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IMPRESSUM Financial Times Deutschland Redaktion Hamburg Stubbenhuk 3, 20459 Hamburg Tel.: 040/31990-0, Fax: -310 Redaktion Frankfurt Nibelungenplatz 3 60318 Frankfurt/Main Tel.: 069/153097-0, Fax: -50 Redaktion Berlin Friedrichstraße 71, 10117 Berlin Tel.: 030/22074-0, Fax: -150 www.ftd.de, E-Mail: [email protected] ISSN 1615-4118 Herausgeber: Andrew Gowers Chefredakteure: Christoph Keese, Wolfgang Münchau Geschäftsführender Redakteur/ Chef vom Dienst: Ulf Schlüter Redakteure beim Chef vom Dienst: Katrin Stockmayer (Koordination), Isabelle Arnold, Cosima Jäckel, Katrin Kothes, Stefanie Kreiss Leitung Layout/Infografik: Christine Thede Bildchef: Lutz Schmidt Chefreporter: Tasso Enzweiler Kolumnist: Lucas Zeise Nachrichten/Seite 1: Romanus Otte (verantw.), Heimo Fischer (Stv.), Karin Finkenzeller Ressortleiter Unternehmen: Stefan Weigel (verantw.), Stefan Biskamp (Stv.) Ressortleiter Politik & Wirtschaft: Thomas Hanke (verantw.), Thomas Fricke (Stv.) 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Nachrichten/Online/Audio: Andreas Albert, Kai Beller, Alexander Drost, Annette Entreß, Peter Kleinort, Thorsten Kramer, Nicolas Lieven, Henry Lübberstedt, Sabine Meinert, Heino Reents, Maxim Sergienko, Jennifer Tiede Industrie & Dienstleistungen: Dr. Alexandra Borchardt, Olaf Preuß (Ltg.), Oliver Fischer, Jenny Genger, Peter Kuchenbuch, Nicola de Paoli, Jörn Paterak, Guido Reinking, Christiane Ronke Informationstechnologie/ Medien: Guido Warlimont (Ltg.), Dr. Thomas Clark, René Gribnitz, Andre- as Krosta, Lutz Meier, Martin Virtel, Oli- ver Wihofszki, Joachim Zepelin Politik & Wirtschaft: Peter Ehrlich, Margaret Heckel (Ltg.), Hubert Beyerle, Claus Hulverscheidt, Timm Krägenow, Birgit Marschall, Karin Nink, Maike Rademaker, Christian Schütte, Tina Stadlmayer, Jens Tartler, Cordula Tutt, Gerrit Wiesmann Ausland: Kathrin Hille, Wolfgang Proissl (Ltg.), Silke Mertins, Britta Petersen, Andrzej Rybak, Christian Thiele, Hubert Wetzel, Marina Zapf Märkte und Finanzen: Ina Bauer (Ltg.), Tim Bartz, Sebastian Sachs, Wolfram Trost Finanzdienstleistungen: Rolf Lebert (Ltg.), Matthias Dezes, Herbert Fromme, Günter Heismann, Barbara Kussel, Sabi- ne Rössing, Claudia Wanner Das Kapital: Jörg Berens (Ltg.), Peter Doralt Korrespondentin Finanzmarktpolitik und Börsen: Doris Grass Reporter: Christian Baulig, Dr. Anton Notz, Tillmann Prüfer, Lorenz Wagner Agenda-Seite: Ralf Südhoff Kommentar: Sebastian Dullien, Matthias Ruch, Mark Schieritz, Daniela Schwarzer Wissen: Christian Herbst Networx: Benjamin Prüfer Inside Business: Harald Ehren, (Koordination), Michael Prellberg, Anke Stachow, Sport: Axel Kintzinger, Nina Klöckner Kultur: Willy Theobald (Koordination), Vera Görgen Weekend/Portfolio: Helmut Monkenbusch (Koord. 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Die Sozialdemokraten haben bis- lang keinen überzeugenden Grund formu- liert, warum man sie unbedingt wiederwäh- len muss. Ihr Parteiprogramm enthält keine neuen Vorschläge, wie Konjunkturkrise, Strukturschwäche und Arbeitslosigkeit be- kämpft werden sollen. Es fordert lediglich die Fortsetzung der heutigen Politik. Und die ist zwar nicht in jedem Detail, wohl aber im Ge- samtergebnis gescheitert. Der einzig neue Gedanke im Programm ist die bessere Förderung der Familien. Damit allein ist aber keine Wahl zu gewinnen. Die Leute halten das – wie Kanzler Schröder sagen würde – für „Gedöns“, solange die existenziel- len Fragen nicht gelöst sind. Anders als beim letzten Mal fehlt den Sozialdemokraten jene Werbepostkarte, die kurz und knapp zehn Gründe für eine SPD-Stimme auflistet. Eine solche Karte kann die Partei nicht mehr aufle- gen, weil sie die alte schon verstecken muss. Zu krass ist der Abstand zwischen den damali- gen Versprechen und der heutigen Realität. Der SPD-Wahlkampf leidet deswegen am schwersten Handicap, das vorstellbar ist: Die freiwilligen Helfer in den Fußgängerzonen werden keine schlagkräftigen Argumente zur Verfügung haben. Sie können nicht sagen: „Wählt uns, dann findet ihr Arbeit und ver- dient mehr Geld.