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Neuromarketing – Grundlagen, Chancen, aktuelle Probleme & Grenzen, Perspektiven der Entwicklung Revolution im Marketing oder alte Erkenntnisse in neuem Gewand? Bachelorarbeit im Studiengang Sportmanagement an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Eingereicht von: Müsel, Sabrina 70097515 Erster Prüfer: Prof. Dr. Norbert Müller Zweiter Prüfer: B. A. Anne-Christine Schlangenotto Eingereicht am: 06.11.2013

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Neuromarketing – Grundlagen, Chancen, aktuelle Probleme & Grenzen, Perspektiven der Entwicklung

Revolution im Marketing oder alte Erkenntnisse in neuem

Gewand?

Bachelorarbeit

im Studiengang Sportmanagement

an der

Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften

Eingereicht von: Müsel, Sabrina

70097515

Erster Prüfer: Prof. Dr. Norbert Müller

Zweiter Prüfer: B. A. Anne-Christine Schlangenotto

Eingereicht am: 06.11.2013

II

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ........................................................................................... IV

Tabellenverzeichnis ............................................................................................... IV

Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................... V

1 Einleitung ........................................................................................................... 6

1.1 Problemstellung und Neuromarketing als möglicher Lösungsansatz ............. 6

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit .................................................................. 7

2 Einführung in die Neuroökonomie und in das Neuromarketing ......................... 8

2.1 Definition des Begriffs Neuroökonomie ........................................................... 9

2.2 Definition des Begriffs Neuromarketing ........................................................ 10

3 Hirnforschung – Bedeutung für das Neuromarketing und Darstellung der relevanten Grundlagen .......................................................................................... 12

3.1 Grundzüge der Neurobiologie – Anatomie und Funktionen des menschlichen Gehirns .................................................................................................................. 14

3.1.1 Das Diencephalon (Zwischenhirn) ............................................................. 15

3.1.2 Das Telencephalon (Großhirn) .................................................................. 16

3.1.3 Das limbische System ................................................................................ 19

3.2 Ausgewählte Untersuchungsmethoden der Hirnforschung ........................... 22

3.2.1 Verfahren zur Messung der elektrischen Gehirnaktivität ........................... 24

3.2.2 Verfahren zur Messung der Stoffwechselvorgänge im Gehirn .................. 25

3.3 Das Gehirn des Konsumenten im Fokus – „Das neue Denken“ .................. 28

3.3.1 Die Vormachtstellung des Unbewussten ................................................... 29

3.3.2 Die Vormachtstellung der Emotionen ........................................................ 31

3.3.3 Emotionssysteme im Gehirn ...................................................................... 35

3.3.4 Limbic® Map und Limbic® Types .............................................................. 39

3.3.5 Codes als Zugänge zum Konsumentengehirn – Brand Code-Management™ ...................................................................................................... 43

4 Bewertung des Erkenntnisstands im Neuromarketing ..................................... 46

4.1 Chancen des Neuromarketings .................................................................... 48

4.1.1 Weiterentwicklungen und Ergänzungen auf dem Gebiet der Konsumentenforschung ......................................................................................... 48

4.1.2 Impulse und Inspirationen für die Kommunikations- und Markenpolitik ..... 50

III

4.2 Aktuelle Grenzen und Probleme ................................................................... 50

4.2.1 Problematik der Komplexität des Forschungssubjekts Gehirn .................. 51

4.2.2 Kritik an den apparativen Verfahren .......................................................... 52

4.2.3 Kritik an den kommerziellen Neuromarketing Modellen ............................. 54

4.3 Perspektiven der Entwicklung ....................................................................... 55

4.4 Revolution im Marketing oder alte Erkenntnisse in neuem Gewand? .......... 56

5 Fazit ................................................................................................................. 60

6 Anhang ............................................................................................................. 63

Literaturverzeichnis ................................................................................................ 65

(Eidesstattliche) Erklärung ..................................................................................... 72

IV

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Komponenten der Neuroökonomie .......................................................... 9

Abbildung 2: Interdisziplinarität des Neuromarketings ...................................................... 10

Abbildung 3: Gliederung des menschlichen Gehirns ......................................................... 14

Abbildung 4: Brodmann Areale des Isokortex ................................................................... 17

Abbildung 5: Die Brodmann Areale des PFC .................................................................... 19

Abbildung 6: Das limbische System .................................................................................. 20

Abbildung 7: Die Limbic® Map .......................................................................................... 40

Abbildung 8: Die Limbic® Types und ihre prozentuale Verteilung in Deutschland ............ 42

 

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Ausgewählte Methoden der Hirnforschung ....................................................... 23

Tabelle 2: Das alte und das neue Denken ........................................................................ 28

Tabelle 3: Die „Big 3“ ......................................................................................................... 37

Tabelle 4: Submodule der „Big 3“ ...................................................................................... 38

 

V

Abkürzungsverzeichnis

 

Abb. Abbildung

Anm. Anmerkung

Aufl. Auflage

BA Brodmann Areal

Bsp. Beispiel

bspw. beispielsweise

bzgl. bezüglich

ca. circa

DL Dienstleistungen

DLPFC dorsolateraler Präfrontalkortex

EEG Elektroenzephalographie

Erg. Ergänzung

etc. et cetera

fMRT funktionelle Magnetresonanztomographie

i. e. S. im engeren Sinne

i. w. S. im weiteren Sinne

m männlich

MEG Magnetenzephalographie

MRT Magnetresonanztomographie

OFC orbitofrontaler Kortex

o. g. oben genannte

o. V. ohne Verfasser

PET Posistronen-Emissions-Tomographie

PFC Präfrontalkortex

S. Seite

u. a. unter anderem

usw. und so weiter

vgl. vergleiche

VMPFC ventromedialer Präfrontalkortex

w weiblich

z. B. zum Beispiel

zit. zitiert

ZNS zentrales Nervensystem

6

 

1 Einleitung

Täglich treffen wir unzählige Entscheidungen. Bestimmte Produkte oder Dienstleistungen

einzukaufen gehört zu diesen alltäglichen Entscheidungen. Da heutzutage unermesslich

viele Hersteller und Anbieter uns ihre Angebote schmackhaft machen wollen, müssen uns

diese erst erreichen und unsere Aufmerksamkeit gewinnen, damit wir uns – vermeintlich

bewusst und rational – entscheiden.

Aber wie werden diese Entscheidungen im Gehirn getroffen? Und wie können Marketing-

experten das Wissen über diese Vorgänge für sich nutzen?

Die stetig wachsende Auswahl und die damit einhergehende Informationsflut, der die

Konsumenten ausgesetzt sind, macht es den Unternehmen immer schwieriger die Wün-

sche der Kunden zu identifizieren und den richtigen Weg zur Kommunikation zu finden, so

dass klar wird, dass sich ein „Blick in den Kopf des Konsumenten“ lohnen kann.

