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Rettungsdienst und Nationale Katastrophenhilfe / Bundesrettungskommando
Ao. Univ. Prof. Dr. Barbara Juen
Umgang mit Personen nach traumatischen Ereignissen
Österreichisches Rotes KreuzLeopold Franzens Universität Innsbruck
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Rettungsdienst und Nationale Katastrophenhilfe / Bundesrettungskommando
Was ist Resilienz?
Resilienz ist die Fähigkeit, Widrigkeiten, Trauma, Tragische Ereignisse, Bedrohungen oder andere bedeutsame Stressoren gut zu bewältigen
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Rettungsdienst und Nationale Katastrophenhilfe / Bundesrettungskommando
Resilienz
….bedeutet nicht die Abwesenheit von Stresserleben
….ist keine Eigenschaft, die man hat oder nicht Resilienz kann gelernt und entwickelt werden
….hängt nicht nur von der Einzelperson ab, sondern auch von ihrer Umwelt
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Rettungsdienst und Nationale Katastrophenhilfe / Bundesrettungskommando
Resilienzfaktoren
Die Fähigkeit in die Zukunft zu planen (realistische Pläne zu machen und Schritte zu deren Realisierung zu unternehmen)
Eine positive Selbstsicht sowie eine positive Sicht anderer Personen
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Rettungsdienst und Nationale Katastrophenhilfe / Bundesrettungskommando
Resilienzfaktoren
Problemlöse- und Kommunikationsfähigkeiten
Die Fähigkeit, starke Gefühle und Impulse zu regulieren
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Rettungsdienst und Nationale Katastrophenhilfe / Bundesrettungskommando
Trauma (Fischer & Riedesser)
Trauma erzeugt eine Lücke zwischen wahrgenommener Bedrohung und der Fähigkeit diese zu bewältigen
Die dazu führt, dass Grundannahmen über Selbst und Welt gestört werden
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Rettungsdienst und Nationale Katastrophenhilfe / Bundesrettungskommando
Grundannahmen, Basic assumptions (Janov-Bulman)
Gutartigkeit der Welt (Benevolence of the world)
Sinnhaftigkeit der Welt (Meaningfulness of the world)
Selbstwert (Worthiness of self)
Diese Grundannahmen hängen eng mit unserem Gefühl der Verwundbarkeit zusammen
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Rettungsdienst und Nationale Katastrophenhilfe / Bundesrettungskommando
Traumasymptome sind normale Reaktionen auf abnormale Ereignisse
• Trauma führt im allgemeinen zu Stresserleben und einem Gefühl der Störung
• Die unmittelbaren Reaktionen können zu längerfristigen Störungen werden
• Frühe Symptome sind labil, polymorph und reaktiv
• Sie können als Teil des Heilungsprozesses betrachtet werden
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Rettungsdienst und Nationale Katastrophenhilfe / Bundesrettungskommando
Traumasymptome
Intrusionen Übererregtheit
Problemfokussiert (erhöhtes
Stressempfinden)
Vermeidung (Dissoziation)
Emotionsregulierend (Stressreduktion)
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Internale protektive Faktoren: Balance der Copingfunktionen
Sowohl Emotionsregulierung als auch Problem- fokussierung scheinen notwendig zu sein für den Heilungsprozess (Horowitz)
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Internale protektive Faktoren: Balance der Copingfunktionen
Neue Grundannahmen zu finden, scheint ein weiterer wesentlicher Teil der Heilung zu sein (Janov-Bullman; Fischer)
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Externale protektive Faktoren
Soziale und Familien Kohäsion
Unterstützungssysteme
Geteilte Werte und Glaubenssysteme
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Internale protektive Faktoren
Fähigkeit Gefahren zu erkennen und zu vermeiden
Fähigkeit andere für Hilfe und Trost zu aktivieren
Fähigkeit Angst zu regulieren
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Was brauchen Personen während der traumatischen Situation?
Adaptation an das Ereignis(in welchem Ausmaß ist die Person in der Lage (gewesen) ihre Handlungsziele in der Situation zu erreichen? Z.B. zu schreien, davonzulaufen…in welchem Ausmaß hat die Person Stress und Angst empfunden?)
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Wie kann die Adaptation verbessert werden?
Reduktion von Stresserleben (Abstand zum Ereignis schaffen, Sicherheit herstellen)
Selbstwert erhalten (ernst genommen werden, gelobt werden für das was man gut gemacht hat)
(Pearlin & Schooler, 1978, in: Shalev, 1996)
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Rettungsdienst und Nationale Katastrophenhilfe / Bundesrettungskommando
Wie kann die Adaptation verbessert werden?
