hochhalten
einer Sache treu bleiben, etwas beharrlich fortsetzen;
geht vermutlich auf die Fahne zurück, die der kämpfenden Truppe von
einem so genannten Fähnrich als Feldzeichen voran getragen wurde.
die Fahne nach dem Wind drehen
seine Meinung häufig ändern;
aus dem 16. Jahrhundert: Die bisweilen heute noch vorhandene
Wetterfahne auf dem Dach dreht sich im Wind und zeigt so stets die
Windrichtung an. Die Redensart ist möglicherweise abgeleitet von der
älteren Wendung „sein Mäntelchen nach dem Winde hängen“.
sich etwas auf die Fahnen schreiben
187
sich etwas zum Ziel setzen, als Programm verkünden;
leitet sich aus dem Brauch her, Fahnen und Flaggen bspw. mit einem
Wahlspruch zu besticken.
die Fahnen strecken
aufgeben; sich ergeben;
aus dem Militär: Bis ins 20. Jahrhundert war die Fahne ein Symbol
für militärische Ehre und Loyalität unter den Soldaten. Der Verlust
der eigenen Fahne galt als große Schmach, die Eroberung der
gegnerischen Fahne galt als Ruhmestat. Streckte eine Kriegsfront die
Fahnen nieder, ergab sie sich.
mit wehenden Fahnen zu jemandem überlaufen
sich plötzlich einer anderen Meinung anschließen;
aus dem Militär: Bei Gefechten wurde früher jedem Heer die Fahne
mit dem Zeichen des Landes oder des Fürsten, für den man kämpfte,
vorangetragen. Wer mit einer fliegenden Fahne desertierte, der lief
offenbar mit solcher Begeisterung und Geschwindigkeit zum Feind
über, dass die Fahne im Wind hinter ihm herwehte.
fahnenflüchtig werden
eine Sache verraten, ihr untreu werden;
aus der Militärsprache: Soldaten mussten ursprünglich auf die Fahne
ihres Kriegsherrn schwören. Wer diesen Eid brach und „von der Fahne
ging“, der musste mit harten Strafen rechnen.
einen fahren lassen
auch: einen fliegen lassen
Blähungen haben;
euphemistische Umschreibung für „furzen“, das entscheidende
Wort wird weggelassen; im Zusammenhang mit den bei Blähungen
188
entweichenden „Winden“ gibt es zahlreiche verhüllende Redensarten.
in gefährliches Fahrwasser geraten
in eine kritische, gefährliche Situation geraten;
aus der Schifffahrt: Gemeint ist die Fahrrinne eines Flusses oder
einer Hafeneinfahrt, die dem Tiefgang oder der Breite eines
hereinkommenden Schiffes nicht gerecht wird.
einen Fallstrick legen
jemanden in eine Falle locken, um ihm zu schaden;
aus dem Jagdwesen: Stricknetze, so genannte Fallstricke, wurden auf
dem Waldboden ausgelegt, damit sich Vögel und kleines Haarwild
darin verfingen. Heute ist diese Praxis nur mehr in südlichen Ländern
anzutreffen.
Fanfare blasen
zum Angriff übergehen;
aus der Militärsprache: Die Fanfare, eine Naturtontrompete, wurde
im 17. Jahrhundert eingesetzt, um mit einem bestimmten Signal
den Angriff einzuleiten. Auch Jäger verständigten sich durch
Fanfarensignale.
Farbe bekennen
klar Stellung beziehen, offen seine Meinung kundtun;
aus dem Kartenspiel: Wenn man beim Kartenspiel die geforderte
Farbe zugeben muss, legt man dem Gegner damit häufig auch offen,
ob man noch brauchbare Trümpfe in der Hand hält.
das Fass zum Überlaufen bringen
eine Situation eskalieren lassen;
gemeint ist hier der winzige Anlass, der z. B. lange zurückgehaltenen
und aufgestauten Zorn zum Hervorbrechen bringt – so, wie ein großes
189
Fass letztendlich aufgrund eines kleinen Wassertropfens überfließt.
dem Fass den Boden ausschlagen
auch: dem Fass den Boden ausstoßen
etwas übertreiben, auf die Spitze treiben;
geht möglicherweise auf die Fassmacher zurück. Wenn der Böttcher,
andernorts auch Schäffler genannt, die Metallringe zu fest auf
die Dauben schlägt, kann es passieren, dass dabei der Fassboden
herausfällt. Eine andere Erklärung führt zu frühneuzeitlichen
Hygienevorschriften. Wenn ein Brauer oder Wirt schlechtes Bier
verkaufte und die Obrigkeit ihn „auf frischer Tat“ ertappte, wurde
„dem Fass der Boden ausgeschlagen“, um den weiteren Verkauf zu
unterbinden!
ein Fass aufmachen
ausgelassen feiern; etwas (Unangenehmes oder Umstrittenes) zur
Sprache bringen;
jüngere Redewendung, die sich auf das Bierfass bezieht, das bei
großen Festen angezapft wird.
ein Fass ohne Boden
ein vergebliches Unternehmen, in das man immer wieder Geld stecken
muss;
aus der griechischen Mythologie: Die Danaiden, die fünfzig Töchter
des Königs Danaos, hatten auf Befehl ihres Vaters mit einer Ausnahme
ihre Gatten noch in der Hochzeitsnacht ermordet. Zur Strafe mussten
sie in der Unterwelt Wasser in ein löchriges Fass schöpfen.
die Faust im Sack ballen
seine Wut verbergen;
wer eine Faust ballt, der möchte am liebsten zuschlagen, wer sie aber
190
im Sack, also in der Hosentasche behält, der kann sich gerade noch
beherrschen und verbirgt seinen Zorn.
wie die Faust aufs Auge passen
ursprünglich: überhaupt nicht zusammenpassen; in ironischer
Verwendung: etwas passt sehr gut zusammen;
diese bildhafte Redewendung bezieht sich auf zwei gegensätzliche
Körperteile – das hochempfindliche Auge und die zur Faust geballte
Hand, die kaum Gefühl besitzt. Durch den vermehrt ironischen
Gebrauch der Redensart entwickelte sich allerdings die genau
gegenteilige Bedeutung: etwas passt hervorragend zueinander.
sich ins Fäustchen lachen
schadenfroh lachen;
seit dem 16. Jahrhundert belegt: Die Rede wendung bezieht sich auf
die vor den Mund gehaltene Hand, wenn das Lachen, das sich auf
einen anderen Menschen bezieht, nicht gesehen werden soll.
die Faxen dicke haben
genug von den Scherzen haben, am Ende seiner Geduld sein;
aus dem 18. Jahrhundert: geht auf das lautmalerische Verb „fickfacken“
(sich hin und her bewegen) zurück, das sich zunächst auf die
schwankende Flamme einer Kerze bezog. Daraus entwickelte sich das
Substantiv Facks, Fackes für Streich, Posse.
fechten gehen
betteln;
aus dem 16. Jahrhundert: Damals gab es viele Fechtschulen, die auch
Handwerksgesellen besuchen konnten. Anschließend zogen diese als
„Fechtbrüder“ durch die Lande, zeigten ihr Kunst und lebten von den
dafür erhaltenen Almosen.
191
eine spitze Feder führen
angriffslustig, kritisch schreiben;
nur mit einer gut angespitzten Vogelfeder ließ vor der Erfindung von
Metallfedern flüssig und ohne zahlreiche Flecken auf dem Papier
schreiben. Redensartlich wurde die spitze Feder auf die Formulierungs-
künste bspw. eines Journalisten übertragen.
ein Federfuchserein Schreiberling;
„fuchsen“ kommt von „facken“, unruhig hin und her schwanken. Einer,
der die Feder, also das Schreibgerät unruhig hin und her bewegt,
anstatt flüssig zu schreiben, der quält sich und seine Leser.
„Ist mir’s doch wie Gift und Operment, wenn ich den Federfuchser zu
Gesichte krieg.“ (Schiller, Kabale und Liebe, I, 2)
ohne viel Federlesensohne große Umstände;
„Federlesen“ bedeutete, vornehmen Herrschaften angeflogene Federn
und Flusen von der Kleidung zu lesen und sich so einzuschmeicheln.
„Nicht so vieles Federlesen! Lass mich immer nur herein“ (Goethe,
West-östlicher Diwan, 12,1)
Federn lassen
Schaden erleiden;
aus dem Tierreich: vergleicht jemanden, der geschädigt wird, mit
dem nach einem Konkurrenzkampf um ein Weibchen oft arg gerupft
aussehenden Vogelmännchen.
sich in die Federn legen
auch: sich in die Federn hauen
schlafen gehen;
192
„Federn“ steht für die Daunen, das früher üblichste Füllmaterial von
Bettdecken.
sich mit fremden Federn schmücken
sich mit den Leistungen anderer brüsten;
aus der Antike, geht auf eine Fabel des römischen Dichters Phaedrus
(20 v.–50 n. Chr.) zurück: Eine eitle Krähe schmückte sich mit
Pfauenfedern und mischte sich unter die bunten, glänzenden Vögel.
Als die Pfaue sie erkannten, hieben sie mit ihren Schnäbeln auf sie ein
und rissen ihr die „falschen“ Federn aus.
jemandem den Fehdehandschuh hinwerfen
jemanden zum Streit herausfordern;
aus dem 18. Jahrhundert: Der Handschuh, der zu einer Fehde, einer
privaten Auseinandersetzung, aufrief, konnte jeder Handschuh
eines Adligen sein. Tatsächlich wurde er jedoch üblicherweise nicht
hingeworfen. Man schlug ihn dem Heraus geforderten ins Gesicht –
eine offene Provokation, die niemand auf sich sitzen lassen konnte.
Fehlanzeige sein
erfolglos sein;
aus der Bürokratie: Wenn ein Bürger eine behördliche Nachfrage
bezüglich einer Abgabe oder eines Bedarfs negativ beantwortet, also
den Nichtbedarf bzw. die Nichtanwendbarkeit einer Abgaberegelung
bekannt gibt, so liefert er eine „Fehlanzeige“.
das Feld behaupten
das Erreichte behalten, nicht geschlagen werden;
aus dem Mittelalter: Im Mittellateinischen ist die Wendung „campum
obtinere“ belegt, die sich freilich noch wörtlich auf das Kampffeld
bezog.
193
das Feld beherrschen
anerkannt, tonangebend, einflussreich sein;
aus der Soldatensprache: Kriege wurden früher zwischen den Fronten
auf dem offenen Feld ausgefochten. Wer das Feld beherrschte, war der
überlegenere Gegner im Kampf.
ein weites Feldein großes (umstrittenes) Gebiet;
aus der Literatur: In Adalbert Stifters Roman „Der Nachsommer“ (1857)
heißt es: „Das ist ein weites Feld, von dem ihr da redet“; der letzte Satz
von Theodor Fontanes „Effi Briest“ (1894) lautet „Ach, Luise, laß ... das
ist ein zu weites Feld.“ Günther Grass machte die Wendung zum Titel
seines 1995 erschienenen Romans.
etwas ins Feld führen
etwas anführen, als Argument benutzen;
aus der Militärsprache: gemeint war ursprünglich das Schlachtfeld.
jemandem das Feld streitig machen
gegen jemanden als Rivale oder Konkurrent antreten;
bezieht sich vermutlich auf das Schlachtfeld, das durch die eine oder
andere Seite eingenommen wird; zunächst war also mit diesem
Ausdruck nicht ein Rivale, sondern ein Gegner gemeint.
jemandem das Feld überlassen
seine Position jemandem freimachen, vor jemandem weichen;
abgeleitet von einer militärischen Kapi tulation bzw. Niederlage, nach
der das Schlachtfeld dem Feind überlassen wurde.
jemanden aus dem Feld schlagen
auch: jemanden aus dem Feld räumen
jemanden besiegen, vertreiben;
194
aus der Militärsprache, bezog sich ursprünglich auf das Schlachtfeld,
das der Besiegte zu räumen hatte.
gegen jemanden zu Felde ziehen
auch: gegen etwas zu Felde ziehen
energisch gegen jemanden/etwas auftreten;
aus der Soldatensprache: Kriege wurden auf offenen Feldern
ausgefochten. Um Fronten zu bilden, mussten die Gegner zunächst
aufeinander zumarschieren. Wer also gegen jemanden zu Felde zog,
machte sich auf den Weg zu einem unmittelbar bevorstehenden
Kampf.
das Fell versaufen
auch: das Leder versaufen
einen Leichenschmaus abhalten;
aus dem Mittelalter: In dieser Wendung verbindet sich die Tradition
des Leichenschmauses zu Ehren des Verstorbenen mit der Sitte, den
Erlös aus dem Verkauf des Felles des geschlachteten Gemeindestieres
gemeinsam zu vertrinken.
das Fell verteilen, bevor der Bär erlegt ist
auch: den Pelz aufteilen, bevor der Bär erlegt ist
einen Gewinn aufteilen, der noch gar nicht erzielt wurde;
Die Anteile am Verkaufserlös des Bärenfells schon auszuhandeln,
bevor sich die Jäger auf die Jagd nach dem Tier begeben, kann dazu
führen, dass man sich, wenn der Jagd kein Erfolg beschieden ist, „zu
früh gefreut hat“.
ein dickes Fell haben
unempfindlich sein;
aus der Tierwelt: Bären bspw. haben ein so dickes Fell, dass sie beim
195
Ausrauben eines Bienenstockes kaum gestochen werden, weil die
Bienen sich im Pelz verfangen. Lediglich im Gesicht ist der Bär nicht
„unempfindlich“ gegen die Angriffe der Insekten.
jemandem das Fell gerben
auch: jemandem das Leder gerben
jemanden verprügeln;
auch in dieser Redewendung steht „Fell“ bzw. „Leder“ synonym für die
menschliche Haut, die bei Schlägen ebenso grob behandelt wird wie
Leder beim Gerben.
jemandem das Fell über die Ohren ziehen
jemanden betrügen;
aus der Landwirtschaft: bezieht sich auf den Abdecker, der, nachdem
er die Ohren abgeschnitten hat, dem Tierkadaver das Fell über den
Kopf abzieht. Redensartlich ist die Wendung seit dem Ende des
17. Jahrhunderts belegt.
jemandem das Fell versohlen
jemanden körperlich strafen, schlagen;
„Fell“ steht hier – wie in vielen Redensarten – trotz der eigentlich
geringen Behaarung der menschlichen Haut für eben diese.
seine Felle davonschwimmen sehen
auch: seine Felle weg-/fortschwimmen sehen
seine Hoffnungen schwinden sehen;
aus dem Gerberhandwerk: Wenn die Felle aus der Gerberlohe
herausgeholt wurden, musste man sie als Erstes ausspülen, was im
Mittelalter meist in einem nahe gelegenen Bach gemacht wurde.
Passte der Gerber dabei nicht auf, schwammen ihm seine Felle und
damit sein späteres Produkt noch vor der Fertigstellung davon.
196
wie ein Fels in der Brandung
felsenfest, unerschütterlich;
der Fels, der der schäumenden Brandung trotzt und Jahrtausende
überdauert, ist ein beliebtes und altes Symbol für den Wesenszug der
Standhaftigkeit bei einem Menschen. Vor diesem Hintergrund erhielt
auch Petrus (griechisch für Fels) seinen Namen: „Du bist Petrus, und
auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde.“ (Matthäus 16,18)
sich zu weit aus dem Fenster lehnen
sich sehr weit vorwagen;
jemand, der sich weit aus dem Fenster lehnt, läuft stets Gefahr,
hinauszufallen und sich schwer zu verletzen.
weg vom Fenster sein
seine Position verlassen müssen;
diese Redewendung wird inzwischen auf alle Berufs- und
Personengruppen angewendet, war früher aber nur bei Schauspielern
und Sängern üblich. Das „Fenster“ ist wohl nicht eines zum Hinaus-,
sondern zum Hineinschauen; auf der anderen Seite steht das
interessierte Publikum.
Warum in die Ferne schweifen?
Warum sich nicht den nahe liegenden Dingen zuwenden?
Das Wort „schweifen“ hat denselben Wort ursprung wie die
Bezeichnung „Schweif“ für den Schwanz des Pferdes und bedeutet
so viel wie „hin- und hergehen“. Die Redensart fordert den
Angesprochenen auf, sich doch einmal an seinem derzeitigen
Aufenthaltsort umzusehen oder sich mit seiner derzeitigen Position
anzufreunden. Um dies zu betonen, wird oft der Halbsatz „... wenn das
Gute liegt so nah“ angefügt.
197
sich an jemandes Fersen heften
jemandem dichtauf folgen;
hyperbolische Beschreibung des Hinter herlaufens (später auch
-fahrens), als „klebte“ man an jemandes Fersen.
jemandem die Fersen zeigen
vor jemandem weglaufen;
diese Redewendung spielt mit dem Bild eines Menschen, der schnell
wegläuft und von dem man aufgrund des vorgeneigten Oberkörpers
als Letztes die Fersen sieht.
Fersengeld geben
weglaufen, fliehen;
aus dem germanischen Recht: der für ein unerlaubtes Weglaufen zu
zahlende Betrag wurde früher als „Fersengeld“ bezeichnet. Er wurde
entweder für Deserteure oder auch beim Verlassen der Ehefrau fällig.
Jemand, der Fersengeld im Sinne der Rede wendung gibt, nimmt
eigentlich nur in Kauf, bestraft zu werden, denn meist wird heutzutage
kein Strafgeld mehr fällig.
fix und fertig sein
am Ende, völlig geschafft sein; alles erledigt haben;
seit dem 18. Jahrhundert belegt: „fix“ heißt eigentlich: fest,
unbeweglich (vgl. „Jour fixe“ für einen festen Termin); so wurde
ein Haus vor der Übergabe „fest und fertig“ gemacht. Die heutige
Bedeutung erhielt die Redewendung erst später.
jemanden auf etwas festnagelnjemanden auf das, was er gesagt oder getan hat, (öffentlich)
festlegen;
aus dem Mittelalter: Damals nagelten Bauern tote Raubvögel an ihr
198
Scheunentor, um deren Artgenossen davon abzuhalten, unter den
Tierbeständen des Bauern zu wüten.
sein Fett abbekommen
seinen Teil, auch: seine gerechte Strafe wegen einer Sache erhalten;
aus der Landwirtschaft: Da früher Hausschlachtungen üblich, die
großen Fleischteile aber schwer waren, war Hilfe stets willkommen.
Diese Helfer wurden meist in Naturalien bezahlt – insbesondere mit
dem Fett des geschlachteten Schweines, das besonders kalorienreich
und damit in kargen Zeiten wichtig war. Damals war es also durchaus
wünschenswert, am Ende eines Arbeitstages „sein Fett abzubekommen“.
ins Fettnäpfchen treten
etwas Unüberlegtes und damit Verletzendes oder Beleidigendes
sagen;
früher war der mit Lederfett gefüllte Napf in jedem Haus zu finden
und stand meist in der Nähe der Haustür. Bei nassem Wetter wurden
die Schuhe, bevor sie an den Ofen gestellt wurden, eingefettet,
um das Leder geschmeidig und wasserfest zu erhalten. Trat ein
unaufmerksamer Gast in den Fettnapf, verteilte er anschließend
den Inhalt auf dem Fußboden – und blamierte sich vor den
Hauseigentümern.
sich fetzensich streiten;
diese Redensart spielt mit dem Bild eines so erbitterten Kampfes, das
von der Kleidung beider Kontrahenten nur noch Fetzen bleiben.
für jemanden die Kastanien aus dem Feuer holen
für jemanden etwas Riskantes tun, sich selbst für jemanden in Gefahr
begeben;
199
seit dem 16. Jahrhundert belegt: Die Rede wendung entspringt einer
Tierfabel, die später auch von La Fontaine aufgegriffen wurde. In
ihr benutzt ein Affe die Pfote einer Katze, um die Kastanien, die er
essen möchte, aus dem Feuer zu holen – so erleidet nur die Katze
Brandverletzungen.
für jemanden durchs Feuer gehen
alles für jemanden tun;
aus dem Mittelalter: Ein Gang über glühende Pflugscharen, also
quasi durchs Feuer, war die äußerste Form des mittelalterlichen
Gottesurteils. Wollte der Beschuldigte diese Prüfung nicht selbst auf
sich nehmen, konnte er auch einen Vertreter schicken, der für ihn
durchs Feuer ging und so dessen Unschuld „bewies“.
mehrere Eisen im Feuer haben
mehrere Möglichkeiten haben, mehrere Wege zu einem Ziel kennen;
aus dem Schmiedegewerbe: Da das Erhitzen des zu bearbeitenden
Eisens in der Esse Zeit und Brennmaterial kostete, war es sinnvoll, zur
gleichen Zeit mehrere Eisen dort hineinzulegen.
mit dem Feuer spielen
bewusst ein Risiko eingehen;
seit dem 17. Jahrhundert belegt; auch im Französischen zu finden:
Ende des 19. Jahr hunderts wurde diese Redewendung in der „Gar
traurigen Geschichte mit dem Feuer zeug“ im „Struwwelpeter“
verarbeitet, in der Paulinchen beim Spielen mit Zünd hölzern
verbrennt.
mit Feuer und Schwert
mit den radikalsten Mitteln;
aus der Bibel: Im 2. Buch der Könige (8,12) prophezeit Elisa dem Knecht
200
Hasael: „Du wirst ihre festen Städte mit Feuer verbrennen und ihre
junge Mannschaft mit dem Schwert erschlagen [...]“; bei Jesaja (66,16)
heißt es: „Denn der Herr wird durch Feuer die ganze Erde richten und
durch sein Schwert alles Fleisch.“
wie Feuer und Wasser sein
auch: verschieden wie Wasser und Feuer
völlig gegensätzlich sein;
dass Wasser und Feuer nicht zusammenpassen, sondern sich im
Gegenteil gegenseitig vernichten, ist allgemein bekannt. So entstand
diese Redewendung, die sich bereits bei Luther findet: „Das dise zwen
sprüche so ehnlich sind ans wasser und fewr“ – also vollkommen
verschieden.
zwischen zwei Feuer geraten
von zwei Seiten bedrängt werden;
aus dem Militär: Ein Soldat, der im Gefecht zwischen „zwei Feuer“, also
in Beschuss von zwei Seiten geriet, hatte nur noch wenig Chance,
den Kampfplatz unverletzt zu verlassen. In der Übertragung bedeutet
diese Redensart nur noch: in einer unangenehmen Zwickmühle
stecken.
eine Feuerprobe bestehen
sich bewähren;
aus dem Münzwesen: bezieht sich auf die so genannte Goldprobe,
bei der die Reinheit des Metalls dadurch geprüft wurde, dass man es
ins Feuer hielt. Da Metalle unterschiedliche Schmelzpunkte haben,
konnte man so auch Münzfälschungen aufdecken. Manchmal wird
die Redensart auch von einer Form des mittelalterlichen Gottesurteils
hergeleitet, bei der man „durchs Feuer gehen“ musste.
201
die Feuertaufe bestehen
eine harte Bewährungsprobe überstehen;
aus dem kirchlichen Bereich: Die Feuertaufe erhielt jemand, der als
Märtyrer im Feuer starb. Dieses Feuer ersetzte auch die reguläre
Taufe, sofern sie bis dahin nicht stattgefunden hatte. Der Märtyrer
wurde als nach seinem Tod sofort selig angesehen. Nach Einführung
der Schusswaffen wurde der Begriff auf junge Soldaten in ihrem
ersten Gefecht übertragen. Wenn sie die Zeit im feindlichen Feuer
überlebten, hatten sie die Feuertaufe bestanden.
im falschen Film sein
auch: sich wie im falschen Film fühlen
sich fremd, fehl am Platze vorkommen;
das hier verwendete Bild ist das eines Schauspielers, der in das Set
eines Filmes, in dem er gar nicht mitspielt, gerät.
jemand hatte einen Filmrissauch: bei jemandem ist der Film gerissen
jemand hat eine Erinnerungslücke;
aus dem 20. Jahrhundert: Wenn der auf die Rolle aufgespulte Film
reißt, fehlt aufgrund der überlappenden Enden nach dem Kleben ein
Stück, das eventuell für das Verständnis der Handlung essenziell war.
einen Fimmel haben
eine merkwürdige Angewohnheit haben;
nicht gesichert; vermutlich geht die Rede wendung auf die
Bezeichnung für die männliche Hanfpflanze zurück, die wiede rum
von dem Verb „fimmeln“ für das Abstreifen des Hanfsamens stammt.
Möglich ist aber auch ein Zusammenhang mit dem im Bergbau
verwendeten Ausdruck „Fimmel“ für einen kleinen Vorschlaghammer
bzw. einen eisernen Keil.
202
die Finger drin haben
sich einmischen; beteiligt sein;
die Finger stehen in dieser Wendung Pars pro Toto für den ganzen
Menschen, der sich in eine Angelegenheit einmischt bzw. an einer
Unternehmung beteiligt ist.
die Finger nach etwas lecken
begierig auf etwas sein;
aus dem Mittelalter: Damals aß man mit den Fingern, und da war
es – besonders bei „leckeren“ Speisen – natürlich, danach die Finger
einfach abzulecken.
durch die Finger sehen
Nachsicht üben, milde urteilen;
abgeleitet von der Geste, sich die Hände vor die Augen zu halten und
nur zwischen den Fingern hindurchzulinsen. Schon Luther verwendet
die Redensart in seiner Bibelübersetzung: „Und wenn das Volk des
Landes bei dem Menschen durch die Finger sehen würde, der eins
seiner Kinder dem Moloch gegeben hat, dass es ihn nicht tötet [...].“
(Levitikus 20,4)
jemanden um den kleinen Finger wickeln
jemanden für sich gewinnen, jemanden gefügig machen;
diese Redensart beschreibt bildhaft, wie jemand so „weich gekocht“
wurde, dass er sich willig sogar um den kleinen Finger biegen lassen
würde.
keinen Finger krumm machen
auch: keinen Finger rühren
sehr faul sein;
manche Menschen sind so faul – oder haben ein so geringes Interesse
203
an einer Sache –, dass selbst das Bewegen eines einzelnen Fingers zu
viel Mühe für sie ist.
sich die Finger verbrennen
schlechte Erfahrungen machen;
beschreibt eigentlich eine Alltagserfahrung: Wenn sich ein kleines
Kind einmal die Finger an der Herdplatte verbrannt hat, so wird es sich
dies – hoffentlich – merken und so schnell nicht wieder drauffassen. Der
Ausdruck lässt sich aber ähnlich wie „für jeman den die Hand ins Feuer
legen“ auch vom mittelalterlichen Gottesurteil herleiten.
sich etwas an den Fingern abzählen können
auch: sich etwas an fünf Fingern abzählen können
etwas leicht erkennen/begreifen können;
etwas, das sich an den Fingern einer Hand abzählen lässt, erfordert
keine große Berechnung, es liegt „auf der Hand“.
„[...] denn es lachte alles an meinem gantzen Leibe und kunte ein
ieder flugs sich an den Fingern abzehlen, dass meines gleichen
wohl schwerlich würde in der Welt zu finden seyn.“ (Christian
Reuter, Schelmuffskys Warhafftige Curiöse und sehr gefährliche
Reisebeschreibung zu Wasser und Lande von 1696)
sich etwas aus den Fingern saugen
sich etwas ausdenken, etwas erfinden;
im alten Volksglauben besaßen Finger, insbesondere der kleine, eine
Mitteilungsgabe. Nach anderer Auffassung leitet sich die Redensart
vom angeborenen Saug reflex her; wenn man Babys den Finger an den
Mund hält, so saugen sie unwillkürlich daran. Außerdem könnte sie
auf das Aussaugen von Wunden zurückgehen.
204
mit Fingerspitzengefühlmit Zurückhaltung, Feingefühl, Takt;
in den Fingerspitzen ist der Tastsinn des Menschen besonders stark
ausgeprägt, so dass bspw. Blinde mit den Fingern lesen können. Wer
also mit Fingerspitzengefühl vorgeht, der ist besonders feinfühlig.
ein kleiner Fischetwas/jemand Unwichtiges;
aus dem Fischereiwesen: Kleinere Fische sind für den Verkauf nicht
geeignet und werden daher meist aus dem Netz genommen und
wieder ins Meer zurückgeworfen.
sich fühlen wie ein Fisch auf dem Trockenen
sich sehr unwohl, fehl am Platz fühlen;
aus dem Tierreich: Ein Fisch, der aus dem Wasser genommen wird,
versucht mit hektischem Bewegen wieder in sein Element zu gelangen
– und erstickt nach kurzer Zeit.
sich fühlen wie ein Fisch im Wasser
sich sehr wohlfühlen;
aus dem Tierreich: Die Redewendung bezieht sich nicht nur darauf,
dass ein Fisch nur im Wasser leben kann, sondern auch auf seine
eleganten und scheinbar mühelosen Bewegungen dort.
die Fische füttern
seekrank sein;
diese euphemistische Wendung bezieht sich darauf, dass Seekranke
oft ihren Magen inhalt ins Meer entleeren müssen.
in trüben Gewässern fischenetwas nicht ganz Einwandfreies tun, sich an dunklen Geschäften
beteiligen;
205
aus der Fischerei: eine Verkürzung des weit verbreiteten Sprichworts
„In trübem Wasser ist gut fischen“. Schon im antiken Griechenland
wusste man, dass sich manche Fische leichter fangen lassen, wenn
man das Wasser trübt. Im Deutschen sind Redensart und Sprichwort
seit dem 16. Jahrhundert belegt.
„[...] Er macht / Das Bächlein tückisch trübe / Und eh’ ich es gedacht;
– / So zuckte seine Ruthe, / Das Fischlein zappelt dran.“ (Chr. F. D.
Schubart, Die Forelle)
Fisimatenten machen
Ausflüchte machen, eine Sache unnötig verzögern;
aus dem Französischen: Für diese Rede wendung gibt es mehrere
Erklärungsvarian ten. Die erste geht bis in die Zeit Napoleons zurück.
Damals forderten die in Deutsch land stationierten Soldaten deutsche
Frauen dazu auf, sie in ihrem Zelt zu besuchen: „Visite ma tente!“ Die
des Französischen meist nicht mächtigen Mütter gaben ihren Töchtern
daher in Ausspracheannäherung den Rat mit: „Mach mir keine Fisi
ma tenten!“ Diese Erklärung erscheint logisch, ist jedoch vermutlich
erst im Nachhinein erdacht worden. Ebenfalls den französischen
Soldaten wird die Ausrede „Visiter ma tante“, meine Tante besuchen, als
Antwort auf die Frage „Wohin des Wegs?“ zugeschrieben. Tatsächlich
waren sie unterwegs zu einer Prostituierten. Schließlich bedeutete
die Aufforderung „Visitez ma tente!“ (Kommen Sie in mein Zelt!)
durch einen Vorgesetzten in der französischen Armee, dass ein Soldat
sich eines Vergehens schuldig gemacht hatte und bestraft werden
sollte. Letztendlich realistischer ist die Erklärung einer Vermischung
zweier lateinischer Begriffe. Der eine ist die Bezeichnung „visae
patentes literae“ für schriftlich dokumentierte Patente. Im Mittelalter
wurde der Ausdruck verkürzt zu „visepatentes“ und bezog sich
auf einen langwierigen, umständlich bürokratischen Vorgang der
206
Patenterteilung. Das zweite Wort war „Visamente“, das in der Heraldik
die Verzierungen und Ornamente auf einem Wappen bezeichnet.
Diese beiden Ausdrücke für Überflüssiges, Umständliches wurden im
täglichen Sprachgebrauch zu einem Wort, den „Fisimatenten“.
jemanden unter seine Fittiche nehmen
jemanden fördern, jemandem Schutz zusichern;
aus dem Tierreich, übernommen in einen biblischen Text: Die „Fittiche“
sind die Schwungfedern am Vogelflügel, unter dem sich die Jungvögel
bei Gefahr verstecken. Die Vogelmutter nimmt ihren Nachwuchs also
„unter die Fittiche“, um dessen Leben zu beschützen.
die weiße Flagge hissen
aufgeben;
schon seit der Antike wird eine weiße Flagge als Zeichen der
Kapitulation eingesetzt. Vermutlich liegt dieser Umstand daran, dass
man mit der Farbe Weiß keine „Farbe bekennen“ kann und sich daher
in seiner Meinung neutral präsentiert.
Flagge zeigen
seine Meinung, sein Urteil offenlegen;
aus der Schifffahrt: Ein Schiff muss beim Einlaufen in einen Hafen seine
Flagge, d. h. sein Herkunftsland anzeigen. Täte es dies nicht, könnte es
ein Piratenschiff sein und würde daher angegriffen.
unter fremder Flagge segeln
auch: unter falscher Flagge segeln
die eigentlichen Absichten verbergen;
aus der Schifffahrt: Schiffe müssen bis heute bei der Einfahrt in einen
Hafen „Flagge zeigen“, d. h. ihr Herkunftsland mittels Flagge bekannt
geben. Wenn sie jedoch Schmuggelware an Bord haben oder aus
207
einem nicht befreundeten Staat stammen, hissen sie eine fremde
Flagge, um nicht angegriffen zu werden.
etwas auf kleiner Flamme kochen
sich nur mäßig für etwas einsetzen, es nur in geringem Maße
vorantreiben;
wer etwas auf einer kleinen Flamme kochte, der hatte keine Eile, dass
es fertig würde, sonst hätte er ja „einen Zahn zugelegt“.
eine lahme Flascheein langweiliger, dummer Mensch;
Schimpfwort: Es ist umstritten, ob mit dieser Redensart tatsächlich
auf das Glasbehältnis Bezug genommen wird. Vermutlich ist „Flasche“
eher eine sprachliche Abwandlung des italienischen Wortes fias co, das
so viel wie „Versagen, Reinfall“ bedeutet. Eine „Flasche“ ist damit ein
Versager. Allerdings bedeutet fiasco auch „Korbflasche“, sodass doch
eine Verbindung zu Glas besteht.
einen Flattermann haben
auch: einen Flattermann kriegen
Angst haben;
bezieht sich darauf, dass man vor Angst am ganzen Körper zittert.
Flausen im Kopf haben
närrische, unsinnige Ideen haben;
aus der Weberei: Als „Flausen“ (heute Flusen) bezeichnet man
Wollflocken oder Fadenreste, die im Gegensatz zum festen Gewebe
von jedem Windhauch durch die Luft getrieben werden. In der
Volkssprache entwickelte sich daraus das redensartliche Bild für ein
unsinniges Treiben.
208
ein weißer Fleck auf der Landkarte
eine unbekannte Gegend; ein Themenbereich, über den man nichts
weiß;
aus dem Mittelalter: Vor der umfassenden Erkundung der Erde wurden
unbekannte Regionen als weiße Flecken auf den farbigen Weltkarten
dargestellt – so war das Innere Afrikas lange Zeit ein weißer Fleck.
ein Mensch aus Fleisch und Blut
ein Mensch mit Gefühlen;
diese Redensart stellt einen Menschen mit charakterlichen Stärken
(und Schwächen) in einen Gegensatz zu jemandem, der wie eine
Maschine, „aus Stahl“ und kaltherzig, ist.
in Fleisch und Blut übergehen
selbstverständlich werden;
diese Redewendung nimmt das „Verinnerlichen“ einer Tätigkeit,
Meinung u. Ä. wörtlich.
ein Gemüt wie ein Fleischerhund haben
grob, hartherzig, unsensibel sein;
diese Redewendung beruht auf der Annahme, dass der Hund eines
Fleischers, der ständig von Blut und Tod umgeben ist und Unmengen
rohes Fleisch frisst, entsprechend abgestumpft sein muss.
Flickschusterei sein
schlecht gemacht sein;
wie in „verschustern“ geht auch dieser Ausdruck auf die frühere
Verwendung des Wortes „Schuster“ als Schimpfwort zurück.
die Fliege machen
auch: eine Fliege machen
weggehen, verschwinden;
209
aus der Jugendsprache: war v. a. unter den Jugendlichen der 1980er-
Jahre weit verbreitet.
keiner Fliege etwas zuleide tun können
sehr friedlich sein;
da Fliegen als sehr lästige und keineswegs zu schützende Lebewesen
gelten, muss jemand, der nicht einmal eine Fliege erschlägt, ein
extrem gutmütiger Mensch sein.
die Flinte ins Korn werfen
eine Sache aufgeben, sich entmutigen lassen, verzweifeln;
aus der Soldatensprache: Die Söldner des Dreißigjährigen Krieges
waren v. a. mit Flinten, Vorderladern mit Feuersteinzündung (englisch
„flint“), ausgerüstet. Da sie als bezahlte Kämpfer kaum gewillt
waren, ihr Leben für eine fremde Sache zu opfern, versteckten sie im
äußersten Falle ihre Waffe dort, wo sie nicht so schnell zu finden war,
also im Korn, und flohen. Redensartlich ist die Wendung erst seit dem
19. Jahrhundert belegt.
Flitterwochen machen
nach der Hochzeit einen Urlaub machen;
aus dem Mittelhochdeutschen: Das Wort vlittern bedeutete so viel wie
„kichern, zärtlich flüstern“ – was die frisch Vermählten während der
Flitterwochen hoffentlich tun.
gespannt sein wie ein Flitzebogensehr neugierig auf etwas sein;
„Flitzebogen“ oder „Flitzbogen“ ist der Ausdruck für einen als
Kinderspielzeug gedachten Bogen mit harmlosen Pfeilen. Bei diesem
wird die Sehne gespannt, um den eingelegten Pfeil abzuschießen; die
„Spannung“ geht also einem „großen“ Ereignis voraus.
210
jemandem einen Floh ins Ohr setzen
jemandem eine fixe Idee einreden;
der Floh steht hier für etwas sehr Kleines, aber ungemein Lästiges,
das nicht so rasch wieder loszuwerden ist; er wird „ins Ohr gesetzt“,
da dort der Bericht über eine Idee vernommen – und direkt an das
Gehirn weitergeleitet – wird, das sich von nun an unablässig damit
beschäftigt.
die Flöhe husten hören
auch: die Flöhe an der Wand niesen hören
spitzfindig sein;
aus dem 16. Jahrhundert: In Abraham a Sancta Claras „Totenkapelle“
(28) heißt es: „Er hört [...] die schwindsüchtigen Flöh, in Seraglio zu
Constantinopel, biß auf Paris, husten.“ In der Mundart findet sich
die Redensart in noch derberer Form; so sagt man im Rheinischen,
jemand „heert de Fleh am helle Dag furzen“.
flöten gehen
verloren gehen, verschwinden; kaputtgehen;
die Ursprünge dieser umgangssprachlichen Redewendung sind nicht
eindeutig geklärt: Eine mögliche Herkunft ist das plattdeutsche Wort
fleeten (fließen). Etwas, das flöten geht, „fließt“ einem sozusagen
durch die Hände. Vielleicht entwickelte sich „flöten“ auch aus
dem hebräischen Wort pelüta, das so viel wie „Entkommen (eines
Verbrechers oder Betrügers)“ bedeutet.
jemandem (die) Flötentöne beibringen
jemandem Benehmen beibringen, jeman den für Fehlverhalten tadeln;
aus dem 19. Jahrhundert: bezog sich ursprünglich tatsächlich auf den
Unterricht im Spielen des Blasinstruments.
211
die Flügel über jemandem ausbreiten
auch: die Flügel über jemanden breiten
jemanden in seine Obhut nehmen, beschützen;
aus der Bibel: Der Flügel als Bild des Schutzes begegnet schon im
Alten Testament. Die Anweisungen zur Aufstellung der Bundeslade
sprechen auch von zwei Cherubim, Engeln, die das Allerheiligste
beschirmen sollen: „Und die Cherubim sollen ihre Flügel nach oben
ausbreiten“ (Exodus 25,20), in den Psalmen heißt es: „Wie köstlich ist
deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner
Flügel Zuflucht haben.“ (Psalm 36,8)
jemandem die Flügel stutzen
jemanden hinsichtlich seiner Handlungsfreiheit beschränken;
seit dem Mittelalter belegt: Als Haustier gehaltenen Vögeln werden die
Flügel bzw. die Schwungfedern gestutzt, damit sie nicht davonfliegen
können. „Stutzt“ man einem Menschen „die Flügel“, so werden seine
Reichweite und Macht beschnitten.
platt wie eine Flunder sein
sehr erstaunt, verblüfft sein;
dies ist eigentlich eine kombinierte Rede wendung. Der Ausdruck
„platt“ für überrascht existiert seit dem 16. Jahrhundert und steht in
Verbindung mit dem Plätten, also dem Bügeln. Für die Steigerung
dieses Ausdrucks suchte man nach etwas, das extrem dünn und breit
ist. Eine sehr überraschte Person ist daher nicht nur platt, sondern so
platt wie der Grundfisch Flunder, der durch seine geringe Höhe und
braune Färbung optisch mit dem Untergrund verschmilzt.
allein auf weiter Flur stehen
vollkommen allein sein;
meist bezüglich einer Meinung, Ansicht oder eines Vorhabens
212
verwendet; die „Flur“ ist ein heute nur noch selten verwendetes Wort
für „Gelände“.
aus der Form gehen
dick werden;
bezieht sich ähnlich wie die Redensart „aufgehen wie ein Hefekloß“
auf das Aufgehen von Teig im Ofen. Insbesondere Hefeteig vergrößert
sein Volumen so stark, dass er am Ende schon mal über die Backform
hinausragt.
fix und foxi sein
am Ende seiner Kräfte sein;
jüngere Weiterentwicklung der Redensart „fix und fertig“; bezieht sich
auf das Comic über die beiden jungen Füchse Fix und Foxi, die 1953
von Rolf Kauka erfunden wurden.
jemanden aus dem Frack hauen
jemanden verprügeln;
vermutlich bezog sich dieser Ausdruck zunächst darauf, jemandem
von höherem gesellschaftlichem Rang „ans Leder zu gehen“.
Fracksausen kriegen
Angst haben;
bezieht sich nicht auf die elegante Herren jacke; „Frack“ war früher ein
scherzhafter Ausdruck für die Hose, womit sich die Redensart analog
zu „Muffensausen“ erklärt.
mit jemandem Fraktur reden
jemandem sehr grob die Meinung sagen;
aus dem Lateinischen: Fraktur stammt von „frangere“ ab, das so viel
wie „brechen“ bedeutet. Seit dem 16. Jahrhundert hat sich Fraktur
auch als Bezeichnung für die deutsche Schrift eingebürgert, weil sie
213
im Gegensatz zu anderen Schriften aus eher gebrochenen Linien
besteht. Wer daher mit jemandem „Fraktur redet“, ist dabei sehr
deutlich und könnte u. U. so grob werden, dass er auch körperlich
verletzend wird.
sich Fransen an den Mund reden
viel reden (ohne damit Erfolg zu haben);
wie die Redensart „sich den Mund fusselig reden“ zeichnet auch diese
Wendung das Bild eines durch intensives Reden abgenützten Mund.
frech wie Oskar
sehr frech, dreist;
es ist nicht mehr zu klären, ob sich diese Redensart auf eine historische
Persönlichkeit bezog oder ob das jiddische Wort ossik („frech“) der
Ursprung war.
frank und freiunverblümt, ohne Zurückhaltung;
abgeleitet vom Stammesnamen der Franken, die auch in Frankreich
als Inbegriff des freien Mannes galten. Die dort entstan dene
Redewendung „franc et libre“ wurde im 15. Jahrhundert wieder in den
deutschen Sprachraum übernommen.
auf Freiersfüßen wandeln
Heiratsabsichten haben;
wie schon die Formulierung zeigt, ist die Redensart zunächst in
der Hochsprache beheimatet und fand erst spät den Weg in die
Volkssprache.
„‚Meine Freiersfüße mussten wohl für Eure Verse das Fersengeld mit
bezahlen.‘–‚Wie! Freiersfüße? Wem setzen Sie darauf nach, wenn man
fragen darf?‘“ (Joseph von Eichendorff, Viel Lärmen um Nichts)
214
ein gefundenes Fressen sein
eine günstige Gelegenheit, ein unverhoffter Genuss für jemanden sein;
aus dem 17. Jahrhundert: Die Betonung lag ursprünglich auf
„gefunden“, also darauf, dass man dafür nicht zu bezahlen brauchte.
„Ich kam ihnen grade zur rechten Zeit; bei sinkender Unterhaltung
und epidemischer Maulfäule wahrhaftig als ein gefundenes Fressen.“
(Wilhelm Raabe, Stopfkuchen)
jemanden zum Fressen gern haben
auch: etwas zum Fressen gern haben
jemanden/etwas sehr gern haben;
„zum Fressen gern“ hat man einen Menschen, von dem man findet,
dass er „zum Anbeißen“ aussieht.
sich freuen wie ein Schneekönig
sich sehr freuen;
„Schneekönig“ ist eine volkstümliche Bezeichnung für den Zaunkönig,
der ein so genannter Standvogel ist. Das heißt, dass der kleine
Singvogel auch im Winter, also bei Schnee, in Deutschland bleibt.
Die große Freude wird dem Zaunkönig aufgrund seines melodischen
Gesangs zugeschrieben.
sich wie ein Schnitzel freuensich sehr freuen;
eine sehr junge, umgangssprachliche Rede wendung, die mit der
Absurdität des Bildes eines sich freuenden panierten Stücks Fleisch
spielt.
sich wie ein Stint freuenauch: sich wie ein Stint ärgern
sich sehr freuen/ärgern;
215
aus einem Gedicht von Friedrich Wilhelm August Schmidt (1795):
Dort heißt es: „O sieh! wie alles weit und breit [...] / Vom Storche bis
zum Spatz sich freut, / Vom Karpfen bis zum Stint!“ Der „Stint“ ist ein in
Europa heimischer kleiner Fisch.
Mein lieber Freund und Kupferstecher!
Hör mir mal zu, lieber Freund!
Herkunft ungeklärt: Der Kupferstecher kopierte früher berühmte
Zeichnungen und Gemälde und wurde, obwohl der Beruf vollkommen
legal war, mit großem Misstrauen betrachtet. Möglicherweise wird in
der vertraulichen Anrede darauf hingewiesen, dass man etwas besser
geheim Bleibendes über den Gegenüber weiß und dieser mit dem
Hinweis darauf zum Zuhören gezwungen wird.
von Freund Hain abgeholt werden
sterben;
Hain bzw. Hein ist eine Kurzform von Heinrich. Diese euphemistische
Bezeichnung für den Tod verdankt ihre Verbreitung dem Barockdichter
Matthias Claudius (1740–1815), der alle seine Werke „Freund Hain“
widmete.
die Friedenspfeife mit jemandem rauchen
mit jemandem Frieden schließen;
die Kalumet oder „Friedenspfeife“ diente bei verschiedenen
Indianerstämmen wie den Lakota, aber auch den südamerikanischen
Azteken zum Rauchen leicht halluzinogener Stoffe, die den Betenden
den Göttern näher bringen sollte. Daneben diente sie aber auch als
Symbol der Waffen ruhe während einer Versammlung, vor der alle
Teilnehmer an der Kalumet zogen.
216
frieren wie ein Schneider
sehr kälteempfindlich sein;
da Schneider schon im Mittelalter eine sitzende, wenig
bewegungsintensive Tätig keit ausübten, besaßen sie meist wenig
Muskeln und begannen daher schnell zu frieren.
Stein und Bein frierensehr kalt sein;
„Stein und Bein (Knochen)“ stehen in Redewendungen für sehr harte
und dauer hafte Materialien; wenn sogar sie vom Frost durchdrungen
sind, muss es sehr kalt sein; die Formel wirkt hier also schlicht
verstärkend.
etwas frisierenetwas fälschen, schönfärben, den ursprünglichen Zustand stark
verändern;
eigentlich ironische Redewendung, denn wenn ein Mensch beim
Friseur war, so erkennt man ihn danach (meist) wieder – wenn
z. B. Bilanzen frisiert wurden, so sind sie anschließend nicht
wiederzuerkennen.
gegen etwas Front machen
sich gegen jemanden wenden, eine ent schieden ablehnende Haltung
gegen jemanden/etwas einnehmen;
aus der Militärsprache: Ursprünglich bedeutete die Wendung „eine
(Angriffs-)Haltung einnehmen“. Als Redensart wurde sie zuerst 1848
im Zusammenhang mit Gegnern der Revolution gebraucht.
an mehreren Fronten gleichzeitig kämpfen
mehrere Probleme gleichzeitig lösen (müssen);
leitet sich von der Kriegsfront her: Ein Zweifrontenkrieg, in dem
217
ein Land gleichzeitig an zwei – meist einander entgegengesetzten
– Seiten seines Landes Krieg führt, ist eine erhebliche logistische
Herausforderung, der Nachschub sowohl an Truppen wie auch an
Rohstoffen muss auf beide Kriegsschauplätze verteilt werden.
die Fronten wechseln
seine Meinung radikal ändern;
aus der Militärsprache: Wer von einem Kriegslager auf die andere
Seite überwechselte, der änderte auf ganz radikale Weise seinen
Standpunkt.
klare Fronten schaffen
eine Situation bzw. das Interesse zweier Parteien an einer Sache
klären;
aus dem Militär: Wenn in einem Kampf keine klaren Fronten
herrschen, kann es passieren, dass „im Eifer des Gefechts“ sogar auf
eigene Soldaten geschossen wird.
zwischen die Fronten geraten
mit einer Meinung zwischen mehreren Lagern stehen;
wer auf einem Kriegsschauplatz zwischen den sich gegenseitig
angreifenden Fronten steht, wird von beiden Seiten angegriffen und
gehört zu keinem der beiden Lager. Nicht ganz so lebensgefährlich ist
es, mit einer Meinung zwischen zwei Lagern zu stehen, trotzdem ist
man zwischen die Fronten geraten.
einen Frosch im Hals haben
heiser sprechen, sich häufig räuspern müssen;
aus der Medizin: Der „Frosch im Hals“, der mit Heiserkeit und häufigem
Räuspern einhergeht, bezieht sich auf die ganz ähnlichen Symptome
bei Entwicklung einer Halsgeschwulst, medizinisch Ranula genannt.
218
Diese Bezeichnung stammt tatsächlich vom lateinischen Wort für
Frosch ab, da sie eine wässrig-glasige Oberfläche hat, die an den
geschwellten Kehlsack eines quakenden Frosches erinnert. Somit
ist mit dieser Redewendung eigentlich nur die Optik eines Frosches
gemeint – oft hören sich Menschen mit „Frosch im Hals“ aber
tatsächlich wie quakende Amphibien an.
wie ein Frosch auf der Gießkanne dasitzen
nachdenklich dasitzen;
die Redensart basiert auf der Vermutung, dass ein Frosch, der
irgendwo – z. B. auf einer Gießkanne – lange reglos sitzen bleibt, diese
Zeit zum Nachdenken verwendet.
ein freches Früchtchenein missratenes Kind;
diese ironische Bezeichnung für Heranwachsende, die sich über die
Regeln hinwegsetzen, ist seit dem 18. Jahrhundert geläufig.
dem Fuchs den Hühnerstall anvertrauen
etwas Dummes, Unüberlegtes tun, dessen Misslingen vorhersehbar ist;
dem Fuchs wird neben List und Gerissenheit v. a. große Gefräßigkeit
nachgesagt – wie sich auch in dem Kinderlied „Fuchs, du hast die Gans
gestohlen“ zeigt. Dem Fuchs die Aufsicht über einen Hühnerstall zu
übertragen wird mit dem Tod aller Hühner enden, da der Fuchs nicht
aus seiner „gefräßigen“ Haut kann.
ein schlauer Fuchs sein
auch: ein alter Fuchs sein
ein kluger, gewitzter, auch hinterhältiger Mensch;
die angebliche Gerissenheit und Klugheit des Fuchses taucht in
zahlreichen Fabeln und Märchen auf, so wird sie u. a. im Grimm’schen
219
Märchen „Der Fuchs und das Pferd“ geschildert, wo der Fuchs einem
Pferd zu einem besseren Leben verhilft.
wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen
in einer sehr abgelegenen Gegend;
ursprünglich bezog sich die Redensart nur auf Tiere derselben Art,
so hieß es in Grimmelshausens Simplicissimus (1,1) „im Spessart [...],
allwo die Wölf einander gute Nacht geben“. Doch auch in der oft
auftauchenden Verbindung mit Fuchs und Hase bleibt der Sinn der
Wendung erhalten: Hase und Fuchs meiden ebenso wie der Wolf die
Nähe menschlicher Ansiedlungen.
etwas fuchst einen
etwas ärgert, quält jemanden;
aus dem Lateinischen: Das Wort „fuchsen“ entwickelte sich aus dem
lateinischen Wort „vexare“ (quälen), das im Deutschen zunächst zu
„fucken“ oder „facken“ (hin- und herbewegen) wurde. Wenn eine
Sache jemanden „fuchst“, fühlt er sich tatsächlich durch sie hin- und
hergetrieben und sogar gequält.
fuchsteufelswild werden
sehr wütend werden;
möglicherweise geht dieser Ausdruck auf das Verhalten tollwütiger
Füchse zurück, die eben „fuchswild“ waren – und sich verhielten, als
hätten sie den Teufel im Leib.
jemanden unter die Fuchtel nehmen
jemanden streng behandeln oder erziehen;
aus dem 19. Jahrhundert: Mit der Fuchtel, einem breiten Degen,
wurden während des 16. Jahrhunderts die Unteroffiziere bei Vergehen
körperlich gezüchtigt.
220
unter jemandes Fuchtel stehen
unter der Herrschaft von jemandem stehen, durch jemanden dominiert
werden;
aus der Waffenkunde: „Fuchtel“ ist die Bezeichnung für einen Degen mit
einer breiten Klinge, dessen Stiche bzw. Schläge sehr schmerzhaft sind.
Mit einer solchen Fuchtel wurden Unteroffiziere und Fähnriche bestraft.
Der Begriff Fuchtel ist seit dem 16. Jahrhundert bezeugt, während die
Redensart erst im 18. Jahrhundert auftaucht.
ein falscher Fuffzigerein unaufrichtiger Mensch;
aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Die Wendung bezieht
sich wohl auf die Fünfzigpfennigmünze, die als kleinste Münze in
der Anfangszeit den Aufwand des Münzfälschens lohnte. Außerdem
befanden sich auch offiziell anerkannte falsche Fünfziger im Umlauf:
1950 wurde die Aufschrift auf den Münzen von „Bank deutscher
Länder“ in „Bundesrepublik Deutschland“ geändert; die Prägestätte in
Karlsruhe stellte jedoch noch einige Tausend „Fehlprägungen“ mit der
alten Aufschrift und der neuen Jahreszahl her, die bis heute begehrte
Sammlerstücke sind.
mit Fug und Recht sagen können
mit vollem Recht etwas sagen/tun;
seit dem 16. Jahrhundert verwendet: jedoch erst später in der
heutigen Bedeutung. „Fug“ (vgl. die heute üblichen Wörter Unfug,
Befugnis) steht für etwas, das recht und billig ist, also jemandem
zusteht.
die Fühler ausstrecken
vorsichtig die Lage erkunden;
aus dem Tierreich: bezieht sich auf das Verhalten von Schnecken, die,
221
wenn sie aus ihrem Haus herauskriechen, zunächst vorsichtig die
kleinen Fühler und dann die längeren Augenfühler ausfahren.
in Hülle und Füllein großer Menge, im Überfluss;
„Hülle“ steht für die Kleidung, „Fülle“ für die Versorgung mit
Lebensmitteln; ursprünglich bezeichnete diese Wendung also
keineswegs einen luxuriösen Zustand, sondern lediglich das
Existenzminimum.
es ist fünf vor zwölf
es ist höchste Zeit, beinahe zu spät;
sich selbst erklärende Redewendung, die auf die verrinnende Zeit
anspielt; gemeint ist Mitternacht, wenn die Aufgaben des letzten
Tages beendet sein sollten.
nicht bis fünf zählen können
sehr dumm sein;
die Zahl Fünf meint eigentlich die fünf Finger an einer Hand; schon im
Lateini schen existierte nämlich die Redensart „er weiß nicht einmal,
wie viele Finger er an der Hand hat“.
fünfe gerade sein lassen
etwas nicht so genau nehmen;
Die Zahl Fünf ist keine gerade Zahl. Wer sie trotzdem „gerade sein
lässt“, der sieht – meist um des lieben Friedens willen – über eine
(kleine) Ungenauigkeit hinweg.
für einen Kuss und ein Fünferle tun
etwas aus Freundschaft tun;
diese dialektal eingefärbte Redensart bezieht sich auf eine Bezahlung
von fünf Pfennig – also beinahe nichts.
222
..., dass die Funken sprühen
auch: ..., dass die Funken fliegen
eifrig, sehr schnell;
aus dem Handwerk: bezieht sich darauf, dass der Schmied das
glühende Eisen schnell bearbeiten muss, bevor es erkaltet, und dass
dabei buchstäblich die Funken fliegen.
Furore machen
Aufsehen erregen, für Begeisterung sorgen;
aus dem Italienischen: „Furore“ stammt vom lateinischen Wort
„furor“, das Wut, Raserei bedeutet; die italienische Variante hat jedoch
(zumindest in der deutschen Redewendung) eine Wandlung zum
Positiven vollzogen und meint nun die rasende Begeisterung und
Leidenschaft.
aus einem Furz einen Donnerschlag machen
etwas aufbauschen, übertreiben;
aus dem 17. Jahrhundert: In vielen Redensarten steht „Furz“ für Nichtiges,
Unbedeutendes, Kleines. Wer aus etwas Kleinem wie einem „Blähwind“
einen Donnerschlag macht, der übertreibt gewaltig.
wie ein Furz im Wind
ein Nichts, wie nichts;
der derbe Ausdruck „Furz“ wird hochsprachlich auch als Wind
bezeichnet; etwas, auf das diese Redensart angewendet wird, ist also
ebenso bemerkenswert und verschwindet ebenso schnell wie ein
Wind im Wind.
futsch sein
verschwunden, verloren sein;
aus dem Rheinischen: seit dem 19. Jahrhundert in ganz Deutschland
223
belegt. „Futsch“ ist onomatopoetisch für das Entgleiten eines
Gegenstandes; „futschikato“ ist lediglich eine Weiterbildung mit einer
scheinbar einer Fremdsprache entstammenden Endung.
auf großem Fuß leben
in Überdruss leben;
im 12. Jahrhundert war Geoffrey Plantagenet, Graf von Anjou,
Maßstab für elegante Mode. Doch er litt unter einer großen
Geschwulst an einem seiner Füße und trug aus diesem Grund lange
Schnabelschuhe, um seinen Makel zu verbergen. Bald kopierten
weitere Adelige seinen Stil, bis letztendlich im 14. Jahrhundert die
Größe des Schuhwerks Auskunft über das Ansehen eines Menschen
gab. Die Skala reichte von einem Fuß – für den normalen Bürger – bis
zu 2 ½ Fuß – für den Fürsten. Erst Karl V. schaffte die Modeerscheinung
im 16. Jahrhundert wieder ab.
jemanden auf dem falschen Fuß erwischen
jemanden unvorbereitet treffen;
aus dem Sport: Diese Redewendung bezieht sich auf das in vielen
Sportarten beim Zusammentreffen mit dem Gegner wichtige stabile
Gleichgewicht; wer z. B. auf dem falschen Fuß steht und von einem
Gegenspieler angestoßen wird, stürzt.
jemanden auf freien Fuß setzen
jemanden aus der Haft entlassen;
aus dem 15. Jahrhundert: Das sprachliche Bild bezieht sich auf den
Freigelassenen, der im Gegensatz zum Gefangenen keine Fußfesseln
mehr tragen muss und gehen kann, wohin er will.
Fußangeln auslegen
Fallen stellen, jemandem Hindernisse aufbauen;
224
Fußangeln sind früher übliche Fangeisen, die bei Berührung durch ein
Tier oder durch einen darauf tretenden Menschen zuschnappen.
immer wieder auf die Füße fallen
sich in jeder Situation schnell zu helfen wissen, immer ohne Schaden
bleiben;
aus dem Tierreich: bezieht sich auf die Fähigkeit von Katzen, bei einem
Sturz immer auf den Pfoten zu landen – dadurch vermeiden die Tiere
größere Verletzungen.
jemandem die Füße küssen
sich bei jemandem einschmeicheln;
aus der christlichen Tradition: Das Küssen der Füße einer
verehrungswürdigen Person stellt den Unterschied im
gesellschaftlichen Stand zwischen dem Küssenden und dem
Geküssten heraus und zeigt die absolute Unterwerfung.
„Dass alle Fürsten nur des Papstes Füße küssen“ (aus der Übersetzung
des „Dictatus Papae“ von 1075).
kalte Füße bekommen
Angst, ein mulmiges Gefühl bekommen, aus einem Vorhaben
aussteigen;
aus der Spielersprache: Wenn in (illegalen) Spielerrunden, oft in kalten
Kellern, bis in den Morgen hinein gezockt wurde, dann waren „kalte
Füße“ ein beliebter Vorwand, um sich den Gewinn zu sichern und das
Spiel abzubrechen.
auf eigenen Füßen stehen
auch: sich auf eigene Füße stellen
unabhängig, selbstständig sein/werden;
bezieht sich darauf, dass Kleinkinder erst allmählich stehen und
225
gehen lernen und damit erstmals eine gewisse Unabhängigkeit
von Erwachsenen erlangen. Die Redensart überträgt dies u. a. auf
erwachsen werdende Nachkommen, die schließlich auch finanziell
von ihren Eltern unabhängig werden.
auf tönernen Füßen stehen
keine Grundlage haben, unsicher sein;
aus der Bibel: bezieht sich auf einen Traum des Königs Nebukadnezar:
„Das Haupt dieses [Stand-]Bildes war von feinem Gold, seine Brust und
seine Arme waren von Silber, sein Bauch und seine Lenden waren von
Kupfer, seine Schenkel waren von Eisen, seine Füße waren teils von
Eisen und teils von Ton.“ (Daniel 2,32f.) Der Prophet Daniel erklärt dem
König, dass das Standbild sein Reich symbolisiere, das untergehen
werde.
etwas stehenden Fußes tun
etwas umgehend, ohne Verzögerung tun;
aus dem römischen Recht, in dem bereits der Ausdruck „stante
pede“ zu finden ist, als Voraussetzung für die Gültigkeit einer
Urteilsanfechtung. Mit derselben Bedeutung wurde es in das
Mittelhochdeutsche übertragen. Das Bild bezieht sich darauf,
dass der Einspruch sofort, also ohne sich auch nur von dem Ort
wegzubewegen, an dem man das Urteil vernahm, zu erfolgen hatte.
zum Fußvolk gehören
auch: zum gemeinen Fußvolk gehören
von geringer Bedeutung sein;
aus dem Mittelhochdeutschen: Als „Fußvolk“ bezeichnete man
ursprünglich die unberittene Truppe, die sowohl auf dem Marsch
wie an der Front die größten Opfer zu bringen hatte. Von den Rittern
wurde sie dennoch von oben herab betrachtet.
226
eine Gabe Gottes
aus der Bibel: bezog sich ursprünglich auf die so genannten Gaben
des Heiligen Geistes, die da sind: Einsicht, Rat, Stärke, Gottesfurcht,
Erkenntnis, Frömmigkeit und Weisheit.
vom Galgen aufs Rad kommen
von einer schlechten Lage in eine noch schlechtere kommen;
die weniger gebräuchliche Variante der Wendung „vom Regen
in die Traufe“ hat ihren Ursprung in mittelalterlichen Folter- bzw.
Hinrichtungstechniken.
eine Galgenfrist bekommen
einen Aufschub erhalten;
die „Galgenfrist“ ist der letzte Aufschub für einen zum Galgen
Verurteilten. Das Wort ist seit Anfang des 16. Jahrhunderts belegt und
wird bereits um 1550 redensartlich gebraucht.
eine Galgenfrist gewähren
jemandem für etwas mehr Zeit zugestehen;
seit dem 16. Jahrhundert belegt: Dieser Ausdruck bezieht sich auf
die mittelalter liche Hinrichtungsform des Henkens. Zuweilen wurde
die Frist, bis jemand an den Galgen musste, verlängert – was für den
Verurteilten jedoch nur eine längere Zeit der Angst und des Wartens
im Kerker bedeutete.
Galgenhumor haben
in einer schlimmen Situation sein, aber Witze darüber machen
können;
wer im Mittelalter für seine Vergehen am Galgen gehenkt wurde, der
musste wahrlich viel Humor haben, um noch lachen zu können – oder
er lachte aus Verzweiflung.
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ein Galgenvogelein Strolch, der gefährlich lebt;
vergleicht jemanden, der sich durch sein Verhalten an den Galgen
bringen wird, mit den Raben, die auf der Suche nach Nahrung zum
Galgen fliegen.
Gift und Galle speien
sehr zornig sein, wüten;
aus dem Mittelalter: Damals glaubte man, die Galle sei das für die
Emotionen Wut und Zorn zuständige Organ – und bei cholerischen
Anfällen „laufe“ sie „über“. Die Vorliebe des deutschen Volksmunds für
Stabreime setzte später zur Verstärkung noch das Wort „Gift“ davor.
jemandem kommt die Galle hoch
auch: jemandem läuft die Galle über
laut der antiken Humoralpathologie, die erst durch Paracelsus
revidiert wurde, war die Galle für ein Körpersekret zuständig, das bei
Überhandnehmen zu cholerischen Anfällen führte. Im Volksglauben
hielt sich lange die Annahme, Wut und Zorn hätten ihren Sitz in der
Galle. Wenn sie jemandem „hochkommt“, steht er vermutlich gerade
am Beginn eines cholerischen Anfalls.
etwas im Galopp erledigen
etwas schnell, eventuell oberflächlich/flüchtig erledigen;
der Galopp als schnellste Gangart u. a. des Pferdes steht hier bildhaft
für große Schnelligkeit, bei der Details am Weg aber nicht mehr
wahrgenommen werden können.
Gamaschen vor etwas haben
Angst vor etwas haben;
aus dem 19. Jahrhundert: Gamaschen, Über schuhe zum Schutz des
228
Leders, wurden vor allem von Adeligen und vornehmen Herrschaften
getragen. Sie waren damit ein Kennzeichen der höheren Stände, die
sich im 19. Jahrhundert besonders vor revolutio nären Umtrieben
fürchteten.
jemanden am Gängelband führen
jemanden genau anleiten, ihn keinen Schritt ohne Aufsicht tun lassen;
aus dem 18. Jahrhundert: Das „Gängelband“ war ein Band, das um den
Körper des Kleinkindes geschlungen wurde und an dem die Eltern es
aufrecht hielten, solange es noch nicht richtig laufen konnte. Später
erhielt der Begriff eher die Bedeutung einer Leine oder eines Zügels,
mit dem jeder Schritt eines Menschen beeinflusst werden kann.
eine Gänsehaut bekommen
die Körperbehaarung aufrichten;
aus dem Tierreich: Das vegetative Nervensystem veranlasst bei
Kälte oder großer Angst die Kontraktion kleiner Muskeln, die
die rudimentäre Körperbehaarung des Menschen aufrichten.
Die Bezeichnung „Gänsehaut“ stammt von der Ähnlichkeit der
menschlichen Haut in diesem Zustand mit der einer eben gerupften
Gans, die am Ansatz jeder Feder eine kleine Hauterhebung aufweist.
im Gänsemarsch laufen
in einer Reihe hintereinander gehen;
aus dem Tierreich: Diese Redewendung entstand aus der
Beobachtung einer Gans mit ihren Küken, die ihr „wie Perlen auf einer
Schnur“ in einer Reihe folgen.
Gänsewein trinken
Wasser trinken;
aus dem Tierreich; seit dem 16. Jahrhundert belegt: scherzhafte
229
Anspielung darauf, dass Tieren offenbar reines Wasser ebenso gut
schmeckt wie den Menschen ein guter Wein.
einer Sache den Garaus machen
auch: jemandem den Garaus machen
etwas vollständig beenden; jemanden töten;
aus dem 16. Jahrhundert: Mit dem Ruf „gar aus!“ („alles aus!“) wurde
früher in einigen Städten die Sperrstunde durch die Polizei verkündet.
von der alten Garde sein
gute Manieren haben, sich hervorragend zu benehmen wissen;
die Garde wurde als Leibwache Adliger und Herrscher „handverlesen“
und zeichnete sich dementsprechend durch unbedingte Loyalität,
Diskretion, Höflichkeit und eine strenge Ordnung aus.
Gardemaße haben
sehr groß sein;
bezog sich auf die im Volksmund „ Lange Kerls“ genannte Leibwache
des preußi schen Königs Friedrich Wilhelm I. (1688–1740). Schon
als Kronprinz hatte der spätere „Soldatenkönig“ dieses Regiment
gegründet, für das er „mit Nachdruck“ neue Mitglieder werben ließ.
Wer „Gardemaß hatte“, d. h. wer sechs Fuß rheinisches Maß, ca. 1,88 m,
erreichte, der konnte als Paradesoldat ein versorgtes Leben führen. Wer
allerdings nicht ins Regiment eintreten wollte, der musste sich in Acht
nehmen, um nicht zwangsrekrutiert zu werden – nicht selten brachten
sich hochgewachsene Preußen über die Landesgrenzen in Sicherheit.
jemandem eine Gardinenpredigt halten
jemanden schelten, scharf tadeln;
die Gardine, hinter der hervor früher „gepredigt“, d. h. auf Fehler des
Kritisierten hingewiesen wurde, trennte das Bett vom Schlafzimmer.
230
„Gardinenpredigten“ hielten also vor allem Ehefrauen, wenn ihre
Männer zu spät nach Hause kamen.
jemandem ins Garn gehen
sich von jemandem betören lassen;
ebenso wie der Ausdruck „jemanden umgarnen“ geht diese Redensart
auf das geknotete Netz zurück, mit dem Fische oder auch Vögel
gefangen wurden. Das Sprichwort „Ein Lockvogel singt den anderen
ins Garn“ hat die gleiche Wurzel.
ein Gassenhauerein sehr bekanntes Volkslied;
„hauen“ hat hier nichts mit Schlägen zu tun, sondern bezeichnet ein
besonders hartes Auftreten beim Gehen; wer nächtens nach einigem
Alkoholkonsum durch die Stadt „haute“, war ein „Gassenhauer“, der
andere Menschen aufweckte. Da er wohl oft vor sich hin sang, wurde
das Wort später auf viel gehörte Lieder übertragen.
Gassi gehen
aus der Studentensprache: Ursprünglich lautete die Redensart
„grassatim gehen“ und wurde zum lateinischen Verbum „grassari“
gebildet, was so viel wie „herumziehen“ bedeutet. Das Herumziehen
durch die Gassen der Städte verwandelte den Ausdruck in „gassatim
gehen“ und wird heute in nochmals abgewandelter Form von
Hundehaltern für das Ausführen ihrer Hunde benutzt.
etwas nicht gebacken kriegen
etwas nicht fertig bringen;
auch bei dieser Redewendung wurde eine Bezeichnung aus dem
Bereich Küche und Kochen auf den Alltag übertragen.
231
jemand muss erst noch gebacken werden
so ein Mensch existiert (noch) nicht;
spielt an auf die Möglichkeit, Backwerk jede beliebige Form und Farbe
zu geben.
es knistert im Gebälkein drohendes Ereignis steht unmittelbar bevor;
bezieht sich auf Holzbauten, deren Einsturz sich durch Knistern und
Knacken im Gebälk ankündigt. Womöglich kommt die Redensart aus
der Bergmannssprache, denn in einem Stollen bedeuten knisternde
Holzbalken erhöhten Gesteinsdruck und damit Lebensgefahr.
ein furchtbares Gedöns machen
großes Aufhebens um etwas veranstalten;
aus dem Mittelhochdeutschen: „Gedöns“ leitet sich vom
mittelhochdeutschen Wort „dinsen“ für hin- und herziehen ab,
bedeutet also ein großes „Gerenne“ um eine Sache.
jemandem reißt der Geduldsfadenjemand hat keine Geduld mehr;
der „Faden“ in dieser Redensart ist wohl der Spinnfaden, da Spinnen
eine sehr langwierige und gleichförmige Arbeit ist. Wird die Spinnerin
ungeduldig, so reißt der Faden leicht – und die gesamte Arbeit war
umsonst.
mit einem Fuß im Gefängnis stehen
etwas Verbotenes tun und damit die entsprechende Strafe riskieren;
beschreibt wie „mit einem Bein im Grabe stehen“ eine Situation
(die Inhaftierung), die noch nicht eingetreten ist, aber definitiv bald
eintreten wird.
232
zum letzten Gefecht antreten
den endgültigen Sieg erringen oder in den Tod gehen;
aus der Militärsprache: „Völker, hört die Signale! Auf zum letzten
Gefecht! Die Internationale erkämpft das Menschenrecht.“ (deutscher
Text der „Internationale“ von Emil Luckhardt, 1910)
im Eifer des Gefechtsauch: in der Hitze des Gefechts
vor lauter Eifer, in der Eile, infolge der Aufregung;
seit Anfang des 19. Jahrhunderts belegt: Diese Redensart wird auf
leichtsinnige Fehler zurückgeführt, die vor Übermut im Fechtkampf
passieren konnten.
jemanden gefressen haben
jemanden nicht leiden können;
so vielseitig sind Redewendungen: Ein Wort kann in zwei sehr
ähnlichen Sätzen jeweils das genaue Gegenteil bedeuten. Einen
Menschen, den man gefressen hat, hat man eben nicht „zum Fressen
gern“.
der Käse ist gegessenauch: eine Sache ist gegessen
eine Sache ist erledigt, nicht mehr zu ändern;
sobald etwas gegessen wurde, kann man es nicht ungeschehen
machen. Es ist aller dings fraglich, warum sich gerade der Käse als
Redewendung eingebürgert hat und keine andere Mahlzeit.
geharnischterbost, aufgebracht, scharf (von Briefen, Zeitungsartikeln etc.);
aus dem Mittelalter: Der Harnisch ist die Rüstung des mittelalterlichen
Ritters – wer geharnischt war, der war also bereit zum Kampf.
233
jemandem ins Gehege kommen
jemandem in die Quere kommen;
seit dem 16. Jahrhundert belegt: Ein Gehege ist, z. B. als Schonung im
Wald, ein eingezäuntes Gebiet, das durch Tiere oder Menschen nicht
betreten werden soll. Dringt man dennoch dort ein, dürfte dies zu
einem scharfen Konflikt mit dem Besitzer des Geheges führen.
Geheimratsecken haben
auch: Geheimratswinkel haben
an den Schläfen eine leichte Glatze entwickeln;
der „Geheimrat“, ein Beamtentitel des 17. Jahrhunderts, war eine
Respektsperson in nicht mehr jugendlichem Alter – bei dem mit
Sicherheit oft „Geheimratsecken“ zu sehen waren.
Weiß der Geier!
Keine Ahnung!
Der große, Aas fressende Vogel steht, vermutlich aufgrund seines
wenig ansprechenden Äußeren und der von ihm betriebenen
„Leichenfledderei“, für den Teufel, den direkt zu nennen man früher
nicht wagte (analog die Wendung: „Weiß der Kuckuck“).
die erste Geige spielen
den Ton angeben, die Führungsrolle innehaben oder übernehmen;
aus dem 17. Jahrhundert: In einem Streichquartett gibt es stets eine
„erste Geige“, die die schwierigsten Melodiepassagen spielt und so das
Spiel der übrigen Geigen bestimmt.
nach jemandes Geige tanzen (müssen)
jemandem gehorchen müssen;
bei einer öffentlichen Tanzveranstaltung müssen alle Tanzpaare
nach dem Instrument des Geigers der Kapelle tanzen; muss man im
234
übertragenen Sinne nach der Geige einer Person tanzen, wird dies
weniger gern akzeptiert.
den Geist aufgeben
sterben; kaputtgehen;
aus der Bibel: In den Klageliedern 2,12 heißt es: „Zu ihren Müttern
sprechen sie: Wo ist Brot und Wein?, da sie auf den Gassen in der Stadt
verschmachten wie die tödlich Verwundeten und in den Armen ihrer
Mütter den Geist aufgeben. Ach du Tochter Jerusalem, wem soll ich
dich vergleichen, und wie soll ich dir zureden?“
ein homerisches Gelächterschallendes, nicht enden wollendes Lachen;
aus der Antike: Homer verwendet sowohl in der Odyssee (u. a. VIII, 326)
als auch in der Ilias den Ausdruck „Asbestos gelos“ (unauslöschliches
Gelächter). Daraus entwickelte sich, zuerst im Französischen, der Ausdruck
„homerisches Gelächter“, der im 18. Jahrhundert Eingang ins Deutsche fand.
gelackmeiert sein
der Hereingelegte, Geschädigte sein;
bezieht sich wie „der Lackierte sein“ auf jemanden, der für eine
wertlose Sache aufgrund der glänzenden Lackierung Geld ausgab.
geladen sein
sehr wütend sein;
hyperbolischer Vergleich einer Person, die vor Wut jeden Moment „in
die Luft gehen“ könnte, mit einer geladenen (tödlichen) Waffe.
am Geld kleben
geizig sein;
die bildliche Wendung bezieht sich darauf, dass jemand wie an seinem
Geld festgeklebt ist, es also nicht „aus den Händen“ gibt.
235
das Geld durch die Gurgel jagen
auch: das Geld durch die Kehle jagen
sein Vermögen vertrinken;
„etwas durch die Gurgel jagen“ im Sinne von trinken ist eine seit dem
16. Jahrhundert geläufige Redensart. Schon im späten Mittelalter galt
die Gurgel als Sitz der Trinklust. Wer sein Vermögen beim Wirt lässt, der
lässt im übertragenen Sinne sein Geld die Gurgel hinunterlaufen.
das Geld unter die Leute bringen
nicht geizig sein, sich viel kaufen;
diese Redewendung beruht auf der Erkenntnis, dass gespartes Geld
der Volkswirtschaft und anderen Menschen nichts nützt, und bringt so
das Einkaufen in den Ruf einer guten Tat.
das Geld zum Fenster hinausschmeißen
auch: das Geld zum Fenster herauswerfen; das Geld zum Fenster
hinauswerfen
sein Geld nutzlos vergeuden, verschwenderisch sein;
aus dem Mittelalter: Damals wurde Abfall nicht entsorgt, sondern
durch das Fenster einfach auf die Straße hinabgeworfen, wo er im
schlimmsten Falle lag, bis der nächste Regen ihn fortwusch. Wer mit
seinem Geld ebenso freigebig umgeht wie mit seinem Müll, der wirft
es redensartlich zum Fenster hinaus.
Geld wie Heu haben
sehr reich sein;
analog zu „Geld wie Dreck“ vergleicht die se Redensart die vorhandene
Geldmenge mit etwas, das reichlich vorhanden und ziemlich oder
vollkommen wertlos ist.
236
die Gelegenheit beim Schopfe packen
eine Chance nutzen;
aus der griechischen Mythologie: Der Gott des günstigen Augenblicks,
Kairos, besitzt der Sage nach einen lockigen Stirnschopf und einen
kahlen Nacken, sodass man ihn nur von vorn, aber nicht mehr, sobald
er vorbei ist, fassen kann.
etwas in vollen Zügen genießenetwas sehr genießen;
gemeint war hier ursprünglich der Zug beim Biertrinken.
ein Genosseein Gefährte;
aus dem Althochdeutschen: Das Wort „ginoz(o)“ bezeichnete eine
Person, die mit anderen eine Nutznießung teilte. Ganz generell
bezeichnet der Genosse jemanden, der eine gleiche Situation oder
Gesinnung mit anderen teilt (Leidensgenosse, Parteigenosse).
etwas für sich gepachtet haben
einen beständigen Anspruch auf etwas haben;
aus der Landwirtschaft: Durch die Pacht eines Feldes erhält der
Landwirt nicht nur das Nutzungsrecht, sondern auch das Recht
auf alles, was aus diesem Feld hervorgeht. Die Redewendung wird
allerdings meist in negativer Form verwendet, da niemand die
Wahrheit, die Moral u. Ä. „für sich gepachtet“ haben kann.
sich wie gerädert fühlen
völlig erschöpft sein; sich „zerschlagen“ fühlen;
aus dem Mittelalter: Rädern war eine Form der Hinrichtung, die als
äußerst ehrlos galt, weil sie am grausamsten und langwierigsten war.
Ein Mensch wurde zunächst auf eine Bank gespannt, dann wurden
237
ihm sämtliche Knochen mit einem schweren Hammer zerschmettert.
Anschließend wurde der Mensch auf ein Wagenrand geflochten
und festgebunden. Das Gerüst wurde so lange aufgestellt, bis der
Todgeweihte seinen Verletzungen erlag. Wer heute also sagt, er fühle
sich „wie gerädert“, der übertreibt.
gerüstet sein
bereit, gewappnet sein;
aus dem Mittelalter: Ein Ritter, der seine Rüstung angelegt hatte – ein
zeitrauben des Unterfangen –, der war bereit für den Kampf.
das falsche Gesangbuch haben
einer anderen, benachteiligten Konfession angehören;
am Gesangbuch, das früher jeder selbst in die Kirche mitbringen
musste, ließ sich schon von außen die Konfession des Gegenübers
ablesen. Interkonfessionelle Hochzeiten waren bis ins 20. Jahrhundert
hinein verpönt; wenn eine junge Frau das falsche Gesangbuch hatte,
kam sie als Braut nicht in Frage. Außerdem verweist die Redensart
auf die – vermeintliche oder tatsächliche – gesellschaftliche
Benachteiligung der konfessionellen Minderheit.
gezäumt und gesattelt dastehen
fertig sein zum Aufbruch;
aus der Reiterei: Allerdings bezieht sich diese Redewendung nicht auf
den „gestiefelt und gespornt“ dastehenden Reiter, sondern auf das mit
aller Ausrüstung versehene Reitpferd.
krumme Geschäfte machen
krumm bedeutet „verdreht“ und entwi ckelte über mehrere Schritte
auch die Be deutung „böse, schlimm“, die es in der ge nannten
Redewendung besitzt.
