2
Otto Friedrich Bollnow Besprechung: Hans Reiner: Das Prinzip von Gut und Böse. Verlag Karl Alber, Freiburg 1949, 35 S. * Die kleine, aber sehr klar gedachte und sehr gedrängt geschriebene Abhandlung macht es sich zur Aufgabe, das sittliche Grundprinzip vom Boden der Wertethik her in einer unangreifbaren Weise auszusprechen. Sie greift also das Problem der Ethik unmittelbar in seinem Zentrum an. Der Schelersche Gedanke, das sittliche Grundprinzip auf die von ihm entwickelte Rang- ordnung -der Werte zu gründen, erweist sich, wie man lange gespürt, aber nicht recht auszu- sprechen gewußt hat, als unzulänglich. Und es ist das Verdienst dieser kleinen Schrift, die Gründe dafür durchsichtig gemacht zu haben. Bei Scheler isi es bekanntlich so, daß der Wert des Guten innerhalb der Rangordnung der Werte nicht vorkommt. Er liegt, wie er sich ausdrückt, „im Rücken der Handlung“. Eine Handlung ist vielmehr dann gut (und ihr Gegenteil böse), wenn ich mich bei einer Wahl für die Wirklichkeit des jeweils höheren Wertes einsetze. Das Imponierende daran ist die ent- schieden objektive Haltung, der es nur um die Verwirklichung des Wertes geht und die nicht danach fragt, zu wessen Gunsten dieser Wert verwirklicht werden soll. In der Schelerschen Formulierung: Eigenwerte und Fremdwerte sind gleichrangig. Damit ist das Prinzip des Al- truismus, nach dem der Verzicht auf den eigenen Vorteil als solcher schon geschätzt wird, als sittlich unerheblich beiseitegeschoben. Aber demgegenüber bleibt die Frage, ob dieses altehr- würdige sittliche Prinzip nicht doch, trotz der Schelerschen Fassung der Wertethik, seinen gu- ten, wenn auch vielleicht noch nicht begrifflich klar erkannten Sinn hat. Und hier setzt diese Abhandlung ein. Man kann das Problem vielleicht allgemein so aussprechen, daß Scheler in seiner objektiv gerichteten Wertethik die Endlichkeit des jeweils in einer bestimmten, be- drängenden Situation befindlichen Subjekts übersprungen habe. Reiner, der sich dabei bereits auf einige vorbereitende 1 Einsichten N. Hartmanns und D. v. Hildebrands stützen kann, bereitet seiner Formel den Weg durch eine geschickte Definition. Er faßt die absoluten, d.h. von ihrem Bezug auf einen bestimmten Menschen unabhängigen, und die auf einen fremden Menschen relativen Werte als objektive oder genauer (um Mißver- ständnisse im Sinne einer erkenntnistheoretischen Objektivität zu vermeiden) als frui- tiv-objektive Werte zusammen. Im Unterschied dazu sind subjektive' Werte die eigenrelativen Werte, grob gesagt also die, nach denen ich strebe, wenn ich etwas für mich will. Und dann kann er -formulieren: [148/149] „Sittlich gut ist die innere Willensrichtung derjenigen Akte, in denen ich mich für die Wirklichkeit eines fruitiv-objektiven Wertes einsetze, und zwar be- sonders im Gegensatz zu der Möglichkeit, statt dessen den Einsatz für einen frui- tiv-subjektiven Wert vorzuziehen“ (S. 10). Was die Formel leistet, ist also dies: Sie fordert eine Hingabe an eine objektive Leistung und schaltet dabei die Störung durch die persönlich egoistischen Interessen aus. Sie verurteilt sie nicht als solche, sondern nur soweit sie die geforderte Hingabe gefährden. Das Auffällige da- bei ist, was auch Reiner selbst mit Recht hervorhebt, daß bei dieser Formel der Rückgriff auf eine Wertrangordnung ganz fortfällt Diese hat vielmehr mit der zentralen ethischen Frage nach gut und böse nichts zu tun. Es entsteht aber darüber hinaus die weiterführende Frage, ob überhaupt die Formulierung dieses Prinzips an die wertphilosophische Grundlegung gebun- den ist, an der Reiner entschieden festhält, oder ob man es nicht vielleicht sogar reiner (und * Die Buchbesprechung erschien in der Zeitschrift für philosophische Forschung, 6. Jg1951/1952, S. 148-149. Die Seitenumbrüche des Erstdrucks sind in den fortlaufenden Text eingefügt.

Reiner A. aen asfgk asn adolbn adflºjkbn

Embed Size (px)