Jährlich verschlingen Werbung, Sponsoring und viele weitere Kommunikationsmaßnah-

men etwa 80 Milliarden Euro der Marketingbudgets sowohl kleiner Unternehmen als auch

von Großkonzernen.1 Durch all diese Maßnahmen zur Bewerbung in Form von TV-Spots,

Printkampagnen, klassischen Promotions und Mailings, kreativen Events und vielen wei-

teren Möglichkeiten, entsteht ein enormer Informationsüberfluss, den wir als Konsumen-

ten weder aufnehmen können noch wollen. Zur Verdeutlichung dieses Dilemmas des „In-

formation-Overloads“ führen SCHEIR/HELD an, dass bspw. alleine in Deutschland ca.

50.000 Marken beworben werden und jährlich etwa 26.000 neue Produkte eingeführt

werden, die um die Gunst der Konsumenten buhlen.2

1.1 Problemstellung und Neuromarketing als möglicher Lösungsansatz

Somit ergibt sich die Frage, was man tatsächlich wahr- und aufnimmt und wie bewusst

oder unbewusst bestimmte Konsumhandlungen vorgenommen werden. Unter den

Schlagworten Marketing-Mix, Markenkommunikation und Kundenorientierung versucht

man sich im Marketing und der Unternehmenskommunikation schon seit Jahren daran,

„Rezepte“ zu finden, den Konsumenten zu durchschauen und maßgeschneiderte Angebo-

te zu designen. Doch sind diese Bemühungen zielführend und wirklich wirksam? Wie wir-

ken Werbebotschaften tatsächlich auf den Konsumenten? Welche neuronalen, kognitiven

und emotionalen Prozesse laufen beim Einkaufen und Erleben von Marken und Produk-

ten im Gehirn des Konsumenten ab? Warum entscheidet er sich letztendlich für ein be-

                                                                                                                         1 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 11.

2 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 163.

7

 

stimmtes Produkt und nicht für ein anderes?3 Und gibt es eine Art „Schlüssel zum

menschlichen Gehirn“ und damit die Möglichkeit das Rätsel Konsument zu lösen?4

Um den Antworten auf diese Fragen näher zu kommen, etablierten sich in jüngster Zeit

die wissenschaftlichen Disziplinen der Neuroökonomie i. w. S. und des Neuromarketings i.

e. S.. Sie setzen sich mit neurowissenschaftlichen Verfahren und Erkenntnissen ausei-

nander, um die Vorgänge im menschlichen Gehirn besser zu verstehen. Anschließend

werden diese Erkenntnisse für die Bearbeitung ökonomisch relevanter Fragestellungen

genutzt.

Das sehr junge Themengebiet des Neuromarketings, das Gegenstand dieser Arbeit ist,

stützt sich vor allem auf Erkenntnisse der Hirnforschung und weckt ein hohes Interesse

bei Konsumforschern, Marketingexperten und Marken- und Produktmanagern. Doch so

interessant diese Entwicklungen sein mögen, sind auch hier die Möglichkeiten nicht un-

begrenzt und stets kritisch zu hinterfragen. Auch gilt es zu untersuchen, ob Anspruch und

Realität des Neuromarketings sich decken und ob die aktuellen Anbieter und Experten

des Neuromarketings nicht nur durch vermeintlich neue Erkenntnisse versuchen das Inte-

resse hoch zu halten.5

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Ziel der vorliegenden Arbeit soll es also sein, die Entstehung, Hintergründe und den aktu-

ellsten Stand der Forschung auf dem Gebiet des Neuromarketings nachzuzeichnen und

eine Einschätzung über Bedeutung und Zukunft des Themas abzugeben.

In Kapitel zwei wird der Begriff Neuromarketing durchleuchtet, indem eine Abgrenzung zur

Neuroökonomie vorgenommen wird und die Definitionen in der Forschung vorgestellt

werden. Da eine der wichtigsten Grundsäulen für das Verständnis des Neuromarketings

die Hirnforschung ist, wird hierauf in Kapitel drei eingegangen. Des Weiteren werden hier

wichtige Methoden der Hirnforschung vorgestellt. Später steht das Gehirn des Konsumen-

ten im Fokus der Betrachtung. Hier wird auch verdeutlicht, wo die Erkenntnisse des Neu-

romarketings Anwendung in der Praxis finden. Dies wird am „Limbic®“ Ansatz von HÄU-

SEL und dem „Brand Code-Management™“ von SCHEIER/HELD beispielhaft gezeigt.

Anschließend werden im vierten Kapitel die Chancen aber auch die derzeitigen Probleme

und Grenzen dieser Disziplin aufgezeigt, sowie Perspektiven und Richtungen der zukünf-

                                                                                                                         3 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 20, Lindstrom, BUY-OLOGY, 2009, S. 12. 4 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 13.

5 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 227.

8

 

tigen Entwicklung des Neuromarketings dargestellt. Abschließend wird versucht, der Fra-

ge auf den Grund zu gehen, ob das Neuromarketing tatsächlich eine Revolution im Mar-

keting heraufbeschworen hat. Im Fazit werden die Ergebnisse der Untersuchungen zu-

sammengetragen und abschließend bewertet.

2 Einführung in die Neuroökonomie und in das Neuromarketing

Die Betriebswirtschaftslehre sucht nach Konzepten und Grundlagen zur Optimierung und

bewussten Steuerung der Entscheidungsprozesse in Unternehmen. Seit jeher fließen in

diese Überlegungen und Forschungen Einflüsse aus unterschiedlichsten wissenschaftli-

chen Gebieten wie der Psychologie, der Soziologie, der Philosophie und natürlich der

Ökonomie ein.6

Die Planung und Durchführung von verkaufssteigernden Aktivitäten ist ein wichtiges Auf-

gabengebiet der Betriebswirtschaftslehre und fordert die konsequente Ausrichtung an den

Marktbedürfnissen. Diese Aktivitäten werden unter dem Begriff Marketing zusammenge-

fasst.7

Seit den Sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts steht die Untersuchung des Konsumen-

tenverhaltens im Fokus ökonomischer Überlegungen im Marketing. Menschliches Verhal-

ten, und somit auch das Konsumentenverhalten, wird über Vorgänge in unserem Gehirn

gesteuert. Die Erforschung dieser Vorgänge sorgte seit Anfang des 21. Jahrhunderts mit

der Entwicklung neuer bildgebender Verfahren, die Abläufe im menschlichen Gehirn dar-

stellen, dafür, dass der Bereich der Neurowissenschaften, neben den Einflüssen aus So-

ziologie, Psychologie u.a., zu einem Ansatzpunkt für die wirtschaftswissenschaftliche

Konsumentenforschung wurde. Somit wurde die Erforschung des Konsumentenverhaltens

um Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften unter den Schlagworten Neuroökonomie

i. w. S. und Neuromarketing i. e. S. ergänzt.8 Vor allem die Disziplin Neuromarketing er-

lebte in den letzten Jahren einen regelrechten „Boom“ und rückte in den Fokus der Auf-

merksamkeit. Ein deutlicher Indikator für das gestiegene Interesse an diesem Thema ist

die Trefferquote der Internet-Suchmaschine „Google“. Im Jahre 2001 lieferte die Eingabe

                                                                                                                         6 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 1. 7 Vgl. Vahs/Schäfer-Kunz, Betriebswirtschaftslehre, 2007, S. 548.