238
geschniegelt und gestriegelt
sauber und ordentlich zurechtgemacht;
aus der Reiterei: Das Reitpferd wird vor dem Satteln „geschniegelt und
gestriegelt“, d. h., das Fell wird mit dem Striegel aufgeraut, sodass der
Staub herausfällt, und anschließend mit der Kardätsche wieder glatt
gestrichen.
sich geschnitten haben
sich getäuscht haben;
wer glaubt, ein Messer sei stumpf, testet die Schneide eventuell
allzu unvorsichtig an seiner Fingerkuppe – und wird, wenn er blutet,
feststellen, dass er „sich geschnitten“ hat.
schweres Geschütz auffahren
etwas mit aller Macht durchsetzen;
schweres Kriegsgeschütz ist massiger und dementsprechend
wirkungsvoller, als es kleinere Waffen sind. Wer schweres Geschütz
auffährt, will mit aller Macht seine Position durchsetzen. Die Redensart
entstand vermutlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und
ist heute eher auf schwerwiegende Argumente in einer Diskussion zu
übertragen.
das Gesicht verlieren
Bloßstellung;
die Mimik eines Menschen offenbart seine eigentlichen Gefühle.
Heute kennen wir den Ausdruck „Pokerface“, der den emotionslosen
Gesichtsausdruck beschreibt. Würde sich ein Spieler aufgrund seines
schlechten Blatts erzürnt zeigen, also das „Gesicht verlieren“, hätte er
sich vor seinen Mitspielern entblößt.
239
ein Gesicht ziehen wie sieben Tage Regenwetter
auch: aussehen/dreinblicken wie sieben Tage Regenwetter
mürrisch, verdrossen dreinblicken;
sieben aufeinanderfolgende Tage mit Regen sind nicht nur für den
Stadtbewohner, sondern selbst für den Bauern, der sich sonst über das
Wasser für seine Felder freut, ein Grund, verdrossen dreinzublicken.
jemandem wie aus dem Gesicht geschnitten sein
jemandem sehr stark ähneln;
ähnlich wie Eva aus einer Rippe Adams entstand und „Fleisch von
seinem Fleisch“ war, so vermittelt diese Redewendung den Eindruck,
man könnte etwas aus einem Gesicht schneiden und daraus ein
zweites, beinahe identisches formen.
sein wahres Gesicht zeigen
ehrlich, unverstellt reden, agieren;
das Gesicht, die Mimik und besonders die Augen gelten als Zugang
bzw. Ausgang der Gefühle und des Seelenlebens einer Person.
ein gutes Gespannzwei oder mehr Menschen, die gut miteinander auskommen oder
arbeiten;
bezieht sich auf die Anspannung von Pferden: Ein „gutes Gespann“
vor der Kutsche besteht aus Pferden, die etwa gleich stark und gleich
schnell sind und daher gleichmäßig ziehen.
gestiefelt und gespornt dastehen
vorbereitet sein für etwas; reisefertig sein;
jeder Reiter, ob Bote, Soldat oder Reisender, muss vor Antritt des Rittes
seine Reitstiefel und die Sporen anlegen.
240
etwas ist gehupft wie gesprungenauch: etwas ist gehüpft/gehopst wie gesprungen
etwas macht keinen Unterschied, eins wie’s andere;
bezieht sich auf die semantische Übereinstimmung der Wörter
„hüpfen“ und „springen“ und wurde möglicherweise von der falschen
Auslegung des jüdischen Gebetes Keduschah abgeleitet, in dem der
Ausdruck „kodesch“ für „springen“ aber (richtig) auch für „schweben“
stehen kann.
ein Gesundheitsaposteljemand, der eine gesunde Lebensweise predigt;
von der Bibel abgeleitet: Vergleicht einen Gesundheitsfanatiker mit
den Jüngern Jesu, die sein Wort predigten.
sich gesundstoßenan einer Sache viel Geld verdienen;
aus der Börsensprache: bezeichnete ursprünglich das Abstoßen
schlechter Aktien zum Zweck des Ankaufs gewinnträchtigerer
Wertpapiere.
mit Spreewasser getauft sein
in Berlin zur Welt gekommen sein;
bezieht sich auf die durch Berlin fließende Spree; analoge Ausdrücke,
z. B. „mit Isarwasser getauft“, exis tieren dagegen nicht.
jemand gehört geteert und gefedert
jemand sollte schwer bestraft werden;
aus dem Mittelalter: Das Eintunken in Teer und anschließende
Rollen in Vogelfedern war im Mittelalter der Aufruf an alle Bürger,
den so (irreversibel) Gekennzeichneten zu töten oder ihn zumindest
dauerhaft aus der Gesellschaft zu verstoßen.
241
Gewehr bei Fuß stehen
parat stehen, aber noch abwarten;
aus dem Militär: „Gewehr bei Fuß“ ist die übliche Bereitschaftshaltung
der Soldaten und daher auch ein vielfach verwendeter Befehl im
Militär.
ins Gewicht fallen
beachtenswert sein;
analog zu „in die Waagschale werfen“ beschreibt diese Redewendung
etwas, das so wichtig ist, dass es beim Ausmessen und Beurteilen der
Situation beachtet werden muss.
„[...] Um Vergebung – Wie schwer möchte ungefähr sein Kopf ins
Gewicht fallen?“ (Friedrich Schiller, Die Verschwörung des Fiesco zu
Genua)
gewitzt sein
schlau/klug/gerissen sein;
„Witz“ war früher keine Bezeichnung für einen Scherz, sondern
bedeutete bis ins 19. Jahrhundert hinein so viel wie „Klugheit,
Geistesgegenwart, Sachverstand“ und hat denselben Ursprung wie
das Wort „Wissen“.
jemandem gewogen sein
jemanden mögen;
die Waage ist Sinnbild für Gerechtigkeit. Wenn sich diese Waage – im
übertragenen Sinne – auf die Seite einer Person neigt, bedeutet dies,
dass diese Person zusätzliche positive Aspekte in die Waagschale
werfen kann.
bei jemandem hat es gezündetjemand hat etwas endlich verstanden;
242
aus der Waffenkunde: Wenn eine Kanone zündet, dann löst sich der
Schuss. Diesen Moment großer Durchschlagskraft nutzt man zur
Beschreibung des Momentes, in dem jemandem plötzlich, meist nach
längerem Überlegen, „ein Licht aufgeht“ und er etwas begreift.
Darauf kannst du Gift nehmen!
Garantiert! Mit Sicherheit!
Aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Vermutlich steht in
dieser Redewendung das „Gift“ für Medikamente und Heiltinkturen.
Diese kann man ohne Sorge einnehmen, wenn es auf einem Rezept
angeordnet wird.
jemanden mit Glacéhandschuhen anfassen
auch: jemanden/etwas mit Samthandschuhen anfassen
jemanden sehr vorsichtig behandeln;
seit dem 18. Jahrhundert belegt: „Glacé handschuhe“, nach dem
französischen Begriff „gants glacés“, sind aus feinem, leicht
glänzendem Material hergestellte Handschuhe, die aufgrund der
weichen Oberfläche gut für den Umgang mit Edelmetallen o. Ä., aber
nicht für das grobe Zupacken geeignet sind.
mit Glanz und Gloria
mit großem Aufwand, ruhmvoll;
bezieht sich auf die Erscheinung der Mutter Maria und der Heiligen,
die in der christlichen Ikonografie lichtumflutet (Glanz) und in großer
Herrlichkeit (lateinisch „gloria“, „Ruhm“) dargestellt werden.
zu tief ins Glas schauen
auch: zu tief in den Becher gucken/ schauen
zu viel Alkohol trinken;
diese Redensart bezieht sich auf das zum Austrinken eines bereits
243
weitgehend geleerten Glases notwendige Anheben auf Augenhöhe,
sodass der Trinkende nicht anders kann, als „tief ins Glas“ zu sehen.
sich aufs Glatteis begeben
auch: aufs Glatteis geraten
in eine unsichere/riskante Situation geraten;
diese Redewendung spielt darauf an, dass Glatteis vor allem für Reiter
und Gespanne lebensgefährlich sein kann, da sich Pferde auf Eis nur
schlecht ausbalancieren können.
etwas an die große Glocke hängen
etwas Vertrauliches publik machen, eine Sache aufbauschen;
die Kirchenglocke eines Dorfes rief früher nicht nur zum Gottesdienst,
sondern läutete auch, um die Bürger über Neuigkeiten oder
drohende Gefahr zu informieren. Alles, auf das eine große Anzahl von
Menschen hingewiesen werden sollte, wurde also von der großen
Kirchturmglocke verkündet – bzw. an diese „gehängt“.
ein Hans im Glückein Mensch, der viel Glück hat; ein sorglos Lebender;
aus einem Märchen der Gebrüder Grimm: Hans erhielt im Märchen
nach sieben Jahren Arbeit einen Goldklumpen, der schwer zu tragen
war, sodass er ihn gegen ein Pferd tauschte. Das Pferd tauschte er
gegen eine Kuh, diese gegen ein Schwein usw., bis er nur noch zwei
große Steine besaß, die ihm in einen Brunnen fielen – und Hans war
frei von aller Last und überglücklich.
sein Glück machen
etwas Positives erleben;
das Wort „Glück“ ist bis ins 12. Jahrhundert zurückzuverfolgen und
lässt sich über das Wort „Lücke“ auf den noch nicht festgelegten
244
Ausgang einer Sache zurückführen. Der mittlerweile immer positive
Ausgang, den man mit Glück verbindet, war ursprünglich noch nicht
konnotiert und ergab sich erst im Lauf der Zeit.
seines Glückes Schmied sein
selbst für sein Schicksal verantwortlich sein;
aus dem Handwerk: In dieser Redewendung wird das Glück mit einem
Metallstück – vermutlich Gold – gleichgesetzt, das sich in erfahrenen
Händen zu einem Schmuckstück nach eigenem Geschmack
schmieden lässt, seinem Besitzer also viel Freude bereitet.
Gnade vor Recht ergehen lassen
noch einmal ein Auge zudrücken;
aus der Rechtspraxis: Trotz einer anders lautenden rechtlichen
Regelung wird ein Delinquent noch einmal begnadigt.
den Gnadenstoß geben
jemandes Leiden beenden;
der Gnadenschuss wird heute meist einem verletzten Tier
gegeben, das ohnehin sterben wird, um die Zeit seiner Schmerzen
zu begrenzen. Im übertragenen Sinne beendet man durch den
Gnadenstoß die Seelenqualen eines Menschen. Ursprünglich stammt
der Ausdruck aus einer mittelalterlichen Praxis bei der Durchführung
von Todesstrafen: Der Henker tötete den Gefolterten mit einem
schnellen, gnädigen Degenstoß.
Gold in der Kehle haben
sehr gut singen können;
das Edelmetall steht in Redewendungen stets für alle Eigenschaften
von besonderer Qualität oder besonderem Wert – so wie ein
außergewöhnlich großes Gesangstalent.
245
jemanden nicht mit Gold aufwiegen können
jemand ist unbezahlbar, wundervoll, einzigartig ...;
seit dem 2. Jahrhundert in lateinischer Sprache belegt: bedeutet, dass
einem eine bestimmte Person so wertvoll ist, dass das (früher) teuerste
Edelmetall selbst in gro ßen Mengen nicht genügt, um seinen Wert zu
vermitteln.
jemandem goldene Berge versprechen
jemandem sehr viel versprechen;
in dieser Redewendung werden zwei Bilder zusammengeführt: zum
einen das Edelmetall Gold, das für alles Wertvolle steht, und zum
anderen der Berg, der „Größe“ oder „große Anzahl“ bedeutet.
ein Goldeseleine unerschöpfliche Geldquelle;
aus einem Märchen der Gebrüder Grimm: In dem Märchen „Tischlein,
deck dich, Goldesel und Knüppel, aus dem Sack“ besitzt einer der
Söhne einen Esel, der auf den Befehl „Bricklebrit“ den Schwanz hebt
und Gold ausscheidet.
jedes Wort auf die Goldwaage legen
auch: etwas auf die Goldwaage legen
jedes Wort sorgfältig überlegen;
aus dem Altertum: Schon bei Cicero wurde die für das Abwägen von
Goldmünzen gedachte „Goldwaage“ auch redensartlich gebraucht; in
seiner Schrift „De oratore“ (Über den Redner) meint er, Worte würden
wie auf der Waage des Goldarbeiters geprüft (II, 38, 159).
jemandem das Schwarze unter den Nägeln nicht gönnenjemandem nicht das Geringste gönnen;
selbst der wertlose Schmutz unter den Fingernägeln ist noch zu gut
246
für einen Menschen, dem man „das Schwarze unter den Nägeln“ nicht
zugestehen will.
Gott sei’s getrommelt und gepfiffen!
Gott sei Dank!
Umgangssprachlicher Ausdruck der Erleichterung; seinen Dank
möchte der Sprecher Gott mit Trommeln und Pfeifen, also mit einer
Ehrenmusik zukommen lassen.
leben wie Gott in Frankreich
auch: leben wie der Herrgott in Frankreich
sorglos, bequem, in allem Komfort leben;
vermutlich aus der Französischen Revolution: Für diese Redensart
existieren mehrere Erklärungsvarianten. Die wahrscheinlichste
verweist auf die Forderungen nach Abschaffung der Religion durch
den radi kalen Flügel der Jakobiner (1792) bzw. die Erklärung der
Religionsfreiheit – eine dramatische Neuerung in Europa –, die Gott
beinahe seines Amtes enthoben hat, sodass er in Frankreich faul und
bequem „Ferien machen“ konnte.
sich sein eigenes Grab schaufeln
auch: sich sein eigenes Grab graben
sich selbst ruinieren;
das in dieser Redensart genannte „Grab“ steht hyperbolisch für eine
wirtschaftliche oder private Katastrophe.
etwas zu Grabe tragen
etwas endgültig beenden;
wer eine Idee oder einen Plan „zu Grabe trägt“, der hat jede Hoffnung
auf Wiederbelebung aufgegeben.
247
jemand würde sich im Grabe umdrehen
auch: jemand würde sich im Grab umdrehen
der Verstorbene wäre wegen einer bestimmten Sache entsetzt;
seit dem 18. Jahrhundert belegt: Diese auch im Französischen
existierende Redewendung geht auf den wesentlich älteren
Aberglauben zurück, dass Verstorbene noch eine Verbindung zur Welt
der Lebenden haben und eventuell sogar zurückkehren können.
mit einem Bein im Grabe stehen
sehr krank sein, bald sterben;
ähnlich der Redensart „er ist von uns gegangen“ stellt dieser Ausdruck
den Tod als etwas aktiv Unternommenes dar, in diesem Fall also das
„Hineintreten“ in das Grab.
das Gras wachsen hören
Gespenster sehen; etwas im Voraus ahnen; (über-)sensibel sein;
mit dem Bild des Menschen, der so feine Ohren hat, dass er das absolut
unhörbare Wachsen des Grases vernimmt, wird eine hohe Sensibilität
und ein gutes Gespür für eine Entwicklung beschrieben. Allerdings
kann sich diese Empfindlichkeit auch ins Negative verkehren, wenn
man etwas wahrnimmt, was tatsächlich gar nicht existiert.
ins Gras beißen
sterben;
aus der Soldatensprache: Ins Gras bissen Kämpfer, die verwundet
auf dem Schlachtfeld liegen blieben, um ihre Schmerzen ertragen zu
können. Schon in der Antike finden sich Belege dieser Wendung, so
heißt es in der Ilias (II, 418): „Vorwärts liegend im Staub, mit Geknirsch
in die Erde gebissen.“ Eine andere Deutung leitet das Wort „beißen“
vom mittelhochdeutschen „beizen“ ab, das absteigen bedeutet. Der
verwundete Ritter stieg also vom Pferd ab.
248
alles grau in grau malen
pessimistisch sein;
wer „grau in grau“ malt, erhält nicht nur ein vollkommen farbloses,
sondern sogar ein monochromatisches und damit sehr trostloses Bild
der Welt.
nur graue Theorie
Theorie ohne Realitätsbezug;
die Farbe Grau steht hier für Langeweile und Monotonie; die
Redewendung wird also abwertend insbesondere für praxisferne
Wissenschaftsbereiche verwendet.
die Gretchenfrage stellen
die entscheidende Frage stellen;
aus Goethes „Faust“: bezieht sich auf eine Frage Margarethes in
Goethes Faust, der Tragödie erster Teil, in Marthens Garten: „Nun sag,
wie hast du’s mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, allein
ich glaub, du hältst nicht viel davon.“
einen glücklichen Griff tun
die richtige Auswahl treffen;
redensartliche Wendung, die die richtige Wahl einer Person, etwa
eines Bewerbers für eine Stelle, mit dem Griff in eine Kiste vergleicht,
aus der man „den Richtigen“ herausholt.
die Grillen vertreiben
schwermütige Gedanken vertreiben;
seit dem 17. Jahrhundert ist der Ausdruck „Grillen“ für die
melancholische Grundstimmung einer Person belegt; so verspricht
Mephistopheles Faust: „Denn dir die Grillen zu verjagen, bin ich als
edler Junker hier.“
249
bei jemandem ist der Groschen gefallen
jemand hat etwas verstanden;
der „Groschen“ steht für jede beliebige Münze, die in einen
Münzautomaten geworfen wird. Tickets, Kaugummis, Zigaretten
etc. erhält man erst, nachdem die Münze durch die Automatik des
Gerätes gefallen ist. Eine kluge Antwort erhält man erst, nachdem der
Groschen bei dem Gesprächspartner gefallen ist.
der Groschen fällt pfennigweise
jemand begreift etwas sehr langsam;
diese Redewendung ist eine scherzhafte Weiterentwicklung des
üblicheren „bei jemandem ist der Groschen gefallen“. Das langsame
Verstehen einer Sache wird ver glichen mit dem zeitaufwendigen
Bezahlen an einem Automaten in kleinen Münzen.
in die Grube fahren
sterben;
abgeleitet aus der Bibel: Josefs Brüder werfen den verhassten Liebling
des Vaters in eine Grube – als sie ihn später nicht wiederfinden,
glauben sie, er wäre tot. Als Jakob, der Vater, davon erfährt, ruft er
aus: „Ich werde mit Leid hinunterfahren zu den Toten, zu meinem
Sohn.“ (Genesis 37,35)
das Gleiche in Grünauch: dasselbe in Grün
etwas ist mit einer anderen Sache bis auf minimale Unterschiede
identisch;
„grün“ war der Opel Laubfrosch, eines der ersten in Serie produzierten
Kfz in Deutschland. Aufgrund geringerer Produktionskosten wurde
dieser Wagen ausschließlich in der Farbe Grasgrün angeboten,
was ihm auch zu seinem Namen verhalf. „Dasselbe“ aber war der
250
französische Citroën 5CV, ein absolut baugleiches Modell in anderen
Farben, das bereits 1921, drei Jahre vor dem Laubfrosch, auf den Markt
gekommen war. Das Opel-Modell war also dasselbe wie jenes von
Citroën – nur in Grün.
grün vor Neid werden
auch: blass/gelb vor Neid werden
sehr neidisch sein;
auch diese Redensart entstammt dem Volksglauben, Leber und Galle
seien der Sitz vieler (negativer) Gefühle. Grün oder gelb sind die von
diesen Organen produzierten Lebenssäfte – wenn die Gefühle der
Leber, Zorn oder wie hier Neid, überhand nehmen, färbt sich also der
ganze Mensch grün.
jemandem nicht grün sein
jemanden nicht mögen;
aus dem Mittelhochdeutschen: Grün ist die Farbe des Glücks, der
Hoffnung und der positiven Eigenschaften eines Menschen – darunter
auch die wohlgesinnte Haltung gegenüber einem anderen Menschen.
noch sehr grün sein
sehr jugendlich, naiv, unreif sein;
aus der Botanik: bezieht sich auf die grüne Farbe von Zitronen,
Pflaumen und anderem Obst in unreifem (und ungenießbarem)
Zustand.
jemandem geht der Arsch auf Grundeisjemand hat große Angst;
Das so genannte Grundeis bricht nach der Frostperiode los, der dabei
auftretende Lärm wird redensartlich mit den Magengeräuschen
verglichen, die als Begleiter von Angst und Feigheit auftreten. Die
251
Redensart kann erst Mitte des 18. Jahrhunderts nachgewiesen
werden, ist aber wohl sehr viel älter.
der Grundstein für etwas sein
auch: der Grundstein zu etwas sein
der Anfang, der Ausgangspunkt;
aus dem Bauwesen: Der so genannte Grundstein ist der zuerst gesetzte
Stein eines Gebäudes. Oft wird eine so genannte Grundsteinlegung,
die den Baubeginn markiert, feierlich begangen und ein hohler, mit
Zeitzeugnissen, etwa einer aktuellen Tageszeitung und Münzen,
gefüllter „Stein“ verwendet.
Ach du grüne Neune!
Ausruf des Erschreckens oder Erstaunens;
die „grüne“ Neun ist die Gras-Neun im Kartenspiel. Will man aus Karten
die Zukunft vorhersagen, bedeutet die Pik-Neun (der die Gras-Neun
entspricht) üblicherweise nichts Gutes und wird daher mit einem
Ausruf des Erschreckens aufgenommen.
Komm an meine grüne Seite!
Komm an mein Herz!
Die Farbe Grün wird oft mit den Eigenschaften „frisch, jung, lebendig“
gleichgesetzt, die auch das Herz eines Menschen als Wurzel aller
Gefühle kennzeichnen. Wenn man jemanden also an die grüne Seite
bittet, zeigt dies die Zuneigung und Verbundenheit mit dieser Person.
alles liegt im grünen Bereich
alles/etwas ist in Ordnung, läuft nach Plan;
der „grüne Bereich“ ist der Toleranzbereich der Messgeräte vieler
Maschinen – im Gegensatz zum roten Bereich der Messskala, der die
Überschreitung bestimmter Grenzwerte anzeigt.
252
ein Grünschnabelauch: ein grüner Junge
aus dem 17. Jahrhundert: Seither bezeichnet grün redensartlich
„Unerfahrenheit“ und „Unreife“. Auf diese Bedeutung geht auch der
amerikanische Begriff „Greenhorn“ zurück.
Grütze im Kopf haben
klug sein;
„Grütze“ steht allgemein für den Verstand (daher z. B. „Grützkasten“
für den Kopf). Wenn jemand viel „Grütze“ hat, so ist er besonders
intelligent.
eine gscherte Person
eine gemeine Person;
langes Haar wurde früher als ein Statussymbol betrachtet, denn die
Pflege und Zeit, die lange Haare erfordern, waren nur wohlhabenden
Menschen vorbehalten. Menschen, die in Kriegszeiten verdächtigt
wurden, mit dem Feind zusammengearbeitet zu haben, wurde aus
diesem Grund gewaltsam der Kopf geschoren.
ein Gummiparagrafauch: ein Gummiparagraph, Kautschukparagraph
eine gesetzliche Bestimmung, die zu allgemein oder zu unbestimmt
formuliert ist;
Gesetze, deren mangelnde Genauigkeit es erlaubt, sie so oder so
auszulegen, die also „gummiartig“ gedehnt werden können, führen
dazu, dass erst die Richter über die Auslegung entscheiden müssen.
Saure-Gurken-Zeit
Sommerloch; geschäftsarme Hochsommerzeit;
die Redensart hängt vielleicht ganz schlicht damit zusammen, dass mit
253
der für Geschäftsleute eher kargen Urlaubszeit auch die Ernte und der
Verkauf eingelegter Gurken zusammenfällt. Eine andere, ebenfalls nicht
belegte, aber interessantere Erklärung verweist auf den jiddischen
Ausdruck Zores- und Jokresszeit, was so viel wie „Zeit der Not und der
Teuerung“ bedeutet. Das Volk, das kein Jiddisch konnte, folgte der
ungefähren Aussprache – und vereinfachte den Ausdruck, sodass nun
jeder etwas damit verbinden konnte: Essiggurken.
den Gürtel enger schnallen
auch: den Riemen enger schnallen
hungern; übertragen auch: sparen (müssen);
der Gürtel muss enger geschnallt werden, nachdem gefastet wurde,
da der Hungernde an Leibesumfang abgenommen hat. Während des
Fastens wurde er jedoch auch schon enger gestellt, da der konstante
Druck in der Bauchgegend das Hungergefühl weniger spürbar
machte.
wie aus einem Gusseinheitlich, makellos;
aus der Werkstofffertigung: Das Gießen ist eine Möglichkeit, Metalle
nach starkem Erhitzen in eine Form zu bringen. Was „in einem Guss“
hergestellt wird, besitzt keine Verbindungsnähte und ist somit
besonders glatt, haltbar und teuer.
etwas ist jenseits von Gut und Böse
etwas ist vollkommen indiskutabel;
von dem Titel eines Werkes Friedrich Nietzsches abgeleitet: bezeichnet
eine Sache oder Person, die so schlecht ist, dass sie nicht mehr anhand
der üblichen Maßstäbe beurteilt werden kann.
254
an einem Haar hängen
eine sehr unsichere Sache sein, von einer Kleinigkeit abhängen;
geht vielleicht auf die Erzählung von Damokles’ Schwert zurück.
Allerdings ist die Wendung schon im Mittelalter geläufig, so etwa im
„Iwein“ des Hartmann von Aue aus dem 12. Jahrhundert.
das Haar in der Suppe finden
auch: das Haar in der Suppe suchen
jeden (kleinen) Makel an einer guten Sache finden, etwas
schlechtreden, pessimistisch sein;
das „Haar“ steht für etwas, das „haarfein“, also beinahe unsichtbar
ist, vor allem in einer Suppe. Wer es dennoch findet, hat wirklich
Pech – oder er hat so lange gesucht, bis er seine negative
Grundhaltung gegenüber einer Sache bestätigt findet.
kein gutes Haar an jemandem lassen
jemanden übertrieben rügen, tadeln, völlig ablehnen;
Wendungen mit „Haar“ nehmen oft Bezug auf die Klein- oder Feinheit.
Wer kein gutes Haar an jemandem lässt, der billigt ihm also nicht
einmal zu, auch nur die kleinste Kleinigkeit richtig gemacht zu haben.
niemandem ein Haar krümmen
niemandem etwas zuleide tun;
die Redewendung bezieht sich auf die Tatsache, dass man mit dem
Krümmen eines Haares niemandem Schmerzen zufügen kann, aber
aus Gutmütigkeit und um des Friedens willen dennoch nicht einmal
das tut.
Haare auf den Zähnen haben
bissig oder sehr unhöflich reden;
Haare am Körper wurden früher stets als Zeichen besonderer
255
Männlichkeit gewertet. Man ging auch davon aus, dass der männliche
Haarwuchs an (bei diesem Menschen) besonders bedeutsamen Stellen
auffällig stark wäre. Diese Körperstellen würden sich dann durch
außergewöhnliche Kraft auszeichnen. Zeichnet sich ein Mensch vor
allem durch eine spitze Zunge aus, so hat er die Haare sprichwörtlich
dort, wo seine Kraft sitzt – auf den Zähnen.
Haare lassen müssen
mit gewissen Einbußen davonkommen;
aus dem Jagdwesen, bezieht sich vermutlich auf das Haarwild – Tiere
mit Fell, im Gegensatz zum Federwild –, das sich zwar manchmal
aus einer Falle befreien konnte, dabei aber meist Haare zurückließ.
Ebenso kann ein männliches Tier Haare lassen, wenn es bei einem
Konkurrenzkampf innerhalb der Herde unterliegt.
jemandem stehen die Haare zu Berge
jemand ist in höchstem Maße schockiert, entsetzt;
diese Wendung findet sich schon in der Bibel: „Und ein Hauch fuhr
an mir vor über; es standen mir die Haare zu Berge an meinem Leibe.“
(Hiob, 4,15) In der Tat hat man bei großem Grauen ein Gefühl, als ob
einem die Haare emporstiegen (daher auch „haarsträubend“).
jemandem wächst der Kopf durch die Haarejemandem fallen die Haare aus;
euphemistischer Ausdruck für eine beginnende Glatze.
sich die Haare raufen
entsetzt, verzweifelt sein;
bezieht sich auf eine alte Klagegebärde: Haarausraufen als Teil der
Totenklage in zahlreichen Kulturkreisen ist seit der Antike belegt.
256
sich in die Haare kriegen
Streit miteinander anfangen;
bildliche Redensart, bezog sich ursprünglich wörtlich auf einen
Kampf, bei dem man sich an den Haaren riss, etwa eine derbe
Wirtshausrauferei. Dieses Verhalten lässt sich heute meist nur noch
bei kleinen Kindern oder in amerikanischen Nachmittags-Talkshows
beobachten.
sich keine grauen Haare wachsen lassen
sich nicht grämen, sorgen, aufregen;
der Legende nach können Haare über Nacht grau oder gar weiß
werden, wenn man sich große Sorgen macht oder ein schreckliches
Erlebnis hatte. Die Redensart ist bereits im 16. Jahrhundert belegt.
etwas an den Haaren herbeiziehen
mit einem unglaubwürdigen Argument kommen, unlogisch
argumentieren;
seit dem 17. Jahrhundert belegt: Wer einen Menschen an den Haaren
herbeizieht, der tut ihm Gewalt an – wohl jeder weiß, wie weh es tut,
wenn einem auch nur ein Haar ausgerissen wird –, wer ein Argument
an den Haaren herbeizieht, der tut der Logik Gewalt an.
sich in den Haaren liegen
miteinander streiten;
schon im 15. Jahrhundert nachweisbare bildliche Redensart. Jörg
Wickram (ca. 1505–62) schrieb in seinem „Rollwagenbüchlein“: „Die
lagen einanderen für und für im har und konten nit miteinander
gestellen.“
257
um Haaresbreiteauch: um ein Haar
ganz knapp, beinahe;
um auszudrücken, dass etwas denkbar knapp ausgegangen ist,
verwendet man das Bild des dünnen Haares; ähnlich bei „haarscharf“.
haargenau dasselbe
exakt dasselbe;
das Haar ist die feinste Struktur an der Oberfläche eines Körpers und
aufgrund seiner Flexibilität nicht exakt zu ordnen. Wenn etwas sogar
bis auf die Haare einer anderen Sache gleicht, dann ist es mit dieser
identisch.
haarige Angelegenheit
eine komplizierte Sache oder Situation;
diese Redensart bezieht sich wohl darauf, dass Tiere mit dichtem Fell
als Jagdbeute wenig beliebt waren, da das „Enthaaren“ schwieriger
war und mehr Zeit in Anspruch nahm.
etwas haarklein erzählen
ganz genau und mit allen Details berichten;
nimmt, wie viele „haarige“ Redensarten, auf die Feinheit des Haares
Bezug. Wer alle Details einer Geschichte erzählt und nichts auslässt,
der könnte auch die Haare auf dem Kopf seines Gegenübers zählen.
Haarspaltereien betreiben
sich mit unnötigen Details befassen (mit dem Ziel, eine Sache zu
verhindern);
Haare werden aufgrund ihrer Feinheit und geringen Dicke (manche
sind nur 0,07 mm dick) oft redensartlich im Zusammenhang mit
Kleinigkeit oder Genauigkeit verwendet. Wer so detailbesessen
258
ist, dass er sogar etwas so Dünnes wie ein Haar spalten würde, der
übertreibt es allerdings mit der Genauigkeit.
bis in die Haarspitzendurch und durch;
da die Haare nicht an den Blutkreislauf und damit an das
Nährstoffsystem des Körpers angeschlossen sind, können sie
eigentlich nicht von etwas, das darin ist, durchdrungen sein – außer in
der Redewendung und z. B. von einer Ansicht oder Idee.
von Hacke bis Nacke
vollständig, umfassend;
die auf Berliner Dialekt basierende Rede wendung besagt eigentlich
„der ganze Mensch“, also von der Ferse bis zum Kopf (Nacken).
die Hacken zusammenschlagen
auch: die Hacken zusammenknallen
Haltung annehmen;
aus der Soldatensprache: Wenn der Soldat strammstehen soll, werden
die Hacken, also die Fersen zusammengeschlagen.
in den Hafen der Ehe einlaufen
heiraten;
da der Hafen für Schiffe stets ein Ort der Sicherheit vor Angriffen
oder Unwetter ist, wird mit dieser Redewendung die Ehe als eine
Gemeinschaft gesehen, die den Eheleuten Sicherheit und Ruhe bietet.
jemanden sticht der Haferjemand wird übermütig;
aus der Reiterei: Die rasche Verwertbarkeit des energiereichen Hafers
führt bei Pferden dazu, dass sie bereits eine Stunde nach dem Füttern
übermütig werden und laufen wollen.
259
ein rechter Hagestolzein unverbesserlicher Junggeselle;
aus dem Mittelalter: Ein „Hag“ bzw. eine „Hagestolle“ war ein kleines
Stück Land, das nach dem alten Erbrecht einem jüngeren Sohn
zustand, während der Erstgeborene den Herrenhof mit entsprechend
mehr Land erbte. Dem Jüngeren war es kaum möglich, mit seinem
kleinen Besitz eine Familie zu ernähren, daher musste er Junggeselle
bleiben.
der Hahn im Korb sein
sich als einziger Mann unter Frauen befinden;
aus der Landwirtschaft: Hähne sind äußerst aggressive Tiere, sodass
sich zwei Hähne auf engem Raum bekämpfen würden – ein Umstand,
den man sich bei Hahnenkämpfen zunutze macht. Wurde früher
Geflügel für den Verkauf zum Markt gebracht, saß daher in jedem
Hühnerkorb nur ein Hahn.
es kräht kein Hahn mehr danach
das ist inzwischen unwichtig, das interessiert niemanden mehr;
aus der Bibel: Auch diese Redewendung wurde als Umkehrschluss aus
einer biblischen Begebenheit gebildet. Petrus, wird in Matthäus 26
berichtet, verleugnete Jesus dreimal, „ehe der Hahn kräht“. Als der
Vogel schreit, wird Petrus bewusst, dass er genau das tat, was nie zu
tun er geschworen hat. Ursprünglich macht das Krähen also auf eine
wichtige Sache aufmerksam. Wenn der Hahn nicht mehr kräht, ist
etwas also nicht mehr von Bedeutung.
jemandem den roten Hahn aufs Dach setzen
Brandstiftung verüben;
seit dem 17. Jahrhundert in Europa belegt: Der sprichwörtliche „rote
Hahn“ steht für Feuer und bezieht sich auf die Ähnlichkeit des roten
260
Hahnenkammes mit dem Bild lodernder Flammen. Denkbar ist auch
eine Verbindung zu dem auf dem Dach angebrachten traditionellen
„Wetterhahn“.
Nun mach mal halblang!
Jetzt übertreib mal nicht! Fass dich kurz!
Bezog sich ursprünglich wohl auf die falsche Angabe einer Distanz
oder Länge (bspw. bei Textilien).
den Hals aus der Schlinge ziehen
sich gerade noch retten können;
aus dem Mittelalter: Diese Redewendung bezieht sich auf die Praxis
des Henkens. Wer den Kopf schon in der Schlinge hat, ihn aber wieder
herausziehen kann, ist gerade noch mit dem Leben davongekommen.
einen dicken Hals kriegen
auch: einen dicken Hals bekommen
wütend werden, sich ärgern;
vermutlich leitete sich diese Redewendung von der Tatsache ab, dass
bei Zorn die Adern am Hals anschwellen und hervortreten.
etwas hängt einem zum Hals heraus
auch: jemandem zum Halse heraushängen
von etwas genug haben, einer Sache/Person überdrüssig sein;
aus der Bibel: Diese Redewendung darf hinsichtlich einer Speise ganz
wörtlich verstanden werden: So viel von etwas essen, bis es einem
zum Halse heraushängt, bis man nichts mehr davon hinunterbringt.
Dieses Bild wird auch in 4. Buch Mose 11,20 verwendet. Während
des Marsches des Volkes Israel durch die Wüste ließ Gott Manna vom
Himmel fallen, damit die Menschen nicht hungern mussten. Die
Anhänger Moses’ freuten sich erst, dann begannen sie zu klagen, dass
261
sie lieber Fleisch hätten. Also sagt Moses: „Darum wird euch der Herr
Fleisch zu essen geben, [...] einen Monat lang, bis ihr’s nicht mehr
riechen könnt und es euch zum Halse heraushängt.“
etwas in den falschen Hals kriegen
auch: etwas in die falsche Kehle kriegen
aufgrund eines Missverständnisses wütend/beleidigt reagieren;
bezieht sich auf die anatomische Anordnung der Luft- neben der
Speiseröhre, aufgrund derer man sich an Nahrung verschlucken kann.
Hals über Kopf
übereilt; chaotisch;
der Hals kann nur dann über dem Kopf liegen, wenn man einen
Purzelbaum macht oder stürzt – eine häufige Folge von Chaos
produzierender Hektik.
sich jemandem an den Hals schmeißen
sich bei jemandem einschmeicheln, sich jemandem aufdrängen;
diese Redewendung bezieht sich auf das vor allem von Frauen bei
Männern praktizierte Umarmen um den Hals.
sich um den Hals reden
etwas ausplaudern, ohne über die Folgen nachzudenken;
aus dem Mittelalter: Die Strafe für schwere Vergehen war im Mittelalter
u. a. das Köpfen, wobei mit einem Schwerthieb auf den Hals der Kopf
vom Körper getrennt wurde. Wer ein Geheimnis ausplauderte, das ihn
sein Leben kosten konnte, der redete sich damit „um den Hals“.
jemandem die Hammelbeine lang ziehen
jemanden streng tadeln, zurechtweisen;
der Hammel steht ähnlich der Ziege oder dem Schaf in
Redewendungen für Dummheit. Die zunächst nur beim Militär
262
verwendete Redensart bezieht sich darauf, dass Schäfer mittels
eines an einer Stange befestigten Hakens einzelne Tiere an einem
Hinterbein aus der Herde ziehen, um ihren Gesundheitszustand zu
kontrollieren.
das Heft in der Hand haben
das Sagen haben, Entscheidungskompetenz besitzen;
als „Heft“ wird der Griff jeder Stichwaffe, darunter Degen, Florett und
Schwert, bezeichnet. Wer den Degengriff in der Hand hat, dem wird
man kaum widersprechen wollen, wenn er „das Ruder an sich reißt“.
die Hand auf der Tasche halten
geizen;
jemand, der „die Hand auf der Tasche hält“, greift nicht hinein,
entnimmt also selbst kein Geld und verwehrt auch jedem anderen
den Griff in diese Tasche.
die Hand im Spiel haben
mitwirken, intervenieren;
aus der Musik: Wer „die Hand im Spiel“ hat, der musiziert gemeinsam
mit anderen, wirkt also an der entstehenden Musik mit.
die Hand über jemanden halten
jemanden beschützen, protegieren;
Hände stehen in vielen Redewendungen für „Schutz, Beistand“. In
diesem Fall entstand der Ausdruck aus einer Geste, mit der eine
Person, die das Recht zur Begnadigung innehatte, genau dieses tat
und so die Verfolgung und die Verurteilung zum Tod aufhob.
eine hohle Hand machen
korrupt sein;
nimmt Bezug auf eine locker um einen Geldschein oder Münzen
263
geschlossene Hand, wenn Dritte das übergebene Geld, z. B. bei einer
Bestechung, nicht sehen sollen.
etwas gegen jemanden in der Hand haben
Beweise für jemandes Fehlverhalten haben;
aus der Bibel (2. Buch Moses 4,17) abgeleitet: Das „etwas“, das man
gegen jemanden vorzubringen weiß, bezog sich zunächst auf den
Stab (Zepter) der Herrscher, der ihre Macht symbolisierte; man erhält
also die Macht, über jemandes Schicksal zu entscheiden bzw. ihm zu
befehlen.
etwas geht Hand in Handetwas hat eine bestimmte, immer eintretende Konsequenz;
bei manchen Vorgängen folgt auf den ersten Schritt so sicher eine
bestimmte Folge, dass Ursache und Konsequenz wie zwei Liebende
„Hand in Hand“ gehen.
für jemanden die Hand ins Feuer legen
für die Integrität, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit einer anderen Person
bürgen;
aus dem Mittelalter: Eines Vergehens angeklagte Personen
mussten ihre Hand in ein Feuer halten, um die Richtigkeit ihrer
Unschuldsbeteuerung zu beweisen. Man glaubte, dass bei einem
Unschuldigen die Finger nicht verletzt würden. Verbrennun gen hatte
somit nur jemand zu fürchten, der schuldig war, wohingegen der
wirklich Unschuldige seine Hand beruhigt „ins Feuer legen“ konnte.
Hand aufs Herz!
Versprochen! Sei ehrlich!
Die Redensart geht auf die Geste beim Ablegen eines Eides zurück,
wenn die eine Hand zum Himmel, die zweite auf die Brust gelegt
264
wird. Die Hand, die für das Tun eines Menschen steht, soll dabei in
Einklang stehen mit dem Herzen, das die Gefühlswelt und die Seele
symbolisiert.
Hand und Fuß haben
eine gute Basis haben, taugen;
aus dem Mittelalter: Für den Ritter waren zwei Fähigkeiten
lebensnotwendig: das Reiten, das mit dem Besteigen seines Pferdes
(mit dem linken Fuß) begann, und das Kämpfen (wobei er das Schwert
in der rechten Hand hielt). Daher war das Abschlagen der rechten
Hand und des linken Fußes eine der schwersten Strafen. Was dagegen
noch „Hand und Fuß“ hat, ist vollständig und voll einsatzfähig.
Hand von der Butter lassen
die Finger von etwas lassen, es nicht anrühren;
aus der Winzerei: bezieht sich nicht auf den Brotbelag, sondern auf das
Fass mit den geernteten Trauben, die Weinbütte. Wer davon naschen
wollte, der erhielt die barsche Aufforderung: „Hand von der Butte!“
in die Hand beißen, die einen füttert
gegenüber einer Person, die einem nutzt, unfreundlich/undankbar
sein;
diese Redewendung verwendet das Bild eines Haustieres, das die
Hand des Menschen durch einen Biss verletzt und anschließend nicht
mehr mit Futter versorgt wird.
jemandem aus der Hand fressen
sich in Abhängigkeit von jemandem begeben, ihm gehorchen;
bezieht sich auf wilde Tiere, die am leichtesten durch Futter aus der
Hand gezähmt und mit dem Menschen vertraut gemacht werden
können.
265
jemanden in der Hand haben
jemandem befehlen können, Druckmittel besitzen;
aus der Bibel: Die Redewendung geht auf das „Abkommen“ Gottes
mit dem Satan über Hiob zurück, durch das der Satan seine Zweifel
an der Festigkeit wahren Glaubens bestätigen will. Gott übergibt
ihm Hiob: „Siehe da, er sei in deiner Hand, doch schone sein Leben.“
(Hiob 2,6) Hiob schwört seinem Glauben an Gott aber trotz zahlreicher
„Hiobsbotschaften“ nicht ab – und obwohl ihn der Teufel „in der Hand“
hat.
sich für jemanden die Hand abschlagen lassen
jemandem vertrauen, für jemanden einstehen;
ähnlich der Redensart „für jemanden die Hand ins Feuer legen“
beschreibt diese Wendung eine so große Loyalität für jemanden,
dass man sich sogar verletzen lassen würde, um dem anderen zu
helfen.
von langer Hand geplant
auch: von langer Hand vorbereitet
langfristig geplant;
die Hand findet sich in vielen auf die Zeit bezogenen Redewendungen
wie „kurzer hand“ oder „im Handumdrehen“. Die „lan ge Hand“ steht
also in dieser Tradition für einen größeren Zeitraum, in dem etwas
vorbereitet wurde.
ordentlich in die Hände spucken
fleißig arbeiten;
dieser Brauch bei Handwerkern ist schon alt; der Speichel soll
die trockenen Handflächen befeuchten, sodass die Holzstiele der
Werkzeuge nicht durchrutschen.
„Und jetzt wird wieder in die Hände gespuckt. / Wir steigern das
266
Bruttosozialprodukt!“ (Textzeile aus einem Lied der Band „Geier
Sturzflug“)
das Handtuch werfen
aufgeben, sich geschlagen geben;
aus dem Boxsport: Wenn der Boxer sich in einer bedrängten Situation
befindet, wird ihm von Trainer zum Zeichen der Beendigung des
Kampfes ein Handtuch zugeworfen. Die Geste des geworfenen
Handtuchs als Zeichen zur sportlichen Aufgabe wurde zu Beginn des
20. Jahrhunderts in den allgemeinen Sprachgebrauch übertragen.
etwas im Handumdrehen machen
etwas sehr schnell machen;
eine weitere Redensart, in der die Hand als Zeitangabe verwendet
wird – etwas, das „im Umdrehen einer Hand“ geschieht, muss eben
nicht „von langer Hand ge plant“ werden.
jemandem das Handwerk legen
die illegalen Handlungen einer Person beenden;
das Handwerk wurde zur Sicherstellung der Ausbildung und
qualitativer Standards schon früh zumindest regional organisiert.
Verstieß ein Handwerker gegen die Grundsätze der Innung – z. B.
durch illegale Machenschaften –, durfte er künftig nicht mehr tätig
sein, er wurde gezwungen, sein Handwerk (nieder-) zu legen.
etwas ist hanebüchenauch: hagebüchen
etwas ist vollkommen unsinnig, fehlerhaft, empörend,
unverantwortlich;
ursprünglich bezeichnete der Ausdruck etwas, das aus dem knorrigen,
harten Holz der Hainbuche ist. Vermutlich entstand zunächst die
267
Wendung „hanebüchener Kerl“ für einen groben Menschen. Später
wurde hanebüchen in der Bedeutung „grob“ auch mit Lügen, Witzen
oder Fehlern in Verbindung gebracht.
es ist Hängen im Schacht
etwas geht nicht weiter, es ist Schluss damit;
vermutlich aus dem Bergbau: Wenn der Förderkorb im Schacht
hängen blieb, weil die Technik versagte, so hieß das für die Kumpel
„Arbeitsende“.
etwas mit Hängen und Würgen schaffen
etwas gerade noch schaffen;
aus dem 19. Jahrhundert: Die Redewendung geht auf die Todesstrafe
am Galgen zurück, bei der der dort Hängende zwar würgte, weil er
keine Luft bekam, es aber meist nicht mehr „schaffte“.
ein Hans-guck-in-die-Luft
jemand, der beim Gehen nicht auf den Weg achtet;
aus dem Kinderbuch „Der Struwwelpeter“: Das literarische Vorbild
dieser Redewendung ist ein Junge, der trotz Ermahnungen
unaufmerksam durch die Gegend läuft und schließlich in einen Fluss,
den er nicht bemerkt hat, fällt und von den Fischen ausgelacht wird.
Hansdampf in allen Gassen
ein sehr umtriebiger Mensch, ein Tausendsassa;
aus dem Mittelalter: Die Redewendung lautete ursprünglich wohl
„Hans in allen Gassen“, da der Vorname Hans (Johannes) damals so
verbreitet war, dass er tatsächlich an jeder Ecke zu finden war. „Hans
Dampf“, der ebenfalls in allen Gassen zugange war, war dann die
Hauptfigur einer Erzählung Zschokkes aus dem 19. Jahrhundert.
Dampf war der Nachname jenes fiktiven Tausendsassas.
268
jemanden hänselnjemanden necken, verspotten;
aus der Seefahrt: „Hänseln“ ist eine Kurzform für „in die Hanse
aufnehmen“. Hanse wiederum bedeutete ursprünglich allgemein
Gruppe oder Leute und wurde erst später zum Ausdruck für die
Städtevereinigung der deutschen Hanse. Das eigent liche Hänseln
fand zur See statt und wurde auch als Linien- oder Äquatortaufe
bezeichnet. Es war ein rauer Initiations ritus, bei dem der Matrose bei
seiner ersten Äquatorüberfahrt u. a. durch Neptun „getauft“ wurde.
ein Hanswurstein dummer Mensch;
seit Anfang des 16. Jahrhunderts belegt: Aus dem Jahr 1519 und
dem niederdeutschen Sprachraum stammt die erste Erwähnung des
Hanswurst, zunächst für einen dicken Menschen, später für einen
Tölpel.
„Wohl meinen etliche, ihr haltet meinen gnädigen Herrn darum für
Hannsworst [...].“ (Sebastian Brant, Das Narrenschiff)
niemandem ein Härchen krümmen können
niemandem etwas zuleide tun können;
bezeichnet jemanden, der sehr gutmütig und ungefährlich ist. Eine
Person, die selbst dem Gegenüber nicht einmal ein gefühlloses kleines
Härchen krümmen – und nicht etwa ausreißen – würde, ist völlig
harmlos.
jemandem zeigen, was eine Harke ist
ihm etwas so deutlich zeigen, dass er es nicht mehr vergisst;
seit dem 16. Jahrhundert belegt, vermutlich deutlich älter: Die
Redewendung geht vermutlich auf eine Geschichte zurück, die von
zahlreichen Autoren nacherzählt wurde: Ein junger Mann kommt aus
269
der Fremde nach Hause zurück und gibt vor, die Sprache dort nicht
mehr zu verstehen, weil er so viel Neues gelernt hat. Als er aber auf
dieses Gartengerät tritt und ihm der Stiel an den Kopf schlägt, flucht er
in seiner Muttersprache auf die Harke.
jemanden in Harnisch bringen
jemanden wütend, zornig machen;
aus dem Mittelalter: Der Harnisch ist die Rüstung des Ritters, die ihn
im Kampf vor Verletzungen schützt. Gerät jemand „in Harnisch“, so
kommt er in die Stimmung, diesen anzulegen, um einen harten Kampf
auszutragen mit seinem Widersacher.
es kommt hart auf hartes wird gefährlicher, die Krise verschärft sich;
wie die Wendung „mit harten Bandagen kämpfen“ bedeutet auch
diese Redensart, dass beide Gegner alle Mittel einsetzen, um zu
gewinnen.
hart im Nehmen sein
viel einstecken können;
„genommen“ werden v. a. Schläge, zunächst physische, im
übertragenen Sinne auch Schicksalsschläge.
hartnäckigstandhaft, beharrlich;
eine Verkürzung der Wendung „einen harten Nacken haben“. Der harte
Nacken ist ein Bild für die Widerstandsfähigkeit des Menschen und
findet sich schon in der Bibel: „Doch sie wollten nicht hören, sondern
versteiften ihre Nacken wie ihre Väter, die nicht auf den Herrn, ihren
Gott, vertrauten.“ (2. Buch der Könige 17,14)
270
da liegt der Hase im Pfeffer
das ist der entscheidende Punkt;
aus dem 13. Jahrhundert: Ursprünglich bezog sich die Wendung wohl
auf einen Unglücklichen, dem nicht mehr zu helfen war, der wie ein
fast fertig zubereiteter Hasenbraten in der Pfeffersoße lag.
ein alter Hasein einer Sache erfahren;
aus der Jägersprache: Ein „alter Hase“ ist ein Tier, das nicht mehr so
leicht zu überraschen ist, da es sich bereits an vieles gewöhnt hat.
wissen, wie der Hase läuft
sehr gut Bescheid wissen;
aus dem Tierreich: Die Fluchtrichtung eines Hasen ist aufgrund des
berühmten „Hakenschlagens“ nur sehr schwer vorherzusehen. Wer
dennoch „weiß, wie er läuft“, der muss sich sehr gut auskennen.
ein Hasenfuß sein
ängstlich sein;
bis ins 14. Jahrhundert galt ein „Hasenfuß“ als besonders schneller
und geschickter Läufer, dann verschob sich die Bedeutung zur
Bezeichnung eines ängstlichen Menschen.
das Hasenpanier ergreifen
davonlaufen, fliehen;
aus dem 16. Jahrhundert: Hasen sind bekannt für ihre guten
Fluchtreflexe. Das Panier oder Banner eines Hasen ist seine Blume, sein
weißes Schwänzchen, das auf der Flucht besonders gut zu sehen ist.
nicht ganz hasenrein sein
nicht ganz einwandfrei, verdächtig;
aus der Jägersprache: Ein Jagdhund, der Hasen zwar aufstöbert, aber
271
nur auf Befehl verfolgt, ist hasenrein. Ein nicht hasen reiner Hund ist für
bestimmte Aufgaben nicht brauchbar.
unter die Haube kommen
heiraten;
aus der Antike: Im alten Rom, aber bspw. auch bei den Germanen war
es üblich, dass verheiratete Frauen eine Kopfbedeckung trugen, damit
ihre Haare nicht mehr zu sehen waren. So wurde auch offensichtlich,
welche Frau noch „zu haben“ und welche bereits „unter der Haube“
war.
ein Hauen und Stechen
ein unfairer Konkurrenzkampf, eine Auseinandersetzung mit allen
Mitteln;
aus dem Fechten: Dieser Ausdruck beschreibt eigentlich einen so
dilettantisch geführten Fechtkampf, dass man nicht unterscheiden
kann, ob der Fechter gerade haut oder sticht.
feurige Kohlen auf jemandes Haupt sammeln
jemanden durch die eigene Freundlichkeit beschämen, versuchen,
seine Einstellung durch Freundlichkeit zu ändern;
aus der Bibel: In der Bibel wird der gute Christ angewiesen: „Wenn
deinen Feind hungert, gib ihm zu essen; dürstet ihn, gib ihm zu
trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt
sammeln.“ (Sprüche 25,21–22) Die feurigen Kohlen, die zunächst
bedrohlich klingen, sind also durchaus als etwas Positives zu
verstehen. Ihre Bedeutung entspringt einer zu biblischen Zeiten
üblichen „Nachbarschaftshilfe“. Einer zündete morgens ein Feuer an
und schickte seinen Sohn oder einen Tagelöhner mit den feurigen
Kohlen zu den anderen Häusern, damit diese Brennmaterial sparen
konnten.
272
völlig aus dem Häuschen sein
sehr aufgeregt sein;
in dieser Redewendung dient das Haus als Bild für den Körper (ähnlich
wie z. B. bei „nicht ganz richtig im Oberstübchen sein“). In diesem Haus
sollten die Seele und der Verstand „untergebracht“ sein. Sind sie „aus
dem Häuschen“, so steht man etwas neben sich.
auf der faulen Haut liegen
faulenzen, nichts tun;
beruht auf der übertreibenden Ausschmückung der
Lebensgewohnheiten der Germanen, die Tacitus in seiner „Germania“
(Kapitel 15) schildert. Diese hätten, wenn sie nicht im Krieg oder auf
der Jagd waren, faul auf Fellen herumgelegen und das Arbeiten den
Frauen überlassen.
aus der Haut fahren
sich aufregen, vor Wut die Beherrschung verlieren;
bezieht sich ähnlich wie die Redensart „zum Auswachsen sein“ darauf,
dass man etwas als so schlimm empfindet, dass man sich in seinem
eigenen Leib nicht mehr wohlfühlt und aus der Haut herausspringen
möchte.
eine ehrliche Haut sein
sehr ehrlich/anständig sein;
das größte Organ des Menschen steht hier für die gesamte Person, die
einen überaus anständigen Charakter besitzt.
in jemandes Haut schlüpfen
in die Rolle/Situation eines anderen schlüpfen;
„Haut“ steht in Redewendung als Pars pro Toto für den ganzen
Menschen bzw. dessen Körper, den man zu seinem eigenen macht.
273
mit Haut und Haaren
vollständig;
aus dem Mittelalter: Im Sachsenspiegel, einer Rechtssammlung
des 13. Jahrhunderts, wird erwähnt, dass Schwangere nicht anders
bestraft werden dürften, als an Haut und Haar, d. h., eine schwangere
Delinquentin wurde an den Pranger gestellt, mit einem Reisigbündel
geschlagen (gestäupt), und ihre Haare wurden abgeschoren. An
anderer Stelle im Sachsenspiegel wird die Wendung als Synonym für
Leben verwendet.
seine Haut teuer verkaufen
sich wehren, nicht leicht kapitulieren;
bezog sich ursprünglich auf einen Händler, der für sein Leder zu viel
verlangte, und wurde dann auf die menschliche Haut als Pars pro
Toto für den menschlichen Körper und das darin wohnende Leben
übertragen.
sich seiner Haut zu wehren wissen
sich gut verteidigen können;
ähnlich der Redensart „seine Haut teuer verkaufen“ steht hier die
Haut für den gesamten Körper, den jemand gut verteidigt und der
wiederum für das Leben steht.
am längeren Hebel sitzen
eine bessere Position als der Gegner haben;
aus der Mechanik: Wer am längeren Hebel bzw. an der längeren Seite
eines Hebelarmes sitzt, dem ist es ein Leichtes, auch schwere Lasten zu
heben.
der Hecht im Karpfenteich sein
ein Unruhestifter sein; eine führende Rolle spielen;
274
Hechte sind Raubfische; wenn ein solcher in einen Teich voller Karpfen
gelangt, scheucht er die potenzielle Beute durch das Wasser, sodass sie
nicht fett werden kann.
ein toller Hechtein beeindruckend cleverer Mensch;
der Hecht ist ein Raubfisch und wurde ursprünglich als Bezeichnung
für einen linken, hinterlistigen oder räuberischen Menschen
verwendet, bevor der Ausdruck zum Synonym von Mensch, Kerl
verflachte.
ziehen wie Hechtsuppestarke Zugluft;
aus dem Jiddischen, eine Eindeutschung der Wendung „hech
soppa“ (wie ein Sturm). Nach einer anderen Erklärung bezieht
sich die Redensart darauf, dass Hechtsuppe mit Pfeffer und
Meerrettich gewürzt wird und daher recht scharf, ja ein regelrechter
„Rachenputzer“ ist.
So ein Heckmeck!
So eine Aufregung um nichts!
Aus Westfalen: abgeleitet von dem Ausdruck „Hackemack“, der
verschiedene Mischgerichte, insbesondere mit Hackfleisch, bezeichnet
und später allgemein für Durcheinander verwendet wurde.
aufgehen wie ein Hefekuchenauch: aufgehen wie ein Hefekloß
dick werden;
aus der Küche: beruht auf der Beobachtung, dass Hefeteig während
des „Gehens“ und auch im Backofen stark sein Volumen vergrößert.
275
jemandem das Heft aus der Hand nehmen
jemanden seines Einflusses berauben, ihn ausschalten;
das Heft ist der Griff eines Werkzeuges oder einer Waffe. Wer das Heft
also fest in der Hand hatte, der war demjenigen ohne Waffe überlegen,
wenn er es jedoch verlor, war er wehrlos. Die redensartliche
Formulierung ist seit dem 19. Jahrhundert bezeugt.
eine Heidenangst haben
große Angst haben;
bezieht sich nicht auf die (zu Zeiten der Inquisition wohl begründete)
Angst der Heiden, sondern auf die der Christen vor den Ungläubigen,
denen Schreckliches nachgesagt wurde.
ein Heidengeld kosten
sehr teuer sein;
Heide bedeutete ursprünglich „wild“, erst später entstand die
Bedeutung „Nichtchrist“. In Zusammensetzungen wie Heidenspaß,
Heidenarbeit, Heidengeld dient der Zusatz zur Verstärkung der
eigentlichen Bedeutung und verweist noch auf die germanische
Wurzel.
etwas hoch und heilig versprechen
etwas fest versprechen;
bezieht sich auf die Geste zum Schwur – zwei Finger werden
hochgehalten, dann wird „bei Gott“ geschworen.
ein komischer Heiligerauch: ein seltsamer/wunderlicher Heiliger
ein Sonderling;
aus der Bibel abgeleitet, seit dem 17. Jahrhundert belegt: Die
Entwicklung dieser Redewendung geht von „wunderbarer“ über
276
„wundertätiger“ zu „wunderlicher“ Heiliger; sie bezeichnete also zu
Beginn eine durchaus Respekt verdienende Persönlichkeit.
„Und wie Paulus wider seine tollen Heiligen sich rühmet (2. Kor.
11,22f.), so will ich mich auch wider diese meine Esel rühmen.“ (aus
einem Brief Martin Luthers)
ein Heimchen am Herd
eine Hausfrau (scherzhaft; heute auch spöttisch);
aus Charles Dickens’ Geschichte „Cricket on the hearth“ (1845): In
dieser Geschichte gibt es einen guten Hausgeist in Form einer Grille –
ein Insekt, das im Volks glauben schon lange als Glücksbringer galt.
etwas auf Heller und Pfennig zurückzahlen
etwas vollständig zurückzahlen;
seit dem 15. Jahrhundert belegt: Beide relativ geringwertigen
Münzen waren bereits im 12. Jahrhundert im deutschen Sprachraum
verbreitet. Die Redensart kann heute neben der eigentlichen
Bedeutung aber auch einen ironischen Unterton haben: sich an
jemandem rächen, alles Getane zurückgeben.
keinen roten Heller wert sein
auch: keinen lumpigen Heller wert sein
von geringem Wert sein;
aus dem Mittelalter: Die auch „Haller“ oder „Häller“ genannte silberne
Kleinmünze besaß oft einen geringeren Nennwert als das enthaltene
Silber kostete. Um bei der Prägung keinen Verlust, sondern im
Gegenteil Gewinn zu machen, wurde Kupfer beigemengt; später
bestand die Münze nur noch aus Kupfer, war also „rot“ – und praktisch
nichts wert.
277
jemandem ist das Hemd näher als der Rock
die eigenen Interessen vor die anderer oder das Gemeinwohl stellen;
aus der Antike: Rock meint in diesem Zusammenhang nicht das
weibliche Beinkleid, sondern das Obergewand. Schon Plautus ist die
Tunika (das Untergewand) näher als das Pallium (der Übermantel)
(Trinummus V, 2, 30).
wie bei Hempels unterm Sofa
chaotisch, unordentlich, schmutzig;
schon bei Luther findet sich die Wendung „grober Hampel/Hempel“
für einen dummen, ungeschlachten Menschen. Die Redensart als
solche ist jedoch erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts belegt
und ihre Herkunft nicht eindeutig zu klären.
bei jemandem hereinschneienauch: bei jemandem rein-/vorbeischneien
jemanden zufällig oder kurzfristig besuchen;
Schneeflockenfall ist etwas sehr Unvorhersehbares, da die Flocken
aufgrund ihres geringen Gewichtes durch die Luft trudeln und ständig
ihre Flugrichtung ändern. Ähnlich verhält sich ein Mensch (oder
auch das Glück), der bei einem anderen ohne Vorwarnung zu Besuch
eintrifft.
Wie der Herr, so`s Gscherr
wie der Halter, so sein Tier; wie der Chef, so die Untergebenen;
die genaue Bedeutung des Wortes „G’scherr“ ist unbekannt;
möglicherweise ist es eine Zusammenziehung von „Geschirr“ und
bezeichnet das Zaumzeug und Kutschgeschirr von Pferden und Vieh.
zwei Herren dienen
sich nicht zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden können;
278
entlehnt aus der Bibel: In der Bergpredigt bezieht sich die Wendung
von den „zwei Herren“ auf die Bedeutung der Abwendung vom
Materialismus für den wahren Christen: „Niemand kann zwei Herren
dienen: Entweder er wird den einen hassen und den anderen lieben,
oder er wird an dem einen hängen und den anderen verachten. Ihr
könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“
Ach herrje!
Ausruf der Bestürzung oder des Erschreckens;
dieser Ausdruck stammt, wenn es auch kaum mehr zu erkennen
ist, aus dem christlichen Umfeld. Tatsächlich ist „Herrje!“ die
Zusammenziehung und Abkürzung des Anrufs „Herr Jesus!“. Wer er-
schrickt, ruft Jesus zu Hilfe.
auf jemandem herumhackenständig etwas an jemandem auszusetzen haben;
aus dem Tierreich: Hennen fechten ihren Hierarchieanspruch aus,
indem sie sich gegenseitig auf die Köpfe hacken. Wer sich unter
den Hühnern durchgesetzt hat, wird als Alphatier anerkannt, die
Schwächsten müssen sich ihrem Schicksal fügen. So entstand auch
der Begriff der Hackordnung: Die Starken dürfen zuerst Körner picken,
die Unterlegenen müssen sich mit dem Rest begnügen.
um jemanden herumscharwenzelnunterwürfig zu jemandem sein, ihm schmeicheln;
aus dem 18. Jahrhundert: Für den Ausdruck „schwarwenzeln“ gibt
es mehrere mögliche Ursprünge. Zum einen wird auf das lateinische
Wort „servente“ (der Dienende) verwiesen. Möglich ist aber auch
eine Entlehnung von dem früheren Wort für Lohnarbeit, „Schar“ (vgl.
auch Pflugschar), und dem weit verbreiteten Vornamen Wenzel.
Darüber hinaus wird die Spielkarte Unter (Bube) in einigen Regionen
279
bzw. bei bestimmten Spielen als „Schwarwenzel“ bezeichnet. Neben
der heute gebräuchlichen Form existierte früher auch die Variante
„scherwenzen“.
„Ein leeres Gespreize, ganz wie sonst, ein abgeschmacktes
Scherwenzen – possierlich sind und schauderhaft die kopflosen
Reverenzen.“ (Heinrich Heine, Marie Antoinette)
auf jemanden heruntersehenauch: auf jemanden herabsehen
aus der Reiterei: leitet sich von der Wendung „auf einem hohen Ross
sitzen“ her.
aus seinem Herzen keine Mördergrube machen
freiheraus seine Meinung sagen, offenherzig sein;
aus der ersten Bibelübersetzung Luthers: „Mein Haus soll ein Bethaus
heißen; ihr aber habt eine Mördergrube daraus gemacht.“ (Matthäus
21,13) In heutigen Übersetzungen ist die Rede von einer Räuberhöhle,
aber im Volksmund lebt das Wort von der Mördergrube weiter.
„[...] das Reich ist, trotz ein vierzig Landfrieden, noch immer eine
Mördergrube.“ (Goethe, Götz von Berlichingen I, Bischofsszene)
ein Herz aus Gold haben
gutmütig, großmütig sein;
das Herz als Sitz der Gefühle, das aus einem Edelmetall geformt ist,
wird dadurch nicht hart, sondern im Gegenteil besonders warm und
wertvoll.
ein Herz und eine Seele (sein)
die besten Freunde, sehr vertraut (sein);
aus der Bibel: In der Apostelgeschichte 4,32 wird über die ersten
Christen berichtet: „Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und
280
eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein
wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam.“ Das „Herz“ als Symbol
für Gefühl und die Seele meint denselben geistig-emotionalen Bereich
einer Person; die Nennung beider zeigt also die Einheit, beinahe
Identität der ersten Christen.
ein Herz wie Butter haben
mitfühlend, gutmütig sein;
das „weiche“ Herz steht bildhaft für einen Menschen, der sich
emotional leicht anrühren lässt – und Butter ist in warmem Zustand
ein sehr formbarer und weicher Stoff.
jemandem sein Herz zu Füßen legen
sich jemandem (in Liebe) ergeben, jemandem seine Liebe zeigen;
diese Redewendung verbindet zwei Symbole: das des Herzens als Sitz
aller Gefühle, insbesondere der Liebe, und das der Füße, die auf eine
Sache gestellt werden können (man denke an den mit dem erlegten
Wild posierenden Jäger), um dessen Unterwerfung zu verdeutlichen.
jemandem wird es ganz warm ums Herzjemand ist von etwas angenehm berührt;
„Wärme“ steht stets für das Wohlige, Angenehme und im
Zusammenhang mit dem Herzen für die Emotionalität; wem „warm
ums Herz“ wird, der hat also sehr angenehme Gefühle.
mit Herz und Hand
ganz und gar, mit vollem Einsatz;
„Herz“ steht in Redewendungen stets für den Geist, die Emotionen,
die Gesinnung eines Menschen; die Hand ist das Symbol für die
anpackende Tatkraft.
281
sein Herz auf der Zunge tragen
auch: sein Herz auf den Lippen tragen
seine Gefühle und Gedanken bereitwillig offenbaren;
das eigentlich im Körperinneren unsichtbar verwahrte Herz als Sitz
von Seele und Gefühl wird mittels der Zunge, also des Sprechens,
bloßgelegt.
heulen wie ein Schlosshund
sehr weinen;
das „Schloss“ ist hier nicht der Adelssitz, sondern steht für die Kette, an
der ein Hund liegt und heult, weil er sich nicht befreien kann.
kein heuriger Hase mehr sein
erfahren sein;
der Hase, der nicht mehr „heurig“ ist, ist ein „alter Hase“ – also
einer, der bereits Tricks und Listen entwickelte, um dem Jäger zu
entkommen.
einfallen wie ein Heuschreckenschwarmauch: wie die Heuschrecken
in furchterregender Menge und Geschwindigkeit;
schon in der Bibel taucht der Vergleich mit Heuschrecken immer
wieder auf. Der Einfall von Heuschrecken ist eine der sieben Plagen,
die Ägypten während der Gefangen schaft Israels treffen (Deuterono-
mium 28,38). Auch ein Einfall der Midia ner ins Land der Israeliten wird
beschrieben mit den Worten: „Denn sie kamen herauf mit ihrem Vieh
und ihren Zelten wie eine große Menge Heuschrecken, sodass weder
sie noch ihre Kamele zu zählen waren, und fielen ins Land, um es zu
verderben.“ (Richter 6,5)
282
Ach du lieber Himmel!auch: Ach du heiliger Himmel!
Ausruf des Erstaunens/der Bestürzung;
Himmel steht redensartlich oft für „Gott“ – weil man sich
sicherheitshalber lieber nicht bei Gott über etwas beschweren wollte,
setzte man an die Stelle Gottes seinen „Wohnort“, den Himmel.
das Blaue vom Himmel herunterlügen
auch: die Sterne vom Himmel lügen
Lügenmärchen erzählen, lügen, dass sich die Balken biegen;
in der Farbensymbolik war Blau früher die Farbe der Täuschung; so
wurde dem betrogenen Ehemann „ein blauer Mantel umgehängt“,
wer Lügengeschichten auftischte, erzählte „blaue Enten“. Bei der
modernen Redewendung wurde diese Konnotation der blauen Farbe
mit einem Ort verbunden, der (oft) blau ist – und so lügt man nun „das
Blaue vom Himmel“.
im siebten Himmel schweben
überglücklich sein;
aus der Bibel: Die christliche Vorstellung des Himmels ist stark von
morgenländi schen Vorstellungen geprägt, darauf geht auch die
Abstufung in mehrere Ebenen zurück. Der siebte Himmel ist die
höchste Ebene, in der auch Gott mit seinen Engeln wohnt. Im zweiten
Korintherbrief (12,2) schreibt Paulus: „Ich kenne einen Menschen in
Christus; vor vierzehn Jahren – ist er im Leib gewesen? [...] da wurde
derselbe entrückt bis in den dritten Himmel.“
zum Himmel schreien
unerhört sein;
aus der Bibel: Im 1. Buch Mose 4,1–16 wird die Geschichte Kains, der
zum Bruder mörder geworden war, dargestellt. Er versucht, sich vor
283
Gott mit Ausflüchten zu retten. Jener aber kennt Kains Verbrechen
und antwortet ihm: „Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines
Bruders schreit zu mir von der Erde.“ Etwas ist also himmelschreiend,
wenn es so verwerflich ist, dass Gott es bis zu sich „hinauf“ hören kann.
ein Himmelfahrtskommandoeine riskante/aussichtslose Unternehmung;
aus dem Militär: Bezeichnung für einen Auftrag, der voraussichtlich
den Tod des Ausführenden zur Folge haben wird (z. B. die japanischen
Kamikazeflüge). Dieser wird mit Annahme des Befehls also „gen
Himmel fahren“.
Himmelkruzitürken noch mal!
Verflucht!
Aus der Zeit der christlich-muslimischen Kriege: Gefangene wurden
auf den beiden Seiten unterschiedlich behandelt: Moslems wurden
gezwungen, zum Christentum zu konvertieren und auf christlicher
Seite zu kämpfen. Christen durften ihren Glauben behalten und
kämpften daher auf Seite der Moslems, aber weiterhin mit dem Kreuz
als Symbol. Sie waren daher die „Kreuz-Türken“, die „Kruzitürken“.
vor sich hindümpelnträge schwimmen; sich nur zäh weiterentwickeln;
aus der Seemannssprache: „Dümpeln“ ist die Bezeichnung der
Seeleute für ein leichtes Schaukeln, wie es z. B. auf Schiffen zu spüren
ist, die im Hafen vertäut sind.
etwas in sich hineinfressenKummer oder Ärger wegen etwas nicht kommunizieren, sondern
verschweigen;
aus der Bibel: Der Ausdruck stammt von einem Psalmisten, der seinen
284
Tod kommen sieht und sich an Gott als einzigen Zuhörer wendet,
denn: „Ich bin verstummt und still und schweige fern der Freude und
muss mein Leid in mich fressen.“ (Psalm 39,3) Er geht mit seinem
Kummer also um wie mit einer Speise, schluckt ihn hinunter und lässt
ihn so verschwinden, ohne dass jemand etwas davon merkt.
sich auf die Hinterbeine stellen
sich wehren, sich einer Sache widersetzen;
die Redewendung nimmt das Verhalten von Pferden (und anderen
Tieren) auf, die sich auf die Hinterbeine erheben, um mit den
Vorderbeinen gegen einen Angreifer zu schlagen.
etwas in der Hinterhand haben
noch eine Alternative haben, noch einen Trick wissen;
aus dem Kartenspiel: Der Spieler, der als letzter seine Karten ausspielt,
ist bzw. hat die „Hinterhand“. Er kann also die Situation durch sein Spiel
noch einmal gründlich verändern.
ins Hintertreffen geraten
benachteiligt werden;
aus der Militärsprache: Das Hintertreffen war der hintere Haufe eines
in Schlachtordnung gestellten Kriegsheeres, die Nachhut, und hatte
im Falle eines Sieges keinen oder einen geringeren Anteil an der
Beute. Im übertragenen Sinne ist die Wendung seit der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts belegt.
eine Hintertür offen lassen
auch: sich eine Tür offen halten
sich einen Ausweg sichern;
aus dem Französischen, eine Übersetzung von „se réserver une porte
de sortie“ (sich einen Ausgang freihalten).
285
Hinz und Kunz
jedermann, alle Welt, jeder Beliebige;
aus dem Mittelalter: Schon immer gab es „Modenamen“, und zwischen
dem 13. und 15. Jahrhundert waren dies die Namen Heinrich (auch für
viele Königskinder) und Konrad; die Kurzformen waren damals „Hinz“
und „Kunz“. Und da jeder zweite Bürger einen dieser beiden Vornamen
zu haben schien, bedeutete die Wendung „Hinz und Kunz“ bald: jeder
x-Beliebige, alle Leute.
eine Hiobsbotschaft erhalten
eine schreckliche und überraschende Botschaft erhalten;
aus der Bibel: Hiob, ein gottesfürchtiger reicher Mann, wurde von
Gott auf eine harte Probe gestellt, da dieser mit dem Teufel um die
Stärke von Hiobs Glauben „gewettet“ hatte. Der Teufel nahm Hiob
seinen Besitz, seine Gesundheit und ließ seine Kinder sterben. Die
schrecklichen Nachrichten wurden ihm von Bekannten übermittelt,
weswegen heute unter einer Hiobsbotschaft eine katastrophale
Nachricht verstanden wird.
sich das Hirn zermartern
angestrengt über etwas nachdenken;
„Marter“ ist eine alte Bezeichnung der früher üblichen Folter; jemand,
der verzweifelt nach einer Lösung sucht, quält also damit sein Gehirn.
ein Hitzkopf sein
cholerisch, leicht zu erregen sein;
geht wie die Wendung „ihm kocht das Blut in den Adern“ davon aus,
dass Wut die Körpertemperatur erhöht – und daher zu schwellenden
Adern auf der Stirn und einer roten Gesichtsfarbe führt.
286
hoch im Kurs stehen
Wertschätzung/Anerkennung erhalten, angesehen/wertvoll sein;
aus der Börsensprache: Der hohe Kurs eines Wertpapiers zeigt das
Interesse und die Wertschätzung dieser Aktie durch die Anleger.
jemandem etwas hoch anrechnen
etwas anerkennen, große Dankbarkeit für jemanden empfinden;
bezieht sich auf den immateriellen Wert von etwas, das jemand für
einen geleistet hat und das, in Geld umgerechnet, als sehr teuer zu
bewerten wäre.
etwas hochgehen lassen
etwas verhindern, stören;
aus der Gaunersprache: bezieht sich eventuell darauf, dass etwas, das
geheim bleiben soll, nicht hochgehalten wird, sondern hinter dem
Rücken oder unter dem Tisch weitergegeben wird.
Hochwasser haben
zu kurze Hosen tragen;
seit dem 19. Jahrhundert belegt: Diese scherzhaft verwendete
Redensart bezieht sich auf das Hochrollen der Hosenbeine, wenn man
durch Wasser waten muss.
jemanden vom Hocker reißen
auch: jemanden vom Stuhl reißen
jemanden begeistern;
wird meist in der Verneinung gebraucht. „Das reißt mich nicht vom
Hocker“ sagt jemand, der von etwas wenig begeistert ist, sich also
nicht aus Neugierde oder für den Applaus von seinem Sitzplatz
erheben würde.
287
jemandem den Hof machen
jemanden umwerben, um eine Frau freien;
aus dem Mittelalter: Der „Hof“, der jeman dem gemacht wird, war
ursprünglich der Sitz eines Fürsten oder anderen Adligen. Seine
Untergebenen „machten“, d. h. ver sorgten seine Landwirtschaft,
seinen Haus halt und alles Dazugehörige. Die unter tänige Art der
Diener bei Hofe wurde später auf die demütige Form übertragen, in
der um die Hand einer Dame angehalten wird.
sich in die Höhle des Löwen wagen
ein großes Risiko eingehen, indem man einer weit überlegenen Person
gegenübertritt;
das Bild des Löwenbaus – der für das Savannentier eher untypisch ist –
als Ort großer Gefahr ist schon in den Fabeln des griechischen Dichters
Äsop zu finden. Dort verweist ein Fuchs als Grund für seine Weigerung,
die Höhle des kranken Löwen zu betreten und diesem zu helfen, auf
die zahlreichen hineinführenden Fußspuren – und das völlige Fehlen
herausführender Spuren.
nur etwas für den hohlen Zahn sein
nicht satt machen;
stellt bildhaft dar, dass die vorhandene oder angebotene Menge eines
Nahrungsmittels viel zu klein ist.
Hokuspokus machen
falschen Zauber betreiben;
aus dem Märchen: Für diesen umgangssprachlichen Ausdruck gibt
es drei Erklärungen. Die eine bezieht sich auf die von fahrenden
Studenten im 16. Jahrhundert verwendete Zauberformel „hax pax
max, deus adimax“, die im Lauf der Zeit sprachlich abgewandelt wurde.
Vermutet wird auch die Existenz eines mächtigen germanischen
288
Zauberers, dessen Name, Ochus Bochus, bei schneller Aussprache
„Hokuspokus“ sehr ähnelt. Eine dritte Erklärungsvariante verweist auf
die in katholischen Messen verwendete Formel „hoc est (enim) corpus
meus“ („dies ist mein Leib“) bei der Transsubstantation. Da das Volk
selten Latein sprach, aber – im alten Aberglauben verhaftet – gern
von einer „Verzauberung“ der Hostien zum Leib Christi ausging, hörte
es etwas, das wie „Hokuspokus“ klang und offenbar magische Kräfte
besaß. Die negative Bedeutung des falschen Zaubers erhielt der
Ausdruck erst in neuerer Zeit.
da ist Holland in Not
da ist die Not groß, da gibt es Probleme;
diese veraltende Redensart, die heute meist ironisch verwendet wird,
existiert sogar auf Holländisch. Der Ursprung der Wendung ist nicht
geklärt. Unter Umständen bezieht sie sich schlicht auf die Tatsache,
dass Holland aufgrund seiner geringen Höhe über dem Meeresspiegel,
der vielen Köge und der zahlreichen Deiche bei Unwetter sehr
überschwemmungsgefährdet war.
jemandem die Hölle heiß machen
jemanden nachdrücklich oder durch Drohungen antreiben, zur Arbeit
anhalten;
abgeleitet aus der Bibel: Die bildliche Darstellung der Hölle als heißer
Ort geht auf die Offenbarung des Johannes zurück. Beim Jüngsten
Gericht werden „der Tod und sein Reich [...] geworfen in den feurigen
Pfuhl. Das ist der zweite Tod: der feurige Pfuhl“ (Offenbarung 20,14).
Bereits im vorherigen Kapitel ist vom feurigen Pfuhl die Rede, „der
mit Schwefel brannte“ (19,20). Bei Luther hat die da raus entstandene
Wendung „die Hölle heiß machen“ noch einen starken theologischen
Bezug, erst im 18. Jahrhundert wird sie auch redensartlich verwendet.
289
dreimal auf Holz klopfen
jemandem Glück wünschen;
aus dem Bergbau: In früheren Zeiten wurden die Stollen im Berg
mit Holzplanken abgestützt. Das Klopfen auf Holz vor Betreten des
Schachtes diente der Überprüfung der Stabilität und damit der
Sicherheit der Bergleute. Genau dreimal wurde erst später geklopft,
um das Glück zu potenzieren – schließlich ist die Drei von jeher eine
heilige Zahl, mit der man sich Gott empfiehlt.
Holz auf sich hacken lassen
gutmütig sein, alles erdulden;
schon in den Schriften Martin Luthers belegt: vergleicht eine stoisch
alles ertra gende Person mit einem gefühllosen Hauklotz, auf dem
Holzscheite gespalten werden.
Holz in den Wald tragen
etwas vollkommen Überflüssiges tun;
ähnlich den Wendungen „Eulen nach Athen“ oder „Sand in die Wüste
tragen“ entstand diese Redensart aus dem Versuch, etwas sehr
Sinnloses mit kurzen Worten darzustellen.
Holz sägen
schnarchen;
diese Redensart spielt mit dem ähnlichen Klang des Schnarchens mit
dem der Verarbeitung von Holz mittels einer Säge.
nicht aus Holz sein
nicht gefühllos sein;
der Werkstoff Holz wird mit Messern, Sägen und anderem Werkzeug
be- und verarbeitet, er wächst nach, ist relativ unempfindlich, und
aus ihm lässt sich allerlei machen. Wer hingegen von sich sagt, dass
290
er „auch nicht aus Holz“ sei, der weist darauf hin, dass er auch Gefühl
habe.
viel Holz vor der Hütte haben
auch: Holz vor der Herberge haben
vollbusig sein;
diese Redewendung nimmt das Bild der an den Außenwänden von
Bauernhäusern aufgestapelten Holzscheite auf.
