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21. Controller Tagung der Schweizer Arbeitskreise des Internationalen Controller Vereins 7. September 2010 Dättwil bei Baden Denken mit dem Bauch oder: Ich denke nicht, also bin ich Summary Marguerite Spycher Dipl. Schriftpsychologin SGG Im Marbach 37 CH - 8800 Thalwil Tel / Fax 044 720 79 94 [email protected] www.grapho.ch

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Page 1: Referat spycher

21. Controller Tagung der Schweizer Arbeitskreise des

Internationalen Controller Vereins

7. September 2010 Dättwil bei Baden

Denken mit dem Bauch

oder: Ich denke nicht, also bin ich

Summary

Marguerite Spycher Dipl. Schriftpsychologin SGG

Im Marbach 37 CH - 8800 Thalwil

Tel / Fax 044 720 79 94 [email protected]

www.grapho.ch

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Denken mit dem Bauch oder: Ich denke nicht, also bin ich

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Begriffe

Bewusstes Unser Bewusstsein ist im Grosshirn anzusiedeln. Dies ist der grösste und entwicklungsgeschichtlich jüngste Teil unseres Gehirns.

Alle Vorgänge ausserhalb der Grosshirnrinde wie Gefühle, Affekte, Stimmungen, Intentionen sind grundsätzlich nicht von Bewusstsein begleitet.

Unbewusstes Der moderne Begriff des Unbewussten entspricht nicht demjenigen von Sigmund Freud. Er sah darin ein Sammelbecken von Finsterem, Niedrigem, Triebhaftem, Primitivem.

Die aktuelle Definition, mehrheitlich akzeptiert, lautet: „Das Unbewusste besteht aus allen psychischen Prozessen, denen wir uns nicht bewusst sind, die aber dennoch unser Verhalten, unser Denken und unsere Emotionen beeinflussen.“

Vorbewusstes Ein Teil des Unbewussten kann auch als Vorbewusstes bezeichnet werden. Dies steht im Zentrum der heutigen Thematik. Sämtliche Erlebnisse, die wir jemals bewusst erlebt haben, sind im Vorbewussten gespeichert, meist allerdings können wir uns nicht aktiv daran erinnern. Es handelt sich gewissermassen um unsere kondensierte Lebenserfahrung. Aus dem Vorbewussten kommen Erinnerungen und es ist auch eine Quelle von Träumen. Ebenfalls sind komplexhafte Reaktionen darauf zurückzuführen. „Es ist anatomisch und funktional gesehen ein gigantisches Netzwerk mir rund 15 Milliarden Nervenzellen und einer halben Trillion Synapsen, dessen Verarbeitungskapazität praktisch unbegrenzt ist. Aus ihm kommen unsere Einfälle, Aha-Erlebnisse und das, was als Intuition bezeichnet werden kann.

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Das eingebildete Bewusstsein oder: Wer gibt im Hirn den Ton an?

Macht uns das Bewusstsein zu intelligenten, rationalen Menschen? Ist Bewusstsein gleichbedeutend mit Vernunft, Verantwortung, Weisheit?

Drei wesentliche Irrtümer: 1. Irrtum: Bewusstsein = Krone der Evolution und Zentrum des menschlichen

Daseins? 2. Irrtum: BW ist typisch menschlich, wir unterscheiden uns darin von andern

Tieren. 3. Irrtum: Wir halten unser Bewusstsein für so wichtig, dass wir uns sein

Nichtvorhandensein nicht vorstellen können.

Wo ist das Denken angesiedelt? Versuch: Es wird ein Wort genannt (z. B. Vogel) und „höher“ oder „niedriger“. Beispiele: „Vogel“ und „höher“ Erwartet wird „Tier“ „Vogel“ und „niedriger“ Erwartet wird „Rabe“, „Spatz“, „Papagei“ usw.

Was läuft im Gehirn ab?

1. Verarbeitung des Wortes (Vogel) 2. Verarbeitung der Anleitung (niedriger / höher) 3. Suchen nach der Antwort 4. Lautes Sagen der Antwort

Resultat: Für jede Phase ausser der dritten konnten die Teilnehmenden genau angeben, was in ihrem Kopf ablief. Aber die richtige Antwort lieferte das Unbewusste oder b

esser: das Vorbewusste.