8 Vgl. Felix, Neuromarketing, 2008, S. 14.

9

 

des Suchbegriffs „Neuromarketing“ überhaupt keine Ergebnisse.9 Heute liefert sie bereits

921.000 Treffer.10

Dies veranlasst dazu, einen genaueren Blick auf diese neue Wissenschaftsdisziplin zu

werfen.

2.1 Definition des Begriffs Neuroökonomie

Die beiden Disziplinen Neuroökonomie und Neuromarketing beschreiben die Anwendung

neurowissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse zur weiteren Bearbeitung ökono-

misch relevanter Fragestellungen.11

Die Neuroökonomie versucht Erkenntnisse aus der Ökonomie und den Neurowissen-

schaften sinnvoll miteinander zu verbinden.

Sie macht sich die Chancen der Neurowissenschaften zu Nutze, um Fragen über das

Entscheidungsverhalten des Menschen zu beantworten. 12

Abbildung 1: Die Komponenten der Neuroökonomie

(Eigene Darstellung, Quelle: Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing 2009, S. 3)

Dabei untersucht sie die neuronalen Vorgänge im menschlichen Gehirn beim Treffen von

endgültigen Entscheidungen oder beim Wählen einer Option.13 Letztendlich versucht die

Neuroökonomie mit neuen Ansätzen die Gedanken- und Emotionswelten des Menschen

                                                                                                                         9 Vgl. Häusel, Einführung, 2007a, S. 9; Lindstrom, BUY-OLOGY, 2009, S. 36f. 10 Vgl. o. V., Google, 27.08.2013, http://www.google.de/#fp=7dc1d98419096a8f&q=neuromarketing.

11 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 3ff. 12 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 3.

13 Vgl. Pirouz, Consumer Decision-Making, 2004, S. 4f.

Geisteswissenschaftli-­‐che  Komponente  der  

Ökonomie  

Naturwissenschaftliche  Komponente  der  Neu-­‐

rologie  

Neuroökonomie  

10

 

zu ergründen und zu erklären, um diese Ergebnisse dann zu systematisieren und an-

schließend ökonomisch zu verwerten.14

Abschließend lässt sich festhalten, dass die Neuroökonomie als übergeordneter Begriff

von der Forschungsrichtung des Neuromarketing abzugrenzen ist, da sie allgemeinen

ökonomischen Fragestellungen auf der Spur ist. Genauer gesagt untersucht die Neu-

roökonomie neuronale Grundlagen ökonomisch relevanten Verhaltens mit Hilfe von neu-

rowissenschaftlichen Methoden sowie spezielle mikroökonomische Konstrukte und deren

Verhalten15, zum Beispiel das Verhalten bestimmter Märkte.

2.2 Definition des Begriffs Neuromarketing

Das Neuromarketing als Teilbereich der Neuroökonomie beschäftigt sich nun mit den neu-

ronalen Hintergründen von Kauf- und Auswahlentscheidungen im menschlichen Gehirn

und ob und wie diese Entscheidungen beeinflussbar sind.16

Hierfür werden Erkenntnisse und Methoden aus den Neurowissenschaften, den Kogniti-

onswissenschaften und der Marktforschung miteinander verknüpft.17 Die nachfolgende

Abbildung verdeutlicht die Verbindung unterschiedlichster Disziplinen im Neuromarketing.

Diese Verknüpfung wird als Interdisziplinarität bezeichnet:

Abbildung 2: Interdisziplinarität des Neuromarketings (Eigene Darstellung, Quelle: Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 26)

                                                                                                                         14 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 4.

15 Vgl. Kenning, Plassmann, NeuroEconomics, 2005, S. 343.

16 Vgl. Häusel, Einführung, 2007a, S. 9ff.

17 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 5.

11

 

Betrachtet man nun oben genannte Charakteristika des Neuromarketings und die gängige

Literatur wird deutlich, dass es nicht einfach ist eine prägnante Definition von Neuromar-

keting zu finden. Nach RAAB/GERNSHEIMER/SCHINDLER versteht man unter Neuro-

marketing die Anwendung der Neurowissenschaften auf das traditionelle Marketing. Dazu

werden mit Hilfe neuer Ansätze, wie bildgebenden Verfahren, die Reizwirkungen von Pro-

dukteigenschaften, Werbung und anderen Marketingmaßnahmen im Gehirn untersucht.18

HÄUSEL wartet mit einer Definition i. w. S. und einer Definition i. e. S. auf, die im Folgen-

den vorgestellt werden, um ein Verständnis für die in Kapitel 3.2 beschriebenen Messver-

fahren zu ermöglichen.

In der engeren Definition von HÄUSEL ist das Neuromarketing mit der Verwendung von

apparativen Verfahren der Hirnforschung zu (Markt-)forschungszwecken gleichzusetzen.

Er merkt dabei an, dass in der Praxis vor allem die fMRT, oder kurz der „Hirnscanner“,

eine große Bedeutung hat. An dieser Stelle liefert Häusel zugleich einen wichtigen Hin-

weis zur Begriffsabgrenzung. Denn in der Grundlagenforschung wird der Begriff Neuro-

marketing vermieden, da er einen praktischen Nutzen und Anwendbarkeit beinhaltet. Hier

wird deshalb von „Neuroökonomie“ oder „Consumer Neuroscience“ gesprochen.19

In der erweiterten Definition von HÄUSEL wird Neuromarketing als die Nutzung umfas-

sender Erkenntnisse der Hirnforschung für das Marketing gesehen. Auch hier spielt zwar

der Einsatz der Hirnforschungsmethoden eine große Rolle, doch noch wichtiger ist, alle

Ergebnisse der aktuellen Hirnforschung aufzubereiten und in Marketingtheorie und -praxis

zu überführen.20

Die 2012 gegründete „Neuromarketing science and business association“ definiert den

Begriff „Neuromarketing research“ in ihrem 2013 erschienenen „Code of Ethics“ wie folgt:

„Neuromarketing research, is the systematic collection and interpretation of neurological

and neurophysiological insights about individuals using different protocols allowing rese-

archers to explore non-verbal and physiological responses to various stimuli for the pur-

poses of market research.“21 Hier wird in der Definition ein Hauptaugenmerk auf die Erfor-

                                                                                                                         18 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 6.