Wenn das am grünen Holz geschieht ...
wenn das mit den Guten/bei einer unproblematischen Sachlage etc.
passiert ...;
aus der Bibel: Verkürzung von „Denn wenn das mit dem grünen Holz
geschieht, was wird dann erst mit dem dürren werden?“ (Lukas 23,31)
vom Hölzchen aufs Stöckchen geraten
sich in Details verlieren;
die Redewendung entspricht dem „vom Hundertsten ins Tausendste
kommen“, also (in seiner Erzählung) von etwas Kleinem zu etwas noch
Kleinerem (und Unwichtigerem) geraten.
etwas mit dem Holzhammer tun
auch: die Holzhammermethode anwenden
rücksichtslos vorgehen; zum äußersten Hilfsmittel greifen;
schon Luther verwendet den Vergleich mit dem Holzhammer für
plumpes, rücksichtsloses Vorgehen.
auf dem Holzweg sein
sich täuschen, einen Irrweg eingeschlagen haben, einer
Fehleinschätzung unterliegen;
aus dem Holzgewerbe: Der „Holzweg“ war ein Stichweg, den das Pferd
hinterließ, wenn es den frisch gefällten Stamm aus dem Wald zog. Da
291
dieser vermeintliche Pfad keine Verbindung zu einem anderen Weg
besaß, sondern lediglich zur Stelle der Baumfällung führte, war er für
Wanderer ein Irrweg.
jemandem Honig um den Bart schmieren
auch: jemandem Honig ums Maul/um den Mund schmieren
jemandem schmeicheln;
im Mittelhochdeutschen als „honic in den munt“ belegt: Honig war im
Mittelalter eine rare und beliebte Süßigkeit, sodass derjenige einem
gewogen war, dem man Honig „in den Mund“ strich. Später wurde
diese Redewendung ein wenig abgeschwächt, sodass der Honig nur
noch um den Mund bzw. Bart geschmiert wurde.
strahlen wie ein Honigkuchenpferdsehr fröhlich sein, sich sehr freuen;
die Redewendung beschreibt zwar einen sehr glücklichen Zustand –
der so „süß“ sein kann wie das aus Lebkuchen hergestellte Pferdchen
–, es schwingt aber immer mit, dass der so Bezeichnete etwas naiv und
dümmlich oder auch energielos ist.
da ist Hopfen und Malz verloren
eine Person ist unverbesserlich, alle Mühe ist vergeblich;
Hopfen und Malz sind – wie im bayerischen Reinheitsgebot seit
1516 festgeschrieben – unverzichtbare Bestandteile des Bieres und
erscheinen schon im 9. Jahrhundert in fester Verbindung. Wenn der
Brauer einen Fehler machte und das Bier nicht gelang, waren Hopfen
und Malz verloren.
ein Silberstreifen am Horizontauch: ein Silberstreif am Horizont; ein Streifen am Horizont
ein Zeichen der Besserung;
292
aus der Politik: wird auf eine Äußerung Gustav Stresemanns aus dem
Jahr 1924 zurückgeführt, er sehe zum ersten Mal einen Silberstreifen
an dem sonst düsteren Horizont. Da täuschte er sich allerdings ...
einen engen Horizont haben
dumm/ungebildet/intolerant sein;
der Horizont, die Grenze zwischen (sichtbarem) Erdboden und
Himmel, steht redensartlich für die geistige Freiheit bzw. Begrenzung
eines Menschen; ist er eng, so weiß und sieht diese Person nicht viel.
seinen Horizont erweitern
sich weiterbilden, sein Wissen erweitern;
der Horizont, eigentlich die Grenze zwischen der sichtbaren
Erdoberfläche und dem Himmel, wird im übertragenen Sinne auch als
Bezeichnung für die Wissens- oder Bildungsgrenze eines Menschen
verwendet.
etwas ist wie einem Ochsen ins Horn gepetzt
etwas ist nutzlos;
spielt auf die vollkommene Unempfindlichkeit des Horns, eines
Knochenzapfens, der Horntiere an.
kräftig ins Horn stoßen
angeben, großtun;
bezieht sich möglicherweise auf Jäger, die ihren Jagderfolg mit lauten
Hornklängen anderen Jägern bekannt geben.
jemandem Hörner aufsetzen
auch: jemandem Hörner aufpflanzen, ansetzen, machen, geben; jemanden
mit Hörnchen krönen, hörnen
jemanden betrügen;
seit der Antike belegt: Diese ausschließlich auf die betrügende
293
Ehefrau bezogene Redewendung – der Mann ist der „Hahnrei“ und
„Hörnerträger“ – findet sich in zahlreichen europäischen Sprachen.
Der Ursprung ist nicht vollständig geklärt; wahrscheinlich ist aber,
dass sich die Wendung auf die sprichwörtliche Dummheit der meisten
Horntiere (Ochse, Schaf- und Ziegenbock) bezieht und dem Mann,
der sich betrügen lässt, so seine Naivität und sein geringer Intellekt
vorgeworfen wird.
jemanden auf seine Hörner nehmen
jemanden angreifen;
aus dem Tierreich: bezieht sich auf die verschiedenen Hörner
tragenden Tiere, vermutlich insbesondere Hammel und Ziegen böcke,
aber auch das Bild eines Stieres, der einen Menschen mit den Hörnern
erwischt und in die Luft wirft, ist denkbar.
sich die Hörner abstoßen
seinen jugendlichen Ungestüm (insbesondere sexuell) ausleben, sich
austoben;
aus der Studentensprache des 16. Jahrhunderts: In den Verbindungen
wurden neuen Mitgliedern Hörner aufgesetzt und ein Ziegenbart
angeklebt, die in feierlicher Prozession entfernt werden, um den
Übergang vom Tier zum zivilisierten und gebildeten Menschen
zu symbolisieren. Der Widder oder Bock hat stets auch Bezug zum
„bocksbeinigen“ Teufel. Außerdem beruht die Redewendung auf der
Annahme, nur junge Böcke würden mit ihren Hörnern kämpfen.
die Hosen anhaben
(im häuslichen Umfeld) das Sagen haben;
während Hosen heute auch für Frauen ein übliches Kleidungsstück sind,
wurden sie in früheren Zeiten nur von Männern getragen, während
die Frauen mit Röcken bekleidet waren. Eine Hose für eine Frau galt als
294
unschicklich. Wenn eine Frau es dennoch wagte, „die Hosen anzuhaben“,
so beanspruchte sie damit die dem Mann zustehende Führungsrolle
innerhalb der Familie.
die Hosen voll haben
viel Angst haben;
diese umgangssprachliche Redewendung nimmt Bezug auf die
Beschleunigung der Verdauungsvorgänge als natürliche Reaktion des
Körpers auf große Angst.
jemandem flattern die Hosenjemand hat Angst;
ebenso wie die das Gegenteil beschreibende Redewendung „die
Hosen werden jemandem zu eng“ beschreibt diese Redensart starkes
Erschrecken. Die Hosen beginnen zu „flattern“, da die darin steckenden
Beine vor Angst zu zittern beginnen.
wie bei den Hottentottenunordentlich, chaotisch;
„Hottentotten“ war die heute nicht mehr verwendete Bezeichnung
der Buren für die südafrikanischen Khoi. Deren Sprache wurde von
den Einwanderern als Gestotter empfunden, sodass das afrikaanse
Wort für „Stotterer“, hottentots, Pate stand für die Namensgebung.
Da die Eingeborenen von den Buren für extrem rückständig und
unordentlich gehalten wurden, entstand diese (heute umstrittene)
Redewendung.
mal hü, mal hott sagen
sich nicht entscheiden können;
das Kommando „hü“ vom Kutschbock signalisiert den Pferden:
losgehen, ziehen, „hott“ dagegen: anhalten.
295
die Hucke voll kriegen
verprügelt werden;
die Hucke ist eigentlich die auf dem Rücken getragene Last;
redensartlich wird der Begriff auch für den Rücken selbst verwendet.
jemandem die Hucke voll lügen
jemanden dreist anlügen;
während „Hucke“ heute als Synonym für den Rücken verstanden wird,
bezeichnete das Wort ursprünglich den Tragekorb auf dem Rücken,
mittels dessen größere Lasten getragen werden konnten und der
dementsprechend ein großes Fassungs vermögen besaß.
in die Hufe kommen
sich beeilen;
scherzhaftes Bild eines Pferdes, das sich seine Hufe für einen raschen
Galopp anzieht.
mit den Hufen scharren
ungeduldig auf den Beginn von etwas warten;
aus dem Tierreich: Pferde, die angebunden sind, aber wissen, dass
sie gleich laufen dürfen, beginnen als Übersprungshandlung mit den
Hufen am Boden zu scharren.
das Huhn, das goldene Eier legt, schlachten
die Quelle seines Lebensunterhaltes zerstören, sich selbst schädigen;
von einem Märchen abgeleitet: Das Bild des Reichtümer
ausscheidenden Nutztieres (wie zum Beispiel bei „Goldesel“) findet
sich in verschiedenen Märchen und beschreibt letztendlich die
Hoffnung der armen Bauern, auch einmal zu Geld kommen zu
können. Das in dieser Redensart genannte Huhn wurde durch Jean
de La Fontaines Märchen von der „Henne mit den goldenen Eiern“
296
bekannt. Die Geschichte selbst soll jedoch bereits seit etruskischer Zeit
kursieren.
Da lachen ja die Hühner!
etwas ist lächerlich, absurd, unzumutbar;
moderne Wendung, wohl erst im 20. Jahrhundert entstanden. In
früherer Zeit waren aber ähnliche Redensarten geläufig, so schreibt
etwa Abraham a Sancta Clara 1707: „Da müsste wohl eine Kuh lachen.“
(Narrennest I,97)
mit den Hühnern aufstehen
sehr früh den Tag beginnen;
bezieht sich auf das Krähen des Hahnes bei Sonnenaufgang, mit dem
er „seine Hühner“ aufweckt; im Sommer steht man mit den Hühnern
also bereits um etwa fünf Uhr auf.
ein Hühnerhaufeneine unorganisierte Gruppe;
vergleicht eine Menschengruppe mit den Bewohnern
eines Hühnerstalls, die auch scheinbar vollkommen planlos
durcheinanderlaufen.
mit den Hühnern ins Bett gehen
auch: mit den Hühnern schlafen gehen
früh zu Bett gehen;
das redensartliche Gegenstück zu „mit den Hühnern aufstehen“; wer
sehr früh aufsteht, muss auch früh, d. h. bei Dunkel heitsanbruch, zu
Bett – im Winter also schon vor 17 Uhr.
oben hui, unten pfui
auf den ersten Blick gut, auf den zweiten nichts wert;
„hui“ ist ein Laut der Anerkennung, die man dem Erscheinungsbild,
297
dem Auftreten etc. einer Person zunächst zollt, bis man sie näher
kennenlernt.
Hummeln im Hintern haben
unruhig sein;
vergleicht die „aufgedrehte“ Stimmung eines Menschen mit dem
scheinbar orien tierungslosen Hin- und Herfliegen der harmlosen
Insekten.
auf den Hund kommen
in schlimme (finanzielle oder gesundheitliche) Situation geraten;
mehrere mögliche Erklärungen: Eine besagt, die Redewendung
beziehe sich auf die früher im Kriege mitgeführte Kriegskasse, in deren
unterem Teil sich ein kleines Holzkästchen, der so genannte „Hund“, für
die eiserne Reserve befand. Nach einer anderen Version war am Boden
der Kiste ein Hund aufgemalt. In beiden Fällen kam man, war die Kasse
schon fast leer, „auf den Hund“. Eine ähnliche Erklärung gibt es im
Oberdeutschen, wo die Braut bei der Heirat früher eine so genannte
Aussteuertruhe mit Wäsche bekam – leerte sich die Truhe im Laufe der
Ehe, kam man schließlich auf den Hund, also „hunden“ (d. h. unten)
an. Nach einer dritten Erklärung schließlich kommt die Wendung
aus der Bergmannssprache. Der Förderwagen zum Abtransport von
Material wird bergmännisch „Hund“ genannt. Wer nicht als Hauer
arbeiten durfte, sondern zum Förder wagenschieben abkommandiert
wurde, der war „auf den Hund gekommen“, was auch einen deutlich
geringeren Verdienst bedeutete. Heute wird die Redewendung
scherzhaft auch im positiven Sinne für Hundefreunde benutzt.
da liegt der Knüppel beim Hundetwas hindert, hemmt eine Unternehmung; das ist das Hauptproblem,
der Haken;
298
der neben dem Hofhund liegende Knüppel soll diesen an die Strafe
erinnern, die ihm droht, wenn er Hühner jagt – er hindert den
Hund also daran, das zu tun, was er möchte. Unter Umständen ist
er auch bereits an den Hund angebunden. Dies wurde praktiziert,
damit der Hund durch das schwere Stück Holz, das ihm immer
wieder schmerzhaft an die Beine schlug, am Weiter- oder Weglaufen
gehindert wurde.
Da wird der Hund in der Pfanne verrückt!
Ausruf der Verwunderung;
geht wahrscheinlich auf eine Narretei Till Eulenspiegels zurück:
Als Bierbrauer geselle sollte Eulenspiegel den Hopfen sieden.
Bedauerlicherweise hatte der Brauer aber einen Hund, der Hopf hieß;
den warf Eulenspiegel in die Braupfanne. An solche Tierquälerei denkt
bei der Verwendung der Redensart wohl heute niemand mehr.
dort liegt der Hund begraben
auch: dort ist der Hund begraben
da ist das Wesentliche, Zentrale zu finden;
aus dem Mittelhochdeutschen: Diese Rede wendung dreht sich nicht
um ein totes Haustier, sondern um das mittelhochdeutsche Wort
für „Beute“ (hunde). Dort, wo die Hunde begraben wurde, liegt das
Wichtigste unter der Erde.
ein scharfer Hundein strenger, autoritärer Mensch;
aus der Jägersprache: Ein scharfer Hund ist ein gut abgerichteter
Jagdhund, der das Wild stellt.
wie Hund und Katze sein
sich nicht ausstehen können, sich hassen;
299
aus dem Tierreich: Aufgrund der teilweise gegensätzlichen
Verhaltensweisen von Hunden und Katzen kommt es zwischen
diesen häufig zu Missverständnissen. Dies führt entweder zu einer
zerkratzten Hundenase oder einer flüchtenden Katze. Aufgrund dieser
offensichtlichen Antipathie sagt man heute auch über Menschen, die
sich nicht mögen, sie seien „wie Hund und Katze“.
es regnet junge Hundees regnet in Strömen;
vermutlich lediglich eine Anlehnung an die englische Redewendung
„It is raining cats and dogs“ (es regnet Katzen und Hunde).
Hunde, die bellen, beißen nicht
jemand, der Drohungen ausspricht, wird diese doch nicht
verwirklichen;
bezieht sich eventuell auf Stöberhunde, die bei der Jagd der
Verfolgung des Wildes dienen und eine gefundene Spur durch Bellen
anzeigen; diese Hunde sind jedoch nicht zum Erlegen des Tieres
abgerichtet.
schlafende Hunde wecken
ungewollte Aufmerksamkeit erwecken, andere auf etwas Geheimes
aufmerksam machen;
der Hofhund, der das heimliche Eindringen eines Fremden verhindern
würde, ist nur dann ungefährlich, wenn er schläft; wer ihn bewusst
weckt, bevor er den Hof betritt, darf sich über zerfetzte Hosenbeine
nicht wundern.
vor die Hunde gehen
verkommen, zugrunde gehen;
eine nicht bewiesene Erklärung sieht den Ursprung dieser Redensart
300
im Jagdwesen. Dort fallen die alten, schwachen oder verletzten Tiere
den Jagdhunden zum Opfer, „gehen“ also „vor die Hunde“.
wenn die Hunde mit dem Schwanz bellen
niemals, unter keinen Umständen;
aus Schlesien: Dies ist eine direkt verständliche Redensart, da kein
Hund jemals „mit dem falschen Ende“, also dem Schwanz, zu bellen
beginnen wird.
ein Hundelebenein armseliges, schlechtes Leben;
„Hund“ ist allgemein ein Schimpfwort, das schon lange keinen Bezug
mehr zum „besten Freund des Menschen“ hat; gemeint war mit dieser
Wendung also zunächst ein verachtenswertes Leben.
hundemüde sein
sehr übermüdet sein;
der Hund als „bester Freund des Menschen“ fand Eingang in zahlreiche
Redewendungen. Diese haben jedoch wenig mit den Eigenschaften
oder dem Aussehen des Hundes zu tun. „Hunds-“ oder „hunde-“ steht
schlicht als Verstärkung vor dem eigentlichen Ausdruck – neben
„hundemüde“ z. B. in „hundeelend“ und „hundekalt“.
mit allen Hunden gehetzt sein
erfahren sein, Tricks kennen;
bezeichnete ursprünglich ein Wild, das von der Meute zwar mehrfach
gehetzt, aber nie gefasst wurde und nun alle Listen des Entkommens
kennt.
vom Hundertsten ins Tausendste kommen
ausschweifend und vom Thema abkommend reden;
aus der Mathematik: Ab dem 15. Jahrhundert wurde zum Rechnen
301
die (bereits in der Antike entwickelte) Rechenbank verwendet, auf der
zur Anzeige der Zahlen Rechenpfennige auf entsprechender Höhe auf
oder zwischen Linien gelegt werden. Diese Linien stehen jeweils für
einfache Zahlen, Zehner, Hunderter, Tausender etc. Wenn nun jemand
vom „Hundertsten ins Tausendste“ kam, so verwechselte er die Linien
und verrechnete sich in der Folge, kam also weit von der richtigen
Lösung ab.
Hunger ist der beste Koch
wenn man hungrig ist, schmeckt alles;
seit Ende des 19. Jahrhunderts belegt: Gemeint ist damit die
Tatsache, dass ein hungriger Mensch selbst Nahrungsmittel isst, die er
normalerweise nicht mag – und diese sogar als wohlschmeckend, wie
von einem sehr guten Koch zubereitet, em pfindet.
am Hungertuch nagen
hungern, darben, arm sein;
leitet sich vom in der Fastenzeit den Altar verhüllenden „Hungertuch“
ab. Schon im 11. Jahrhundert ist der Brauch nachweisbar, das Altarbild
zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag mit einem, oft mit
Passionsbildern verzierten Tuch zu verhängen und so die Zeit des
Fastens und der Buße anzuzeigen.
hungrig wie ein Bär sein
sehr hungrig sein;
aus dem Tierreich: Der Winterschlaf haltende Bär muss im Frühjahr
alles fressen, was er findet, von jungen Pflanzen bis zu Mäusen und
anderen Kleintieren, um seine Energiespeicher nach einem langen
Winter wieder aufzufüllen – er hat also immensen Hunger.
302
ein Husarenrittauch: ein Husarenstreich/Husarenstück
ein tollkühnes Unternehmen;
die Husaren waren leicht berittene Truppen im südosteuropäischen
Raum, die aufgrund ihrer rasanten Reitweise, ihrer Kunststücke zu
Pferd und ihrer Verwegenheit berüchtigt waren.
alles unter einen Hut bekommen
auch: alles unter einen Hut bringen;
alles vereinigen, alle Meinungen zu vereinigen suchen, miteinander
vereinbaren können;
Hut ist hier ein Bild für die Zusammenfassung vieler Köpfe bzw.
Meinungen.
auf der Hut sein
Unheil ahnen und daher eine sichere Lage nicht verlassen;
aus dem Mittelalter: Die so genannten „Huten“ waren Grundstellungen
beim mittelalterlichen Fechten. Diese Grundstellungen waren
einerseits Verteidigungshaltungen, boten andererseits auch
Möglichkeiten zum Angriff. Wurde eine Hut vom Angreifer gebrochen,
war der Gegner genötigt, seine Hut, seine sichere Position, zu
verlassen.
Das kannst du dir an den Hut stecken!
Das kannst du vergessen! Das ist mir egal!
Die Herkunft dieser Redewendung ist unklar. Vielleicht stammt sie
von dem Brauch, dass sich junge Männer als Zeichen dafür, dass sie
ausgemustert wurden, Papierblumen an den Hut steckten – ihnen war
der Militärdienst also egal.
303
ein alter Hutetwas Altbekanntes;
vergleicht z. B. einen Witz, den man schon oft gehört hat, mit der
wenig ansehnlichen, zerknautschten und ausgeblichenen alten
Kopfbedeckung.
etwas aus dem Hut zaubern
auch: etwas aus dem Hut ziehen
etwas plötzlich parat haben;
diese der Trickkiste des Magiers entnommene Redewendung wird
meist in negativer Form verwendet: „Ich kann das doch nicht einfach
aus dem Hut zaubern!“
vor jemandem den Hut ziehen
große Achtung vor jemandem haben;
aus dem Mittelalter: Schon im 13. Jahrhundert hatte der Lehnsmann
zum Zeichen der Ehrerbietung und Unterwerfung vor seinem Herrn
den Helm abzulegen. In der frühen Neuzeit wurde diese ursprünglich
adelige Sitte auch auf den bürgerlichen Filzhut übertragen.
Heutzutage ist es eine reine Grußformalität, die (meist) nicht mehr auf
die Rangunterschiede verweist.
über die Hutkrempe gehen
auch: über den Hutrand
das geht zu weit;
ähnlich wie „über die Hutschnur gehen“; bezeichnet etwas, das die
Geduld eines Menschen bei Weitem übersteigt.
es geht einem etwas über die Hutschnuretwas geht einem zu weit;
analog zu der Redensart „bis über beide Ohren“ bezieht sich diese
304
Wendung auf eine (gefährliche, nervenaufreibende etc.) Situation,
die einen aufgrund ihrer außergewöhnlichen Größe überragt, d. h.
überfordert.
Raum ist in der kleinsten HütteLuxus ist nicht alles; Komfort ist relativ;
aus Friedrich Schillers Gedicht „Der Jüngling am Bache“: Das Ende des
Gedichtes lautet: „... Horch, der Hain erschallt von Liedern, / Und die
Quelle rieselt klar! / Raum ist in der kleinsten Hütte / Für ein glücklich
liebend Paar.“
einen Igel in der Tasche haben
geizig sein;
unterstellt dem Geizigen, der eine Rechnung nicht bezahlen möchte,
er wolle nicht in die (Geld-)Tasche greifen, um sich nicht an etwas
darin zu verletzen.
zu viel intus haben
zu viel Alkohol getrunken haben;
aus dem Lateinischen: Intus ist das lateinische Wort für „innen,
drinnen“; es ist also in einem Menschen zu viel Alkohol.
jwdweit weg, am Ende der Welt;
aus Berlin: Diese inzwischen deutschlandweit zu hörende Abkürzung
steht für den Ausspruch „janz weit draußen“.
Jacke wie Hose
völlig egal;
belegt seit dem 17. Jahrhundert: Damals begann man, Jacke wie Hose
aus demselben Stoff zu schneidern; zwischen den Kleidungsstücken
gab es, was den Stoff betrifft, keine Unterschiede mehr.
305
seit Jahr und Tag
seit sehr langer Zeit;
aus dem Mittelalter: Die Formel bezieht sich auf die Einspruchsfristen
zur Zeit Karls des Großen, die ein Jahr, sechs Wochen und drei Tage
betrug, weil das Gericht alle sechs Wochen für drei Tage tagte. Wer also
etwas „seit Jahr und Tag“ für sich beanspruchte, der konnte „mit Fug
und Recht“ behaupten, dass es ihm gehöre.
die fünfte JahreszeitKarneval, Oktoberfest u. Ä.;
ein Zeitraum von mehreren Wochen, in dem ein Ereignis von großer
(regionaler) Bedeutung stattfindet, das den Lebensrhythmus ähnlich
stark beeinflusst, wie es der Wechsel der Jahreszeiten tut. Je nach
Region wird etwa in München das im September stattfindende
Oktoberfest, in den Hochburgen des närrischen Treibens der Karneval
als fünfte Jahreszeit bezeichnet.
zu einem weißen Jahrgang gehören
in den Jahren 1929 bis 37 geboren worden sein;
dieser umgangssprachliche Ausdruck bezeichnet die
Geburtenjahrgänge 1929–37, die zu jung waren, um in der Wehrmacht
Dienst zu leisten, aber bei Einführung der Bundeswehr zu alt, um
für diese eingezogen zu werden. Die Herkunft der Redewendung ist
nicht ganz geklärt; „weiß“ könnte sich sowohl auf die „weiß bleibende
Weste“ beziehen wie auf die Tatsache, dass diese Jahrgänge militärisch
„unbeschriebene Blätter“ blieben.
ein Jammerlappenein jammernder Mensch;
aus dem Mittelalter: Ein Jammerlappen ist ursprünglich mit einem
Taschentuch zu vergleichen, das zum Abtupfen von Tränen verwendet
306
wurde. Über die Jahre hat sich der Jammerlappen auch auf Menschen
mit einem weinerlichen Gemüt übertragen.
über den Jordan gehen
sterben, kaputtgehen oder sein;
aus der Bibel: Im Alten Testament stellte der Jordan die Grenze zu
Kanaan dar. Mit seiner Überschreitung käme das Volk Is rael endlich im
„Gelobten Land“ an. Außer Kanaan gibt es aber ein weiteres Land, das
diesen Titel verdient: das Himmelreich, in das der Gläubige mit seinem
Tod überwechselt. So wurde der Jordan zur realen Grenze zwischen
dem Land der Heiden und dem Geloben Land und zur fiktiven Grenze
zwischen dem Leben und dem Tod.
eine Josephseheeine keusche Ehe (ohne Sex);
basiert auf der Vorstellung, dass Maria und Josef, die Mutter und der
Ziehvater Jesu, in Keuschheit lebten – Marias Mutterschaft geht nach
katholischer Lehrauffassung auf eine unbefleckte Empfängnis zurück.
nicht um ein Jotanicht um ein kleines bisschen, überhaupt nicht;
der griechische Buchstabe „i“ ist bereits in der Bibel ein Symbol
für etwas unbedeutend Winziges; Luther allerdings übersetzte die
entsprechende Stelle (Matthäus 5,18) als „... bis Himmel und Erde
vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein
Tüpfelchen vom Gesetz“.
alle Jubeljahreextrem selten;
aus dem Mittelalter: Das Jubeljahr der katholischen Kirche, initiiert
schon im 13. Jahrhundert, wurde erst alle 100, später alle 50 und
307
schließlich alle 25 Jahre begangen. Die Menschen konnten dann in Rom
einen besonderen Sündenablass erlangen. Ursprünglich hießen die
Jahre nicht Jubel-, sondern Jobeljahre, nach dem hebräischen „Jobel“,
einer Art Horn oder Posaune.
ein schwerer Jungeein Krimineller, ein Verbrecher;
schon im Mittelalter wurde zwischen straf baren Handlungen
verschiedener Schwere differenziert. Ein schwerer Junge war ein
Schwerverbrecher, d. h., sein Vergehen war besonders schlimm und
verwerflich.
ein eingefleischter Junggeselleein felsenfest überzeugter Junggeselle;
aus dem Lateinischen: „Eingefleischt“ ist eine eigenwillige Übersetzung
von „incarna tus“, was so viel wie „Fleisch geworden“ bedeutet. Ein
eingefleischter Junggeselle ist also eigentlich das lebendig gewordene
Ideal bild eines unverheirateten Mannes.
ein Jungspund sein
noch unreif, ein junger Mensch sein;
Erwachsene halten junge Menschen oft für unreif. Mit einem
„Spund“ wird ursprünglich ein Zapfen zum Verschließen von Fässern
bezeichnet. Ein junger Mensch könnte demnach sinnbildlich ein noch
verschlossenes Fass sein, dessen Inhalt erst die nötige Reife erlangen
muss.
aus Jux und Dollerei
zum Spaß, aus Albernheit;
„Jux“, heute auch für einen Scherz oder Streich verwendet, stammt vom
lateini schen Wort „jocus“, das sich in der Mainzer Fasnacht noch in Form
308
der „Jocus-Garde“ erhalten hat. Der Ausdruck „Dollerei“ entstammt
derselben Wurzel wie das Wort toll, das ursprünglich „verrückt“
bedeutete.
ein Kadavergehorsamselbstloser Gehorsam bis in den Tod;
aus einer Ordensregel: Der Gründer des Jesuitenordens, Ignatius von
Loyola (1491–1556), verlangte in den Ordensregeln völligen Gehorsam,
„[...] als wäre er ein Leichnam, der sich auf jede Weise drehen und
wenden lässt [...]“, von den Mitbrüdern gegenüber den Oberen.
jemanden vor den Kadi zerren
jemanden vor Gericht bringen;
„Kadi“ ist die arabische Bezeichnung für einen Richter, der als höchster
Vertreter der Scharia, der muslimischen Rechtsordnung, anerkannt
wird. Der Begriff wird hier abwertend oder scherzhaft für einen
deutschen Richter angewendet.
kalter Kaffee sein
uralt, längst bekannt sein;
Geschichten, die zum wiederholten Male aufgewärmt werden, sind
genauso ungenießbar wie kalt gewordener Kaffee.
in einem goldenen Käfig sitzen
reich, aber nicht frei sein;
das ursprüngliche Bild ist das eines Singvogels bei reichen Leuten, der
zwar allen Luxus genießt, aber das Wichtigste im Leben eines Vogels,
die Freiheit zu fliegen, eingebüßt hat.
ein Kainsmal tragen
ein Zeichen der Schuld tragen, als Schuldiger kenntlich gemacht sein;
aus der Bibel abgeleitet: In der Genesis (4,14f.) fürchtet sich der
309
Brudermörder Kain: „So wird mir’s gehen, dass mich totschlägt, wer
mich findet. Aber der Herr sprach zu ihm: Nein, sondern wer Kain
totschlägt, das soll siebenfältig gerächt werden. Und der Herr machte
ein Zeichen an Kain, dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände.“
wo selbst der Kaiser zu Fuß hingeht
Bezeichnung für die Toilette;
verhüllende Umschreibung für die Toilette, die ebenso wie die dort zu
verrichtende Tätigkeit als unfein empfunden wird.
jemanden durch den Kakao ziehen
jemanden verspotten, nicht ernst nehmen, lächerlich machen;
der Kakao, das zuckerhaltige Kinder getränk, steht in dieser Redensart
aufgrund seiner Farbähnlichkeit anstelle eines derben Fäkalausdrucks.
„Was auch immer geschieht: Nie dürft Ihr so tief sinken, von dem
Kakao, durch den man Euch zieht, auch noch zu trinken!“ (Erich
Kästner)
in Kalamitäten kommen
in Schwierigkeiten geraten;
abgeleitet vom lateinischen Wort „calamus“ (Hahn). Zunächst
bezeichnete das Wort „calamitas“ einen Getreidemisswuchs, also
eine ungünstige Situation für den Landwirt; später wurde der Begriff
auch in anderen Situationen als Synonym für „Übel“ verwendet. Im
deutschen Sprachraum ist diese Redensart seit dem Dreißigjährigen
Krieg verbürgt. Bis heute ist „Kalamität“ zudem in der Forstwirtschaft
als Begriff für eine Schädlingsplage zu finden.
von besonderem Kaliber sein
ein besonderer Mensch sein;
aus der Militärsprache: Das Kaliber ist ein Maß für den Durchmesser
310
von Geschützrohren und Projektilen. Seit dem 18. Jahrhundert wird
der Begriff auch zur Kennzeichnung der äußeren und inneren Form
eines Menschen verwendet.
jemanden kaltmachenjemanden umbringen;
verhüllender Ausdruck, der sich auf das Kaltwerden einer Leiche
bezieht.
eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ...
es ist völlig unmöglich, dass ...;
aus der Bibel: Bei Matthäus (19,24) heißt es: „Eher geht ein Kamel
durch das Nadelöhr, als ein Reicher in das Himmelreich.“ „Nadelöhr“
war vermutlich schon in biblischer Zeit eine Redensart, die eine im
Volksmund so genannte enge Gasse in Jerusalem mit einem Tor
am Ende, also eine bestimmte Engstelle meinte. Ein Kamel kam
dort nur hindurch, wenn es nicht mit zahlreichen Gütern bepackt
war. Nach einer anderen Erklärung beruht die Wendung auf einem
Übersetzungsfehler, da sich „Seil“ und „Kamel“ im Griechischen nur
durch einen Buchstaben unterschieden.
olle Kamellendas sind doch veraltete Geschichten, das ist doch kalter Kaffee;
„Kamellen“ erinnert zunächst an die an Karneval großzügig
verteilten Süßigkeiten, hat aber mit Karamell tatsächlich nichts zu
tun. Der Ausdruck ist eine Aussprachemodifikation des Pflanzen-
namens Kamille. Diese seit Jahrhunderten geschätzte Heilpflanze
muss möglichst frisch genutzt werden. Lagert sie zu lange, gehen
die Wirkstoffe, darunter ätherische Öle und Flavone, verloren. „Olle
Kamellen“ sind somit unbrauchbare, weil zu alte Geschichten.
311
alles über einen Kamm scheren
alle(s) nach ein und demselben Schema behandeln, nicht
differenzieren;
aus dem Mittelalter: geht wohl auf die früheren Baderstuben zurück,
wo der Bader für alle Kunden denselben Kamm benutzte und man
keinen individuellen Haarschnitt erwarten konnte.
jemandem schwillt der Kammjemand ärgert sich sehr, wird sehr wütend;
aus dem Tierreich: Der genannte „Kamm“ ist der Kopfschmuck des
Hahns, der tatsächlich beim Anblick eines Rivalen „vor Wut“ stärker
durchblutet wird, sich rötet und scheinbar anschwillt.
einen Krieg bis aufs Messer führen
auch: einen Kampf bis aufs Messer führen
sich keinesfalls ergeben, mit allen Mitteln weiterkämpfen;
geht auf den spanischen General und Herzog von Saragossa, José de
Palafox y Melzi (1775–1847), zurück, der 1808 bei der Belagerung seiner
Heimatstadt durch die Franzosen die Kapitulation verweigerte.
mit offenem Visier kämpfenauch: nicht mit offenem Visier kämpfen
offen, anständig kämpfen;
aus dem Mittelalter: Die Wendung geht auf die mittelalterlichen
Turnierkämpfe zurück, bei denen die Ritter sich durch das
heruntergeklappte Visier ihres Helmes schützten und damit auch ihr
Gesicht verbargen. In der übertragenen Bedeutung seit dem Ende des
18. Jahrhunderts verwendet.
jemanden an die Kandare nehmen
jemanden kurz halten, jemanden streng maßregeln;
312
aus der Reiterei: Die Kandare ist ein besonders scharfes Pferdegebiss,
mit dem der brutale Reiter dem Pferd große Schmerzen zufügen
kann. Eigentlich ist sie für eine besonders feinfühlige Reiterei bei weit
ausgebildeten Pferden (Dressur) gedacht; zuweilen werden aber auch
besonders widerspenstige Pferde „an die Kandare“ genommen.
wie ein Kaninchen vor der Schlange stehen
paralysiert, starr vor Angst sein;
aus dem Tierreich: Die Redewendung bezieht sich auf die
Schreckstarre, die kleine Tiere vor der sich vor ihnen aufrichtenden
und hin- und herpendelnden Schlange einnehmen.
eine große Kanone sein
einer der Besten sein, z. B. eine Sports-, Stimmungskanone;
leitet sich vom schweren Geschütz her, das dem kleineren überlegen
ist; mit einer größeren Kanone lässt sich weiter schießen. Die
Redensart entstand allerdings erst im frühen 20. Jahrhundert.
unter aller Kanoneindiskutabel schlecht;
„Kanone“ hat in diesem Fall nichts mit einer Waffe zu tun, sondern
stellt eine laien hafte Übersetzung des Ausdrucks „sub omni canone“
dar. Besagter Kanon (canone) war zum einen die offizielle kirchliche
Richtschnur für korrektes Verhalten, zum anderen der Notenkanon zur
Bewertung an Schulen. In beiden Fällen bedeutete „unter dem Kanon“,
dass das Verhalten oder die erbrachte Leistung ausgesprochen, ja
beinahe unmessbar schlecht war.
Kanonenfutter sein
sinnlos geopfert werden, insbesondere von Soldaten an der Front;
aus der Soldatensprache: Der Begriff geht möglicherweise auf
313
Shakespeares „König Heinrich IV.“ zurück: Falstaff sagt über seine
Soldaten, sie seien „good enough to tosse: foode for Powder, [...]
mortall men“. Aus der Übersetzung „Futter für Pulver“ dürfte Mitte
des 19. Jahrhunderts das Wort Kanonenfutter als Bezeichnung für
Soldaten, die an der Front sinnlos und skrupellos geopfert werden,
entstanden sein.
etwas auf die hohe Kante legen
Geld sparen;
aus dem Mittelalter: Die „hohe Kante“ meint wohl ein erhöhtes
Wandbrett, einen Sims oder Schrank, vielleicht auch den Baldachin
eines herrschaftlichen Bettes, die als Ablage für Wertsachen genutzt
wurden. Nach einer anderen Erklärung bezieht sich die Wendung auf
Münzrollen; die einzelnen Geldstücke einer solchen – liegenden –
Rolle stehen „hochkant“.
ein Kantersiegein müheloser, sehr leicht errungener Sieg;
aus der Reiterei: Der englische Begriff „canter“ bezeichnet einen
kurzen, leichten Galopp – der allerdings in einem Galopprennen selten
zum Sieg führt.
ein unsicherer Kantonistein wenig vertrauenswürdiger Mensch;
aus dem 18. Jahrhundert: In den 1733 in Preußen eingerichteten
Kantonen wurden die „Kantonisten“ zwischen 18 und 20 Jahren vom
Heer eingezogen. Wer sich dem Wehrdienst in einer Weise entzog,
in der er nicht der Fahnenflucht angeklagt werden konnte, war ein
„unsicherer Kantonist“.
314
ein Kapitel für sich sein
darüber lässt sich vieles sagen;
geht von der Einteilung der Bücher der Bibel in Kapitel aus. Jedes
Kapitel ist eine abgeschlossene Einheit, die alle Aspekte der
Geschichte umfasst.
etwas auf die eigene Kappe nehmen
die Verantwortung für etwas übernehmen;
die Kappe, also die Kopfbedeckung, steht hier symbolisch für den
darunter befindlichen Kopf, den jemand für eine Sache hinzuhalten
bereit ist.
mit Karachomit hohem Tempo, sehr schnell;
entlehnt und inhaltlich abgewandelt vom spanischen Wort „carajo“,
das das männliche Glied bezeichnet.
im Karree springen
wütend sein;
wie „im Viereck/Dreieck springen“; Karree stammt vom französischen
Wort „carré“, Quadrat.
jemandem an den Karren fahren
jemanden stören, behindern, kritisieren; jemandem schaden;
vermutlich von dem schädigenden bzw. behindernden Ereignis eines
Unfalles abgeleitet, an dem zwei Fuhrwerke beteiligt sind.
jemanden vor seinen Karren spannen
jemanden für die eigene Sache benutzen;
wenn man die eigenen Pläne als „ Karre“ versteht, so braucht man
jemanden, der diese zieht – der also, ähnlich einem Pferd oder Ochsen,
davorgespannt werden kann.
315
die letzte Karte ausspielen
seine letzte Chance, die letzte Möglichkeit nutzen;
aus dem Kartenspiel: Wer nur noch eine Karte besitzt, der kann keine
List mehr anwenden – ihm bleibt nur, diese letzte Karte auszuspielen
und auf sein Glück (oder das Pech seiner Mitspieler) zu hoffen.
die Karten auf den Tisch legen
seine Absichten, geheimen Pläne u. Ä. offenlegen;
aus dem Kartenspiel: Einige Spiele fordern das offene Ablegen
der Karten, sobald man ein gewinnträchtiges Blatt hat, damit die
Mitspieler es sehen, so z. B. Doppelkopf.
die Karten neu mischen
die Umstände einer Situation verändern oder neu definieren, den
Ereignisablauf beeinflussen;
mit jeder neuen Runde eines Kartenspiels, vor der die Karten
durchgemischt werden, wird jedem Mitspieler eine neue
Ausgangssituation zugeteilt; theoretisch besitzt beim Mischen jeder
die gleichen Gewinnchancen.
mit offenen Karten spielen
vollkommen offen und ehrlich sein;
aus dem Kartenspiel: Wer mit offenen statt verdeckten Karten
spielt, der macht zwar seinen Mitspielern nichts vor – aber er dürfte
zumindest beim Kartenspiel auch nicht gewinnen.
sich nicht in die Karten schauen lassen
Geheimnisse haben, sein geplantes Vorgehen nicht offenbaren;
aus dem Kartenspiel: Wer sich nicht in die Karten schauen lässt, hält
seine Gewinnchancen geheim und kann so seine Mitspieler leicht
täuschen.
316
jemanden wie eine heiße Kartoffel fallen lassen
eine Freundschaft plötzlich, ohne Vorwarnung abbrechen;
Kartoffeln sind eines der Lebensmittel, die Hitze sehr lange speichern,
sodass man sich an ihnen leicht die Finger verbrennt. Das Bild, das
diese Redensart zeichnet, ist das eines Hungrigen, der begeistert eine
Kartoffel nimmt – und sie ebenso schnell wieder fallen lässt, da sie
noch zu heiß ist.
Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln!
kritische Anmerkung, wenn Pläne häufi gem Wechsel unterliegen;
aus dem Militär: Beim Vorrücken mit militärischen Truppen diente
„Rein in die Kartoffeln“ als Befehl, über einen Kartoffelacker (oder auch
ein anderes Feld) zu marschieren. Offenbar bekamen die Befehlenden
regelmäßig Skrupel wegen der dadurch verursachten Beschädigung
der Ernte – und gaben umgehend den Rückzugbefehl: „Raus aus
den Kartoffeln.“ Später wurde die Redensart allgemein für (störend)
unentschlossenes Handeln verwendet.
mit jemandem Karussell fahren
jemanden scharf tadeln;
aus der Soldatensprache: Im Heer musste ein Soldat, der sich eines
leichten Vergehens schuldig gemacht hatte, um den Exer zierplatz laufen
– eine Strecke, die an das Im-Kreis-Fahren des Karussells erinnert.
ein Kassandrarufeine vergebliche Warnung;
aus der griechischen Mythologie: Kassandra war die Tochter des
trojanischen Königs Priamos. Der Gott Apollo verliebt sich in sie und
verlieh ihr die Gabe der Vorsehung. Kassandra jedoch verschmähte
ihn, weshalb er sie verfluchte, sie möge nur noch Schlechtes
vorhersehen und niemand ihren Warnungen glauben. So sah sie die
317
Eroberung ihrer Heimat durch die Griechen vorher, doch niemand
glaubte ihren Warnungen vor dem Trojanischen Pferd.
ab nach KasselSchnell weg! Bloß weg hier!
Die genaue Herkunft dieser Redewendung ist nicht klar. Vielleicht
existierte sie bereits, als die Menge sich in Aachen um den
Zug scharte, in dem Napoleon III. nach seiner Gefangennahme
abtransportiert wurde. Vielleicht aber entstand sie auch erst dort – der
Zielbahnhof der Reise war nämlich Kassel.
etwas auf dem Kasten haben
klug sein;
bezieht sich auf den „Hirnkasten“, in dem der Intellekt gelagert wird.
einen Kater haben
einen schweren Kopf nach übermäßigem Alkoholgenuss haben;
nicht die männliche Katze, lediglich die undeutliche Aussprache war für
die missverständliche Aussage „Herrje, habe ich einen Kater“ ursächlich.
Sie entstand aus dem Wort Katarrh (von griechisch „ka tarrhein“,
herunterfließen), das eine Entzün dung der Schleimhäute bezeichnet.
Diese Erkrankung ist sehr unangenehm – ähnlich den Folgen einer
durchzechten Nacht.
die schnelle Katharina haben
Durchfall haben;
scherzhafte Ableitung vom griechischen Wort „katharma“ (Reinigung).
jemandem Kattun geben
jemanden verprügeln; den Feind unter starken Beschuss nehmen;
aus der Soldatensprache: Wie der Baumwollstoff Kattun zum Synonym
für Prügel wurde, lässt sich leider nicht nachvollziehen.
318
etwas ist für die Katzvergeblich, nutzlos, zwecklos sein;
bedeutet eigentlich, dass etwas wertlos, so schlecht ist wie Fischreste,
Wurstpellen, Käserinden oder andere Essensreste, die man früher der
Katze zum Fressen vorwarf.
mit jemandem Katz und Maus spielen
jemanden im Unklaren lassen;
beruht auf der tatsächlichen Beobachtung von Katzen. Bevor eine
Katze eine gefangene Maus frisst, spielt sie zumeist noch eine Weile
mit ihr, lässt sie scheinbar entkommen, um sie im nächsten Augenblick
doch aufzufressen. Die Redensart lässt sich zuerst in Frankreich
belegen, im 13. Jahrhundert auch im Deutschen.
vor jemandem katzbuckelnschmeicheln, schöntun, unterwürfig sein;
der bei einer sich streckenden oder einer erschreckten Katze zu
sehende Buckel wurde auf die unterwürfige Haltung der Lakaien
übertragen, die mit gesenktem Kopf und gerundetem Rücken vor
ihren Herren „katzubuckelten“.
der Katze die Schelle umhängen
eine (heikle) Sache offen ansprechen;
aus der Literatur: bedeutete ursprünglich „ein gefährliches
Unternehmen nicht durch führen wollen“; geht zurück auf die Fabel
von den Mäusen, die der Katze eine Schelle umhängen wollen, damit
sie vor ihrem Auftauchen gewarnt werden. Als es aber daran geht, das
Vorhaben auszuführen, findet sich keine Maus, die dazu bereit wäre.
die Katze im Sack kaufen
etwas ohne vorherige Prüfung erwerben;
319
aus dem Mittelalter: Die Redewendung geht auf eine Betrugspraxis
auf mittelalterlichen Märkten zurück. Dort wurden Tiere für den
Transport in Säcke „verpackt“ – und an einen gutgläubigen Kunden
auch bereits im Sack verkauft. Der stellte erst zu Hause fest, dass ihm
statt des Hasen oder Huhns lediglich eine Katze übergeben worden
war.
wie die Katze um den heißen Brei schleichen
sich nicht entscheiden können, sich nicht klar äußern;
aus dem Tierreich: Katzen sind für ihre elegante, lautlose Fortbewegung
bekannt. Wer sich nicht entscheiden kann, der schleicht also wie eine
Katze um etwas herum, das sie gern fressen würde, aber wegen der zu
großen Hitze nicht kann.
nur Katzengold sein
nur scheinbar wertvoll oder bedeutungsvoll sein;
„Katzengold“ ist der volkstümliche Ausdruck für das Mineral Pyrit,
auch Schwefel kies genannt. Es hat einen leichten Goldglanz und kann
daher auf den ersten Blick mit dem Edelmetall verwechselt werden.
Allerdings besitzt es eine Kristallstruktur, die nicht formbar ist und es
damit für die Weiterverarbeitung vollkommen wertlos macht. „Katze“
bezieht sich hier nicht auf das Tier, sondern kommt vom Wort „Ketzer“.
Pyrit ist also das Gold der Irrgläubigen. Rechtgläubige Christen
erkennen und schätzen nur das echte Gold.
ein Katzensprungnicht weit, nur eine kurze Strecke;
die Redewendung griff vermutlich willkürlich aus den kleineren
Tierarten die Katze heraus, da sich unter ihrer Sprungweite jeder etwas
vorstellen kann.
320
am Katzentisch sitzen
an einem separaten Platz sitzen, der nicht zur eigentlichen
Tischordnung gehört; einen separaten, wenig vorteilhaften Platz in
einer Gemeinschaft innehaben;
ein Katzentisch ist ein kleiner Tisch, an dem Haustiere, meist Katzen,
gefüttert werden. Solche Tische sind bereits in der Antike bezeugt und
haben sich in den oberen Gesellschaftsschichten bis heute erhalten.
eine Katzenwäsche machen
sich nur oberflächlich waschen;
aus dem Tierreich: Katzen sind als ausgesprochen wasserscheu
bekannt und können daher nicht gewaschen werden.
ein komischer Kauzauch: ein komischer Vogel
ein Außenseiter, ein harmloser Sonderling;
aus der Tierwelt: Der Name dieses lichtscheuen und bei Tage
unsicheren Vogels wurde im 16. Jahrhundert zum Sinnbild für den
menschenscheuen Sonderling und diente gleichzeitig der treffenden
Kennzeichnung seines ungewöhnlichen Verhaltens.
ein Kaventsmannein sehr großes Exemplar; ein Prachtstück;
aus dem Lateinischen: „cavere“ bedeutet so viel wie Gewähr für
jemanden zu leisten. „Kavenz“ leitet sich von der Partizipform
des Wortes ab. Ein Kaventsmann ist also nichts anderes als ein
Gewährsmann. Gewähr leisten können aber nur sehr einflussreiche,
wohlbegüterte Personen. Gerade in früheren Zeiten war es ein
Statussymbol für Reichtum, von eher stämmiger Gestalt zu sein.
321
die Kehle ölen
auch: die Kehle anfeuchten
(Alkohol) trinken;
wenn man etwas trinkt, muss es unweigerlich die Kehle passieren.
Daher kommt die scherzhafte Wendung vom Ölen der Kehle, die im
späten Mittelalter als Sitz der Trinklust galt.
etwas im Keim ersticken
etwas im Entstehen, im Ansatz unterdrücken;
der „Keim“ als Ausdruck sowohl für den Embryo als auch den
Samenkern, der zu einer Pflanze heranwachsen kann, steht hier für die
früheste Entwicklungsstufe eines Prozesses oder einer Sache.
einen weichen Keks haben
nicht ganz bei Verstand sein;
die harten, süßen Gebäckstücke stehen in verschiedenen
Redewendungen für das menschliche Gehirn bzw. den Verstand
(„etwas geht einem auf den Keks“). Wenn dieser Keks mürbe, also
weich ist, wird er rasch ungenießbar.
der Kelch ist an jemandem vorbeigegangen
auch: der Kelch ist an jemandem vorübergegangen
jemandem blieb etwas Unangenehmes gerade noch erspart;
aus der Bibel: Im biblischen Text geht der Kelch, der Unglück und Tod
bedeutet, nicht an Jesus vorbei. Im Garten Gethsemane bittet er den
Herrn: „Mein Vater, ist’s möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber;
doch nicht wie ich will, sondern wie du willst.“ (Matthäus 26,39) Später
wurde die Redewendung in ihrer angenehmeren Variante verwendet,
nämlich dann, wenn eine Gefahr oder Unannehmlichkeit tatsächlich
vermieden werden konnte.
322
in die gleiche Kerbe schlagen
dieselbe Meinung wie jemand anderes vertreten;
aus dem Holzgewerbe: Wenn jemand mit seiner Axt in die gleiche
Kerbe schlägt wie der erste Holzfäller, so stimmt er mit der Wahl des
Baumes und der Art der Fällung überein und will diese beschleunigen.
etwas auf dem Kerbholz haben
etwas Unrechtes begangen haben;
aus dem Mittelalter: Das so genannte Kerbholz war das über
Jahrhunderte vorherrschende System der Buchführung für
Warenlieferungen, Schulden, Abgaben, etc. Es handelte sich dabei um
zwei kurze, gleichförmige Holzstäbe, die man neben einanderlegte
und mit einem Schnitt gleichzeitig einkerbte. Anschließend blieb
eines der Hölzer beim Schuldner, das andere beim Gläubiger;
am Zahltag wurden die Hölzer verglichen und abgerechnet –
stimmten sie nicht überein, hatte einer der beiden betrogen. Auch
in Wirtshäusern erhielten die Gäste Kerbhölzer, auf denen ihre
Zeche verzeichnet wurde, allerdings ohne Gegenstück für den
Wirt. Diese Abrechnungspraxis hat sich in abgewandelter Form bis
heute erhalten, wenn die konsumierten Getränke durch Striche auf
Bierdeckeln vermerkt werden.
ein Kerl wie ein Baum
ein großer, starker Mann;
Kerl wird gern in volkstümlichen Verbindungen und Vergleichen
gebraucht, so gibt es auch den „Pfundskerl“ und den „Saukerl“, beides
anerkennend gemeinte Ausdrücke.
des Pudels Kernder wahre Ursprung, der eigentliche Hinter grund oder Inhalt einer
Sache oder eines Ereignisses;
323
in Goethes Drama „Faust“ verwandelt sich Mephisto, der Teufel, in
einen Pudel, um Faust zu täuschen. Bei seiner Rückverwandlung
erkennt der Gelehrte „des Pudels Kern“. Der Pudel wurde vermutlich
deshalb gewählt, da er aufgrund seiner geringen Größe und des
lockigen, oft getrimmten Fells harmlos und freundlich aussieht.
jemand hat einen weichen Kern in einer rauen/harten Schale
grob, gefühllos wirken, aber tatsächlich sehr sensibel und feinfühlig
sein;
die Redewendung erweckt das Bild einer Nuss, die in einer nur schwer
zu beschädigenden Schale einen wohlschmeckenden und feinen Kern
verbirgt.
wie eine Kerze sein, die an beiden Enden brennt
seine Kräfte verausgaben;
Setzt das Bild einer doppelt so rasch, da von beiden Seiten
abbrennenden Kerze mit einem Menschen gleich, der durch
ungeordnetes Vorgehen seine Kräfte viel zu rasch verbraucht.
jemanden an die Kette legen
jemanden unterwerfen, seine Bewegungsfreiheit einschränken;
bezieht sich nicht wie „jemanden an die Leine legen“ auf das
Festhalten eines Hundes, sondern auf das Anketten eines Verbrechers.
mit den Ketten rasseln
jemandem Angst machen, drohen;
diese Redewendung kann (wie „mit dem Säbel rasseln“) auf das an
manchen Säbeln und Schwertern befindliche „Gehänge“ aus kleinen
Ketten zurückzuführen sein. Eher unwahrscheinlich ist der Bezug zum
Volksglauben an Gespenster in alten Burgen, die mit Ketten rasseln,
um den Besuchern einen Schrecken einzujagen.
324
jemanden auf dem Kieker haben
jemanden ganz genau beobachten;
aus der Seemannssprache: Der „Kieker“ ist ein Fernrohr auf Schiffen,
vom plattdeutschen Wort „kieken“ (gucken). Seeleute stammten
früher meist aus Norddeutschland, sodass Platt die übliche Sprache
auf deutschen Schiffen war.
etwas auf Kiel legen
etwas (zu tun) anfangen;
aus dem Schiffsbau: Bei der Kiellegung im Trockendock werden die
Maße des geplanten Schiffes durch das Auslegen der Rahmenteile des
unteren Schiffskörpers sichtbar. Dies ist der erste Arbeitsgang beim
Bau eines Schiffes. Im übertragenen Sinne bezeichnet „Kiellegung“
bzw. „etwas auf Kiel legen“, mit den ersten Schritten eines neuen
Projektes zu beginnen.
in jemandes Kielwasser fahren
jemandem folgen;
aus der Seefahrt: Das Kielwasser ist die durch die Vorwärtsbewegung
des Schiffskörpers im Wasser erzeugte Bugwelle. Bewegt man sich im
Kielwasser eines Schiffes, so folgt man diesem dichtauf.
... wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist
wenn es zu spät ist;
meint die zu späte Vorsorge (das Abdecken des Brunnens), die erst
dann getroffen wird, wenn das Unglück schon passiert ist.
das Kind mit dem Bade ausschütten
übertreiben, zu viel tun, über das Ziel hinausschießen;
wer gebeten wird, den Waschbottich zu leeren und zu säubern, der
sollte zunächst nachsehen, ob sich nicht noch jemand darin befindet.
325
Tut er dies im Übereifer nicht, so wird er vielleicht „das Kind mit dem
Bade ausschütten“.
das Kind schon schaukeln
etwas hinkriegen, etwas zum Gelingen bringen;
aus dem 20. Jahrhundert: Diese genuin Berliner Wendung ist als
Aufforderung an eine Mutter gemeint, ihr Baby auch dem Vater oder
dem Babysitter zu überlassen, die „das Kind schon richtig schaukeln“
werden.
mit Kind und Kegel
mit allem, was dazu gehört, mit der gesamten Familie;
aus dem Mittelalter: Im Mittelhochdeutschen bezeichnet das Wort
„Kegel“ Kinder, die außerhalb einer ehelichen Verbindung gezeugt
wurden. Wenn jemand also bspw. „mit Kind und Kegel“ flieht, so
nimmt er nicht nur seine anerkannten Kinder mit, sondern auch die
seiner Affären.
sich bei jemandem lieb Kind machen
sich bei jemandem einschmeicheln;
diese Redewendung bezeichnet ein so unterwürfiges,
einschmeichelndes Verhalten, wie es Kinder verwenden, um bei den
Eltern etwas zu erreichen.
zu etwas kommen wie die Jungfrau zum Kindvollkommen überraschend zu etwas kommen;
aus der Bibel abgeleitet: Die meist spöttisch oder scherzhaft
verwendete Redens art bezieht sich auf die unbefleckte Empfängnis
der Maria, wie sie in Matt häus 1,18–23 beschrieben wird.
seine gute Kinderstube vergessen
schlechte Manieren an den Tag legen;
326
aus dem 19. Jahrhundert: Damals wurde verlangt, dass sich Kinder
selbst in ihrem eigenen Zimmer – der „Kinderstube“ – anständig, ruhig
und gehorsam benehmen.
jemandem klappt die Kinnlade herunter
jemand ist sehr erstaunt;
bezieht sich darauf, dass jemand, der sehr über etwas staunt, oft
vergisst, den Mund wieder zu schließen.
die Kirche im Dorf lassen
an den überkommenen Bräuchen nichts ändern, sich an das
Gegebene halten;
weist auf die Ordnungsfunktion der Kirche hin. So wie die Kirche
im Leben der Menschen und das Kirchengebäude in gewachsenen
Dörfern einen zentralen Platz einnahm, so sollte man auch mit seinen
Ansichten und Forderungen einen gewissen Rahmen nicht verlassen.
die Kirche ums Dorf tragen
auch: ums Dorf in die Kirche gehen, mit der Kirche ums Dorf fahren
unnötig kompliziert handeln, etwas sehr umständlich tun;
Mit der „Kirche“ ist in dieser Redewendung nicht das Gebäude
gemeint, sondern die gesamte Kirchengemeinde eines Ortes. Bei
ihren traditionellen Prozessionen, wie beispielsweise an Fronleichnam,
beschreitet die versammelte Gemeinde einen langen Weg im oder um
das Dorf, um danach wieder zum Kirchengebäude zurückzukehren.
Aus diesen unnötigen Umwegen entwickelte sich die redensartliche
Bedeutung.
jemanden kirre machen
jemanden verrückt machen; jemanden verwirren;
aus der Jägersprache: Die Kirrung ist eine Futterstelle für Wild, an der
327
dieses an den Menschen gewöhnt wird; ursprünglich bedeutete „kirre
machen“ also zähmen. Die Entwicklung der heutigen Bedeutung, die
genau das Gegenteil meint, ist allerdings nicht nachzuvollziehen.
mit jemandem ist nicht gut Kirschen essen
jemand ist ein unverträglicher, hochmütiger Mensch, mit dem schwer
auszukommen ist;
ursprünglich lautete die Redensart: „Mit hohen Herren ist nicht
gut Kirschen essen, sie spucken/werfen einem die Steine/Stiele ins
Gesicht.“ Der Anbau von Kirschen war damals noch auf Klostergärten
und vornehme Häuser beschränkt, und deren „höhere Herren“
verhielten sich dem niederen Volke gegenüber oft sehr hochmütig.
Klarschiff machen
saubermachen, putzen;
aus der Seefahrt: Diese in den Alltag übernommene Redewendung
entspricht wortgenau dem auf Schiffen üblichen Ausdruck für das
Putzen auf und unter Deck, meist vor Einlaufen in einen Hafen.
Klartext mit jemandem reden
deutlich und eindeutig etwas aussprechen;
aus dem 20. Jahrhundert: Mit Einführung der Fernkommunikation wurden
auch Methoden entwickelt, diese abzuhören, um im Krieg die Pläne des
Feindes zu kennen. Zur Vorbeugung wurden Codes und Geheimsprachen
entwickelt. Wer keine davon verwendet, der redet „Klartext“.
klebrige Finger haben
stehlen;
beschreibt einen, der gerne etwas mitgehen lässt, als praktisch
unschuldig an seinem Hang zum Stehlen: Die Dinge bleiben ja einfach
an seinen Fingern kleben.
328
nicht kleckern, sondern klotzen
etwas mit großem Engagement bzw. Aufwand betreiben;
„kleckern“ bezeichnet nicht nur beim Essen den Vorgang des „Kleine-
Flecken-Machens“, wohingegen „klotzen“ auf den Klotz, ein großes,
unförmiges und schweres Werkstück, zurückgeht.
klein beigeben müssen
nachgeben müssen;
aus dem Kartenspiel: Wer schlechte Karten hat, der kann nicht
„auftrumpfen“, sondern muss seine kleinen, also im Wert niedrigen
Karten beigeben.
aus etwas Kleinholz machen
auch: aus jemandem Kleinholz machen
etwas zertrümmern; jemanden schlagen/verprügeln;
vom Holzhacken: Wenn man sich für seinen Kachelofen nur Meterholz,
also einen Meter langes Spaltholz liefern lässt, dann muss man daraus
selbst das in den Ofen passende Kleinholz herstellen.
in der Klemme stecken/sitzen
in einer Notlage sein;
unklar: Möglich ist ein Bezug auf einen bestimmten Fallentyp der
Vogelfänger; auch eine Herleitung aus derselben Quelle wie das Wort
„Klamm“ für eine enge, ausweglose Gebirgsschlucht ist möglich.
wie eine Klette an jemandem hängen
sehr anhänglich sein;
aus der Botanik: Die Korbblütlerpflanzen zeichnen sich durch
ihre mit dornigen Blättern umhüllten Blüten aus, die sich im Fell
vorbeilaufender Tiere einhaken und so die Verbreitung der Samen
sichern. Die Blätter selbst verbleiben oft lange Zeit im Fell und sind
329
ebenso schwer zu entfernen wie eine Person, die an einer anderen
„wie eine Klette“ hängt.
jemanden über die Klinge springen lassen
jemanden töten;
beschreibt das Töten eines Menschen durch Abschlagen des
Kopfes. Während der Körper sich nicht bewegt, fällt – „springt“ – der
abgetrennte Kopf über die Schwertklinge.
mit jemandem die Klingen kreuzen
mit jemandem streiten;
beim Duell mit dem Degen war es früher üblich, zum Zeichen des
gegenseitigen Respekts vor dem ersten Hieb die Klingen zu kreuzen.
sich die Klinke in die Hand geben
einer von vielen Menschen sein, die einen bestimmten Ort besuchen;
beschreibt einen unablässigen Besucherstrom, bei dem, sobald der
eine die Türklinke der Eingangstür loslässt, der nächste nach ihr greift.
klipp und klar
ganz eindeutig, unzweifelhaft;
seit Ende des 19. Jahrhunderts belegt: eines der vielen Beispiele der
Vorliebe des Volksmunds für den Stabreim; „klipp“ ist ebenso wie
„klapp“ die lautmalerische Wiedergabe des Aneinanderklatschens
zweier Handinnenflächen; „klipp und klar“ kommt aus dem Viehhandel
und bezeichnete den Handelsabschluss mit Handschlag.
ein ungehobelter Klotzein roher, grober, schlecht erzogener Mensch;
aus dem Handwerk: wohl eine Gleichsetzung des Handwerkers
mit seinem Material. In der Zeit des Zunftwesens war es Brauch,
Anwärter bei der Aufnahme in Zünfte einer besonderen Zeremonie zu
330
unterziehen – der ungehobelte Klotz war folglich der Anwärter auf die
Aufnahme in die Tischlerzunft.
sich einen Klotz ans Bein binden
sich selbst eine lästige Pflicht aufbürden;
in verschiedenen Redewendungen steht der „Klotz am Bein“ für eine
große Last, die einem das Leben schwer macht und das Fortkommen
hemmt.
etwas ist klar wie Kloßbrüheetwas ist eindeutig, leicht verständlich;
diese Redensart wurde zunächst ironisch verwendet, da Kloßbrühe
aufgrund ihrer Einlage eben nicht „klar“ ist, und erhielt erst später
ihren bestätigenden Charakter.
einen Knall haben
verrückt sein;
aus dem Mittelalter: Knall bezieht sich hier wohl auf das Geräusch,
das bei einem kurzen, kräftigen Schlag auf den Kopf entsteht, und
verweist auf den dadurch bewirkten Gehirnschaden – davon leitet
sich auch das Schimpfwort Knallkopf für einen dummen, verrückten
Menschen ab.
Knall auf Fall
plötzlich und unerwartet;
bedeutungsgleich mit „Schlag auf Schlag“; die Wendung hieß
ursprünglich „Knall und Fall“ und bezieht sich auf die Jagd, wo auf das
Knallen (des Gewehrs) umgehend das Fallen (des Wildes) folgt.
etwas über das Knie brechen
etwas übereilt, gewaltsam erledigen;
bezieht sich auf das Zerbrechen kleinerer Äste mithilfe des Knies (bzw.
331
Oberschenkels) statt mit der Säge und schafft auch die Assoziation
eines schmerzhaften Ausgangs, wenn ein Ast doch stabiler ist als
ursprünglich geglaubt.
jemanden in die Knie zwingen
jemanden zum Aufgeben zwingen;
bezieht sich entweder darauf, dass jemand so lange angegriffen wird,
bis er vor Schwä che zusammensackt, oder auf das um Gnade Flehen,
das üblicherweise auf Knien stattfindet.
weiche Knie haben
Angst vor etwas haben;
nimmt Bezug auf das Gefühl der Hilflosig keit oder beginnenden
Ohnmacht, das bei starker Angst Schwindelgefühle hervorruft.
ein Knöllchen bekommen
einen Strafzettel bekommen;
aus dem Kölner Raum: Im Rheinland werden nicht nur Niederschriften
eines Tatbestandes Protokolle genannt, sondern auch die
Strafverfügung selbst. So heißen auch Strafzettel „Protokolle“. Die
Verniedlichung des Begriffs und Lautverschiebun gen machten aus
dem „Protoköllchen“ das „Knöllchen“.
den Gordischen Knoten durchhauen
eine Schwierigkeit oder ein Hindernis durch eine energische Handlung
beseitigen, ein Problem „auf einen Schlag“ lösen;
aus der griechischen Mythologie: Der Gordische Knoten war der
Legende nach ein besonders kunstvoll verschlungener und für
unentwirrbar gehaltener Knoten im Jupitertempel der Stadt Gordion.
Wer ihn lösen könnte, der würde einer Weissagung zufolge Herrscher
über Asien werden. Alexander der Große soll den Knoten 333 v. Chr.
332
mit einem Schwert zerhauen und daraufhin seinen Siegeszug über
Asien angetreten haben.
sich einen Knoten ins Taschentuch machen
sich etwas ins Gedächtnis schreiben;
die Beschreibung der Praxis, sich durch einen Knoten dort, wo er nicht
hingehört, an etwas zu erinnern, wird heute auch als Ausdruck für
andere mnemotechnische Methoden verwendet.
jemandem Knüppel zwischen die Beine werfen
jemanden behindern;
wirft man jemandem, der bereits läuft, um einen Plan zu realisieren,
einen Stock (Knüppel) zwischen die Beine, so stürzt er. Dieses Bild wird
auch im Französischen verwendet.
wie ein Knüppel am Bein
stark hemmend, hinderlich;
der „Knüppel“ ersetzt in dieser Redensart den „Klotz“, der schwer am
Bein hängt und das Vorwärtskommen behindert.
knüppeldickauch: knüppelhart
sehr dick/hart (im übertragenen Sinne);
der Zusatz „knüppel-“ wirkt verstärkend, um die besondere Größe
etwa einer Lüge oder die Schwierigkeit einer Lage zu verdeutlichen.
etwas macht den Kohl auch nicht fett
das nutzt jetzt auch nicht mehr viel; etwas ändert jetzt auch nichts
mehr;
der Kohl, eines der einheimischen Gemüse, die früher den
Bauern während des Winters ernährten, ist wie andere Gemüse
ausgesprochen fettarm. So meint die Rede wendung vermutlich
333
eher „davon wird der Kohl auch nicht größer“. Unter Umständen ist
aber auch die Tatsache bezeichnet, dass die schwer arbeitenden
Bauern in der kalten Jahreszeit einen erhöhten Fettbedarf aus der
Nahrung hatten – und diesen durch die üblichen Gerichte wie Kohl
oder Kartoffeln nicht decken konnten. Ein „fetter“, also z. B. mit Butter
gedünsteter Kohl wäre also wünschenswert gewesen.
Kohldampf schieben
großen Hunger haben;
aus der Gaunersprache: Der „Kohldampf“ ist eine Zusammenziehung
aus den zwei rotwelschen Wörtern koller und dampf, die beide
dasselbe, nämlich „Hunger“, bedeuten. Dass er doppelt genannt wird,
weist darauf hin, dass der Hunger sehr groß ist. „Schieben“ entstammt
ebenfalls dem Rotwelschen und hat wenig mit dem Bewegen eines
Gegenstandes zu tun. Scheffen bedeutet so viel wie „machen“ bzw. in
diesem Zusammenhang schlicht „haben“.
(wie) auf glühenden Kohlen sitzen
auch: (wie) auf heißen Kohlen sitzen
etwas kaum aushalten, erwarten können; sehr unruhig, nervös sein;
seit dem 17. Jahrhundert belegt: Vermutlich geht diese Redewendung,
die eine nicht sehr angenehme Situation beschreibt, auf eine
mittelalterliche Folterpraxis zurück, bei der der Beschuldigte sich auf
heiße Kohlen setzen oder stellen musste.
jemandem die Kohlen aus dem Feuer holen
eine gefährliche Aufgabe für jemanden ausführen;
analog zu der Redensart „für jemanden die Kastanien aus dem Feuer
holen“ bezieht sich diese Wendung auf das Bild „sich die Finger für
jemanden verbrennen“.
334
Das ist doch Kokolores!
Das ist doch Unsinn!
Seit dem 17. Jahrhundert belegt: Der Ausdruck „Kokolores“ hat
mehrere mögliche Quellen. Zum einen kann er eine sprachliche
Weiterentwicklung aus den mittelhochdeutschen Wörtern gugl
(Gaukler), gogel (lustig, verspielt, ausgelassen) und gouc (Narr)
sein und damit einfach jede mögliche Variante von Unsinn und
Albernheit bezeichnen. Eine andere Herkunftserklärung bezieht sich
auf das englische Wort „cockalorum“ für arrogantes Getue. Dieses
Wort entstand aus dem Anfügen einer lateinischen Endung an das
englische Wort für „Gockel“, cock. Die pseudolateinische Form sollte
den Eindruck großer Bildung des Sprechers erwecken.
einen Koller haben
auch: einen Koller kriegen
Angst haben; einen Panikanfall bekommen;
aus der Tiermedizin: Der Dummkoller (auch Gehirnwassersucht) ist
eine Gehirn erkrankung, die bei Pferden auftreten kann. Hierbei kann
die Flüssigkeit im Hohlraumsystem des Gehirns nicht mehr ablaufen
und führt zu immer länger andauernder Regungslosigkeit des Pferdes.
Panikattacken gehören allerdings nicht zu den Symptomen, insofern
ist es fraglich, ob die se Redensart wirklich auf die Tierkrankheit
zurückzuführen ist.
das Ei des Kolumbuseine verblüffend einfache Lösung eines schwierigen Problems;
beruht auf einer älteren, erst im 16. Jahrhundert auf Kolumbus
übertragene Anekdote. Bei einem Festbankett zu Ehren des
Entdeckers wurde ihm vorgehalten, die „Neue Welt“ hätte auch jeder
andere finden können. Daraufhin nahm Kolumbus ein Ei und bat die
335
Anwesenden, es auf die Spitze zu stellen. Als die Aufgabe allgemein
für unlösbar erklärt wurde, nahm Kolumbus das Ei, schlug es mit der
Spitze auf den Tisch, sodass es stehen blieb, und erklärte, das sei der
Unterschied: Jeder hätte es tun können, aber nur er habe es getan.
den Kopf in den Sand stecken
auch: eine Vogel-Strauß-Politik betreiben; eine Vogel-Strauß-Strategie
anwenden
aus der Tierwelt: Dem Strauß wird nachgesagt, dass er bei Gefahr
seinen Kopf in den Sand steckt, um seinen Feind nicht zu sehen; dies
ist jedoch ein Irrtum. Die Tiere schlafen sogar im Stehen und mit
aufrechten Hälsen, nur für kurzzeitige Tiefschlafphasen werden Hals
und Kopf auf das Rückengefieder oder auf den Boden gebettet.
den Kopf voll haben
an viel denken müssen, sich große Sorgen machen;
hinter dieser bildlichen Redewendung steht der Vergleich des Kopfes
mit einem Gefäß, das randvoll mit Gedanken oder Sorgen ist.
der Erfolg ist jemandem zu Kopf gestiegen
jemand ist aufgrund seines Erfolges überheblich/übermütig
geworden;
Alkohol steigt redensartlich in den Kopf, d. h., sein Genuss schränkt
das Denkvermögen ein. Manche Menschen sind aber auch von ihrem
Erfolg „wie trunken“ und benehmen sich dann im übertragenen Sinne
ähnlich unvernünftig wie Betrunkene.
die Hände über dem Kopf zusammenschlagen
entsetzt sein;
verweist auf die heute unübliche Gebärde, zum Zeichen der Trauer
oder des Entsetzens die Hände zum Himmel zu erheben und damit
336
von Gott Gnade zu erflehen. Außerdem schützte man durch die Geste
den Kopf vor dem von oben herabkommenden Unheil. Die Gebärde
findet sich auf zahlreichen Gemälden, so auf Dürers „Apokalypse“ und
Hans Memlings „Das Jüngste Gericht“.
einen eigenen Kopf haben
eigenwillig, trotzig sein;
„Kopf“ steht häufig für den Inhalt desselben, in diesem Fall also für die
Gedanken und den Willen einer Person, die eigene Wege geht.
jemandem den Kopf waschen
jemanden zurechtweisen, scharf tadeln;
diese auch im Französischen („laver la tête ...“) zu findende
Redewendung ist bereits seit dem 17. Jahrhundert literarisch belegt,
wobei die ursprüngliche Form nicht das Waschen mit Seife, sondern
mit scharfer (ätzender) Lauge bezeichnet. Das Bild beruht auf der
Annahme, eine äußerliche Reinigung bewirke auch eine „Reinigung“
der Gedanken und des Verstandes.
jemandem steht nicht der Kopf nach etwas
jemand hat zu etwas keine Lust, möchte etwas nicht;
„Kopf“ wird hier synonym zu den Gedanken einer Person verwendet,
die sich nicht mit einem bestimmten Thema befassen will.
Kopf und Kragen riskieren
sehr viel/sein Leben riskieren;
„Kragen“ steht hier für Hals; aufgrund der Vorliebe des Volksmundes
für Stabreime bürgerte sich aber die Wendung „Kopf und Kragen“ ein
für die Sicherheit und Gesundheit einer Person (ähnlich: „Es geht um
Kopf und Kragen!“).
337
mit dem Kopf durch die Wand gehen/wollen
auch: mit dem Kopf gegen die Wand laufen/rennen
etwas trotz aller Widerstände durchsetzen oder zu Ende führen wollen,
sehr stur sein;
beschreibt einen „Dickschädel“, dessen Wille so fest ist, dass der Kopf
sogar eine Wand einreißen könnte.
nicht wissen, wo einem der Kopf steht
mit Arbeit oder Sorgen überlastet sein;
beschreibt das Gefühl, aufgrund zu großen Stresses „neben sich“
zu stehen, also unkonzentriert und fehlerhaft zu arbeiten oder
unüberlegter als üblich vorzugehen.
sein Geld auf den Kopf hauen
sein Geld verschwenden, restlos ausgeben;
aus dem Spätmittelalter: Diese Redewendung wird auf die Problematik
der von Region zu Region verschiedenen Münzprägungen
zurückgeführt. Da Händler die Münzen einer fremden Gegend nicht
auf Anhieb erkannten, ließen sie sich die Münze mit dem Nennwert,
der Zahl, nach oben vorlegen. Das Herrscherbildnis auf der anderen
Münzseite lag zum Tisch gewendet, wurde also beim Geldausgeben
„auf den Kopf gehauen“.
sich den Kopf zerbrechen
angestrengt über etwas nachdenken;
stellt bildhaft eine dermaßen intensive Nutzung des Kopfes (hier
synonym für Gehirn) dar, dass dieser darüber so abgenutzt wird, dass
er letztendlich zerbricht.
sich etwas aus dem Kopf schlagen
eine Idee, einen Plan fallen lassen;
338
bezieht sich auf die Geste des leichten Schlagens gegen den eigenen
Kopf, die das Herausstoßen einer unliebsamen oder nicht mehr
brauchbaren Idee symbolisiert.
sich um Kopf und Kragen reden
sich durch unüberlegtes Reden schaden;
aus dem Mittelalter: Der „Kragen“ steht für den darin befindlichen
Hals; wer sich um diesen samt des Kopfes redet, der riskierte eine
Enthauptung durch das Schwert.
ein helles Köpfchenauch: ein heller Kopf
ein kluger Mensch;
das Licht ist von jeher Sinnbild für Intelli genz und Schläue, der Kopf
wird als Pars pro Toto für den ganzen Menschen gebraucht.
es rollen Köpfees werden Leute wegen ihrer Fehler/Vergehen entlassen;
die Redewendung spielt auf die mittelalterliche Hinrichtungspraxis des
Köpfens an.
eine Kopfnussein Rätsel;
vergleicht ein schwieriges Rätsel oder eine zu lösende Aufgabe mit
einer hartschaligen Nuss, die der Kopf zu knacken hat; daher auch die
Wendung „ein Rätsel knacken“.
einen Korb bekommen
abgewiesen werden, mit einem Antrag keinen Erfolg haben;
aus dem Mittelalter: Ein übliches Ritual der Brautwerbung war das
Anrufen der betreffenden Dame vom Fuße des Wehrturmes aus, in
dem sich ihre Kammer befand. Meist ließ die Angebetete einen großen
339
Korb an einem Seil herab, in den sich der Freier setzte, um von ihr (bzw.
eher ihren Dienern) nach oben gezogen zu werden. War der Freier
jedoch unliebsam, so erhielt auch er einen Korb – jedoch mit einem so
präparierten Boden, dass sich dieser während des Hochziehens löste
und der Ritter zu Boden stürzte. Eine andere Variante der Abweisung
bestand darin, den Korb mit dem Freier auf halber Höhe „ hängen zu
lassen“.
ein Korinthenkackerein extrem kleinlicher Mensch;
die Korinthe als Variante der Rosine steht für etwas Kleines, recht
Wertloses, das üblicherweise in großen Mengen vorhanden ist, sodass
nicht jedes einzelne Stück gezählt wird – außer von einem extremen
Pedanten.
jemanden aufs Korn nehmen
auch: etwas aufs Korn nehmen
jemanden/etwas aufmerksam beobachten oder mit Spott bedenken;
aus der Jägersprache: Auf dem Gewehrlauf sind Kimme (Visier) und
Korn befestigt. Wenn der Jäger zielt und feststellt, dass Kimme und
Korn genau eine auf das Ziel ausgerichtete Linie bilden, so hat er
etwas aufs Korn genommen. Dann kann er sicher sein, dass er das Ziel
trifft.
auf seine Kosten kommen
auch: auf seine Rechnung kommen
zufriedengestellt werden;
bezog sich ursprünglich ganz wörtlich auf die Rechnung, die der Wirt
oder Kaufmann bezahlt haben wollte.
340
Man hat schon Pferde kotzen sehen!
Es sind schon unglaubliche Dinge passiert!
Pferde besitzen zwischen Speiseröhre und Magen einen starken
Schließmuskel, der verhindert, dass einmal Verschlucktes wieder
erbrochen werden kann. Aus diesem Grund sterben Pferde auch leicht
an einer Kolik, wenn sie verdorbenes oder falsches Futter erhalten.
Mit dem Ausspruch „Man hat schon Pferde kotzen sehen“ wird also
auf etwas faktisch Unmögliches verwiesen – das entgegen aller
Wahrscheinlichkeit doch schon passiert ist.
es platzt einem der Kragenman kann sehr wütend, zornig werden;
ähnlich der Redensart „einen dicken Hals bekommen“ spielt diese
Wendung auf die bei Zorn anschwellenden Halsadern an.
jemanden Kopf und Kragen kosten
seine (finanzielle) Existenzgrundlage in Gefahr bringen;
bedeutete ursprünglich „das Leben kosten“. Im sehr alten Stabreim
„Kopf und Kragen“ steht der Kragen als Synonym für den Hals.
jemandes Kragenweite sein
zu jemandem passen, jemandes Geschmack sein;
die passende Kragenweite ist schwer zu finden, damit der Kragen
weder die Atmung behindert noch zu weit ist; die Redewendung ist
dementsprechend noch nicht sehr alt, da Kragen früher nicht so eng
anliegend getragen wurden wie heute. Das früheste entsprechende
Modell ist der „Vatermörder“ aus dem späten 19. Jahrhundert.
nicht in den Kram passen
unpassend sein;
aus dem Althochdeutschen: Kram bzw. „cram“ meinte die Waren eines
341
Händlers. Wenn also etwas nicht in den Kram passte, dann passte es im
ursprünglichen Sinne nicht in das Warensortiment eines Kaufmanns.