DESCRIPTION

aergjk aerj afegjk afguj adfkgj aGJK ADFBJKLÇ ADFKÇJ ADFGJK

Citation preview

  • Otto Friedrich Bollnow Besprechung: Hans Reiner: Das Prinzip von Gut und Bse. Verlag Karl Alber, Freiburg 1949, 35 S.* Die kleine, aber sehr klar gedachte und sehr gedrngt geschriebene Abhandlung macht es sich zur Aufgabe, das sittliche Grundprinzip vom Boden der Wertethik her in einer unangreifbaren Weise auszusprechen. Sie greift also das Problem der Ethik unmittelbar in seinem Zentrum an. Der Schelersche Gedanke, das sittliche Grundprinzip auf die von ihm entwickelte Rang-ordnung -der Werte zu grnden, erweist sich, wie man lange gesprt, aber nicht recht auszu-sprechen gewut hat, als unzulnglich. Und es ist das Verdienst dieser kleinen Schrift, die Grnde dafr durchsichtig gemacht zu haben. Bei Scheler isi es bekanntlich so, da der Wert des Guten innerhalb der Rangordnung der Werte nicht vorkommt. Er liegt, wie er sich ausdrckt, im Rcken der Handlung. Eine Handlung ist vielmehr dann gut (und ihr Gegenteil bse), wenn ich mich bei einer Wahl fr die Wirklichkeit des jeweils hheren Wertes einsetze. Das Imponierende daran ist die ent-schieden objektive Haltung, der es nur um die Verwirklichung des Wertes geht und die nicht danach fragt, zu wessen Gunsten dieser Wert verwirklicht werden soll. In der Schelerschen Formulierung: Eigenwerte und Fremdwerte sind gleichrangig. Damit ist das Prinzip des Al-truismus, nach dem der Verzicht auf den eigenen Vorteil als solcher schon geschtzt wird, als sittlich unerheblich beiseitegeschoben. Aber demgegenber bleibt die Frage, ob dieses altehr-wrdige sittliche Prinzip nicht doch, trotz der Schelerschen Fassung der Wertethik, seinen gu-ten, wenn auch vielleicht noch nicht begrifflich klar erkannten Sinn hat. Und hier setzt diese Abhandlung ein. Man kann das Problem vielleicht allgemein so aussprechen, da Scheler in seiner objektiv gerichteten Wertethik die Endlichkeit des jeweils in einer bestimmten, be-drngenden Situation befindlichen Subjekts bersprungen habe. Reiner, der sich dabei bereits auf einige vorbereitende 1 Einsichten N. Hartmanns und D. v. Hildebrands sttzen kann, bereitet seiner Formel den Weg durch eine geschickte Definition. Er fat die absoluten, d.h. von ihrem Bezug auf einen bestimmten Menschen unabhngigen, und die auf einen fremden Menschen relativen Werte als objektive oder genauer (um Miver-stndnisse im Sinne einer erkenntnistheoretischen Objektivitt zu vermeiden) als frui-tiv-objektive Werte zusammen. Im Unterschied dazu sind subjektive' Werte die eigenrelativen Werte, grob gesagt also die, nach denen ich strebe, wenn ich etwas fr mich will. Und dann kann er -formulieren: [148/149] Sittlich gut ist die innere Willensrichtung derjenigen Akte, in denen ich mich fr die Wirklichkeit eines fruitiv-objektiven Wertes einsetze, und zwar be-sonders im Gegensatz zu der Mglichkeit, statt dessen den Einsatz fr einen frui-tiv-subjektiven Wert vorzuziehen (S. 10). Was die Formel leistet, ist also dies: Sie fordert eine Hingabe an eine objektive Leistung und schaltet dabei die Strung durch die persnlich egoistischen Interessen aus. Sie verurteilt sie nicht als solche, sondern nur soweit sie die geforderte Hingabe gefhrden. Das Auffllige da-bei ist, was auch Reiner selbst mit Recht hervorhebt, da bei dieser Formel der Rckgriff auf eine Wertrangordnung ganz fortfllt Diese hat vielmehr mit der zentralen ethischen Frage nach gut und bse nichts zu tun. Es entsteht aber darber hinaus die weiterfhrende Frage, ob berhaupt die Formulierung dieses Prinzips an die wertphilosophische Grundlegung gebun-den ist, an der Reiner entschieden festhlt, oder ob man es nicht vielleicht sogar reiner (und

    * Die Buchbesprechung erschien in der Zeitschrift fr philosophische Forschung, 6. Jg1951/1952, S. 148-149. Die Seitenumbrche des Erstdrucks sind in den fortlaufenden Text eingefgt.

  • 2

    weniger mit speziellen Vorstellungen belastet) fat, wenn man es als die Forderung der Hin-gabe an eine (menschliche oder sachliche) Aufgabe ausspricht. Reiner hat allerdings einen besonderen Grund, nicht nur am Wertgedanken allgemein, son-dern auch an dem einer Wertrangordnung (die freilich nicht notwendig die Schelersche zu sein braucht) festzuhalten, indem er nmlich das in der primren Ebene Ausgeschiedene in ei-ner sekundren doch wieder anzuerkennen vermag. Das ist fr ihn die Unterscheidung zwi-schen dem sittlich Guten und dem sittlich Richtigen. Nachdem die Frage einer mglichen Kollision mit den eignen Interessen ausgeschaltet ist, handelt es sich jetzt um die ganz an-dersartige Frage, was rein sachlich beim Abwgen verschiedener Mglichkeiten vorzuziehen ist. Und hier antwortet Reiner jetzt- der hhere (bezw. der dringlichere) Wert. Mit der Unter-scheidung dieser beiden Ebenen des sittlich Guten und des sittlich Richtigen scheint mir zur Klrung der ethischen Problematik ein wirklich entscheidender Fortschritt erzielt, der vllig unabhngig davon ist, wie weit man die brigen~ Formulierungen auch mit bernimmt. In dieser Ebene der, sittlich Richtigen gilt gewi der Satz des Sokrates, da niemand freiwillig etwas Verkehrtes tut. Dieses ist zugleich die Ebene, in der allein sich die ganze Schelersche Wertethik bewegt und innerhalb deren allein mit ihr sinnvoll diskutiert werden kann. Ob frei-lich auch diese Ebene, die Frage nach dem sittlich Richtigen, wertphilosophisch begrndet *erden mu, ist ein darber hinausgehendes Problem, das in sehr viel verwickeltere Fragen hineinfhrt. Otto Fr. B o 11 n o w, Mainz