19 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 19. 20 ebenda

21 NMSBA, Codes of Ethics, 11.01.2013, http://www.neuromarketing-association.com/ethics.

12

 

schung unsichtbarer Vorgänge im Gehirn des Konsumenten zur Verwertung für die Mar-

ketingforschung gelegt.

Letztendlich kristallisiert sich das Hauptziel des Neuromarketings heraus: Der Mensch soll

mit Hilfe der Kenntnisse über seine Gedanken- und Emotionsstrukturen und Entschei-

dungsprozesse gezielt zum Käufer gemacht werden.22 Hierbei will das Neuromarketing

nicht die klassische Marktforschung ersetzen, sondern vielmehr ergänzen und ausbes-

sern, um zu einem ganzheitlichen Verständnis über das Kaufverhalten zu gelangen.23

3 Hirnforschung – Bedeutung für das Neuromarketing und Darstellung der relevanten Grundlagen

Um die Bedeutung der Hirnforschung für das Neuromarketing zu verstehen, muss zuerst

betrachtet werden, was Hirnforschung genau ist und aus welchen Bereichen sie sich zu-

sammensetzt.

Die Hirnforschung beschäftigt sich mit dem Forschungsgegenstand des menschlichen

Gehirns. Doch hier stehen nicht nur Aufbau und Funktionsweise des Organs, sondern

auch die Verknüpfung der Prozesse im Gehirn mit der Wahrnehmung, Empfindung und

Kognition im Fokus der Betrachtung.24

HÄUSEL unterteilt die Hirnforschung in folgende Disziplinen:

! Zellbiologie: untersucht das chemische und elektrische Verhalten einzelner Ner-

venzellen oder Zellbündel.

! Neurobiologie: beschäftigt sich mit der Gehirnstruktur, der Funktionsweise einzel-

ner Gehirnareale und deren Zusammenspiel.

! Neurophysiologie: untersucht chemische und elektrische Abläufe im Gehirn.

! Neuroendokrinologie: untersucht die Wirkung von Nervenbotenstoffen.

! Neurologie: beschäftigt sich u.a. mit Erkrankungen und Verletzungen des Gehirns.

! Neurogenetik: untersucht die Einflussnahme von Genen auf das Gehirn und somit

auf das menschliche Verhalten.

                                                                                                                         22 Vgl. Seßler, Limbic® Sales, 2011, S. 16. 23 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 7.

24 Vgl. Deutscher Bundestag, Hirnforschung, 2007, S. 5.

13

 

! Neuropsychologie: versucht die Beziehungen zwischen Gehirnfunktionen und

menschlichem Verhalten mittels Methoden aus der experimentellen Psychologie

zu ergründen.25

Diese übergeordneten Disziplinen beinhalten wiederum viele weitere Unterdisziplinen26,

die aber im Rahmen dieser Arbeit keine Relevanz haben und daher nicht weiter betrachtet

werden.

Die Bedeutung der Hirnforschung für das Neuromarketing ergibt sich daraus, dass die

empirische Marktforschung und die klassische Psychologie lediglich das Verhalten des

Konsumenten beobachten, aber dabei außer Acht lassen, was im Moment der Handlung

im Kopf des Konsumenten passiert. Bisher blieb den Marketingexperten vollkommen un-

klar, welche Emotions- und Motivsysteme im Gehirn existieren, geschweige denn, wie

diese zusammenwirken und das Verhalten beeinflussen.27

Die Hirnforschung ermöglicht es nun diese Vorgänge zu analysieren und die Ergebnisse

mit den bisherigen Erkenntnissen der Konsumentenforschung zu verbinden.

Um aber das Forschungssubjekt Gehirn und die relevanten Systeme und Prozesse wis-

senschaftlich betrachten und verstehen zu können, ist es zuerst nötig, die Grundzüge der

Neurobiologie, also den grundsätzlichen Aufbau und die Funktionsweise des menschli-

chen Gehirns, kennenzulernen. Nach diesem Einblick wird deutlich werden, dass sich die

Wissenschaft von dem Bild des „homo oeconomicus“, des rational handelnden Menschen,

verabschieden musste, da alle Entscheidungsprozesse im menschlichen Gehirn hochgra-

dig durch Emotionen beeinflusst werden.28

                                                                                                                         25 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 26ff.

26 Vgl. Karenberg, Neuroterminologie, 2008, S. 37; Häusel, Brain View, 2012, S. 26. 27 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 26.

28 Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 1f; Seßler, Limbic® Sales, 2011, S. 19.

14

 

3.1 Grundzüge der Neurobiologie – Anatomie und Funktionen des menschli-chen Gehirns

Um die Prozesse Wahrnehmung, Informationsverarbeitung, Gedächtnisbildung und Moti-

vation zu verstehen, muss das menschliche Gehirn verstanden werden.

Dieses kann in unterschiedliche Bereiche unterteilt werden. Im Folgenden werden die

wichtigsten Bereiche und ihre Funktion vorgestellt.

Grundlegend wird eine Unterteilung in folgende funktionelle Hauptareale vorgenommen:

! Stammhirn, setzt sich zusammen aus:

! Medulla oblongata (verlängertes Rückenmark)

! Pons (Brücke)

! Mescencephalon (Mittelhirn)

! Diencephalon (Zwischenhirn)

! Cerebellum (Kleinhirn)

! Telencephalon (Großhirn)29

Abbildung 3 lokalisiert diese Bereiche:

Abbildung 3: Gliederung des menschlichen Gehirns (Quelle: Trepel, Neuroanatomie, 2012, S. 109)

                                                                                                                         29 Vgl. Trepel, Neuroanatomie, 2012, S. 109, Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 116ff.

1=Medulla oblongata

2= Pons

3= Mesencephalon

4= Diencephalon

5= Cerebellum

6= Telecephalon

15

 

Neben dieser Grundaufteilung wird in der Neurobiologie die Feinaufgliederung nach un-

terschiedlichen Gesichtspunkten wie bspw. der Ballung von Nervenzellen eines Typs zu

sogenannten Kernen oder der Verteilung der Blutgefäße angewendet.30 Es werden die

Areale, denen bei Untersuchungen31 im Kontext des Neuromarketings besondere Auf-

merksamkeit zukommt, vereinfacht nach dem Gesichtspunkt ihrer Funktion weiter unter-

teilt und vorgestellt. Ziel soll hierbei sein, auf der einen Seite einen Gesamtüberblick über

Anatomie und Funktionen des menschlichen Gehirns zu bekommen und gleichzeitig

Schwerpunkte bei der Betrachtung im Neuromarketing zu schaffen.

3.1.1 Das Diencephalon (Zwischenhirn)

Im Wesentlichen besteht das Diencephalon aus dem Thalamus und dem Hypothalamus.