Daher kommen auch die Wörter Krämer und Krämerladen.
ins Kraut schießen
rasch zunehmen, besonders an Schlechtem;
aus der Botanik: Eine Pflanze, die ins Kraut schießt, vergeudet ihre
ganze Kraft bei der Produktion von Blättern und bildet nur wenige
Blüten, die später Früchte tragen können.
wie Kraut und Rüben
durcheinander, chaotisch;
Herkunft ungeklärt. Da (Sauer-)Kraut und Rüben weder zusammen
gegessen noch zusammen angebaut wurden, dürfte im Alltag
ein chaotisches Durcheinander von Kraut und Rüben selten
vorgekommen sein. Möglicherweise bezieht sich „Kraut“ auch auf die
Blätter der Karotte.
ein alter Krauterein alter Mann; jemand, der mit seiner Arbeit nicht vorwärtskommt;
früher übliche Bezeichnung der Gesellen für ihren Meister, der ihnen
Kost („Kraut“) gab.
ein kleiner Krauterkleiner Gewerbetreibender;
„Krauter“ nannten die Gesellen früher ihren Meister, weil er ihnen
„Kraut“, d. h. einfache Kost gab. Davon leitet sich die Bezeichnung
kleiner Krauter für einen Kleinunternehmer her.
bei jemandem in der Kreide stehen
jemandem etwas schulden, jemandem (wegen einer vorhergehenden
Leistung) verpflichtet sein;
342
aus der Gastronomie: Früher wurde in Gasthäusern mit Kreide auf
einer großen Tafel vermerkt, welcher der Stammkunden anschreiben
ließ. Wer „in der Kreide“ stand, hatte also Schulden beim Wirt.
Kreide fressen
mit einer Maske der Sanftmut und Milde auftreten, die die eigentliche
Gefährlichkeit verdeckt;
aus dem Märchen: In „Der Wolf und die sieben Geißlein“ von den
Gebrüdern Grimm frisst der Wolf Kreide, um seine raue Stimme sanfter
klingen zu lassen.
mit schwarzer Kreide in den Schornstein schreiben
auch: mit (schwarzer) Kreide in den Rauchfang schreiben
etwas vergessen, verloren geben;
beschreibt eine Tätigkeit, die keinerlei Effekt erzielt, da schwarze Kreide
im verruß ten Rauchfang nicht sichtbar ist und auch etwas mit weißer
Kreide Geschriebenes schnell wieder zugerußt würde.
Krethi und Plethi
Gesindel, jeder Dahergelaufene;
aus der Bibel: Im 2. Buch Samuel (8,18) wird die Fremdenlegion König
Davids als „Krethi und Plethi“ benannt, ein Ausdruck, der eventuell
für die Kreter und die Philister steht. Möglich ist auch, dass es die
Lautschrift zweier hebräischer Wörter ist, die zusammengenommen
„Meuchelmörder“ bedeuten.
(vor jemandem) zu Kreuze kriechen
unterwürfig jemandem nachgeben;
aus dem Mittelalter: Von den Gläubigen verlangte die Kirche als
Zeichen der Buße am Gründonnerstag und am Karfreitag, auf den
Knien auf das Kreuz zuzukriechen.
343
die Kirche ums Kreuz tragen
auch: mit der Kirche ums Kreuz gehen
etwas unnötig kompliziert durchführen;
bezieht sich, ähnlich wie „die Kirche ums Dorf tragen“, auf die in der
katholischen Kirche üblichen Prozessionen.
ein breites Kreuz haben
belastbar, nicht leicht unterzukriegen sein, einiges aushalten;
„Kreuz“ bezieht sich auf die kreuzförmige Anordnung von Wirbelsäule
und Schulter blättern im menschlichen Rücken. Wer „ein breites Kreuz“
hat, besitzt entweder einen stabilen Knochenbau oder eine gute
Muskulatur, sodass er sich auch schwere Lasten auf den Rücken laden
kann.
jemanden aufs Kreuz legen
jemanden hereinlegen, täuschen, belügen;
ursprünglich bezeichnete dieser Ausdruck das Hinwerfen des Gegners
im Ringkampf, wobei dieser mit dem Rücken („Kreuz“) auf dem Boden
aufschlug. Längere Zeit wurde die Redewendung auch im Sinne von
„jemanden niederwerfen, bezwingen“ verwendet, bevor sich die
Bedeutung zur heute üblichen wandelte.
sein Kreuz auf sich nehmen
auch: sein Kreuz tragen
bereitwillig sein Unglück annehmen;
aus der Bibel: Jesus musste das Kreuz, an das er geschlagen werden
sollte, erst zum Hinrichtungsort tragen und tat dies bereitwillig, da er
den Willen Gottes anerkannte. Später stand das „Kreuz“ allgemein für
jeden Kummer oder jede Last.
344
ins Kreuzfeuer geraten
auch: im Kreuzfeuer (der Kritik) stehen
heftiger Kritik von mehreren Seiten ausgesetzt sein;
aus der Militärsprache: Kreuzfeuer ist eine militärische Taktik, nach
der Geschütze so aufgestellt werden, dass sich ihre Wirkungsbereiche
überlappen. Wer also im Kreuzfeuer steht, der fühlt sich so bedrängt
und unter Umständen sogar bedroht wie ein sich im Kreuzfeuer
befindlicher Soldat auf dem Schlachtfeld.
jemand kann einen mal kreuzweise„... am Arsch lecken“ endet die Redensart eigentlich; dies wird der
Höflichkeit halber meist weggelassen.
das Kriegsbeil begraben
Frieden schließen, einen Streit beenden;
bezieht sich auf den Brauch der nordamerikanischen Indianer,
zum Zeichen des Friedensschlusses symbolisch ein Kriegsbeil, ein
so genanntes Tomahawk, zu vergraben. Die auch im Englischen
bekannte Redensart („to bury the tomahawk“) findet sich ebenso
wie die umgekehrte Wendung „das Kriegsbeil ausgraben“ seit dem
19. Jahrhundert im Deutschen.
in voller Kriegsbemalungsich stark geschminkt präsentieren;
an der so genannten Kriegsbemalung erkannten Indianer
untereinander die Stammeszugehörigkeit sowie die Taten, die sie
vollbrachten. War jemand sorgfältig und in aller Ausführlichkeit mit
der Kriegsbemalung geschminkt, legte er besonders viel Wert auf die
Darstellung seiner Heldentaten. Das wirkte insbesondere in Kriegen
einschüchternd auf die Gegner. Heute werden mit dem Ausdruck eher
zu stark geschminkte Frauen lächerlich gemacht.
345
mit einer Sache auf Kriegsfuß stehen
auch: mit jemandem auf Kriegsfuß stehen
einer Sache oder Person nicht gewachsen sein, mit jemandem
verfeindet sein;
„das Heer auf Kriegsfuß setzen“ bedeutete, es in Kriegsbereitschaft zu
versetzen. Das Wort entstand vermutlich während der napoleonischen
Kriege als Gegensatz zu „Friedensfuß“.
KrimskramsTrödel, Allerlei;
als Kram bezeichnete man früher die Waren eines Händlers. Der
lautmalerische Begriff Krimskrams entspricht also heute etwa den
Waren von einem „Grabbeltisch“.
an der Krippe sitzen
faul sein; eine Situation ausnutzen;
eine Krippe ist ein Futtertrog für Nutztiere. Die Tiere, die sich dauerhaft
direkt neben dem Trog niederlassen, sind derart faul und verfressen,
dass sie sich nicht einmal von ihrer Futterstelle fortbewegen wollen.
Darüber hinaus erschweren sie den Zugang für andere Tiere.
Krokodilstränen vergießen
große, aber nicht ernsthafte Tränen weinen; Trauer/Mitleid heucheln;
aus dem Tierreich: Kein Tier weint aus Trauer; auch die bei Krokodilen
zu sehenden Tränen entstehen nur durch großen Druck auf die
Tränendrüsen bei weit geöffnetem Maul. Bereits in der Antike ging
man aber davon aus, die Tiere würden den in ihrem Rachen steckenden
Beutetieren geheuchelte Mitleidstränen hinterherweinen.
reich wie Krösus sein
über unermesslichen Reichtum verfügen;
346
aus der Antike: Krösus (ca. 595–546 v. Chr.) war der letzte König des
kleinasiatischen Lydien. Er war ein erfolgreicher Feldherr und konnte
von den eroberten griechischen Städten hohe Tributzahlungen
fordern – bald war sein Reichtum sagenhaft. Allerdings unterschlägt
die Redensart den schmählichen Verlust der Reichtümer Krösus’. Der
Überlieferung zufolgte weissagte ihm das Orakel von Delphi, wenn er
den Fluss Halys, die Grenze zum Perserreich, überschreite, werde er
ein großes Reich zerstören. Krösus deutete die Vorhersage in seinem
Sinne, doch als er die Perser angriff, erlitt er eine schwere Niederlage –
er hatte tatsächlich ein großes Reich zerstört, aber es war sein eigenes.
Wer eine Kröte fressen will, muss sie nicht lange besehen
man sollte unangenehme Aufgaben rasch hinter sich bringen;
die Kröte gilt als eines der abstoßendsten Tiere; jugendliche
Mutproben aber beinhal ten oft das Schlucken eines Frosches oder
einer kleinen Kröte, sodass man seinen Ekel nicht durch langes
Betrachten des Tieres noch steigern sollte.
krumme Sachen machen
Illegales tun, kleinere Verbrechen begehen;
ähnlich wie die „Schiefe“ wird auch die Krummheit einer Sache im
Volksglauben mit dem Teufel in Verbindung gebracht; schließlich ist
das Gesetz Gottes gerade und ordentlich.
die Krux sein
Das ist ja das Problem!
Eine verbreitete Redewendung lautet „es ist schon ein Kreuz mit ...“
und soll aussagen, dass es wirklich schwierig ist, mit einer bestimmten
Situation oder Person zurechtzukommen. Genau dasselbe beschreibt
auch diese Redewendung – jedoch wurde hier die lateinische Form
des Wortes „Kreuz“, nämlich Crux, gewählt.
347
es gießt wie aus Kübelnes regnet stark;
vergleicht den steten Wassersturz mit den großen Wassermengen, die
sich aus einem umgekippten Kübel ergießen.
in Teufels Küche kommen
in Schwierigkeiten geraten;
aus dem Mittelalter: Die „Küche“ des Teufels ist die Hölle; der Begriff
wurde gewählt, da die Küche meist der wärmste Raum eines Hauses
war.
dort ist Schmalhans Küchenmeisteres gibt wenig zu essen, schlechte, knapp bemessene Kost;
aus dem 17. Jahrhundert: Früher glaubte man, vom Aussehen des
Kochs auf die Qualität der Speisen schließen zu können. Bei einem
wohlgenährten Küchenmeister erwartete man üppige Mahlzeiten,
bei einem schmalen Hans umgekehrt karge Kost. Der „Schmalhans“
ist jedoch nicht nur Personifizierung des Mangels, sondern bedeutete
auch Mäßigkeit.
Das mag der Kuckuck wissen!
Das weiß keiner! Ich weiß nicht!
Der Kuckuck wurde, vielleicht aufgrund seines dem Menschen brutal
erscheinenden Brutparasitismus, früher als ein Synonym für den Teufel
verwendet. Man scheute sich, den Namen des Leibhaftigen direkt
auszusprechen aus Furcht, ihn dadurch herbeizurufen. Die Wendung
heißt eigentlich also: „Weiß der Teufel!“
Hol`s der Kuckuck!
Verflucht!
Aus dem Mittelalter: Der Singvogel, eigent lich ein „Glücksbringer“, ist
348
zugleich ein Synonym für den Teufel, den man in Flüchen lieber nicht
direkt anrufen will.
ein Kuckuckskindauch: Kuckucksei
das Kind eines Mannes, der nicht der leibliche Vater ist, dies aber nicht
weiß;
aus dem Tierreich: Die Redensart bezieht sich auf die Eigenart des
Kuckucks, seine Eier in fremde Nester zu legen und sie von anderen
Vögeln ausbrüten zu lassen.
die Kuh vom Eis holen
auch: die Kuh vom Eis kriegen; die Kuh vom Eis ziehen
jemanden aus einer schwierigen Situation retten, eine Lage
entschärfen;
aus der Landwirtschaft: Kühe rutschen mit ihren Klauen auf glatten
Flächen leicht aus. Wer daher eine Kuh vom Eis ziehen will, der hat
jede Menge Schwierigkeiten und ein gehöriges Stück Arbeit vor sich.
eine blöde Kuhauch: eine dumme Kuh
eine dumme oder unsympathische weibliche Person;
die Mär von der angeblichen Dummheit von „Rindviechern“ ist
wissenschaftlich nicht nachweisbar. Sie ist wohl u. a. auf ihre großen
„Glubschaugen“ zurückzuführen, die die gutmütigen Tiere naiv wirken
lassen.
eine heilige Kuh schlachten
Tabus brechen, Privilegien antasten;
das Rind als Lieferant von Nahrung und Kleidung, als Zugtier und
Energiespender genoss in der Vorzeit große Verehrung und wurde
349
oft kultisch verehrt. Im Hinduismus gelten Kühe bis heute als heilige
Tiere, deren Tötung undenkbar ist. Wer redensartlich eine heilige Kuh
schlachtet, der tut etwas bis dahin Undenkbares.
einen Kuhhandel machen
einen für einen der Partner nachteiligen Tausch machen;
wurde entweder aus dem Grimmschen Märchen „Hans im Glück“
abgeleitet, in dem Hans sein Pferd gegen eine wertlosere Kuh
eintauscht, oder bezieht sich allgemein auf den Handel mit Kühen, bei
dem stets versucht wird, den Handelspartner zu übervorteilen.
ein Kurpfuscher(kein ausgebildeter Arzt sein und) unsachgemäße Heilbehandlungen
durchführen;
eine von zahlreichen abwertenden Bezeichnungen für den Arzt; geht
auf das Mittelalter zurück, als die Ausübung ärztlicher Tätigkeiten noch
nicht geregelt war.
einen Kurschatten haben
während eines Kuraufenthaltes eine Affäre mit einem anderen Kurgast
haben;
bezieht sich darauf, dass der Liebhaber einem während der Zeit der
Kur „wie ein Schatten“ folgt.
den Kürzeren ziehen
Pech haben, ins Hintertreffen geraten, im Nachteil sein;
die Redewendung stammt von einer Variante des Auslosens, die früher
sehr verbreitet war. Dabei werden unterschiedlich lange Holzstücke
so in der Hand gehalten, dass der sichtbare Teil bei allen gleich lang
ist. Nun muss jeder Mitspieler eines der Stücke auswählen. Wer das
kürzeste ausgesucht hat, hat verloren.
350
ein langer Laban sein
ein besonders großer, meist hagerer und träger Mann (abwertend
oder scherzhaft);
aus der Bibel: Laban wird in der Bibel (1. Mose 29) als Schwiegervater
Jakobs vorgestellt; allerdings wird ihm hier keine besondere
Körpergröße zugeschrieben. Seit dem 16. Jahrhundert ist diese
Bezeichnung für einen besonders großen Kerl belegt. Da der Ausdruck
zu dieser Zeit nur im schlesischen Raum zu finden war, ist auch ein
Bezug zur schlesischen Stadt Laband möglich. Außerdem könnte der
Ausdruck aus dem früher zu findenden „Langer Labommel“ (über
Labammel, Labander) entstanden sein.
sardonisches Lachenhöhnisches Lachen/Grinsen;
seit Ende des 12. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum belegt:
Dieser bereits im Lateinischen und Altgriechischen belegte Ausdruck
bezeichnete nicht die Insel Sardinien (in der Antike „Sardo“), sondern
stammt vom altgriechischen Wort „sairein“ (grinsen). Später entstand
aller dings das Gerücht einer auf Sardinien wachsenden Giftpflanze,
deren Genuss zu Krämpfen der Gesichtsmuskulatur führe – die
zuweilen einem teuflischen Grinsen glichen. Dementsprechend wird
mit „sardoni schem Lachen“ heute in der Medizin eine Gesichtsstarre
bezeichnet. Auf der anderen Seite entstand im Volksmund auch der
Ausdruck „sardonischer Spott“ für die Verhöhnung von jemandem, die
dem Spottenden Grund für ein sardonisches Lachen bietet.
sich zu Tode lachenetwas urkomisch finden;
aus dem Mittelalter: Angeblich war Lachen eine Foltermethode, bei
deren Anwendung immer wieder Delinquenten zu Tode gebracht
351
wurden. Dazu wurden die Füße des mutmaßlichen Straftäters mit
Salz eingerieben und Ziegen leckten gierig daran. Diese Erklärung ist
jedoch auch aufgrund des hohen Preises für das „weiße Gold“ eher
unwahrscheinlich.
der Lack ist ab
etwas ist nicht mehr neu;
bezieht sich auf abblätternde Farbe bzw. durch Verschleiß
aufgetretene Schäden in der Lackierung; die Redewendung wird
scherzhaft auch auf ältere Menschen angewendet.
Fertig ist der Lack!
Ausruf bei Fertigstellung einer minderwertigen, nachlässig gefertigten
Sache;
das Lackieren hinterlässt eine glänzende Schicht auf einem Werkstück
und überdeckt so Fertigungsmängel.
der Lackierte sein
der Betrogene sein;
gemeint ist hier nicht, dass ein Mensch mit Lack angestrichen wurde,
sondern dass er auf den glänzenden und neuwertigen Lack einer alten
oder wertlosen Sache hereinfiel und für diese Geld ausgab.
etwas auf Lager haben
etwas parat haben; intelligent sein;
aus der Kaufmannssprache: Die Wendung ist bis heute auch in der
ursprünglichen Bedeutung „etwas vorrätig haben“ gebräuchlich. Sie
wurde von Waren auf Personen übertragen, so erkärt etwa Bismarck,
man habe „einen Finanzminister nicht fertig auf Lager“. Erst im 20.
Jahrhundert wird die Wendung ähnlich wie „etwas auf der Pfanne
haben“ für Intelligenz gebraucht.
352
ein blutiger Laieein absoluter Neuling;
leitet sich von der Redensart „Blut lecken“ her. Der blutige Anfänger ist
eben dabei, sich für eine Sache begeistern zu lassen.
viel Lametta auf der Brust haben
sich viel Ruhm erworben haben, viele Orden tragen;
aus dem Ersten Weltkrieg: „Lametta“ ist eine Variante des scherzhaften
Ausspruchs „Christbaumschmuck tragen“ für das öffentliche
Zurschaustellen der erhaltenen Orden. Die Verbindung zum
Christbaumschmuck bzw. Lametta ist das Glänzen und der Ziereffekt
von Orden.
lammfromm sein
vollkommen harmlos sein;
aus der Bibel abgeleitet: Diese Redewendung vom „frommen Lamm“
bezieht sich auf Johannes 1,29: „Am nächsten Tag sieht Johannes, daß
Jesus zu ihm kommt, und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der
Welt Sünde trägt!“
das Land, wo die Zitronen blühn
Bezeichnung für Italien;
aus der Literatur: Mignon, eine Kindfrau in Goethes Roman „Wilhelm
Meisters Lehrjahre“, fragt: „Kennst du das Land, wo die Zitronen
blühn?“, und möchte in Wilhelm so die Sehnsucht nach Italien wecken.
es ist Land in Sicht
es gibt Hoffnung;
aus der Seefahrt: Zur Zeit der großen Segel schifffahrten bedeutete
„Land in Sicht“ nach Wochen und Monaten auf See – oft mit
unzureichender Verpflegung – den „Himmel auf Erden“.
353
etwas an Land ziehen
einen Auftrag erhalten, einen Vorteil bei einem Handel erlangen;
aus dem Rechtswesen: Gemäß dem so genannten Strandrecht
gehörte angespültes Strandgut von gekenterten Schiffen dem
Finder, also meist den Küstenanwohnern. Da diese zusätzliche
Einnahmequelle von großer Bedeutung war, kam es schon vor, dass
man dem Zufall nachhalf und im Meer treibende Güter „an Land zog“.
Die Redensart könnte aber auch aus der Fischerei stammen und eine
Verkürzung von „einen dicken Fisch an Land ziehen“ sein.
eine Landpomeranze sein
ein naives Mädchen vom Land;
aus einem Märchen: Eine Pomeranze ist eine Zitruspflanze, die einer
kleinen Orange ähnlich sieht; ihre bittere Schale wird zu Zitronat
verarbeitet. Einem Tiroler Märchen zufolge weigerte sich der Sohn
eines reichen Grafen, eine Frau zu ehelichen, die von einer Frau zur Welt
gebracht wurde. Schließlich fand er eine anmutige Jungfrau, die nicht
von einer Mutter geboren, sondern einer Pomeranze entstiegen war.
Leider war sie ebenso naiv, wie sie schön war. Dennoch verliebte sich
der Grafensohn, und die beiden konnten – nach einigen Wirrungen –
gemeinsam glücklich werden.
jemanden zu Tode langweilenjemanden extrem langweilen;
hyperbolische Redewendung; bezeichnet eine Sache oder Person,
die so langweilig ist, dass man lieber sterben würde, als sie weiter zu
ertragen.
für jemanden eine Lanze brechen
sich für jemanden einsetzen, jemanden mit allen Möglichkeiten
unterstützen;
354
aus dem Mittelalter: Die Lanze war die Waffe der Wahl auf
mittelalterlichen Ritter turnieren; mit ihr musste der Gegner in vollem
Galopp aus dem Sattel gestoßen werden. Geschah dies mit großer
Kraft, was auf Können und Erfahrung hinwies, so zersplitterte die
Lanze zuweilen sogar. Wenn man „für jemanden eine Lanze brach“, so
setzte man für ihn (oder meistens sie) all seine Kraft im Wettkampf ein.
mit jemandem eine Lanze brechen
sich mit jemandem streiten, einen Kampf austragen;
aus dem Mittelalter, leitet sich wie „für jemanden eine Lanze brechen“ vom
mittelalterlichen Ritterturnier her. Nach einer anderen Erklärung geht die
Redensart auf einen Terminus der antiken Rhetorik zurück. „Primas iactare
hastas“ (die ersten Lanzen werfen) bedeutete, nach einer gemäßigten
Einleitung die ersten schlagkräftigen Argumente vorzubringen.
durch die Lappen gehen
entgehen, etwas verpassen;
aus der Jägersprache: Bei der so genannten Lappjagd wird das
Wild zusammengetrie ben, indem die Fluchtwege durch mit Stoff-
tüchern behängten Seilen versperrt werden. Die Tiere halten diese
für massive Begrenzungen. Zuweilen versucht aber ein Wildtier in
seiner Panik, durch diese scheinbaren Mauern zu brechen, und hat
damit selbstverständlich Erfolg. Dieses eine Tier ist den Jägern damit
zwischen den Tüchern, d. h. den Lappen, entkommen.
jemandem etwas zur Last legen
jemanden einer Sache beschuldigen;
bezieht sich vermutlich auf die Belastung eines Kontos, also die
Schulden einer Person. Jemand, der sich etwas „zur Last legen“ lassen
muss, befindet sich im Minus, in der Schuldigkeit gegenüber dem
Recht oder der Gesellschaft.
355
ein Latrinengerüchtauch: eine Latrinenparole
Gerüchte, die auf Gesprächen auf dem „stillen Örtchen“ beruhen;
aus der Soldatensprache: In Kasernen oder anderen Unterkünften war
die Sickergrube oder auch Latrine der einzige Ort, an dem sich alle
Mannschaftsgrade trafen.
jemandem etwas vor den Latz knallen
auch: jemandem etwas vor den Latz hauen
jemandem etwas sehr deutlich, verletzend, belehrend sagen;
seit Anfang des 20. Jahrhunderts belegt: Ein Latz ist nicht nur ein Tuch,
das die herunterfallenden Stücke des noch nicht ordentlich essenden
Babys auffängt, sondern generell der Brustteil einer Kleidung,
insbesondere des Herrenhemdes.
Fertig ist die Laube!
Ausruf bei Fertigstellung einer minderwertigen, provisorisch oder
nachlässig gefertigten Sache;
aus Berlin: Diese Redewendung ist in ihrer Bedeutung identisch mit
dem Ausdruck „Fertig ist der Lack!“; gemeint ist eine Gartenlaube,
die nicht besonders schön sein muss, sondern nur rasch aus einigen
Bretterresten gezimmert wird.
auf der Lauer liegen
auch: sich auf die Lauer legen
versteckt auf jemanden/etwas warten;
aus der Jägersprache: Die Substantivierung des Verbs „lauern“, das „in
einem Hinterhalt warten“ bedeutet, ist heute so gut wie ausgestorben,
nur in dieser Wendung, die sich ursprünglich auf den in seinem
Versteck lauernden Jäger bezog, ist sie noch geläufig.
356
sich wie ein Lauffeuer verbreiten
sich rasch verbreiten, schnell allgemein bekannt werden;
ein „Lauffeuer“ ist ein Bodenbrand, der sich auf sehr trockenem Gras,
Laub und Ähnlichem rasch vorwärtsbewegt und in kurzer Zeit große
Flächen vernichtet.
jemandem den Laufpass geben
jemanden wegschicken, eine (Liebes-)Beziehung beenden;
im Militärwesen des 18. Jahrhunderts war der Lauf pass die amtliche
Bescheinigung, die dem Soldaten seine Entlassung bestätigte und mit
der er nach weisen konnte, dass er nicht dersertiert war.
sich eine Laus in den Pelz setzen
jemanden bei sich aufnehmen, der einem später schadet;
aus dem Tierreich: Die blutsaugende Laus ist ein äußerst
unangenehmer und sich rasch vermehrender Schmarotzer; nur wer sie
nicht kennt, wird sie sich freiwillig „in den Pelz“ setzen.
Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?
warum denn so schlecht gelaunt?
Aus dem Mittelalter: Von jeher gilt die Leber als das wichtigste „Wut-
Organ“; der Sitz und Ursprung dieser Emotion wurde in der Leber
vermutet. Wenn jemand also schlechte Laune hat, muss dies an
seiner Leber liegen. Die „Laus“, die über das Organ läuft, ist erst später
hinzugekommen als Symbol für etwas eigentlich viel zu Win ziges, als
dass man gleich mit schlechter Stimmung reagieren müsste.
ein Lausbubein freches Kind;
aus der Liturgie: Lausbube war ursprünglich die Bezeichnung für
Ministranten. Als die katholische Messe noch auf Lateinisch gelesen
357
wurde, lautete der Liturgieteil für die Ministranten „Laus tibi Christe“
(Lob dir, Christus).
etwas läuten hören
er hat davon gehört, aus den Gesprächen anderer vernommen;
diese Redewendung geht vermutlich wie „etwas an die große Glocke
hängen“ auf die Verwendung der Kirchenglocken als Alarm- oder
Rufton für die Gemeinde zurück. Das früher meist hinzugesetzte „[...]
aber nicht wissen, wo die Glocken sind“ verweist auf die ungefähre
Kenntnis von einem Ereignis, das man aber noch nicht genau
zuordnen kann.
sein Leben in die Schanze schlagen
sein Leben auf Spiel setzen;
bezieht sich auf den aus dem Französi schen übernommenen,
früher nur bei Kartenspielen üblichen Ausdruck Chance für „gute
Möglichkeit“. Da bei einem Kartenspiel eine Möglichkeit nicht
zwangsläufig zum Sieg führen muss, stellte sie immer auch ein großes
Risiko dar.
es von den Lebendigen nehmen
auch: es von den Lebenden nehmen
von jedem/für alles rücksichtslos Geld verlangen;
auch mit dem Zusatz „weil die Toten nichts mehr geben“; zeigt aber
auch die Unterschiedslosigkeit, mit der jemand andere um ihr Geld
bringt, denn lebendig ist jeder Mensch, der Geld besitzt.
jemandem den Lebensfaden abschneiden
jemanden töten bzw. zugrunde richten
aus dem Altertum: In der germanischen und der griechischen
Mythologie gibt es Schicksalsgöttinnen, die am Lebensfaden des
358
Menschen spinnen. In der griechischen Mythologie ist es Atropos
(die Unabwendbare), die den Lebensfaden abschneidet, den ihre
Schwestern Klotho und Lachesis gesponnen bzw. abgemessen haben.
eine spartanische Lebensweiseeine genügsame, einfache, anspruchslose Lebensweise;
aus dem Griechischen, abgeleitet von der ungewöhnlich harten
Erziehung der Bewohner Spartas. Junge Spartaner kamen mit
sieben Jahren in staatliche Obhut und wurden zu Gehorsam und in
der Kriegskunst erzogen. Die Redensart ist im Deutschen ab dem
17. Jahrhundert belegt.
frei von der Leber weg sprechen
ohne Zurückhaltung das aussprechen, was man denkt;
aus dem Mittelalter: Die Leber galt von jeher als der Sitz der Lebenskraft
und bestimmter Gefühlsregungen, v. a. des Zorns (ähnlich die Galle).
Wenn jemand kein Blatt vor den Mund nimmt, so redet er sich den
in Form schädlicher Säfte mani festierten Zorn von der Leber und ist
danach befreit.
die beleidigte Leberwurst spielen
gekränkt sein, schmollen;
aus dem Altertum: Damals galt die Leber als Ort aller
Gemütsregungen; war man ärgerlich, dann hatte man eine beleidigte
Leber. Eine andere lustige Geschichte berichtet, wie einmal eine
Leberwurst vor Wut platzte, weil der Metzger die Blutwürste vor ihr
aus dem Wasser nahm – sie war eine sehr beleidigte Leberwurst!
jemandem ans Leder wollen
jemandem etwas antun wollen;
das „Leder“ steht in dieser Redewendung für die Haut des Menschen,
359
die einmal „gegerbt“ (verprügelt) werden müsste.
„Wenn ich ihm nicht Leib und Seele breiweich zusammen dresche, alle
zehn Gebote und alle sieben Bitten im Vater unser, und alle Bücher
Mosis und der Propheten aufs Leder schreibe, dass man die blauen
Flecken bei der Auferstehung der Toten noch sehen soll.“ (Friedrich
Schiller, Kabale und Liebe)
vom Leder ziehen
sich negativ über jemanden äußern, ihn scharf kritisieren; prahlen,
angeben;
aus dem 16. Jahrhundert: Ursprünglich wurde nichts „vom“, sondern
„aus dem Leder“ gezogen, nämlich der Degen aus der ledernen
Scheide. In vielen Situationen reichte es dem Träger, wenn er für
den anderen sichtbar zum Degenheft griff oder die Waffe einige
Handbreit aus der Scheide zog. War es tatsächlich nötig, den Degen
blankzuziehen, so lag meist ein trifti ger Grund vor. Wenn jemand
heute über eine andere Person „vom Leder zieht“, so meint er
zumindest stets, einen wirklich bedeutenden Grund dafür zu haben.
es herrscht gähnende Leerees ist niemand da;
die so bezeichnete Leere (Unbelebtheit) eines Ortes ist so langweilig,
dass man zu gähnen beginnt.
Lehrgeld zahlen müssen
aus Schaden lernen;
seit dem 16. Jahrhundert: Früher war kein Lehrlingsgehalt üblich,
sondern der Meister wurde umgekehrt von den Eltern für die
Ausbildung des Lehrlings bezahlt – eine Investition, die sich später
auszahlte.
360
jemandem zu Leibe rücken
sich jemandem bedrohlich nähern;
stammt wohl aus dem Zweikampf oder dem Fechtsport.
Leichen im Keller haben
etwas zu verbergen haben;
die „Leiche“ steht für jede unangenehme Wahrheit oder jedes
Vergehen, das man früher einmal begangen hat und im Verborgenen
– also im Keller, den kein Fremder normalerweise betritt – verwahrt
wissen möchte.
die alte Leierimmer wieder dasselbe, eine ewige Wieder holung;
mit „Leier“ wird ein altes Kurbelinstrument bezeichnet, das auf das
Drehen der Kurbel hin eine vorher festgelegte und nicht abänderbare
Melodie abspielt – wieder und wieder.
aus dem Leim gehen
kaputtgehen oder sein; dick werden;
„aus dem Leim“ gehen v. a. Bücher, deren Rücken früher geleimt
wurde. Inzwischen wird diese Redewendung nicht nur für jeglichen
anderen Gegenstand, der kaputtgeht verwendet, sondern auch für
Menschen, die stark zugenommen haben.
jemandem auf den Leim gehen
sich täuschen lassen;
aus der Vogeljagd: Eine früher weit verbreitete Art der Vogeljagd war
das Auslegen von Leimruten. Die Tiere ließen sich auf den an den
bevorzugten Rastplätzen ausgelegten und mit Leim bestrichenen
Stäbchen nieder und klebten fest. Diese schon im Mittelalter bekannte
Jagdmethode wird in südlichen Ländern z. T. bis heute angewendet.
361
sich leimen lassen
sich betrügen/täuschen lassen;
aus der Jägersprache: Ursprünglich geht dieses Sprichwort auf den
Vogelfang mit Leimruten zurück. Hierbei werden kleine Ruten mit
Leim beschmiert und in Büschen platziert. Wenn der Vogel wegfliegen
will, bleibt er an dem Leim kleben. Heute ist diese Fangmethode in
Deutschland verboten.
jemanden an der kurzen Leine führen
jemandem keine Freiheiten zugestehen;
diese Redewendung stellt eine Steigerung von „jemanden an
die Leine legen“ dar: Die besagte Person wird nicht nur unter
Kontrolle gebracht, ihr werden jegliche Freiheiten und alle eigenen
Entscheidungen untersagt.
Leine ziehen
verschwinden, weglaufen;
aus der Schifffahrt: Diese Redewendung bezieht sich auf die Zugleine,
mit der Schiffe flussaufwärts getreidelt wurden; wenn jemand „Leine
zog“, war dies also durchaus von Vorteil, weil man so vorwärtskam.
alles über einen Leisten schlagen
alles gleichmachen, nach dem gleichen Maßstab beurteilen;
der Leisten des Schusters bestimmt die Form der hergestellten
Schuhe. Wenn alle Schuhe mit demselben Leisten produziert werden,
sind also alle vollkommen einheitlich – und unbrauchbar.
sich einen schönen Lenz machen
sich das Leben bequem machen;
aus dem 16. Jahrhundert: Die Redensart hat nicht mit dem Frühling
zu tun, sondern geht wohl auf die Abkürzung des Vornamens Lorenz
362
zurück, der im 16. Jahrhundert weit verbreitet war. Der „faule Lenz“
wurde zum Synonym für den Faulenzer oder Nichtstuer.
jemandem die Leviten lesen
jemanden scharf tadeln oder rügen;
aus der Bibel: Die Leviten, benannt nach ihrem Stammvater Levi,
waren einer der zwölf Stämme Israels und für die Einhaltung der
Gesetze zuständig. Das 3. Buch Mose, Leviticus, ist nach ihnen
benannt. Es enthält hauptsächlich Gesetze und Vorschriften, und Teile
davon, insbesondere das 26. Kapitel, wurden im Mittelalter häufig im
Rahmen von Strafpredigten zitiert, d. h. gelesen.
grünes Licht haben/kriegen
die Erlaubnis für etwas erhalten;
aus dem 20. Jahrhundert: bezieht sich auf die seit der Verbreitung
von Zügen und später Autos übliche Ampelfarbe Grün als Signal
„Weiterfahren erlaubt“.
jemandem das Licht ausknipsen
jemanden umbringen;
moderne Weiterentwicklung der Redensart „jemandem das (Lebens-)
Licht ausblasen“, die das Leben eines Menschen wegen seiner
Vergänglichkeit mit einer Kerzenflamme vergleicht.
jemandem geht ein Licht auf
er hat etwas verstanden;
aus der Bibel: Schon im Alten Testament wird die Wendung im
übertragenen Sinne verwendet, so in den Psalmen (97,11): „Dem
Gerechten muss das Licht immer wieder aufgehen und Freude den
frommen Herzen.“
363
jemandem Licht ans Fahrrad machen
jemanden zurechtweisen; jemandem den richtigen Weg zeigen;
letztendlich beschreibt diese Redensart dasselbe wie die wesentlich
ältere Wendung „jemandem ein Licht aufstecken“. Durch die
Beleuchtung, die man jemandem verschafft, sieht dieser den Weg
oder eine Sache deutlicher.
jemanden hinters Licht führen
jemanden täuschen, in die Irre führen;
bringt man jemanden „hinter“ eine Lichtquelle, so befindet sich diese
zwischen ihm und dem Gegenstand, den er in ihrem Lichte betrachten
wollte. Er kann sich also kein realistisches Bild von der jeweiligen
Sache machen, da er zudem durch das Licht geblendet wird.
Licht am Horizont sehen
auch: Licht am Ende des Tunnels sehen
erste Zeichen einer Verbesserung feststellen, wieder Hoffnung
schöpfen;
Licht am Horizont kündigt den Tagesanbruch an, was nach einer
finsteren, kalten Nacht durchaus ein Anlass zur Hoffnung ist.
sein Licht unter den Scheffel stellen
sich selbst als geringer darstellen, als man ist; überbescheiden sein;
„Licht“ steht in Redewendungen häufig für die geistigen Kapazitäten
eines Menschen; wenn man es unter den Scheffel, einen Bottich, stellt,
so wird es gedimmt und wirkt weniger hell.
Das ist verlorene Liebesmühdas ist ein vergeblicher Versuch, da ist nichts zu machen;
nach dem Titel eines Dramas von William Shakespeare, erstmals
veröffentlicht 1598, das im Englischen den Titel „Love’s Labour’s Lost“
364
trägt und in der deutschen Übersetzung „Liebes Lust und Leid“ oder
eben „Verlorene Liebesmüh“ heißt.
jemanden linkenjemanden täuschen, betrügen;
die linke Seite ist von jeher und in vielen Kulturen die schlechte oder
gar unreine Seite. Wenn man jemanden „linkt“, schickt man ihn an die
linke Seite, was die Über legenheit des rechts Stehenden anzeigt.
etwas mit links machen
etwas ganz leicht können;
die linke Seite gilt allgemein als die „schlechte“, weniger geschickte;
wenn man etwas sogar mit links vollbringen kann, muss es also
wirklich einfach sein.
jemanden links liegen lassen
jemanden nicht beachten;
im Rang Gleichgestellte durften sich früher an der rechten Seite einer
Person aufhalten; Untergebene gingen links von ihm. Diese verdienten
kaum Beachtung.
eine dicke Lippe riskieren
vorlaut, frech sein; angeben;
Diese sehr junge Redensart bezieht sich auf die „dicke“, d. h.
angeschwollene Lippe, wenn jemand das „Großmaul“ für seine
Frechheit geschlagen hat.
ein Lippenbekenntniseine Äußerung/ein Versprechen ohne innere Überzeugung;
geheucheltes Bekenntnis;
spielt darauf an, dass ein Bekenntnis tatsächlich nur von den Lippen,
die es formulieren, und nicht aus dem Herzen des Sprechers kommt.
365
ein Loblied auf jemanden singen
auch: ein Loblied auf jemanden anstimmen
jemanden sehr loben;
aus der Liturgie: Das Lob Gottes in der katholischen Messfeier wird oft
in Form eines Liedes angestimmt.
aus dem letzten Loch pfeifen
in sehr schlechter (v. a. gesundheitlicher) Verfassung sein (bei
Personen);
aus der Musik: Diese Redewendung bezieht sich auf die Tonlöcher von
Blasinstru menten, insbesondere vermutlich der Block flöte. Bei ihr wird
durch Schließen aller Grifflöcher der Grundton erzeugt; das Offenlassen
aller Löcher erzeugt einen eher unangenehm hohen, fast schrillen Ton –
den derjenige erzeugt, der keine Kraft mehr hat, die Finger richtig zu
platzieren.
ein Loch in die Kasse reißen
auch: ein Loch in das Portemonnaie reißen
aus dem Mittelalter: Diebe rissen in frü he ren Zeiten, als der Geldbeutel
wirklich noch ein solcher war, ein Loch hinein und brauchten dann nur
noch die heraus fallenden Münzen einzusammeln.
in ein schwarzes Loch fallen
depressiv werden, ein schlimmes Ereignis nicht verkraften;
aus der Astronomie: Als „schwarzes Loch“ bezeichnet man ein
astronomisches Objekt, das Licht und Materie seiner Umgebung
regelrecht verschluckt.
jemandem zeigen, wo der Zimmermann das Loch gelassen hat
jemanden des Raumes verweisen;
aus dem Mittelalter: euphemistische Beschreibung für den Hinauswurf
366
einer unliebsamen Person aus den eigenen vier Wänden. Bezieht sich
auf Fachwerkbauten, in denen der Zimmermann, nicht wie heute der
Maurer, das Loch für die Tür ließ.
jemanden ein Loch in den Bauch fragen
jemanden pausenlos fragen;
scherzhafte Wendung, die sich auf „nervtötende“ Fragerei bezieht, die
für den Betroffenen so schmerzhaft ist wie ein Loch im Bauch.
jemanden ins Loch stecken
auch: jemanden einlochen
jemanden ins Gefängnis bringen;
aus dem Mittelalter: bezieht sich auf das so genannte „Hundeloch“,
den Zwinger für eingefangene Hunde, das gelegentlich auch als
Gefängnis für Menschen diente.
sich ein Loch in den Bauch ärgern
sich sehr ärgern;
diese Redewendung beruht auf der sehr alten Beobachtung, dass
starker Ärger Magenschmerzen – im schlimmsten Fall sogar ein
Magengeschwür – verursachen kann.
jemanden löchernjemanden ausfragen;
bezieht sich wie die Wendung „jemanden ein Loch in den Bauch
fragen“ auf anhaltende, „nervtötende“ Fragerei.
nicht lockerlassennicht aufgeben, hartnäckig bleiben;
aus dem 19. Jahrhundert: geht zurück auf das Nach- bzw. Lockerlassen
der Zügel beim Reiten oder bei einem Pferdegespann.
367
den Löffel abgeben
sterben;
aus dem Mittelalter: Früher war es in ärme ren Familien üblich, dass
aufgrund des Man gels an Geschirr ein Topf (meist mit Brei gefüllt) in
der Mitte des Tisches stand, aus dem sich jeder von seinem Platz aus
bediente. Dafür benötigte man einen Löffel – und da dies das einzige
„eigene“ Geschirr war, wurde dieser gehütet, denn ohne ihn hätte man
an den Mahlzeiten gar nicht mehr teilnehmen können. Gab man diesen
Löffel ab, so war die Zeit der Nahrungsaufnahme – und damit das Leben
– zu Ende.
die Löffel aufsperren
gut, aufmerksam zuhören;
aus der Jägersprache: Der Jäger bezeichnet die Ohren des Hasen
aufgrund ihrer länglichen Form als Löffel.
jemanden über den Löffel balbieren
jemanden betrügen;
aus dem 17. Jahrhundert: Bei älteren oder sehr mageren Männern
behalf sich der Barbier früher, indem er sie einen Löffel in den
Mund nehmen ließ, der die Wange nach außen wölbte. Damit
war ein Rasieren leicht und schnell möglich. Die ursprüngliche
Bedeutung „nicht viel Umstände betreiben; jemandem leichte
Unannehmlichkeiten bereiten, um schneller zum Ziel zu kommen“
wandelte sich erst später zum heutigen „jemanden betrügen“.
mit einem goldenen Löffel geboren worden sein
alles ohne Anstrengung erhalten haben, aus reicher Familie stammen;
„goldene Löffel“ sind wie alles aus diesem Edelmetall von jeher ein
Zeichen für Reichtum, zumal das Gold hier für einen so alltäglichen
Gebrauchsgegenstand wie Besteck verwendet wird. Wer bereits
368
in der Wiege mit goldenen Löffeln gefüttert wird und diese in den
Mund nimmt, der hat wirklich Glück – dessen Eltern sind nämlich
offensichtlich sehr reich.
silberne Löffel stehlen
sich einer Sache schuldig machen;
diese Redewendung mit heute sehr allgemeiner Bedeutung bezog
sich ursprünglich auf das „Standardvergehen“ von Haus angestellten,
das Stehlen wertvollen Bestecks.
in Lohn und Brot stehen
mit der Arbeit für jemanden seinen Lebens unterhalt verdienen;
diese Redewendung beschreibt eine Situation mit zwei Worten: Brot
ist eines der wichtigsten Lebensmittel und steht daher symbolisch für
die finanziellen Kapazitäten, sich mit allen wichtigen Nahrungsmitteln
zu versorgen.
ein Lokalmatadorjemand, der nur in seiner Gegend, dort aber sehr berühmt ist;
spielt auf die Bekanntheit einzelner spanischer Stierkämpfer
(Matadore) an, die in ihrem Dorf wie Helden gefeiert werden.
sich auf seinen Lorbeeren ausruhen
nach einem Erfolg die Motivation verlieren;
aus dem Altertum: In der Antike wurde Siegern ein Lorbeerkranz
aufgesetzt – keineswegs als Aufforderung, in Zukunft nicht mehr nach
Höherem, nach Verbesserung zu streben.
im Lot sein
in Ordnung sein;
aus dem Handwerk: Gemeint ist das Senklot (oder -blei) des Maurers, mit
dem die exakte senkrechte Ausrichtung einer Wand überprüft wird.
369
den Löwenanteil bekommen
auch: den Löwenanteil einheimsen
den Hauptteil, den größten Anteil bekommen;
aus dem Altertum: Die Redensart geht auf eine Fabel des
griechischen Dichters Aesop aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. zurück:
Ein Löwe, ein Fuchs und ein Esel gehen gemeinsam auf die Jagd.
Als es ans Verteilen der Beute geht, macht der Esel drei gleich
große Haufen. Da zerreißt ihn der Löwe, fügt ihn der Beute hinzu
und fordert den Fuchs auf, erneut zu teilen. Der aber hat aus dem
Schicksal des Esels gelernt und fordert nur einen ganz kleinen Anteil.
Augen wie ein Luchs haben
auch: Ohren wie ein Luchs haben
sehr scharfsichtig sein, sehr gute Augen/Ohren haben;
dem katzenartigen Raubtier, das einen auffälligen Backenbart trägt
und auch in Eurasien beheimatet ist, wurden bereits in der Antike
außergewöhnlich gute Augen (und zuweilen Ohren) nachgesagt.
ein Luder sein
eine verrufene, verruchte Frau;
aus der Jägersprache: So nannte man stinkendes, halb verwestes
Fleisch, das der Jäger früher am Luderplatz ausgelegt hat, um Bären
und Wölfe anzulocken – daher auch die Redensart „Schindluder mit
jemandem treiben“.
dicke Luft herrschen
auch: dicke Luft sein
Streit herrscht/droht;
seit dem 16. Jahrhundert belegt: Vermutlich geht diese Redewendung
auf die eigen tümliche Stimmung vor einem Gewitter zurück, bei der
die windstille, feuchtwarme Luft oft „dicker“ wirkt als sonst.
370
Die Luft ist rein!
auch: Die Luft ist sauber!
es ist nichts zu befürchten;
aus der Gaunersprache: Wenn die Luft rein ist, ist niemand anwesend,
der die Ausführung eines (kriminellen) Vorhabens behindern könnte.
„Als der Hase merkte, dass die Luft rein war, sprang er zum Schloß
hinein und gerade zur Königstochter, setzte sich unter ihren Stuhl und
kratzte sie am Fuß.“ (aus dem Märchen „Die zwei Brüder“ der Gebrüder
Grimm)
Die Luft wird dünn
eine Situation wird schwierig;
„dünn“ wird die Luft in großer Höhe, also beim Besteigen eines Berges.
Diese anstrengende und riskante Tätigkeit wird dank des geringeren
Sauerstoffgehaltes der Luft noch schwieriger.
Es brennt die Luftes herrscht große Spannung; es gibt Ärger;
da die Luft alle Personen, die an einem Ort versammelt sind, umgibt
und damit „verbindet“, steht sie symbolisch für die Stimmung, die
zwischen diesen Menschen herrscht.
gesiebte Luft atmen
im Gefängnis sitzen;
in dieser neuen, umgangssprachlichen Redewendung werden die
vertikal verlaufenden Gitterstäbe der Gefängniszelle mit einem Filter
gleichgesetzt.
jemanden an die Luft setzen
jemanden hinauswerfen;
euphemistische Umschreibung des Vorgangs, jemandem den
371
weiteren Aufenthalt in einem Raum oder Haus zu verbieten und dieses
Verbot wenn nötig mit Gewalt durchzusetzen.
Luftschlösser bauen
tagträumen, unrealistische Pläne haben;
wer „den Kopf in den Wolken“ hat – die Wolken bzw. der Himmel dient
immer als Symbol für Träume, aber auch Realitätsferne –, der kann dort
auch Schlösser bauen, aber mit Sicherheit nie in ihnen wohnen.
Lug und Trug
nichts als Lüge;
aus der Bibel: Da Reime größere Eingängigkeit besitzen, wurde „Lüge“
an das heute veraltete Wort „Trug“ (Täuschung) angeglichen; die
Verbindung findet sich in der Bibel u. a. in den Psalmen 118 und 119:
„Du verwirfst alle, die von deinen Geboten abirren; denn ihr Tun ist Lug
und Trug.“
lügen, dass sich die Balken biegen
unverschämt lügen;
leitet sich von der Vorstellung her, dass Lügen eine auf dem Gewissen
liegende Last sind. Diese Redensart bringt das Ausmaß einer
ausgesprochenen Unwahrheit plastisch zum Ausdruck. Noch deutlicher
sind die Wendungen „lügen, dass die Balken krachen“ und „lügen, dass
sich die Bäume biegen“.
wie gedruckt lügensehr viele Lügen erzählen;
seit dem 18. Jahrhundert belegt: Selbst die größte Lüge wird leichter
als wahr geglaubt, wenn sie in einem Printmedium veröffentlicht wird
– zuweilen geht die Deutung aber auch dahin, dass gerade Zeitungen
viele Lügen verbreiten.
372
ein langer Lulatsch sein
ein besonders großer, schlaksiger Mann;
nicht geklärt: möglich ist ein Zusammenhang mit dem
umgangssprachlichen Ausdruck „Latsche“ für einen ausgetretenen,
unansehnlichen, aber bequemen Schuh.
sich nicht lumpen lassen
großzügig sein;
bezieht sich auf die Lumpen des Bettlers, dem man durch eine
großzügige, jeden Geiz verneinende Haltung nicht ähneln will.
sich die Lunge aus dem Hals husten
sehr viel husten;
diese hyperbolische Redewendung beschreibt einen Husten, der so
stark ist, dass nicht nur Sputum, sondern die gesamten Atemorgane
ausgeworfen werden.
die Lunte ans Pulverfass legen
vorhandene Unstimmigkeiten zum offenen Streit werden lassen;
ein Fass gefüllt mit Schießpulver ist ohnehin schon eine leicht
entzündbare Gefahr. Wer jedoch auch noch die Lunte, eine langsam
glimmende Zündschnur, an ein Pulverfass legt, der bringt es garantiert
zum Explodieren.
die Lunte riechen
eine Gefahr, Bedrohung/einen Trend ahnen, vorhersehen und sich
daher rechtzeitig darauf vorbereiten;
aus dem 18. Jahrhundert: Bei den früher im Kampf zum Einsatz
kommenden Kanonen wurde das Pulver mittels einer Lunte gezündet.
Wenn man diese „Lunte riechen“ konnte, brannte sie bereits, und man
wusste, dass die Explosion unmittelbar bevorstand. Heute hat jemand,
373
der die „Lunte riecht“, eine gute Vorahnung von dem, was auf ihn
zukommt.
ein leichtes Mädcheneine Frau, die einfach zu verführen ist;
Kurzform von „ein leichtlebiges/leichtsinniges Mädchen“, auch: eine
Frau, die „leicht zu haben“ ist. Wird heute v. a. als Umschreibung für
Prostituierte verwendet.
wie die Made im Speck leben
sehr bequem leben;
jemand, der ein sehr faules und angenehmes Leben führt, lebt so
bequem wie die im Speck sitzende Fliegenlarve.
Wer zuerst kommt, mahlt zuerst!
der Erste in der Reihe wird zuerst bedient;
aus der Landwirtschaft: Die an einer Mühle anstehenden Bauern
durften früher ihr Getreide nur nacheinander mahlen – in der
Reihenfolge ihres Eintreffens.
jemanden in die Mangel nehmen
jemandem zusetzen;
mithilfe der Mangel wird Stoff seit Jahrhunderten geplättet und
gestreckt, indem er durch zwei eng aneinanderliegende Walzen
gedreht wird. Wer „in die Mangel“ genommen wird, dürfte dies als
ausgesprochen unangenehm empfinden.
sich fühlen, wie durch die Mangel gedreht
sehr erschöpft sein;
von der Wäschemangel, mit deren Hilfe Wäsche geplättet wurde,
leiten sich entsprechend dieser Redensart auch Ausdrücke wie „ich bin
geplättet“ oder „ich bin völlig platt“ für große Erschöpfung ab.
374
Ein Mann, ein Wort!
Ehrenwort darauf!
Kurze, aber heute wesentlich bekanntere Form der Redewendung „Ein
Mann, ein Wort – ein Wort, ein Mann ist besser, als ein Schwur getan“,
das sich auf das „natürliche“ Ehrempfinden eines Mannes bezüglich
seiner Versprechen bezieht.
mit Mann und Maus
vollständig;
aus der Seefahrt: Die Wendung „mit Mann und Maus untergehen“
bezieht sich darauf, dass auf einem Schiff früher außer den Matrosen
und den im Frachtraum stets anzutreffenden Mäusen keine
Lebewesen an Bord waren.
vor etwas Manschetten haben
Angst vor etwas haben;
aus der Studentensprache: Im 18. Jahrhundert konnten Studenten mit
den damals modischen langen Manschetten aufgrund dieser nicht an
Degenkämpfen teilnehmen; eine willkommene Ausrede für Feiglinge.
etwas mit dem Mantel der Nächstenliebe zudecken
etwas nicht tadeln;
der Mantel steht in Redensarten stets für das Umhüllen, aber auch
Verstecken einer Sache. Wer viel Nächstenliebe besitzt, der kann auch
dort Nachsicht üben und etwas unerwähnt lassen, wo andere Kritik
üben.
etwas ein Mäntelchen umhängen
auch: etwas bemänteln
etwas verharmlosen;
aus dem Mittelalter: Der Mantel als Symbol des Verhüllens hat
375
sich in Bräuchen des Mittelalters niedergeschlagen. Nach den
Rechtsvorschriften des Sachsenspiegels, einer Rechtssammlung des
13. Jahrhunderts, konnten uneheliche Kinder dadurch legitimiert
werden, dass sie während der Trauung unter dem Mantel der Braut
getragen wurden.
jemandem das Mark aus den Knochen saugen
jemanden finanziell ausbluten lassen;
das Knochenmark ist durch die harte Hülle des Knochens, eigentlich
bestens geschützt. Wenn sogar das Mark, das „Innerste“ des Knochens
ausgesaugt wird, dann werden einem Menschen keinerlei Kraft- oder
finanzielle Reserven gelassen.
jemandem den Marsch blasen
jemanden scharf tadeln, jemandem die Meinung sagen;
aus dem Militär: Die unterschiedlichen Trompetensignale dienten im
Heer dazu, allen Soldaten ein bestimmtes Vorgehen zu befehlen. Eines
der Kommandos war jenes zum Sammeln (Abmarsch). Später entstand
die Redewendung, mit der verdeutlich wird, dass jemand in Gang
gebracht oder angetrieben wird.
den Marschallstab im Tornister tragen
die notwendigen Fähigkeiten für eine Führungsfunktion haben, gute
Karrierechancen haben;
aus der Militärsprache: Als Zeichen seiner militärischen Obergewalt
erhielt der Feldherr früher einen so genannten Marschallstab; wer den
im Tornister, also in der soldatischen Rückentasche trug, der konnte
auch weiterhin auf eine glänzende Karriere hoffen.
die Masche raushaben
die Lösung, einen speziellen Trick kennen;
376
die „Masche“ in dieser Redensart besitzt denselben sprachlichen
Ursprung wie das aus dem Jiddischen stammende Wort „Massel“ und
bedeutet wie dieses Glück, Erfolg.
reden wie ein Maschinengewehrununterbrochen reden;
aus dem Ersten Weltkrieg: Die Redensart bezieht sich auf das beim
Maschinengewehr mögliche Dauerfeuer. In den 1950er-Jahren nannte
man Massenprediger wie den Jesuiten Johannes Leppich oder den
Baptistenpastor Billy Graham „Maschinengewehr Gottes“.
die Maske fallen lassen
auch: die Maske ablegen
sich zu erkennen geben, sein wahres Gesicht zeigen;
bei Maskenbällen des Barock war es üblich, um Mitternacht die Maske
abzulegen. Der jeweilige Tanzpartner wartete deshalb gespannt auf
die Demaskierung, um endlich zu wissen, mit wem er den Abend über
getanzt hatte.
jemandem die Maske vom Gesicht reißen
jemanden entlarven;
diese Redewendung bezieht sich auf die Möglichkeit, hinter einer
Maske ohne Preisgabe der eigenen Identität ohne Risiko Verbrechen
begehen zu können – man denke an mit einem Strumpf maskierte
Einbrecher.
Massel haben
Glück haben;
aus dem Jiddischen: Im Neuhebräischen heißt des Wort für Glück
„mazol“; davon wurde wiederum das Wort „Massel“ entlehnt.
377
an der Matratze horchen
schlafen;
aus der Soldatensprache: Eine weitere Wendung ist „auf den
Matratzenball“, d. h. ins Bett gehen.
Matratzenhorchdienst haben
schlafen;
aus der Soldatensprache: scherzhafte Umschreibung des Schlafens,
die darauf verweist, dass auch diese „Tätigkeit“ ehrenwerte Arbeit für
die Truppe ist.
jemanden mattsetzenauch: jemanden schachmattsetzen
jemanden entkräften, unschädlich machen;
aus dem Schachspiel, geht auf den persi schen Ausspruch „schah mate“
(der König ist tot) zurück. Zusammen mit dem Spiel wurde auch der
Ausdruck im 12. Jahrhundert in die romanischen Sprachen und ins
Deutsche übernommen. Schon im 13. Jahrhundert erfuhr „matt“ eine
Bedeutungserweiterung und wurde auch auf eine Erschöpfung des
Geistes oder des Körpers bezogen.
jemanden auf die Matte legen
jemanden unterwerfen, besiegen, übertrumpfen;
aus dem Kampfsport: Bei asiatischen Kampfsportarten, aber auch
beim Ringen ist der Boden durch Matten abgepolstert, damit der
niedergeworfene Verlierer weicher fällt.
mit jemandem ist Matthäi am Letzten
auch: bei jemandem ist Matthäi am Letzten
jemandes Leben geht zu Ende, er geht von uns;
abgeleitet von den letzten Worten des Matthäusevangeliums
378
(28,20): „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ In Luthers
Großem Katechismus heißt es: „Da unser Herr Jesus Christus spricht
Matthäi am Letzten: Gehet hin [...].“ Die ursprünglich auf das Leben
bezogene Wendung wurde Ende des 19. Jahrhunderts dann auch auf
Geldsorgen „umgemünzt“, so ist derjenige pleite, bei dem Matthäi am
Letzten ist.
Mätzchen machen
Ausreden haben, Unfug machen;
„Mätzchen“ ist der Diminutiv von Matz, was wiederum auf den
Namen Matthias und dessen Varianten zurückgeht und bis heute in
Ausdrücken wie „Hosenmatz“ erhalten ist. Wer sich wie ein „Mätzchen“
aufführt, verhält sich also wie ein ganz kleines Kind, das nur leicht
durchschaubare Ausflüchte findet und Unsinn anstellt.
ein Mauerblümchen sein
eine für das andere Geschlecht uninteressante Person;
in den kleinen Spalten und Rissen in Mauern findet meist nur eine
kümmerliche einzelne Blume Platz und Nahrung. Diese kleine
Mauerblume wird als Bild auf einen Menschen übertragen, der
einsam, ohne Gesellschaft sein Leben fristet.
ein ungewaschenes Maul haben
eine unflätige Ausdrucksweise haben;
der derbe Ausdruck „Maul“ steht hier für die Sprache, also das den
Mund Verlassende.
jemandem ums Maul gehen
jemandem schmeicheln, ihm nach dem Mund reden;
diese Redensart klingt ähnlich wie die bekannte Wendung „Honig um
den Bart schmieren“, könnte aber auch ihren Ursprung im Tierreich
379
haben. Rangniedere Hunde schlecken regelmäßig den älteren oder
ranghöheren Tieren die Lefzen, um damit ihre Unterwürfigkeit zu
demonstrieren.
sich das Maul verbrennen
auch: sich die Zunge verbrennen; sich den Mund verbrennen
etwas Unbedachtes sagen, das negative Folgen für einen selbst hat;
bereits bei Luther zu finden: Das unüberlegte Reden kann ebenso
schmerzhafte Folgen haben wie das unüberlegte Zugreifen bei einer
noch heißen Speise.
sich das Maul zerreißen über jemanden
über jemanden herziehen;
diese Redewendung ist die Steigerung des ebenfalls gebräuchlichen
„sich den Mund fusselig reden“; beide Redensarten spielen mit
dem Bild, dass der Mund durch die intensive Nutzung, ähnlich
abgetragenen Textilien, irgendwann reißt und zerfasert.
ein Maulheldein Angeber, Aufschneider;
eigentlich eine Zusammenziehung des Satzes „jemand ist mit dem
Mund (Maul) ein Held“, der weiter ein „aber nicht mit Taten“ impliziert.
jemandem einen Maulkorb verpassen/anlegen
jemandem den Mund verbieten in einer Angelegenheit, ihn mundtot
machen;
der Maulkorb erhielt in den letzten Jahren große Bedeutung als Schutz
der Bevölke rung vor aggressiven Hunden. Ebenso kann man andere
vor unangenehmen – oder peinlichen – Äußerungen einer Person
schützen, wenn man dieser den sprichwörtlichen „Maulkorb“ verpasst.
380
Da beißt die Maus keinen Faden ab!
Daran ist nichts mehr zu ändern!
Aus dem 14. Jahrhundert: Die Redensart bezieht sich wohl auf die
Heilige Gertrud, die Schutzheilige vor Mäuse- und Rattenplagen.
Eine andere Erklärung verweist auf Aesops Fabel von der Maus, die
den Löwen befreit, indem sie die Fäden, in die er sich verstrickt hat,
zerbeißt.
eine graue Mauseine sehr unauffällige, langweilige Frau;
vergleicht eine nichtssagend aussehende Frau mit einem Nager, der
sich aufgrund seiner Fellfärbung in der Stadt hervorragend verstecken
kann.
die Mäuse husten hören
kleinlich, spitzfindig, übervorsichtig sein;
ähnlich wie bei Flöhen ist es auch unmöglich, Mäuse husten zu hören.
weiße Mäuse sehen
(aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums) Wahnvorstellungen haben;
diese Redewendung soll aussagen: im Rausch etwas sehen, das gar
nicht existiert. Sie entstammte der Vorstellung der meisten Menschen,
dass Mäuse ausschließlich graubraun, nie jedoch weiß seien.
am liebsten in ein Mauseloch kriechen
sich schämen;
wer sich schämt, der würde sich, wenn er es denn könnte, auch in ein
Mauseloch verkriechen, um sein Schamgefühl zu verbergen.
sich mausernschöner, besser werden (bei Menschen);
aus dem Tierreich: Jungvögel besitzen ein unauffälliges,
381
graubraunes Gefieder, das sich erst nach der ersten Mauser, also dem
Gefiederwechsel, in ein oft farbenprächtiges Federkleid verwandelt.
sich mausig machen
sich vordrängen, frech sein;
aus der Tierzucht: Diese Redensart wurde von der ersten Mauser des
Jagdfalken abgeleitet, die den Übergang zum eigentlichen Gefieder
darstellt und damit den Eintritt in die „übermütige“ Jugendphase des
Vogels. Erst nach dieser Mauser konnte der Vogel trainiert werden.
Der Versuch der künstlichen Einleitung durch den Falkner wurde als
„mausig machen“ bezeichnet.
das Maß voll machen
die Grenze (des Erlaubten, Erträglichen) überschreiten;
aus Friedrich Schillers Drama „Die Jungfrau von Orleans“: Das volle Maß,
das eigentlich ein wünschenswerter Zustand ist, wird bei Schiller als
Bild dafür gebraucht, dass jemand seine beste Zeit hinter sich hat: „Das
Maß ist voll, er ist zur Ernte reif.“
mit zweierlei Maß messen
zwei Dinge anhand differierender Kriterien beurteilen;
vor der Einführung des metrischen Systems besaß jede Region eigene
Maße, die selbst bei gleichem Namen unterschiedlich lang, schwer
oder groß waren, sodass bei einem Handel häufig „mit zweierlei Maß“
berechnet wurde.
einen Mecklenburger zu Hilfe rufen
nach dem Prügel greifen, jemanden schlagen wollen;
bezieht sich auf das Mecklenburger Prügelgesetz, das Prügelstrafen
für bestimmte Vergehen vorschrieb
382
die Kehrseite der Medailleder Nachteil einer Sache oder eines Sachverhaltes;
diese Wendung gibt es bereits seit dem Altertum. Sie weist darauf hin,
dass die „Rückseite“ einer Münze oder Medaille untrennbar mit ihrer
glänzenden Haupt seite verbunden und die eine nicht ohne die andere
zu haben ist.
am Meer wohnen und Wasser suchen
etwas Unsinniges tun;
hat ihren Ursprung wie die ähnliche Wendung „auf dem Meer nach
Wasser gucken“ wohl in der Seemannssprache. Die Unsinnigkeit
solcher Vorhaben offenbart sich auf den ersten Blick.
auf dem Meer nach Wasser gucken
etwas Unsinniges tun;
an Bord eines Schiffes auf hoher See sucht der Betrachter den Horizont
nach Land, etwa einer Küstenlinie, ab. Wer aber nach Wasser sucht, der
muss blind sein, denn dieses ist auf den ersten Blick zu erkennen.
das Meer ausschöpfen wollen
auch: das Meer austrinken/austrocknen wollen
Unmögliches versuchen, eine schier nicht zu bewältigende Aufgabe
übernehmen;
Herkunft unklar: Der hl. Augustinus hielt das Meer auszuschöpfen für
ähnlich unmöglich, wie das Geheimnis der göttlichen Dreieinigkeit zu
ergründen.
ein Meer von ...
eine Unzahl, Unmenge von ..., massenhaft ... (z. B. Blumen, Tränen);
Christoph Martin Wieland bedauert den Titelhelden seines „Oberon“
(1,4) mit den Worten: „In welches Meer von Jammer stürzt sie euch?“
383
kein Mehl im Mund behalten
seine Meinung frei äußern;
bereits in Luthers Tischreden zu finden; oft in der Form „blasen und
Mehl im Munde behalten geht nicht zusammen“. Bezieht sich darauf,
dass jemand, der redet, nicht gleichzeitig seine eigene Meinung
verstecken kann.
pfeifen wollen und dabei das Mehl im Mund behalten
viel versprechen, dabei aber keine Leistung erbringen wollen, oder viel
erwarten, ohne selbst etwas dafür tun wollen;
diese Wendung taucht häufig im Hessi schen und im Westerwald auf.
Die älteste Belegstelle findet sich jedoch in Notker Labeos „De partibus
logicae“ vom Ende des 10. Jahrhunderts.
eine Meise haben
nicht bei Verstand, leicht verrückt sein;
im alten Volksglauben dachte man, Geistes gestörtheit werde durch
Nisten von Tieren im Kopf verursacht.
in jemandem seinen Meister finden
jemandem begegnen, der einem in einer bestimmten Fähigkeit
überlegen ist;
die Bezeichnung Meister für einen Handwerkstitel leitet sich vom
lateinischen Wort „Magister“ her, das wiederum von „magnus“ (groß)
kommt.
die Melkkuh von jemandem sein
über einen längeren Zeitraum finanziell ausgebeutet werden;
aus der Landwirtschaft: Eine Melkkuh ist dem Wortsinne nach eine
Kuh, die täglich gemolken werden kann und daher finanziellen
Gewinn abwirft.
384
eine Memme sein
ein Feigling sein;
die ältere Schreibweise, „Mämme“, weist auf denselben Ursprung wie
das Wort „Mama“ hin. Eine Memme ist ein Mensch, der sich entweder
nach Schutz durch seine Mutter sehnt – oder sich selbst wie eine alte
Frau verhält.
in rauen Mengenin großer Anzahl;
aus dem Jiddischen: bezieht sich nicht auf eine raue Oberfläche der
Menge, sondern wurde von dem neuhebräischen Wort „raw“, „viel“,
entlehnt.
ein quecksilbriger Menschein überaus lebhafter Mensch;
Quecksilber bildet bei Kontakt mit der Luft kleine Kügelchen, die
ständig in Bewegung und nur schwer zu fassen sind. Es wurde daher
schon im Mittelalter „queckes“, d. h. lebendiges Silber genannt.
Mensch Meier!
auch: Mensch Meyer! Mensch Maier!
(Ausruf des Erstaunens/Ärgers);
aus dem 20. Jahrhundert: bezieht sich vermutlich nicht auf eine reale
Person, sondern lediglich auf das häufige Auftreten des Namens Meier
– so ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand namens Meier an etwas
schuld ist, recht groß.
wie der erste Menschauch: wie die ersten Menschen
naiv, unbeholfen; primitiv;
aus der Soldatensprache: Seit dem Ersten Weltkrieg wird diese
385
geläufige Redewendung, die einen Zustand vollkommener
Ahnungslosigkeit von der Realität der modernen Welt beschreibt,
auch im Alltag verwendet.
wie der letzte Menschungepflegt, heruntergekommen aussehend; ordinär;
„der letzte Mensch“ auf Erden muss sich nicht mehr um
gesellschaftliche Konventionen, Hygienegrundsätze oder Takt und
Anstand sorgen – jemand, der als solcher bezeichnet wird, benimmt
sich heute schon so.
meschugge sein
verrückt sein;
aus dem Hebräischen: Im 19. Jahrhundert wurde der Ausdruck aus
dem Jiddischen (meschuggo) übernommen, das es seinerseits aus
dem Hebräischen (meschugga) abgeleitet hat.
auf Messers Schneide stehen
eine kurz bevorstehende Entscheidung kann so oder so ausfallen;
findet sich schon in Homers Odyssee (8. Jahrhundert v. Chr.) und
meint, dass etwas gegenwärtig im Gleichgewicht Befindliches jeden
Augenblick nach der einen oder anderen Seite kippen kann
ein Messer ohne Klinge, an dem der Stiel fehlt
etwas, an dem jeder mögliche Teil fehlt, also: nichts;
diese scherzhafte Wendung geht auf den Aphoristiker
G. Chr. Lichtenberg (1742–1799) zurück.
es geht einem das Messer in der Tasche auf
man wird zornig, wütend, sehr erregt;
dieser Ausdruck war bereits um 1900 im Badischen geläufig, er
verbreitete sich besonders durch die Soldaten im Zweiten Weltkrieg
386
und beschreibt humorvoll, wie sich das Messer in der Tasche aus lauter
Empörung selbstständig macht, um loszustechen.
ins offene Messer laufen
sich aufgrund eigener Dummheit ins Unglück/in eine Falle begeben;
das „offene“, also aus der Schneide gezogene Messer muss sich sein
Opfer nicht selbst „suchen“, wenn dieses so wenig aufmerksam ist,
dass es selbst in die Schneide läuft.
jemandem das Messer auf die Brust setzen
jemanden unter Druck setzen, zu etwas zwingen;
wer das Messer auf der Brust spürt, der hat keine andere Wahl als
nachzugeben oder sich töten zu lassen. Häufig bezieht sich die
Redensart auf eine finanzielle Bedrohung.
jemandem das Messer in der Wunde umdrehen
jemandem seine Fehler schmerzlich bewusst machen, jemandes
unangenehme Situation noch verschlimmern;
ähnlich der Redensart „Salz in eine Wunde streuen“ bezieht sich auch
diese bildhafte Wendung darauf, dass jemandes Schmerz oder Scham
noch absichtlich verstärkt wird, um ihn leiden zu lassen.
jemandem sitzt das Messer an der Kehle
jemand befindet sich in höchster, auch finanzieller Not;
diese bildliche Redensart erinnert an einen Menschen, dem sein
Gegner im Kampf bereits das Messer an den Hals gelegt hat, um ihn zu
töten.
jemanden ans Messer liefern
jemanden erbarmungslos seinen Feinden ausliefern oder ins Unglück
stürzen;
ähnlich wie „jemandem das Messer an die Kehle setzen“ erinnert die
387
Redensart an einen Kampf auf Leben und Tod bzw. an ein Schlachttier,
das von seinem Besitzer, dem Metzger, direkt „ans Messer geliefert“
wird.
messerscharf schließen
auch: messerscharf folgern/urteilen
einen schnellen logischen Schluss aus etwas ziehen;
stammt wohl von dem Dichter Christian Morgenstern (1871–1914); in
dessen Gedicht „Die unmögliche Tatsache“ heißt es: „Weil, so schließt
er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.“
einen Metzgersgang machen
auch: einen Fleischergang machen
umsonst irgendwohin gegangen sein, sich umsonst um etwas bemüht
haben;
seit dem 18. Jahrhundert belegt: Nicht nachgewiesen ist die
Vermutung, dass diese Redensart von der Praxis der Fleischer stammt,
in regelmäßigen Abständen die Bauern der Umgebung zu besuchen,
um Schlachtvieh aufzukaufen – oder vergeblich danach zu fragen.
gute Miene zum bösen Spiel machen
scheinbar gut gelaunt oder gleichgültig negative Ereignisse oder eine
unangenehme Situation hinnehmen;
aus dem Kartenspiel: bezieht sich auf das „Bluffen“ des Spielers,
der das für ihn ungünstige Spiel der Mitspieler oder sein eigenes
unbrauchbares Blatt mit (gespielter) Gleichgültigkeit betrachtet.
ohne eine Miene zu verziehen
reglos, ohne eine Gefühlsäußerung zu zeigen;
die „Miene“ sind die Gesichtszüge, die sich bei einem guten Lügner
oder bei tatsächlicher Unberührtheit von einer Sache nicht verändern.
388
schon die halbe Miete sein
schon ein großes Stück geschafft, einen großen Teil (einer Sache)
erledigt;
aus der Landwirtschaft: Mit „Miete“ ist hier nicht die monatliche
Bezahlung für das Wohnrecht in einem Haus gemeint, sondern das
bäuerliche Erntelager. Insbesondere Zuckerrüben werden bis heute in
länglichen Haufen direkt am Feldrand gelagert und gegen Frost mit
einer Plane oder früher mit Stroh geschützt. Hatte der Bauer bereits
die halbe Miete, so waren immerhin 50 Prozent der Erntearbeit auf
einem Feld erledigt – ein Grund zum Aufatmen.
das Land, wo Milch und Honig fließen
das Paradies;
aus der Bibel: In der Bibel ist das Land, in dem Milch und Honig fließen,
das den Israeliten verheißene Land: „Und ich bin herniedergefahren,
dass ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie herausführe aus
diesem Lande in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch
und Honig fließt.“ (Genesis 3,8)
die Milch der frommen Denkart
unverdorbene, reine und tugendhafte Denkweise;
aus der Literatur: in Schillers Drama versucht Wilhelm Tell sein Tun zu
rechtfertigen, während er in einer „hohlen Gasse“ auf der Lauer liegt:
„[...] in gärend Drachengift hast du / die Milch der frommen Denkart
mir verwandelt [...].“
ein Milchgesichtjemand, der sehr jung aussieht;
der Ausdruck bezeichnet einen Menschen mit sehr jugendlichen
Gesichtszügen eigent lich als Baby, nämlich als jemanden, der aussieht,
als bräuchte er noch Muttermilch.
389
eine Milchmädchenrechnungeine Berechnung oder Schlussfolgerung anstellen, die nur scheinbar
sinnvoll, bei genauerem Hinsehen aber fehlerhaft ist oder sich als
unrealistisch erweist;
das Milchmädchen in La Fontaines Fabel stellt bereits vor Verkauf
ihrer Milch Berechnungen darüber an, was sie sich von dem zu
erwartenden Gewinn alles kaufen kann – und verschüttet dabei die
Milch.
eine grüne MinnaBezeichnung für ein Polizeiauto;
„Minna“ ist der Standardname, mit dem bequeme Herrschaften ihre
Hausmädchen ansprachen; die Bezeichnung wurde auf das grüne
Polizeiauto übertragen.
jemanden zur Minna machen
jemanden äußerst streng behandeln;
Minna, die Kurzform von Wilhelmine, war zu Beginn des
20. Jahrhunderts in Preußen ein weit verbreiteter Vorname. Der
Einfachheit halber machte man aus den meisten Dienstmädchen
eine Minna; so musste man sich den jeweiligen Vornamen nicht
merken. Weil Dienstmädchen ein hartes Leben hatten und von ihren
Arbeitgebern oft auch grundlos „zusammengestaucht“ wurden,
entwickelte sich daraus die Redensart „jemanden zur Minna machen“.
auf jemandes Mist gewachsen sein
seine eigene (geistige) Leistung, sein geistiges Eigentum sein;
aus der Landwirtschaft: Diese bildliche Redensart bezieht sich auf den
Bauern, der zur Düngung seines Gartens niemals fremden Mist zu
kaufen braucht, sondern alles auf eigenem Mist wachsen lässt.
390
Mist bauen
auch: Bockmist bauen
(große) Fehler machen;
seit etwa 1930 verbreitet: Diese Redewendung stammt aus der
Soldatensprache; da Mist, also Tierkot, stinkt und unerwünscht ist,
wurde er mit den ebenso unerwünschten Fehlern und schlechten
Leistungen gleichgesetzt.
mitgegangen – mitgehangen
wer sich an etwas beteiligt, muss auch für die Folgen mit
geradestehen;
diese Redewendung stammt aus einer Zeit, als das Hängen noch eine
übliche Strafe auf Raub oder Mord war. Da jemand, der auf einen
Raubzug mitgegangen ist, auch mitgefangen wird, gibt es eine zweite
Version dieser Wendung: „mitgefangen, mitgehangen“.
etwas mitgehen lassen
etwas stehlen;
verharmlosender Ausdruck für „stehlen“; vermittelt das Bild eines
Gegenstands, der beinahe freiwillig mit dem Dieb „mitgeht“.
ab durch die Mitteaus den Augen, voran, weg;
aus dem Militärwesen: Befehl beim Spießrutenlaufen. Bei dieser bis ins
19. Jahrhundert üblichen Form der Bestrafung musste der Delinquent
mit nacktem Oberkörper durch eine Gasse aus Soldaten laufen, die
mit Spießen auf ihn einstachen. Der Befehl zum Anfangen lautete:
„Ab durch die Mitte!“ Eine andere Herleitung verweist auf das Theater.
„Ab durch die Mitte“ ist eine Bühnenanweisung, die angibt, in welcher
Richtung ein Schauspieler die Bühne zu verlassen hat.
391
die goldene Mitteein Kompromiss;
aus dem Lateinischen: Übersetzung eines Zitats von Horaz (65–8
v. Chr): „Aurea mediocritas“, das den besonderen Wert nicht des
Mittelmaßes, sondern des rechten Maßes und der Mäßigkeit
bezeichnete.
einen Mohren weiß waschen wollen
etwas vollkommen Unmögliches versuchen; einen offensichtlich
Schuldigen als unschuldig darstellen;
aus der Bibel: Im Alten Testament heißt es im Buch des Jeremia (13,23):
„Kann auch ein Mohr seine Haut wandeln oder ein Parder seine
Flecken?“ Jeremia prophezeit in diesem Fall, dass Gott das sündige
Volk hart bestrafen wird, weil es sich nicht ändern kann. Die gleiche
Bedeutung hat der Ausdruck „Mohrenwäsche“, der den unnützen
Versuch beschreibt, einen offen sichtlich Schuldigen durch erfundene
Scheinwahrheiten unschuldig darzustellen. Genauso wenig kann man
einen dunkelhäutigen Mohren weiß waschen.
ein Mollenfriedhofein Bierbauch;
aus Berlin: „Molle“ ist ein Regionalausdruck für Bier, das im Bauch „zu
Grabe getragen“ wird.
bei jemandem geht der Mond auf
jemand bekommt eine Glatze;
diese scherzhaft gemeinte Redensart bezieht sich auf die Ähnlichkeit
einer leuchtenden Glatze, die zwischen den Haaren sichtbar wird, mit
dem ebenso leuchtenden runden Mond, der sich über einem Wald
erhebt.
392
den Mond anbellen
etwas tun, dass keine Wirkung zeigt; über jemanden schimpfen, ohne
damit Einfluss auf sein Verhalten zu haben;
seit dem 16. Jahrhundert belegt: Das Bild des Hundes, der (so nahm
man fälschlich an) den Mond anbellt, um ihm die Schuld für ein Unglück
zu geben, findet sich auch bei Goethe (Faust II): „Wer seid ihr denn,
dass ihr / des Hauses Schaffnerin entgegenheulet, / Wie dem Mond der
Hunde Schar.“
hinter dem Mond leben
auch: auf dem Mond leben
über aktuelle Geschehnisse nicht unterrichtet sein;
bezieht sich auf den von allen Geschehnissen der Erde am weitesten
entfernten Ort, den man sich früher vorstellen konnte.
in den Mond gucken
leer ausgehen;
analog zur Redensart „in den Eimer gucken“ bezieht sich auch diese
Wendung darauf, dass man seine Aufmerksamkeit auf etwas richtet,
das definitiv keinen Nutzen verspricht.
jemanden auf den Mond schießen wollen
jemanden loswerden wollen;
die Redewendung beschreibt das Gefühl einer Person, dass ein
anderer selbst am anderen Ende der Welt noch zu nah sei, um es
ertragen zu können.
blauen Montag machen
auch: blaumachen
einen arbeitsfreien Tag (Montag) haben;
aus der Färbersprache: Die blau zu färben den Stoffe wurden früher
393
üblicherweise sonntags in die gelbe Lauge eingelegt und montags
zum Trocknen aufgehängt. Erst bei dem Kontakt mit der Luft verfärbte
sich das Indigo zu einem leuchtenden Blau. Während des Trocknens
aber konnten die Färber nicht weiterarbeiten – sie hatten am Montag
also frei.
Montezumas Rache
(eine Durchfallerkrankung auf Reisen);
der Aztekenherrscher Montezuma hieß die Spanier in seinem Land
willkommen – wenig später wurde sein Volk durch die Eroberer
vernichtet. Wer heute im Ausland (früher: in Südamerika) an Diarrhoe
erkrankt, der erlebt also die scherzhaft so bezeichnete „Rache
Montezumas“.