“ Das würde ihnen niemand mehr glauben. Schröder weiß das und flüchtet deshalb in die Personalisierung. Viel helfen wird ihm das jedoch nicht. Viele Meinungsmacher rücken ab Denn zwei wichtige Faktoren belasten ihn zu- sätzlich: Sein Flirt mit den Medien ist weitge- hend beendet. Die wichtigsten Meinungsma- cher distanzieren sich. Anders als beim letz- ten Mal schlägt Schröder aus der Mehrheit der Leitmedien keine Sympathie mehr entgegen. Außerdem funktioniert seine Wahlkampfzen- trale nicht so gut wie 1998. Weil er jetzt den Apparat des Kanzleramtes zur Verfügung hat, erliegt er der Versuchung, die entscheidenden Impulse von dort zu setzen. Regierungszen- trale und Wahlkampfbüro arbeiten zu oft ge- geneinander. Kurzum: Die Sozialdemokraten sind nach nur vier Jahren an der Macht pro- grammatisch und politisch so erschöpft wie andere erst nach einem Jahrzehnt. Noch dramatischer ist die Lage bei den Grü- nen. Auf ihrem Parteitag am Wochenende bo- ten sie ein trauriges Bild. Die Reden erstarrten zu Formeln, um Posten wird inzwischen ver- bissener gekämpft als anderswo, die politi- sche Agenda ist weitgehend abgearbeitet, neue Ziele sind nicht in Sicht. Die FDP wirkt inzwischen jünger als die Grünen, vor allem hat sie Ideen, für die sich der Einsatz lohnt. Im krassen Gegensatz zur traurigen Lage ih- rer Parteien stehen drei politische Ausnahme- talente: Joschka Fischer, Hans Eichel und Otto Schily. Sie konnten die schlechte Bilanz der Regierung im Ganzen zwar nicht verhindern, doch einzeln boten alle drei höchst beeindru- ckende Leistungen. Fischer ist vermutlich der beste Außenminister der Nachkriegszeit; ge- gen ihn verblasst selbst Hans-Dietrich Gen- scher. Eichel besitzt jene Kombination aus Glaubwürdigkeit, Solidität und intellektueller Brillanz, die so selten ist. Und Schily hat es geschafft, die vielen Krisen seiner Zeit perfekt zu lösen und bis auf die NPD-Klage nicht einen gravierenden Fehler zu machen. Gute Fachleute nicht verschwenden Muss Deutschland wirklich auf diese Talente verzichten, wenn Rot-Grün abgewählt wird? Gibt es so viele Profis, dass man die drei be- denkenlos in Rente schicken kann? Wäre Deutschland eine Aktiengesellschaft, würden sie gewiss nicht nach Hause gehen. Viele neue Vorstandsvorsitzende übernehmen den Fi- nanz- oder Produktionschef ihres Vorgängers. Wichtige Posten werden meist nach Qualifika- tion verteilt, unabhängig davon, ob jemand zum ancien oder zum nouvel régime gehört. Städte und Gemeinden machen es nicht anders. Erfolgreiche Stadtkämmerer können Jahrzehnte im Amt bleiben, egal, welche Par- tei gerade die Mehrheit stellt. Gleiches auf Bundesebene zu tun klingt nur im ersten Moment absurd. Zugegeben: Otto Schily wird nicht zu halten sein. Die Vorstel- lungen von Union und SPD klaffen in der In- nenpolitik zu weit auseinander. Schily könnte guten Gewissens unter einem Kanzler Stoiber nicht dienen. An Schilys Abschied werden wir uns wohl gewöhnen müssen. Aber Joschka Fischer? Warum sollte Stoiber ihn nicht im Amt belassen? Einen besseren Kandidaten haben CDU, CSU und FDP nicht zu bieten. Programmatische Unterschiede gibt es kaum. Über die richtige Außenpolitik herrscht fast immer Konsens. Fischer müsste noch nicht einmal aus seiner Partei austreten – er könnte einfach ein grüner Außenminister in einer konservativen Regierung sein. Vorbil- der dafür gibt es: So hatte Demokrat Bill Clin- ton Republikaner in seinem Kabinett. Ähnlich gut könnte Eichel weiter arbeiten. Mit Wolfgang Schäuble gibt es zwar einen ebenbürtigen Gegenkandidaten der Union für das Finanzministerium. Doch Eichel ist schon eingearbeitet und kennt den Weg zum schuldenfreien Haushalt so gut wie kein ande- rer. Finanzpolitik ist um so besser, je kontinu- ierlicher sie ist – warum also Eichel nicht vier weitere Jahre die Kasse bewachen lassen? Die neue Regierung muss vieles besser, aber nicht alles anders machen. E-MAIL: [email protected] Devisen- händler, die schnell Ent- scheidungen treffen müs- sen, brauchen Faustregeln Der Euro kommt in Mode Seit einigen Jahren