In diesen Strukturen findet die Informationsverarbeitung auf komplexem Niveau statt.32

Der Thalamus stellt das wichtigste Schaltzentrum für sensorische und motorische Infor-

mationen dar: hier werden die Inputs von Ohren, Augen, der Haut, den inneren Organen,

Gelenken und Muskeln vorsortiert, gefiltert, mit anderen Signalen des ZNS verknüpft und

an höhere Gehirnregionen weitergeleitet. Da der Thalamus zu so gut wie allen Teilen der

Großhirnrinde Faserverbindungen aufweist, und die eingehenden Informationen zunächst

aufbereitet, wird er auch als „Tor des Bewusstseins“ bezeichnet.33 Denn eine wichtige

Aufgabe des Thalamus ist das Aufmerksamkeitsbewusstsein. Alles worauf wir nicht auf-

merksam werden, wird uns auch nicht oder nur wenig bewusst.34 Letztendlich ist der Tha-

lamus somit ein Zentrum für autonome Reaktionen und für die Steuerung der Aufmerk-

samkeit und des Bewusstseins.35 Der Hypothalamus dagegen steuert vor allem vegetative

Funktionen und reguliert vorprogrammierte Verhaltensprozesse, wie z. B. Abwehr- und

Fluchtreflexe. Außerdem stellt er eine wichtige Verbindungsstelle zwischen bewussten

psychischen Abläufen, wie etwa emotionalem Empfinden, und entsprechenden körperli-

chen Prozessen, die mit der physischen Befindlichkeit verknüpft sind, dar.36 Er ist ein Be-

                                                                                                                         30 Vgl. Pritzel/Brand/Markowitsch, Gehirn und Verhalten, 2003, S. 14ff. 31 Vgl. Kapitel 3.2.

32 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 101. 33 Vgl. Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 128f.

34 Vgl. Roth, Verhaltenssteuerung, 2003, S. 206f. 35 Vgl. Lexikon der Neurowissenschaft, zit. nach Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 102.

36 Vgl. Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 131.

16

 

standteil des limbischen Systems (Kapitel 3.1.3) und aufgrund seiner Funktion als Emoti-

onssteuerungssystem interessant für das Neuromarketing.

3.1.2 Das Telencephalon (Großhirn)

Das Telencephalon ist die am weitesten differenzierte Hirnstruktur.37 Ihm kommt in der

Hirnforschung im Kontext des Neuromarketings eine besondere Bedeutung zu und wird

daher ausführlicher dargestellt.

Nach SCHANDRY erfolgt zunächst eine Untergliederung in zwei Teile:

a) Großhirnrinde (Kortex) b) Großhirnmark38

Der Kortex gilt als Sitz der „ratio“ (Vernunft) und spielt eine wichtige Rolle beim Treffen

von Entscheidungen da er achtmal mehr Sauerstoff verbraucht als andere Gehirngewebe.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass das Gehirn kognitive Prozesse (komplexe Wahr-

nehmung, Aufmerksamkeit, Denken, Vorstellen und Erinnern) auslagern muss, um Ener-

gie zu sparen.39

Die Großhirnrinde besteht aus grauer Substanz (Nervenzellkörper), die in mehreren

Schichten angeordnet ist. Für die weitere Betrachtung wird die Rinde hinsichtlich dieses

Schichtenaufbaus wiederum in drei Teile unterteilt:40

a) Isokortex (synonym Neokortex)

b) Allokortex

c) Heterokortex41

Für das Neuromarketing ist der Isokortex ein wichtiger Untersuchungsbereich. Aus die-

sem Grund folgt eine weitergehende Betrachtung dieser Gehirnregion.

Zur Orientierung im Isokortex finden im Neuromarketing im Wesentlichen drei Kartogra-

phien ihre Anwendung: die Einteilung nach Brodmann (1906), die den Isokortex in 52

Areale einteilt (Brodmann Areale, vgl. Abb. 4) und darauf aufbauend die Atlanten von Ta-                                                                                                                          37 Vgl. Trepel, Neuroanatomie, 2012, S. 200. 38 Vgl. Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 137.

39 Vgl. Roth, Verhaltenssteuerung, 2003, S. 217; Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 102f. 40 Vgl. Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 143.

41 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 104f.

17

 

laraich/Tounoux (1988) sowie des Montreal Neurological Institutes.42

Abbildung 4: Brodmann Areale des Isokortex (Quelle: Kenning/Plassmann/Ahlert, Consu-mer Neuroscience, 2009, S. 60)

Diese Areale werden nach primären, sekundären und assoziativen Feldern weiter un-

terteilt. Die Primärfelder geben dabei Informationen interpretationsfrei zum Bewusstsein,

also an die betreffenden Sinnesbahnen (Sehbahn, Hörbahn etc.), weiter. Die Sekundär-

felder interpretieren die Informationen, die im zugehörigen Primärfeld verschaltet wurden.

In den Assoziationsfeldern werden anschließend Handlungskonsequenzen initiiert.43

Nach ROTH ist eine grobe Zuordnung nach Funktionen der primären, sekundären und

assoziativen Areale des Isokortex zur weiteren Betrachtung sinnvoll:

! Primäre und sekundäre sensorische Areale (d. h. visuelle, auditorische, gustato-

rische und vestibuläre). Sie bilden die Vorstufe der bewussten Wahrnehmung.

! Primäre und sekundäre motorische Areale: Steuerung von Willkürbewegungen.

! Kognitive-assoziative Areale, die mit der Wahrnehmung, Vorstellung und Erinne-

rung in Verbindung stehen.

! Exekutive Areale, die für die Verhaltensplanung zuständig sind.

! Limbische Areale: Emotionen, Motivationen und Verhaltensbewertungen.44

Den kognitiven-assoziativen Arealen wird der präfrontale Assoziationskortex (PFC)

zugeordnet, der für die Aufgaben zwischen Informationsverarbeitung und Handlung

(Wahrnehmen, Lernen, Planen, Erinnern) zuständig ist. Da er stark mit dem limbischen                                                                                                                          42 Vgl. Kenning/Plassmann/Ahlert, Consumer Neuroscience, 2007, S. 58f. 43 Vgl. Trepel, Neuroanatomie, 2012, S. 221.