Moos haben
Geld haben;
aus dem Hebräischen: Das hebräische Wort für Münze, „moath“,
wurde in der deutschen Umgangssprache im Laufe der Zeit zu Moos.
Ursprünglich wurde es nur im Rotwelsch verwendet, später in die
Studentensprache übernommen.
wie der Mops im Paletot
glücklich und zufrieden;
trotz seines eher besorgt-mürrischen Gesichtsausdrucks gilt der Mops
als zufriedener Hund, vermutlich, da er ein reiner Schoßhund ist und
weder Wach- noch Jagdhund. So entstand auch das Wort „mopsfidel“.
etwas mopsenetwas klauen;
diese Schoßhunderasse ist in zahlreichen Redensarten zu finden und
steht stets für ein etwas dümmliches, fröhliches Verhal ten – oder, wie
394
in diesem Fall, für die Ungezogenheit der Möpse, die nie arbeiten
mussten, sondern nur zur Gesellschaft gehalten wurden.
morgen läuft eine andere Sau durchs Dorf
bald ist alles vergessen;
aus dem Mittelalter: Die Redensart baut auf das kurze Gedächtnis
der Menschen. Wenn im Rahmen einer Schandstrafe jemand als
Sau verkleidet durchs Dorf getrieben wurde, konnte er sich der
Belustigung und des Spotts der Nachbarn sicher sein – aber er konnte
auch hoffen, dass schon am nächsten Tag ein anderer die Rolle
übernehmen und Thema des Dorfgesprächs sein würde.
Morgenluft wittern
eine Chance, eine günstige Entwicklung voraussehen;
aus der Tragödie „Hamlet“ von William Shakespeare: Der Geist von
Hamlets Vater muss bei Morgengrauen verschwinden und sagt daher:
„Still [...], ich wittre Morgenluft.“
in Morpheus` Armen ruhen
gut schlafen;
aus der griechischen Mythologie: Morpheus, der Gott des Traumes,
hat die Macht über die Träume der Menschen; er kann sich in jede
beliebige Gestalt verwandeln und dem Träumer erscheinen. Nach ihm
wurde auch das Morphium benannt.
Motten im Kopf haben
seltsame Ideen haben;
die Nachtfalter stehen für Verwesung, da sie sich lediglich an
lang bewahrten, staubigen Textilien vergehen; ein ähnlicher
Zersetzungsvorgang wird eventuell bei jemandem angenommen, der
absurde Ideen und Vorstellungen hat.
395
aus einer Mücke einen Elefanten machen
auch: aus jeder Mücke einen Elefanten machen; aus einem Floh einen
Elefanten machen
etwas stark übertreiben, aufbauschen;
aus der Antike: Die Wendung, die ihre Komik aus dem
Größenunterschied bezieht, findet sich schon im „Lob der Fliege“ des
griechischen Satirikers Lukian von Samosata aus dem 1. Jahrhundert
n. Chr. Noch in lateinischer Form („Elephantum ex musca facere“)
zitiert sie Erasmus von Rotterdam (1466–1536).
mucksmäuschenstill sein
sehr still, leise sein;
seit dem Mittelalter belegt: Das oft für das menschliche Gehör nicht
mehr wahrnehmbare hohe Pfeifen der Nager führte zu der Annahme,
Mäuse seien sehr still. Der Zusatz „mucks“ verstärkt den Eindruck von
absoluter Stille; es wird nicht einmal ein Mucks, ein leises Mucken von
sich gegeben.
jemandem geht die Muffejemand hat Angst;
analog zu dem Ausdruck „Muffensausen“ steht auch hier das
Rohrstück für den After.
Muffensausen haben
nervös sein, Angst haben;
eine Muffe ist eigentlich das End- oder Verbindungsstück von Rohren;
in dieser jüngeren umgangssprachlichen Redewendung steht der
Ausdruck jedoch für den After und die bei Angst beschleunigte
Darmtätigkeit.
396
Lieschen Müllerdie weibliche Variante von Otto Normalverbraucher – also eine ganz
beliebige, vollkommen durchschnittliche Frau;
die Redewendung wurde aus im deutschen Sprachraum häufig
vorkommenden Vor- und Nachnamen geprägt.
jemandem wird es mulmigjemand bekommt Angst, beginnt, sich Sorgen zu machen;
„Mulm“ bezeichnet heute ein Bodensediment, das sich aus zersetzten
Pflanzen gebildet hat; früher stand der Ausdruck allgemein für „Boden,
Staub, Erde“ (von „zermahlen“). Damit bedeutet diese Redensart
dasselbe wie „hier ist etwas faul“; etwas beginnt, sich nachteilig zu
entwickeln.
keinen Mumm in den Knochen haben
keinen Mut haben, ein Feigling sein;
eigentlich bedeutet diese Redewendung „keine Energie, Tatkraft
besitzen“, denn „Mumm“ ist vom lateinischen Wort animus (auch:
Seele, Geist) entlehnt.
ein Mummelgreisein sehr alter Mensch;
dieser abwertend verwendete Ausdruck leitet sich vom heute nicht
mehr üblichen Verb „mummeln“ für brummen, undefinierbare Laute
von sich geben ab; ein Geräusch, das u. a. zu hören ist, wenn jemand
ohne Zähne kaut.
etwas ist Mumpitzetwas ist Unsinn;
aus dem Elsässischen: Seit dem 17. Jahrhundert ist dort das Wort
„Mummelputz“ für eine Vogelscheuche (eigentlich: „verhülltes
397
Schreckgespenst“) belegt, das sich zum hessischen „Mombotz“
entwickelte. Die Bedeutung wandelte sich von „Schreckgestalt“ zu
„erschreckende, aber gehaltlose Rede“.
jemandem den Mund wässrig machen
jemandem Lust auf etwas machen;
spielt auf den Reflex des vermehrten Speichelflusses beim Anblick
einer leckeren Speise an.
kein Blatt vor den Mund nehmen
die ungeschönte Wahrheit sagen, sehr direkt sein;
aus der Theatersprache: Schon früh dienten Masken den
Schauspielern dazu, ihre Identität zu verheimlichen, um so ungestraft
die Mächtigen kritisieren zu dürfen. Bevor die ersten Masken
entstanden, behalf man sich mit Blättern, die an das Gesicht geheftet
wurden. Kein Blatt vor den Mund nehmen konnte also nur, wer Blätter
vor dem Rest seines Gesichtes hatte.
sich den Mund fusselig reden
ohne Erfolg viel reden;
beschreibt ein so ausdauerndes Sprechen, dass der Mund abgenutzt
wird und ausfranst.
von Mund zu Mund gehen
etwas (ein Gerücht, ein Geheimnis) wird verbreitet;
beschreibt die Geschwindigkeit der mündlichen Weitergabe; das
Gerücht geht nicht mehr „von Mund zu Ohr“, sondern wird direkt im
Anschluss weitererzählt.
jemanden mundtot machen
jemanden zum Schweigen bringen;
aus dem Mittelalter: Die heutige Bedeutung und Schreibweise lassen
398
darauf schließen, dass in dieser Redewendung die dem Spre chen
dienende Körperöffnung im Gesicht gemeint ist. Tatsächlich entwickelte
sich der Begriff ursprünglich aus dem mittelhoch deutschen Wort „munt“,
das Schutz, Aufsicht bedeutet. „Munt-tot“ hieß also, dass man nicht mehr
die Aufsicht über eine Sache hatte. Man wurde – auch hier ist der sprach-
liche Ursprung derselbe – entmündigt.
etwas für bare Münze nehmen
etwas als die Wahrheit annehmen;
seit dem 18. Jahrhundert belegt: Es ist nicht überliefert, was man
früher jemandem unterjubelte, das dieser als „bare Münze“, also echtes
Geld, anerkennen sollte; heute wird diese Redensart auf jemanden
bezogen, der einen Scherz nicht als solchen erkennt.
etwas mit gleicher Münze heimzahlen
Gleiches mit Gleichem vergelten, sich mit gleichen Mitteln rächen;
seit dem 17. Jahrhundert belegt: Diese Redewendung vermittelt
dasselbe wie der bib lische Spruch „Auge um Auge, Zahn um Zahn“
(Exodus 21,24).
von der Muse geküsst
auch: warten, dass einen die Muse küsst, auf den Musenkuss warten
künstlerisch inspiriert;
aus der griechischen Mythologie: Die Musen, Töchter des Zeus, galten
als Göttinnen der schönen Künste. Hesiod zählt derer neun: Klio (Muse
der Geschichtsschreibung), Melpomene (Tragödie), Terpsichore (Tanz),
Thalia (Komödie, Schauspielkunst), Euterpe (Tonkunst, Gesang), Erato
(Liebeslyrik), Urania (Astronomie), Polyhymnia (hymnische Dichtung),
Kalliope (epische Dichtung).
399
etwas mit der Muttermilch aufgesogen haben
eine bestimmte Eigenschaft seit frühester Kindheit besitzen;
diese in zahlreichen europäischen Sprachen zu hörende Redensart
beruht auf der wissenschaftlich nicht zu begründenden Annahme,
Talente und Charaktereigenschaften könnten mit der Nahrung
aufgenommen werden.
jemandem springt der Draht aus der Mützejemand regt sich sehr auf, verliert die Kontrolle über sich;
bezeichnet eine so große Wut, dass selbst das Unmögliche möglich
wird – eine Mütze besitzt zwar keinerlei Metallteile, aber die
schwellenden Zornesadern auf der Stirn sprengen dennoch den nicht
vorhandenen Draht.
sich für den Nabel der Welt halten
sich für den Mittelpunkt, das Wichtigste der Welt halten;
der Nabel, beim Fetus Ansatzpunkt der Nabelschnur als
„Nährstoffleitung“, liegt in der Mitte des Bauches und ist damit
sozusagen der Mittelpunkt des Menschen; manche Menschen halten
sich selbst dementsprechend für den „Nabel der Welt“.
Nachtigall, ick hör dir trapsen!
Ich ahne etwas! Ich weiß, was los ist!
„Trapsen“ ist ein Dialektwort für lautes Gehen. Diese Redewendung
ist vermutlich eine Verballhornung der ersten Zeile des Liedes
„Nachtigall, ich hör dich singen“ aus „Des Knaben Wunderhorn“.
In einem Fliegenden Blatt lautet der Text der sechsten Strophe:
„Nachtigall, ich hör dich laufen, / von dem Bächlein tust du saufen.“
400
jemandem den Fuß in den Nacken setzen
auch: jemandem den Fuß ins Genick setzen
jemanden demütigen, unterwerfen;
aus der Bibel: In dieser Wendung hat sich der Kriegsbrauch erhalten,
dem Besiegten als Zeichen der Überlegenheit den Fuß in den Nacken
zu setzen. Schon bei Josua (10,24) ist diese Geste bezeugt: Da „rief
Josua alle Männer Israels zu sich und sprach zu den Obersten des
Kriegsvolks, die mit ihm zogen: Kommt her und setzt eure Füße auf
den Nacken dieser Könige.“
jemandem im Nacken haben
von jemandem bedrängt werden;
aus dem Mittelalter: Im Gegensatz zu den anderen Varianten („den
Teufel/Schalk/die Angst im Nacken“) meint diese Form ausnahmsweise
nur im übertragenen Sinne, dass jemanden eine Person so bedrängt,
als würde sie auf ihm sitzen.
jemandem sträuben sich die Nackenhaareauch: jemandem stellen sich die Nackenhaare auf
etwas entsetzlich, schauerlich finden;
tatsächlich können sich Haare, insbesondere die feinen Nackenhaare,
bei Angst, Entsetzen oder Erschrecken aufstellen. Belegt ist diese
Redewendung bereits im Alten Testament sowie in der Literatur der
Antike.
die Nadel im Heuhaufen suchen
auch: eine Stecknadel im Heuhaufen suchen
eine unlösbare Aufgabe übernehmen;
bildliche Redensart, die ein schier aussichtsloses Unterfangen darstellt.
401
mit heißer Nadel gestrickt worden sein
eilig und daher schlecht und flüchtig ausgeführt worden sein;
bezieht sich auf eine eigentlich unrealistische Situation, da
Stricknadeln nie erhitzt oder von selbst heiß werden.
wie auf Nadeln sitzen
unruhig oder unbequem sitzen;
die Redewendung geht vermutlich auf eine mittelalterliche
Foltertechnik zurück, ähnlich der Redensart „auf glühenden Kohlen
sitzen“.
den Nagel auf den Kopf treffen
genau das Richtige treffen bzw. sagen;
aus dem Mittelalter: Die Zielscheiben für Bogenschützen waren im
Zentrum der Schei be mit einem Nagel gekennzeichnet bzw. befestigt.
Traf ein Schütze diesen Nagel, so hatte er einen Volltreffer gelandet
und den Nagel auf den Kopf getroffen.
„Ich sollte [...] des Gebrauchs der Sprichwörter entbehren, die doch,
statt vieles Hin- und Herfackelns, den Nagel gleich auf den Kopf
treffen.“ (Goethe, Dichtung und Wahrheit II, 6)
ein Nagel zu jemandes Sarg sein
jemandem viele Sorgen machen;
wird vor allem auf Kinder angewendet, die ihren Eltern Sorgen
bereiten; die Redewendung nimmt Bezug darauf, dass die Eltern
aufgrund dieser Sorgen früher altern und sterben.
etwas an den Nagel hängen
etwas aufgeben;
diese Redewendung könnte in verschiede nen Arbeitsumfeldern
entstanden sein; so hängt der vom Dienst befreite Soldat seinen Rock
402
und sein Gewehr, der Fuhrmann das Pferdegeschirr, der Koch seine
Schürze nach beendeter Arbeit an einem Haken oder Nagel auf.
Nägel mit Köpfen machen
eine Sache energisch bis zum Ziel bringen;
diese Redensart stammt schlicht von der Feststellung, dass Nägel
ohne Köpfe – also einfach Metallstifte – praktisch nicht mit einem
Hammer in ein Werkstück oder eine Wand einzuschlagen sind. Da
die Aufschlagfläche so klein ist, verbiegen sie sich sehr leicht. Ein
funktioneller Nagel besitzt also einen Kopf – und jemand, der eine
Sache effizient bis zum Ende durchführt, macht eben solche Nägel.
sich etwas unter den Nagel reißen
sich (nicht ganz rechtmäßig) etwas aneignen;
jemand, der sich schnell, damit ihm niemand zuvorkommt oder
Einspruch gegen diese Aneignung vorbringt, etwas zulegt, „reißt“ es
an sich bzw. „unter die Fingernägel“.
etwas brennt jemandem unter den Nägelnetwas Wichtiges schnellstmöglich erledigen wollen;
aus dem Mittelalter: bezieht sich nicht auf den Eisen-, sondern auf
den Fingernagel. Um die Kirchengesänge in der oft dunklen Kirche
mitlesen zu können befestigten die Mönche Kerzenstumpen auf ihren
Daumen nägeln. Wenn die Messe etwas länger dauerte, dann brannten
diese oft fast bis zum Ende herunter und den Kloster brüdern „auf den
Nägeln“.
eine Nagelprobe machen
etwas genau überprüfen;
aus der Studentensprache: Neben den Fechtmensuren gab es früher
in studentischen Verbindungen andere Erprobungen von Mut und
403
Männlichkeit der Bewerber. Eine davon war die Biermensur, auch
Bierduell genannt – ein schlichtes Wetttrinken. Um sicherzugehen,
dass der Sieger sein Glas wirklich bis zum bitteren Ende geleert hatte,
wurde es umgedreht und die noch herausfließende Biermenge
gemessen. Passte sie auf einen Daumen nagel, war alles in Ordnung.
War mehr übrig geblieben, verlor der Teilnehmer den Wettkampf –
und sein Gesicht.
aus dem Nähkästchen plaudern
etwas sehr Persönliches verraten;
aus dem 19. Jahrhundert: Da Nähen von jeher Aufgabe der Frauen war,
kümmerten Männer sich nicht um den Inhalt der Schatullen, in denen
Garne, Nadeln und Knöpfe aufbewahrt wurden. Damit wurde das
Nähkästchen zu einem beliebten Versteck für Gegenstände, die der
Ehemann nicht sehen sollte. Wird „aus dem Nähkästchen“ geplaudert,
so wird also sehr Intimes, normalerweise Geheimgehaltenes verraten.
keinen sittlichen Nährwert haben
keinen Sinn haben, nutzlos sein;
seit Ende des Zweiten Weltkriegs verbreitet: Der „Nährwert“ eines
Lebensmittels ist sein Nutzen für den Energiehaushalt des Körpers;
was keinen „sittlichen Nährwert“ besitzt, ist also für die Moral und das
Zusammenleben nutzlos.
nichts auf der Naht haben
kein Geld haben;
mit „Naht“ ist vermutlich die Nahtlinie der Hosentasche bzw. des
Geldbeutels gemeint.
Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts!
damit habe ich nichts zu tun, davon weiß ich nichts;
404
aus dem 19. Jahrhundert: Der Heidelberger Jurastudent Victor von
Hase wurde der Fluchthilfe für einen Kommilitonen, der in einem
Duell seinen Gegner getötet hatte, angeklagt. In dem folgenden
Prozess stellte er zu Beginn klar: „Mein Name ist Hase; ich verneine die
Gegenfragen; ich weiß von nichts.“
sich einen Namen machen
bekannt, berühmt werden;
aus der Bibel: Heute wird jemand, der sich „einen Namen
gemacht“ hat, mit Respekt genannt und diese Leistung als etwas
Anerkennenswertes behandelt. In der Bibel wurde diese Wendung
eher negativ verstanden. Im 1. Mose 11,4 heißt es über die Turmbauer
zu Babel: „Und sie sprachen: Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen
Turm bauen, dessen Spitze an den Himmel reiche, damit wir uns
einen Namen machen.“ Damit fordern sie Gott heraus, sie wollen mit
ihrem Turm in sein Reich, den Himmel, vordringen. Die Strafe war die
babylonische Sprachverwirrung.
einen Narren an jemandem gefressen haben
auch: einen Narren an etwas gefressen haben
unkritisch sehr für jemanden/etwas eingenommen sein;
seit dem 16. Jahrhundert belegt: Der mittel alterliche Volksglaube
schob seltsames Verhalten oft auf Dämonen und Kräfte, die sich in den
Körper des Betreffenden begeben hatten und durch diesen wirkten.
Das „Fressen“ eines närrischen Geistes ist allerdings nur scherzhaft
gemeint.
eine feine Nase für etwas haben
etwas richtig vorausahnen;
geht auf den feinen Geruchssinn des Menschen oder wahrscheinlicher
des Jagdhundes zurück, der besonders „naseweis“ ist.
405
jemandem eine Nase drehen
jemanden auf den Arm nehmen, verspotten;
aus dem 16. Jahrhundert: Diese Redewendung wurde von einer
verhöhnenden Gebärde abgeleitet, mit der man jemandem mittels
ausgestreckter Finger eine lange Nase zeigt. Da Narren früher eine aus
Wachs geformte lange Nase trugen, „dreht“ man heute jemandem, den
man für einen Narren hält, symbolisch eine solche Wachsmaske um.
jemandem etwas unter die Nase reiben
jemandem etwas unmissverständlich zu verstehen geben;
ein Geruchsstoff, der unter die Nase gerieben wird, begleitet
jemanden über lange Zeit und erinnert ihn bei jedem Atemzug an den
Ursprung des Geruchs. Im übertragenen Sinne wird jemandem durch
das „unter die Nase Reiben“ etwas so deutlich gemacht, dass er es
nicht mehr vergessen kann.
jemandem nach der Nase gehen
jemandem überallhin folgen;
die Nase ist das hervortretendste Organ unseres Gesichts. Unser
Gesicht ist normalerweise in die Richtung gewandt, in die wir gehen,
dabei zeigt unsere Nase sozusagen den Weg an. Wenn also jemand
will, dass alles nach seiner Nase geht, dann will er, dass es die anderen
ihm gleichtun.
jemanden an der Nase herumführen
auch: jemanden nasführen
jemanden ärgern, einen Scherz mit ihm treiben;
aus der Tierhaltung: Widerspenstige Tiere wie etwa Stiere bekommen
auch heute noch einen Ring durch die Nase gezogen, um sie besser
bändigen zu können. Nur an ihrer empfindlichen Stelle, an der Nase,
lassen sie sich so herumführen.
406
jemanden mit der Nase auf etwas stoßen
jemanden eindringlich auf etwas hinweisen;
ähnlich wie in der Redensart „jemandem etwas unter die Nase reiben“
wird jemandem eine Sache so nahe gebracht, dass er sie sehen muss
und nicht leicht wieder vergisst.
seine Nase in alle Töpfe stecken
neugierig sein, sich in alles einmischen;
die Redewendung entstammt dem Umfeld der Küche, in der ein
neugieriger Besucher alle Deckel anhebt und riecht, um zu erfahren,
was darunter zubereitet wird.
sich an die eigene Nase fassen
sich die eigene Schuld eingestehen;
seit dem 16. Jahrhundert belegt: Diese Redensart geht wohl auf
eine alte normannische Rechtsregelung zurück, nach der sich der
Angeklagte, wenn er den Vorwürfen widerspricht, sich an die eigene
Nase zu fassen hat. Möglich ist, dass damit auf die Tatsache Bezug
genommen wird, dass der Mensch die eigene Nase, die sich ja ständig
im Blickfeld befindet, nicht mehr bewusst wahrnimmt – ebenso wenig
wie die eigenen Fehler.
sich eine goldene Nase verdienen
reich werden, viel Geld verdienen;
die Nase eines Menschen kann als Körperteil, der jederzeit für die
Umwelt sichtbar ist, den gesundheitlichen – und eben auch den
finanziellen – Stand einer Person anzeigen.
alle naselanghäufig, ständig;
bezieht sich auf die Länge der Nase, die selbst bei Menschen mit
407
besonders „gro ßem Zinken“ im Vergleich zum Körper kurz ist. Passiert
etwas also alle naselang, dann ist der Abstand dazwischen nicht sehr
groß.
jemandem etwas an der Nasenspitze ansehen
etwas über jemanden genau wissen (scherzhaft);
es gibt zwei Erklärungsvarianten: So kann die Nase Auskunft über
den Gesundheitszustand eines Menschen geben; bei Fieber ist
sie heiß und rot, und die „blaue“ Nase eines Alkoholikers ist auch
bekannt. Möglich ist aber auch, dass die Wendung zunächst im
Zusammenhang mit bestimmten Familien geprägt wurde, bei denen
die Verwandtschaft tatsächlich aus der besonderen Nasenform oder
-größe ersichtlich wurde.
naseweis sein
vorlaut, besserwisserisch sein;
aus der Jägersprache: Der Begriff „Naseweis“ kommt von „mit der Nase
weisen“ und bezog sich ursprünglich auf den feinen Geruchssinn von
Spürhunden. Auf den Menschen übertragen, wurde aus dem Lob ein
Tadel für vorlautes Verhalten.
nassforsch auftreten
frech, unverschämt auftreten;
bezieht sich auf die veraltete Bedeutung „liederlich“ für das Wort
„nass“; damit meint der Ausdruck wörtlich „wenig vertrauenswürdig,
aber gewagt auftreten“.
im Nebel stochern
willkürlich, ohne Kenntnis der Fakten etwas entscheiden oder
unternehmen;
bei sehr dichtem Nebel ist es vonnöten, mittels einer Stange – wie
408
mit einem Blindenstock – den Weg zu suchen und auf Tragfähigkeit
zu testen. Ähnlich geht jemand vor, der auf der Suche nach etwas
„im Nebel stochert“: Er sieht nicht, wohin er geht, und kann mit dem
nächsten Schritt gegen eine Mauer laufen oder in ein Loch fallen.
der blanke Neidbesonders großer Neid;
aus dem Mittelalter: Neid ist eine der sieben Todsünden. Ein neidischer
Mensch muss sich schämen, wenn er in den Spiegel sieht, ist er blank,
also blass.
vor Neid platzen
außerordentlich neidisch sein;
aus der Antike: Die Redensart geht zurück auf eine Fabel des
römischen Dichters Phaedrus (ca. 20 v.–50 n. Chr.) zurück, in der sich
ein eitler Frosch mit dem Ochsen messen will. Dazu bläst er sich auf,
bis er platzt.
ein Neidhammel sein
sehr neidisch auf etwas/jemanden sein;
seit dem 16. Jahrhundert belegt: wurde aus dem Begriff
„Streithammel“ abgeleitet; ein direkter Bezug zwischen einem
männlichen Schaf und dem Gefühl der Missgunst ist allerdings nicht
herzustellen.
alles auf einen gemeinsamen Nenner bringen
unterschiedliche Dinge, Meinungen, Menschen zu einer harmonischen
Einheit zusammenfassen;
aus der Mathematik: Um Brüche mit unter schiedlichen Nennern
addieren bzw. subtrahieren zu können, müssen sämtliche Brüche
zunächst auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden.
409
Nerven wie Drahtseile haben
sich nicht aus der Ruhe bringen lassen;
vergleicht die nervliche Belastbarkeit einer Person mit der Haltbarkeit
von Metall bzw. Metallkabeln.
sich in die Nesseln setzen
auch: sich in die Brennnesseln setzen
sich selbst in eine unangenehme Situation bringen;
diese Redensart bezieht sich auf das sehr unangenehme Brennen
bestimmter Nessel arten auf der Haut, das dem Gefühl in einer sehr
unerfreulichen Lage entspricht.
Nestbeschmutzer sein
das System oder die soziale Gruppe, in der man lebt, kritisieren und
schädigen;
ursprünglich ein Ausdruck für Jungvögel, die ihren Kot nicht über den
Rand des Nestes, sondern in demselben absetzen.
das Nesthäkchen sein
der/die Jüngste unter den Geschwistern sein;
aus der Tierwelt: Das „Nest“ als Brut- und Aufzuchtort junger
Vögel steht in diesem Ausdruck für das Heim der Familie. Und das
„Nesthäkchen“ hat sich quasi in dieses Heim „eingehakt“, denn es wird
es als das letzte Kind verlassen. Der Begriff fand in die Literatur v. a.
durch Else Urys Romanreihe „Das Nesthäkchen“ Eingang.
ein Nestor sein
der Älteste und Weiseste, der Altmeister eines Faches sein;
aus der griechischen Mythologie: Nestor ist eine der Figuren in
Homers Ilias. Er ist u. a. Ratgeber der Griechen und wurde zum
Inbegriff des älteren, weisen Mannes im Hintergrund.
410
ein Neunmalklugein Besserwisser;
diese ironische Benennung verbindet das positive Attribut „klug“ mit
der in der Zahlensymbolik als Zahl des Göttlichen und der Perfektion
geltenden Neun.
viel Lärm um nichts machen
sich ohne Grund aufregen;
nach Shakespeares gleichnamiger Komödie: Die Geschichte handelt
von mehreren Paaren, die nach unterhaltsamen Verwicklungen
zusammenkommen, sich kurzzeitig trennen und wieder zueinander
finden.
ein Nickerchen machen
einen kurzen, leichten Schlaf schlafen;
das Wort „Nickerchen“ spielt auf den bei im Sitzen schlafenden
Menschen immer wieder nach unten sinkenden und plötzlich
hochgerissenen Kopf an, eine Bewegung, die dem Nicken ähnelt.
etwas geht jemandem an die Nierenetwas berührt einen stark;
aus dem Mittelalter: Man glaubte in den Nieren säße der Ursprung aller
Emotionen, sowie der Geschlechtstrieb des Menschen. Wenn jemandem
etwas an dieses Organ geht, so schlägt es ihm also auf das Gemüt.
ein Nimmersatt sein
unersättlich sein;
aus der Bibel abgeleitet: Dort steht im 2. Brief des Petrus 2,13–14: „Sie
halten es für eine Lust, am hellen Tag zu schlemmen [...], haben Augen
voll Ehebruch, nimmer satt der Sünde“; heute ist „Nimmersatt“ auch
der Name einer Storchenvogelart.
411
Otto Normalverbraucherein Durchschnittsbürger ohne besondere Auffälligkeiten im
Konsumverhalten;
aus der Nachkriegszeit: Otto wurde im Deutschen wegen seiner
früheren Häufigkeit als Name des Durchschnittsbürgers verwendet.
„Normalverbraucher“ war eine der Zuteilungskategorien auf den
Lebensmittelkarten nach dem Krieg – also die Grundmenge ohne
jegliche Zulagen. Daraus machte der Regisseur Robert Stemmle
den „Otto Normalverbraucher“, die Hauptfigur des Nachkriegsfilms
„Berliner Ballade“ (1948).
die Notbremse ziehen
einer falschen, negativen Entwicklung gerade noch Einhalt gebieten;
die Notbremse z. B. in einem Zug ist eine technische Vorrichtung,
mithilfe derer die entsprechende Maschine zu einem sofortigen Halt
gebracht werden kann. Meist hat sie die Form eines verplombten
Griffs, der nach unten gezogen werden muss.
eine eigene Note haben
auch: eine besondere Note haben
eigen, etwas Besonderes sein;
aus der Musik: Diese positiv wie spöttisch verwendete Redensart
bezieht sich auf die Musiknoten. Eigene Noten zu spielen kann kreativ,
in einem Orchester aber auch höchst störend sein.
etwas bitter nötig haben
etwas sehr dringend brauchen;
„bitter“ dient in vielen Ausdrücken – darunter „bitterernst“, „bitterkalt“
usw. – zur Verstärkung und Steigerung.
412
ein Notnagel sein
jemand/etwas, der/das nur ausnahms weise, in Notlagen genutzt oder
hinzugezogen wird;
bezieht sich vermutlich auf einen weniger fein geschmiedeten Nagel,
mit dem der Reiter früher ein sich lösendes Hufeisen seines Pferdes
notdürftig festschlug.
jemanden auf die Nudel schieben
jemanden hochnehmen, veralbern;
diese umgangssprachliche Redewendung ist lediglich der Versuch, ein
möglichst absurdes und realitätsfernes Bild vor dem inneren Auge des
Zuhörers entstehen zu lassen.
nullachtfünfzehnDurchschnitt, Mittelmaß, mittelmäßig;
aus der Militärsprache: Mit „nullachtfünfzehn“ war das
Maschinengewehr 08/15 gemeint, das 1908 erstmals gebaut und
1915 modifiziert wurde (daher die Ziffern folge). Am MG 08/15
wurden die Soldaten für den Kampf ausgebildet, es war also das
Standardmaschinengewehr, das besonders im Ersten Weltkrieg weite
Verbreitung fand.
eine harte Nusseine schwere Aufgabe;
vergleicht eine kaum zu lösende Aufgabe, aber auch einen nur schwer
zu durchschauenden Menschen mit einer Nuss, deren Schale kaum
geknackt werden kann.
eine taube Nussein Versager, jemand, der nicht das Erwartete leistet;
„taub“ hat in diesem Zusammenhang nichts mit einer
413
Gehörschädigung zu tun, sondern bezeichnet (ähnlich dem
Bergbaubegriff „taubes Gestein“) lediglich einen Gegenstand, der
nicht das Erwünschte oder Erwartete enthält. Eine „taube Nuss“ ist also
eine leere Nussschale. Als solche erweist sich auch jemand, der in ihn
gesetzte Hoffnungen enttäuscht.
Ober sticht Unter
wer sich in der Hierarchie oben befindet, kann bestimmen;
der Ausdruck stammt von dem Kartenspiel „Bayerisch Schafkopf“. Dort
hat die Karte „Ober“ drei Augen Punktwert, die Karte „Unter“ nur zwei.
So kann der Besitzer eines Obers denjenigen Mitspieler mit einem
Unter ausstechen.
die Oberhand gewinnen
auch: die Oberhand behalten
der Stärkere, Erfolgreichere sein, den Sieg erringen;
aus dem Ringen: Ringer versuchen, die Hand über ihren Gegner zu
bekommen, denn nur, wer den anderen mit der Hand niederhalten
kann, ist Sieger! Schon im Mittelalter wurde die Wendung
redensartlich gebraucht, so schreibt Hartmann von Aue in seinem
Iwein, Frau Minne (die Liebe) „nam die obern hant“.
im Oberstübchen nicht ganz richtig sein
(leicht) verrückt sein;
das „Oberstübchen“ ist eine kleine Stube im Haus, die direkt unter
dem Dach liegt, oder generell das oberste Stockwerk. Übertragen auf
den menschlichen Körper wird damit das direkt unter dem Schädel-
dach Befindliche, also das Gehirn bezeichnet, in dem etwas nicht
ordnungsgemäß abläuft. „Hardensteins Reise“ von C. W. Kindleben
aus dem Jahr 1780 beinhaltet den ersten schriftlichen Beleg dieser
Redewendung.
414
Oberwasser haben
in der besseren Lage sein, sich in einer günstigen Position befinden;
das „Oberwasser“ ist das oberhalb einer Talsperre gestaute Wasser, das
Unter wasser das auf der anderen Seite abfließende. Wer sich auf der
Seite des Oberwassers befindet, steht also zum einen erhöht, besitzt
zum anderen große Reserven.
seinen Obolus entrichten
einen kleinen Beitrag spenden;
aus dem Griechischen: In der Minyas, einem frühgriechischen Epos
(7./6. Jahrhundert v. Chr.), wird berichtet, dass man Toten eine kleine
Münze, den so genannten „obolus“ in den Mund legte. Er war als
Lohn für den Fährmann Charon gedacht, der die Toten über den Fluss
Acheron in die Unterwelt schiffte. Im Deutschen ist die Wendung erst
im 18. Jahrhundert gebräuchlich.
dastehen wie der Ochse vor dem Scheunentor
auch: dastehen wie die Kuh vor dem neuen Scheunentor
ratlos vor einem Problem stehen;
aus der Landwirtschaft: Der Ochse (oder die Kuh) muss vor dem
Scheunentor ratlos stehen bleiben, er kommt nicht rein, also „hinter“
die Lösung eines Problems.
eine Odyssee hinter sich haben
eine Irrfahrt durchgemacht haben;
aus der griechischen Mythologie: Odysseus, Titelheld Homers, musste
nach dem Trojanischen Krieg mit seinen Gefährten viele Jahre über die
Meere irren und zahlreiche Abenteuer bestehen, bevor er nach Hause
zurückkehren konnte.
415
Jetzt ist der Ofen aus!
Jetzt ist meine Geduld zu Ende!
Aus der Soldatensprache: Wenn in der kalten Jahreszeit der Ofen
ausgeht, wird es ungemütlich.
mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen
leer ausgehen;
analog zu der Redewendung „in die Röhre gucken“.
ein offenes Ohr haben
zum Zuhören bereit sein;
Menschen sind nicht in der Lage, die Oh ren zu verschließen – diese
Redewendung ist vermutlich eine (zunächst scherzhafte) Abwandlung
von „die Augen offen halten“.
ganz Ohr sein
gut zuhören, sich auf das Gesagte konzentrieren;
eigentlich scherzhaftes Bild eines Menschen, der sich so auf den
Hörsinn konzentriert, dass er zu einem einzigen gro ßen Ohr wird.
jemandem das Ohr abkauen
ewig, ohne Pause auf jemanden einreden;
diese scherzhafte Redewendung verbindet die dem Kauen ähnliche
Mundbewegung des Sprechens mit dem Ohr des Zuhörers, das
aufgrund des beständigen Redeflusses schmerzen kann.
jemanden übers Ohr hauen
jemanden täuschen, betrügen, übervorteilen;
ursprünglich war hiermit tatsächlich der Schlag auf den Kopf (oder eine
Ohrfeige) des anderen gemeint. Später wandelte sich die Bedeutung, und
heute meint man nur noch den übertragenen „Schlag ins Gesicht“ – die
Täuschung, die teilweise ebenso schmerzen kann wie eine reale Ohrfeige.
416
die Ohren auf Durchzug stellen
nicht zuhören;
diese eher scherzhafte Redewendung spielt mit dem Bild, man habe
eine direkte Verbindung von einem Ohr zum anderen, sodass durch
diese „Röhre“ der Schall direkt hindurchziehen kann.
es faustdick hinter den Ohren haben
sehr gerissen, listig, gewitzt sein;
im Volksglauben wurden für besondere Gerissenheit kleine Dämonen
verantwortlich gemacht, die hinter den Ohren sitzen und einem
Menschen Gemeinheiten einflüstern. Je größer diese Wesen sind – bis
zu faustgroß – desto mehr Unsinn heckt ihr „Besitzer“ aus.
feucht hinter den Ohren sein
noch unreif sein;
die Redensart geht zurück auf Neugeborene, die nach der Geburt
noch feucht bzw. nass hinter den Ohren sind. Wenn jemand noch
„grün hinter den Ohren ist“, bezieht sich das auf junge Küken, die am
Anfang ihres Lebens häufig im Augenbereich und damit auch hinter
den kaum sichtbaren Ohrlöchern grün sind. Dieses Zeichen für Unreife
verschwindet bei Enten erst mit der Geschlechtsreife.
Halt die Ohren steif!
Bleib tapfer! Mach weiter! Du schaffst das!
Eine bildhafte Übertragung aus dem Tierreich: Viele Tiere,
insbesondere Hunde und Pferde, richten ihre Ohren nach vorn, wenn
sie in guter Stimmung oder aufmerksam sind.
mit den Ohren schlackern
erstaunt sein;
bezieht sich vermutlich auf das fassungslose Kopfschütteln angesichts
417
einer Tatsache, bei dem die Ohren – wären sie größer – hin- und
herschlagen würden.
sich etwas hinter die Ohren schreiben
sich etwas besonders gut merken;
aus der Rechtssprache: Zur sicheren Weitergabe von
Grenzfestlegungen wurden schon im 7. Jahrhundert Jungen – auch
in Hinsicht auf das Erbe – als Zeugen hinzugezogen und mit einer
Ohrfeige bedacht oder an den Ohren gezogen, um ihnen den
genauen Grenzverlauf einzuprägen. In Bayern soll sich dieser alte
Rechtsbrauch bis ins 18. Jahrhundert erhalten haben.
tauben Ohren predigen
vergeblich etwas anmahnen;
diese Redensart existierte bereits im Lateinischen, wo auch vergeblich
auf „einen tauben Esel“ eingeredet wird.
ein Ohrenschmaussehr schöne Musik, ein Hörgenuss;
wie bei „ein offenes Ohr haben“ tritt auch in dieser Wendung das Ohr
an die Stelle eines anderen Sinnesorgans, in diesem Fall der Zunge
und des Geschmackssinnes.
ein Ohrwurmein eingängiges Musikstück;
die bildliche Redensart soll ausdrücken, dass die Musik wie ein Wurm
in den Gehörgang hineinkriecht und dort bleibt. Dahinter steht die
aus dem Volksglauben kommende Annahme, Krankheiten würden
durch Würmer im Kopf verursacht. Als „earworm“ wurde der Begriff
auch ins Englische übernommen.
418
etwas geht runter wie Öletwas schmeichelt einem, tut einem gut;
diese Redensart spielt auf die Viskosität von Öl an, das oft als
Schmiermittel, in seinen edleren Varianten aber auch zur Körperpflege
eingesetzt wird.
Öl auf die Wogen gießen
eine Situation beruhigen, die Lage deeskalieren;
seit der Antike bekannt: Diese Redewendung besagt das genaue
Gegenteil des „Öl ins Feuer Gießens“ – hier werden die Gemüter
beruhigt, Provokationen abgemildert. Die Wendung basiert auf
der Tatsache, dass sich Öl und Wasser nicht vermischen, sondern
dass Öl aufgrund seiner geringeren Dichte eine „Ölphase“ auf der
Wasseroberfläche bildet. Da es aber zugleich zähflüssiger ist, werden
die „Wogen“ unter einer Ölschicht sichtbar ge glättet.
Öl ins Feuer gießen
einen Streit provozieren, das Fass zum Überlaufen bringen;
bereits vor 2000 Jahren verwendet: Die Wirkung von Öl auf Feuer –
nämlich das Erzeugen hochschlagender Flammen, unter Umständen
sogar einer Stichflamme – ist schon seit Jahrtausenden bekannt.
Bereits Horaz gebrauchte in seinen Satiren den Ausdruck „Oleum
addere camino“, also „Öl dem Feuer hinzufügen“. Ein ähnliches Bild
verwendet die Redewendung „eine Sache anheizen“.
dastehen wie ein Ölgötzesteif und stumm dastehen, sich regungslos verhalten;
aus dem 16. Jahrhundert: bezeichnet ursprünglich ein mit Öl gesalbtes
oder mit Ölfarben angestrichenes Götzenbild. Luther verwendete
den Begriff als Spottwort für die mit Chrisam (Öl) gesalbten
katholischen Priester. Außerdem wurde er von den Bilderstürmern
419
der Reformationszeit für die hölzernen Heiligenbilder in katholischen
Kirchen verwendet, daher leitet sich wohl die heutige Bedeutung her.
wie die Ölsardinensehr eng, dicht gedrängt;
die in Öl eingelegten Sardinen wurden früher vor dem Verkauf zu
Tausenden in einem Fass, dicht auf dicht, gelagert; heute werden sie in
Konserven, meist Kopf an Schwanz nebeneinander, angeboten.
der große Onkelauch: der dicke Onkel
der menschliche große Zeh;
aus dem Französischen: „Onkel“ ist lediglich eine ausspracheähnliche
Version des französischen Wortes „ongle“, was Finger- bzw. Fußnagel
bedeutet. In der härteren deutschen Aussprache wurde der Ausdruck
für den ganzen Zeh, aber eben nur für den großen, verwendet.
jemanden in den Orkus schicken
jemanden umbringen, verschwinden lassen;
nach der römischen Mythologie: Orkus (auch Pluto) ist der Name des
Gottes, der die Unterwelt regiert; sein Name wurde im Laufe der Zeit
auch als Bezeichnung für das ihm unterstehende Totenreich verwendet.
wenn Ostern und Pfingsten auf einen Tag fallen
niemals;
vom christlichen Festkalender abgeleitet: Ostern ist ein kirchliches Fest,
das die Auferstehung Jesu Christi feiert. Das Pfingstfest wird dagegen
nach antikem Brauch am 50. Tag nach Ostern gefeiert und zelebriert
das Eintreffen des Heiligen Geistes. Dementsprechend unmöglich
ist es, dass die beiden Kirchenfeste an einem Tag stattfinden, d. h., es
findet niemals statt.
420
den flotten Otto haben
Durchfall haben;
aus dem 20. Jahrhundert: Diese redensartliche Wendung ist wohl dem
ähnlichen Klang von „flott“ und „Otto“ gechuldet und bezieht sich auf
den „flotten“, dringenden Gang zur Toilette.
ein P davorsetzen
etwas blockieren, verhindern;
aus dem Mittelalter: Während der Pest epidemien kennzeichnete man
Häuser, in denen sich Erkrankte aufhielten, mit einem großen „P“ an
Hauswand oder Haustür.
ein paar verpasst kriegen
auch: ein paar verpasst bekommen
Ohrfeigen bekommen;
in der verkürzten Wendung wird das, worum es eigentlich geht, nicht
erwähnt. Ursprünglich bezog sich „verpasst bekommen“ auf neue
Hosen, die angemessen werden mussten.
zwei Paar Stiefel sein
auch: zwei Paar Schuhe sein;
unterschiedlich sein; nicht zueinander gehören;
ein Paar Stiefel besteht aus zwei zwar unterschiedlichen Exemplaren
für den rechten und linken Fuß, die jedoch gleich beschaffen sind. Wer
hingegen versehentlich einen Schuh aus einem Paar, den anderen aus
einem anderen Paar anzieht, der wird aufgrund des unterschiedlichen
Gefühls an den Füßen den Irrtum schnell bemerken.
jemanden auf die Palme bringen
jemanden wütend machen;
gesteigerte Variante der Redewendung „(vor Wut) die Wand
421
hochgehen“; Palmen sind sehr hochwachsende und aufgrund der
fehlenden Äste nur schwer zu besteigende Bäume.
die Büchse der Pandora öffnen
Unglück über die Welt bringen;
aus der griechischen Mythologie: Die Menschen lebten ohne Sorgen,
bis Prome theus den Göttern das Feuer stahl. Da sandte ihnen Zeus
Pandora mit einem Gefäß, in dem alle Übel der Welt verschlossen
waren. Als sie aus Neugier den Deckel öffneten, kamen diese Übel über
die Erde, nur die Hoffnung blieb in der Büchse zurück.
etwas auf sein Panier schreiben
etwas zu seinem Motto machen, seinem Ziel verpflichtet sein;
aus dem Mittelalter: „Panier“ wurde von dem französischen Wort
„bannière“ abgeleitet, auf das Ritter die Sache, für die sie kämpften,
schrieben – z. B. das Kreuz des Christentums.
panische Angst haben
auch: einen panischen Schrecken kriegen
größte, kopflose Angst haben;
aus der griechischen Mythologie: Vom griechischen Hirtengott Pan
erzählt die Sage, dass er in der Mittagsruhe manchmal ganze Herden
zu plötzlicher und anscheinend sinnloser Massenflucht aufjagte. Dieser
„panische Schrecken“ (panicus terror), der schon in antiken Quellen
für überstürzte, ins Verderben führende Reaktionen verantwortlich
gemacht wurde, findet sich im Deutschen ab dem 16. Jahrhundert.
unter jemandes Pantoffel stehen
von jemandem dominiert werden;
Pantoffeln werden nur zu Hause getragen und stehen damit
symbolisch für den Zustand einer Familie oder einer Ehe. Da früher
422
körperliche Züchtigungen gang und gäbe waren, kam es bei sehr
herrischen Frauen – oder sehr unterwürfigen Männern – wohl des
Öfteren auch zu Schlägen mit dem Pantoffel für den Ehemann.
ein Pantoffelheldein Mann, der von seiner Frau dominiert wird;
ironischer Ausdruck, da der Mann, der „unter dem Pantoffel“ seiner
Ehefrau steht, mit Sicherheit kein Held ist.
ein Papiertigerjemand/etwas, der/das gefährlich wirkt, aber nicht ist;
ein gut gemachter Tiger aus Papier oder ein gutes Bild kann auf
den ersten Blick sehr erschrecken – bis man feststellt, aus welchem
Material er gefertigt ist.
nicht von Pappeordentlich, solide, kräftig;
hat nichts mit dem Pappkarton zu tun, sondern geht auf das heute nur
noch landschaftlich verbreitete Wort „Papp“ für Brei zurück. Wer also
nicht „von Pappe“, sondern mit ordentlichem, kräftigem Essen genährt
wurde, der wurde selbst gesünder und stärker.
Ich kenn doch meine Pappenheimerjemanden sehr gut kennen, die Reaktion, eines Menschen im Voraus
wissen;
aus Schillers Drama „Wallensteins Tod“: Schon vor der Veröffentlichung
des Dramas waren die Reitertruppen des Grafen zu Pappenheim
als besonders furchtlos und loyal bekannt geworden. Schiller legte
Wallenstein den noch heute oft zitierten Satz in den Mund als Antwort
auf die Frage, ob er an eine geheime Abmachung seiner Leute mit
dem Feind glaube (Wallensteins Tod III, 15).
423
Gefreiter (der Pappenheimer): „[...] Denn du bist immer wahr mit uns
gewesen, das höchste Zutraun haben wir zu dir, Feldherr. Kein fremder
Mund soll zwischen uns sich schieben, den guten Feldherrn und die
guten Truppen.“ Wallenstein: „Daran erkenn ich meine Pappenheimer!“
kein Pappenstielnicht wenig, nicht zu verachten;
Pappenstiel ist eine Verkürzung von Pappen blumenstiel. Damit ist
der hohle Stiel des Pfaffenröhrleins – besser bekannt als Löwen zahn –
gemeint. Dieser gilt vermutlich als wenig wertvoll, weil die Samenkrone
leicht im Wind verweht und die Pusteblume oft Gegenstand von
Kinderspielen ist.
jemandem in die Parade fahren
jemandem energisch entgegentreten, sein Vorhaben zu vereiteln
versuchen;
aus der Militärsprache, bedeutete ursprüng lich „die Verteidigung des
Gegners durchbrechen“. Im 19. Jahrhundert wurde die Wendung auch
im übertragenen Sinne gebräuchlich.
ein Paragrafenreiterauch: ein Paragraphenreiter
ein kleinlicher Bürokrat;
abwertende Bezeichnung für jemanden, der stets auf den schriftlich
festgelegten Regeln und Gesetzen „herumreitet“ und ausnahmslos auf
ihre Einhaltung besteht.
einen Angriff parierengute Gegenargumente vorbringen;
aus dem Fechtsport: Die Abwehr eines gegnerischen Hiebs oder Stichs
mit dem Degen wird als „parieren“ bezeichnet.
424
sich auf glattes Parkett wagen
unsicheres Terrain betreten, auf dem man gegen Ausrutscher auch im
übertragenen Sinne nicht gefeit ist;
bezieht sich auf frisch gebohnertes Parkett, das manchmal so glatt
und rutschig ist, dass man sehr vorsichtig sein muss, um nicht
auszurutschen und sich auf den Hintern zu setzen.
jemandem Paroli bieten
sich jemandem widersetzen, jemandem Kontra geben;
aus dem Kartenspiel: Wer beim Pharospiel gewinnt und den Gewinn
in der nächsten Runde wieder einsetzen möchte, der kann dies durch
das Umbiegen einer Ecke seiner Gewinnkarte – das Paroli – kenntlich
machen. Seit dem 19. Jahrhundert wird dieser Ausdruck im heutigen,
übertrage nen Sinne verwendet.
für jemanden Partei ergreifen
sich für jemanden einsetzen, jemandes Meinung/Plan unterstützen;
„Partei“ kommt vom lateinischen Wort „pars“ für „Teil, Richtung“; wer
für einen Freund Partei ergreift, der geht in dieselbe Richtung wie
dieser.
„Früher oder später muss man Partei ergreifen, wenn man ein Mensch
bleiben will.“ (Graham Greene, Der stille Amerikaner)
mit von der Partie sein
mitmachen, dabei sein;
bezieht sich entweder auf eine Runde im Sport oder bei
Gesellschaftsspielen oder auf den früher üblichen Ausdruck
„Landpartie“ für einen Ausflug.
ein blinder Passagierein Fahrgast, der sich versteckt hält, weil er nicht bezahlt hat;
425
wiewohl heute eher auf Schiffe oder Flugzeuge bezogen, stammt
die Wendung aus dem Postkutschenverkehr und entstand im
18. Jahrhundert.
passen müssen
aufgeben müssen, etwas nicht wissen;
„passen“ bezeichnet das Aussetzen für eine Runde bei einem
Gesellschafts- oder Kartenspiel. Wer passen muss, muss für den
Moment kapitulieren – weil seine Karten zu schlecht sind oder er
nichts weiß.
ein Patentrezepteine Generallösung;
ähnlich der „Patentlösung“ steht das „Patentrezept“ für ein Heilmittel,
im übertragenen Sinne für eine Lösung, die unter allen Umständen
wirkt. Das „Patent“, also die Sicherung der Urheberrechte, steht hier
schlicht für das Innovative und die Modernität des besagten Rezeptes.
in der Patsche sitzen
sich in Schwierigkeiten befinden;
diese inhaltlich zur Redensart „in der Klemme stecken“ analoge
Wendung entwickelte sich vermutlich aus dem lautmalerischen
„patsch“, wie es z. B. durch eine Ohrfeige hervorgerufen wird.
jemandem aus der Patsche helfen
jemandem aus einer schlimmen Lage heraushelfen;
seit dem 17. Jahrhundert belegt: „Patsch“ ist die lautmalerische
Umschreibung einer Ohrfeige; Patsche war dementsprechend sowohl
eine Bezeichnung für ein Instrument zum Schlagen als auch für die
Stelle, an die etwas schlägt.
426
mit Pauken und Trompeten
auch: mit Bomben und Granaten
ganz und gar, mit großem Abstand;
bezeichnet meist das Durchfallen in einer Prüfung u. ä. Situationen, in
denen jemand vollkommen versagt. Der eigentlich ironische Unterton
ist inzwischen verloren gegangen; ursprünglich wurden „mit Pauken
und Trompeten“ (oder Fanfaren) festliche Anlässe gefeiert.
vom Saulus zum Paulus werden
sich bekehren;
abgeleitet aus der Bibel: Bezieht sich auf die Bekehrung des Apostels
Paulus, der durch eine Christuserscheinung vom Verfolger zum
Anhänger des Christentums wird (Apostelgeschichte 9,1–20).
wie Pech und Schwefel zusammenhalten
fest zusammenhalten;
aus dem Mittelalter: In der Genesis (19,24) heißt es: „Da ließ der Herr
Schwefel und Feuer regnen vom Himmel herab auf Sodom und
Gomorra.“ In Verbindung mit Schwefel brennt Pech besonders lange
und intensiv. In mittelalterlichen Vorstellungen von der Hölle spielten
die beiden Stoffe daher eine große Rolle.
eine Pechsträhne haben
in einem fort Missgeschicke erleiden;
die Verwendung des Wortes „Pech“ für Unglück geht auf den
Vogelfang zurück, bei dem die Vögel mit Leim oder Pech gefangen
wurden.
ein Pechvogel sein
sehr oft Pech haben;
aus dem Vogelfang: geht ähnlich wie „jemandem auf den Leim gehen“
427
auf die früher weit verbreitete Methode des Leimrutenlegens zurück.
Die Vögel ließen sich auf den mit Leim oder Pech bestrichenen Ruten
nieder und klebten fest. Auch Mäuse wurden mit solchen Pech- oder
Leimfallen gefangen.
den Pegasus besteigen
dichten;
dem bereits in der griechischen und römischen Mythologie
bekannten Flügelross wurde von jeher eine besondere Verbindung
zur dichterischen Gabe nachgesagt. Diese Redewendung erhält
jedoch einen leicht spöttischen Unterton, da das Fabelwesen
selbstverständlich zu edel ist, als dass es sich besteigen ließe. So
berichtet auch die Sage, dass Bellerophon es zähmen und reiten
wollte. Pegasus warf ihn ab und stieg zum Himmel, wo es seither als
Sternbild zu sehen ist.
Zuckerbrot und Peitschemittels Lob und Strafe;
das Erziehungskonzept hinter der Wendung „Zuckerbrot und Peitsche“
ist einfach: Bei Wohlverhalten wird der Mensch oder das Tier durch
Lob oder Futter belohnt, bei einem Fehlverhalten wird gestraft.
Diese Methode ist heute als veraltet anzusehen, da sie auf der Angst
vor Strafe basiert. Angst aber hemmt stets die Lernfähigkeit. Im
übertragenen Sinne – mit Lob und Tadel – ist dieses System aber im
alltäglichen Leben oft anzutreffen.
jemandem auf der Pelle liegen
jemandem zu nahe kommen, ihn durch zu große Nähe stören;
„Pelle“ (lateinisch „pellis“, Haut) ist ein umgangssprachlicher Ausdruck
für „Haut“; wer jemandem auf dieser sitzt, hat – meist ohne dessen
Einverständnis – Tuchfühlung zu ihm aufgenommen.
428
jemandem auf die Pelle rücken
jemandem zu nahe kommen, ihn einengen, angreifen;
Pelle kommt vom lateinischen „pellis“ (Fell, Pelz) und bedeutet Haut –
so etwa in Wurstpelle oder Pellkartoffel. Wer jemandem auf die „Haut“
rückt, der kommt ihm deutlich zu nahe.
Perlen vor die Säue werfen
etwas vergeuden, etwas jemandem geben, der es nicht genügend
wertschätzt;
aus der Bibel: Wie so viele alltäglich verwendete Redewendungen
hat auch diese einen biblischen Ursprung. In Matthäus 7,6 sagt
Jesus: „Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben, und eure Perlen
sollt ihr nicht vor die Säue werfen, damit die sie nicht zertreten
mit ihren Füßen und sich umwenden und euch zerreißen.“ Die hier
genannten Tiere sind jedoch nur Symbole für bestimmte Gruppen.
So steht „Hunde“ für die Heiden; „Säue“ nimmt Bezug auf die jüdische
Ansicht, das Schwein sei ein „unreines“ Tier, symbolisiere Heiden und
Gottesverächter. Die „Perle“ ist dementsprechend das Evangelium.
jemandem einen Persilschein ausstellen
jemandem freie Hand in einer Sache zugestehen;
nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden: Das reine Weiß der Wäsche,
das bei einer Wäsche mit dem Waschmittel Persil erzielt wird,
wurde auf die „weiße Weste“ übertragen, die nicht an den national-
sozialistischen Verbrechen Beteiligten nach dem Krieg bescheinigt
wurde.
jemandem hat`s die Petersilie verhagelt
auch: jemandem die Petersilie verhageln
jemand ist niedergeschlagen, missmutig;
aus der Gärtnerei: Da Petersilie nur sehr schwerfällig keimt und
429
langsam wächst, ist es für den Gärtner besonders ärgerlich, wenn sie
verhagelt, also von Hagelkörnern verwüstet wird und nicht mehr zu
gebrauchen ist.
petzenauch: jemanden verpetzen
jemanden denunzieren; jemandes Vergehen öffentlich bekannt
machen;
aus dem 18. Jahrhundert: Dieser heute allgemein übliche Ausdruck
stammt wieder einmal aus der Gaunersprache. Das rotwelsche Wort
„pazah“ bedeutet so viel wie „den Mund aufreißen“. Außerhalb der
Verbrecherkreise war „Petze“ bzw. „petzen“ zunächst nur in der
Sprache der Studenten in Halle zu finden, breitete sich aber bald über
ganz Deutschland aus.
etwas auf der Pfanne haben
etwas vorhaben, einen Plan haben;
aus dem 19. Jahrhundert: Gemeint ist hier die Pfanne an alten
Gewehren, in die ein Teil des Pulvers eingefüllt wurde, das jenes im
Lauf entzündete. Hatte man bereits Pulver auf der Pfanne, so war man
zum Angriff oder zur Verteidigung bereit.
jemanden in die Pfanne hauen
jemanden vernichtend kritisieren, ihn endgültig niedermachen;
seit dem 17. Jahrhundert belegt: Gemeint ist hier das Kochutensil, die
früher gusseiserne Bratpfanne. Vermutlich bezog sich diese Redensart
ursprünglich auf Eier, die in die Pfanne geschlagen werden.
„[...] ich habe das Herz auf dem rechten Fleck, während Sie das Ihre
wohl meistens in den Hosen haben, und ich würde Sie in die Pfanne
hauen mitsamt Ihrem ‚Geist und Wort‘ [...].“ (Thomas Mann, Tristan)
430
jemandem Pfeffer in den Arsch blasen
jemanden antreiben, streng behandeln;
beruht vermutlich, ebenso wie die Redensart „Pfeffer im Hintern
haben“, auf eine Praxis im Pferdehandel. Durch den Einsatz von Pfeffer
unter dem Schweif wurden aus lahmen Gäulen feurige Rösser.
jemanden dorthin schicken, wo der Pfeffer wächst
auch: jemand soll bleiben, wo der Pfeffer wächst
jemanden weit weg wünschen;
das „Land, in dem der Pfeffer wächst“, war von jeher Indien. Noch bis
ins letzte Jahrhundert bedeutete eine Reise nach Indien eine lange
und gefährliche Fahrt. Wenn sich jemand also nach Indien, in das
Pfefferland, begab, so war eine rasche Rückkehr ausgeschlossen. Nach
einer anderen Erklärung abgeleitet von der franzö sischen Kolonie
Französisch-Guayana, einem traditionellen Pfefferanbaugebiet, das
wegen des dort herrschenden mörderischen Dschungelklimas auch
Verbannungsort für Schwerstverbrecher war.
Pfeffer im Hintern haben
auch: Pfeffer im Arsch haben
lebhaft sein;
diese umgangssprachliche Wendung vergleicht das Verhalten eines
Menschen, der nicht stillhalten kann, mit dem eines Tieres, das das
Brennen von Pfeffer auf empfindlichen Schleimhäuten nicht ertragen
kann. Die Wendung kommt vermutlich aus dem Pferdehandel,
wo man lahme Gäule durch Pfeffer unter dem Schweif zu feurigen
Rössern machte. Ähnliche Praktiken sind selbst heute noch vereinzelt
auf Reitturnieren anzutreffen.
431
jemanden ins Pfefferland wünschen
auch: etwas ins Pfefferland wünschen
sich jemanden weit weg wünschen;
„jemanden in das Land, wo der Pfeffer wächst, wünschen“ beruht, wie
„jemanden dorthin schicken, wo der Pfeffer wächst“, auf der großen
Entfernung der traditionellen Pfefferanbaugebiete in Indien oder
Südamerika zu Europa, der gefahrvollen Reise dorthin und den harten
dortigen Lebensbedingungen.
jemandem eine pfeffernjemandem eine Ohrfeige verpassen;
das aus Asien stammende Gewürz steht wegen seiner beißenden
Schärfe für alle scharfen, schmerzhaften oder sehr unangenehmen
Begebenheiten (vgl. „gepfeffer ter Brief“ u. Ä.) – wie in diesem Fall die
scharf brennende Ohrfeige.
auf etwas pfeifenauf etwas verzichten; etwas ist einem egal;
nicht geklärt: Es findet sich der Verweis auf die Pfeife, ein kleines,
wertloses Instru ment, die einer Person für etwas, das einem egal
ist, gegeben wird. So wird der Satz „Ein pfeiff geb ich euch, lieben
Herrn, umb alle eure gedult und geistlichkeit“ aus Jacob Freys
„Gartengesellschaft“ gedeutet. Ebenso kann allerdings das rasche,
abfällige Luftausstoßen für eine Sache gemeint sein, bei dem bei
gespitzten Lippen auch ein Pfeifton entstehen kann.
den Pfennig dreimal umdrehen
auch: den Cent/Euro dreimal umdrehen
sehr sparsam sein;
wer den Pfennig bzw. heute den Cent oder den Euro dreimal umdreht,
bevor er ihn ausgibt, der macht sich – entweder aus lauter Geiz oder
432
aufgrund seiner Armut – schon über kleinste Beträge große Gedanken
und dreht dabei redensartlich die Münze in der Hand.
das Pferd beim Schwanz aufzäumen
eine Sache am falschen Ende beginnen, etwas falsch anfangen;
der Zaum des Pferdes muss an dessen Kopf angebracht werden, um
das Tier kontrollieren und lenken zu können. Zäumt man am Schweif
auf, so ist dies vollkommen sinnlos – und das Reiten unmöglich.
jemandem etwas vom Pferd erzählen
Unsinn, Lügen erzählen;
aus der antiken Mythologie: Angeblich geht diese Redewendung auf
eines der berühmtesten und größten Geschenke der Geschichte zurück
– das Trojanische Pferd. Die Trojaner zogen das Holzpferd und die
athenischen Soldaten in seinem Inneren keineswegs umgehend durch
das Stadttor. Also sandten die Athener einen Mann nach Troja, der den
Einwohnern Lügen „vom Pferd“ erzählte – so lange, bis die Trojaner das
Pferd in die Stadt brachten und von den Athenern überwältigt wurden.
vom Pferd auf den Esel kommen
sich verschlechtern, in eine unbequemere Lage geraten;
während man auf einem Pferd verhältnismäßig bequem unterwegs
war, bedeutete das Reisen auf einem Esel eine mühevolle Aufgabe
und einen weit höheren Zeitaufwand. Wer also vom stolzen Ross
auf ein Grautier umsatteln musste, dessen Lage verschlechterte sich
deutlich.
Dahin bringen mich keine zehn Pferde!
Das mache ich nie und nimmer!
Das Bild, das mit dieser Redewendung gezeichnet wird, ist das eines
Zehnspänners, also eines Zuges mit zehn zusammengespannten
433
Pferden, die den Sprecher in Richtung einer unliebsamen Aufgabe
zu ziehen versuchen. Als noch keine Lastwagen und Traktoren
existierten, waren Pferde im Zehnerzug die stärkste Kraft, die man sich
vorstellen konnte – doch selbst diese reicht manchmal nicht aus, einen
Menschen zu etwas zu bewegen.
die Pferde scheu machen
jemanden unnötig aufregen;
aus der Reiterei: Pferde sind, da sie Beutetiere sind, leicht in die Flucht
zu schlagen. Ihr Überlebenstrieb sorgt dafür, dass sie bei geringen
Anlässen ängstlich werden und durchgehen wollen. Wenn jemand „die
Pferde scheu“ macht, dann sorgt er bei jemand anderem wegen eines
vermutlich nichtigen Anlasses für Nervosität und Aufregung.
jemand, mit dem man Pferde stehlen kann
ein guter und zuverlässiger Freund;
„Pferdeklau“ war schon immer ein Vergehen – und deswegen konnte
man ihn nur mit jemandem gemeinsam durchführen, dem man
absolut vertraute. Nur bei einem sehr verlässlichen Menschen konnte
man darauf vertrauen, dass er niemandem davon erzählte.
mit jemandem gehen die Pferde durch
jemand ist übermütig; jemand verliert die Selbstkontrolle; jemand tut
etwas Unverständliches;
aus dem Reit- und Pferdesport: „Durchgehen“ meint im Reit- und
Kutschsport das (erschreckte) abrupte Vorwärtsstürmen der Pferde,
bei dem der Reiter oder Kutscher keinerlei Einwirkungsmöglichkeit
mehr hat.
434
einen Pferdefuß haben
einen Nachteil, einen Haken haben;
aus dem Volksglauben: Der „Pferdefuß“, den eine Sache haben kann,
ist der Teufel im Detail. Der Leibhaftige selbst stand Pate für diese
Redewendung. Der Teufel kann sich nämlich als normaler Mensch
tarnen; das Humpeln, das auf seinen Pferde fuß (oder Bockshuf)
hinweist, verrät ihn stets.
etwas hat Pfiffetwas ist besonders originell, erregt Aufmerksamkeit;
entstand aufgrund des häufig zu hörenden anerkennenden Pfeifens,
wenn ein solcher Gegenstand gesehen wird.
jemanden einen Pfifferling kümmern
auch: jemanden einen Dreck kümmern
jemanden nicht interessieren;
aus dem 16. Jahrhundert: Während „Dreck“ als Bild für etwas Wertloses
jedem einleuchten wird, erscheint die Wendung mit dem Pfifferling
schon ungewöhnlicher: Obwohl der Speisepilz heute nicht billig
ist, wurde er früher als Synonym für Bedeutungs- oder Wertloses
gebraucht. Dies erklärt sich aus seinem massenhaften Auftreten –
wo ein Exemplar zu finden ist, da wachsen in nächster Nähe noch
zahlreiche andere.
keinen Pfifferling wert sein
überhaupt nichts wert sein;
vermutlich hat diese Redewendung nichts mit dem gleichnamigen
Speisepilz zu tun, sondern mit einer kleinen Münze. Im schwäbischen
Sprachraum wurde ein Fünfpfennigstück Pfifferle genannt. Wenn
etwas „keinen Pfifferling wert“ ist, würde man nicht einmal fünf
Pfennig dafür zahlen.
435
geschmückt sein wie ein Pfingstochseaufgedonnert, übertrieben gekleidet oder geschminkt sein;
aus dem Brauchtum: An Pfingsten wurde in vielen Regionen ein mit
Blumengirlanden festlich geschmückter Ochse (oder Hammel) durch
den Ort und auf die Weide getrieben. Dieser Brauch geht vermutlich
auf ursprünglich an hohen Festen dargebrachte und zuvor schön
geschmückte Tier opfer zurück.
ein teures Pflastereine teure Gegend;
„Pflaster“ steht stellvertretend für „ Straße“, die wiederum synonym mit
Gegend, Stadtteil gesetzt wird.
ein Pflaumenaugust sein
ein dummer/langweiliger Mensch sein;
dieser Ausdruck ist eine doppelte Beleidigung: Zum einen vergleicht
er jemanden mit dem „dummen August“, dem Narr aus dem Zirkus,
zum anderen nennt er ihn eine (faulende) Pflaume.
auf dem Pfropfen sitzen
in größter Verlegenheit sein;
bezieht sich nicht etwa auf den Verschluss einer Weinflasche, sondern
auf den eines Pulverfasses. Wer auf dem auf die Pulverladung
gepressten Stöpsel sitzt, der kann jeden Augenblick in die Luft fliegen.
ein Pfundskerlein toller Mensch, ein sehr guter Freund;
„Pfund“ ist nicht nur die Bezeichnung für ein spezifisches Gewicht,
sondern allgemein für etwas Dickes, Schweres, Stabiles – so stabil wie
die Loyalität eines guten Freundes.
436
eine Philippika halten
eine Straf-, Kampfrede halten;
aus der griechischen Antike: wird auf den bedeutenden griechischen
Redner Demosthenes zurückgeführt, der eine berühmt gewordene
Rede hielt, in der er zum Widerstand gegen den Vater Alexanders des
Großen, Philipp II. von Makedonien, aufrief.
sich wie Phönix aus der Asche erheben
auch: wie Phönix aus der Asche aufsteigen
aus einer eigentlich hoffnungslosen Lage einen Triumph machen;
aus der ägyptischen Mythologie: Im Hellenismus wurde vermutet, dass
der Mythenvogel Phönix aus den Überresten des ägyptischen Gottes
der Wiedergeburt, Osiris, entstand. Der sagenumwobene Vogel soll
eine Lebenserwartung von bis zu 500 Jahren gehabt haben. Sobald
er sein Lebensende herannahen fühlte, setzte er sich in sein Nest und
verbrannte. In seiner Asche blieb allerdings ein Ei zurück, woraus der
Phönix erneut schlüpfte und die Welt zum wiederholten Mal erblickte.
leere Phrasen dreschen
auch: (hohle) Phrasen dreschen
seit dem 19. Jahrhundert belegt: Gedroschen wird üblicherweise
nur Stroh; diese Tätigkeit ist allerdings bei leerem Stroh (siehe dort)
ebenfalls recht sinnlos. Die Wendung wurde entsprechend auf
Phrasen, also Geschwätz übertragen.
jemanden piesackenjemanden wiederholt ärgern, quälen;
aus dem Niederdeutschen: „Pesek“, das niederdeutsche Wort für
„Peitsche“ (meist in Ossenpesek, „Ochsenziemer“), bildete den
Ursprung des Ausdrucks „piesacken“.
437
etwas von der Pike auf gelernt haben
etwas von Grund auf beherrschen, gelernt haben;
aus dem 17. Jahrhundert: Die „Pike“ in dieser Redewendung meint die
Stangenwaffe, an der die jungen Soldaten zu Beginn ihrer Laufbahn
ausgebildet wurden. Wer etwas „von der Pike auf“ lernt, der durchläuft
also die gesamte Ausbildung ab der ersten Stufe.
eine bittere Pille für jemanden sein
sehr unangenehm für jemanden sein;
aus der Medizin, seit dem 17. Jahrhundert belegt: Ähnlich einer wenig
wohlschmeckenden Medizin sollte man Unangenehmes nicht lange „im
Mund“ herumwälzen, sondern es einfach akzeptieren und schlucken.
die Pimpernellen kriegen
das Gefühl haben, besonders hart betroffen zu sein; die Geduld
verlieren;
aus dem Mittelalter: Die Pimpernelle taucht in alten Pestsagen als
Heilmittel gegen die Krankheit auf: „Ist die Krankheit noch so schnell,
heilt sie doch die Pimpinell!“ Wer also die Pimpernellen kriegte, der war
insofern hart getroffen, als er fürchten musste, dennoch an der Pest zu
sterben.
ein feiner Pinkelein reicher, unsympathischer Mensch;
stammt vermutlich von dem ostfriesischen Wort „pink“ für Würstchen,
Fingerglied, mit dem gelegentlich auch das männliche Genital
bezeichnet wird.
wie aus der Pistole geschossen antworten
sofort, ohne Zögern antworten;
wird für eine besonders schnelle, schlagfertige Antwort verwendet.
438
jemanden auf den Plan rufen
jemand zum Erscheinen oder Handeln herausfordern;
„plan“, abgeleitet vom lateinischen Wort „planus“ (eben), bedeutete
im Mittelhochdeutschen noch „Ebene, Kampfplatz“; wer auf den Plan
gerufen wurde, der erhielt eine Aufforderung zum Kampf. Von dieser
Bedeutung leitet sich die moderne Redensart ab.
eine platonische Liebe
eine Liebe nur auf geistiger Ebene, eine innige Freundschaft ohne
Sexualität;
nach dem griechischen Philosophen Platon: In seinem „Symposion“
preist Platon (427–347 v. Chr.) wahre Liebe als von körperlichem
Begehren freie Liebe, die nur unter Gleichen möglich sei.
ein Pleitegeierjemand, der bankrott gemacht hat;
aus dem Jiddischen: Der „Geier“ dieser Redewendung hat wenig mit
dem Aas fressenden Vogel zu tun, sondern ist nur eine sprachliche
Angleichung von „Geher“ an den Diphthong „ei“ des ersten Wortteils.
Das Wort „Pleite“ entwickelte sich aus dem hebräischen Wort „peléta“
(fliehen). Ein „Pleitegeier“ ist also ein Mensch, den seine großen
Schulden dazu zwingen, auf die Flucht zu gehen.
plemplem sein
(ein bisschen) verrückt sein;
nicht eindeutig geklärt; mögliche Erklä rungen sind der
Zusammenhang mit dem Dialektausdruck „Plempel“ für ein schal
gewordenes Getränk oder mit der in Kärnten üblichen Bezeichnung
„Plempel“ für einen unbeholfenen und dümmlichen Menschen.
439
Noch ist Polen nicht verloren
noch besteht die Aussicht auf Rettung;
erste Zeile des Dombrowski-Marsches, der Antwort der polnischen
Bevölkerung auf die Niederlage gegen Russland in der Schlacht von
Maciejowice am 10. Oktober 1794.
von Pontius zu Pilatus laufen
eine ziel- und damit sinnlose Reise;
von 26–36 n. Chr. war Pontius Pilatus Statthalter der Provinz Judäa.
Wer „von Pontius zu Pilatus“ läuft, wird diesem Präfekten jedoch kaum
begegnen. Die Redewendung symbolisiert nur die Unsinnigkeit der
Reise, da sie ja mit zwei Namen von ein und derselben Person spricht.
Porzellan zerschlagen
sich taktlos verhalten, in einer sensibel zu handhabenden Situation
das Falsche sagen oder tun;
Porzellan steht in Redewendungen stets symbolisch für Dinge oder
Entwicklungen, die aufgrund ihrer Fragilität mit großer Vorsicht zu
behandeln sind.
wie ein Posaunenengel aussehen
rosig, pausbäckig aussehen;
aus der Bibel: Die Engel mit Posaune, kurz: „Posaunenengel“, erscheinen
in Mat thäus 24,31, wo es heißt: „... und wird senden seine Engel mit
hellen Posaunen“. Selbst Engel sehen jedoch beim Posauneblasen nicht
unbedingt vorteilhaft aus. So sind eine leicht gerötete Gesichtsfarbe
und durch das Blasen runde Backen typisch für dieses beliebte Motiv
von Orgelverzierungen.
440
Da geht die Post ab!
Da passiert was! Da ist gute Stimmung!
Nachrichten- und Warentransportdienste sind seit vorchristlicher
Zeit üblich und u. a. für das antike Ägypten nachgewiesen. Bereits
damals waren Poststationen üblich, an denen die Reit- oder Zugtiere
gewechselt wurden, damit man nicht durch lahme oder müde Pferde
Zeit verlor. So wurde die Post zum Symbol schneller Fortbewegung.
auf verlorenem Posten stehen
in einer aussichtslosen Situation sein, einen vergeblichen Kampf
führen;
aus der Militärsprache: Posten kommt in dieser Wendung vom
soldatischen Wachposten, der verloren ist, wenn die eigenen Truppen
sich bereits im Rückzug befinden.
nicht ganz auf dem Posten sein
nicht ganz wohlauf sein, sich nicht gut fühlen;
aus der Soldatensprache: „Auf dem Posten sein“ bedeutete
ursprünglich, seinen Wachdienst zu versehen.
seinen Posten verlieren
entlassen werden;
aus der Militärsprache: „Posten“ (vom italienischen Wort „posto“)
bezeichnet ursprünglich den Standort eines oder mehrerer Soldaten,
um dort z. B. den Feind zu beobachten oder Wache zu halten.
Potemkinsche Dörfer
Blendwerk, nur schöner Schein;
aus dem 18. Jahrhundert: Der russische Fürst Grigori Alexandrowitsch
Potemkin wurde von Katharina der Großen mit der Besiedelung
„Neurusslands“ (das den Türken abgenommen worden war) ab 1765
441
beauftragt. Als die Zarin die Gebiete bereisen wollte, ließ Potemkin
großartige Holzfassaden vor den ärmlichen Hütten anbringen und
in Sichtweite der Reiseroute ganze Dorfsilhouetten errichten, um
Reichtum vorzutäuschen.
zu Potte kommen
vorankommen, Fortschritte machen;
meint den Nachttopf; eine wieder einsetzen de Verdauung zeigt oft den
Beginn der Rekonvaleszenz eines schwer Erkrankten an.
jemanden an den Pranger stellen
auch: jemanden anprangern
jemanden bloßstellen;
aus dem Mittelalter: Der Pranger oder Schandpfahl bestand aus
einem Pfosten, an dem Ketten oder ein Brett mit ausgesägten
Löchern befestigt war, durch die ein Verurteilter den Kopf und die
Hände stecken musste. So wurde er für jeden sichtbar als Verbrecher
kenntlich gemacht, oft mit einem Schild, auf dem sein Vergehen
nachzulesen war.
wie auf dem Präsentierteller sitzen
allen Blicken ausgesetzt sein;
der „Präsentierteller“ ist kein wirklicher Bestandteil des Geschirrs,
sondern eher jeder große Teller, auf dem Speisen (oder Personen)
vorgezeigt werden.
der Prellbock für jemanden sein
derjenige sein, der Konflikte auffangen/die Folgen tragen muss;
aus dem Bahnwesen: Der Prellbock dient dem Abschluss eines Gleises
und verhindert, dass ein Zug oder ein Waggon über das Schienenende
hinausrollen kann.
442
So schnell schießen die Preußen nicht!
So schnell geht das nicht, keine Eile!
Aus dem Militär: Eine unbewiesene, aber wahrscheinliche Erklärung
ist die Einführung des Zündnadelgewehrs im preußischen Heer, das
schneller schoss als der Vorderlader und den Preußen damit einen
großen Vorteil gegenüber den Gegnern einräumte. Die Redensart
lautete dann ursprünglich „so schnell schießen selbst die Preußen
nicht“.
eingehen wie eine Primelpsychisch und physisch verfallen;
aus der Botanik: Die kleine Schlüssel blume ist eine sehr empfindliche
Pflanze, die, einmal in der Vase, schnell verwelkt.
wie eine Prinzessin auf der Erbse
überempfindlich;
aus dem Märchen: Bei jener Prinzessin in Hans Christian Andersens
Märchen war es ein Zeichen ihres Adels, dass sie die Erbse unter
mehreren Matratzen spüren konnte. Heute ist die Bezeichnung
„Prinzessin auf der Erbse“ jedoch kein Kompliment mehr, sondern eher
als Kritik zu verstehen.
ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande
auch: der Prophet im eigenen Land ist nichts wert
selbst der fähigste Mensch kann dort, wo er zu Hause ist, keinen Erfolg
erzielen;
aus der Bibel: Matthäus 13,53–58 berichtet darüber, wie Jesus
zurückkehrt in seine Stadt, und statt seinen Lehren zuzuhören, fragen
sich die Bürger nur, woher der Sohn Marias und Josefs auf einmal
solche Weisheit hat. Jesus antwortet: „Ein Prophet gilt nirgends
weniger als in seinem Vaterland und in seinem Haus.“
443
beim Barte des Propheten (schwören)
auch: bei meinem Barte
glaubhaft versichern;
aus dem Volksglauben: Ähnlich wie das Kopfhaar galt auch der Bart
lange Zeit als Sitz der Lebenskraft. Um die Aufrichtigkeit eines Schwurs
zu betonen, berührte man dabei den Bart, schwor also bei seinem
Leben. Hatte man selbst keinen Bart oder wollte man dem Schwur
mehr Gewicht verleihen, schwor man „beim Barte des Propheten“.
kurzen Prozess machen
rasch handeln, ohne Möglichkeit zum Widerspruch zu lassen;
aus dem Gerichtswesen: Gerichtsprozesse werden als ein Beispiel
sich aufgrund übertrieben formeller Regelungen ewig hinziehender
Angelegenheiten gesehen. Ein „kurzer Prozess“ erscheint damit als
ein Widerspruch in sich; er bezieht sich vermutlich auf einen vorzeitig
abgebrochenen Gerichtsvorgang.
der Prügelknabe sein
auch: als Prügelknabe herhalten
den Sündenbock spielen, für etwas bestraft werden, an dem man
gar nicht schuld ist;
während körperliche Züchtigung in ärmeren Familien früher an
der Tagesordnung war, war es verpönt, wenn nicht verboten,
Kinder adliger Abstammung durch Schläge zu bestrafen. Damit die
Erziehungsberechtigten dennoch ihrem Unmut freien Lauf lassen
konnten und da subtilere Strafen kaum bekannt waren, musste ein
„Prügelknabe“ her. Dies war meist das Kind eines Bediensteten.
Er wurde nun anstelle des jungen Adligen geschlagen; der reiche
Spross musste dabei zusehen. So sollte er zumindest Scham und
Mitleid empfinden und sein Vergehen deshalb nicht wiederholen.
444
Pudding in den Beinen haben
auch: Pudding in den Armen haben
keine Kraft in den Beinen bzw. Armen haben;
scherzhafte Anspielung auf weiches, in der Konsistenz also
puddingähnliches Fett an den Armen oder Beinen anstelle fester
Muskeln.
dastehen wie ein begossener Pudelbeschämt bzw. kleinlaut sein;
das Fell eines Pudels ist fein, wollig, dicht und gekräuselt; die
Redensart leitet sich vermutlich vom komischen Anblick des sich
vor Nässe schüttelnden Tieres her und ist schon im17. Jahrhundert
bekannt geworden.