bestimmt das Leitbild des starken Dollar das Geschehen an den Devisenmärkten – nun mehren sich die Anzeichen, dass sich die Story ändert VON PETER BOFINGER UND ROBERT SCHMIDT S ieben Prozent hat der Euro in den vergangenen 14 Wo- chen gegenüber dem Dollar an Wert gewinnen können. Wird es ihm nun endlich gelingen, die Schwelle von 1 $ je Euro zu über- schreiten oder sogar wieder auf den Ausgangskurs von 1,1789 $ zurückzukehren? Wollte man diese Frage aus einer rein ökono- mischen Perspektive beantwor- ten, müsste man ehrlicherweise zugeben, dass es hierfür keine se- riösen Prognosen gibt. Die Quint- essenz aller ökonometrischen Studien über den Einfluss funda- mentaler Daten auf den Wechsel- kurs ist eindeutig: Auf kurze und mittlere Sicht lässt sich das Ge- schehen auf den Devisenmärkten nicht mit makroökonomischen Daten erklären. Wenig hilfreich ist auch der von dem US-Ökonomen Richard Lyons entwickelte, „Mikrostruk- tur-Ansatz“. Danach wird der Wechselkurs von den „order flows“ bestimmt, die bei den am Devisenmarkt tätigen Banken eingehen. Doch so einleuchtend das ist – die zentrale Frage, ob die „order flows“ in den nächsten Wochen Dollar-Käufe oder Dollar -Verkäufe bringen werden, bleibt in diesem Modell ungeklärt. Die einzige korrekte ökonomi- sche Aussage zum Euro-Kurs lau- tet also: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Wenn man die Dinge nicht ganz so agnostisch angehen will, bleibt einem nur noch die für den Devisenmarkt bisher kaum be- achtete Theorie der „Behavioural Finance“. Sie ist davon geprägt, dass Entscheidungsträger in ei- nem komplexen Umfeld stets mit einfachen Daumenregeln („Heu- ristiken“) operieren müssen. So muss ein Devisenhändler in kürzester Zeit ständig Kurse stel- len, wobei er fortlaufend mit neuen Daten konfrontiert wird. Anders als auf dem Aktienmarkt ist dabei oft völlig unklar ist, was Informationen für den Kurs be- deuten. Gibt ein Unternehmen eine Gewinnwarnung ab, ist klar, dass der Kurs sinken wird. Aber wer weiß schon, was es für den Dollar bedeu- tete, wenn Alan Green- span morgen die Zin- sen erhöhte. Der Bedarf an Heu- ristiken ergibt sich am Devisenmarkt auch daraus, dass es für die Händler an einem spe- kulativen Markt vor al- lem darauf ankommt, die Erwartungen der anderen Teilnehmer zu antizipie- ren, die sich in einer identischen Situation befinden. Dieses kom- plexe Problem (Erwartungen da- rüber, was die anderen von den anderen erwarten) wurde von Keynes mit dem Begriff der „In- formation dritten Grades“ be- zeichnet. Im Alltagsleben, stellt sich ein ähnliches Problem, wenn man sich abends fragt, in welcher Kneipe man wohl die meisten Be- kannten findet. Die Lösung ist die Stammkneipe oder in der Termi- nologie der Spieltheorie ein „fo- kaler Punkt“, also ein Punkt, der die unabhängig voneinander gebildeten Erwartungen koordi- niert. Fokale Punkte sind Dau- menregeln, die nur dann funktio- nieren, wenn sie viele Menschen gleichzeitig verwenden. Ähnlich wie Konventionen weisen sie des- halb eine hohe Persistenz auf. Was bedeutet das für den Devi- senmarkt? Die wichtigste Heuris- tik dürfte darin bestehen, dass sich zwischen den Beteiligten eine Konvention darüber entwi- ckelt, welchen Kurstrend eine Währungsrelation auf- weisen wird. Hierfür spricht, dass es am Devisenmarkt immer wieder zu lang an- haltenden Abwer- tungstrends gekom- men ist: Dollar gegen- über D-Mark von März 1973 bis Novem- ber 1978, D-Mark gegenüber Dollar von Anfang 1980 bis Feb- ruar 1985, Dollar gegenüber Yen von April 1990 bis April 1995, D-Mark (beziehungsweise Euro) gegenüber Dollar seit April 1995. Kennzeichnend für diese Trends ist, dass sie sich unabhän- gig von Fundamentaldaten entwi- ckeln. Ist der Kurstrend durch eine Heuristik bestimmt, wirkt sie wie ein Filter, der nur noch jene Daten ins Bewusstsein dringen lässt, die zu ihr passen („fra- ming“). Ein Paradebeispiel hierfür ist das US-Leistungsbilanzdefizit. Obwohl es seit Jahren sehr hoch ist, blieb es in der Phase des star- ken Dollar unbeachtet. Dass es jetzt zunehmend als ein Problem gesehen wird, ist