44 Vgl. Roth, Verhaltenssteuerung, 2003, S. 139ff.

18

 

System verknüpft ist, steht er unter direktem Einfluss des emotionalen Bewertungssys-

tems und hat daher im Neuromarketing eine gewichtige Rolle (Entscheidungsfindung und

Emotionsregulation).45 Er wird in folgende Teile untergliedert:

! Dorsolateraler PFC (DLPFC). Hier sind u. a. die Ziele emotionaler Verhaltens-

muster gespeichert, z. B. Streben nach Belohnung. Er ist also ein Kontrollzentrum,

das sicherstellt, dass emotionale Ziele einen hohen Nutzen mit sich bringen. 46

Ebenso ist er für räumliche Handlungsplanung zuständig.47

! Ventromedialer PFC (VMPFC). Hier spielt sich u. a. die Antizipation zu erwarten-

der emotionaler Konsequenzen, z. B. schlechtes Gewissen nach einer bewusst

unfairen Handlung, ab. Er ist also zuständig für die emotionale und motivationale

Wertbeurteilung sowie für die schnelle Entscheidungsfindung in Extremsituationen

(Bezug auf Erfahrungswerte).48 Er empfängt zudem komplexe Wahrnehmungen,

wie z. B. sprachbezogene Informationen oder die Erkennung von Objekten.49

! Orbitofrontaler Kortex (OFC). Er ist direkt mit dem limbischen System verknüpft

(Verbindung zwischen „ratio“ (Kortex) und „emotio“ (limbisches System)) und u. a.

zuständig für die Emotionsregulation, moralisches und soziales Empfinden und

Handeln sowie für die Zuordnung von Belohnungs- und Bestrafungswerten ver-

antwortlich.50

Vereinfacht gesagt ist der PFC dazu zuständig Situationen zu bewerten und das entspre-

chende Verhalten – unter Einbezug bereits gemachter Erfahrungen und der aktuellen

Emotions- und Motivationslage – zu steuern. Er wird daher in der Literatur als zentrales

Entscheidungs- und Exekutivsystem angesehen51 und gilt als „Ort“ des Bewusstseins.52

Abbildung 5 zeigt im gelb markierten Bereich die BA des PFC:

                                                                                                                         45 Vgl. Roth, Verhaltenssteuerung, 2033, S.222; Kenning/Plassmann/Ahlert, Consumer Neuro-science, 2007, S. 60.

46 Vgl. Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 459f. 47 Vgl. Roth, Verhaltenssteuerung, 2003, S. 148.

48 Vgl. Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 459f. 49 Vgl. Roth, Verhaltenssteuerung, 2003, S. 148.

50 Vgl. Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 459f; Kenning/Plassmann/Ahlert, Consumer Neuroscience, 2007, S. 63. 51 Vgl. Roth, Verhaltenssteuerung, 2003, S. 185 und S. 480.

52 Vgl. Roth, Verhaltenssteuerung, 2003, S. 221.

19

 

Abbildung 5: Die Brodmann Areale des PFC

(Quelle: Baettig, Kognitives Training, 20.03.2012, http://de.ibtimes.com/articles/25455/20120320/kognitives-training-am-computer- f-r-schizophrenie-patienten.htm, abgerufen am 21.09.2013) In Kapitel 3.2.2 wird an Beispielen gezeigt, wie wichtig der PFC für die Untersuchungs-

themen des Neuromarketings ist.

3.1.3 Das limbische System

Das limbische System ist eine Sammelbezeichnung für funktionelle Strukturen anato-

misch lokalisierbarer Hirnbereiche, die maßgeblich an der Emotionsverarbeitung sowie

bei der Übertragung von Informationen vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis beteiligt sind.53

Weiter führt ROTH an, dass das limbische System auch an der Steuerung emotional-

affektiver Handlungen (Wut, Sexualität, Aggression) beteiligt ist.54 Bei der Definition und

der Festlegung der Strukturen, die zum limbischen System gehören, herrscht unter Neu-

roanatomen bis heute Uneinigkeit.55 Abbildung 6 zeigt das limbische System und seine

Bestandteile nach ROTH:

                                                                                                                         53 Vgl. Pritzel/Brand/Markowitsch, Gehirn und Verhalten, 2003, S. 28f; Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 116f; Deutscher Bundestag, Hirnfor-schung, 2007, S. 31. 54 Vgl. Roth, Verhaltenssteuerung, 2003, S. 256ff.

55 Vgl. Wicht, Limbisches System, 2006, S. 64, Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 143.

20

 

 

Abbildung 6: Das limbische System

(Quelle: Roth, Verstand und Gefühle, 2013, http://www.hays.de/mediastore/msp/Executive-Event-Procurement-Vortrag-Verstand-und-Gefuehle-Prof-Dr-Dr-Roth.pdf)

Für das Neuromarketing von Interesse sind vorrangig die limbischen Strukturen Hypotha-

lamus, Amygdala und der Nucleus accumbens.

Auf die Bedeutung des Hypothalamus wurde bereits in Kapitel 3.1.1 eingegangen. Die

Funktion und die Bedeutung von Amygdala und Nucleus accumbens sollen nun kurz dar-

gestellt werden.

a) Amygdala (Mandelkern)

Die Untersuchung der Funktionen der Amygdala sorgt bis heute für Diskussionen

unter Hirnforschern. Sicher belegt und von größter Bedeutung für die Forschungen

des Neuromarketings ist jedoch ihre Funktion als „emotionaler Gedächtnisspei-

cher“ bei der Entscheidungsfindung.56 So konnte man in Untersuchungen bspw.

feststellen, dass wenn in Gegenwart eines bestimmten Reizes eine starke Emotion

ausgelöst wurde, diese Emotion bei späteren gleichen oder ähnlichen Reizbedin-

gungen von der Amygdala erinnert und gesteuert wurde. Gesichert ist ebenfalls

die Funktion der Angstkonditionierung in der Amygdala.57

                                                                                                                         56 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 176.

57 Vgl. Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 147.

21

 

Zusammenfassend erklären SCHEIER/HELD die Bedeutung der Amygdala als ei-

nen „Gefühls-Marker“, der Informationen emotional einfärbt (mit einer Gefühls-

Marke ausstattet) bevor sie das Langzeitgedächtnis erreichen. Dort werden beim

Abrufen der Information die damit verknüpften Gefühle reproduziert.58 Sie ordnet

also jedem Impuls eine positive oder negative Bewertung zu.59 Diese Tatsachen

deuten bereits an, dass die Amygdala einen Einfluss auf die emotionale Bewer-

tung (von Situationen, Produkten etc.) hat.

b) Nucleus accumbens

Der Nucleus accumbens ist „die Frohnatur“ im Gehirn, also der Gegenspieler der

Amygdala60 und wird aktiviert wenn bspw. ein attraktives Angebot beim Konsu-

menten die Erwartungshaltung auslöst, dass der Kauf des Produktes besonders

angenehme Folgen haben wird.61 Allgemein gesagt ist er aktiv, wenn lustvolle Be-

lohnungen auf den Menschen zukommen. Die Beobachtung seiner Aktivität gibt

also Rückschlüsse darauf, unter welchen Umständen das menschliche Beloh-

nungssystem aktiviert wird.