Fähigkeit positive Sozialkontakte einzugehen (Kommunikation der Familie untereinander fördern)
Fähigkeit die Erfordernisse der Aufgabe zu erfüllen (bewältigbare Aufgabenstellungen)
(Pearlin & Schooler, 1978, in: Shalev, 1996)
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Was braucht die Person nach der traumatischen Situation? Assimilation des
Ereignisses an die eigene Selbst und Weltsicht- Gutartigkeit- Sinnhaftigkeit - Selbstwert
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Assimilation des Ereignisses (Gutartigkeit)
„Warum hat der Mann in der Schule nicht gelernt gut zu sein?“
„Mama wird dein Flieger in ein Hochhaus fliegen? Kommst du wieder zurück?“
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Assimilation des Ereignisses (Sinnhaftigkeit)
„Ich hab einen Zorn auf den lieben Gott, er hat mir meinen Teddybär weggenommen“
„Meiner Schwester wäre das nicht passiert, weil sie viel größer und stärker ist als der Mann“
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Assimilation des Ereignisses (Selbstwert)
„Meine Freundin hat gesagt ich hätte davonlaufen sollen, aber ich hab nur weinen können“
(Selbstwert)
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Wie können wir Assimilation fördern?
Gute Umgebung zur Verfügung stellen
Helfen, Stresssymptome zu tolerieren Informationssuche unterstützen Emotionsausdruck ermöglichen
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Wie können wir Assimilation fördern?
Sprechen über das Ereignis im geschützen Kontext (Abwehr respektieren)
Informationssuche unterstützen, Fragen beantworten/bearbeiten
Helfen Veränderung zu akzeptieren Abschied nehmen fördern
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Was ist eine gute Umgebung?
- Sicherheit wiederherstellen- Alltagsroutinen - Erholung fördern: Essen, schlafen, spielen- In kleinen Zeiträumen planen- Soziales Netz aktivieren und
Bezugspersonen stützen damit sie Zuwendung geben können
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Stresstoleranz
- Auf Balance zwischen Emotionsregulierung und Problemfokussierung achten /Abwehr respektieren!)
- Symptome und Gefühle normalisieren
- Hoffnung geben, dass es mit der Zeit besser wird
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Offenheit in Bezug auf das Ereignis
- Fragen bearbeiten ( Was ist passiert? hätte man es verhindern können? Können wir in Zukunft geschützt werden?)
- Negative Generalisierungen und falsche Überzeugungen vermeiden bzw. aufweichen (es wird wieder etwas Schlimmes passieren, meine Eltern haben meine Schwester vergiftet)
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Veränderung akzeptieren
Es wird nie wieder so sein wie vorher, aber wir bleiben eine Familie(„Hab ich noch einen Papa?“ „Zu wem soll ich jetzt Mama sagen?“)
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Abschied fördern
- Abschiedsmöglichkeiten geben
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Psychologische Relevanz der Verabschiedung
Anerkennung„Es stimmt also wirklich“
Beziehungsklärung„Was ich dir noch sagen wollte...“
Überprüfung„Ist er/sie wirklich tot?“
Sammlung„Ein Stück weit kann ich den Tod akzeptieren...“
Abschied„Du mußt da bleiben, wir leben weiter.“
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Ritual
Ermöglicht Beziehungsaufnahme (direkter oder indirekter Bezug zum Verstorbenen)
Setzt ein Zeichen (etwas mit auf den Weg geben, etwas Begonnenes zu Ende führen)
Symbolkraft (etwas geht fort, etwas bleibt da, etwas Neues entsteht)
Ermöglicht Abschied (Loslassen)
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Funktionen von Ritualen Zu Ende Führen einer vom Verstorbenen
begonnenen Sache (von hoher Brücke spucken)
Etwas für den Verstorbenen tun (Kind wickeln)
Etwas auf den Weg mitgeben (Foto) Nachholen von Versäumtem (z.B. eines
versäumten Abschieds-Briefe vergraben) Beziehung aufnehmen zum Verstorbenen Aufsuchen des Ortes des Geschehens, ein
Zeichen setzen (Bild und Kerzen am Auffindeort, Weg nachgehen)
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Erinnerung unterstützen
Erinnerungsboxen Bilder vom Himmel Brief an verstorbene Person
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Erinnerungshilfen
Erinnerungsbox Erinnerungsalbum Erinnerungscollage Erinnerungsbuch (das wichtigste was
ich von dir gelernt habe..., die lustigste Erinnerung, die ich an dich habe, meine liebste Erinnerung, was ich dir gerne noch sagen würde, wofür ich mich gerne entschuldigen würde)
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Resumee
Wesentliche Schritte zur Unterstützung
- Zuwendung von Freunden und Bezugspersonen
- Verstehen was passiert ist und wie es passiert ist
- Wiedererleben und lernen die negativen Gefühle die damit verbunden sind zu tolerieren
- Strukturen und Routinen wiederaufbauen, die das Leben vorhersehbarer erscheinen lassen
- Sich verabschieden und Erinnerungen pflegen