daher ein wichti- ges Indiz für eine neue Heuristik. Hierzu passt auch, dass der jüngste Rückgang des Ifo-Index dem Euro nicht geschadet hat. Bleibt die Frage, wer die Trend- setter am Devisenmarkt sind. Bei allen Trendwenden in der Ver- gangenheit waren massive No- tenbank-Interventionen zu er- kennen. Dies gilt auch für den Euro, dessen Kursverfall durch beherzte Dollar-Verkäufe der EZB im November 2000 definitiv gestoppt wurde. Damit war die Konvention „schwacher Euro“ er- ledigt, es reichte aber nicht aus, eine neue Mode „schwacher Dol- lar“ zu etablieren. Die Folge war eine ausgeprägte Seitwärtsbewe- gung, die in der Phase nach dem 11. September 2001 auch durch EZB-Intervention zu Gunsten des Dollar stabilisiert wurde. Wenn sich jetzt ein fokaler Punkt zu Gunsten des Euro etab- liert, wäre dies aus der Sicht der „Behavioural Finance“ vor allem mit der gelungen Bargeldeinfüh- rung zu erklären. Sie hat die Ver- trautheit der Menschen mit dem Euro erhöht und so einen „home country bias“ für die Gemein- schaftswährung etabliert. PETER BOFINGER lehrt Geldpolitik und internationale Wirtschaftsbe- ziehungen an der Universität Würzburg, ROBERT SCHMIDT pro- moviert dort. DAS ZITAT DES TAGES „Mir bedeuten Titel und Orden sowieso nichts“ Klaus Toppmöller, TRAINER, nach Leverkusens vierter Vize-Meisterschaft 30 MONTAG, 6. MAI 2002 KOMMENTAR FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND ........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... POSTEINGANG Zum Kommentar „Blockierte Lei- tung“, FTD vom 16. April 2002 Rohrkrepierer Wenn sich der Gasmarkt so wie der Strommarkt entwickelt, ist das der nächste Rohrkrepierer. Heute wird der Strommarkt nur noch von vier großen Versorgern (Eon, RWE, EnBW, Vattenfall) beherrscht. Ver- sorgerwechsel werden durch über- höhte Netznutzungsgebühren un- möglich gemacht. Für Tarifkunden und Kleinabnehmer funktioniert der Wettbewerb praktisch nicht. Wie kann man annehmen, dass bei der Gasversorgung funktioniert, was auf dem deutschen Strom- markt ein Reinfall war? Beim Staatsmonopol Telekom wurde von der Industrie eine Regulierungsbe- hörde gefordert und durchgesetzt – da klappt auch der Wettbewerb. Dieter Plasa, Kassel Zum Bericht „Deutscher Börse droht Niederlage bei Penny Stocks“, FTD vom 10. April 2002 Luftblasen Erst wollte die Deutsche Börse sich nur noch mit den hoch gelobten Papieren des Neuen Marktes abge- ben. Im Rahmen der allgemeinen Ernüchterung an den Weltbörsen sollten dann Penny Stocks und Zocker-Aktien vom Handel in den großen Indizes im Neuen Markt ausgeschlossen werden. Das Mana- gement der Deutschen Börse ar- beitet so dilettantisch wie die aus- zuschließenden Unternehmen. Alle vollmundigen Aussagen erweisen sich im Nachhinein als Luftblasen. Uwe Lämmle, Leinfelden- Echterdingen Zum Bericht „SPD will Zwangsmit- gliedschaft in IHK lockern“, FTD vom 23. April 2002 Kammern abschaffen Die SPD hatte fast vier Jahre Zeit, den Anachronismus der Zwangs- mitgliedschaft in den verkrusteten Kammern abzuschaffen. Doch es ist ihr nicht gelungen, das leis- tungshemmende Relikt zu beerdi- gen. Jetzt bemerkt die Partei, wie enttäuscht und widerstandsbereit eine größere Wählergruppe ist: die Inhaber kleiner und mittelständi- scher Unternehmen. Eine jede Kammerreform, bei der nicht die Abschaffung der Zwangsmitglied- schaft an erster Stelle steht, ver- dient ihren Namen nicht und wird auch keine Ruhe in die Reihen der protestierenden Betriebe bringen. Alfred F. Schmitz, Germering LESERBRIEFE Brieffach 02, 20444 Hamburg Kennwort: Leserbriefe Fax: 040/31990-435, E-Mail: [email protected] Die hier abgedruckten Leserbriefe sind keine redaktionellen Beiträge, sondern geben ausschließlich die Meinung der Einsender wieder. Zuschriften ohne vollständige Angabe des Absenders werden nicht veröffentlicht. Die Redaktion bittet um Verständnis dafür, dass aus Platzgründen nicht jede Einsendung ver- öffentlicht werden kann. Wir behalten uns das Recht auf Kürzungen vor. Alle Anregungen werden sorgfältig be- arbeitet, auch wenn wir sie nicht beantworten können.