Dies lässt sich dadurch erklären, dass im Nucleus accumbens die Ausschüttung

des Neurotransmitters (biochemische Stoffe, die Reize von Nervenzelle zu Ner-

venzelle weitergeben) Dopamin bei positiven Ereignissen – und auch bei der blo-

ßen Erwartung von positiven Ereignissen – in hohen Dosen stattfindet. Der Beloh-

nungsstoff Dopamin wird von hier aus an den PFC weitergeleitet und initiiert

dadurch Handlungen, die darauf abzielen, die zu erwartende Belohnung zu erfah-

ren.62

Außerdem wird der Nucleus accumbens bei Erfolgserlebnissen, beim Konsum von

Schokolade, bei Witzen und anderen positiven Schlüsselerlebnissen aktiviert, da

er dann den Neurotransmitter Endorphin freisetzt, der das Glücksgefühl verur-

sacht.63

Betrachtet man nun die menschlichen Hirnstrukturen in ihrer Gesamtheit, kann man fest-

                                                                                                                         58 Vgl. Scheier/Held, Neurologik, 2007, S. 106f.

59 Vgl. Bertram, Rundgang, 2008, S. 24. 60 Vgl. Bertram, Rundgang, 2008, S. 25.

61 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 83. 62 Vgl. Roth, Verhaltenssteuerung, 2003, S. 488ff.

63 Vgl. Bertram, Rundgang, 2008, S. 25; Lindstrom, BUY-OLOGY, 2009, S. 25.

22

 

halten, dass alle Bereiche miteinander zusammenarbeiten und es immer wieder zu „Über-

schneidungen“ der Funktionen kommt. So kommt es wiederum durchgängig zu emotiona-

len Einflussnahmen in allen Hirnbereichen.

Nach diesem kurzen Einblick in Aufbau und Funktion der wichtigsten Hirnbereiche wird im

folgenden Kapitel gezeigt, wie Gehirnaktivitäten untersucht und in einen marketingrele-

vanten Kontext gebracht werden können. Im nächsten Schritt wird dann wieder der Bezug

zum limbischen System verstärkt, da das Gehirn des Konsumenten aus Sicht des Neuro-

marketings betrachtet wird.

3.2 Ausgewählte Untersuchungsmethoden der Hirnforschung

In diesem Kapitel werden gängige Untersuchungsmethoden vorgestellt, die Gehirnaktivi-

täten bei vorgegebenen Reizen aufzeichnen. Es soll im Rahmen dieser Arbeit nur auf

Methoden eingegangen werden, auf die das Neuromarketing zurückgreift.

Am bedeutsamsten sind hierbei die bildgebenden Verfahren, die auch als „Neuroimaging-

Techniken“ bezeichnet werden.64 Diese machen es möglich die Hirnaktivität im Augen-

blick des ausgeübten Verhaltens der Probanden aufzuzeichnen.65

Im Laufe der Zeit entwickelten sich zahlreiche Methoden, die sich hinsichtlich ihrer räumli-

chen und zeitlichen Auflösung der Gehirndarstellungen unterscheiden und ergänzen.66

Die modernen non-invasiven Verfahren lassen sich hierbei in zwei Kategorien unterteilen:

Die Verfahren zur Messung der elektrischen Gehirnaktivität (neuromonitoring) sowie die

Verfahren zur Messung der Stoffwechselvorgänge im Gehirn (neuroimaging).67

                                                                                                                         64 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 179.

65 Vgl. Deutscher Bundestag, Hirnforschung, 2007, S. 34.

66 Vgl. Gegenfurtner, Gehirn und Wahrnehmung, 2011, S. 22. 67 Vgl. Pritzel/Brand/Markowitsch, Gehirn und Verhalten, 2003, S. 111ff; Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 179ff; Kenning/Plassmann/Ahlert, Con-sumer Neuroscience, 2009, S. 59.

23

 

Tabelle 1 zeigt welche Verfahren im Rahmen dieser Arbeit vorgestellt werden:

Verfahren zur Messung der elektrischen

Gehirnaktivität

Verfahren zur Messung der Stoff-

wechselvorgänge im Gehirn

1) Elektroenzephalographie (EEG)

2) Magnetenzephalographie (MEG)

1) Positronen-Emissions-

Tomographie (PET)

2) Funktionelle Magnetresonanzto-

mographie (fMRT)

Tabelle 1: Ausgewählte Methoden der Hirnforschung

(Eigene Darstellung, Quelle: Kenning/Plassmann/Ahlert, Consumer Neuroscience, 2009, S. 59)

Diese und weitere Methoden der Hirnforschung finden im Rahmen des Neuromarketings

Anwendung in den Bereichen:

! Markenforschung: u. a. Untersuchung der Bedeutung der Emotionalisierung von

Marken bei der Entscheidungsfindung.

! Kommunikationsforschung: u. a. Untersuchung der Bedeutung von Emotionen

in der Werbung.

! Kaufverhaltensforschung: u. a. Untersuchung der Entscheidungsstrukturen und

der Informationsverarbeitung im Gehirn.68

Ein gemeinsames Ergebnis der Studien in diesen Bereichen ist die Abhängigkeit zwi-

schen Reiz, Umweltbedingungen, emotionalem Zustand des Probanden und den daraus

resultierenden unterschiedlichen Entscheidungshandlungen und die zugehörige Lokalisie-

rung der aktivierten Gehirnbereiche.69 Im Folgenden werden o. g. Verfahren vorgestellt

und diese Zusammenhänge an praktischen Beispielen dargestellt.

                                                                                                                         68 Vgl. Kenning/Plassmann/Ahlert, Consumer Neuroscience, 2007, S. 60f.

69 Ebenda.

24

 

3.2.1 Verfahren zur Messung der elektrischen Gehirnaktivität

In diesem Kapitel werden die beiden wichtigsten Verfahren zur Messung der Veränderun-

gen der elektronischen Strömungen im Gehirn vorgestellt. Hierbei baut Methode zwei auf

Methode eins auf. Diese Methoden stellen die Hirnaktivität in Form von Wellen oder Kur-

ven dar.70 Abbildung 1 auf S. 63 im Anhang zeigt eine EEG Auswertung.

1) Elektroenzephalographie (EEG)

Bei der EEG werden per Oberflächenelektroden an der Schädeldecke hirn-

elektrische Vorgänge aufgezeichnet. Abbildung 2 auf S. 63 im Anhang zeigt

die Versuchsanordnung einer EEG. Dies ist möglich, da elektrochemische

Vorgänge die Basis für neuronale Aktivität bilden. In Verbindung mit Reizen,

motorischer Aktivität, Aufmerksamkeitsprozessen und Handlungsintentionen

tritt die evozierte Gehirnaktivität auf, die durch synchrone Potentialveränderun-

gen großer Neuronenverbände entsteht und somit aufgezeichnet werden

kann.71 Die EEG bietet eine Darstellung der elektrischen Hirnaktivität fast ohne

zeitliche Verzögerung und eignet sich daher für die Untersuchung der zeitli-

chen Dynamik von neuronalen Prozessen. Ein Nachteil dieser Methode ist al-

lerdings die äußerst ungenaue Lokalisierung der aktivierten Hirnbereiche.72

In der Werbewirkungsforschung spielte dieses Verfahren bereits eine bedeu-

tende Rolle bei der Klärung der Frage, ob neuronale Aktivität die Erinnerung

an einen Werbespot belegen kann.73

2) Magnetenzephalographie (MEG)

Bei der Ableitung der Ergebnisse der EEG bleibt offen, wo genau die Aktivität

stattfindet. Hier setzt die MEG an, die elektromagnetische Felder unter be-

stimmten Reizbedingungen an der Schädeldecke misst.74

Gegenüber der EEG bietet sie den Vorteil, dass eine präzise dreidimensionale

Lokalisierung der aktivierten Hirnbereiche möglich ist.75

                                                                                                                         70 Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 88. 71 Vgl. Raab/Unger, Marktpsychologie, 2005, S. 249f; Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 518ff.