„Tausend Sakerment! Da hättest du den Kerl sehen sollen die Augen
aufreißen und anfangen zu zappeln wie ein nasser Pudel.“ (Schiller, Die
Räuber II,3)
pudelnass sein
sehr nass, tropfend nass sein;
aus dem Tierreich: Der Pudel, heute ein beliebter Familienhund, wurde
ursprünglich als Jagdhund eingesetzt. Sein „Spezial gebiet“ war die
Jagd im Wasser; er wurde somit regelmäßig „pudelnass“. Bei der Suche
nach dem Ursprung des Namens „Pudel“ trifft man auf den inzwischen
veralte ten niederdeutschen Ausdruck „Pfudel“ für Pfütze, Lache. Ob
„pudelnass“ nun bedeutet „nass wie aus einer Pfütze“ oder ob der
Ausdruck einen Umweg über den Hund genommen hat, ist heute
nicht mehr eindeutig nachvollziehbar.
sich pudelwohl fühlen
sich sehr wohl fühlen;
die Bezeichnung der Hunderasse Pudel leitete sich von dem
445
niederdeutschen Wort „Pfudel“ für Pfütze, Lache ab (daher auch
„pudelnass“); man fühlt sich also „pudelwohl“ wie der Pudel in einer
Pfütze.
jemandem auf den Puls fühlen
jemanden überprüfen, ausfragen;
aus der Medizin abgeleitet: Das ärztliche Interesse am Pulsschlag
geht auf seine Aussagekraft über den gesundheitlichen Zustand
eines Menschen zurück; über die Meinungen und Ansichten eines
Menschen besagt der Puls jedoch eigentlich nichts.
auf einem Pulverfass sitzen
in einer gefährlichen Lage sein;
ein Fass gefüllt mit Schießpulver ist relativ leicht zu entzünden und
damit lebensgefährlich. Wer also auf einem solchen Fass sitzt, befindet
sich definitiv in einer gefährlichen Lage.
etwas auf Pump kaufen
beim Kauf anschreiben lassen, etwas auf Kredit kaufen;
„Pump“ entspringt demselben sprachlichen Bild wie der Ausdruck
„sich etwas pumpen“.
sich etwas pumpensich etwas ausleihen, borgen;
aus dem Rotwelsch: Das ursprünglich nur auf die Wasserförderung
bezogene Wort „pumpen“ wurde in der Gaunersprache auch auf die
„Geldförderung“ aus den Taschen eines Bekannten bezogen.
am toten Punkt angelangt sein
auch: am toten Punkt angekommen sein
Zustand totaler Erschöpfung, in dem keine Fortschritte mehr erzielt
werden können;
446
aus der Technik: Wenn Pleuelstange und Kurbel einer
Antriebsmaschine eine gerade Linie bilden, spricht man vom „toten
Punkt“: Die Pleuelstange bewegt sich weder vor noch zurück; es ist der
Punkt, an dem sich ihre Bewegungsrichtung umkehrt.
der springende Punktder Kern, das Wichtigste, das zentrale Element an einer Sache;
aus der Antike: Die schon im Lateinischen belegte Redewendung
(„punctum saliens“) geht auf den griechischen Naturwissenschaftler
Aristoteles zurück. Dieser glaubte entdeckt zu haben, dass bereits im
Eiweiß des Hühnereies das Herz des Kückens zu sehen sei als kleiner
Blutfleck, der „hin- und herspringe“. Dieser Punkt bedeutete den
Ursprung des sich entwickelnden Wesens und war damit der zentrale
Punkt des Lebens.
etwas auf den Punkt bringen
etwas präzisieren;
bildhafte Beschreibung des Vorgangs der Zusammenfassung und
Zuspitzung eines zuvor eher breit und oberflächlich abgehandelten
Themas.
pünktlich wie die Maurer
sehr pünktlich;
diese Redensart bezieht sich nicht auf das überpünktliche Erscheinen
von Handwerkern an der Baustelle, sondern auf ihre Exakt heit bezüglich
des Feierabend beginns. Angeblich legen Maurer auf die Sekunde genau
die Kelle aus der Hand. Vermutlich wurde die Redewendung durch
andere Berufsgruppen im Handwerk geprägt, die stets übereinander
schlecht redeten.
447
bis in die Puppensehr spät; sehr lange;
aus Berlin: Mit den „Puppen“ war eine Figurengruppe des Künstlers
Knobelsdorff auf dem Großen Stern mitten im Berliner Tierpark
gemeint, die von außerhalb des Parks aus jeder Richtung nur nach
einem längeren Spaziergang zu erreichen war.
die Puppen tanzen lassen
feiern, hemmungslos tanzen;
aus dem Puppentheater, wo der Marionettenspieler die Puppen
aufgrund der unpräzisen Einwirkung nicht elegant, sondern nur
hemmungslos „tanzen lassen“ kann.
einen Pyrrhussieg erringen
einen teuer erkauften Erfolg erringen;
aus der griechischen Antike: Pyrrhus, König von Epirus, konnte 279
v. Chr. zwar einen Sieg gegen die Römer erringen, aber unter hohen
Verlusten, die sein Reich erheblich schwächten. Es wurde überliefert,
der Herrscher habe anschließend gesagt: „Noch so ein Sieg, und wir sind
verloren!“
ein Quacksalberein schlechter Arzt;
aus dem Mittelalter: ursprünglich ein laut (quakend) auf Märkten
Salben anpreisender Heilkundiger. Möglicherweise bezieht sich die
Wendung auch auf Quecksilber, da im Mittelalter Quecksilbersalben
und -pflaster z. B. als Mittel gegen die Syphilis vertrieben wurden.
die Quadratur des Kreises versuchen
etwas Unmögliches lösen wollen;
aus der Geometrie: bezieht sich auf das von dem Mathematiker
448
Ferdinand von Lindemann bereits 1882 als definitiv unmöglich zu
lösen bestätigte Problem, ausschließlich mit Zirkel und Lineal aus
einem Kreis ein flächengleiches Quadrat zu schaffen.
ein Quantensprungein enormer Fortschritt, Verbesserung;
aus der Physik abgeleitet: Allerdings hat der physikalische
Quantensprung – der Übergang eines Systems von einem Quanten-
zustand in einen anderen – überhaupt nichts mit der Bedeutung
dieser Redewendung zu tun.
jemanden einen Quark angehen
jemanden nichts angehen;
das Milchprodukt steht in Redewendungen stets für etwas
Gehaltloses, Nichtiges („Quark reden“), wie in Goethes „Faust“, da er
Mephistopheles sagen lässt: „In jeden Quark begräbt er seine Nase.“
sich über jeden Quark aufregen
sich über Kleinigkeiten aufregen;
„Quark“ steht in vielen Redensarten (z. B. „Quark reden“) für etwas
Wert- oder Gehaltloses.
Quecksilber im Leib haben
auch: quecksilbrig sein
nicht stillhalten können;
diese Redewendung soll nicht besagen, dass jemand unter einer
Quecksilbervergiftung leidet. Das hochgiftige Metall ist unter
normalen Umgebungsverhältnis sen flüssig, besitzt aber eine hohe
Oberflächen spannung, sodass es schneller fließt als Wasser, aber
ohne in einzelne Tropfen auseinanderzurinnen. In Verbindung
mit der spiegelnden Oberfläche verhalf diese Eigenschaft dem
449
Quecksilber zu seinem Namen: „schnelles“ oder „ flüssiges Silber“.
Wer sich verhält wie ein Quecksilber tropfen, der ist nicht ruhig zu
bekommen.
jemandem in die Quere kommen
jemanden stören, behindern;
aus der Schifffahrt: Anderen „in die Quere“ kommt ein Schiffer, der
sein Boot quer treiben lässt, also „überzwerch“ fährt, wodurch der
Wasserweg für andere unpassierbar wird.
die Quintessenz von etwas sein
der Kern, das Zentrale von etwas sein;
aus der antiken griechischen Philosophie: Das „fünfte Seiende“ (quinta
essentia) war bei den pythagoreischen Philosophen der Äther, aus
dem die anderen vier Elemente (Feuer, Wasser, Erde, Luft) entstanden
sein sollen.
Rabenelternauch: Rabenvater, Rabenmutter
schlechte Eltern;
abgeleitet aus der Bibel: Im Buch Hiob werden hungrige Rabenkinder
erwähnt: „Wer bereitet dem Raben die Speise, wenn seine Jungen zu
Gott rufen und irrefliegen, weil sie nichts zu essen haben?“ (38,41)
Tatsächlich werfen Raben ihre Jungen aus dem Nest, allerdings erst,
wenn diese groß genug sind, sich selbst zu ernähren. Redensartlich
wird der Begriff seit dem 16. Jahrhundert verwendet.
das fünfte Rad am Wagen sein
überflüssig, nicht erwünscht sein;
seit dem 11. Jahrhundert (in lateinischer Sprache) belegt: Das Bild,
das diese Redewendung erzeugt, ist das eines zusätzlichen Rades, das
450
im besten Fall, wenn es in Laufrichtung angebracht wurde, schlicht
überflüssig ist, im Negativfall, z. B. an der Rückseite angebracht, den
gesamten Wagen unbrauchbar macht.
ein Rad greift ins andere
das Zusammenspiel funktioniert;
aus der Mechanik: bezieht sich auf die Zahnräder einer Maschine, die
reibungslos ineinandergreifen müssen.
die Radieschen von unten anschauen
auch: die Kartoffeln von unten ansehen
tot sein;
scherzhafter Ausdruck für das Sterben. Man wird unter einer Schicht
Erde bestattet, in der jedoch selten Radieschen o. ä. Gemüse
angepflanzt werden; diese Pflanze wurde eher wegen ihres komisch
klingenden Namens gewählt.
den Rahm abschöpfen
auch: das Fett abschöpfen
das Beste vorab für sich wegnehmen;
der Rahm setzt sich bei der Milch, wenn man sie stehen lässt, an der
Oberfläche ab und kann dann abgeschöpft werden. Die Redensart
kommt daher, dass er früher als das Beste an der Milch galt.
rammdösig sein
jemandem ist schwindlig; verwirrt sein;
Ramm bzw. Ramme sind veraltete Bezeichnungen für Bock bzw.
Schaf, die vom Gegeneinanderrammen der Hörner der Böcke
abgeleitet wurden. „Dösig“ meint einen Zustand, in dem, ähnlich wie
im Halbschlaf, die intellektuellen Fähigkeiten nicht mehr voll genutzt
werden können.
451
außer Rand und Band sein
auch: außer Rand und Band geraten
unkontrolliert oder unkontrollierbar sein;
aus dem Böttchergewerbe: Bei der Fassherstellung werden die
Dauben durch Bänder zusammengehalten und am oberen und
unteren Rand durch einen Boden verschlossen. Ist ein Fass „außer
Rand und Band“, so fällt es auseinander, ist unbrauchbar und vergießt
seinen (unter Umständen wertvollen) Inhalt.
Ränke schmieden
Intrigen vorbereiten;
aus dem Mittelalter: Ränke, heute nur noch im Plural gebräuchlich,
kommt von „Rank“, was so viel wie Krümmung und im übertragenen
Sinne Ausflucht, Kunstgriff, Trick bedeutete, meist in dem Sinne,
dass durch diesen Trick jemand anderem geschadet werden soll
(„jemandem einen Rank spielen“).
bei jemandem rappelt`s im Karton
auch: bei jemandem rappelt es in der Kiste
jemand ist leicht verrückt, nicht ganz bei Verstand;
das Verb „rappeln“ bedeutete ursprünglich „lärmen, klappern,
schelten“. Im ausgehenden 18. Jahrhundert nahm es die heutige
Bedeutung an.
auf Schusters Rappenzu Fuß;
„Rappen“ ist der Fachbegriff für schwarze Pferde. Wer nicht geritten
kommt, sondern zu Fuß gehen muss, ist also auf den vom Schuster
hergestellten Rappen unterwegs – sofern er schwarze Schuhe trägt.
452
eine eiserne Rationauch: eine eiserne Reserve
ein Notvorrat;
bezeichnet eine Lebensmittel-, finanzielle u. ä. Reserve, die eisern, also
standhaft für den Notfall aufbewahrt werden muss.
einen Rattenschwanz nach sich ziehen
mehrere Probleme zur Folge haben;
bezieht sich auf den langen und sehr beweglichen Schwanz der
Ratte, dessen Bewegungen zwar eigentlich mit dem Laufen der Ratte
zusammenhängen, aber teilweise unabhängig von diesem zu sein
scheinen.
unter die Räuber fallen
schamlos ausgenutzt werden;
abgeleitet aus der Bibel: Im Gleichnis vom barmherzigen Samariter
(Lk 10,30) heißt es: „Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem
hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber; die zogen ihn aus und
schlugen ihn und machten sich davon und ließen ihn halb tot liegen.“
in Räuberzivil erscheinen
in legerer Kleidung erscheinen;
bezieht sich auf das Tragen einer dem Anlass nicht angemessenen
Kleidung.
viel Rauch und wenig Braten
Bezeichnung für etwas groß Angekündigtes, das sich als enttäuschend
erweist;
bezieht sich auf den Bratvorgang, bei dem einem wegen des Geruchs
schon das Wasser im Mund zusammenläuft; der Braten wird dieser
großen Vorfreude anschließend nicht gerecht.
453
einer Sache Raum geben
etwas wohlwollend aufnehmen, zu seiner Entfaltung beitragen;
aus der Bibel: Im Römerbrief (12,19) schreibt Paulus: „Rächt euch nicht
selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes.“
mit spitzer Feder rechnenexakt oder sehr knapp kalkulieren;
Diese Redensart schreibt den „scharfen“ Verstand des Rechnenden
seinem Schreib utensil als Eigenschaft zu.
jemandem einen Strich durch die Rechnung machen
jemandes Pläne vereiteln;
das Durchstreichen jeglicher schriftlicher Abmachung – und dazu
zählen auch Rechnungen – kennzeichnet diese als ungültig, da einer der
beiden Vertragspartner sie nicht anerkennt. Wurden mit dem Geld, das
mittels einer Rechnung eingetrieben werden soll, bereits große Pläne
gemacht, werden diese durch den Strich zunichte gemacht.
nicht wissen, wo rechts und links ist
auch: nicht wissen, wo links und rechts ist
orientierungslos, aufgeregt sein;
aus der Bibel: Als die sündigen Bewohner Ninives nach einer
Aufforderung Gottes bzw. seines Dieners Jona Buße tun und sich
bekehren, ist Jona über die Güte Gottes enttäuscht. Als er wenig
später über den Verlust eines Schatten spendenden Baumes klagt,
antwortet Gott: „Dich jammert die Staude, um die du dich nicht
gemüht hast, [...] und mich sollte nicht jammern Ninive, eine so große
Stadt, in der mehr als hundertundzwanzigtausend Menschen sind, die
nicht wissen, was rechts oder links ist, dazu auch viele Tiere?“ (Jona
4,10f.)
454
große Reden schwingen
angeben, großtun;
ursprünglich war „eine Rede schwingen“ nicht negativ konnotiert,
sondern bezog sich lediglich auf die enthusiastische Gestik mit
„schwingenden Armen“. Erst in jüngerer Zeit als Spott oder Kritik
verwendet.
nach allen Regeln der Kunst
wie es sich gehört;
aus dem Mittelalter: Die hier genannten Regeln waren die Bücher
der Meistersinger, in denen die Regeln ihrer Gesangskunst schriftlich
festgelegt waren.
ein warmer RegenGeld, das dringend gebraucht und plötzlich eingenommen wird;
vergleicht einen unverhofften, aber dringend benötigten Geldsegen mit
einem warmen Sommerregen, der eine angenehme Abkühlung bringt
und die Blumen sprießen lässt.
ein strenges Regiment führen
sehr streng sein;
aus dem Lateinischen: „Regimen“ bedeutet so viel wie Herrschaft,
Regierung. Wer ein strenges Regiment führt, gibt strenge
Anweisungen an seine Untergebenen.
jemandem nicht das Wasser reichen können
tief unter jemandem stehen;
aus dem Mittelalter: Bei Hofe wurde, als man noch nicht mit Messer
und Gabel aß, von einem Pagen nach jedem Gang eine Schüssel mit
Wasser angereicht, damit man sich die Hände reinigen konnte. Diese
Tätigkeit war aber bestimmten Dienern vorbehalten, andere waren
455
nicht wert, den Adeligen „das Wasser zu reichen“.
Valentin sagt in Goethes Faust (I, 3631ff.) über seine Schwester
Gretchen: „Aber ist eine im ganzen Land, die meiner trauten Gretel
gleicht, die meiner Schwester das Wasser reicht?“
ein innerer Reichsparteitagein geheimes Gefühl tiefer innerer Befriedigung;
aus dem 20. Jahrhundert: bezieht sich auf die NSDAP-Reichsparteitage
in den 1930er-Jahren, die mit ihren Aufmärschen, Paraden,
Totengedenken und Wehrmachtsvorführungen den absoluten
Machtanspruch der Partei demonstrieren sollten und wie offizielle
Staatsfeiern anmuteten. Die Wendung wird auf negative Gefühle wie
Rache oder Schadenfreude bezogen, die man besser nicht nach außen
trägt.
in Reih und Glied
in einer Linie nebeneinander;
aus der Militärsprache: In einer militäri schen Abteilung bilden die
hintereinanderstehenden Soldaten eine Reihe, während man die
nebeneinanderstehenden als Glied bezeichnet.
aus der Reihe tanzen
seine eigene Sache machen; sich nicht an die Regeln halten;
der Reigen ist einer der ältesten Tänze in Europa und diente wie
viele Tanzformen dem kulturellen Ausdruck und der Bildung eines
Gemeinschaftsgefühls. Als ein Reihentanz konnte er nur funktionieren,
wenn sich alle Teilnehmer an die festgelegten Schrittfolgen hielten.
Tanzte jemand „aus der Reihe“, so verdarb er nicht nur sich selbst das
Tanzvergnügen, sondern auch allen anderen.
456
etwas auf die Reihe kriegen
etwas organisieren, vollenden; Erfolg haben;
diese jüngere Redewendung verwendet „Reihe“ schlicht als Element
einer allgemeinen Ordnung, die jemand herzustellen in der Lage ist.
reihernsich übergeben;
aus dem 19. Jahrhundert: Diese Redensart leitet sich vermutlich von
dem rauen Krächzen der weit verbreiteten Schreitvögel ab, das dem
Geräusch beim „Sichübergeben“ ähnelt.
sich keinen Reim auf etwas machen können
auch: keine Reim auf etwas finden
etwas nicht verstehen, sich etwas nicht erklären können;
einige Wörter im Deutschen sind für Gedichte ausgesprochen
ungeeignet, da keine Reimwörter existieren (z. B. „fünf“); für etwas, auf
das man sich „keinen Reim machen“ kann, findet man einfach keine
Erklärung oder Lösung.
reinbutternGeld investieren, einzahlen;
der Ausdruck bezeichnete ursprünglich das Schlagen der Butter
in das Butterfass, bei dem die Butter immer wieder komprimiert
werden musste, damit sie keine Luft enthielt und mehr in einem Fass
untergebracht werden konnte. Wer Geld investiert, kann durchaus
auch das Gefühl haben, das Geld „sacke zusammen“, wenn in ein
Finanzloch immer mehr Geld hineinpasst.
Reinschiff machen
sauber machen, putzen;
aus der Seemannssprache: „Reinschiff“ bedeutet, ein sauberes Schiff
457
zu machen, also das Schiff vor dem Einlaufen in einen Hafen zu
putzen. Heute wird der Ausdruck auch für die Reinigung der Wohnung
verwendet.
ein apokalyptischer Reiterjemand, der Verderben bedeutet/mitbringt;
aus der Bibel: In der Offenbarung des Johannes (6,1–8) kündigen die
vier apokalyp tischen Reiter Krieg, Hunger, Pest und Tod den nahenden
Weltuntergang an.
Reißaus nehmen
weglaufen;
„Reißaus“ ist die substantivierte Form des Verbs „ausreißen“, das
sich vom gewaltsamen Herausziehen eines Gegenstandes, der z. B.
eingeklemmt ist und dadurch Schaden nimmt, ableitet.
ein totes Rennenunentschieden;
aus dem Sport: Ein Rennen, bspw. ein Pferderennen, ist zumindest
für den Buchmacher „tot“, d. h. nicht gewinnbringend, wenn ein
Gleichstand zwischen zwei Teilnehmern erzielt wird, es also keinen
eindeutigen Sieger gibt.
jemanden aus der Reserve locken
jemanden dazu bringen, seine Zurückhaltung oder Vorsicht
aufzugeben;
aus der Militärsprache: Das Corps de Reserve war eine im Rücken der
Armee, also hinter derselben, wartende Einheit, die nur im Notfall ins
Kampfgeschehen eingriff.
458
eine Retourkutschekleine Rache, eine mit gleichen Mitteln zurückgegebene Behandlung;
wie auch bei heutigen Fahrkarten manchmal noch, war zu Zeiten des
Kutschverkehrs eine Retourfahrt billiger, da der Kutscher dann zwar
warten musste, aber keine Leerfahrt hatte.
ein Revolverblatteine Boulevardzeitung;
nach der gleichnamigen „Zeitungskomödie“ von Max Barthel (1929).
etwas Revue passieren lassen
sich etwas in Erinnerung rufen;
vom französischen Wort „revue“ für „Rück blick, Rückschau“ (von „revoir“,
„zurückblicken, wiedersehen“): In Frankreich sind Jahresrückschauen
bereits seit dem Mittel alter belegt. Der Ausdruck „passieren lassen“
deutet das Vorbeigleiten der Erinnerungsbilder an, ähnlich einem Film.
mit etwas richtig liegen
recht haben, die richtige Vermutung anstellen;
aus der Seemannssprache: Von einem Schiff sagt man, dass es auf Kurs
liege.
einer Sache einen Riegel vorschieben
eine Sache verbieten, für immer verhindern;
bezieht sich auf den Riegel an einer Tür, die durch ihn fest geschlossen
und unpassierbar wird.
sich am Riemen reißen
sich zusammennehmen, etwas trotz des Widerwillens dagegen tun;
aus dem Ersten Weltkrieg: Der „Riemen“ ist der Gürtelriemen
des Soldaten, an dem er zieht, um den Sitz der Uniformjacke zu
perfektionieren.
459
nach Adam Riesevöllig korrekt berechnet;
aus dem 16. Jahrhundert: Adam Ries (1492–1559) gilt als der Vater
des modernen Rechnens und verfasste im 16. Jahrhundert die ersten
Rechenbücher in deutscher Sprache. Er war maßgeblich an der
Verbreitung der arabischen Zahlen beteiligt.
ein Riesenrossein Tollpatsch, ein Narr;
„Ross“, das heute altertümlich wirkende Synonym für Pferd, war früher
ein geläufiges Schimpfwort – vielleicht wegen des „großen Schädels
mit so wenig Hirn“.
ein Rindviehein dummer Mensch;
Rindern wird von jeher aufgrund ihrer großen Ruhe auch große
Dummheit nachgesagt.
sich etwas nicht aus den Rippen schneiden können
etwas nicht aus dem Nichts beschaffen können;
aus der Bibel abgeleitet: In der Schöpfungs geschichte wird dargestellt,
wie Eva aus einer Rippe Adams geschaffen wurde – im Gegensatz zu
Adam, der aus einem Teil der Umwelt, nämlich Lehm, entstand. Wenn
man sich etwas „nicht aus den Rippen schneiden“ kann, dann hat man
keine Möglichkeit, etwas auf „normalem“ Wege zu beschaffen, und
kann es auch nicht „herbeizaubern“.
ein Ritter ohne Furcht und Tadel
eine mutiger, edler Mann;
geht zurück auf den Beinamen des Ritters Pierre du Terrail, Chevalier de
Bayard (1476–1524). Seine Lebensgeschichte erschien 1527 unter dem
460
Titel „La très-joyeuse, plaisante et récréative histoire du bon chevalier
sans paour et sans reproche, gentil seigneur de Bayard“ (Die sehr
erfreuliche, kurzweilige und ergötzliche Geschichte des braven Ritters
ohne Furcht und ohne Tadel, des edlen Herrn von Bayard).
ein Ritter von der traurigen Gestalt
jämmerlicher, bedauernswerter, auch ener gieloser, melancholischer
Mensch sein;
aus der Literatur: „Don Quichotte“, der Titelheld des gleichnamigen
Romans des spanischen Dichters Miguel de Cervantes (1547–1616),
wird von seinem Begleiter Sancho Pansa mit diesem Ausdruck
charakterisiert.
einen Rochus auf jemanden haben
Zorn, Groll gegen jemanden hegen;
aus dem Jiddischen: von dem Wort „rauches“ (Ärger, Zorn) entlehnt.
hinter jedem Rock her sein
auch: hinter jeder Schürze herlaufen
jeder Frau nachstellen;
da Röcke früher die einzige akzeptierte Kleidung für Frauen war, steht
der Rock in dieser Redewendung symbolisch für die Gesamtheit der
Frauen.
an Mutters Rockzipfel hängen
auch: an Mutters Schürzenband hängen; an Mutters Schürzenzipfel hängen
unselbstständig sein;
wird missbilligend gebraucht, wenn dieses in der Kleinkindphase
früher – als Mütter noch Röcke trugen – durchaus wörtlich zu
nehmende Verhalten auch noch bei Heranwachsenden oder gar
Erwachsenen anhält.
461
in die Röhre schauen
das Nachsehen haben;
wie die nur regional verbreitete Redensart „mit dem Ofenrohr ins
Gebirge schauen“ bezieht sich diese Wendung auf das Fernrohr, mit
dem man „in den Mond guckt“, also seine Aufmerksamkeit auf etwas
mit Sicherheit nicht Gewinnbringendes richtet. Möglich ist aber auch
ein Bezug zu dem Rohr, durch das die Fäkalien aus dem Abort in eine
Sickergrube oder ein Gewässer entleert werden.
ein Rohrkrepierer sein
ein missglückter Plan oder Angriff (mit komischen Nebeneffekten);
aus der Soldatensprache: bezeichnet ursprünglich ein Geschoss, das
im Geschützrohr explodiert.
aus der Rolle fallen
sich unpassend, seltsam verhalten;
aus der Theatersprache: Diese Redensart beschreibt den schlimmsten
Fehler jedes Schauspielers: die Rolle, die dargestellt werden soll,
vergessen und den eigenen Charakter in das Spiel einbringen.
völlig von der Rolle sein
völlig fertig sein; neben sich stehen;
aus der Theatersprache: Die „Rolle“ eines Schauspielers wurde nach
der Pergamentrolle benannt, von der er früher seinen Text ablas bzw.
lernte.
auf Rosen gebettet sein
glücklich, in einer guten Lage sein;
aus der Antike: Römische Herrscher ließen sich und ihre Gäste ganz
wörtlich auf Rosen betten. Daher stammt der lateinische Ausdruck
„iacere in rosa“ für „in stetem Vergnügen schwelgen“.
462
ein Rosenkriegheftiger Konflikt eines sich trennenden Paares;
leitet sich von den „Wars of roses“ (benannt nach der Wappenrose) im
England des 15. Jahrhunderts ab. Auch diese stellten, ähnlich einem
Scheidungskonflikt, einen blutigen innerfamiliären Streit dar zwischen
zwei verwandten Herrschaftszweigen (York und Lancaster).
sich die Rosinen aus dem Kuchen herauspicken
sich nur das Beste nehmen;
zwar ließe sich darüber diskutieren, diese Redensart aber sieht die
Rosinen als das Beste in einem süßen Gebäck an; die Wendung wird
meist vorwurfsvoll verwendet: „Er hat sich die Rosinen aus dem
Kuchen gepickt, und alle anderen hatten das Nachsehen!“
auf dem hohen Ross sitzen
arrogant, eingebildet, herablassend sein;
aus der Reiterei: Besonders die Adligen saßen in früheren
Jahrhunderten zu Pferd; das gemeine Volk reiste zu Fuß, auf Eseln oder
mit dem Ochsenkarren. Wer so reich war, sich ein Reitpferd leisten zu
können, war sich seines Standes meist nur zu gut bewusst. Daneben
kann man vom hohen Pferderücken aus tatsächlich sehr leicht auf
andere Menschen herabsehen.
mit Ross und Wagen untergehen
ganz, komplett versagen;
aus der Bibel: „Ich singe dem Herrn ein Lied, denn er ist hoch und
erhaben. Rosse und Wagen warf er ins Meer“ ( Exodus 15,1) – Gott
vernichtete die gesamte Streitmacht der Ägypter im Roten Meer.
463
Ross und Reiter nennen
klare Angaben machen, den Urheber einer Sache nennen;
aus dem Mittelalter: Bei Turnieren wurden der in seiner Rüstung
nur an Farben und Wappen erkennbare Ritter sowie sein Pferd vor
Kampfbeginn laut beim Namen gerufen, es wurden „Ross und Reiter“
genannt, damit jeder Zuschauer wusste, wer da kämpfte.
vom hohen Ross steigen
seine Arroganz ablegen (müssen);
aus der Reiterei: bezieht sich, wie die Wendung „auf dem hohen Ross
sitzen“, auf die früher Adeligen vorbehaltene Reiterei.
eine Rossnatur haben
auch: eine Pferdenatur haben
sehr kräftig oder robust sein;
die Pferde, auf die hier Bezug genommen wird, waren die
Arbeitsgäule, die jahrelang trotz oft schlechter Haltung und Fütterung
ihren Dienst taten – und so ihre robuste „Pferdenatur“ bewiesen.
rotsehensehr wütend werden/sein;
in der Farbensymbolik ist Rot die Farbe jedes hitzigen Gefühls, sei
es Liebe oder – wie in diesem Fall – Zorn; im Tierreich ist es eine
verbreitete Warnfarbe. Da Menschen durch die rote Farbe gereizt
werden, ging man davon aus, dass der Stier in der Corrida durch das
Rot des Tuches zu seiner Aggression provoziert würde und deshalb
den Stierkämpfer angreife. Heute weiß man, dass Stiere farbenblind
sind.
464
ein Rotzlappenauch: eine Rotzfahne
ein Taschentuch;
vulgärsprachlicher Ausdruck, der sich auch auf die Größe des
Taschentuchs bezieht.
etwas ruck, zuck erledigen
etwa schnell erledigen;
diese lautmalerische Redensart soll die hohe Geschwindigkeit eines
Vorgangs verdeutlichen. Rucken ist als das Verrücken einer Sache
zu verstehen, wobei das Zucken etymologisch als heftiges Ziehen
verstanden werden kann.
jemandem in den Rücken fallen
jemanden unerwartet und heimtückisch angreifen;
aus der Militärsprache: beschreibt einen Angriff durch einen sich von
hinten nähern den Flügel des gegnerischen Heeres.
mit dem Rücken zur Wand stehen
keinen Ausweg mehr haben;
wer z. B. vor einem Bären, wie es empfohlen wird, langsam
zurückweicht, der sollte sich nicht nur auf das Tier konzentrieren –
wenn er eine Wand hinter sich hat, hat der Bär nämlich leichtes Spiel.
den Rückzug antreten müssen
von einer weiteren Verteidigung seiner Idee/seins Planes etc. absehen
müssen;
aus der Soldatensprache: Je nach Situation wurde durch die
Befehlshaber ein geordneter Rückzug befohlen oder durch die
Übermacht der Gegner ein ungeordneter erzwungen.
465
zum Rückzug blasen
in einer aussichtslos gewordenen Situation das Signal zur Aufgabe
geben;
aus der Soldatensprache: Wenn der Trompeter zum Rückzug blies,
wurden durch dieses Signal versprengte Soldaten eingesammelt
und weitere Verluste vermieden. Im Gegensatz zur Flucht verlief der
Rückzug in geordneten Bahnen.
aus dem Ruder laufen
außer Kontrolle geraten;
aus der Schifffahrt: Ein Schiff läuft aus dem Ruder, wenn es – bei
zu wenig Fahrt im Schiff oder bei schwerer, rollender See – dem
Steuerdruck nicht mehr gehorcht.
das Ruder herumreißen
auch: das Ruder herumwerfen
eine gefährliche Situation gerade noch entschärfen, eine Bedrohung
abwenden;
der Steuermann eines Schiffes ist dafür verantwortlich, in die richtige
Richtung zu lenken, also gefährliche Hindernisse zu umfahren.
Bemerkt er ein Hindernis im letzten Moment, so kann er das Ruder
gerade noch herumreißen und das Schiff vor Unglück bewahren.
stoische Ruheeine ruhige Verfassung ohne jegliche Emotion;
aus der griechischen Antike: Ca. 300 v. Chr. entstand in Athen
die stoische Philo sophie mit ihrer ganzheitlichen Welterfassung.
Die Vertreter dieser Lehre, die Stoiker, zeichneten sich durch
bedingungsloses Akzeptieren ihres Schicksals aus. Sie übten sich in
völliger Selbstbeherrschung, um durch emotionslose Gelassenheit zu
Weisheit zu gelangen.
466
jemandem einen guten Rutsch wünschen
jemandem ein gutes neues Jahr wünschen;
aus dem Jiddischen: „Rosh Hashana“ lautete der jüdische
Neujahrswunsch. Das jiddische „rosh“ wurde eingedeutscht, es
bedeutet so viel wie „Anfang“. Zum neuen Jahr wird also eine guter
Neuanfang gewünscht, nicht etwa kein Glatteis.
mit dem Säbel rasseln
jemandem drohen;
meist wird diese Redewendung, die sich auf die am Heft des
Schwertes befestigten Ketten („Gehänge“) oder auf das Geräusch
des Säbels in einer metallenen Scheide bezieht, heute abwertend
verwendet: „Das Säbelrasseln kannst du dir schenken.“
eine runde Sacheein guter, wohldurchdachter Plan;
aus der Geometrie: Der Kreis steht aufgrund seiner perfekten Symmetrie
für Schön heit und Exaktheit.
die Katze aus dem Sack lassen
die Wahrheit aussprechen, seine bisher verheimlichte Meinung
kundtun;
aus dem Mittelalter: Wer die Katze, die er im Sack gekauft hat,
herauslässt, der muss feststellen, dass es sich nicht um den
vermeintlich gekauften Hasen handelt. Möglicherweise kommt die
Redensart auch von der früher häufigen Praxis, Katzen junge im Sack
zu ersäufen – wenn sie vorher jemand wieder herausließ, war das
grausame Vorhaben vereitelt und ans Licht gekommen.
467
in Sack und Asche gehen
büßen, bereuen;
aus der Bibel: Zur Zeit der ersten biblischen Aufzeichnungen war
es üblich, in Trauerzeiten die eigenen Kleider zu zerreißen und sich
mit einem Sack zu bekleiden. Die Asche, mit der man sich bedeckte,
verstärkte den Eindruck der Unterwürfigkeit und der Reue.
wie ein nasser Sackohne Haltung oder Körperbeherrschung;
„Sack“ ist eine Bezeichnung für den menschlichen Körper, die
in verschiede nen Redewendungen zu finden ist. Ist ein Sack in
trockenem Zustand noch hart und rau, so wird er durch Nässe weich.
Möglich ist auch, dass die Wendung einen mit Wasser gefüllten Sack,
also ein formlos-schwabbliges Behältnis meint.
wie einen Sack Flöhe hüten
das ist praktisch unmöglich; wird auch verwendet, um die Aufgabe
der Betreuung mehrerer kleiner Kinder zu beschreiben;
aus dem Mittelalter: Selbst in lateinischer Sprache ist die Wendung
belegt, die etwas beschreibt, was unmöglich zu bewerk stelligen ist:
eine große Zahl Flöhe am Weghüpfen hindern. Oft wird aber selbst
diese Aufgabe einer anderen vorgezogen: „Lieber einen Sack Flöhe
hüten als ...“
auf dem Meer säenauch: auf dem Wasser säen
etwas Sinnloses, Unsinniges tun;
wohl aus der Seemannssprache: Wer auf dem Meer sät, der
verschwendet sein Saatgut und kann nicht mit irgendeiner Ernte
rechnen.
468
jemanden im eigenen Saft schmoren lassen
jemanden in einer für ihn schwierigen Lage belassen, ihm nicht helfen;
beim Schmoren wird einem Stück Fleisch kaum Flüssigkeit
hinzugefügt, da es durch die lang andauernde Hitzezufuhr selbst
Flüssigkeit ausscheidet und darin gar wird; ähnlich wartet man darauf,
dass jemand in einer misslichen Lage reift, ohne dass man ihm Hilfe
anbietet.
ein Saftladenein nicht kundenfreundlicher, ungemütlicher oder auf andere Weise
unangeneh mer Dienstleistungsbetrieb;
seit dem 19. Jahrhundert belegt: Die zunächst scherzhafte
Bezeichnung eines Be triebs, in dem Alkohol, beschönigend „Saft“
genannt, ausgeschenkt oder ver kauft wurde, bekam erst später einen
negativen Beigeschmack.
andere Saiten aufziehen
strenger werden;
bedeutete ursprünglich nur, den Ton zu ändern, und konnte auch
positiv gemeint sein, so in der „Galanten und liebenswürdigen Salinde“
(Michael Erich Franck): „[...] worauf er denn gelindere Saiten aufzog“.
Da haben wir den Salat!
Da haben wir das Unglück/Durcheinander!
Salat ist ein Lehnwort aus dem Italieni schen. Als „insalata“ bezeichnete
man ursprünglich jede kalte, mit Öl eingemachte Speise; das bunte
Durcheinander in einem „insalata mista“, wie man ihn heute beim
Italiener um die Ecke bekommt, ist wohl Ursprung der Redensart.
469
ein Salonlöwe sein
auch: den Salonlöwen spielen
der umschwärmte Mittelpunkt in einer vornehmen Gesellschaft sein;
obwohl durchaus vorstellbar, bezieht sich „Löwe“ nicht auf den König
der Tiere, sondern war eigentlich ein Missverstehen des französischen
Ausdrucks „le beau“ (der Schöne) für den Attraktivsten und damit den
umschwärmten Mittelpunkt einer Gruppe.
das Salz der Erde sein
von größter Bedeutung sein;
aus der Bibel: „Ihr seid das Salz der Erde“, proklamiert Jesus in der
Bergpredigt seinen Jüngern zu (Matthäus 5,13) und stellt sie damit
dem Bösen in der Welt gegenüber.
das Salz in der Suppe sein
eine Sache vervollständigen, perfekt machen;
hat seinen Ursprung in früheren Essgewohnheiten: Suppen, Eintöpfe
und Brei waren auf dem Tisch einfacher Leute ein häufiges Gericht. Um
eine Suppe schmack haft zu machen, benötigt man aber unbedingt
Salz. Auch wenn man andere Gewürze hinzugibt, ohne Salz wird
die Suppe fad schmecken. Es war in früheren Zeiten ziemlich teuer
(das „weiße Gold“), aber wenn man sich schon mit Suppe begnügen
musste, dann sollte wenigstens Salz darin sein.
jemandem Salz in die Wunde streuen
jemandem seine missliche Lage noch unangenehmer machen;
bezieht sich auf das schmerzhafte Brennen, das entsteht, wenn
Salziges in eine offene Wunde gelangt.
zur Salzsäule erstarren
(vor Angst, Schreck) wie festgewachsen stehen bleiben, sich nicht
470
mehr bewegen, nicht mehr reagieren;
aus der Bibel: In der Genesis wird beschrieben, wie Lot, ein Neffe
Abrahams, in der verderbten Stadt Sodom zwei Engeln Unterkunft
und Schutz gewährte. Da die Stadt zerstört werden sollte, warnten die
Engel Lot zum Dank und ermöglichten ihm die Flucht gemeinsam mit
seiner Frau und seinen Töchtern – unter der Vorgabe, sich nicht mehr
nach Sodom umzudrehen. Lots Frau hielt sich nicht an diesen Befehl
und verwandelte sich, mit dem Blick auf die Stadt gerichtet, in eine
unbewegliche Statue aus Salz.
ein Sammelsuriumeine ungeordnete Menge;
das Anhängen einer angeblich lateinischen Endung an ein deutsches
Wort sollte diesem früher den Status eines Fremdwortes und damit
dem Sprecher den eines Gebildeten geben.
samt und sonders
ohne Ausnahme, vollständig;
aus dem Mittelhochdeutschen: „Samt“, mittelhochdeutsch „sament“,
bedeutet gemeinsam, gleichzeitig und ist heute auch in dem Wort
„gesamt“ noch anzutreffen. „Sonders“ kommt von „sunder“, was so viel
wie allein, einsam bedeutet. In dieser Redewendung zeigt sich wieder
einmal die Vorliebe des Volksmundes für Stabreime. Gemeint ist, dass
wirklich alles, auch einsam und abgeschieden Gelegenes, einbezogen
wird.
etwas ist auf Sand gebaut
etwas hat kein Fundament, wird fehlschlagen;
aus der Bibel: Seit die Menschheit feste Häuser baut, weiß man,
dass das Funda ment für schwere Gebäude stabil sein muss, um
Statikprobleme zu vermeiden. In Matthäus 7,24–27 vergleicht Jesus
471
den rechten Glauben mit diesem architektoni schen Grundsatz. Wer
auf das, was Jesus sagt, nicht höre, der gleiche dem törichten Mann,
„der sein Haus auf Sand baute. Als nun ein Platzregen fiel und die
Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel
es ein, und sein Fall war sehr groß.“ Das Misslingen eines Plans, der „auf
Sand gebaut“ ist, ist also vorgezeichnet.
Sand im Getriebe sein
einen Plan, ein Unterfangen behindern;
aus der Technik: Sand oder anderer Schmutz „im Getriebe“, also z. B.
auf den Laufflächen von Zahnrädern, behindert das reibungslose
Laufen dieser Teile und damit das einwandfreie Funktionieren der
Maschine.
wie Sand am Meer
zahllos, im Überfluss, buchstäblich so zahlreich wie Sandkörner am Ufer
des Meeres;
dieser Vergleich taucht schon in der Bibel mehrmals auf, so heißt es
bei Hosea 2,1: „Es wird aber die Zahl der Israeliten sein wie der Sand
am Meer, den man weder messen noch zählen kann.“
etwas verläuft im Sandeetwas wird ohne Ergebnis beendet;
für die Herkunft gibt es zwei mögliche Deutungen: Zum einen
verläuft, d. h. versickert eine Wasserspur in einer Sandwüste ohne
Rückstand, zum anderen können in lockerem Sand keine Spuren
verfolgt werden, weil der Sand stets wieder in die Mulden zurückrinnt.
ohne Sang und Klang
auch: sang- und klanglos
ohne Aufsehen zu erregen, unauffällig;
472
bezog sich ursprünglich auf das bei Beerdi gungen übliche Singen und
Glocken läuten. Hatte der Verstorbene keine Verwandten und besaß
nicht den Respekt der Gemeinde, so wurde er „sang- und klanglos“
beerdigt.
das Sankt-Florians-Prinzipauch: das Floriani-Prinzip
Vorgehensweise, Bedrohungen nicht abzuwenden, sondern nur auf
andere zu verschieben;
Florian ist der Schutzheilige gegen Feuerbrünste. Besonders im
süddeutschen und österreichischen Raum ist ein ironisch gemeinter
Spruch verbreitet, der die Redens art erklärt: „Heiliger Sankt Florian /
Verschon mein Haus / Zünd andre an!“
bis zum Sankt-Nimmerleins-Tagauch: auf den Sankt-Nimmerleins-Tag
nie, niemals;
Sankt Nimmerlein ist ein erfundener Heiligenname, dessen
Namenstag verwendet wird, um einen niemals eintretenden Termin
zu bezeichnen. Das geht zurück auf die Tradition, bestimmte Termine
mit den am jeweiligen Tag geehrten Heiligen zu benennen, z. B.
Johannistag (24. Juni) oder Jakobitag (25. Juli).
Immer ran an den Sarg und mitgeweint
Mach mit! Los!
Bezieht sich eventuell auf Klageweiber, die (gegen Geld) die Trauer um
den Verstorbenen durch lautes Weinen ausdrücken sollen.
fest im Sattel sitzen
eine sichere, ungefährdete Position innehaben; sich seiner Sache
gewiss sein;
473
aus der Reiterei: Die Redensart ist bis in das 16. Jahrhundert
zurückzuverfolgen. Wenn ein Reiter fest im Sattel seines Pferdes sitzt,
fühlt er sich in einer sicheren Position.
jemandem in den Sattel helfen
jemandem zu Einfluss verhelfen, ihm den Start erleichtern;
im Mittelalter mussten meist mehrere Personen dem Ritter in
seiner schweren Rüstung auf das Pferd helfen. Auch später war eine
Hilfestellung willkommen (auch in Form des „Steigbügelhaltens“)
und erleichterte das Aufsteigen – z. B., um in den Kampf zu ziehen –
deutlich.
jemanden aus dem Sattel heben
auch: jemanden vom Sattel werfen
jemanden seiner Stellung oder seines Ansehens berauben, ihn
besiegen, verdrängen;
aus dem Mittelalter: Wurde ein Reiter bei einem Ritterturnier mit einer
Lanze von seinem Gegner aus dem Sattel gestoßen, war er nicht nur
besiegt, sondern streng genommen auch mitsamt Pferd und Waffen
Beute des Siegers.
sattelfest sein
auch: fest im Sattel sitzen
tüchtig sein, sich in einer Sache gut auskennen;
aus der Reiterei: meint den erfahrenen Reiter, der auch bei
Schwierigkeiten wie z. B. Bocksprüngen des Pferdes im Sattel bleibt.
in allen Sätteln gerecht sein
sich in vielen Bereichen gut auskennen;
aus der Reiterei: bezeichnet den versierten Reiter, der mit allen
Pferden gemäß ihren Begabungen umzugehen weiß.
474
die Sau durchs Dorf treiben
auch: die Sau durchs Dorf jagen
aus dem Mittelalter: geht zurück auf eine der so genannten
Schand- und Ehrenstrafen, bei denen der Verurteilte dem Spott der
Öffentlichkeit preisgegeben wurde. An der Strafe ließ sich die Art
des Vergehens erkennen. Wer also als Sau verkleidet durchs Dorf
getrieben wurde, der hatte sich eben wie eine solche benommen.
jemanden zur Sau machen
auch: jemanden zur Schnecke machen
jemanden demütigen;
geht zurück auf eine der mittelalterlichen, so genannten Schand- und
Ehrenstrafen, bei denen der Verurteilte als Sau verkleidet durchs Dorf
getrieben wurde. Nach einer anderen Erklärung geht die Redensart
auf Homers Odyssee (10. Gesang) zurück. Die Zauberin Circe (daher
bezirzen) lockte Odysseus und seine Gefährten auf ihre Insel. Um sich
mit Odysseus vergnügen zu können, verwandelte sie seine Begleiter in
Schweine.
wie eine gesengte Sausich nicht an gesellschaftliche Konven tionen oder gesetzliche
Regelungen halten; sehr schnell (beim Autofahren);
das „Sengen“ ist das Abbrennen der feinen Härchen am Leder mittels
einer Flamme; wird eine Sau bei lebendigem Leib gesengt, so wird sie
sehr schnell und in blinder Panik davonlaufen.
jemandem etwas sauer machen
jemandem die Lust auf etwas verderben;
„sauer“ steht in Redensarten stets synonym für „ungenießbar“. Wenn
man jemandem die Milch oder eine Speise sauer macht, sie also
verderben lässt, verleidet man ihm diese gründlich.
475
saufen wie ein Bürstenbinder
sehr viel Alkohol trinken;
aus der Studentensprache: Es ist zwar auf Anhieb kaum
nachvollziehbar, aber die Redensart bedeutet eigentlich „trinken
wie ein Studentenverbindungsmitglied“. Das Mitglied einer solchen
Verbindung wird hier kurz als „Binder“ bezeichnet. Die „Bürste“
ist eine Entwicklung des Ausdrucks Bursche, der ebenfalls für ein
Verbindungsmitglied steht und seinerseits von Burse, „Tasche, Kasse“
bzw. später „Vereinigung, die von einer gemeinsamen Kasse lebt“,
stammt.
sich vom Saulus zum Paulus wandeln
auch: vom Saulus zum Paulus werden
sich völlig verändern, sich zum Guten wandeln (bei einer Person), sich
bekehren;
abgeleitet aus der Bibel: Saul, dem Christenverfolger, erschien Gott auf
einer Reise nach Damaskus; dieses Erlebnis bekehrte Saul, der fortan
als eifriger Anhänger des Christentums hervortrat und als Apostel
„Paulus“ bekannt wurde (Apostelgeschichte 9,1–31).
in Saus und Braus leben
in Wohlstand/Luxus leben;
seit Ende des 17. Jahrhunderts belegt: Die einfache Form dieser
Redewendung, „in Saus (suse) leben“, existierte schon früher. Die
beiden Reimwörter meinen das Windsausen und Meeresbrausen, also
einen eigentlich gar nicht luxuriösen Zustand; erst im Lauf der Zeit
erhielt die Redensart ihre heutige Bedeutung.
einen Schabernack mit jemandem treiben
jemandem einen Streich spielen;
aus dem Keltischen: Der Feldhase hieß keltisch „cornisch scovarnog“
476
(Schädiger der Feldfrüchte). Noch im Mittelalter bezeichnete man eine
aus Hasenfell gefertigte Mütze oder einen Hut als Schabernack.
jemanden in Schach halten
jemanden festhalten, unterdrücken, kontrollieren;
bezieht sich auf das im Mittelalter aus dem persischen Raum
übernommene Schachspiel, bei dem der eine Spieler mit der Warnung
„Schach“ auf eine für den anderen hochgefährliche Spielsituation,
nämlich die Bedrohung seines Königs, hinweisen muss.
schachmatt sein
völlig entkräftet und schlapp sein;
aus dem Schachspiel: Schon im 13. Jahrhundert erfuhr das dem
Schach entlehnte „matt“ eine Bedeutungserweiterung und wurde
auf Erschöpfung des Geistes oder des Körpers bezogen, im
16. Jahrhundert ist „schachmatt“ in der o. g. Bedeutung nachweisbar.
ein geschickter Schachzugauch: ein geschickter Zug
cleveres Vorgehen;
aus dem Schachspiel: Dort verspricht ein geschickter Zug, ebenso wie
im richtigen Leben, eine höhere Chance auf den Sieg.
das schwarze Schaf der Familie
dasjenige Familienmitglied, das nicht zu den anderen passt, sich nicht
an die Regeln hält oder rebelliert;
aus der Landwirtschaft, übernommen in einen biblischen Text:
Schwarze Schafe waren bei Schäfern wenig begehrt, da ihre Wolle
nicht mit der weißer Schafe vermischt werden und nicht gefärbt
werden konnte.
477
seine Schäfchen ins Trockene bringen
seine Angelegenheiten zum eigenen Nutzen richten, sich um seinen
Vorteil kümmern;
aus der Seefahrt: Ursprünglich brachte der sich um seinen Anteil
Sorgende nicht wollige Säugetiere, sondern Schepken, Schiffchen,
ins Trockene. Die Gefahr, dass diese bei einem Sturm kentern und
untergehen, war groß. Und wenn der Bootsbesitzer seine Schiffe im
Trockenen – oder zumindest im Hafen – hatte, so kümmerte er sich
vermutlich nur noch wenig um die Schiffchen anderer.
ein Schäferstündchen verbringen
zärtliches Miteinander zweier Verliebter;
aus dem 18. Jahrhundert: bezieht sich auf die Bukolik
(Hirtendichtung), die von der Idylle und Romantik der unberührten
Natur, die die Schäfer durchwandern durften, schwärmte.
sich in Schale werfen
sich besonders hübsch machen, elegant kleiden;
aus dem Rotwelsch: „Schale“ ist in der Gaunersprache eine
umgangssprachliche Abwandlung des Wortes „Gala“, das früher die
besonders elegante Kleidung bezeichnete.
den Schalk im Nacken sitzen haben
auch: den Schelm im Nacken haben
zum Scherzen aufgelegt, ein humorvoller Mensch sein;
aus dem Volksglauben: beruht ähnlich wie die Wendung „es faustdick
hinter den Ohren haben“ auf der Vorstellung, dass zu Scherzen und
Unsinn aufgelegte Menschen einen kleinen Dämon im Nacken
sitzen hätten, der sie dazu antreibt. Die Redensart ist schon im
17. Jahrhundert belegt.
478
Schall und Rauch sein
völlig wertlos oder unwichtig sein, nicht ernst zu nehmen;
aus Goethes Faust: „Nenn es dann, wie du willst, nenn’s Glück! Herz!
Liebe! Gott! Ich habe keinen Namen dafür! Gefühl ist alles; Name ist
Schall und Rauch, umnebelnd Himmelsglut“, so antwortet Faust auf
die Gretchenfrage nach seinem Glauben.
Schamade blasen
auch: Schamade schlagen
aufgeben, sich geschlagen geben;
aus der Militärsprache: bedeutet eigentlich „mit Trommel und
Trompete das Signal zum Rückzug oder zur Übergabe geben“. Der
Ausdruck stammt aus dem Französischen und ist seit dem Ende des
17. Jahrhunderts im Deutschen nachgewiesen.
ein Schandmaul haben
auch: eine Schandschnauze haben
unverschämt bzw. böse reden;
bezieht sich darauf, dass sich der Sprecher für seine Worte schämen
sollte, auch wenn sie möglicherweise nah an der Wahrheit sind.
auf jemanden scharf sein
auch: auf etwas scharf sein
etwas/jemanden dringend begehren;
vermutlich aus der Jägersprache: leitet sich wohl vom „scharfen“
Jagdhund her.
die Scharte auswetzen
eine Niederlage wiedergutmachen;
aus der Landwirtschaft: Die zum Mähen des Grases und Getreides
notwendige Sense musste regelmäßig gedengelt werden, da sie durch
479
das Auftreffen auf Steine oder Wurzeln schartig wurde. Der Bauer
musste mit dem Schleifstein also Scharten auswetzen.
über seinen eigenen Schatten springen
gegen seine sonstigen Gewohnheiten handeln;
diese Redewendung bedeutet eigentlich „gegen seine eigene Seele
handeln“, denn der Schatten symbolisiert diese, da er wie sie nicht
von einer Person abzutrennen ist.
ein Schattenparkerein überempfindlicher Mensch;
dieser sehr junge Ausdruck ist die spöttische Beschreibung einer
Person, die so empfindlich ist, dass sie nicht einmal in ein in der Sonne
erhitztes Auto einsteigen würde.
ein Schaumschlägerein Hochstapler, Aufschneider;
spielt darauf an, dass Seifenschaum zwar viel Raum einnimmt, aber
wenig Masse hat; was ein „Schaumschläger“ von sich gibt, besteht
meist auch nur aus „heißer Luft“.
sich von jemandem eine Scheibe abschneiden
auch: sich von jemandem/etwas ein Stück abschneiden
sich an jemandem/etwas ein Beispiel nehmen;
bezog sich ursprünglich auf ein Nahrungsmittel, von dem jemand
kosten sollte, um einmal einen Eindruck von wirklichem Genuss zu
erhalten.
Scheibenhonig!
Ausruf bei einem Misserfolg;
verhüllende Umschreibung für „Scheiße“; könnte sich außerdem
auf das Scheibenschießen beziehen. Wenn ein Schütze nur die
480
Scheibe, nicht aber „ins Schwarze“ traf, rief man „Ja Scheibe!“, was bald
allgemein für Enttäuschung verwendet wurde.
am Scheideweg stehen
sich entscheiden müssen zwischen zwei Möglichkeiten;
aus der Antike: Die in der deutschen Literatur vielfach rezipierte
Parabel „Herkules am Scheideweg“ handelt von dem griechischen
Helden, dem zwei Frauen erscheinen: Die eine verspricht ihm ein
unmoralisches, aber vergnügungsreiches Leben, die andere ein
ethisch einwandfreies, aber viel schwierigeres.
jemanden über den Schellenkönig loben
jemanden sehr oder übertrieben loben;
aus dem Kartenspiel: „Schellen“ ist die dem Karo entsprechende
Farbe im deutschen Kartenspiel mit je nach Spiel unterschiedlichem –
teilweise sehr hohem – Wert.
ein Schelm, wer Böses denkt
der Sprecher weiß, dass eine Aussage auch anders, verfänglich
gedeutet werden kann, dies war aber nicht seine Intention;
Übersetzung des Mottos des britischen Hosenbandordens; „Schelm“
war im Mittel alter ein Schimpfwort, dessen ursprüngliche Bedeutung
„Aas“ ist.
nach Schema F
nach einer exakten bürokratischen Vorgabe ablaufend;
aus dem 19. Jahrhundert: Das F, mit dem das viel zitierte Schema
gekennzeichnet wurde, ist die Abkürzung für „Front rapport“. Mit
Schema F war ein Formular gemeint, in dem über die Kampfstärke des
preußischen Heeres Bericht erstattet werden musste. Diese Berichte
wurden penibel auf Korrektheit geprüft.
481
scherbeln gehen
tanzen gehen;
diese umgangssprachliche Redensart beschreibt ähnlich wie
die Wendung „ tanzen, bis die Fetzen fliegen“, dass jemand so
enthusiastisch tanzt, dass alles in seiner Umgebung zu Bruch geht. In
Österreich bedeutet scherbeln übrigens „tratschen“.
ein Scherbengericht abhalten
als größere Gruppe ein (oberflächliches) Urteil fällen;
aus dem alten Griechenland: Durch ein so genanntes Scherbengericht
wurden seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. Athener aus der Stadt
verbannt, wenn eine Mehrheit dies für geboten hielt. Dabei musste
jeder Abstimmende den Namen des zu Verbannenden auf einer
Tonscherbe einritzen.
sich nicht um etwas scherensich nicht um etwas kümmern, von etwas unberührt sein;
aus dem Mittelhochdeutschen: „Scheren“ bedeutet hier nicht das
Schneiden des Felles beim Schaf, sondern so viel wie „teilen“. Wenn man
sich „nicht um etwas schert“, so hat man emotional keinen Anteil daran.
sein Scherflein zu etwas beitragen
einen kleinen Teil zu einem größeren Ganzen beitragen;
aus dem 9. Jahrhundert: Der Ursprung dieser Redensart liegt weit
zurück. Bereits bei den Karolingern war der Ausdruck „Scherf“ für eine
geringwertige Münze (ein halber Pfennig) üblich. Das Wort entwickelte
sich aus dem lateinischen „scripulum“ („Steinchen“), der Bezeichnung
für die kleinste römische Gewichtseinheit. Im Althochdeutschen ist für
eine Münze von geringem Wert auch das Wort „Scherpf“ zu finden.
482
essen wie ein Scheunendrescherauch: futtern wie ein Scheunendrescher
sehr viel und sehr schnell essen;
dieses Bild bezieht sich nicht auf die landwirtschaftliche Maschine,
sondern auf die Erntehelfer, die das Getreide zu dreschen hatten und
nach dieser äußerst anstrengenden Arbeit großen Hunger hatten.
offen wie ein Scheunentoröffentlich, jedem Zugang gewährend;
da das Tor einer Scheune große Fuhrwerke durchlassen musste, war es
entsprechend hoch und breit, es konnte also jeder, der wollte, hinein
und hinaus.
es ist Schicht im Schacht
es ist am Ende, es geht nichts mehr;
aus dem Bergbau: Diese relativ junge Redewendung wurde von dem
Schichtwechsel im Schacht, d. h. im Bergwerk, abgeleitet, der für eine
Schicht von Kumpels jeweils „Feierabend“ bedeutete.
dem Schicksal in die Speichen greifen
eine schwierige Angelegenheit mutig und entschlossen angreifen;
aus dem 17. Jahrhundert: bezieht sich auf die römische Glücks- oder
Schicksals göttin Fortuna, deren Attribut ein so genanntes Schicksals-
oder Lebensrad (Rota Fortunae) ist.
schiefgewickelt sein
sich irren;
wie bei „schiefliegen“ hat auch hier der Teufel seine Finger im Spiel;
er ist in diesem Fall jedoch nicht nur für die Schiefe verantwortlich,
sondern umfängt und fesselt den Betreffenden sogar mit der fal schen
Ansicht, sodass sich dieser beinahe nicht mehr daraus befreien kann.
483
schiefliegensich irren, etwas falsch einschätzen;
dieser umgangssprachliche Ausdruck stammt von der im
mittelalterlichen Volks glauben verbreiteten Ansicht, alles Schiefe,
Fehlerhafte sei durch den Teufel verursacht – der auch gern Menschen
zu irrigen Ansichten verleitet.
jemandem den Schierlingsbecher reichen
jemanden zum Selbstmord zwingen;
aus dem Altertum: Das Trinken des giftigen, alkaloidhaltigen
Extraktes des Schierlings war im Altertum eine übliche Methode, die
Todesstrafe zu vollstrecken bzw. dem Angeklagten den Selbstmord zu
ermöglichen. Der Philosoph Sokrates starb 399 v. Chr. an dem Gift, das
eine von den Füßen aufsteigende Lähmung und damit ein Ersticken
bewirkt.
aus der Hüfte schießenschnell und entschlossen reagieren;
schnell schießen, um dem Feind zuvorzukommen; die Pistole wird
aus der Halte rung am Gürtel gezogen und ohne weiteren Zeitverlust
abgefeuert, es wird also aus Hüfthöhe geschossen. Die Redensart ist
im Deutschen erst ab etwa 1950 zu finden.
etwas geht aus wie das Hornberger Schießenetwas ist trotz großer Vorankündigung ein absoluter Fehlschlag;
aus Baden-Württemberg: Als im Städtchen Hornberg hoher Besuch
erwartet wurde, übten die Bürger fleißig das Salutschießen, um
es in Perfektion vorführen zu können. Als Herzog Christoph von
Württemberg schließlich eintraf, hörte er nichts – die Hornberger
hatten ihre begrenzten Mittel nicht bedacht und beim Üben bereits
sämtliche Munition verschossen.
484
querschießenetwas verhindern, durch sein Verhalten verderben;
bezieht sich vermutlich auf eine militärische Gefechtssituation, in der
Querschüsse die eigenen Reihen gefährden, Panik verursachen und
die Gefechtsordnung so auflösen können.
zum Schießen sein
zum Lachen, sehr lustig sein;
das Wort „schießen“ meinte früher neben der heute üblichen
Bedeutung des Abfeuerns einer Waffe noch etwas anderes, nämlich
das Herauswachsen aus etwas. Dieser Bedeutung entspringt z. B. auch
die Rede wendung „ins Kraut schießen“. Wenn etwas so lustig ist, dass
das Lachen aus jemandem heftig hervorbricht und er sich „vor Lachen
krümmt“, wächst („schießt“) ihm ein Buckel.
aufpassen wie ein Schießhundäußerst aufmerksam sein, gespannt alles beobachten, um dann
blitzschnell reagieren zu können;
aus der Jägersprache: Ein Schießhund ist ein Vorstehhund, der,
wenn der Jäger bereit zum Schuss ist, auf ein Zeichen hin das Wild
aufscheucht und das erlegte Wild apportiert.
das Schießpulver nicht erfunden haben
nicht besonders intelligent sein;
Die Erfindung des Schießpulvers am Ende des 19. Jahrhunderts stellte
einen großen Fortschritt in der Waffentechnik dar. Das bis dahin
verwendete Schwarzpulver besaß nicht nur weniger Explosivkraft,
es erzeugte auch beim Abbrennen viel Rauch. Wer „nicht gerade das
Schießpulver erfunden hat“, der hat also (aufgrund seiner Dummheit)
keinen großen Beitrag zur Geschichte geleistet
485
Schiffbruch erleiden
mit einer Idee, einem Plan u. Ä. scheitern;
Schiffe waren schon immer ein Symbol der Hoffnung, der Freiheit, des
Aufbruchs zu neuen Ufern. Diese Hoffnung konnte schnell zunichte
gemacht werden – durch ein kleines Leck, aufgrund dessen das Schiff
„mit Mann und Maus“ sank.
„[...] damit du [...] den Glauben und ein gutes Gewissen hast. Das
haben einige von sich gestoßen und am Glauben Schiffbruch erlitten.“
(Timotheus 1,18–19)
mit allen Schikanenmit allem, was dazu gehört;
eine Schikane ist, u. a. im Rechtsbereich, im Pferde- oder
Autorennsport oder im Straßenverkehr, ein absichtlich erstelltes
Hindernis; das Wort stammt vom französischen Verb „chicaner“,
(das Recht verdrehen; ärgern, maßregeln). Bedeutete „mit allen
Schikanen“ also ursprünglich etwas Negatives, so wird es heute
als Ausdruck der Anerkennung für einen Gegenstand oder ein
Unternehmen verwendet.
jemanden auf den Schild heben
jemanden an die Spitze stellen, ihn zum Führer machen;
aus dem 15. Jahrhundert: Die Redensart leitet sich her vom
altgermanischen Brauch, den neu erwählten Führer auf den
Schild zu heben und ihn vor dem ganzen Volke dreimal im Kreise
herumzutragen, wie Tacitus (Historiae IV, 15) berichtet. Auch die
Franken hatten eine ähnliche Tradition, und noch von Balduin von
Flan dern wird berichtet, dass er bei seiner Wahl zum griechischen
Kaiser auf den Schild gehoben worden sei. Die Redensart selbst
jedoch entstand erst sehr viel später.
486
etwas im Schilde führen
auch: Böses im Schilde führen
etwas vorhaben, planen, ohne den anderen davon in Kenntnis zu
setzen;
aus dem Mittelalter: Auch diese Redewendung stammt aus dem
Umfeld der Ritter und Ritterturniere. Da die Visiere der Ritterrüstung
nur schmale Sehschlitze besaßen, war das Gesicht und damit die
Identität des Ritters nicht zu erkennen. Einzig anhand des Schildes,
das stets sein Wappen zeigte, war er zu identifizieren. Auch der Feind
wurde aufgrund des Schildschmuckes erkannt; er führte also „Böses im
Schilde“.
keinen Schimmer einer Ahnung haben
auch: nicht den Schimmer der Ahnung einer Idee
überhaupt nichts wissen/verstehen;
bezieht sich auf jemanden, der nicht einmal einen kleinen Teil eines
Teiles vom eigentlichen Wissen besitzt.
mit Schimpf und Schande davonjagen
mit Nachdruck, im Unguten wegschicken;
seit dem 18. Jahrhundert belegt: „Schimpf“ ist in seiner ursprünglichen
Bedeutung, „Scherz“, heute gar nicht mehr anzutreffen. In dieser
Redewendung meint es bereits so viel wie „Spott, Hohn“, auch
„Ehrverletzung“; jemand wird also unehrenhaft fortgeschickt.
schimpfen wie ein Rohrspatz
lautstark schimpfen;
aus dem Tierreich; die Redewendung ist seit dem 19. Jahrhundert
belegt: Die Rohrammer, auch Rohrspatz genannt, zählt zwar zu den
Singvögeln, gibt aber ein wenig melodisches Gekrächze von sich, das
durchaus an einen Menschen in höchster Rage erinnert.
487
eine Schimpfkanonade loslassen
jemanden massiv beschimpfen;
aus dem Militärischen abgeleitet: Wer von jemandem mit scharfer
Kritik und Beleidigungen „bombardiert“ wird, der kann sich
rasch so wehrlos fühlen wie einer, der auf dem Schlachtfeld den
Kanonenschüssen des Feindes gegenübersteht.
ein alter Schinkenein altes Buch; ein altes, großes Gemälde;
„Schinken“ bezieht sich v. a. darauf, dass das jeweilige Werk „fett“, also
dick oder groß ist.
mit einem Schisslawengmit Schwung, mit dem gewissen Etwas;
dem französischen Ausdruck „ainsi cela vint“ (so ging das) entlehnt
und seit dem 17. Jahrhundert im deutschen Sprachraum nachweisbar.
Zunächst bezeichnete die Redensart einen für die Funktion nicht
unbedingt notwendigen Zierzusatz an Gegenständen oder auch
Texten.
den Schlaf der Gerechten schlafen
tief und ungestört schlafen;
abgeleitet aus der Bibel: Dort ist die Wendung nicht wörtlich zu
finden, doch des Öfteren die Rede von Ruhe und Frieden für die
Gerechten. So heißt es im 2. Buch Mose (26,6): „Ich will Frieden geben
in eurem Lande, dass ihr schlafet und euch niemand schrecke.“ Auch
im Englischen und Französischen gibt es diese Redensart.
schlafen wie ein Murmeltier
sehr tief schlafen;
aus dem Tierreich: Das genannte Nagetier ist eines der Tiere, die
488
am ausdauerndsten und längsten Winterschlaf halten. Bis zu neun
Monate bleiben Murmeltiere in ihren Gängen. Wer also „schläft wie ein
Murmeltier“, den kann so leicht nichts aufwecken.
jemanden am Schlafittchen packen
auch: am Schlawittchen packen
jemanden festhalten;
Schlafittchen ist die Verkleinerungsform des Wortes „Schlafittich“, was
Schlag flügel bedeutet. Vögel hindert man am Wegfliegen, in dem man
beide Flügelansätze in einer Hand zusammenfasst – ungefähr an der
Stelle, an der man einen Ausreißer auch am Kragen, dem Schlafittchen,
packt.
ein Schlag ins Gesicht sein
eine schwere Kränkung;
im 18. Jahrhundert war der Schlag ins Gesicht mit einem Handschuh
eine Beleidigung. Um die Ehre wiederherzustellen, musste diese
Aufforderung zu einem Duell angenommen werden.
sich wacker schlagenauch: sich tapfer schlagen
sich gut halten, sich behaupten;
bezog sich ursprünglich auf tatsächliche Duelle, Handgemenge u. Ä.;
„wacker“ ist ein heute nicht mehr gebräuchliches Wort für tapfer,
ehrlich.
Schlagseite haben
betrunken sein, torkeln, nicht mehr gerade gehen können;
aus der Seemannssprache: Ein Schiff, das falsch gebaut oder
überladen ist, neigt sich im Wasser zur Seite, es hat Schlagseite.
Seit dem 17. Jahrhundert wurde die schiefe Seite als Schlagseite
489
bezeichnet, aber erst seit dem 20. Jahrhundert wird die Redewendung
auf Betrunkene angewandt.
Schlamasselein Unglück, eine katastrophale Lage;
aus dem Jiddischen: eine Zusammenziehung aus dem deutschen Wort
„schlimm“ und dem jiddischen „mazol“ (Glück, Geschick).
eine falsche Schlangeeine hinterlistige Person (meist auf eine Frau bezogen);
auf die Bibel Bezug nehmend: Die Schlange gilt aufgrund ihrer Rolle
bei der Verführung Adams und Evas, vom Baum der Erkenntnis zu
essen, als Stellvertreterin oder Personifizierung des Teufels.
eine Schlappe einstecken
eine Niederlage erleiden;
aus dem späten Mittelalter: „Schlappe“ war der leichte Schlag oder
Klaps, abgeleitet von dem Lautwort „schlapp“ für ein klatschendes
Geräusch. Und wer bei einem Faustkampf dem Gegner unterlag, der
hatte eine Schlappe eingesteckt!
das reinste Schlaraffenlandein Schlemmerleben, ein Ort, an dem einem „gebratene Tauben in den
Mund fliegen“, ein Paradies;
seit dem 15. Jahrhundert belegt: Dieses wunderbare Land, das
in verschiedenen Geschichten und Märchen auftaucht, ist nach
dem „Schlaraffen“ benannt. Dieses Wort entwickelte sich aus „slur“
(mittelhochdeutsch für Faulpelz) und „aff“ (Affe). Das Schlaraffenland
ist also der Ort der Faulpelze und Müßiggänger.
auf dem Schlauch stehen
etwas nicht begreifen, verstehen, kapieren;
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wer auf dem Schlauch steht, der blockiert den Weiterfluss der
darin befindlichen Flüssigkeit. Im übertragenen Sinne wird der
Gedankenfluss blockiert, wenn jemand „auf dem Schlauch steht“.
jemanden schleifenjemanden zu hartem Training zwingen;
aus der Soldatensprache: bezieht sich auf das Glätten eines
Werkstücks mittels rauen Schleifpapiers; unter den Soldaten wird ein
besonders harter Drill ebenfalls „schleifen“ genannt.
jemanden ins Schlepptau nehmen
jemanden mitnehmen, mit sich ziehen;
aus der Seefahrt: Ein Schiff, das aus eigener Kraft nicht mehr in den
heimischen Hafen zurückkehren konnte, wurde von einem anderen
an einem Tau zurückgeschleppt; der Ausdruck wird allerdings auch
bei Walfängern für das Seil verwendet, mit dem der getötete Wal am
Schiff befestigt wird. Die Redensart ist seit Mitte des 18. Jahrhunderts
belegt.
ins Schleudern kommen
unsicher werden, in Schwierigkeiten geraten;
bezieht sich auf das schleudernde Fahrzeug, das der Fahrer kaum
(oder gar nicht) wieder „in die rechte Bahn“ lenken kann.
alle Schliche kennen
alle Tricks zum Erreichen eines Zieles zu nutzen wissen;
„Schliche“ bedeutet in diesem Fall so viel wie „Schleichwege“ zu einem
Ziel.
jemandem auf die Schliche kommen
die Methode/den wahren Charakter einer Person erkennen;
das veraltete Wort „Schliche“ hängt etymologisch mit „schleichen“
491
zusammen. Diese Redewendung bezieht sich also auf das Bemerken
oder Aufdecken geheim gehaltenen Handelns einer Person.
einer Sache den letzten Schliff geben
etwas perfekt machen, vollenden;
der „letzte Schliff“ kann sowohl in der Bildhauerei als auch im Schleifen
von Edelsteinen die Schönheit des Gegenstandes noch vergrößern.
jemandem auf den Schlips treten
jemanden durch eine Bemerkung kränken, verärgern;
aus dem Niederdeutschen: ähnlich „sich auf den Schlips getreten
fühlen“; „Schlips“ ist heute zwar ein übliches Wort für die Krawatte,
das Wort kommt aber ursprünglich aus dem Niederdeutschen und
bedeutet „Rockschoß“.
sich auf den Schlips getreten fühlen
beleidigt, gekränkt sein;
aus dem Niederdeutschen: Die Wendung bezieht sich nicht etwa
auf die um den Hals gebundene Krawatte, sondern lässt sich auf
die niederdeutsche Bezeichnung für den Rockschoß, den „slip“,
zurückführen. Wer jemandem auf den Rockschoß trat, der konnte
sich des Grolls des Besitzers sicher sein, denn neben der Gefahr des
Strauchelns und Fallens war in jedem Falle der Gehrock beschmutzt.
mit jemandem Schlitten fahren
jemanden rücksichtslos/grob behandeln;
vermutlich aus der Soldatensprache: Die se Redewendung nimmt
Bezug auf eine Berg abfahrt mit einem Schlitten (ohne davor-
gespannte Pferde), die sehr holprig und nicht exakt lenkbar ist und bei
der v. a. der hinten Sitzende stark hin- und hergeworfen wird.
492
ein Schlitzohr sein
gerissen, durchtrieben, ein Betrüger sein;
aus dem Mittelalter: Die Bezeichnung „Schlitzohr“ für jemanden,
der sich wenig tugendhaft verhält, geht auf einen Brauch aus dem
Zunftwesen zurück. Damals trugen Zunftmitglieder stets einheitliche
Ohrringe, um sich gegenseitig zu erkennen. Verstieß ein Mitglied
gegen die Regeln und Vorschriften der Zunft, so wurde ihm der Ring
aus dem Ohrläppchen gerissen, sodass er lebenslang als Gauner
gekennzeichnet war. Später wurden Schlitze im Ohr allgemein
Verbrechern als Schandmal zugefügt.
ein armer Schluckerein bemitleidenswerter Mensch;
aus dem 16. Jahrhundert: Im Mittelalter bezeichnete man mit
Schlucker noch den prassenden, verfressenen Schlemmer. Dann
wandelte sich die Bedeutung zum Menschen, der nicht viel zu essen
und damit zu schlucken hat und auf die Almosen anderer angewiesen
ist, schließlich allgemein zum bemitleidenswerten Menschen. Nach
einer im Wiener Raum verbreiteten, aber eher unwahrscheinlichen
Erklärung geht die Wendung auf einen Wiener Bauunternehmer
namens Schlucker zurück, der Ende des 18. Jahrhunderts im Auftrag
von Kaiser Joseph II. eine Mauer um den Lainzer Tiergarten bauen
sollte. Schlucker verrechnete sich jedoch bei den Kosten und ging
über dem Auftrag pleite – fortan war er ein „armer Schlucker“.
das Schlusslicht sein
auch: das Schlusslicht bilden
der Letzte sein;
Ein Schlusslicht, also eine Leuchte am Heck, haben nicht nur Autos,
bereits Pferde wagen waren zur Sicherheit oft mit einem solchen
493
ausgestattet. Wer jedoch im redensartlichen Sinne das Schlusslicht
bildet, der ist der Letzte und damit der Schlechteste in einer Rangliste.
einen Schlussstrich unter etwas ziehen
mit etwas abschließen, etwas für beendet erklären;
der (doppelte) Strich unter der Endsumme bezeugt, dass eine
Rechnung überprüft und alle Posten korrekt addiert wurden.
vor die rechte Schmiede kommen
an die richtige Stelle geraten (z. B. um Informationen oder Hilfe zu
erhalten);
seit 1600 belegt: Da Pferde früher das Überleben der Bauern und die
Mobilität des Adels sicherten, war es wichtig, dass sie gesund blieben.
Ein schlechter Schmied kann das Pferd vernageln und eine Lahmheit
verursachen; umso wichtiger war es, „vor die rechte Schmiede zu
kommen“.
Schmiere stehen
Wache halten;
aus dem Jiddischen: „Schmiere“ ist eine deutsche Abwandlung des
hebräischen Wortes „schemira“ für Aufsicht, Bewachung, das im
Jiddischen als „schmiro“ (Wächter, Aufsicht) wiederzufinden ist.
sich nicht die Finger schmutzig machen
sich einer unangenehmen, unbequemen Beschäftigung entziehen;
fragwürdige Machenschaften, Verbrechen anderen überlassen;
Dreck ist etwas Anstößiges, das anständige Bürger verabscheuen.
Verbrecher sind der dreckige Abschaum der Gesellschaft, sie haben
kein reines Gewissen, und ihr Handwerk gilt als unsauberes Geschäft.
Da verwundert es nicht, dass sich viele nicht die Finger schmutzig
machen wollen.
494
sich den Schneid abkaufen lassen
auch: sich den Mut abkaufen lassen
sich entmutigen, einschüchtern lassen;
aus der Soldatensprache: Wer „Schneid hatte“ oder „schneidig“ war,
der hatte Mut und Kraft, denn er trat scharf wie die Schneide eines
Messers auf. Wem hingegen der Schneid „abgekauft“ – besser wäre
„geraubt“ – wurde, den hatte sein Mut verlassen.
aus dem Schneider sein
von allen Schwierigkeiten befreit sein; aus einer (finanziellen) Notlage
heraus sein;
aus dem Kartenspiel: Wer beim Skat oder im Schafkopf „im Schneider“
ist oder „Schneider wird“, der erreicht weniger als die Hälfte der für
einen Sieg nötigen Punkte.
Herein, wenn`s kein Schneider ist!
Antwort auf ein Klopfen, wenn man nicht weiß, wer vor der Tür steht;
hier ist nicht der Beruf des Schneiders gemeint; die Wendung lautete
ursprünglich „[...] wenn’s nicht der Schnitter ist“. Gemeint ist der
Sensenmann, „Schnitter Tod“, der selbstverständlich nicht in das Haus
gebeten wird.
schnell bei der Hand sein
rasch, ohne langes Überlegen handeln;
„Hand“ besitzt denselben sprachlichen Ursprung wie das Wort
„handeln“ und wird in dieser Redewendung synonym zu Letzterem
verwendet.
jemandem ein Schnippchen schlagen
jemanden mit List übertreffen, ausstechen; jemandes Pläne
durchkreuzen;
495
aus dem Mittelalter: Das Schnippen mit den Fingern war von jeher
eine Geste der Verachtung, die besagen sollte, man gebe „nicht so viel
auf ihn“. Die so ausgedrückte Überlegenheit wurde später auch nach
einer Manifestierung dieses „Besserseins“ gezeigt, indem jemandem
ein „Schnippchen geschlagen“ wurde.
einen Schnitzer machen
einen (großen) Fehler begehen;
aus der Holzschnitzerei: Ein falscher „Schnitzer“ bei der Herstellung
einer Ikone verdirbt das ganze Werk, da er nicht wiedergutzumachen
ist.
etwas ist jemandem schnuppees ist jemandem vollkommen gleichgültig;
„Schnuppe“ ist ein umgangssprachlicher Ausdruck für das verkohlte
Ende des Kerzendochtes. Dieses Ende brennt nicht und besitzt so
keinerlei Wert mehr – dementsprechend unwichtig ist es, ebenso wie
alle anderen Gegenstände und Sachverhalte, die einem „schnuppe“
sind.
etwas klappt wie am Schnürchenetwas funktioniert reibungslos;
vermutlich aus dem Puppentheater, da die an Schnüren befestigten
Marionetten problemlos nach dem Willen des Puppenspielers
handeln.
sich von seiner Schokoladenseite zeigen
sich von seiner angenehmen, freundlichen etc. Seite präsentieren;
Schokolade, früher eine seltene Kostbarkeit, steht für alles Süße,
Angenehme und Begehrte.
496
Mein lieber Scholli!Meine Güte! Alle Achtung! Pass lieber auf!