Rettet Eichel und Fischer - wiwi.uni-wuerzburg.de · IMPRESSUM Financial Times Deutschland Redaktion Hamburg Stubbenhuk 3, 20459 Hamburg Tel.: 040/31990-0, Fax: -310 Redaktion Frankfurt

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Financial Times DeutschlandRedaktion HamburgStubbenhuk 3, 20459 Hamburg Tel.: 040/31990-0, Fax: -310Redaktion FrankfurtNibelungenplatz 360318 Frankfurt/MainTel.: 069/153097-0, Fax: -50Redaktion BerlinFriedrichstraße 71, 10117 BerlinTel.: 030/22074-0, Fax: -150www.ftd.de, E-Mail:[email protected] 1615-4118

Herausgeber: Andrew GowersChefredakteure: Christoph Keese,Wolfgang MünchauGeschäftsführender Redakteur/Chef vom Dienst:Ulf Schlüter

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Ressortleiter Politik & Wirtschaft: Thomas Hanke (verantw.),Thomas Fricke (Stv.)

Ressortleiter Finanzen: Daniel Bögler (verantw.)

Ressortleiter Agenda: Steffen Klusmann (verantw.), Dr. Nikolaus Förster (Stv.)

Weekend/Portfolio: Frederick Stüdemann-Schulenburg(verantw.)

Redaktionleiterin Electronic Media:Kirsten Haake

Verantwortliche Redakteure im Sinne des Presserechts sind dievorstehend als solche genannten Redak-teure für ihren Bereich, im Übrigen die Chefredaktion. Redak-tionssitz des Ressorts Politik ist Berlin,des Ressorts Finanzen Frankfurt/Main,im Übrigen Hamburg.

Nachrichten/Online/Audio: AndreasAlbert, Kai Beller, Alexander Drost,Annette Entreß, Peter Kleinort, ThorstenKramer, Nicolas Lieven, HenryLübberstedt, Sabine Meinert, HeinoReents, Maxim Sergienko, Jennifer Tiede

Industrie & Dienstleistungen: Dr. Alexandra Borchardt, Olaf Preuß(Ltg.), Oliver Fischer, Jenny Genger,Peter Kuchenbuch, Nicola de Paoli,Jörn Paterak, Guido Reinking,Christiane RonkeInformationstechnologie/Medien: Guido Warlimont (Ltg.), Dr. Thomas Clark, René Gribnitz, Andre-as Krosta, Lutz Meier, Martin Virtel, Oli-ver Wihofszki, Joachim ZepelinPolitik & Wirtschaft: Peter Ehrlich,Margaret Heckel (Ltg.), Hubert Beyerle, Claus Hulverscheidt, TimmKrägenow, Birgit Marschall, Karin Nink,Maike Rademaker, Christian Schütte,Tina Stadlmayer, Jens Tartler, CordulaTutt, Gerrit Wiesmann

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Zu schade für einen Rückzug ins Private:Außenminister Joschka Fischer

Rettet Eichel und FischerRot-Grün wird wohl abgewählt. Trotzdem sollte die neue Regierung nicht auf Ausnahmetalente verzichten

Von Christoph Keese

Gewählt wird erst am 22. September,doch heute – knapp fünf Monate vordem Stichtag – könnte die Sache für die

rot-grüne Koalition kaum schlechter stehen.Niemand weiß, wie sie noch aus der Malaisezu retten ist. Die Sozialdemokraten haben bis-lang keinen überzeugenden Grund formu-liert, warum man sie unbedingt wiederwäh-len muss. Ihr Parteiprogramm enthält keineneuen Vorschläge, wie Konjunkturkrise,Strukturschwäche und Arbeitslosigkeit be-kämpft werden sollen. Es fordert lediglich dieFortsetzung der heutigen Politik. Und die istzwar nicht in jedem Detail, wohl aber im Ge-samtergebnis gescheitert.

Der einzig neue Gedanke im Programm istdie bessere Förderung der Familien. Damitallein ist aber keine Wahl zu gewinnen. DieLeute halten das – wie Kanzler Schröder sagenwürde – für „Gedöns“, solange die existenziel-len Fragen nicht gelöst sind. Anders als beimletzten Mal fehlt den Sozialdemokraten jeneWerbepostkarte, die kurz und knapp zehnGründe für eine SPD-Stimme auflistet. Einesolche Karte kann die Partei nicht mehr aufle-gen, weil sie die alte schon verstecken muss.Zu krass ist der Abstand zwischen den damali-gen Versprechen und der heutigen Realität.

Der SPD-Wahlkampf leidet deswegen amschwersten Handicap, das vorstellbar ist: Diefreiwilligen Helfer in den Fußgängerzonenwerden keine schlagkräftigen Argumente zurVerfügung haben. Sie können nicht sagen:„Wählt uns, dann findet ihr Arbeit und ver-dient mehr Geld.“ Das würde ihnen niemandmehr glauben. Schröder weiß das und flüchtetdeshalb in die Personalisierung. Viel helfenwird ihm das jedoch nicht.