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Was alles sehen wir? – Merkwürdige Wahrnehmungslücken

Auf unsere Sinnesorgane ist nur bedingt Verlass: Wir sehen längst nicht alles, wir hören nicht alles, wir riechen nicht alles usw. Genauer gesagt: Nicht alles, was wir sehen, hören, riechen usw. dringt in unser Bewusstsein.

Umgekehrt „sehen“ wir Dinge, die nicht der Realität entsprechen.

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Lesen, Schreiben, Rechnen – rein intellektuelle Handlungen?

WiRd SiMoNeTtA sOmMaRuGa UnSeRe NeUe BuNdEsRäTiN?

wIrD sImOnEtTa SoMmArUgA uNsErE nEuE bUnDeSrÄtIn?

Rassepferde

Reitpferde

Vollblutpferde

Haflingerpferde

Rennpferde

Arbeitspferde

Blumentopferde

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Denken mit dem Bauch oder: Ich denke nicht, also bin ich

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Wie rational sind unsere Meinungen und Ansichten? Einflüsse aus dem Unbewussten

Liebe Peter Krebs Ruedi

Ibrahim Frieden sicher

Achmed Mustafa

Krieg Werner

Tod Willi

gesund Vergnügen

Foltern Abdul Heinz

Kummer froh

Mohammed Martin Glück

Schmerz Volkan

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Entscheide überdenken oder überschlafen? – Denken oder nicht denken, das ist die Frage

Drei Arten, sich zu entscheiden

Grob gesagt können wir drei Hauptgruppen von Entscheidungen:

1. Schnelles Entscheiden: Man denkt wenig oder gar nicht darüber nach. 2. Unbewusstes Entscheiden: Man nimmt die relevanten Informationen auf und

„schläft noch eine Nacht darüber“. Hat man am nächsten Morgen immer noch „ein gutes Gefühl“, dann entscheidet man sich für die angebotene Möglichkeit.

3. Bewusstes Entscheiden: Man sammelt Informationen, analysiert sie gründlich; stellt Listen von Vor- und Nachteilen auf; Man gewichtet die verschiedenen Aspekte.

Erstellen Sie eine Rangliste: Welche halten Sie für schlecht, welche für besser aber nicht optimal, welche für die beste und vernünftigste Art?

Variante Rang

Variante 1

Variante 2

Variante 3

Münzen werfen: Kopf oder Zahl? Eine Münze wird zehn Mal aufgeworfen. Welche Reihenfolge von Kopf (K) und Zahl (Z) scheint Ihnen wahrscheinlicher?

1. KZZKKKZKZZ 2. KKKKKZZZZZ

„Fast möchte man glauben, dass die Hälfte alles unseres Denkens ohne Bewusstsein vor sich gehe. Ich habe mich mit den faktischen Datis einer theoretischen oder praktischen Angelegenheit bekannt gemacht; oft wird nun, ohne dass ich wieder daran gedacht hätte, nach einigen Tagen das Resultat, wie nämlich die Sache sich verhalte oder was dabei zu tun sei, mir ganz von selbst in den Sinn kommen und deutlich vor mir sehen; wobei die Operation, durch die es zustande gekommen, mir so verdeckt bleibt wie die einer Rechenmaschine; es ist eben eine unbewusste Rumination gewesen.“

Arthur Schopenhauer

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Grafik: A. Dijksterhuis, On Making the Right Choice: The Deliberation-Without-Attention Effect

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Kreativität und Unbewusstes – Von Einstein und Mozart, von Inspiration und Transpiration

„Genie ist 10 % Inspiration und 90% Transpiration“ (Wird Albert Einstein in den Mund gelegt).

Aus einem Gespräch mit Albert Einstein: Frage: Wie kommen Sie zu Ihren Entdeckungen?

Antwort: Ich sehe Entdeckungen zunächst vor mir, ohne dass ich sie in Worte fassen könnte. „Konventionelle Worte oder andere Zeichen müssen erst auf einer zweiten Stufe mühsam gesucht werden, wenn das obengenannte assoziative Spiel genügend gefestigt ist und nach Wunsch reproduziert werden kann.“

Ein Rätsel Finden Sie den gesuchten Begriff (in englischer Sprache)?

you just me

Ein Experiment

Sie sehen hier eine Reihe von acht Ziffern; es wurden nur 1, 4 und 9 verwendet.