Für diese Redensart gibt es zwei mögliche Erklärungen, deren
Wahrheitsgehalt heute nicht mehr zu überprüfen ist. Zum einen
könnte „Scholli“ auf den österreichischen Eigenbrötler Ferdinand Joly
(18./19. Jahrhundert) zurückgehen. Seine Macken und Eigenheiten
machten ihn so bekannt, dass „Scholli“ allgemein als Bezeichnung für
einen sehr seltenen Zeitgenossen verwendet wurde. Es ist aber auch
möglich, dass das französische Wort für „lieb, nett, hübsch“ (joli) im
Rahmen der deutschen Aussprache zu dem härter klingenden „Scholli“
wurde und die Redensart damit frei als „Mein lieber Mann“ übersetzt
werden könnte.
sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen
sich aus eigener Kraft aus dem Unglück befreien;
aus den Abenteuern des Freiherrn von Münchhausen (4. Kapitel)
von Gottfried August Bürger (1747–94): „[...] und fiel nicht weit vom
andern Ufer bis an den Hals in den Morast. Hier hätte ich unfehlbar
umkommen müssen, wenn nicht die Stärke meines eigenen Armes
mich an meinem eigenen Haarzopfe, samt dem Pferde, welches ich
fest zwischen meine Knie schloß, wieder herausgezogen hätte.“
etwas beim Schopfe packen
sich eine (günstige) Gelegenheit nicht entgehen lassen;
das Kopfhaar eines Menschen nennt man auch „Schopf“– packt man
jemanden beim Schopf, so kann er schlecht weglaufen.
die Schotten dicht machen
etwas zu Ende führen, die Arbeit beenden;
aus der Seefahrt: Das Schott ist eine dicht schließende Trennwand im
Schiffsbauch. Diese kann bei Wassereintritt oder Feuer geschlossen
497
werden, damit nicht das gesamte Schiff betroffen ist und sinkt. Einen
ähnlichen Hintergrund hat der Ausdruck „sich abschotten“.
jemandem fällt etwas wie eine reife Frucht in den Schoßjemand erhält etwas Gutes ohne eigenes Zutun;
das Bild, das mittels dieser Redensart gezeichnet wird, zeigt einen
untätigen Menschen, der unter einem Obstbaum sitzt und der trotz
seiner Faulheit die leckersten Früchte erhält. Die Redensart wird daher
meist aus einem Neidgefühl heraus verwendet.
sicher wie in Abrahams Schoßgut behütet, vollkommen sicher;
aus der Bibel: Abraham gilt als der Stammvater des religiösen
Glaubens und damit als freundliches Gegenüber im Jenseits für
diejenigen, die tugendhaft lebten. Der Ausdruck selbst wird in
Lukas 16,22, in der Geschichte des Bettlers Lazarus genannt. Der reiche
Mann, vor dessen Tür er lag und vergeblich um Nahrung bat, sieht
nach seinem Tod Abraham nur von Weitem; Lazarus aber stirbt und
wird „von den Engeln getragen in Abrahams Schoß“.
jemanden in seine Schranken weisen
jemanden zurechtweisen;
aus dem Mittelalter: Als Schranken bezeichnete man bei
mittelalterlichen Ritterturnieren die Kampfbahnen. Die Kämpfer
ritten, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, in getrennten Bahnen
aufeinander zu. Ursprünglich bedeutete die Wendung also lediglich,
dass man dem Ritter seine Bahn zuwies. Wenn heute jemand seine
„Bahn“ verlässt, d. h. sich danebenbenimmt, so wird er von anderen in
die Schranken gewiesen.
498
bei jemandem ist eine Schraube locker
jemand ist (etwas) verrückt;
aus der Technik: Ist bei einer Maschine ein Zahnrädchen oder ein
Schräubchen, d. h. ein kleiner Werkteil locker, so läuft die gesamte
Maschine nicht mehr rund.
eine Schraube ohne Ende
eine Entwicklung, bei der kein Ende abzusehen ist;
meist im politischen bzw. wirtschaftlichen Zusammenhang (z. B. für
Ausgaben, Inflation etc.) verwendete Redensart.
etwas ist der letzte Schreietwas ist sehr schick, hochmodern, „in“;
vom französischen Ausdruck „le dernier cri“. Das „Schreien“ bezog
sich entweder auf die Markthändler, die ihre neue Ware mit lautem
Schreien bewarben, oder auf die „schreienden“ Farben und Werbe-
sprüche der Reklame auf Plakaten.
sage und schreibeAusdruck der Bekräftigung;
nicht genau geklärt; bezieht sich darauf, dass ein Sachverhalt wahr ist
und bleibt, ob man ihn nun mündlich weitergibt oder aufschreibt.
schreien wie am Spieß
sehr laut und angstvoll schreien, als ob es um das Leben ginge;
aus dem 16. Jahrhundert: Die Redensart bezieht sich entweder auf
den Bratspieß, auf dem man z. B. ein Spanferkel zum Braten aufspießt,
oder auf die Pike, den Kampfspieß. Bereits in seinem Werk „Flöh-Hatz,
Weiber-Tratz“ (1577) gebraucht Johann Fischart die Wendung „gaellen,
als ob es an aim Spiß thaet staecken“ (schreien, als ob es an einem
Spieß steckte).
499
den zweiten Schritt vor dem ersten tun
etwas in der falschen Reihenfolge, zu übereilt beginnen;
dieses Bild beschreibt etwas eigentlich Unmögliches, das erst durch
die Übertragung – also die inhaltliche Ersetzung des Wortes „Schritt“
durch „Stufe, Listenpunkt“ u. Ä. – möglich wird.
von altem Schrot und Korn
auch: von echtem Schrot und Korn
echt, integer, zuverlässig;
aus der Numismatik: Die Redewendung setzt sich zusammen aus
dem Fachterminus für das Gesamtgewicht (Raugewicht) einer
Münze (Schrot) und für das Feingewicht, das heißt den Anteil von
Edelmetallen wie Gold oder Silber am Gesamtgewicht (Korn). Wenn
etwas oder jemand von „echtem Schrot und Korn“ ist, so stimmen die
Gewichtsanteile und der Gehalt an edlen Metallen – es oder er ist von
guter, wahrer Qualität.
Wo drückt der Schuh?
Was bedrückt dich?
Aus dem Altertum: Der griechische Philosoph Plutarch (1. Jahrhundert
n. Chr.) beschrieb die Lebensgeschichte von Paulus Aemilius. Dieser
musste seinen Freunden Rede und Antwort stehen, weshalb er sich
von seiner schönen und treuen Gemahlin hatte scheiden lassen.
Aemilius deutete auf seinen neuen Schuh und gab kund: „Auch dieser
Schuh ist schön und neu, aber niemand sieht, wo er mich drückt.“
jemandem die Schuld in die Schuhe schieben
jemanden (fälschlich) für etwas verantwortlich machen, jemanden
beschuldigen;
in den Herbergen früherer Zeit übernachteten die Reisenden in
Schlafsälen. Waren Diebe unter ihnen, konnten diese sich ohne
500
Gefahr an dem Besitz anderer vergehen. Sofern ein Diebstahl nämlich
entdeckt wurde, versteckten sie das Diebesgut in den vor jedem Bett
stehenden Schuhen eines anderen Gastes – sie „schoben es jemandem
in die Schuhe“.
zäh wie eine Schuhsohlenicht kleinzukriegen, hart im Nehmen;
Leder ist ein seit Jahrtausenden genutztes, bei guter Qualität sehr
reißfestes Material; die früher üblicherweise aus Leder gefertigten
Schuhsohlen waren entsprechend zäh.
etwas auf die leichte Schulter nehmen
etwas ohne große Sorge nehmen;
gemeint ist eigentlich nicht eine Schulter von geringem Gewicht,
sondern eine so leichte Last, dass man sie ohne große Schwierigkeiten
schultern kann.
jemandem die kalte Schulter zeigen
jemanden abweisen, kalt behandeln;
die „kalte Schulter“ war vermutlich ursprünglich die rechte, die weiter
vom Herzen entfernt war und aufgrund dessen, so dachte man,
weniger durchblutet und kälter sein müsste.
jemanden schurigelnjemandem nur zum eigenen Vergnügen das Leben schwer machen;
seit dem 17. Jahrhundert belegt: früher auch in den Formen
„schürgeln“ oder „schurgeln“ verwendet. Die Herkunft ist umstritten.
Möglich ist eine Herleitung aus schürgen (scheren); jemanden
schurigeln bedeutete ursprünglich also so viel wie „jemanden immer
wieder scheren“.
501
ein Schürzenjägerein Frauenheld;
„Schürze“ steht hier als Pars pro Toto für das Kleid, das wiederum die
typische Frauenbekleidung ist; ein Schürzenjäger versucht also, jede
Frau in Reichweite „abzuschießen“.
ein Schuss geht nach hinten los
eine Handlung oder Maßnahme wirkt sich gegen einen selbst aus;
bezieht sich auf ein Gewehr, dessen Ladung nicht durch den Lauf
geschossen wird, sondern nach hinten zündet und dabei auch den
Schützen schwer verletzen kann.
einen Schuss haben
nicht ganz richtig im Kopf sein;
aus dem Mittelalter: Die Redensart beruht auf dem Volksglauben, dass
Krankheiten durch die Geschosse von Dämonen ausgelöst werden.
Wer nicht ganz richtig im Kopf war, den hatte der Krankheitsdämon
wohl dort getroffen.
einen Schuss in den Himmel tun
etwas völlig Sinnloses, Unnützes tun;
vermutlich abgeleitet vom Brauch des so genannten Wetterschießens:
In manchen Gegenden wird bis heute bei heraufziehendem Unwetter in
die Luft geschossen. Fremde verstehen den Sinn nicht und betrachten
es als völlig aussichtslos, damit ein Gewitter vertreiben zu wollen.
Wahrscheinlich aber wollte man damit früher außerdem entferntere,
noch nicht auf die Gefahr aufmerksam gewordene Dörfer warnen.
gut in Schuss sein
in einem guten Zustand sein, gut funktionieren;
aus der Militärsprache: Die Redensart bezog sich ursprünglich auf
502
fertig geladene und ausgerichtete Geschütze, die „in Schuss“ waren,
d. h. nur noch abgefeuert werden mussten.
jemandem einen Schuss vor den Bug verpassen
jemanden nachdrücklich warnen;
aus der Seefahrt: Als Kriegsschiffe noch mit Kanonen ausgerüstet
waren, wurde der Gegner zunächst mit einem einzelnen Schuss, der
vor dem Bug seines Schiffes ins Wasser ging, gewarnt. Nun hatte
er noch die Möglichkeit, abzudrehen und damit einen Kampf zu
verhindern. Wer heute einen Schuss vor den Bug bekommt, der sollte
vielleicht ebenfalls überdenken, ob der eingeschlagene Weg der
richtige ist.
keinen Schuss Pulver wert sein
eine schlechten Charakter haben, ehrlos sein;
aus der Soldatensprache: Wegen eines schweren Vergehens zum
Tode verurteilte Soldaten wurden zumeist „durch Pulver und
Blei“ hingerichtet, also erschossen. Nur wer sich einer besonders
abscheulichen Tat schuldig gemacht hatte, sollte sein Verbrechen
durch den Galgen büßen müssen, er war „nicht einmal einen Schuss
wert und die Kugel für ihn zu schade“.
zum Schuss kommen
sein Vorhaben ausführen können;
aus der Jägersprache: Wenn der Schütze nach langem Ansitzen
endlich zum Schuss kommt, kann er das bejagte Wild erlegen.
Im übertragenen Sinne wird die Redensart auch als verhüllende
Umschreibung für die sexuelle Befriedigung des Mannes gebraucht.
in die Schusslinie geraten
sich heftiger Kritik aussetzen;
503
aus der Jägersprache: Bedeutete ursprünglich, dass etwas vor das
vom Jäger anvisierte Ziel geriet und damit in die von ihm angepeilte
Schusslinie lief.
die Schussstiefel anhaben
Fußballtore erzielen;
aus dem Fußball: führt den Torerfolg eines Spielers nicht auf seine
gute Technik, sondern (scherzhaft) auf seine Schuhe zurück.
Schütze Arsch im letzten Glied
der Letzte in einer Hierarchie;
aus der Soldatensprache: Das letzte „Glied“ – also die letzte Reihe
bei der Aufstellung für Paraden, Truppenabnahmen u. Ä. – ist für die
Soldaten reserviert, die aufgrund optischer Mängel „versteckt“ werden
sollen.
einen Schutzengel gehabt haben
auf wunderbare Weise vor Schaden bewahrt worden sein;
aus der Bibel: Im Alten wie im Neuen Testament tauchen immer
wieder Engel auf und greifen als Boten Gottes zumeist helfend in
das Geschehen ein (z. B. Tobit 12,12). Die Vorstellung von einem
persönlichen Schutzengel verbreitete sich aber erst im Spätmittelalter;
ab dem 17. Jahrhundert waren Schutzengeldarstellungen mit Kindern
weit verbreitet.
jemandem Schützenhilfe leisten
jemandem beistehen;
aus dem Militär: Die Schützenhilfe war ursprünglich nicht die Hilfe
beim Schuss, sondern die seelsorgerische Unterstützung der Soldaten,
die nach einem erfolgreichen Schuss (d. h. dem Tod eines Feindes) oft
psychologische Hilfe benötigten.
504
das Schwabenalter erreichen
40 Jahre alt werden;
nach einer weit verbreiteten Unterstellung werden Schwaben erst mit
40 Jahren „gescheit“. Dies geht auf Johannes Böhm, genannt Bohemus
(1490–1533), zurück, der 1521 in einer „Beschreibung der Sitten und
Gebräuche aller Stämme“ (Omnium gentium mores et ritus) über
die Schwaben schrieb, sie kapierten spät, und damit dieses Vorurteil
begründete.
schwach auf der Brust sein
wenig Geld (seltener: Kraft) haben;
ursprünglich eine Bezeichnung für den Schwindsüchtigen,
Lungenkranken, der sehr kraftlos war.
sich keine Schwachheiten einbilden
sich keine falschen Hoffnungen machen (sollen);
meint eigentlich, man solle nicht hoffen, eine schwache Stelle beim
Gegner oder Gegenüber zu finden, sodass dieser sich überwinden
ließe und man selbst doch noch ans Ziel seiner Wünsche käme.
aussehen wie eine Schwalbe, wenn`s blitzt
auch: aussehen wie eine Gans, wenn’s donnert
völlig verdutzt/erschrocken sein;
eher scherzhafte Redewendung, da kaum ein Wildtier bei Gewitter
überrascht oder verängstigt reagiert.
Schwamm drüber!
Vergiss es! Vergessen wir es!
Bezieht sich auf das Löschen einer Tafelaufschrift mit dem feuchten
Schwamm, sodass anschließend niemand mehr genau sagen kann,
was dort stand.
505
Mein lieber Schwan!
Ausruf des Erstaunens; spöttische Anrede;
stammt aus Richard Wagners Oper „Lohengrin“. In der 1847
geschriebenen Oper heißt es: „Nun sei bedankt, mein lieber Schwan!“
ein Schwanengesangein Abgesang, Trauer über eine dem Untergang geweihte Sache;
aus der griechischen Mythologie: Danach sollen die Schwäne singen,
wenn sie sterben. Auch das letzte Werk eines Künstlers, insbesondere
eines Dichters, wird als Schwanengesang bezeichnet.
mit etwas schwanger gehen
eine Idee haben, etwas planen;
obwohl jemand, der schwanger ist, sich noch vor der Geburt befindet,
hat diese Redewendung denselben bildhaften Hinter grund wie
„einen Plan ausbrüten“. In beiden Fällen wird suggeriert, dass etwas
Kleines durch langes Beschützen und Bearbeiten wächst und reift und
irgendwann „schlüpft“ – eventuell als Geniestreich.
jemandem schwant etwas
jemand ahnt etwas (meist eine drohende Gefahr);
seit dem 16. Jahrhundert belegt: Einige Deutungsversuche berufen
sich auf die angebliche hellseherische Fähigkeit der Schwäne
(unter Berufung auf den germa nischen Glauben). Dies ist jedoch
unwahrscheinlicher als die Bezugnahme auf den lateinischen
Ausdruck „olet mihi“ (ich ahne, wörtlich: „es ahnt mir“), das von
Studenten scherzhaft in „es schwant mir“ übersetzt wurde (da das
lateinische Wort olor „Schwan“ bedeutet).
den Schwanz einziehen
einen Rückzieher machen, Angst bekommen;
506
aus dem Tierreich: Viele Tierarten ziehen den Schwanz (die Rute)
zwischen die Hinter beine, wenn sie Angst haben. Dieses Verhalten
entspringt dem Versuch, sich möglichst klein zu machen, ist also eine
Unterwerfungsgeste.
sich in den Schwanz beißen
auch: der Hund/die Katze beißt sich in den Schwanz
eine paradoxe Situation, ein Teufelskreis;
aus der Tierwelt: Die Schlange, schon in der Bibel das Sinnbild des
Bösen, könnte sich aufgrund ihrer Beweglichkeit selbst in den Schwanz
beißen. Wenn ein Hund oder eine Katze versucht, sich in den eigenen
Schwanz zu beißen, was man bei Jungtieren gelegentlich beobachten
kann, dann bietet dies einen reichlich komischen Anblick.
aus Schwarz Weiß machen
auch: aus Weiß Schwarz machen, Schwarz Weiß nennen
etwas ins Gegenteil verkehren; jemanden durch Tatsachenverdrehung
täuschen wollen;
diese Redewendung beschreibt die Umkehrung einer Sache in ihr
Negativ. Einige Quellen nennen die Bibel als Quelle. In Jesaja 5,20
heißt es: „Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen,
die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen!“ Einige
Übersetzungen geben „Finsternis“ und „Licht“ mit „Schwarz“ und
„Weiß“ wieder.
den schwarzen Peter haben
die Verantwortung für etwas aufgebürdet bekommen;
vom Kartenspiel „schwarzer Peter“: Wem in diesem Spiel die einzige
Karte ohne Gegenstück, der so genannte „schwarze Peter“, bleibt, der
hat verloren.
507
etwas schwarz auf weiß haben
ein Schriftstück (Urkunde, Schuldschein, etc.) über einen Vorgang
haben;
das mit schwarzer Tinte oder Druckerschwärze auf Papier
festgehaltene Wort gilt juristisch gesehen nicht mehr als das
gesprochene – insbesondere vor Gericht lässt es sich jedoch leichter
beweisen und bietet damit größere Rechtssicherheit.
ins Schwarze treffen
genau das Richtige sagen oder tun;
aus dem Sport: Auf den Scheiben, auf die Schützen ihre Gewehre
(oder Bogen) anlegen, kennzeichnen Ringe die Treffergenauigkeit.
Sowohl bei den bunten als auch bei den schwarz-weißen Zielscheiben
ist der innerste Ring schwarz – wer diesen trifft, hat einen
hervorragenden Treffer gelandet.
jemandem den schwarzen Peter zuschieben
jemandem die Schuld an einer Sache zuschieben;
aus dem Kartenspiel: Der schwarze Peter muss im gleichnamigen
Kartenspiel einem anderen Mitspieler durch Täuschung
„zugeschoben“ werden, da derjenige, der ihn besitzt, das Spiel verliert.
Schwarzmalerei betreiben
Pessimist sein, nur das Negative sehen;
Farben hinterlassen beim Betrachter stets eine bestimmte Stimmung;
Schwarz ist traditionell die Farbe des Unglücks, der Trauer, des Todes –
auch auf Bildern.
Alter Schwede!
Was für ein Kerl! Alle Achtung!
Aus dem 17. Jahrhundert: Kampffähigkeit und -motivation der
508
preußischen Truppen waren nach dem Dreißigjährigen Krieg sehr
gering. Um sie zu verbessern, holte sich Friedrich Wilhelm, Kurfürst
von Preußen, ausländische Fachleute – namentlich kampferprobte
schwedische Soldaten. Die se machten sich rasch einen Namen als
strenge, aber faire Ausbilder, sodass die Bezeichnung „Alter Schwede!“
zu einem Zeichen der Anerkennung für Können und Wissen eines
Menschen wurde.
hinter schwedischen Gardinen
im Gefängnis, in Haft;
aus dem 17. Jahrhundert: Diese deutsche Redewendung entstand
im Dreißigjährigen Krieg, als schwedische Truppen Pommern besetzt
hielten. Die deutschen Kriegsgefangenen wurden in Gefängnissen
verwahrt, deren Gitter aus schwedischem Stahl bestanden – einem
Material, das bereits damals für seine Härte und Unverwüstbarkeit
bekannt war.
schweigen wie ein Grab
kein Wort sagen/verraten;
diese meist auf die Bitte um Geheimhaltung geantwortete
Redewendung bezieht sich auf die absolute, oft unheimliche „Toten-
stille“ auf Friedhöfen.
Ich glaub, mein Schwein pfeift!
Das gibt es doch nicht!
Beschreibt analog zur Redensart „ich glaub, mich knutscht ein
Elch“ eine vollkommen surreale und unglaubwürdige Situation. Oft
bekundet man mit dieser Aussage auch seine Fassungslosigkeit
und Verärgerung. Gerade weil man etwas in keinster Weise
nachvollziehen kann, gibt man diesem Gefühlszustand Ausdruck,
indem man ebenfalls eine völlig unmögliche Situation schildert: Die
509
Lippenmuskulatur von Schweinen ist so gering ausgebildet, dass an
Pfeifen nicht einmal zu denken ist. Schweine können ausschließlich
quieken und Grunzlaute von sich geben.
Schwein haben
Glück haben;
aus dem Kartenspiel: Im Bayerischen heißt die oberste Karte, das Ass,
bis heute „Sau“; auf der höchsten Karte der Farbe „Schellen“ ist ein
Wildschwein abgebildet. Wer dieses Schwein hatte, der konnte mit
Recht auf den Sieg hoffen. Nach einer anderen Erklärung geht die seit
dem 19. Jahrhundert belegte Redensart auf den Brauch zurück, auf
Schützenfesten, Turnieren etc. dem Verlierer als Trostpreis ein Schwein
zu überreichen.
im Schweinsgaloppschnell und oberflächlich;
die schnellste Gangart eines Schweins zeichnet sich durch geringe
Eleganz und Balance aus.
im Schweiße seines/ihres Angesichts
mühevoll, unter großen Anstrengungen;
aus der Bibel: Nachdem Adam und Eva den Apfel vom Baum der
Erkenntnis gegessen haben, verflucht Gott sie (1. Mose 3,17–19): „[...]
verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich
von ihm nähren dein Leben lang. [...] Im Schweiße deines Angesichts
sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde werdest, davon du
genommen bist.“
ein Schwerenöterein Frauenheld; ein gerissener Mensch;
die „Schwere Not“ war früher der Ausdruck für Fallsucht bzw. Epilepsie.
510
Ein Schwerenöter war ein derart verhasster Mensch, dass man ihm
Fallsucht an den Hals wünschte, sodass er seinen Mitmenschen nichts
Böses mehr antun konnte. Mit der Aufklärung ließ auch die Brisanz der
Krankheit Fallsucht nach. Die Schwere Not wünschte man dann nur
noch vergleichsweise harmlosen Personen an den Hals.
ein zweischneidiges Schwerteine Angelegenheit oder Sache, die gute und schlechte
Konsequenzen/Aspekte hat;
aus der Bibel: Ursprünglich bedeutete die se Wendung, dass etwas
von besonderer Schärfe, alles durchdringend war. So heißt es im Buch
der Sprüche (5,3–4): „Denn die Lippen der fremden Frau sind süß wie
Honigseim, und ihre Kehle ist glatter als Öl, hernach aber ist sie bitter
wie Wermut und scharf wie ein zweischneidiges Schwert.“ In der
heutigen Bedeutung wird hingegen der Aspekt des Scheidens, des
Trennens hervorgehoben und darauf verwiesen, dass eine Sache Vor-
und Nachteile hat.
mit zwei Schwertern fechten
besonders viel Erfolg haben wollen (dabei aber riskieren, alles zu
verlieren);
aus dem Mittelalter: Die so genannte „Zwei-Schwerter-Lehre“ entstand
im frühen Mittelalter und beschrieb das Rang- und Machtverhältnis
zwischen Kaiser und Papst. Nach dem ursprünglichen päpstlichen
Verständnis verteilte Gott je ein Schwert an Kaiser und Papst, d. h., er
gab dem Kaiser die weltliche, dem Papst aber die geistliche Herrschaft.
Das Kirchen oberhaupt verbat sich damit die Einmischung des
weltlichen Herrschers in Kirchendinge.
511
schwofen gehen
auch: auf den Schwof gehen
ausgelassen feiern;
aus dem Rheinland: Das rheinische Wort „schwofen“ bedeutet
eigentlich tanzen; wer „auf den Schwof“ ging, der ging also zum
öffentlichen Tanz – dass dabei ausgelassen gefeiert wurde, versteht
sich von selbst.
Stein und Bein schwörenbesonders nachdrücklich behaupten, schwören;
aus dem Mittelalter: „Stein und Bein“ sind Sinnbilder der Härte und
Bruchfestigkeit und daher zur Verstärkung einer Aussage oder eines
sprachlichen Bildes genutzt worden. Die Wendung taucht schon im
13. Jahrhundert auf, allerdings wird sie erst im 16. im Zusammenhang
mit schwören gebraucht. Nach einer anderen Erklärung geht sie auf
mittelalterliche Rechtsbräuche zurück. Der Schwur auf Stein und Bein,
nämlich auf den heidnischen heiligen Stein, später den Altarstein
und auf Reliquien, die Gebeine eines Heiligen, wäre demnach eine
doppelte Versicherung der Wahrhaftigkeit einer Behauptung.
in See stechen
mit dem Schiff auf das Meer hinausfahren;
das Bild bezieht sich auf den Klüvermast an einem Segelschiff, der wie
eine Richtung See zeigende große Spitze aussieht.
die Seele baumeln lassen
sich erholen, ausspannen;
wird dem Schriftsteller Kurt Tucholsky (1890–1935) zugeschrieben,
der die Wendung in der 1931 veröffentlichten Erzählung „Schloss
Gripsholm“ erstmals verwen dete. Darin heißt es: „Wir lagen auf der
Wiese und baumelten mit der Seele.“
512
eine Seele von Mensch sein
ein besonders lieber/freundlicher/gutmütiger Mensch sein;
hier wird mit dem Wort Seele, das eigentlich eine wertfreie
Bezeichnung für die Psyche oder den Geist eines Menschen darstellt,
bereits die Wertung „gut“ assoziiert.
ein Seelenverkäuferjemand, der unseriöse Geschäfte macht;
aus der Seemannsprache: Dieser Ausdruck bezog sich zunächst auf ein
altes Schiff, das nicht mehr seetüchtig ist, das also die Seelen der an
Bord Gehenden „an den Teufel verkauft“; später fand die Wendung mit
vollkommen anderer Bedeutung Eingang in die Alltagssprache.
(vor jemandem) die Segel streichen
kapitulieren, aufgeben;
aus der Seefahrt: „Segel streichen“ ist der seemännische Fachausdruck
für das Einholen der Segel, das in einer Kampfsitua tion als Zeichen
der Kapitulation galt. Diese Redewendung ist schon im Lateini schen
belegt: „vela contrahere“.
jemandem den Wind aus den Segeln nehmen
jemanden entmutigen, demotivieren;
aus der Seefahrt: Wenn einem motorlosen Schiff der Wind in den
Segeln fehlt, so treibt es unsteuerbar durch das Wasser und kommt
nicht mehr voran.
in den Seilen hängen
ohne Motivation oder Energie sein;
mit den „Seilen“ ist vermutlich jede Form von Zugriemen gemeint, z. B.
die Stränge am Zuggeschirr von Pferden. Wenn man in diesen Seilen
hängt, dann wird man durch sie gehalten, zieht aber nicht mehr.
513
ein älteres Semester sein
älter, alt sein;
aus der Studentensprache: Das universitäre Lehrjahr ist in zwei
Semester aufgeteilt; wer ein „älteres Semester“ ist, der ist, meint diese
schönfärbende Redewendung, schon seit sehr vielen Semestern
dabei.
weggehen wie warme Semmelnsehr beliebt, begehrt sein, sich rasch verkaufen lassen;
diese Redewendung bezieht sich auf die Vorliebe vieler Menschen für
frisch gebackenes, noch ofenwarmes Brot.
seinen Senf dazugeben
sich zu etwas äußern, etwas dazu sagen;
die heute abwertend für Menschen, die sich ungefragt zu allem
äußern, verwendete Redensart war zunächst durchaus positiv zu
verstehen. Der „Senf“ symbolisiert jede Art von Gewürz. Wer Senf zu
einem Gespräch gibt, macht es interessanter, „würzt“ es. Allerdings
kann es auch leicht zu scharf werden oder nicht dem allgemeinen
Geschmack entsprechen. Vermutlich wandelte sich die Assoziation, die
diese Redewendung hervorruft, aus diesem Grund von Lob zu Kritik.
Senge kriegen
verprügelt werden;
das Sengen ist eine Variante der Oberflächenbereinigung von Leder
oder Textilien; feine abstehende Härchen oder Fasern werden mittels
einer Gasflamme abgebrannt. Wer „Senge“ erhält, dem brennt
vermutlich anschließend ebenfalls die Haut.
etwas geht einem auf den Senkeletwas nervt einen;
514
vermutlich bezieht sich diese Redewendung nicht auf das Schnürband
des Schuhs, sondern verwendet „Senkel“ als umgangssprachliche
Kurzform für das Senklot oder -blei des Maurers.
seinen Sermon herunterbeten
auch: seinen Sermon herunterleiern
eine langweilige/sich wiederholende Rede halten;
„Sermon“ ist ein veralteter Begriff für die Predigt im christlichen
Gottesdienst, die für die einfachen Bauern früher oft sehr langweilig
war, da sie kein Latein sprachen.
auf Nummer sicher gehen
ganz sicher sein wollen, etwas sehr genau bzw. übergenau planen
oder prüfen;
Ableitung der Wendung „auf Nummer sicher sein“, also im Gefängnis
sein, die sich auf die fortlaufende Nummerierung der Gefängniszellen
wie der Insassen und die Tatsache bezieht, dass die Gefangenen sicher
verwahrt werden.
jemandem brennt die Sicherung durch
auch: jemandem brennen alle Sicherungen durch
jemand verliert die Selbstkontrolle;
diese junge Redewendung basiert auf der Vorstellung, Menschen
besäßen ähnlich wie Stromkreise, eine Sicherung, die sie
(normalerweise) an „Kurzschlusshandlungen“ hindern.
ein Hirn wie ein Sieb haben
auch: ein Gedächtnis wie ein Sieb haben; ein Gehirn wie ein Sieb haben
vergesslich sein;
die bildliche Redewendung vergleicht das Gehirn mit einem Sieb –
was nicht hängen bleibt, geht verloren.
515
mit Siebenmeilenstiefeln gehen
sehr schnell gehen;
aus dem Märchen: Das Motiv der Sieben meilenstiefel ist alt und wurde
durch zahlreiche Dichter rezipiert. Kern aller Erzählungen sind die
wundersamen Stiefel, in denen man mit einem Schritt sieben Meilen
überwinden und so unglaublich schnell überallhin gelangen kann.
seine Siebensachen packen
seine wenigen Habseligkeiten zusammenpacken (um abzureisen, zu
verschwinden);
die Zahl Sieben in dieser Redewendung stellt keinen Hinweis auf einen
göttlichen oder magischen Ursprung dar, sondern soll die geringe
Größe des Besitzes – der leicht abzuzählen ist – verdeutlichen.
einen siebten Sinn haben
eine Vorahnung haben, Übernatürliches wahrnehmen können;
in der Antike kannte man fünf Sinne, mit denen der Mensch die
Umwelt wahrnimmt: Gehör-, Geruchs-, Geschmacks-, Gesichts- und
Tastsinn; später kam der Gleichgewichtssinn hinzu. Als siebten Sinn
bezeichnet man daher die Fähigkeit, Dinge wahrzunehmen, die
anscheinend nicht mit den Sinnesorganen aufgenommen werden.
nicht alle (fünf) Sinne beisammen haben
nicht ganz vernünftig, etwas verrückt sein;
die fünf Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen) stehen hier
für die Gesamtheit der Fähigkeiten des Menschen.
eine Sisyphusarbeiteine scheinbar sinnlose, nicht zu bewältigende Aufgabe;
aus der griechischen Mythologie: Sisyphus, König von Korinth, musste
als Strafe für Verrat und Betrug in der Unterwelt einen großen Stein
516
einen Berg hinaufrollen. Jedes Mal, wenn er fast oben angekommen
war, entglitt ihm der Felsblock und rollte den Berg wieder hinab – er
musste von vorne beginnen.
viel Sitzfleisch haben
fleißig und ausdauernd sein;
bezog sich auf Schüler, Studenten und Gelehrte, die ihre Tätigkeit im
Sitzen verrichten. Heute wird die Redensart auch für Gäste verwendet,
die zu lange bleiben.
zwischen Skylla und Charybdis sein
sich zwischen zwei gleich großen Übeln in einer ausweglosen Lage
befinden;
aus der griechischen Mythologie: Homer schildert in seiner Odyssee
(XII, 85–110) die Gefahren in der Meerenge von Messina. Die Skylla,
eine gefährliche Klippe, erscheint bei ihm als ein sechsköpfiges
Meerungeheuer, das das Schiff des Helden angreift, die Charybdis,
ein Meeresstrudel, als Unheil bringende Riesin. Schon im antiken
Rom hieß es: „Incidit in Scyllam qui vult vitare Charybdim“ (Wer die
Charybdis vermeiden will, verfällt der Skylla).
von den Socken sein
sehr erstaunt, überrascht sein;
das von dieser Redewendung hervorgerufene Bild ist das eines
Menschen, der vor Schreck oder Verblüffung „aus den Socken kippt“.
wie in Sodom und Gomorrha
unmoralisch, wollüstig;
aus der Bibel: Die beiden Städte stehen in der Bibel für verderbte
Orte voll Sünde (1. Mose 18–19). Die Strafe Gottes war die Zerstörung
dieser Städte durch Schwefel und Asche.
517
jemandem scheint die Sonne aus dem Arsch
jemandem geht es gut;
wer gute Laune hat, der hat nicht nur ein strahlendes Lachen im
Gesicht – das Glück leuchtet aus allen Körperöffnungen heraus, wenn
man dieser Redensart Glauben schenkt.
ein SonntagskindPerson, die viel Glück hat;
meint jemanden, der „unter einem günstigen Stern“ geboren
wurde; der Sonntag galt bereits in der Antike als idealer Geburtstag.
Im Deutschen kam dann begünstigend die Verbindung dieses
Wochentages mit der Sonne und dem Licht hinzu.
etwas kommt einem spanisch vor
ein Sachverhalt erscheint einem merkwürdig oder seltsam;
aus dem 16. Jahrhundert, als Karl V., der schon vorher spanischer König
war, deutscher Kaiser wurde: Er brachte am spanischen Hof übliche
Sitten mit ins Reich, die dort bis dahin unbekannt waren und teils auch
als unerhört empfunden wurden.
Im „Simplicissimus“ Grimmelshausens (1622–1676) findet sich
folgender Beleg: „Bei diesem Herrn kam mir alles widerwärtig und fast
spanisch vor.“
auf Sparflamme schalten
auch: auf Sparflamme kochen
sparsam wirtschaften (meist im negativen Sinne);
wer im Herd das Feuer gerade so am Brennen hält oder das Gas so
weit herunterdreht, dass nur noch ein kleines Flämmchen brennt, der
wirtschaftet äußerst sparsam, ist womöglich allerdings zu geizig.
518
Spargel quer essen können
einen breiten Mund haben;
wer Spargel quer essen kann, hat naturgemäß einen breiten Mund.
mit Kanonen auf Spatzen schießen
auch: Kanonen auffahren, um Sperlinge zu schießen
übertrieben reagieren, übertriebenen Aufwand betreiben;
Kanonen waren lange Zeit die schwersten Schusswaffen mit der
größten Zerstörungskraft, und Spatzen sind bekanntlich sehr
kleine Vögel – dieses Missverhältnis wird in der Redewendung auf
das Vorgehen einer Person in Relation zu dem angestrebten Ziel
übertragen
Spatzen unter dem Hut haben
auch: Vögel, Schwalben, Sperlinge unter dem Hut haben
so unhöflich sein, den Hut zum Gruß nicht abzunehmen;
diese Redewendung verpackt den Tadel für eine Unhöflichkeit
scherzhaft: Er kann den Hut nicht heben, sonst flögen seine Spatzen
weg. Zugleich weckt sie Assoziationen zur Wendung „einen Vogel
haben“.
ein Spatzenhirn haben
dumm sein;
aus dem Tierreich: Da Spatzen recht kleine Vögel sind, haben sie
selbstverständlich auch nur ein kleines Gehirn. Befindet sich ein
solches aber redensartlich im Kopf eines Menschen, so ist er ziemlich
dumm.
jemandem den Speck durch den Mund ziehen
das Interesse einer Person an einer Sache wecken, jemandem den
Mund wässrig machen;
519
vor allem in Sachsen verbreitet: Der „Speck“ galt aufgrund seiner
Nahrhaftigkeit und des den Geschmack verfeinernden Fettes vor den
Zeiten der fettfreien Diät als eines der wichtigsten und „leckersten“
Lebensmittel.
ein Speichelleckerein Schmeichler;
vermutlich aus dem Tierreich: Ein rangniederer Wolf schleckt dem
Leitrüden die Lefzen, um seine Unterwürfigkeit und seinen Gehorsam
zu verdeutlichen.
die Spendierhosen anhaben
für andere mitbezahlen, in Geberlaune sein;
aus der Studentensprache: beruht auf der scherzhaften Vorstellung,
Großzügigkeit und Freigebigkeit lägen nicht im Charakter, sondern an
den Hosen eines Menschen bzw. am Schneider derselben.
ins Sperrfeuer der Kritik geraten
massiver Kritik ausgesetzt sein;
aus dem Militär: Sperrfeuer, d. h. massives, schlagartiges Feuer auf ein
bestimmtes Gebiet, soll den Angriff oder das Vorrücken der feindlichen
Kräfte verhindern und den Gegner am Betreten des beschossenen
Gebietes hindern, ihn davon „absperren“. Die Wendung wird erst seit
dem 20. Jahrhundert auch übertragen gebraucht.
nach Speyer appellieren
sich übergeben müssen;
aus dem 17. Jahrhundert: bezieht sich einer seits auf den Gleichklang
zwischen dem Ortsnamen und dem Wort „ speien“ (spucken,
sich erbrechen), andererseits darauf, dass die Stadt bis Ende des
17. Jahrhunderts das Reichskammergericht beherbergte.
520
ein abgekartetes Spieletwas, dessen Ergebnis im Vorhinein (betrügerisch) abgesprochen
wurde;
aus dem Kartenspiel: bezieht sich vermutlich auf markierte, „gezinkte“
Karten.
etwas aus dem Spiel lassen
etwas nicht berücksichtigen;
seit dem 17. Jahrhundert verbreitet: bezog sich ursprünglich auf das
gemeinsame Instrumentenspiel, zu dem jemand nicht hinzugezogen
bzw. verpflichtet wurde.
viel aufs Spiel setzen
auch: alles aufs Spiel setzen
ein großes Risiko eingehen;
aus dem Kartenspiel: Einen hohen Spiel einsatz wagt nur, wer sich
seiner Sache sehr sicher ist – oder wer an Fortuna glaubt, denn im
Kartenspiel ist das Gewinnen stets auch Glückssache.
den Spieß umdrehen
die Mittel oder Methoden des Gegners gegen diesen selbst benutzen;
ursprünglich die Waffe des Gegners gegen diesen selbst kehren.
Der Spieß war eine im Mittelalter weit verbreitete, weil billig
herzustellende Waffe, deren Bedienung leicht zu erlernen war. Wer
dem Gegner den Spieß entriss und ihn umdrehte, der konnte nun
seinerseits angreifen.
Spießruten laufen müssen
durch eine Menschenmenge hindurchmüssen, die einen feindlich,
spöttisch oder kritisch aufnimmt;
aus der römischen Antike: Eine übliche militärische Strafe im alten
521
Rom war es, den Delinquenten zwischen zwei Reihen Soldaten
hindurchzuschicken, die mit ihren Speeren („Spießruten“) nach ihm
stachen. Nur wenige überlebten diese Bestrafung. Heute ist der
„Spießrutenlauf“ nicht mehr tödlich – aber mit Sicherheit immer sehr
unangenehm.
sich spinnefeind sein
sich sehr hassen, sehr verfeindet sein;
diese Redewendung hebt wie z. B. auch „sich angiften“ auf die
„giftige“ Bösartigkeit miteinander verfeindeter Menschen ab.
Obwohl es im deutschen Sprachraum nur sehr wenige und nur
relativ schwach giftige Spinnen gibt, hält sich der Glaube an die
Gefährlichkeit dieser Glieder füßer.
Seemannsgarn spinnen(Lügen-)Geschichten erzählen;
aus der Seefahrt: Eine der langweiligsten Tätigkeiten an Bord eines
Schiffes war das Auftrennen und neue Drehen oder Versplei ßen
der Taue („Garn“). Um sich die Zeit zu vertreiben, erzählten sich die
Seeleute unterdessen Geschichten über ihre angeblich erlebten
Abenteuer.
Spitz auf Knopf stehen
ungewissen Ausgang haben, riskant sein;
eigentlich: auf Spitz und Knopf stehen bzw. bieten; beim Fechten
diente die Spitze des Degens dem Angriff, der Griffknauf („Knopf“)
jedoch der Verteidigung. Die Redensart bezeichnet also eine
Situation in einem Duell, in der noch nicht eindeutig ist, ob einer
der Kontrahenten sich auf den Angriff oder die Verteidigung
konzentrieren muss.
522
die Spitze des Eisbergs
nur der kleinste Teil einer Angelegenheit, deren Ausmaße oder
Auswirkungen weit über die bereits bekannten hinausgehen;
bei einem Eisberg ragt nur der kleinste Teil, etwa 1/7, aus dem Wasser,
die restlichen 6/7 bleiben unter dem Meeresspiegel und damit dem
Betrachter verborgen.
der Spitzenreiter sein
der Beste sein;
aus der Militärsprache: Der Spitzenreiter war der mit einer Fahne oder
Standarte an der Spitze einer Formation reitende Offizier.
splitternacktvollständig unbekleidet;
seit dem 15. Jahrhundert verbreitet: Wie das heutige Wort „(Holz-)
Splitter“ hat auch splitternackt etwas mit Holz zu tun. Ursprünglich
hieß der Ausdruck wohl „splinternackt“. Splintholz ist die äußerste,
jüngste Holzschicht eines Baumes. Sie ist noch nicht verkernt und
damit nicht so hart wie das Reifholz. Über der Splintschicht liegt
die Rinde. Wenn bei einem Baum also die Rinde entfernt ist, ist er
noch nicht vollständig „entkleidet“ – dies ist erst nach Abheben
der Splintschicht der Fall. Da diese Schicht wie alles Holz faserig ist,
entstand auch der Ausdruck „splinterfasernackt“.
jemandem die Sporen geben
jemanden (hart) antreiben;
aus der Reiterei: Die Sporen am Stiefel des Reiters dienen dem
Antreiben eines faulen Pferdes zu schnellerer Gangart.
sich die Sporen verdienen
sich mittels Erfahrung oder Arbeit eine Anerkennung erwerben;
523
aus der Reiterei: Da die Sporen bei unsachgemäßem Gebrauch das
Pferd verletzen oder zu heftigen Abwehrreaktionen herausfordern
können, dürfen Reitanfänger sie nie tragen. Erst wer einiges an
Erfahrung auf dem Pferderücken gesammelt hat, darf die metallenen
Hilfsmittel anschnallen. Im übertragenen Sinne bedeuten die Sporen,
die sich jemand verdienen muss, meist den beruflichen Aufstieg oder
eine Aufgabe mit mehr Verantwortung.
ein babylonisches Sprachengewirrauch: ein babylonisches Sprachgewirr
Unmöglichkeit der gegenseitigen Verständigung; ein
Sprachendurcheinander;
aus der Bibel: Der Turmbau zu Babel, mit dem Gott Konkurrenz
gemacht werden sollte, erzürnte ihn so, dass er ein „babylonisches
Sprachengewirr“ zur Erde sandte (1. Mose 11,5–9), damit sie nicht
mehr zusammenarbeiten konnten.
die Spreu vom Weizen trennen
das Gute, qualitativ Hochwertige vom Schlechten trennen;
aus der Landwirtschaft: Beim Dreschen auf der Tenne wurden früher
mittels des Dreschflegels die Körner aus den Ähren geschlagen.
Danach mussten die Ähren von der Spreu, den trockenen, leichten
Hüllen der Körner, getrennt werden. Dafür wurde das Gemisch
geworfelt, d. h. mittels einer speziellen Schaufel in die Luft geworfen,
wobei die leichte Spreu durch den Wind fort geblasen wurde, nicht
aber die schwereren Ähren. So trennte man die Spreu vom Weizen.
etwas springen lassen
großzügig sein, etwas spendieren;
bezieht sich auf den früher üblichen Brauch, Geldmünzen beim Zahlen
kräftig auf den Tisch zu werfen, um durch den Klang ihre Echtheit zu
524
beweisen und so zu zeigen, dass man „sein Geld wert ist“. Wer etwas
springen ließ, der konnte zahlen, und im besten Falle tat er dies auch
für andere, daher erweiterte sich die Bedeutung schließlich allgemein
auf Freigebigkeit.
einen Sprung in der Schüssel haben
auch: einen Sprung in der Tasse haben
leicht verrückt sein;
Geschirrteile werden oft als Bild für den Geisteszustand einer Person
herangezogen; letztendlich sind aber alle diese Redensarten nur eine
Abwandlung der Wendung „nicht alle Tassen im Schrank haben“.
jemandem auf die Sprünge helfen
jemanden unterstützen, beim Beginnen einer Sache fördern;
aus der Jägersprache: Zu Beginn der Jagd muss der Hund dem Jäger
„auf die Sprünge“, d. h. beim Auffinden der durch das fortspringende
Wild hinterlassenen Fährte helfen.
jemandem bleibt die Spucke weg
auch: Da bleibt mir die Spucke weg!
jemand ist sehr überrascht oder erschrocken;
geht auf die Erkenntnis zurück, dass der Körper in Situationen großen
Erschreckens alle „unwichtigen“ Funktionen wie die Verdauung, zu der
auch die Speichelproduktion gehört, zugunsten der Atmung und der
Herztätigkeit verringert. Dieses Phänomen ist seit Langem bekannt.
sich sputensich beeilen;
aus dem Plattdeutschen, von „spuden“. Im Althochdeutschen gab es
einst das Wort „spuot“ für Eifer, Eile; aus derselben Wurzel stammt das
englische „speed“.
525
über jemanden den Stab brechen
jemanden verdammen, ein hartes Urteil über jemanden fällen;
aus dem Gerichtswesen: Der hier zitierte Stab war das Zeichen
der Richterwürde, das alle bei einer gerichtlichen Versammlung
Anwesenden den Anweisungen des Richters unterstellte. Kurz vor der
Exekution eines Verbrechers zerbrach der Richter seinen Stab über
dessen Kopf mit den Worten: „Nun helfe dir Gott – ich kann dir nicht
mehr helfen.“ Wenn man heute also über einer Person im übertragenen
Sinne den Stab bricht, sähe man sie wohl am liebsten schwer bestraft.
ein Stachel im Fleisch von jemandem sein
eine ständige Mahnung, Bedrohung für jemanden sein;
aus der Bibel abgeleitet: Im Wüstenland Israels sind dornige Sträucher
eine übli che Vegetation; wer sich solch einen Stachel zuzieht –
oder wem er eingeschlagen wird –, der wird bei jeder Bewegung
schmerzhaft daran erinnert.
wider den Stachel löcken
störrisch, widerspenstig sein;
aus der Bibel: Berühmt wurde der Ausspruch durch sein Erscheinen
in der Apostelgeschichte 26,12–15. Der bekehrte Paulus schildert in
seiner Verteidigungsrede vor Agrippa seine Reise nach Damaskus.
Auf dem Weg dorthin sah er ein helles Leuchten am Himmel und fiel
auf die Knie, da hörte er die Stimme Jesu: „Saul, Saul, was verfolgst
du mich? Es wird schwer sein, wider den Stachel zu löcken [...].“ Diese
Wendung stammt aus dem landwirtschaftlichen Bereich: Der Stachel
ist ein mit einer Spitze bewehrter Stock, mit dem das Vieh vor dem
Wagen oder dem Pflug angetrieben wurde. „Löcken“ ist ein altes Wort
für das Ausschlagen eines störrischen Rindes, das nicht angetrieben
werden will.
526
die Stadt unsicher machen
auch: die Nacht unsicher machen
heftig feiern;
aus dem 18. Jahrhundert: bedeutete eigent lich, sich
unerwünschterweise in einer Stadt blicken zu lassen, und bezog sich
ursprünglich auf Räuber oder durchziehende Kriegshaufen.
jemandem etwas ins Stammbuch schreiben
auf etwas beharren gegenüber jemandem, etwas vehement fordern;
diese Redewendung geht auf die zur Zeit Luthers in Mode
kommenden Büchlein zurück, in die erbauliche und ermahnende
Sprüche eingetragen wurden (ähnlich den heutigen „Poesiealben“).
Dort Verzeichnetes war nicht mehr zu tilgen und erinnerte den
Besitzer des Buches stets an eine Verpflichtung oder ein Verbot.
jemandem eine Standpauke halten
jemanden tadeln, zurechtweisen;
aus der Studentensprache, seit Ende des 18. Jahrhunderts belegt:
Pauken, also das „Einhämmern“, stand bei den Studenten für das
Predigen (und wandelte sich erst später zum Synonym für „Lernen“)
bzw. scharfe Tadeln. Da der Rügende dabei steht, kann er lauter und
energischer schimpfen und den Schüler oder Studenten (eventuell)
zusätzlich durch seine Körpergröße beeindrucken.
bei der Stange bleiben
eine Sache konsequent zu Ende führen, durchhalten, loyal bleiben;
aus dem Militär: Diese Redewendung nimmt vermutlich auf die
Stange der Fahne oder Standarte Bezug, die jede kämpfende Truppe
im Feld mit sich führte. Sie wurde am Anfang des Heereszugs
getragen. Die Soldaten, die „bei der Stange“ blieben, blieben also,
ohne zu weichen, auf dem Schlachtfeld und kämpften.
527
jemandem die Stange halten
jemandem loyal zur Seite stehen, den Rücken stärken;
aus dem Mittelalter: Die „Stange“ meint die Lanze, mit der ein Ritter
bei einem Turnier antritt. Bis er im Sattel sitzt und bereit zum Kämpfen
ist, muss ein Untergebener seine Lanze halten und sie ihm dann
reichen. Unter Umständen stand auch eine Holzstange Pate bei der
Entstehung dieser Redewendung, mit der ein Helfer in den Kampf
eingreifen durfte.
etwas vom Stapel (laufen) lassen
etwas anmerken, sagen, eine Rede halten (meist scherzhaft oder
spöttisch);
aus dem Schiffbau: Das fertiggestellte Schiff wird bei einem feierlichen
Stapellauf in der Werft zu Wasser gelassen, ein gut vorbereiteter
Vorgang. Der „Stapel“ ist hierbei die Unterlage, auf der das Schiff
während der Bauphase ruht.
jemandem den Star stechen
jemandem die Augen öffnen bezüglich einer Sache oder Person;
aus dem Mittelalter: Gemeint ist hier nicht der Singvogel, sondern die
vom starren Blicken Erkrankter hergeleitete Augenkrankheit (grüner,
grauer) Star. Bereits aus dem 16. Jahrhundert ist eine martialische
„Therapie“ des Stars durch Scharlatane bekannt: das Ausstechen (was
die Blindheit endgültig werden ließ).
in den Startlöchern sitzen
auch: in den Startlöchern stehen
aus der Leichtathletik: Vor der Einführung von so genannten
Startblöcken machten Läufer ein Loch in den Boden, um in der
Startposition nicht zu verrutschen.
528
..., bis sich der Staub gelegt hat
..., bis sich die Dinge beruhigt haben;
als die Haupttransportmittel noch klapprige Kutschen mit Holzrädern
und Straßen nicht geteert waren, wurde selbstverständlich noch
eine Menge Staub und Dreck von den fahrenden Kutschen in die Luft
gewirbelt. So konnte man wegen der Staubwolken lange kaum klar
sehen, wenn eine Kutsche vorbeikam. Bis sich der Staub legte und
man wieder unbehindert sehen konnte, dauerte es eine Weile. Das
Gleiche trifft auf Menschen mit einem Problem zu: Sie sehen die Dinge
oft schlimmer und aufgewühlter, als sie letztendlich sind, weswegen
man etwas sich erst beruhigen lassen sollte, ehe man vorschnelle
Entscheidungen trifft. Es empfiehlt sich, zu warten, bis sich die
„Staubwolken gelegt“ haben und wieder Klarheit herrscht.
in den Staub beißen
unterliegen; sterben;
beschreibt wie „ins Gras beißen“ die Situation, dass man mit dem Kopf
auf dem Boden liegt oder dort aufschlägt.
sich aus dem Staub machen
flüchten, weglaufen;
aus dem Mittelalter bzw. Militär: Der aufgewirbelte Staub, der das
heimliche Verschwinden erleichtert, war vor allem an zwei Orten
anzutreffen: auf dem Turnierplatz, wo die Ritter gegeneinander
antraten, und auf dem Schlachtfeld. Welches Umfeld für die
Redewendung Pate stand, ist heute nicht mehr genau festzustellen.
vor jemandem im Staub kriechen
sich bei jemandem einschmeicheln, sich unterwürfig verhalten;
aus dem Tierreich: Bei vielen Tierarten, u. a. bei Hunden, zeigen
die rangniedrigen Tiere durch eine geduckte Körperhaltung – im
529
Extremfall mit durch den Staub schleifendem Bauch – ihre geringe
Gefährlichkeit und ihre Unterwürfigkeit an.
aus dem Stegreifimprovisiert, ohne Vorbereitung oder Planung;
aus dem Mittelalter: Das heutige Wort für „Stegreif“ ist Steigbügel, der
metallene Tritt am Sattel des Reitpferdes. Früher taten berittene Boten
vieles „aus dem Stegreif“, da sie für kurze Meldungen, aber auch für eine
rasche Mahlzeit nicht vom Pferd stiegen, um keine Zeit zu verlieren. Sie
ließen also auch ihre Füße im Steigbügel und improvisierten, indem sie
den Pferdesattel zum Mittagstisch machten.
ein Stehaufmännchen sein
sich von Rückschlägen/Krankheiten rasch erholen;
bezieht sich auf ein Kinderspielzeug: eine Puppe mit rundem
Unterleib, in dem ein Gewicht dafür sorgt, dass sie sich immer wieder
aufrichtet.
auf jemanden stehenfür jemanden/etwas schwärmen;
aus den 1920er-Jahren: Ursprünglich aus dem Süddeutsch-
Österreichischen, verbreitete sich die Redewendung in den 1980er-
Jahren über die Jugendsprache im ganzen deutschen Sprachraum.
stehlen wie ein Rabe
viel stehlen;
aus dem Tierreich: Raben werden aufgrund ihres schwarzen,
unheimlich wirkenden Gefieders viele negative Eigenschaften
nachgesagt, darunter das Stehlen. Es ist aber auch möglich, dass
Gaukler und Gauner früher diese intelligenten Vögel tatsächlich
entsprechend abrichteten.
530
jemandem den Steigbügel halten
jemandem helfen, jemanden (unterwürfig) unterstützen;
aus dem Mittelalter: Das Besteigen eines Pferdes war mit der schweren
Kampfrüstung mittelalterlicher Ritter nahezu unmöglich. So wurden
Hilfsmittel entwickelt wie z. B. ein Seilzugsystem, mit dem der Ritter
aufs Pferd gehoben wurde. Die zweite Schwierigkeit für ihn war
dann, mit dem gestreckt in der Rüstung fixierten Bein und dem
langen Sporn an der Ferse, der das Pferd scheu machen konnte, den
Steigbügel zu finden. Also stand der Knappe seinem Herrn bei und
hielt ihm den Bügel hin. Noch heute wird mit dieser Redewendung
eine leicht unterwürfige Haltung des Helfenden assoziiert.
bei jemandem einen Stein im Brett haben
von jemandem sehr gemocht werden;
aus dem Mittelalter: Bei dem mittelalterlichen Brettspiel Puff (auch
Wurfzabel, Tricktrack), einem Vorläufer des heutigen Backgammon,
mussten die Spielsteine auf das Feld gewürfelt werden. Wer gut
würfelte, hatte seine Steine rasch sehr gut auf dem (oder im) Brett
verteilt. Einen (guten) Stein im Brett haben bedeutet zunächst also
schlicht, gute Gewinnchancen zu haben. Später wurde der Ausdruck
dann für eine Person verwendet, die einem große Sympathie
entgegenbringt.
den Stein der Weisen suchen
sich um etwas bemühen, das es nicht gibt;
aus der Spätantike: Als Stein der Weisen bezeichneten die Alchemisten
das vergebens gesuchte Universalmittel zur Umwandlung von
unedlen Metallen in Gold; es sollte auch als Heilmittel gegen alle
möglichen Krankheiten helfen.
531
den Stein ins Rollen bringen
etwas initiieren, etwas in Bewegung setzen;
Diese Redensart basiert auf dem Bild eines am Hang liegenden
Steines. Wird dieser angestoßen, rollt er immer schneller den Berg
hinunter und kann kaum noch aufgehalten werden. Ähnlich sollte
ein Projekt, das „ins Rollen gebracht“ wurde, unweigerlich zum Erfolg
führen.
der Stein des Anstoßes
der Auslöser von Unmut, ein Ärgernis;
aus der Bibel: Mehrere Textstellen verwenden das Bild des Steins, an
dem man sich schmerzhaft den Fuß stößt bzw. über den man fällt. So
sagt Gott in Jesaja 8,14: „Ich bin der heilige Zufluchtsort, aber ich bin
auch der Stein, an dem man sich stößt [...].“ Das Bild, auf dem diese
Redewendung beruht, ist das eines Ärgernisses, das selbst nicht aktiv
zur Problematik beiträgt.
Dir wird schon kein Stein aus der Krone fallen!
auch: Dir wird schon keine Perle/kein Zacken aus der Krone fallen!
Das ist schon akzeptabel!
Die Krone steht in dieser Redewendung für den Stolz und die
Selbstachtung einer Person. Wenn nicht einmal ein Edelstein
herausbricht, wird die Selbstachtung durch die zu erledigende
Aufgabe nicht verletzt.
jemandem einen Stein in den Garten werfen
jemandem Schwierigkeiten bereiten;
seit dem Spätmittelalter belegt: Wer jemand anderem „einen Stein in
den Garten“ warf, der zerstörte dessen Beete und das dort angebaute
Gemüse. Außerdem erschweren Steine erheblich das Umbrechen der
Erde, wie es für die erfolgreiche Bodenbearbeitung unabdingbar ist.
532
In einigen Regionen wandelte sich die Bedeutung dieser Redensart
jedoch ins Gegenteil; dort wird sie im Sinne von „ich schulde dir etwas,
ich werde mich beizeiten revanchieren“ gebraucht („dafür werde ich
dir auch einmal einen Stein in den Garten werfen“).
jemandem fällt ein Stein vom Herzen
jemand ist erleichtert, von einer Sorge befreit;
der „Stein“ steht symbolisch für jeden Kummer, jede Angst, die
jemanden belastet hat und von der er befreit wurde.
auf der Stelle treten
nicht vorankommen;
aus der Militärsprache: Die Redensart leitet sich wohl vom Befehl
„Auf der Stelle treten!“ beim preußischen Militär her. Damit wurde die
Bewegung des Marschierens geübt.
die Stellung halten
sich hartnäckig behaupten;
aus der Militärsprache: eine militärische Stellung bis zum Äußersten
verteidigen.
Stellung nehmen
auch: Stellung beziehen
seine Meinung äußern, einen bestimmten Standpunkt vertreten;
aus der Militärsprache: Eine Stellung ist ein Gefechtsstand oder eine
bestimmte Aufstellung. Wenn also Soldaten Stellung beziehen sollten,
so mussten sie im Gefechtsstand ihre Position einnehmen oder die
Aufstellung zum Angriff oder zur Verteidigung einnehmen. Erst im
19. Jahrhundert wurde die Wendung auch im übertragenen Sinne
gebraucht.
533
in den Sternen stehen
unsicher, nicht vorhersagbar sein;
diese Redewendung spielt auf die geringe Trefferquote astrologischer
Zukunftsvorhersagen an.
nach den Sternen greifen
übermütig werden; große Pläne haben;
der Griff nach den Sternen steht symbolisch für den Griff nach etwas
zwar Wunderschönem, aber nicht Erreichbarem.
sternhagelvoll sein
sehr stark alkoholisiert sein;
„Sternenhagel“ bzw. in schwächerer Form „Sternenregen“ ist
der astronomische Ausdruck für einen beim Eintreten in die
Erdatmosphäre entstehenden Meteoritenschwarm. Wer sehr
betrunken ist, sieht ähnliche Phänomene sogar am hellen Tag.
etwas stibitzeneine Kleinigkeit heimlich entwenden;
aus der Gaunersprache: Für stehlen gibt es zahlreiche verhüllende
Ausdrücke, u. a. mausen, klemmen, klauen. Die Herkunft des Wortes
„stibitzen“ lässt sich nicht sicher klären, es geht wohl auf mundartliche
Ausdrücke zurück. Im Gegensatz zu „stehlen“ bezieht sich „stibitzen“
jedoch stets auf Gegenstände von geringfügigem Wert und impliziert
eine gewisse Gerissenheit des Täters.
jemanden im Stich lassen
jemandem die versprochene Hilfe nicht zukommen lassen, jemanden
hängen lassen;
aus dem Mittelalter: Ähnlich der Redensart „jemanden ausstechen“
geht auch diese Wendung auf die mittelalterlichen Ritterturniere
534
zurück. Normalerweise musste der Knappe seinen Herrn aus der
Kampfbahn ziehen, sobald dieser durch den Gegner aus dem Sattel
gestochen worden war. Tat er dies nicht, weil er vielleicht selbst zu
viel Angst hatte, so setzte er den Ritter der Gefahr eines Nachstechens
durch den Gegner aus. Er ließ seinen Herrn also „im Stich“.
hieb- und stichfest sein
einwandfrei, unangreifbar, nachprüfbar sein;
aus dem Mittelalter: Wer durch eine besonders gute Rüstung
„hieb- und stichfest“ war, der war in der Ursprungsbedeutung
unverwundbar. Auch durch Wundsegen sollten Soldaten bis ins
20. Jahrhundert hinein hieb- und stichfest gemacht werden. In
der übertragenen Bedeutung ist die Wendung erst seit dem 20.
Jahrhundert gebräuchlich.
den Stiefel durchziehen
etwas auf eine eigene Art machen, seine Sache (trotz Hindernissen
oder Kritik) durchziehen;
seit dem 18. Jahrhundert belegt: Ursprünglich lautete diese Wendung
„seinen Stiefel gehen“ und könnte sich auf die Aufforderung beziehen,
doch mal „in jemandes Schuhen“ zu gehen, bevor man über diesen
urteilt.
Stielaugen bekommen
auch: Stielaugen machen
etwas sehnsüchtig ansehen, etwas neidisch betrachten;
aus dem Tierreich: Verschiedene Tiere, darunter Schnecken und
einige Fische, haben auf „Stielen“ sitzende Augen; ebensolche
hervortretenden Augen hat angeblich jemand, der von
Besitzverlangen getrieben eine Sache lange ansieht.
535
den Stier bei den Hörnern packen
auch: den Stier bei den Hörnern fassen
ein Unternehmen mutig an der schwierigsten Stelle anfangen; einem
Gegner offen entgegentreten;
aus der Tierwelt: Bei den Hörnern hat der Stier die beste Wehrkraft,
ist also am gefährlichsten. Gleichzeitig ist dies die Stelle, an der ein
Angriff den größten Erfolg verspricht.
stiften gehen
verschwinden, weglaufen;
nicht endgültig geklärt; möglicherweise aus der Bienenzucht: „Stiften“
ist der Fachterminus des Imkers für die Eiablage der Königin in die
Zellen; hierfür muss sie zunächst ihren Kopf hineinstecken, um zu
sehen, ob die Zelle sauber ist und ob die Größe für die Arbeiter- oder
nur für die Drohnenbrut genügt.
stinken wie ein Wiedehopf
sehr unangenehm riechen;
aus dem Tierreich: Der auffällig gefärbte Vogel mit dem Federbusch
auf dem Kopf besitzt eine Bürzeldrüse, aus der er bei Gefahr ein übel
riechendes Sekret abgibt.
jemandem die Stirn bieten
auch: jemandem die Stirn zeigen
sich gegen jemanden behaupten (wollen);
in Redensarten steht die Stirn stets für Stärke, Kühnheit, Eigenwillen,
vielleicht abgeleitet von den Horntieren, die bei ihren Kämpfen ihre
Stirnen gegeneinanderdrücken.
jemandem steht etwas auf der Stirn geschrieben
jemandem kann man etwas sofort ansehen;
536
die Gedanken oder Emotionen eines Menschen sind u. a. an der Stirn
bzw. den dort erscheinenden (Zornes-)Falten abzulesen. Zugleich
bezieht sich diese Redewendung auf die Vorstellung, man könne
durch die Stirn eines Menschen in sein Gehirn sehen und die dort
vorhandenen Gedanken lesen.
mit eiserner Stirnhartnäckig, willensstark;
aus der Bibel: „Denn ich weiß, dass du hart bist und dein Nacken eine
eiserne Sehne ist und deine Stirn ehern.“ (Jesaja 48,4)
einen Stock verschluckt haben
auch: ein Lineal verschluckt haben
übertrieben gerade stehen/sitzen;
sehr bildhafte Redewendung, die jemanden bezeichnet, der sich so
aufrecht hält (so viel Haltung bewahrt) wie ein absolut inflexibler
Gehstock.
stocksteif sein
auch: wie ein Stock dastehen
stumm und steif dastehen, keine Gemütsregung zeigen, kein
Unterhaltungstalent besitzen;
wer sich steif wie ein Stock präsentiert, ist naturgemäß wenig
unterhaltend oder zu Späßen aufgelegt.
vom Storch gebissen worden sein
schwanger sein (und deswegen schlecht gehen können);
diese Redewendung spielt mit dem alten Volksglauben, der Storch
brächte die Babys. Meist wird „vom Storch gebissen“ als Erklärung für
Schmerzen der werdenden Mutter beim Gehen (z. B. aufgrund einer
Ischialgie) verwendet.
537
wie ein Storch im Salat
ohne Eleganz oder Grazie, unbeholfen;
aus dem Tierreich: Der große Vogel mit den langen, roten Beinen
wirkt tatsächlich eher unelegant und unbeholfen, wenn er geht –
insbesondere, wenn der Bodenbewuchs dicht und hoch ist. „Salat“
steht in dieser Wendung allgemein für Unkraut, Gestrüpp, Gebüsch.
eine drakonische Strafeeine (ungerechtfertigt) harte Bestrafung;
aus dem Griechischen: Drakon (um 650 v. Chr.) war ein athenischer
Gesetzgeber. Er ließ um 621 alle bis dahin bekannten Gesetze
aufzeichnen. So konnte willkürliche Bestrafung vermieden werden,
zudem sollte damit die Blutrache abgeschafft werden. Doch schon
im 4. Jahrhundert galten die von ihm kodifizierten Gesetze und die
darin verzeichneten Strafen als ungewöhnlich hart und grausam, als
„drakonisch“.
blau wie eine Strandhaubitzestark betrunken, völlig besoffen;
aus der Soldatensprache: Haubitzen sind so genannte
Steilfeuergeschütze, die mit einem hohen Richtwinkel (manchmal
über 45 Grad) abgefeuert werden. In Strandnähe in Stellung gebrachte
Haubitzen liefen, wenn sie nicht verschlossen wurden, oft mit Wasser
oder Sand voll.
über die Stränge schlagen
übermütig sein, etwas übertreiben, keine Grenzen kennen;
aus der Landwirtschaft: Die Stränge sind die aus starkem Seil oder
dickem Leder gefertigten Zugstränge am Geschirr von Zugpferden
oder zum Ziehen eingesetztem Vieh. Ein übermütiges Pferd kann
bei einem Ausschlagen oder Bocken leicht über einen der Stränge
538
geraten – und bringt damit sich und den Kutscher in Gefahr. Deshalb
müssen Pferde – ebenso wie die mit dieser Redewendung gemeinten
Menschen – Vernunft und Ruhe lernen.
einen Strauß mit jemandem ausfechten
mit jemandem streiten oder kämpfen, mit jemandem eine
Kontroverse haben;
das Wort „Strauß“ entwickelte sich aus dem mittelhochdeutschen Verb
„striuzen“, das schlicht streiten, kämpfen bedeutete. Die Redewendung
„einen Strauß (ursprünglich struß bzw. struz) austragen“ heißt also
tatsächlich schlicht „Streit haben“.
ein Straßenfegereine Rundfunk-/TV-Sendung u. Ä., das die große Mehrheit begeistert;
meint nicht den Mann, der die Gassen kehrt, sondern etwas, das so gut
ist, dass die Straßen wie leer gefegt von Menschen sind.
jemanden zur Strecke bringen
einen Gegner überwältigen, besiegen;
aus der Jägersprache: Hat ein Jäger z. B. einen Hasen getroffen, bringt
er ihn „zur Strecke“ – zu den anderen bereits erlegten und auf dem
Boden aufgereihten Tieren. Nach einer anderen Erklärung wird das
einzelne erlegte Tier gestreckt, also der Länge nach auf dem Boden
gelegt.
jemandem einen Streich spielen
jemanden necken, ärgern oder verärgern;
aus dem 18. Jahrhundert: Im Mittelhochdeutschen hatte
Streich noch die Bedeutung Schlag, Hieb. Zunächst trat eine
Bedeutungserweiterung ein, Streich wurde auch für überraschende
militärische oder politische Unternehmungen verwendet (z. B.
539
Staatsstreich). Im 18. Jahrhundert wurde der Begriff schließlich
verharmlost und erhielt die heutige Bedeutung.
sieben auf einen Streichsieben auf einmal, mit einem Schlag;
die Erweiterung der Redewendung „auf einen Streich“ stammt aus
dem Märchen „Das tapfere Schneiderlein“. Doch auch in früheren
literarischen Quellen finden sich Belege für die Heldentaten des
Schneiderleins, so in J. Fischarts „Affentheurlich Naupengeheurliche
Geschichtklitterung“, wo es sich allerdings um neun Mücken handelt.
Streit um des Kaisers Bart
Auseinandersetzung wegen etwas Unwichtigem;
aus der römischen Antike: eigentlich „um das Ziegenfell streiten“. Der
römische Dichter Horaz behandelte die Frage, ob das Fell der Ziege
auch als „Wolle“ bezeichnet werden sollte; die nachfolgende sinnlose
Diskussion drehte sich also um den „Geißen-Bart“.
etwas geht jemandem gegen den Strichetwas gefällt jemandem gar nicht;
aus der Tierpflege: Der Strich ist die Wuchsrichtung eines Tierfells; die
meisten Tiere reagieren aggressiv, wenn man sie gegen den Strich
streichelt oder bürstet, da dies unangenehm bis schmerzhaft für sie
ist.
nach Strich und Faden
gründlich, vollständig, ausnahmslos;
aus dem Webergewerbe: Produzierte Ware – insbesondere, wenn einer
der Gesellen sie hergestellt hatte – musste stets durch den Meister
einer Weberei „abgenommen“ werden. Er untersuchte den Stoff dann
ausgesprochen genau, bis auf den kleinsten Strich oder Faden hin.
540
unterm Strichalles zusammengenommen, letztendlich;
der „Strich“ ist der Querstrich am Ende einer schriftlichen Addition, z. B.
auf einer Rechnung; nur die Summe darunter ist relevant.
jemandem einen Strick aus einer Sache drehen
etwas gegen jemanden benutzen;
bezieht sich vermutlich auf den Galgenstrick, zu dem ein Fehltritt oder
eine falsche Aussage für jemanden werden soll.
wenn alle Stricke reißen
wenn alles schiefgeht, wenn der Notfall eintritt;
vermutlich aus der Landwirtschaft: Die abgewandelte Form mit dem
Wort „Stränge“ macht die Herkunft dieser Redensart deutlicher als
die heute üblichere Variante. Gemeint ist ein Fuhrwerk, bei dem die
Stränge am Zuggeschirr der Pferde oder des Viehs reißen. Dies ist das
schlimmstmögliche Ereignis: Die Tiere laufen weg, und der Wagen
stürzt um oder rollt in den Graben.
jemanden an der Strippe haben
jemandem wie man will befehlen können; mit jemandem telefonieren;
diese Redewendung ist heute missverständlich: Ursprünglich war
die „ Strippe“ (regional für „Seil, Schnur“) mit dem „Gängelband“
gleichzusetzen, an dem man jemanden führte. Da „Strippe“
inzwischen auch als Bezeichnung für die Telefonleitung dient, kann
die Redensart auch schlicht telefonieren bedeuten.
leeres Stroh dreschen
eine vergebliche, nutzlose Arbeit tun;
aus der Landwirtschaft: Wenn das Stroh ausgedroschen und leer ist, ist
kein Körnchen mehr darin zu finden; wer dann noch drischt, der macht
541
sich unnütze Arbeit.
Stroh im Kopf haben
dumm sein;
Stroh ist ein sehr billiges Material, das wegen seines geringen
Nährwertes nicht einmal als Tierfutter, sondern lediglich als Streu
geeignet ist – und mit Sicherheit nicht zum Denken.
ein Strohfeuereine flüchtige, rasch wieder vergehende Begeisterung;
da Stroh ebenso rasch verbrennt, wie es sich entzünden lässt, ist das
Bild weit verbreitet; es findet sich sowohl in der Antike als auch in der
Bibel.
der rettende Strohhalmdie letzte Rettung;
die Redensart bezieht sich auf das Sinnbild eines in Not Geratenen,
der zu seiner Rettung selbst einen noch so geringen und wenig Erfolg
versprechenden Halt wie einen Strohhalm wahrnimmt. Wer das Glück
hat, mit einer derart kleinen Hilfe aus seiner Misere zu entkommen,
spricht vom „rettenden Strohhalm“.
sich an jeden Strohhalm klammern
jede kleinste Chance nutzen;
das Bild, das dieser Redewendung zugrunde liegt, ist das eines
Ertrinkenden, der in seiner Not und in Ermangelung einer Planke sich
mithilfe jedes noch so kleinen Holzstückchens über Wasser zu halten
versucht.
Ach du heiliger Strohsack!
Ach herrje! O Gott!
Aus dem Mittelalter: Als die christlichen Gebote noch strikt
542
eingehalten wurden, folgte man auch der Anweisung, den Namen
des Herrn nicht in profanem Kontext auszusprechen. So entstanden
zahlreiche „heilige“ Alternativen wie „heiliger Bimbam“ und eben der
zitierte Strohsack.
eine Strohwitweein Mann, dessen Ehefrau, bzw. eine Frau, deren Ehemann kurzzeitig
abwesend ist;
jemand, dessen Lebenspartner verreist und der deshalb allein ist, ist
deshalb noch nicht gleich ein Witwer. Er kann sich aber durchaus so
fühlen, wenn er allein im Ehebett – das früher in armen Haushalten
mit Stroh gepolstert war – liegt.
gegen den Strom schwimmen
seine eigene, von der Mehrheit abweichende Meinung vertreten;
der „Strom“ ist in diesem Fall die Gesellschaft, die weniger Standhafte
mitreißt und ihnen ihre Ansichten aufzwingt.
Das ist ein starkes Stück!
Das ist das Letzte! Welche Dreistigkeit!
In Redewendungen steht „Stück“ meist nicht für einen Gegenstand,
sondern eine Handlung; die durch das Wort „stark“ noch ironisch
bekräftigt wird.
große Stücke auf jemanden halten
eine hohe Meinung von jemandem haben;
seit dem 17. Jahrhundert belegt: vermutlich von der Wettpraxis
abgeleitet, bei der auf jemanden, auf den man viel hielt, hohe Beträge
(„Stücke“) gesetzt wurden.
an jemandes Stuhl sägen
auf jemandes Entlassung hinarbeiten, ihn seiner Position berauben
543
wollen;
mit „Stuhl“ wird im übertragenen Sinne ein Amt bezeichnet, so in den
Begriffen „Heiliger Stuhl“ für das Amt des Papstes oder Lehrstuhl für
eine Professur. Wer bildlich an dem Stuhl sägt, auf dem ein anderer
sitzt, der möchte denjenigen zu Fall bringen.
jemandem den Stuhl vor die Tür stellen
jemandem die Zusammenarbeit, den Dienst aufkündigen;
aus dem Frühmittelalter: Der in einen Raum bzw. ein Haus gestellte
Stuhl zeigte anderen Interessenten an, dass diese Wohnung bereits
„besessen“ wird, also einen Besitzer hat. Wem der Stuhl vor die Tür
gestellt wurde, dem wurde so die Wohnung gekündigt.
zwischen zwei Stühlen sitzen
auch: sich zwischen zwei Stühle setzen
unentschieden sein;
wie unbequem die Lage von jemandem ist, der sich zwischen
zwei – womöglich gleich wünschenswerten oder auch gleich
unangenehmen – Alternativen nicht entscheiden kann, wird durch
diese Redewendung deutlich gemacht. Eigentlich aber beschreibt sie
etwas Unmögliches: Zwischen zwei Stühlen befindet sich schließlich
keine Sitzfläche.
wissen, was die Stunde geschlagen hat
seine eigene Lage (und deren Unabänderlichkeit) erkennen;
die Redensart bezieht sich auf die Tatsache, dass die von der Uhr
angezeigte Zeit definitiv und nicht zu ändern ist.
Stunk machen
Ärger machen, einen Streit anfangen;
„Stunk“ ist eine nicht mehr gebräuchliche Form für den Gestank, der
544
durch jemanden verbreitet wird, der „Gift und Galle spuckt“.
stur wie ein Esel sein
auch: störrisch wie ein Esel sein
aus dem Tierreich: Der Esel wurde lange Zeit für stur gehalten, da er
bei Gefahr oder in einer für ihn unsicheren Situa tion einfach stehen
bleibt und auch durch Schläge nicht vorwärtsgezwungen werden
kann.
ein Sturm im Wasserglas
große Aufregung um eine Kleinigkeit;
aus dem Altertum: Schon bei Cicero findet sich die Formulierung
„fluctus in simpulo“ (Sturmflut in der Schöpfkelle). Die heutige Form
wurde aus dem Französischen übernommen; der Philosoph und
Staatstheoretiker Montesquieu (1689–1755) bezeichnete einmal
Unruhen im Kleinstaat San Marino als „tempete dans un vere d’eau“.
etwas im Sturm erobern
auch: alle Herzen im Sturm erobern
etwas durch eigene Anstrengung, oft gegen Widerstände, erlangen/
gewinnen;
„erobrigen“ wurde früher vom Adel verwendet, um auszudrücken,
wenn Widerstände überwunden wurden und ein anderer sich
„erobrigt“, durchgesetzt, hatte. Früher wurden Länder, Städte oder
Schlösser oft im Sturm erobert, das bedeutete den schnellen Sieg. Ein
Sturm bringt die Dinge schnell durcheinander – stürmisch werden
nicht nur Ländereien erobert, sondern auch Herzen.
gegen etwas Sturm laufen
gegen etwas vehement protestieren;
aus der Militärsprache: beschreibt einen gewaltsamen Angriff auf eine
545
Festung.
Sturm läuten
an einer Türklingel unaufhörlich schellen;
aus dem Mittelalter: bedeutete durch Schlagen der Glocke das Zeichen
zum Alarm geben, etwa bei Gefahr einer Feuersbrunst oder bei einem
feindlichen Angriff.
jemanden zum Sündenbock machen
jemanden (fälschlich) als den Schuldigen an etwas bezeichnen;
aus der Bibel (Levitikus 16,21): In der jüdischen Religion wird an
Jom Kippur traditionell ein Bock in die Wüste gejagt, auf den zuvor
symbolisch alle Sünden des jüdischen Volkes übertragen worden
waren.
„Es sei nur da, um Sündenbock zu sein, und das sei ihm erleidet, und
jetzt sollte es noch den Melker erhalten.“ (Jeremias Gotthelf, „Uli der
Pächter“)
sein eigenes Süppchen kochen
seine Sache machen, ohne sich mit anderen abzusprechen; auf den
eigenen Vorteil hinarbeiten;
bezieht sich auf die früher in den Großfamilien in riesigen Töpfen für alle
gekochte Suppe. Wer seine eigene Suppe kochte, der distanzierte sich
bewusst von den anderen.
jemandem die Suppe versalzen
auch: jemandem in die Suppe spucken
jemandem schaden, ihm etwas verleiden, seine Pläne vereiteln;
diese aus sich selbst verständliche Redensart bezieht sich wie
viele andere auf das Ungenießbarmachen der früher bei jeder
mehrgängigen Mahlzeit üblichen Suppe durch zu viel Salz.