Viele Meinungsmacher rücken abDenn zwei wichtige Faktoren belasten ihn zu-sätzlich: Sein Flirt mit den Medien ist weitge-hend beendet. Die wichtigsten Meinungsma-cher distanzieren sich. Anders als beim letz-ten Mal schlägt Schröder aus der Mehrheit derLeitmedien keine Sympathie mehr entgegen.Außerdem funktioniert seine Wahlkampfzen-trale nicht so gut wie 1998. Weil er jetzt denApparat des Kanzleramtes zur Verfügung hat,erliegt er der Versuchung, die entscheidendenImpulse von dort zu setzen. Regierungszen-

trale und Wahlkampfbüro arbeiten zu oft ge-geneinander. Kurzum: Die Sozialdemokratensind nach nur vier Jahren an der Macht pro-grammatisch und politisch so erschöpft wieandere erst nach einem Jahrzehnt.

Noch dramatischer ist die Lage bei den Grü-nen. Auf ihrem Parteitag am Wochenende bo-ten sie ein trauriges Bild. Die Reden erstarrtenzu Formeln, um Posten wird inzwischen ver-bissener gekämpft als anderswo, die politi-sche Agenda ist weitgehend abgearbeitet,neue Ziele sind nicht in Sicht. Die FDP wirktinzwischen jünger als die Grünen, vor allemhat sie Ideen, für die sich der Einsatz lohnt.

Im krassen Gegensatz zur traurigen Lage ih-rer Parteien stehen drei politische Ausnahme-talente: Joschka Fischer, Hans Eichel und Otto

Schily. Sie konnten die schlechte Bilanz derRegierung im Ganzen zwar nicht verhindern,doch einzeln boten alle drei höchst beeindru-ckende Leistungen. Fischer ist vermutlich derbeste Außenminister der Nachkriegszeit; ge-gen ihn verblasst selbst Hans-Dietrich Gen-scher. Eichel besitzt jene Kombination ausGlaubwürdigkeit, Solidität und intellektuellerBrillanz, die so selten ist. Und Schily hat esgeschafft, die vielen Krisen seiner Zeit perfektzu lösen und bis auf die NPD-Klage nichteinen gravierenden Fehler zu machen.

Gute Fachleute nicht verschwendenMuss Deutschland wirklich auf diese Talenteverzichten, wenn Rot-Grün abgewählt wird?Gibt es so viele Profis, dass man die drei be-denkenlos in Rente schicken kann? WäreDeutschland eine Aktiengesellschaft, würdensie gewiss nicht nach Hause gehen. Viele neueVorstandsvorsitzende übernehmen den Fi-nanz- oder Produktionschef ihres Vorgängers.Wichtige Posten werden meist nach Qualifika-tion verteilt, unabhängig davon, ob jemandzum ancien oder zum nouvel régime gehört.Städte und Gemeinden machen es nichtanders. Erfolgreiche Stadtkämmerer könnenJahrzehnte im Amt bleiben, egal, welche Par-tei gerade die Mehrheit stellt.

Gleiches auf Bundesebene zu tun klingt nurim ersten Moment absurd. Zugegeben: OttoSchily wird nicht zu halten sein. Die Vorstel-lungen von Union und SPD klaffen in der In-nenpolitik zu weit auseinander. Schily könnteguten Gewissens unter einem Kanzler Stoibernicht dienen. An Schilys Abschied werden wiruns wohl gewöhnen müssen.

Aber Joschka Fischer? Warum sollte Stoiberihn nicht im Amt belassen? Einen besserenKandidaten haben CDU, CSU und FDP nichtzu bieten. Programmatische Unterschiedegibt es kaum. Über die richtige Außenpolitikherrscht fast immer Konsens. Fischer müsstenoch nicht einmal aus seiner Partei austreten– er könnte einfach ein grüner Außenministerin einer konservativen Regierung sein. Vorbil-der dafür gibt es: So hatte Demokrat Bill Clin-ton Republikaner in seinem Kabinett.

Ähnlich gut könnte Eichel weiter arbeiten.Mit Wolfgang Schäuble gibt es zwar einenebenbürtigen Gegenkandidaten der Unionfür das Finanzministerium. Doch Eichel istschon eingearbeitet und kennt den Weg zumschuldenfreien Haushalt so gut wie kein ande-rer. Finanzpolitik ist um so besser, je kontinu-ierlicher sie ist – warum also Eichel nicht vierweitere Jahre die Kasse bewachen lassen? Dieneue Regierung muss vieles besser, aber nichtalles anders machen.