1 1 4 4 9 4 9 4

Unter diese Reihe sollen Sie eine eigene Zahlenreihe notieren. Dabei müssen Sie die folgenden Regeln beachten:

1. Wenn zwei aufeinanderfolgende Ziffern der vorgegebenen Reihe gleich sind, müssen Sie für die eigene Zahlenreihe diese Ziffer verwenden.

2. Sind die nächste Ziffer in der Reihe und die Ziffer, die Sie gerade notiert haben, unterschiedlich, dann müssen Sie die dritte, noch nicht verwendete Ziffer nehmen.

3. Ist die neue Ziffer in der vorgegebenen Reihe eine 4 und Ihre letzte eigene Ziffer eine 9, dann schreiben Sie eine 1 auf.

1 1 4 4 9 4 9 4

1 9 1 4 4 1 9

Die Teilnehmer hatten den Auftrag, dreissig solche Reihen zu notieren.

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Welche Rolle spielt unser Bewusstsein für unser Verhalten?

Die Illusion des freien Willens Wir neigen dazu, Ursache-Wirkung-Beziehungen herzustellen. Dabei werden drei Prinzipien verfolgt:

1. Prioritätsprinzip: Das Timing muss stimmen, damit wir Ursache und Folge ableiten können

2. Konsistenzprinzip: Zwischen Ursache und Wirkung muss eine „stimmige“ Beziehung bestehen

3. Exklusivitätsprinzip: Manchmal sind wir uns unseres Verhaltens bewusst, sei es, dass wir vom Gefühl überwältigt werden oder dass wir einer Versuchung widerstanden haben

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Das Bewusste ist doch mehr als schöne Zier

Die meisten Forscher aus Psychologie und Neurowissenschaft gehen davon aus, dass das Bewusstsein irgendeinem Zweck dient; allerdings ist ihnen noch weitgehend unklar, worin dieser bestehen könnte.

Aus dem Alltag können wir festhalten:

Ø Das Bewusstsein ermöglicht „Gedankenreisen“ Ø Das Bewusstsein ermöglicht subjektive Erlebnisse wie beispielsweise

o Freude und Staunen über eine fremde Stadt, ein Naturwunder, ein Kunstwerk, …

o Stolz und Freude an einer körperlichen oder geistigen Leistung o Bei einem spannenden Film Herzklopfen bekommen o Bei der Lektüre eines guten Buches „in eine andere Welt versinken“ o Musik hören und dabei einen Schauer verspüren o Genuss bei Essen und Trinken o Sex o …

Ø OHNE BEWUSSTSEIN WÄRE DAS LEBEN EINE ART TRAUMLOSER SCHLAF, MAN ERLEBT NICHTS UND KANN NICHTS GENIESSEN.

Zum Schluss die zentrale Frage Stellen Sie sich vor, eine Fee kommt zu Ihnen und bietet Ihnen alles an, was Sie sich nur wünschen können: Grenzenloser Reichtum; Villa, Auto, Yacht, Ferienreisen ganz wie Sie es sich wünschen; unglaubliche Gesundheit und dabei kaum Alterserscheinungen; ein tolles Liebes- und Sexleben. Allerdings können Sie von all diesen Dingen nur profitieren, wenn Sie als Gegenleistung Ihr Bewusstsein abgeben würden.

Würden Sie sich darauf einlassen?

Literatur zum Thema: Dijksterhuis, A. (2010). Das kluge Unbewusste. Denken mit Gefühl und Intuition. Stuttgart. Cotta.

Gigerenzer, G. (2007). Bauchentscheidungen. Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition. München. Bertelsmann.

Kast, B. (2007). Wie der Bauch dem Kopf beim Denken hilft. Die Kraft der Intuition. Frankfurt a. M. Fischer

Busch, B. G. (2002). Denken mit dem Bauch. Intuitiv das Richtige tun. München. Kösel.

Bauer, J. (2005). Warum ich fühle, was du fühlst. Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone. Hamburg, Hoffmann und Campe.

Roth, G. (2001). Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert. Frankfurt a. M., Suhrkamp.