546
Süßholz raspeln
eine Sache schön reden, sich einschmeicheln;
Süßholz war in früheren Zeiten der Grundstoff zur Herstellung von
Süßwaren (Lakritz) und Arzneien. Als Zucker noch ein rares Gut war,
waren Süßigkeiten entsprechend wertvoll. Jemand, der Süßholz
raspelte, besaß also Zugang zu einer begehrten Leckerei – und konnte
damit andere Menschen leicht um den Finger wickeln.
etwas aufs Tablett bringen
etwas zum Thema machen, ansprechen;
eingedeutschte, umgangssprachlich-inkorrekte Form der
Redewendung „etwas aufs Tapet bringen“.
jemandem etwas auf dem silbernen Tablett servieren
jemandem etwas verlockend präsentieren, jemandem eine Sache
leicht machen;
aus dem 18. Jahrhundert: In jedem wohlhabenden Haushalt war ein
Tablett aus Silber zu finden, auf dem den Gästen von den Dienstboten
Getränke und Gebäck angeboten wurden. Das „silberne Tablett“ wurde
so zu einem Synonym für einen angenehmen, sorgenfreien Lebensstil.
die Tafel aufheben
das Zeichen zur Beendigung der Mahlzeit geben;
aus dem Mittelalter: Damals war die Tischplatte nicht fest installiert,
man legte sie erst bei Beginn des Essens mitsamt den angerichteten
Speisen auf Gestelle und hob sie nach Beendigung der Mahlzeit
wieder an, um sie hinauszutragen.
das Tafelsilber verscherbeln
auch: das Tafelsilber verkaufen; das Tafelsilber verhökern
den wertvollsten Besitz des kurzfristigen Gewinns wegen verkaufen;
547
in vielen gutbürgerlichen Häusern war das silberne Besteck, das nur
für den Empfang von Gästen verwendet wurde (um den eigenen
Reichtum zu zeigen, der vielleicht gar nicht existierte), der wertvollste
Besitz.
ein rabenschwarzer Tagein schlechter Tag, ein Unglückstag;
aus dem Lateinischen: Als „dies ater“ (glanzloser, schwarzer Tag)
wurden Tage bezeichnet, an denen das römische Heer eine schwere
Niederlage erlitt – so z. B. in der Schlacht an der Allia (390 v. Chr.), die
schließlich zur Eroberung Roms durch die Gallier führte.
etwas an den Tag legen
etwas (überraschend) erkennen lassen;
Unbekanntes wird immer mit dem im Dunkeln Liegenden verglichen,
wo hingegen das Bekannte als das am Licht (des Tages, der Sonne)
Befindliche gesehen wird. Die Redensart lässt sich im 18. Jahrhundert
belegen, das vermittelte Bild ist aber wesentlich älter und schon in der
Bibel (Lukas 12,3) und anderen antiken Quellen angelegt.
vor Tau und Tagsehr früh;
diese Redewendung, die der Vorliebe des Volksmunds für Stabreime
entspringt, bezeichnet einen sehr frühen Zeitpunkt: Der Tag beginnt
mit dem Sonnenaufgang, der Taufall tritt bereits einige Stunden zuvor
auf.
etwas zu Tage fördern
auch: etwas zutage fördern
etwas bekannt, publik machen;
aus dem Bergbau: „Tag“ wird redensartlich synonym mit „Licht“
548
verwendet, das wiederum für die allgemeine Kenntnis von einer Sache
steht.
nach jemandes Pfeife tanzenauch: nach jemandes Geige/Flöte tanzen
jemandes Anweisungen befolgen;
aus der Bibel abgeleitet: In Matthäus 11,16–17 heißt es: „Mit wem
soll ich aber dieses Geschlecht vergleichen? Es gleicht den Kindern,
die auf dem Markt sitzen und rufen den andern zu: Wir haben euch
aufgespielt, und ihr wolltet nicht tanzen; wir haben Klagelieder
gesungen, und ihr wolltet nicht weinen.“
wie von der Tarantel gestochen
ganz plötzlich;
die heute als „Wolfsspinne“ bezeichnete Spinnengattung kann zwar sehr
schmerzhaft zubeißen; die ihr früher zugeschriebene tödliche Giftigkeit,
die vor dem Tod zum Veitstanz (eine Nervenkrankheit) führen soll,
entspricht jedoch nicht der Realität.
jemanden in die Tasche stecken
jemanden übertrumpfen, jemandem überlegen sein;
diese Redensart ist in ihrer älteren Form – „jemanden in den
Sack stecken“ – seit dem 15. Jahrhundert belegt und bezog sich
ursprünglich tatsächlich auf das Fesseln und Ruhigstellen einer Person,
indem man ihr einen Sack überstülpte.
eine trübe Tasseein energieloser, langweiliger Mensch;
aus dem Jiddischen: Analog zu „nicht alle Tassen im Schrank“ bezieht
sich die Redewendung nicht auf Geschirr, sondern entwickelte sich
aus dem jiddischen Wort „toscha“ (Verstand).
549
jemanden auf frischer Tat ertappen
jemandem bei verbotenem Tun erwischen;
bereits im 12. Jahrhundert belegt, bezog sich zunächst auf den
Ehebruch. Das Substantiv Tat beschreibt ein tatsächliches Geschehen,
im Gegensatz zu Wort, Wille, Vorsatz oder Rat. Frisch bedeutet hier
neu, gerade erst geschehen.
die weiße TaubeSymbol des Friedens;
aus der Bibel: Schon im Alten Testament begegnet die Taube als
Symbol der Hoffnung und der Versöhnung. Eine der Tauben, die
Noah nach der Sintflut aus der Arche fliegen ließ, kehrte zu ihm mit
einem Ölzweig zurück (Genesis 8,11), damit leitete Gott gleichsam die
Versöhnung mit den Menschen ein. Im Neuen Testament ist die Taube
sichtbares Zeichen des Heiligen Geistes (siehe u. a. Matthäus 3,16).
zugehen wie in einem Taubenschlages herrscht starker Wechsel, ein ständiges Kommen und Gehen;
seit dem 17. Jahrhundert belegt: In einem Taubenschlag, der
Unterkunft von Haus- bzw. Brieftauben, ist immer große Unruhe, da
ständig Vögel hinein- und hinausfliegen.
ein Techtelmechtel haben
eine nur halb geheime Liebesbeziehung pflegen;
die Herkunft auch dieser Redewendung ist nicht geklärt: Eine
Deutungsvariante verweist auf eine Verballhornung des italienischen
Begriffs „teco meco“ (Ich mit dir, du mit mir). Eine andere Variante
verweist auf das jiddische Wort „tacht(i)“, das geheim, verborgen
bedeutet und aus dem ein Reimwort gebildet wurde.
550
einen im Tee haben
angeheitert/betrunken sein;
das harmlose Aufgussgetränk Tee ist nicht gemeint, sondern steht
vermutlich nur an Stelle eines Wortes mit dem Anfangsbuchstaben
„T“ – z. B. Torkel, der oberdeutschen Bezeichnung für einen Weinkelter.
Außerdem könnte sich die Redensart auch auf den im Tee nicht
sichtbaren Schnaps beziehen.
auf dem Teppich bleiben
auch: auf der Matte bleiben
nicht abheben, sachlich bleiben;
sich so verhalten, wie es sich in einem üppig mit Teppichen
ausgestatteten, vornehmen Raum geziemt. Vielleicht leitet sich die
Wendung auch von dem Wort „Tapete“ her, das im 7. Jahrhundert als
Lehnwort ins Deutsche kam.
den roten Teppich ausrollen
jemanden mit großem Aufwand, in allen Ehren empfangen;
diese Redewendung geht auf den bis heute üblichen Brauch zurück,
hohen politischen oder kirchlichen Besuch auf einem roten Teppich zu
empfangen. Der rote Teppich wurde bereits im Mittelalter verwendet:
Er symbolisierte das Recht des hohen Besuchs, selbst das wertvolle
Rot – das sogar als Königsfarbe galt – „mit Füßen zu treten“.
auf Teufel komm raus
auch: auf Deubel komm raus
unbedingt, mit aller Gewalt;
beruht auf dem alten Volksglauben, dass der Mensch durch bestimmte
Handlungen und Worte das Erscheinen des Teufels hervorrufen könne.
Die Redensart ist seit dem 19. Jahrhundert bezeugt.
551
den Teufel mit dem Beelzebub austreiben
ein Übel durch ein noch schlimmeres ersetzen;
aus der Bibel: So schreibt der Evangelist Matthäus (12,24ff.): „[...]
Er treibt die bösen Geister nicht anders aus als durch Beelzebul,
ihren Obersten. [... Jesus antwortet:] Wenn nun der Satan den Satan
austreibt, so muss er mit sich selbst uneins sein; wie kann dann sein
Reich bestehen?“
In der Not frisst der Teufel Fliegen
wenn es sich nicht vermeiden lässt;
bezieht sich auf die Annahme, der Teufel würde sich lieber von den
Seelen, dem Unglück oder anderem der Menschen ernähren – bevor er
verhungert, muss er sich jedoch dazu herablassen, Fliegen zu essen.
jemanden reitet der Teufelauch: jemanden plagt der Teufel
jemand ist bösartig, cholerisch, verrückt;
aus dem Mittelalter: Der Teufel kann nach dem Volksglauben nicht nur
in einen Menschen fahren, sondern als Inkubus „auf jemandem reiten“
und den Betroffenen – ohne dessen Willen – zu bösartigen oder
verrückten Handlungen treiben.
„Entweder wir werden vom Teufel oder von Gott geritten.“ (Martin
Luther)
jemanden vom Thron stoßen
jemanden in seiner Vorrang-/Machtstellung ablösen;
diese selbsterklärende Redensart vergleicht den Menschen, dessen
Position man (gewaltsam) an sich reißt, mit einem König, der um
seinen Thron gebracht wird.
552
ein hohes Tierjemand mit viel Macht/Einfluss/Ansehen;
vergleicht eine mächtige Person mit dem Alphatier eines Rudels
(Leitwolf, -hengst usw.), das großen Einfluss auf das Rudelleben, aber
auch viel Verantwortung hat.
in der Tinte sitzen
in einer Notlage sein;
inhaltlich wie „in der Klemme/der Patsche sitzen“, nimmt diese
Redewendung Bezug auf die unangenehme Eigenschaft der Tinte,
überall anzuhaften und kaum entfernbare Flecken zu hinterlassen.
sich aus der Tinte ziehen
sich aus einer misslichen Lage befreien;
wie in der Redewendung „in der Tinte sitzen“ wird auch hier Bezug
genommen auf die unangenehme Eigenschaft der Tinte, kaum
zu entfernende Flecken zu hinterlassen. Daher wird die „Tinte“ als
Synonym für Pech oder Unglück verwendet.
jemanden über den Tisch ziehen
jemanden betrügen, übervorteilen;
stammt möglicherweise vom Spiel des Fingerhakelns, bei dem die
zwei Gegner ihre abgewinkelten Mittelfinger ineinanderhaken und
versuchen, den anderen über den Tisch zu sich heranzuziehen. Allerdings
ist dieser Brauch nur in der Alpenregion zu finden.
reinen Tisch machen
etwas erledigen, beenden; etwas ordnen;
stammt von Ovids Ausdruck „tabula rasa“, das mit „leere Tafel“
übersetzt werden kann. „Tafel“ wurde als Anspielung auf die Festtafel,
den Tisch verstanden, bezeichnete aber eigentlich Schreibtafeln, die
553
gelöscht werden mussten, bevor man etwas Neues aufschreiben
konnte.
einen Toast ausbringen
auch: einen Toast aussprechen
einen Trinkspruch aussprechen;
aus England: Im 19. Jahrhundert war es in vornehmen englischen
Häusern üblich, zum Wein ein Stück geröstetes Weißbrot zu servieren,
das in den Wein gelegt wurde. Wer den Toast ausbrachte, der forderte
zum Trinken auf. Nach einer anderen Erklärung entstand die Redensart
bereits im Mittelalter, als man geröstetes Brot zum Erwärmen des
Weins in den Becher legte und, nachdem man diesen geleert hatte,
das weingetränkte Brot als Zeichen der Ehrerbietung der Gastgeberin
anbot. Da diese zumeist ablehnte, wurde daraus schließlich eine
Redensart.
ein Tohuwabohuein großes Durcheinander;
aus dem Hebräischen: Im 1. Buch Mose im Alten Testament wird
der Zustand der Erde als „wüst und leer“ beschrieben. Dies ist eine
Übersetzung des Ausdrucks „Tohu wa bohu“ (eigentlich: Dunkelheit
und Abgrund) aus dem hebräischen Original.
toi, toi, toiViel Glück!
Früher galt spucken nicht als Zeichen der Verachtung, sondern als
Unheil bannend – wer dreimal ausspuckte, der war vor bösen Geistern
sicher. Aber irgendwann galt spucken als unfein, und aus dem
Geräusch des Spuckens entwickelte sich lautmalerisch „toi, toi, toi“.
Nach einer anderen Erklärung geht die Redensart auf die dreimalige
verkürzte Nennung des Teufels zurück.
554
zugehen wie im Tollhausverrückt, chaotisch zugehen;
„Tollhaus“ ist die frühere Form der heutigen Nervenheilanstalt.
Behinderte und Menschen mit Nervenleiden, Psychosen und jeder
anderen Art psychischer Störung wurden hier von der Außenwelt
abgeschottet untergebracht und oft nur schlecht versorgt, was die
Probleme dieser Menschen noch verstärkte.
ein Tollpatsch sein
ungeschickt, schwerfällig sein;
aus dem Ungarischen: Der „Tollpatsch“ ist eine Verballhornung des
Begriffs „talpas“ für die ungarischen Soldaten des 17. Jahrhunderts.
Dieser wiederum entstand aus ungarisch „talp“ (Sohle), da ein
Merkmal der Uniform die dicken Sohlen der Stiefel waren. Diese waren
robust und stabil, ließen jedoch keinen besonders eleganten Gang zu.
Tomaten auf den Augen haben
etwas Offensichtliches nicht sehen;
die sprichwörtlichen „Tomaten“ symbolisieren vor allem die Farbe Rot
– die Färbung, die das Weiß im Auge annimmt, wenn man sehr müde
ist und kaum noch etwas von seiner Umwelt wahrnimmt.
große Töne spucken
auch: dicke Töne spucken
die Redensart ist noch relativ jung und bezeichnet Prahler, die sich
verbal besser darstellen wollen, als sie sind. Jemand, der großspurige
Versprechen macht und sie nicht halten kann, „spuckt große Töne“.
jemanden in den höchsten Tönen loben
jemanden sehr loben;
„hoch“ und „groß“ werden in vielen Redensarten synonym gebraucht,
555
sodass die se Redewendung eigentlich „eine Person umfangreich, mit
vielen Worten loben“ bedeutet.
wie Topf und Deckel zusammenpassen
sehr gut zusammenpassen;
diese Redensart aus dem Bereich Küchengeräte wird hauptsächlich
für sehr gut harmonierende Liebespaare verwendet, bei denen einer
ohne den anderen so nutzlos wirkt wie ein Deckel ohne Topf.
etwas torpedierenetwas gezielt bekämpfen und zu verhindern suchen;
aus dem 19. Jahrhundert: „Torpedo“ als Bezeichnung für eine
Unterwasserwaffe leitet sich von einer im Deutschen Zitterrochen
genannten Fischgattung ab. Diese haben ihren Namen vom lateinischen
Wort „torpere“ (erstarren lassen), weil sie andere Meeresbewohner
mittels eines elektrischen Schlages lähmen können. Seit dem Ende
des 19. Jahrhunderts wird „torpedieren“ auch im übertragenen Sinne
verwendet.
Torschlusspanik haben
Angst haben, nichts (meist: keinen Partner) mehr abzubekommen;
aus dem Mittelalter: In mittelalterlichen Städten wurden abends aus
Sicherheitsgründen die schweren hölzernen Stadttore verschlossen.
Wer zu spät zurückkehrte oder als Reisender zu spät ankam, stand
vor verschlossenen Türen – und befand sich damit in akuter Gefahr,
überfallen zu werden. Deshalb lief man bei Einbruch der Dunkelheit
in Torschlusspanik zur Stadt.
jemanden auf Trab halten
jemanden ständig beschäftigt halten;
aus der Reiterei: Der Trab ist die „Reisegangart“ des Reitpferdes,
556
wenn längere Strecken in relativ hohem Tempo zurückgelegt werden
müssen, da er weniger ermüdet als der Galopp; allerdings muss ein
faules oder müdes Pferd durch ständiges Treiben im Trab gehalten
werden.
mit einer Träne im Knopfloch
gerührt;
verkürzt aus „jemandem mit einer Träne im Knopfloch und einer Nelke
im Auge danken“, einer durch Verdrehung scherzhaft oder spöttisch
klingenden Beschreibung für den gerührten Dank einer Person.
ein Treppenwitzaus dem 19. Jahrhundert: Den Treppenwitz kennt jeder Mensch
aus eigener Erfahrung. Es ist jene treffende, witzige oder gesalzene
Antwort, die einem leider zu spät eingefallen ist – nämlich beim
Verlassen der Szenerie, „auf der Treppe“. Die Wendung „Treppenwitz
der (Welt-)Geschichte“ bezieht sich auf eine gleichnamige
Veröffentlichung aus dem Jahre 1882.
Trick siebzehn
ungewöhnlicher, origineller Weg zu einer Problemlösung;
es gibt mehrere Erklärungen der Herkunft, die jedoch alle umstritten
sind: Am häufigsten findet sich der Verweis auf das englische
Kartenspiel Whist, bei dem „17“ eine besondere Gewinnzahl gewesen
sein soll; diese Regel ist jedoch nicht mehr erhalten.
Trübsal blasen
deprimiert sein;
es existieren zwei Deutungsvarianten: Das Verb „blasen“ bezieht
sich möglicherweise auf die in manchen Regionen übliche
Blasmusikbegleitung eines Trauerzuges; es kann aber auch mit
557
dem Luftausstoß beim wiederholten Seufzen, wie es bei traurigen
Menschen üblich ist, zusammenhängen.
auf die Tube drücken
schneller machen;
aus dem Englischen: „Choke tube“ ist die Vergaserdüse des
Verbrennungsmotors. In der Umgangssprache hat sich die Kurzform
Tube als Wortersatz für Gas durchgesetzt. Somit heißt „auf die Tube
drücken“ nichts anderes, als „auf das Gaspedal zu drücken“ und eine
Maschine zu beschleunigen.
auf Tuchfühlung gehen
mit jemandem Körperkontakt aufnehmen, jemandem sehr nahe
kommen;
aus dem Militär: Im 19. Jahrhundert bezeichnete dieser Ausdruck eine
bestimmte Anordnung beim Marschieren: Die Soldaten gingen so
dicht nebeneinander, dass sich ihre Ärmelaußenseiten berührten.
mit der Tücke des Objekts kämpfen
Schwierigkeiten bei der Bedienung eines Gerätes haben;
seit dem 19. Jahrhundert belegt: Diese Redewendung sucht die
Schuld an Bedienungsproblemen eines technischen Gerätes – wie sie
bereits bei den technischen Errungenschaften des 19. Jahrhunderts
auftraten – nicht beim Bediener, sondern beim Gerät selbst.
in Tüdel kommen
sich irren;
aus dem Plattdeutschen: Das plattdeutsche „Tüdelband“ ist ein
Bindfaden; die plattdeutsche Variante der Redensart, „in’n Tüdel
koomm“ heißt zunächst „durcheinander kommen“, was sich
ursprünglich vermutlich auf das Verheddern eines Bindfadens bezog.
558
aus der Not eine Tugend machen
eine eigentlich schlimme Situation aufs Beste nutzen;
bereits im 4. Jahrhundert belegt: Kirchenvater Hieronymus
verwendete diese Redensart allerdings noch auf Lateinisch: „Facis
de necessitate virtutem.“ Wie viele Wendungen, die in lateinischer
Sprache existieren, fand auch diese Verbreitung in zahlreichen
Sprachen des europäischen Raumes und ist heute u. a. in Frankreich
und England zu finden.
einer Sache Tür und Tor öffnen
einer Sache ungehinderten Zugang ermöglichen;
das mitteldeutsche Haus verbindet Wohnhaus mit Scheune. Es
zeichnet sich so durch eine Tür für den Menschen neben einem Tor für
das Großvieh aus. Ist beides geöffnet ist es ein Leichtes, sich Zutritt zu
verschaffen.
zwischen Tür und Angel
im Vorbeigehen, flüchtig;
die „Angel“, das Verbindungsscharnier zwischen Türblatt und
Türrahmen, steht in diesem Sprichwort für den gesamten Rahmen.
Wenn jemandem etwas „zwischen Tür und Angel“ gesagt wird oder
er etwas dort tut, bedeutet dies, dass er die Tür bereits geöffnet hat
und unter den Türsturz getreten ist, den Raum also schon beinahe
verlassen hat. Ausführliche Gespräche oder penibles Arbeiten sind in
dieser Position, halb in der Wohnung und halb auf dem Gang, nicht
mehr möglich.
von Tuten und Blasen keine Ahnung haben
nicht das Geringste von etwas verstehen;
aus dem Mittelalter: Tuten und Blasen waren die Hauptaufgaben
des Nachtwächters, einer der am schlechtesten angesehenen und
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bezahlten Berufe des Mittelalters. Wer nicht einmal für diese Aufgabe
taugte, der musste besonders dumm sein. Seit dem 16. Jahrhundert
lässt sich die Wendung auch redensartlich belegen.
ein notwendiges Übeleine unangenehme, aber unvermeidbare Sache;
aus der Antike: bezog sich zunächst ausschließlich auf das Heiraten
bzw. die Frau. Der Komödiendichter Menander (342–293 v. Chr.)
schrieb: „Heiraten ist, wenn man es bei Licht besieht, ein Übel, aber ein
notwendiges Übel.“
vom anderen Ufer sein
homosexuell sein;
bezieht sich darauf, dass Homosexuelle den Heterosexuellen zwar
ähnlich sind – sie stehen, im Sinne dieser Redewendung, am selben
Fluss –, bestimmte Dinge jedoch aus einer anderen Perspektive sehen.
den heiligen Ulrich anrufen
sich erbrechen;
seit dem 16. Jahrhundert belegt; hat nichts mit dem gleichnamigen
Heiligen zu tun, sondern bezieht sich auf den Gleichklang von „Ulr“
mit dem Laut, den ein Erbrechender von sich gibt.
die Hände in Unschuld waschen
versichern, unschuldig an etwas zu sein, mit etwas nichts zu tun zu
haben;
aus der Bibel: An mehreren Stellen der Bibel findet sich diese
Redewendung. Im 5. Buch Mose 21,6 wird auf den jüdischen Brauch
des Händewaschens bei Gericht verwiesen, der für die Anwesenden
die Unschuld des Angeklagten symbolisieren soll. Bekannt wurde diese
Redewendung aber vor allem durch Pontius Pilatus’ Verhalten vor der
560
Kreuzigung Jesu. Der Statthalter Judäas, der die Verurteilung absegnen
musste, „nahm Wasser und wusch sich die Hände vor dem Volk und
sprach: Ich bin unschuldig an seinem Blut; seht ihr zu!“
etwas unterminierenin einem allmählichen (heimlichen) Prozess bewirken, dass etwas
zerstört, abgebaut wird;
aus der Militärsprache: Das Wort Mine für eine Explosionswaffe leitet
sich von den unter die Stellung des Gegners in die Erde gegrabenen
Gängen her, die mit Pulver gefüllt und zur Explosion gebracht wurden.
ein UriasbriefBrief, der dem Überbringer Unheil bringt;
aus der Bibel: Uria diente als Söldner im Heer des Königs David. Der
König verliebt sich in dessen Frau Batseba und versuchte vergeblich,
den treuen Krieger töten zu lassen. Da schickte er ihn mit einem
Brief zum obersten Feldherrn Joab, in dem er den Befehl gab, Uria an
vorderster Front einzusetzen – dieser wurde wie beabsichtigt getötet,
seine Frau damit frei für den König, doch die Strafe Gottes ließ nicht
lange auf sich warten (2. Buch Samuel 11–12).
fröhliche Urständ feiern
etwas Vergessenes oder überstanden Geglaubtes wieder aufleben
lassen;
aus dem Althochdeutschen: „Urständ“ kommt vom althochdeutschen
„ urstenti“ für Auferstehung und wurde in dieser Bedeutung bis ins
17. Jahrhundert hinein verwendet.
ein salomonisches Urteileine weise Entscheidung;
aus der Bibel (1 Könige 3,16–28): Als zwei Frauen mit einem lebenden
561
und einem gestorbenen Kind zum König von Israel und Juda kamen
und beide behaupteten, das Kind der anderen sei gestorben, ihres
lebte, ordnete Salomo die Zweiteilung des lebenden Kindes an, damit
jede Frau die Hälfte habe. Die Frau, die einlenkte, damit das Kind am
Leben bliebe, sah er als die wahre Mutter an und gab ihr das Kind.
jemanden veräppelnjemanden auf den Arm nehmen;
in einigen Regionen werden Äpfel bis heute „Äppel“ genannt. Früher
wurden faulende Äpfel auf Menschen geworfen, um Verachtung
auszudrücken oder jemandem einen Streich zu spielen. Auch heute
noch zeugt das „Veräppeln“ einer Person davon, dass man nicht allzu
viel von ihr hält.
etwas verballhornenverschlimmbessern; (einen Text, Ausspruch) entstellend wiedergeben;
aus dem 17. Jahrhundert: Der Ausdruck bezieht sich auf den Lübecker
Buchdrucker Johann Bal(l)horn. Er veröffentlichte 1586 eine durch
zwei Juristen „verbesserte“ und dadurch unzulässig abgewandelte
Fassung des Lübischen Stadtrechts. Dieses wurde in über 100 Städten
Norddeutschlands praktiziert.
sich verfranzenauch: sich verfransen
sich verirren, den richtigen Weg verlieren;
aus der Fliegersprache: Im Ersten Weltkrieg gab es feste Spitznamen
für die Besatzung der Bomber: „Emil“ war der Pilot, „Franz“ der Kopilot.
Letzterer war für die Navigation zuständig. Irrte er sich und das
Flugzeug kam von der Route ab, so „verfranzte“ es sich.
562
sich verhaspelnbeim Sprechen durcheinanderkommen;
aus dem Handwerk: Eine Haspel ist jede Form einer Rolle oder Winde,
auf die ein Draht, eine Schnur, ein Kabel u. Ä. aufgewickelt wird.
Wenn man sich „verhaspelt“, gerät in die Schnur bzw. die Kette der
Argumentation ein Knoten hinein.
jemanden am ausgestreckten Arm verhungern lassen
jemanden im Stich lassen, jemandem nicht helfen;
der ausgestreckte Arm bezieht sich auf das unerbittliche Wahren
des Abstandes; man lässt jemanden und sein Unglück nicht an sich
herankommen.
etwas verhunzenetwas verderben;
geht auf das Wort „Hund“ als Schimpfwort zurück; etwas wird also „auf
den Hund gebracht“; die ursprüngliche Schreibung lautete vermutlich
„verhundsen“.
etwas nicht verknusen können
etwas nicht leiden können;
aus dem Niederdeutschen: „Knusen“ oder „verknusen“ bedeutet so viel
wie kauen, herunterbringen, verdauen; was man „nicht verknusen“
kann, schlägt einem also auf den Magen.
etwas vermasselndurch einen Fehler etwas zum Scheitern bringen;
aus dem Jiddischen: „Mazel“ ist das jiddische Wort für „Glück“, das
in der Gauner sprache Rotwelsch aufgegriffen wurde; wer etwas
„vermasselt“ hat, hat sein Glück verspielt.
563
vernagelt sein
begriffsstutzig, verbohrt sein;
aus dem Schmiedehandwerk: Schlägt ein Schmied einen der Nägel,
die das Hufeisen am Huf des Pferdes halten, falsch ein, verletzt es das
„Leben“ im Inneren des Hufes – das Pferd wurde „vernagelt“.
verraten und verkauft sein
ohne Hoffnung, ohne Sicherheit sein; betrogen worden sein;
seit dem 17. Jahrhundert belegt: Die Redensart beschreibt einen
Zustand völligen Ausgeliefertseins und findet sich bereits in
Grimmelshausens „Simplicissimus“: „Ein gebohrner ehrlicher Teutscher
weiß alsdann nicht, ob er verrathen oder verkaufft [...].“
in jemanden verschossen sein
in jemanden verliebt sein;
der Zusammenhang zwischen Liebe und dem Schießen geht auf
die römische Mytho logie zurück. Der Liebesgott Amor beschießt die
Menschen mit seinen Pfeilen. Und wer sich verliebt, der wurde von
einem Pfeil Amors getroffen.
das Blaue vom Himmel versprechenunhaltbare Versprechungen machen;
das „Blaue“ am Himmel entsteht durch die Streuung des Sonnenlichts
in der Atmos phäre. Es vom Himmel herunterzuholen ist schlicht
unmöglich.
etwas verzapfenetwas anstellen;
bezieht sich auf das fehlerhafte Einschlagen des Zapfens in das Fass,
sodass der teure Inhalt (Bier, Wein) verdorben oder verschüttet wird.
564
sich verzettelnsich mit zu vielen Dingen gleichzeitig beschäftigen und deshalb nicht
vorankommen;
aus dem Althochdeutschen: Die Redensart hat nichts mit dem
Zettel im Sinne von Notizpapier zu tun, sondern stammt vom
althochdeutschen Wort „zetten“ (ausbreiten, verstreuen). Eine andere
Erklärung verweist auf die Webersprache, in der „zette(l)n“ einen
Arbeitsgang beim Aufspannen der Kettfäden bezeichnet.
einen Vogel haben
auch: eine Meise haben; einen Piepmatz haben
verrückt sein, Unsinniges tun;
aus dem mittelalterlichen Volksglauben: Geistesgestörtheit jeder
Form wurde früher darauf zurückgeführt, dass Vögel im Gehirn des
Betroffenen brüten würden. Bei einem Verrückten – oder jemandem,
der Verrücktes tut – „piept es“ daher auch zuweilen.
jemandem einen Vogel zeigen
jemandem zeigen, dass er nicht recht bei Verstand sei;
aus dem Mittelalter: leitet sich wie die Wendung „einen Vogel haben“
von der aus dem Volksglauben stammenden Vorstellung her, dass Vögel
im Kopf nisten und den Verstand des Betroffenen beeinträchtigen,
worauf man ihn mit dem Fingerzeig hinweist.
etwas auf Vordermann bringen
gründlich aufräumen, in ordentlichen Zustand bringen;
aus dem Militär: Bei militärischen Defilees wurde die Reihe der stramm
stehenden Soldaten „auf Vordermann gebracht“, d. h. die hinteren
Reihen orientierten sich am vorn stehenden Soldaten, um die Reihen
exakt auszurichten.
565
von vorne bis hinten nicht reichen
auch: vorne und hinten nicht reichen
viel zu wenig sein/haben;
„vorne und hinten“ meint nicht nur die Enden einer Sache, sondern
die gesamte Sache; wer also „vorne und hinten nicht genug“ hat, dem
fehlt es überall.
Vorschusslorbeeren ernten
für eine noch nicht erbrachte Leistung gelobt oder gefeiert werden;
die Zweige des Lorbeerstrauches dienten, zum Kranz geflochten, schon
in der Antike der Würdigung besonderer Leistungen. Wer sie im Voraus
erhält, sollte es vermeiden, „sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen“.
ein Tanz auf dem Vulkanauch: auf dem Vulkan tanzen
gefährlich leben, ohne das Risiko wahrzunehmen;
bezieht sich auf die ständige Gefahr einer vernichtenden Eruption,
wenn man sich in der Nähe eines aktiven Vulkans aufhält.
in die Waagschale fallen
Gewicht haben, entscheidend sein;
verwendet das Bild der Waage mit zwei Schalen; in einer liegt der zu
wiegende Gegenstand, in die andere wird die entsprechende Menge
an Gewichten gelegt.
die Waffen strecken
aufgeben, sich geschlagen geben, kapitulieren;
wenn der Gegner in einem Zweikampf die Waffe weit von sich streckt
oder gar ganz zu Boden legt, dann kann man davon ausgehen, dass er
seine drohende Niederlage erkannt hat und aufgibt.
566
die Wahl haben zwischen Pest und Cholera
sich zwischen zwei gleich großen Übeln entscheiden müssen;
während Europa schon im Mittelalter von großen Pestepidemien
gebeutelt wurde, wurde die Cholera erst im 19. Jahrhundert aus
Indien eingeschleppt. Beide Krankheiten sind hochansteckend und
forderten zahlreiche Todesopfer.
gegen jemanden ein Waisenkind sein
harmlos im Vergleich zu jemandem sein;
„Waise“ steht in Redensarten stets für eine Person, der etwas (ein
Charakterzug, eine Eigenschaft etc.) fehlt.
den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen
etwas Offensichtliches übersehen;
wer zu viele Informationen erhält oder auf wen zu viele Eindrücke
einstürmen, der erkennt manchmal das Gesuchte nicht mehr, selbst
wenn es direkt vor ihm liegt. Ähnlich geht es einem Menschen, der
nach dem Weg zum Wald fragt, während er zwischen lauter Bäumen
umherirrt.
auf die Walz gehen
auf Wanderschaft sein;
aus dem Handwerk: Die Walz war die im Mittelalter und weit darüber
hinaus vorgeschriebene Wanderzeit der Handwerksburschen.
Der Begriff geht auf das althochdeut sche „walzan“ (sich drehen,
fortbewegen) zurück. Auf dieselbe Wurzel lässt sich auch das Wort
„Walzer“ zurückführen.
gegen eine Wand anrennen
jemanden mit einer eisernen Meinung von etwas anderem
überzeugen wollen;
567
wer gegen eine Wand bzw. Mauer anrennt, wird in der Regel
schmerzhaft davon zurückprallen. Genauso ergeht es denjenigen,
die jemanden mit einer nicht zu verändernden Meinung von etwas
anderem überzeugen wollen.
sich gegen etwas wappnenauf etwas vorbereitet sein, mit einer Rüstung, einer Waffe versehen,
ausrüsten;
„Wappnen“ ist eine seit dem 12. Jahrhundert bekannte,
wahrscheinlich aus dem Mittelhochdeutschen stammende
Nebenform von „Waffnen“.
Warten auf Godot
auch: auf Godot warten
Warten auf etwas, das nie eintreffen wird;
die Handlung des gleichnamigen Theaterstückes von Samuel Beckett
(1952 veröffent licht) besteht aus dem Warten zweier Landstreicher
auf eine Person namens Godot. Im Laufe des Stücks wird deutlich,
dass Godot nicht auftauchen wird; damit steht der Titel für jede Form
vergeblichen Wartens.
schmutzige Wäsche waschen
über die Fehler anderer lästern;
die Wäsche einer Person ist sehr persönlich und intim, da Flecken
darauf einiges über ihr Privatleben verraten.
auch nur mit Wasser kochen
auch nur mit üblichen Mitteln arbeiten, keine Zauberei betreiben;
dem Betreffenden stehen zur Zubereitung auch nur die üblichen Mittel
zur Verfügung, trotz aller möglicherweise besonderen Zutaten ist die
Grundlage immer noch die allseits übliche. In manchen Regionen wird
568
die Wendung auch scherzhaft als Entschuldigung für ein kärgliches
Mahl verwendet.
das Wasser bis zum Hals stehen haben
sich in höchster Not befinden;
aus dem 17. Jahrhundert: Wem das Wasser schon bis zum Hals steht, der
wird, so er nicht schwimmen kann, bald ertrinken.
jemandem das Wasser abgraben
jemandem die Existenz vernichten, das Geschäft verderben;
leitet sich vermutlich von der Wasser mühle ab: Grub der neidische
Nachbar einen Graben und leitete den die Mühle antreibenden Bach ab,
bedeutete das für den Müller den Ruin. Eine andere Erklärung bezieht
sich auf den Belagerungszustand einer Burg, die leichter angreifbar wird,
wenn der umgebende Wassergraben „abgegraben“ wird.
jemandem das Wasser reichen können
mit jemandem gleichziehen können, gleichwertig sein;
aus dem Mittelalter: Da bei mittelalterli chen Tafelrunden mit
den Fingern gegessen wurde, wurden nach der Mahlzeit kleine
Wasserschalen zur Reinigung der Hände gereicht. Dabei kamen die
Bediensteten nah an die Adligen – eine Aufgabe, die also nicht jedem
zugetraut wurde. Wer in der Hierarchie der Diener sehr weit unten stand,
erhielt nicht die Erlaubnis, den Herren die Wasserschale anzubieten.
jemandem eine Handbreit Wasser unter dem Kiel wünschen
jemandem Glück wünschen;
aus der Seefahrt: Die sprichwörtliche „Hand breit“ unter dem Kiel ist das
Minimum, das ein Schiff bei ruhiger See benötigt. Fehlt die se Handbreit,
sitzt es in einer Untiefe auf oder schlägt an einem Riff leck.
569
jemanden ins kalte Wasser werfen
jemanden ohne Vorbereitung mit einer Situation konfrontieren;
beschreibt die Empfindungen des anderen, der sich einer nicht
vorhersehbaren bzw. ungeplanten Situation gegenübersieht, sodass
ihm – ähnlich einem Sprung in kaltes Wasser – „die Luft wegbleibt“.
Rotz und Wasser heulen
unaufhörlich weinen, nicht aufhören können;
belegt seit Mitte des 19. Jahrhunderts: Insbesondere Kinder
weinen oft so heftig, dass sie dabei nicht nur Tränen, sondern auch
Nasenschleim absondern.
sich über Wasser halten
sich nur mühsam vor dem (wirtschaftlichen) Untergang retten;
seit dem 18. Jahrhundert belegt: Die bildliche Redensart bezieht sich
wohl auf einen schlechten Schwimmer, der sich nur mit Mühe davor
bewahren kann zu ertrinken.
Wasser auf die Mühlen von jemandem gießen
jemandem einen Vorteil verschaffen, jemanden unterstützen;
bezieht sich auf die Mühle, in der ein Mahlwerk durch Wasserkraft
betrieben wird; es läuft schneller und gleichmäßiger, je mehr Wasser
auf das Mühlrad trifft.
Wasser in den Wein gießen
jemandes Enthusiasmus für etwas dämpfen, den Spaß verderben;
jeder Weinliebhaber weiß, wie leicht man den besten Wein durch das
„Strecken“ mit Wasser untrinkbar machen kann. Die Redewendung
existiert auch im Französischen; in welcher Sprache sie zuerst
entstand, ist nicht mehr nachvollziehbar.
570
Wasser ins Meer tragen
etwas völlig Sinnloses, Überflüssiges tun;
wie viele andere Redensarten im Zusammenhang mit dem Meer hat
auch diese ihren Ursprung wohl in der Seemannssprache. Schon bei
Ovid findet sich die Wendung „aquas in mare fundere“.
Wasser mit einem Sieb schöpfen
auch: mit einem Sieb Wasser schöpfen
sich vergeblich bemühen, etwas Aussichtsloses tun;
abgeleitet vielleicht von der griechischen Sage der Danaiden, die
als Strafe für die Ermordung ihrer Männer in der Unterwelt dazu
verdammt wurden, Wasser in ein löchriges Fass zu schöpfen.
Wasser predigen und Wein trinken
auch: öffentlich Wasser predigen und heimlich Wein trinken
ein Heuchler sein;
diese Redensart erzeugt umgehend Asso ziationen zum kirchlichen
Umfeld und bezieht sich vermutlich tatsächlich auf Seelsorger, die von
ihrer Gemeinde ein enthaltsames Leben fordern, sich selbst aber alle
irdischen Genüsse erlauben.
aussehen, als ob man kein Wässerchen trüben könnte
harmlos aussehen;
geht wohl auf die Äsop’sche Fabel „Das Lamm und der Wolf“ zurück,
in der der Wolf das Lamm frisst, sich zu seiner Rechtfertigung aber
der Ausrede bedient, es habe ihm das Wasser getrübt, das er gerade
trinken wollte.
ein wasserdichtes Alibi
auch: ein wasserdichtes Argument
ein unwiderlegbares Alibi/Argument;
571
wenn etwas redensartlich wasserdicht ist, dann wird es auch dem
stärksten Sturm standhalten und nicht untergehen.
mit allen Wassern gewaschen sein
gerissen, gewitzt, schlau sein;
aus der Seefahrt: Seeleute, die bereits auf zahlreichen Schiffen
angeheuert worden waren und auf allen Weltmeeren unterwegs
gewesen waren, waren mit dem Wasser des Pazifiks, des Atlantiks
und des Indischen Ozeans in Berührung gekommen – also „mit allen
Wassern“ der Erde.
jemandem auf den Wecker gehen
jemandem sehr auf die Nerven fallen;
es gibt zwei Erklärungsvarianten: zum einen die Gleichsetzung des
Verstandes bzw. Gehirns mit dem präzise laufenden Uhrwerk, das
durch eine bestimmte Person gestört wird; zum anderen wird auf das
jiddische Wort „weochar“ verwiesen, das für sich schon „er nervt mich“
bedeutet und im Laufe der Zeit „eingedeutscht“ und in einen ganzen
Satz eingebunden wurde.
jemandem Rosen auf den Weg streuen
jemanden bevorzugen; jemanden umgarnen;
Rosen sind die Blumen der Anbetung, und ihre traditionelle Farbe,
ein zartes Rosa, bewirkt, dass man sich beim Gehen über einen
rosenbestreuten Weg „wie auf Wolken“ fühlt.
jemandem Steine in den Weg legen
jemandem Schwierigkeiten bereiten, ihn zu Fall bringen wollen;
Steine können schon in ihrer kleinsten Form als Kieselsteine
Schwierigkeiten beim Gehen bereiten. Wer daher absichtlich
jemandem größere Steine in den Weg legt, sorgt dafür, dass derjenige
572
seinen Weg nur schwerlich fortsetzen kann.
„Ich streich im an seyn hossen dreck / Und leit im heimlich steyn an
wegk.“ (Thomas Murner, Schelmenzunft)
jemanden weich klopfenjemanden durch langes Zureden zu etwas bringen;
vergleicht einen Menschen, der durch Wiederholen der Argumente
langsam dazu gebracht wird, etwas Bestimmtes zu tun, mit einem
Schnitzel, das ebenfalls lange geklopft werden muss, um genießbar zu
sein.
ein Gefühl wie Weihnachten und Ostern zusammen
ein ganz besonders guter Tag, ein einmaliges Geschenk;
bei einem Geschenk oder Ereignis, das jemand so bezeichnet, ging der
Sprecher eigentlich aus, dass es eintreten würde – so wie Weihnachten
und Ostern nie am selben Tag stattfinden werden.
jemanden ausnehmen wie eine Weihnachtsgansjemanden mit List um sein Geld bringen, ausbeuten;
der christliche Brauch, eine Gans zu Weihnachten (am 25.12.) zu
servieren, beendete die früher übliche vorweihnachtliche Fastenzeit.
Die Gans muss vor dem Braten ausgenommen, d. h. von den nicht
genießbaren Innereien entleert werden.
alter Wein in neuen Schläuchen
Altbekanntes in neuer Verpackung;
abgeleitet aus der Bibel: Dort war freilich die Rede von neuem Wein in
alten Schläuchen: „Man füllt auch nicht neuen Wein in alte Schläuche;
sonst zerreißen die Schläuche, und der Wein wird verschüttet, und
die Schläuche verderben. Sondern man füllt neuen Wein in neue
Schläuche, so bleiben beide miteinander erhalten.“ (Matthäus 9,17)
573
jemandem reinen Wein einschenken
auch: jemandem klaren Wein einschenken
jemandem die ganze Wahrheit sagen;
seit dem 18. Jahrhundert belegt: davor u. a. als „reines
Bier einschenken“ zu finden. Die Klarheit des Weins ist ein
Qualitätsmerkmal und zeigte früher an, dass nichts untergemischt
wurde und der Wein korrekt gelagert worden war.
die Weisheit nicht mit Löffeln gegessen haben
nicht besonders klug oder weise sein;
seit dem 17. Jahrhundert belegt: Diese Redewendung entstand
zunächst ohne Verneinung und war als spöttische Bemerkung über
jemanden, der sich für besonders klug hielt, gedacht. Dieser meinte
vielleicht, man könnte die Weisheit einfach und schnell zu sich
nehmen, wie eine Suppe, die man rasch auslöffelt.
jemanden zur Weißglut bringen
jemanden sehr wütend machen;
Metall verändert beim Erhitzen je nach Temperatur die Farbe; ein
weißes Glühen wird bei den höchsten Temperaturen ab 1500° C
erreicht. Wenn jemand sehr wütend wird, so „kocht das Blut in seinen
Adern“, bei noch größerem Zorn vielleicht sogar bis zur Weißglut.
hohe Wellen schlagen
deutliche Auswirkungen haben;
ein kleiner ins Wasser geworfener Stein zieht nur kleine Kreise – ein
massiver Felsbrocken, der ins Meer stürzt, hat bereits größere Wellen
zur Folge.
auf gleicher Wellenlänge sein
sich sympathisch finden, gut miteinander können;
574
aus der Technik: Im Funkbereich können Sender und Empfänger nur
miteinander in Kontakt treten und Informationen austauschen, wenn
sie „auf derselben Wellenlänge“ sind, d. h. kein Gangunterschied und
keine unterschiedliche Amplitude auftreten. Dieses Bild wurde auf
den zwischenmenschlichen Bereich übertragen. Wenn zwei Personen
eine ähnliche Weltsicht haben, sich ähnlich ausdrücken oder einige
Interessen teilen, dann sind – oder „schwingen“ – sie auf gleicher
Wellenlänge.
dort ist die Welt mit Brettern vernagelt
es geht nicht mehr weiter, das ist das Ende;
aus der Literatur: geht auf eine Lügengeschichte aus der
„Ethnographia Mundi“ des Johannes Olorinus Variscus von 1608
zurück. Variscus berichtet, wie jemand ans Ende der Welt kam und
dort alles mit Brettern vernagelt vorgefunden hat.
ein Wendehals sein
jemand, der seine Meinung den Verhältnissen anpasst;
der Wendehals ist eigentlich ein europäischer Spechtvogel; sein Name
beschreibt aber auch sehr anschaulich einen Menschen, der sich wie
ein Fähnchen im Wind nach der herrschenden Meinung dreht (v. a. für
DDR-Bürger verwendet).
die Werbetrommel für etwas rühren
etwas mit viel Werbung vermarkten;
aus der Soldatensprache: Die Redensart entstand im 17. Jahrhundert
und bezieht sich auf das Trommeln vor der Musterungs stelle, um
Freiwillige für den Kriegsdienst anzulocken, also zu werben.
in ein Wespennest stechen
großen Aufruhr verursachen;
575
aus dem Tierreich: Wespen, die mit ihren Stichen selbst große Tiere
töten können, reagieren äußerst aggressiv auf eine Zerstörung ihres
Nestes. Da sich dieses oft gut versteckt z. B. in abgestorbenen, hohlen
Bäumen befindet, „weckt“ man die Wespen oft unabsichtlich.
eine weiße Weste haben
auch: eine saubere Weste haben;
anständig sein, ein reines Gewissen haben;
Weiß ist traditionell die Farbe der Reinheit und Unschuld. Die saubere
oder weiße Weste als Sinnbild des reinen Gewissens entstand erst
Ende des 19. Jahrhunderts.
jemandem etwas unter die Weste jubeln
auch: etwas unter die Weste schieben/mogeln/drücken
jemandem etwas vorhalten, ihn eines Vergehens beschuldigen, das er
gar nicht beging;
die relativ eng anliegende Weste war früher ein sehr übliches
Kleidungsstück für Männer. Wenn etwas daruntersteckte, so war es
dem Träger sehr nah und konnte diesen nicht „kalt lassen“.
etwas aus der Westentasche bezahlen können
auch: etwas aus der Portokasse bezahlen können
etwas ohne Mühe bezahlen können;
sowohl die kleine, nicht viel Raum bietende Westentasche als auch
die Portokasse, meist ein kleines Kästchen, enthalten nur wenig
Geld. Wer hingegen damit prahlt, eine in den Augen anderer größere
Anschaffung aus der Westentasche zu bezahlen, der weist darauf hin,
dass diese Ausgaben für ihn nur „Peanuts“ seien.
576
etwas kennen wie seine Westentascheetwas sehr gut kennen;
die Weste zählte früher zur Standardbekleidung des eleganteren
Herrn, und da er sein Geld und seine Papiere in deren Tasche
aufbewahrte, musste er sich des wertvollen Inhalts dieser
Westentasche stets bewusst sein.
jemanden am Wickel haben
jemanden festhalten, jemanden für etwas verantwortlich machen;
„Wickel“ ist ein altes Wort für Windel, als diese noch aus einem um
das Baby zu wickelnden Tuch bestand (daher „Wickelkind“), das man
festhalten konnte, wollte das Kind wegkrabbeln.
es ist ihm nicht an der Wiege gesungen worden
etwas, eine (schlechte, bittere) Erfahrung nicht erwartet haben;
bezieht sich wohl auf die „Heile-Welt-Texte“ der Wiegenlieder.
In Lessings „Nathan der Weise“ (1, 6) spricht die Christin Daja: „Auch
mir ward’s vor der Wiege nicht gesungen, dass ich nur darum meinem
Ehgemahl nach Palästina folgen würd’, um da ein Judenmädchen zu
erziehn.“
vom ständigen Wiegen wird die Sau auch nicht fetter
durch Ungeduld kommt man auch nicht schneller ans Ziel;
aus der Landwirtschaft: bezog sich ursprünglich auf einen Bauern, der
es nicht erwarten konnte, bis sein Vieh das Schlachtgewicht erreicht
hatte.
jemandem eine wienernjemandem eine Ohrfeige verpassen;
scherzhafte Wendung, die sich auf das „Wienern“, also das Polieren der
Backe bezieht.
577
seinen Wilhelm unter etwas setzen
auch: seinen Friedrich Wilhelm druntersetzen
etwas unterschreiben, bestätigen, seinen Namen darunter schreiben;
vermutlich auf den preußischen König Friedrich Wilhelm I., den
„ Soldatenkönig“, zurückzuführen. Dieser pflegte, im Gegensatz
zu anderen Monarchen, mit seinem vollen Namen und nicht mit
verschnörkelten oder hingekritzelten Initialen zu unterzeichnen.
ohne mit der Wimper zu zucken
sich nichts anmerken lassen; ungerührt sein;
ähnlich „ohne eine Miene zu verziehen“ beschreibt diese
Redewendung, dass jemanden eine Sache so wenig berührt, dass sich
nicht einmal seine Mimik verändert.
drei Meilen gegen den Wind stinken
anrüchig, verdächtig sein, auch noch in seiner Ursprungsbedeutung:
einen unangenehmen, intensiven Geruch (nach Alkohol) an sich
haben;
entstand erst im 20. Jahrhundert; erinnert etwa an verdorbenen Fisch,
den man redens artlich sogar gegen den rauen Küsten wind riechen
kann.
etwas in den Wind schlagen
eine Warnung oder einen Rat unbeachtet lassen, geringschätzig von
sich weisen;
verweist auf die entsprechende Gebärde, wenn man einen Rat
ablehnt. Die Redensart geht vielleicht auf eine alte Rechtsgebärde
zurück: Im Sachsenspiegel, einer mittelalterlichen Rechtssammlung,
heißt es, wenn der Beklagte bei einem gerichtlichen Zweikampf nicht
erschien, sollte der Gegner dreimal in den Wind schlagen und damit
als Sieger gelten.
578
etwas in den Wind schreiben
etwas als verloren anerkennnen;
„schreiben“ bezieht sich hier auf das gedankliche Notieren der
Tatsache, dass ein Plan oder ein Gegenstand scheinbar „vom Wind
weggeweht“ wurde.
hart am Wind segeln
bis an die Grenze der Möglichkeiten gehen; ein Risiko eingehen;
aus der Schifffahrt: Fährt ein Schiff „hart am Wind“, so segelt es in einem
spitzen Winkel zur Richtung, aus der der Wind kommt, und wird allein
durch die Luftströmung am Segel vorangetrieben. Wird der Winkel zu
gering, geht jeder Vortrieb verloren, die Segel beginnen zu flattern,
und das Schiff gerät aus dem Gleichgewicht.
sein Mäntelchen nach dem Wind hängen
charakterlos sein, keine Grundsätze haben;
bedeutete ursprünglich nur, dass man sich den Verhältnissen
anpasste. In diesem Sinne heißt es in Gottfried von Straßburgs
„Tristan“: „Man sol den mantel kêren, als ie die winde sint gewant“
(Man soll den Mantel dorthin drehen, wo die Winde hinwehen). Erst im
Frühneuhochdeutschen wandelte sich die Wendung; Luther schrieb:
„Bauchdiener hängen den Mantel, nach dem der Wind wehet.“
sich nach dem Wind drehen
auch: die Fahne nach dem Wind hängen
seine Meinung nach den gerade herrschenden Ansichten richten;
ein Mensch, der seine Meinung nach der öffentlichen Meinung oder
der seines Gegenübers ausrichtet, ähnelt einer Wetterfahne, die stets
der Windrichtung folgt.
579
von etwas Wind bekommen
(heimlich von) etwas erfahren;
aus der Jägersprache: Die Redensart bezieht sich auf das Wild, das
vom Jäger oder seinem Hund Witterung bekommt, da der Wind
ungünstig steht.
Wind machen
für Aufregung, Unruhe sorgen; prahlen;
aus dem Mittelalter: „Wind“ steht hier für gehaltloses Geschwätz,
das einfach nur ein in Worte gefasstes Ausatmen ist. Bereits im
Mittelhochdeutschen findet sich diese Wendung; aus ihr entstanden
auch Bezeichnungen wie z. B. „Windbeutel“ für einen Aufschneider.
Wind säen und Sturm ernten
aus einer kleinen Provokation wird oft ein ernster Streit;
abgeleitet aus der Bibel: Gott teilt dem Volk Israel mit, wie verwerflich
es ist, die Gebote zu übertreten, auch wenn man zunächst meint,
nicht bestraft zu werden: „Sie säen Wind und werden Sturm ernten.“
(Hosea 8,7) Der Herr warnt vor seiner Rache. Letztendlich ist dieser
Ausspruch also eine Variante der beliebten Redensart „wie man in den
Wald hineinruft, so schallt es heraus“.
gegen Windmühlen kämpfen
gegen einen imaginären Gegner kämpfen, einen sinnlosen Kampf
führen;
aus der Literatur: Miguel de Cervantes’ (1547–1616) Held „Don
Quichotte“ kämpft im gleichnamigen Roman gegen vermeintliche
Riesen, die in Wirklichkeit bloß Windmühlen sind.
ein Winkeladvokatein fragwürdiger Rechtsanwalt;
580
seit 1900 belegt: „Winkeladvokat“ war früher eine gängige
Bezeichnung für Personen, die, ohne studierte Anwälte zu sein, in der
Rechtsberatung tätig waren. „Winkel“ bezieht sich auf die geheime,
nicht einsehbare Ecke eines Raumes, wurde später aber auch mit
den verwendeten „Winkelzügen“, halblegalen Kniffen, in Verbindung
gebracht.
einen großen Wirbel veranstalten
Aufregung verursachen, Aufsehen erregen;
bezieht sich auf den Trommelwirbel, mit dem u. a. im Zirkus besonders
spektakuläre Vorführungen angekündigt werden.
eine grüne Witweeine Frau, die auf dem Land, „im Grünen“, lebt und von ihrem Gatten viel
alleine gelassen wird, da dieser in der Stadt arbeitet;
aus dem Englischen: eine Übersetzung der entsprechenden Wendung
„a grass widow“. Außerdem ist „Grüne Witwe“ die Bezeichnung für
einen Cocktail.
ein Wolf im Schafspelz
jemand ist nicht das, was er zu sein vorgibt; jemand wirkt nett, ist aber
böse oder gerissen;
aus der Bibel: Jesus warnt in der Bergpredigt seine Zuhörer vor
„falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig
aber sind sie reißende Wölfe“. Diese Warnung nimmt Bezug auf das
Bild des Hirten, Gott, der seine Herde, die Christen, aus dem finsteren
Tal führt. Andere religiöse Führer geben nur vor, zur Herde zu gehören
– um sie später ohne Vorwarnung anzugreifen.
auf Wolke sieben schweben
beruht wie die Redensart „im siebten Himmel sein“ auf der christlichen
581
Vorstellung von verschiedenen Ebenen des Himmels, von denen die
siebte die höchste ist.
sich in die Wolle kriegen
auch: sich in der Wolle haben
relativ junge Abwandlung der Wendung „sich in die Haare geraten“,
die die Wolle des Schafes scherzhaft mit dem menschlichen Kopfhaar
gleichsetzt.
jemandem das Wort im Munde herumdrehen
jemandes Äußerung absichtlich falsch interpretieren;
seit dem 16. Jahrhundert belegt: Mit „Wort“ ist hier die gesamte Rede
eines Menschens gemeint.
mit seinem Pfund wuchernseine Begabung oder seine Mittel klug anwenden;
aus der Bibel: Die Redensart beruht auf dem Gleichnis von den
anvertrauten Pfunden oder Talenten (Lukas 19,11ff.).
den Finger in die offene Wunde legen
an einer empfindlichen Stelle rühren, einen wunden Punkt
ansprechen;
abgeleitet aus der Bibel: Der ungläubige Thomas, bei der ersten
Erscheinung des auferstandenen Jesus nicht dabei, zweifelt an den
Berichten der Apostel. Als Jesus wieder erscheint, fordert er Thomas
auf: „Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche
deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig,
sondern gläubig!“ (Johannes 20,25)
ein blaues Wunder erleben
eine unerfreuliche Überraschung erleben;
die Redensart hat verschiedene mögliche Ursprünge: In der Praxis
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des Tuchfärbens erlebten die Färber regelmäßig ihr „blaues Wunder“,
wenn ein in eine gelbe Lauge eingelegtes Stück nach dem Kontakt mit
Luft indigoblau wurde. In der Farbensymbolik steht das Blau von jeher
für die Überraschung. Auf der anderen Seite besaß die Farbe Blau
im Mittelalter aber auch stets den Ruf des Teuren, Wertvollen, da sie
nur schwer als Farbstoff zu gewinnen war. Beide Deutungen belegen
jedoch, dass der negative Beigeschmack der Redewendung erst in
jüngerer Zeit hinzugefügt wurde.
es geschehen noch Zeichen und Wundermanchmal fügt sich etwas unerwartet glücklich;
aus Friedrich Schillers „Wallensteins Lager“: In dem Drama von 1799
wurde der Ausdruck „Zeichen und Wunder“ keines wegs mit der
heute üblichen positiven Konnotation verwendet. So spricht ein Ka-
puzinermönch im 8. Aufzug über die Länder, die der Feind schon
besetzt hält: „Es ist eine Zeit der Tränen und Not, / Am Himmel
geschehen Zeichen und Wunder, / Und aus den Wolken, blutigrot,
/ Hängt der Herrgott den Kriegsmantel runter.“ Er nimmt damit
Bezug auf den heidnischen Glauben, man könne aus dem Himmel
(Vogelflug, Sternenkonstellation u. Ä.) die Zukunft deuten.
über die Wupper gehen
sterben;
abgleitet von der Wendung „über den Jordan gehen“. Der Legende
nach gab es in Wuppertal einst ein Gefängnis, dessen Todes trakt nur
über eine Brücke erreichbar war; wurde ein Verurteilter zur Hinrichtung
geführt, musste er „über die Wupper gehen“.
die Würfel sind gefallen
auch: der Würfel ist gefallen
etwas ist geschehen/entschieden/nicht mehr umkehrbar;
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aus dem Lateinischen: „Alea iacta est“ heißt eigentlich „der Würfel
ist geworfen“; man hat also auf das Ergebnis keinen Einfluss mehr.
Dieser Ausspruch wird Caesar (vor der Überschreitung des Rubikon)
zugeschrieben.
da ist der Wurm drin
etwas muss schiefgehen, ist zum Scheitern verurteilt;
bezog sich ursprünglich wohl auf den Holzwurm: Wenn Holzwürmer
bspw. einen Dachstuhl befallen haben, kann man von außen kaum
etwas sehen, denn sie verarbeiten das Holz von innen heraus zu
Sägemehl. Nur ganz leise kann man sie ihr zerstörerisches Werk
verrichten hören.
jemandem die Würmer aus der Nase ziehen
jemanden mühsam zum Reden bringen müssen;
aus dem Mittelalter: Der im Kopf Verrücktheit verursachende Vogel
war nur eines zahlreicher Tiere, die für körperliche oder seelische
Gebrechen verantwortlich gemacht wurden. Viele Krankheiten wurden
dem Volksglauben nach durch „Gehirnwürmer“ verursacht. Die Heilung
bestand dementsprechend im Entfernen, d. h. Ziehen dieser Würmer.
Heute werden sie zum Glück nur noch durch ständiges Nachfragen und
nicht mehr bspw. durch entsprechende Zangen aus der Nase gezogen.
mit der Wurst nach der Speckseite werfen
auch: mit der Wurst nach dem Schinken werfen
durch eine kleine Gefälligkeit einen gro ßen Vorteil zu erlangen suchen;
Speck hing früher in den Bauernhäusern unter der Decke. Wenn nun
die Helfer beim Schlachtfest als Lohn Würste erhielten, so versuchten
sie damit häufig, die Speckseiten von der Decke zu „schießen“ und aus
dem kleinen Geschenk so ein größeres zu machen.
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Wurst wider WurstGleiches mit Gleichem vergelten;
ursprünglich positiv gemeint: Hintergrund dieser Redensart ist der aus
frühgermani scher Zeit stammende Brauch, sich nach dem Schlachten
gegenseitig mit Köstlichkeiten zu beschenken, dabei wurde oft Wurst
gegen Wurst getauscht.
etwas mit der Wurzel ausrotten
auch: etwas bis auf die Wurzel ausrotten
etwas vollkommen vernichten/ausrotten;
aus der Botanik: Viele Pflanzen, z. B. der Löwenzahn, können
problemlos weiter leben, wenn man nur ihren sichtbaren Trieb abmäht;
erst, wenn sie mitsamt der Wurzel ausgestochen werden, können sie
endgültig beseitigt werden.
ein Rufer in der Wüsteein vergeblich Mahnender;
abgeleitet aus der Bibel: Bei Jesaja (40,3) ist die Rede von einer Stimme
in der Wüste, im Evangelium nach Matthäus (Kapitel 3) heißt es: „Zu der
Zeit kam Johannes der Täufer und predigte in der Wüste von Judäa und
sprach: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!
Denn dieser ist’s, von dem der Prophet Jesaja gesprochen und gesagt
hat: Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste [...].“
jemanden in die Wüste schicken
auch: etwas in die Wüste schicken
jemanden entlassen, rausschmeißen;
aus der Bibel: Im 3. Buch Mose (Levitikus) wird die Versöhnung der
Israeliten mit Gott nach dem Tanz ums Goldene Kalb geschildert. Zum
Zeichen der Versöhnung soll ein Ziegenbock geopfert werden, aller-
dings soll er nicht geschlachtet werden, sondern man soll ihn „durch
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einen Mann, der bereitsteht, in die Wüste bringen lassen, dass also der
Bock alle ihre Missetat auf sich nehme und in die Wildnis trage; und
man lasse ihn in der Wüste.“ (16,21f.) Dieser „Sündenbock“ wurde also
„in die Wüste geschickt“.
jemandem ein X für ein U vormachen
jemanden täuschen, betrügen;
von den lateinischen Zahlzeichen abgeleitet: Die lateinische Schrift
besaß für die Buchstaben V und U nur ein Zeichen, das unserem V
entspricht. Tatsächlich meint das U dieser Redewendung ebenfalls
eigent lich ein V. Dieses steht für die Zahl fünf, während das X zehn
bedeutet. Wenn jemandem „ein X für ein U“ vorgemacht wurde,
so wurde das V mit zwei Strichen zu einem X geändert, und eine
Rechnung belief sich bspw. nicht mehr auf fünf, sondern auf zehn
Goldmünzen.
eine Xanthippeeine bösartige, streitsüchtige (Ehe-)Frau;
Xanthippe, die Frau des griechischen Philosophen Sokrates, gilt als
Inbegriff eines zänkischen Weibes. Über die historische Person ist
wenig bekannt; die Wendung geht auf eine Schrift des Sokrates-
Schülers Xenophon zurück, der Xanthippe „die Unverträgliche“ nennt
(Symposion 2, 10).
etwas auf Zack bringen
etwas in einen guten Zustand bringen, reparieren;
„Zack“ und „zackig“ stehen für rasche Bewegungen; wenn man bspw.
eine Maschine „auf Zack“ gebracht hat, läuft diese wieder rund und
schnell.
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Zahlemann und Söhne spielen
„Zahlemann“ ist kein realer Name, sondern lediglich ein Begriff für
jemanden, der viel Geld zahlen muss. Die Anspielung auf übliche
Firmennamen, die nach dem Namen des Gründers ein „und Söhne“
oder „und Partner“ beinhalten, drückt den großen Umfang der
anstehenden Zahlungen aus – nicht im üblichen Rahmen privater
Geldaufwendung, sondern in einem Ausmaß, wie es sonst nur von
Firmen geleistet wird.
Diesen Zahn werde ich ihm ziehen!
Diese Idee werde ich ihm (ihr) austreiben!
Wird bezüglich einer unsinnigen, albernen Vorstellung oder Idee
verwendet; ähnlich einem faulen Zahn ist es am gesündesten, wenn
sie entfernt wird.
einen Zahn zulegen
sich beeilen, etwas schneller tun als bisher;
aus dem Mittelalter: Der „Zahn“ ist eigent lich einer der Zacken, die sich
an der Topfaufhängung über dem Herdfeuer befanden. Wurde damals
ein Zahn „zugelegt“, wurde der Topf etwas tiefer gehängt. Damit war er
näher am Feuer – und das Mahl wurde schneller gar.
jemandem/etwas auf den Zahn fühlen
einer Sache genau nachgehen;
aus der Medizin: Als die medizinischen Methoden noch nicht so
fortschrittlich waren wie heute, behalfen sich Ärzte auf andere Weise:
Zahnärzte klopften das Gebiss eines Menschen ab, um bspw. einen
faulen Zahn ausfindig zu machen. Auf ähnliche Weise wurde das Alter
eines Pferdes an den Zähnen abgelesen und der Marktwert des Tieres
festgelegt.
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die Zähne zusammenbeißen
etwas mit äußerster Kraftanstrengung durchhalten;
seit dem 16. Jahrhundert belegt: beruht auf der Beobachtung, dass
Menschen, um starke Schmerzen zu unterdrücken und nicht sofort
laut loszujammern, die Zähne fest aufeinanderbeißen.
unter Zähneklappernvor Angst oder Kälte zitternd;
Zähneklappern als Synonym für „frieren“ ist allgemein bekannt.
In der Übertragung auf Furcht taucht die Wendung in Luthers
Bibelübersetzung auf: „da wird sein Heulen und Zähneklappern“
(Mat thäus 8,12). In der heutigen Einheitsübersetzung lautet die Stelle
anders: „dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen“, was
eher Unwilligkeit bedeutet.
auf dem Zahnfleisch gehen
auch: auf dem Zahnfleisch kriechen
völlig erschöpft sein;
wer bei einer Schlägerei nach verlorenem Kampf zu Boden geht
und dabei womöglich einen Zahn verliert und sich dann nur noch
mühsam kriechend fortbewegen kann, der geht redensartlich auf dem
Zahnfleisch.
der Zankapfel sein
der Anlass des Streites, der Gegenstand der Auseinandersetzung sein;
aus der griechischen Mythologie: Paris war der Sohn des trojanischen
Königs Priamos; er sollte zwischen den drei Göttinnen Hera, Athene
und Aphrodite den Streit darüber entscheiden, wer die Schönste
sei. Aphrodite, die Göttin der Schönheit, besticht ihn, indem sie
ihm Helena als Gemahlin verspricht, und Paris überreicht ihr den als
Siegespreis bestimmten Apfel, den „Zankapfel“. Die beiden anderen
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Göttinnen sind enttäuscht, und Hera schwört den Trojanern Rache,
die sie schließlich im Trojanischen Krieg erhält.
zum Zapfenstreich blasen
zur Nachtruhe rufen;
aus dem Mittelalter: Mit dem Zapfenstreich, einem Signal
von Trompete, Trommel oder Horn, werden schon seit dem
16. Jahrhundert die Soldaten zur Nachtruhe befohlen. Der Begriff
stammt von einem Strich, der zu Beginn der Sperrstunde über dem
Zapfen der Bierfässer gemacht wurde. Anhand der Markierung konnte
nachgeprüft werden, ob das Ausschankverbot tatsächlich eingehalten
wurde.
jemanden im Zaum halten
jemanden bändigen, in Schranken halten;
aus dem Französischen: Die Wendung ist eine wörtliche Übersetzung
des französischen Ausspruchs „tenir la bride à quelqu’un“. Der Zaum
dient beim Reiten der Kontrolle und Lenkung des Pferdes. Diese
Redensart ist im Deutschen seit dem 16. Jahrhundert belegt.
einen Streit vom Zaun brechen
einen Streit mutwillig herbeiführen;
aus dem Mittelalter: Die Redensart bezieht sich wohl darauf, dass
man bei einer Auseinandersetzung auf der Straße mangels einer
geeigneten Waffe schnell eine Latte aus dem Zaun brach, um auf
den Gegner loszugehen. Sie ist schon um 1500 bezeugt; so erwähnt
Johannes Geiler von Kaysersberg in seinen Predigten „sie brechen ein
ursach vom zaun“.
ein Wink mit dem Zaunpfahlein überdeutlicher Hinweis;
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aus dem 19. Jahrhundert. Die bildliche Wendung bezieht sich wohl
auf den Landstreicher, der – die eben abgebrochene Zaunlatte in der
Hand – um eine milde Gabe bettelt und dabei gleichzeitig unmiss-
verständlich droht. Ähnliche Formulierungen finden sich aber schon
sehr viel früher, so heißt es im „Willehalm“ Ulrichs von Türheim aus
dem 13. Jahrhundert, jemandem „wird gewinket mit der stangen“.
der Zahn der Zeitauch: vom Zahn der Zeit zernagt
Sinnbild der Vergänglichkeit;
aus der Antike: Schon der griechische Dichter Simonides von
Keos (556–467 v. Chr.), der als Begründer der Mnemotechnik gilt,
verwendete diese Metapher, um den Verfall zu umschreiben.
eine tickende Zeitbombeetwas wird zunehmend gefährlicher; etwas droht zu eskalieren;
die Redensart erklärt sich von selbst, denn eine Zeitbombe, die
bereits tickt, ist darauf programmiert, innerhalb einer bestimmten
Frist zu explodieren. Aus diesem Grund setzt man den Ausdruck mit
Entwicklungen gleich, die gefährliche Folgen haben (können).
alle heiligen Zeitensehr selten;
bezieht sich auf die Bezeichnung „heilige Zeiten“ für hohe kirchliche
Feiertage. Im Deutschen findet sich dies z. B. noch im „Heiligen Abend“.
In Gerhart Hauptmanns „Die Weber“ heißt es: „Kennten mir nich zum
wenigsten zu allen heilichen Zeiten a so a Stickel Gebratnes haben.“
ein enges Zeitkorsettein wenig Freiraum lassender Terminplan;
ein Vergleich mit der Damenbekleidung, die seit dem 16. Jahrhundert
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für eine schma le Silhouette der Frauen sorgte, ihnen aber auch den
Atem raubte.
das Zeitliche segnen
sterben;
aus dem 17. Jahrhundert. Die Redewendung leitet sich vermutlich von
dem Brauch her, für Zurückbleibende den Segen Gottes zu erbitten.
„Nun sieht mich kein Mensch nimmermehr, Gott gesegn euch alle.“
(Jakob Ayrer, Von der schönen Melusina, 1598)
eine Zeitungsenteeine Falschmeldung in der Zeitung, eine Zeitungssage;
was ein falscher Bericht in einer Zeitung mit einem Wasservogel
zu tun haben soll, ist zunächst unverständlich. Tatsächlich haben
die beiden nichts gemein – wenn man an die erste mögliche
Herkunft der Redewendung glaubt. Danach ist „En-Te“ lediglich die
Aussprache der beiden Buchstaben N.T. So werden bei englisch-
sprachigen Nachrichtenagenturen Meldun gen gekennzeichnet,
die nicht nachgeprüft oder bewiesen sind: „not testified“. Vielleicht
geht die Zeitungsente aber auch auf die Luther’sche Bezeichnung
„Lugenda“ für eine gelogene Legende zurück, die im Laufe der
Zeit zu einer Lugende und schließlich einer Lüg-Ente wurde.
Am wahrscheinlichsten aber wurde die Redewendung aus dem
Französischen übernommen. Dort gibt es schon lange den Ausdruck
„donner des cannards“ („Enten geben“) für „unzuverlässige“, d. h.
falsche Meldungen. Gewählt wurde die Ente wohl deshalb, weil sie
ebenfalls als unzuverlässig – nämlich hinsichtlich ihres Brutverhaltens
– gilt.
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das Zepter schwingen
die Leitung haben;
Das Zepter – früher Szepter, diese Schreibweise verrät noch die
Herkunft vom griechischen Wort „skeptron“ (Stab) – ist Teil der
Insignien eines Herrschers. Wer es schwingt, verdeutlicht seine Macht.
mit eisernem Zepter regieren
sehr streng herrschen;
das Zepter, neben dem Reichsapfel eines der Reichsinsignien und ein
Zeichen der Macht, ist üblicherweise aus Gold. „ Eisern“ steht also nur
symbolisch für die Härte und Kälte einer Herrschaft.
Zeter und Mordio schreien
laut nach Hilfe schreien; vor Schmerz schreien;
aus dem Mittelalter: „Zetermordio“ wurde aus zwei Hilferufen
zusammengezogen. Zum einen die Aufforderung „ze æchte her“, mit
dem man einen Schuldigen herbeirief, um Vergeltung zu üben; zum
anderen einer früher (auch) üblichen Form des Wortes „Mord“. Im
mittelalterlichen Gerichtswesen leitete der Ankläger mit dem Ausruf
„Zetermordio“ den Prozess ein.
jemandem am Zeug flicken
jemanden tadeln, schulmeisterlich belehren;
bedeutet wörtlich: jemandem das Zeug, d. h. die Kleidung flicken, also
ausbessern. In der redensartlichen Verwendung ist die se Formulierung
im Deutschen seit der Mitte des 18. Jahrhunderts gebräuchlich.
sich ins Zeug legen
sich besonders anstrengen;
aus der Landwirtschaft: Ursprünglich hieß die Redewendung „sich in
den Zug legen“ und geht darauf zurück, dass Zugtiere bei schweren
592
Lasten oft beinahe in ihren Zuggeschirren liegen, um den Wagen zu
bewegen.
kein Zielwasser getrunken haben
nicht treffen (beim Schießen);
die Redensart bezieht sich auf die Annahme, man könnte Fähigkeiten
wie das exakte Zielen durch Aufnahme eines Lebensmittels
verbessern. In der Soldatensprache ist „Zielwasser“ jedoch ein
Synonym für Schnaps.
jemandem eine Zigarre verpassen
einen Tadel, eine Rüge erhalten;
aus der Soldatensprache: Diese Redensart entstand erst während des
Ersten Weltkriegs. Vermutlich verweist sie auf die in Offizierskreisen
übliche Art, nach der ein Tadel durch das Anbieten einer Zigarre
wenigstens äußerlich abgemildert wurde.
jemanden auspressen wie eine Zitronejemandem alles Geld nehmen; ihn verhören;
diese selbsterklärende Redensart nutzt für das finanzielle Ausbeuten
oder auch das strenge Verhör das Synonym „Auspressen“; da liegt die
Assoziation zur Zitrone, die ebenfalls ausgepresst wird, nahe.
mit Zitronen handeln
falsch gerechnet haben, ein anderes Ergebnis als erwartet erhalten;
aus dem Rheinland: Leitet sich vielleicht von einem dort bis Ende des
19. Jahrhunderts verbreiteten Brauch ab, Sargträger für ihre Dienste
mit einer Zitrone zu entlohnen. Nach einer anderen Erklärung geht die
Redensart auf die Verderblichkeit von Zitronen zurück: Wenn man sie
einlagert, trocknen stets zahlreiche aus. Im Wirtschaftsenglisch sind
„Lemons“ Unternehmen, die die Renditeerwartung nicht erfüllen.
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mit Zittern und Zagen
furchtsam, voll Angst;
aus der Bibel: Als Jesus mit seinen Jüngern im Garten Gethsemane
ankam, bekam er Angst vor seinem bevorstehenden Tod: „und er
nahm mit sich Petrus und Jakobus und Johannes und fing an zu
zittern und zu zagen“ (Markus 14,33).
ein alter Zopf sein
veraltet, altmodisch, überholt sein;
während heute im Militär ein kurzer Haarschnitt vorgeschrieben
ist, wurden die Soldaten im 18. Jahrhundert verpflichtet, einen
„Soldatenzopf“ zu tragen. Dieser war ausgesprochen unpraktisch,
da er sich bspw. beim Reiten im Geäst verfangen konnte. So
entstanden Forderungen, diese altmodischen Zöpfe abzuschneiden –
Forderungen, die mit der Scharnhorst’schen Reform der preußischen
Armee letztendlich durchgesetzt werden konnten.
alte Zöpfe abschneiden
auch: das sind doch alte Zöpfe
Veraltetes ablegen, aufgeben, etwas reformieren;
aus dem 19. Jahrhundert: Während des 18. und zum Teil auch noch im
19. Jahrhundert war der Zopf auch bei Männern eine weit verbreitete
Frisur. Erst nach der Französischen Revolution 1790 kam er auch
in Deutschland allmählich aus der Mode. Der Zopf wurde für die
Revolutionäre zum Sinnbild für die Missstände des Feudalismus.
zu etwas zubutternGeld dazugeben, nachschießen müssen;
aus dem Niederdeutschen: hat nichts mit dem Brotbelag zu tun,
sondern leitet sich von „toboten“, was zuschießen bedeutet, her.
594
nicht aus Zucker sein
robust, unempfindlich sein;
bezieht sich auf das rasche Auflösen des Zuckers in Wasser und meinte
ursprünglich dementsprechend nur „kein Problem mit Regen haben“.
seinem Affen Zucker geben
ausgelassen und übermütig sein, jemanden in seinem Übermut
unterstützen;
aus dem 18. Jahrhundert: Der Affe gilt als Karikatur des Menschen. Wer
dem Affen ein Stück Zucker gibt, der wird das Tier erfreuen, es wird sich
schnell darüber hermachen und einen lustigen Anblick bieten; wenn
ein Mensch sich in ähnlicher Weise benimmt, dann „macht er sich zum
Affen“.
kein Zuckerschlecken sein
nicht angenehm sein;
„Zucker schlecken“, also naschen, ist ein sehr angenehmer Zeitvertreib.
auf den fahrenden Zug aufspringen
sich an einer bereits angelaufenen Unternehmung noch beteiligen;
wer sich einen Vorteil vom Zielort eines bereits im Fahren befindlichen
Zuges verspricht, der bringt sogar die Kräfte auf, auf diesen Zug noch
aufzuspringen.
einen guten Zug haben
schnell viel (Alkohol) trinken können;
bezieht sich auf das „Ziehen“, mit dem beim Trinken die Flüssigkeit
eingesogen wird.
die Zügel fest in der Hand halten
die Kontrolle/Führungsrolle innehaben; streng sein;
aus der Reiterei: Einem Reiter, der die Zügel fest in der Zügelfaust
595
hält, kann das Pferd diese nicht aus der Hand reißen, z. B. um
durchzugehen. Dieses Bild wird heute sowohl auf das familiäre wie auf
das berufliche Umfeld übertragen.
die Zügel schießen lassen
etwas nicht kontrollieren, behindern, einengen;
aus der Reiterei: Üblicherweise wird das Reitpferd am kurzen Zügel
gehalten, damit es stets kontrolliert werden kann. Bei einem gut
ausgebildeten Pferd oder am Ende eines Rittes kann der Reiter aber
auch mal „die Zügel schießen“, d. h. lang lassen, um dem Pferd mehr
Freiheit zu gewähren.
die Zügel schleifen lassen
nachlässig sein;
aus der Reiterei: Die Zügel eines Pferdes schleifen zu lassen, ist
nachlässig, denn das Pferd kann nun erschrecken und unkontrolliert
durchgehen oder zumindest auf den Zügel treten und das teure Leder
zerreißen.
jemandem Zunder geben
jemanden antreiben;
aus dem Ersten Weltkrieg: „Zunder“, eigentlich leicht brennbares
Material zum Anzünden eines Feuers, wandelte sich in der
Soldatensprache zur Bezeichnung für feindliches Geschützfeuer, das
den Truppen „einheizte“.
wie Zunder brennen
sehr leicht und schnell brennen;
bereits in der Steinzeit wurden Feueranzünder verwendet, darunter
die getrocknete Frucht des Zunderschwammes. Die leichte
Entzündbarkeit und das rasche, helle Verbrennen dieser Fruchtkapseln
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wurden später sprichwörtlich für Leichtbrennbares.
das Zünglein an der Waage sein
der ausschlaggebende Faktor sein, den Ausschlag geben;
das Zünglein ist jener kleine Zeiger in der Mitte einer alten
mechanischen Waage, das die Waagerechte anzeigt. Obwohl es
eigentlich das Gewicht nur wiedergibt, wird es redensartlich als
beeinflussender Faktor gesehen.
jemandem etwas zuschanzenjemandem einen unverdienten Vorteil verschaffen;
aus dem Französischen: „Zuschanzen“ kommt nicht – wie man
vermuten könnte – vom Wort Schanze für eine Befestigungsanlage,
sondern vom altfranzösischen „cheance“ für Glückswurf, Einsatz beim
Spiel, das im 13. Jahrhundert als Lehnwort „schanze“ Eingang ins
Mittelhochdeutsche fand.
jemandem etwas zuschusternjemanden (heimlich) mit Geld unterstützen, ihm Vorteile zukommen
lassen;
Schuster war früher ein Schimpfwort für einen schlechten
Schuhmacher, der Flickwerk herstellte und damit nicht viel Geld
verdiente. Wer in ein Unternehmen „Geld einschusterte“, also
investierte, der konnte es gleich verloren geben.
auf keinen grünen Zweig kommen
keinen Erfolg haben, es zu nichts bringen;
aus der Bibel: Der grüne Zweig versinnbildlicht in dieser Wendung die
im Frühjahr neu grünende Natur, das Wachsen und Gedeihen. Und so
wird in Hiob 15,32 jedem Gottlosen prophezeit, ihm werde der Lohn
„voll ausgezahlt werden noch vor der Zeit, und sein Zweig wird nicht
mehr grünen“.
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in einer Zwickmühle stecken
in einer schwierigen, „verzwickten“ Lage sein;
aus dem 15. Jahrhundert: Die Zwickmühle ist ein Fachausdruck aus
dem Brettspiel Mühle, eine Aufstellung der Spielsteine, bei der der
Gegner kaum noch eine Chance auf einen Sieg hat. Der Angegriffene
kann sich dieser Zwickmühle, bei der das Öffnen einer so genannten
Mühle gleichzeitig die Schließung einer anderen ist, kaum noch
entwinden, er ist in einer aussichtslosen Lage.