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Devisen-händler, dieschnell Ent-scheidungentreffen müs-

sen, brauchenFaustregeln

Der Euro kommt in ModeSeit einigen Jahren bestimmt das Leitbild des starken Dollar das Geschehen an den Devisenmärkten – nun

mehren sich die Anzeichen, dass sich die Story ändert VON PETER BOFINGER UND ROBERT SCHMIDT

Sieben Prozent hat der Euroin den vergangenen 14 Wo-chen gegenüber dem Dollar

an Wert gewinnen können. Wirdes ihm nun endlich gelingen, dieSchwelle von 1 $ je Euro zu über-schreiten oder sogar wieder aufden Ausgangskurs von 1,1789 $zurückzukehren? Wollte mandiese Frage aus einer rein ökono-mischen Perspektive beantwor-ten, müsste man ehrlicherweisezugeben, dass es hierfür keine se-riösen Prognosen gibt. Die Quint-essenz aller ökonometrischenStudien über den Einfluss funda-mentaler Daten auf den Wechsel-kurs ist eindeutig: Auf kurze undmittlere Sicht lässt sich das Ge-schehen auf den Devisenmärktennicht mit makroökonomischenDaten erklären.

Wenig hilfreich ist auch der vondem US-Ökonomen RichardLyons entwickelte, „Mikrostruk-tur-Ansatz“. Danach wird derWechselkurs von den „orderflows“ bestimmt, die bei den amDevisenmarkt tätigen Bankeneingehen. Doch so einleuchtenddas ist – die zentrale Frage, ob die„order flows“ in den nächstenWochen Dollar-Käufe oder Dollar-Verkäufe bringen werden, bleibtin diesem Modell ungeklärt.

Die einzige korrekte ökonomi-sche Aussage zum Euro-Kurs lau-tet also: „Ich weiß, dass ich nichtsweiß.“ Wenn man die Dinge nichtganz so agnostisch angehen will,bleibt einem nur noch die für denDevisenmarkt bisher kaum be-achtete Theorie der „Behavioural

Finance“. Sie ist davon geprägt,dass Entscheidungsträger in ei-nem komplexen Umfeld stets miteinfachen Daumenregeln („Heu-ristiken“) operieren müssen.

So muss ein Devisenhändler inkürzester Zeit ständig Kurse stel-len, wobei er fortlaufend mitneuen Daten konfrontiert wird.Anders als auf dem Aktienmarktist dabei oft völlig unklar ist, wasInformationen für den Kurs be-deuten. Gibt ein Unternehmeneine Gewinnwarnung ab, ist klar,dass der Kurs sinken wird. Aberwer weiß schon, was esfür den Dollar bedeu-tete, wenn Alan Green-span morgen die Zin-sen erhöhte.

Der Bedarf an Heu-ristiken ergibt sich amDevisenmarkt auchdaraus, dass es für dieHändler an einem spe-kulativen Markt vor al-lem darauf ankommt,die Erwartungen deranderen Teilnehmer zu antizipie-ren, die sich in einer identischenSituation befinden. Dieses kom-plexe Problem (Erwartungen da-rüber, was die anderen von denanderen erwarten) wurde vonKeynes mit dem Begriff der „In-formation dritten Grades“ be-zeichnet. Im Alltagsleben, stelltsich ein ähnliches Problem, wennman sich abends fragt, in welcherKneipe man wohl die meisten Be-kannten findet. Die Lösung ist dieStammkneipe oder in der Termi-nologie der Spieltheorie ein „fo-

kaler Punkt“, also ein Punkt, derdie unabhängig voneinandergebildeten Erwartungen koordi-niert. Fokale Punkte sind Dau-menregeln, die nur dann funktio-nieren, wenn sie viele Menschengleichzeitig verwenden. Ähnlichwie Konventionen weisen sie des-halb eine hohe Persistenz auf.

Was bedeutet das für den Devi-senmarkt? Die wichtigste Heuris-tik dürfte darin bestehen, dasssich zwischen den Beteiligteneine Konvention darüber entwi-ckelt, welchen Kurstrend eine

Währungsrelation auf-weisen wird. Hierfürspricht, dass es amDevisenmarkt immerwieder zu lang an-haltenden Abwer-tungstrends gekom-men ist: Dollar gegen-über D-Mark vonMärz 1973 bis Novem-ber 1978, D-Markgegenüber Dollar vonAnfang 1980 bis Feb-

ruar 1985, Dollar gegenüber Yenvon April 1990 bis April 1995,D-Mark (beziehungsweise Euro)gegenüber Dollar seit April 1995.

Kennzeichnend für dieseTrends ist, dass sie sich unabhän-gig von Fundamentaldaten entwi-ckeln. Ist der Kurstrend durcheine Heuristik bestimmt, wirkt siewie ein Filter, der nur noch jeneDaten ins Bewusstsein dringenlässt, die zu ihr passen („fra-ming“). Ein Paradebeispiel hierfürist das US-Leistungsbilanzdefizit.Obwohl es seit Jahren sehr hoch

ist, blieb es in der Phase des star-ken Dollar unbeachtet. Dass esjetzt zunehmend als ein Problemgesehen wird, ist daher ein wichti-ges Indiz für eine neue Heuristik.Hierzu passt auch, dass derjüngste Rückgang des Ifo-Indexdem Euro nicht geschadet hat.

Bleibt die Frage, wer die Trend-setter am Devisenmarkt sind. Beiallen Trendwenden in der Ver-gangenheit waren massive No-tenbank-Interventionen zu er-kennen. Dies gilt auch für denEuro, dessen Kursverfall durchbeherzte Dollar-Verkäufe der EZBim November 2000 definitivgestoppt wurde. Damit war dieKonvention „schwacher Euro“ er-ledigt, es reichte aber nicht aus,eine neue Mode „schwacher Dol-lar“ zu etablieren. Die Folge wareine ausgeprägte Seitwärtsbewe-gung, die in der Phase nach dem11. September 2001 auch durchEZB-Intervention zu Gunsten desDollar stabilisiert wurde.

Wenn sich jetzt ein fokalerPunkt zu Gunsten des Euro etab-liert, wäre dies aus der Sicht der„Behavioural Finance“ vor allemmit der gelungen Bargeldeinfüh-rung zu erklären. Sie hat die Ver-trautheit der Menschen mit demEuro erhöht und so einen „homecountry bias“ für die Gemein-schaftswährung etabliert.

P E T E R B O F I N G E R lehrt Geldpolitikund internationale Wirtschaftsbe-ziehungen an der UniversitätWürzburg, R O B E R T S C H M I DT pro-moviert dort.

DAS Z I TAT DES TAGES

„Mir bedeuten Titel undOrden sowieso nichts“Klaus Toppmöller, T R A I N E R , nach Leverkusens vierter Vize-Meisterschaft

3 0 M O N TAG , 6 . M A I 2 0 0 2 K O M M E N TA R F I N A N C I A L T I M E S D E U T S C H L A N D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P O S T E I N G A N G

Zum Kommentar „Blockierte Lei-tung“, FTD vom 16. April 2002

RohrkrepiererWenn sich der Gasmarkt so wie derStrommarkt entwickelt, ist das dernächste Rohrkrepierer. Heute wirdder Strommarkt nur noch von viergroßen Versorgern (Eon, RWE,EnBW, Vattenfall) beherrscht. Ver-sorgerwechsel werden durch über-höhte Netznutzungsgebühren un-möglich gemacht. Für Tarifkundenund Kleinabnehmer funktioniertder Wettbewerb praktisch nicht.Wie kann man annehmen, dass beider Gasversorgung funktioniert,was auf dem deutschen Strom-markt ein Reinfall war? BeimStaatsmonopol Telekom wurde vonder Industrie eine Regulierungsbe-hörde gefordert und durchgesetzt –da klappt auch der Wettbewerb.

Dieter Plasa, Kassel

Zum Bericht „Deutscher Börse drohtNiederlage bei Penny Stocks“, FTD vom 10. April 2002

LuftblasenErst wollte die Deutsche Börse sichnur noch mit den hoch gelobtenPapieren des Neuen Marktes abge-ben. Im Rahmen der allgemeinenErnüchterung an den Weltbörsensollten dann Penny Stocks undZocker-Aktien vom Handel in dengroßen Indizes im Neuen Marktausgeschlossen werden. Das Mana-gement der Deutschen Börse ar-beitet so dilettantisch wie die aus-

zuschließenden Unternehmen. Allevollmundigen Aussagen erweisensich im Nachhinein als Luftblasen.

Uwe Lämmle, Leinfelden-Echterdingen

Zum Bericht „SPD will Zwangsmit-gliedschaft in IHK lockern“, FTD vom 23. April 2002

Kammern abschaffenDie SPD hatte fast vier Jahre Zeit,den Anachronismus der Zwangs-mitgliedschaft in den verkrustetenKammern abzuschaffen. Doch esist ihr nicht gelungen, das leis-tungshemmende Relikt zu beerdi-gen. Jetzt bemerkt die Partei, wieenttäuscht und widerstandsbereiteine größere Wählergruppe ist: dieInhaber kleiner und mittelständi-scher Unternehmen. Eine jedeKammerreform, bei der nicht dieAbschaffung der Zwangsmitglied-schaft an erster Stelle steht, ver-dient ihren Namen nicht und wirdauch keine Ruhe in die Reihen derprotestierenden Betriebe bringen.

Alfred F. Schmitz, Germering

LESERBRIEFEBrieffach 02, 20444 HamburgKennwort: LeserbriefeFax: 040/31990-435, E-Mail: [email protected] hier abgedruckten Leserbriefe sind keine redaktionellen Beiträge, sondern geben ausschließlichdie Meinung der Einsender wieder. Zuschriften ohnevollständige Angabe des Absenders werden nicht veröffentlicht. Die Redaktion bittet um Verständnis dafür, dass aus Platzgründen nicht jede Einsendung ver-öffentlicht werden kann. Wir behalten uns das Recht aufKürzungen vor. Alle Anregungen werden sorgfältig be-arbeitet, auch wenn wir sie nicht beantworten können.