72 Vgl. Gegenfurtner, Gehirn und Wahrnehmung, 2011, S. 25; Kenning/Plassmann/Ahlert, Consu-mer Neuroscience, 2007, S. 59. 73 Ebenda.

74 Vgl. Pritzel/Brand/Markowitsch, Gehirn und Verhalten, 2003, S. 115f. 75 Vgl. Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 530.

25

 

Die MEG findet vor allem bei der Beobachtung von Kaufentscheidungsprozes-

sen (z. B. Zusammenhang zwischen Markenbekanntheit und Zeit für Entschei-

dungsfindung) Anwendung.76

Allerdings ist der apparative Aufwand einer MEG deutlich höher und kostenin-

tensiver als bei einer konventionellen EEG.77

Die Neuromonitoring-Methoden bieten gegenüber den Neuroimaging-Methoden den gro-

ßen Vorteil der hohen zeitlichen Auflösung im Millisekundenbereich. Doch leider fehlen

diesen Verfahren die Möglichkeiten einer sehr guten funktionellen und strukturellen Ana-

lyse der neurochemischen Prozesse.78 Dies ist auf das inverse Problem zurückzuführen,

das besagt, dass die Quellen der Aktivität im Gehirn nicht eindeutig aus den an der Ober-

fläche gemessenen Potentialveränderungen rekonstruiert werden können.79

3.2.2 Verfahren zur Messung der Stoffwechselvorgänge im Gehirn

Die bildgebenden Methoden zur Messung der Stoffwechselvorgänge lassen sich in funkti-

onelle und strukturelle Bildgebung unterteilen.80 Da im Neuromarketing vor allem die funk-

tionellen Methoden Beachtung finden, werden auch nur solche vorgestellt. Diese Verfah-

ren basieren auf biologischen Mechanismen, die bspw. zu Veränderungen der Hirndurch-

blutung führen.81

1) Positronen-Emissions-Tomographie (PET)

Bei der PET nimmt der Proband ein schwach radioaktives Kontrastmittel auf,

das über den Blutstrom in das Gehirn gelangt. Hier reichert es sich in den be-

sonders aktiven Hirnregionen an. Der Proband liegt derweil in einem PET-

Scanner, der die Areale mit erhöhter Aktivität erfasst und an einem Computer

räumlich darstellt.82 Besonders bei der Untersuchung von Lernprozessen ist

der Einsatz dieser Methode üblich. Diese Methode bietet gegenüber den in

                                                                                                                         76 Vgl. Kenning/Plassmann/Ahlert, Consumer Neuroscience, 2007, S. 59; Möll, Markenemotionen, 2011, S. 96. 77 Vgl. Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 531; Pritzel/Brand/Markowitsch, Gehirn und Verhalten, 2003, S. 116.

78Ebenda. 79 Vgl. Raab/ Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 181f.

80 Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 88. 81 Vgl. Raab/ Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 184.

82 Vgl. Raab/Unger, Marktpsychologie, 2005, S. 252.

26

 

Kapitel 3.2.1 beschriebenen neuromonitoring-Methoden den Vorteil der ge-

nauen Lokalisierung der radioaktiven Marker, doch ist sie äußerst umständlich

und teuer durchzuführen und unter Umständen gesundheitsschädigend für den

Probanden.83 Außerdem ist die zeitliche Auflösung hier relativ schlecht, einige

Autoren sprechen sogar von Bruchteilen einer Stunde.84

2) Funktionelle Magnetresonaztomographie (fMRT; „Hirnscanner“)

Die fMRT stellt für Untersuchungen zum Thema Neuromarketing die wichtigste

Methode dar. Sie wird daher mit passenden praktischen Anwendungsbeispie-

len näher betrachtet. Es handelt sich bei der fMRT um eine Weiterentwicklung

der einfachen Magnetresonanztomographie (MRT). Bei der MRT wird die Re-

sonanz des magnetischen Moments, das durch den Eigendrehimpuls (Kern-

spin) der Atome im Gehirn erzeugt wird, gemessen und somit strukturelle

Querschnittsbilder des Gehirns erzeugt.85 Im Gegensatz zur klassischen MRT

macht nun die fMRT nicht nur die anatomischen Strukturen sichtbar, die beim

Denken oder Fühlen aktiviert werden, sondern zeigt funktionelle Stoffwechsel-

vorgänge. Allerdings ist zu beachten, dass nicht die Aktivität an sich gemessen

wird, sondern die physiologischen Veränderungen, die mit den neuronalen Ak-

tivitäten verknüpft sind.

Hierfür begibt sich der Proband in einen „Hirnscanner“ (s. Abbildung 3 auf S.

64 im Anhang), der die Stoffwechselaktivität messen kann. Dies ist möglich, da

das Gehirn Sauerstoff braucht, wenn es aktiv wird, um den Energieträger Glu-

cose abzubauen. Also wird dem Gehirn kurz vor einer Aktivität Sauerstoff ent-

zogen und kurz danach wieder sauerstoffreiches Blut hinzugeführt. Diese Ver-

änderungen zwischen sauerstoffarmen und -reichen Blut (BOLD-Effekt= blood-

oxygenation-level-dependent) wird vom Hirnscanner in der jeweiligen aktivier-

ten Gehirnregion aufgezeichnet.86 Abbildung 4 auf S. 64 im Anhang zeigt ein

fMRT Bild.

Die fMRT bietet folgende Vorteile gegenüber anderen Methoden: Gleichge-

wicht zwischen zeitlicher und räumlicher Auflösung sowie eindeutige Identifi-

                                                                                                                         83 Vgl. Gegenfurtner, Gehirn und Wahrnehmung, 2011, S. 26f; Willet, Neuropsychologie, 2011, S. 95.

84 Vgl. Raab/ Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 185. 85 Vgl. Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 533.

86 Vgl. Häusel, Methoden des Neuromarketing, 2007b, S. 211ff.

27

 

zierung der Zentren bewusster und unbewusster Reaktionen durch den BOLD-

Effekt. Allerdings ist das Verfahren sehr sensitiv, was für den Probanden be-

deutet, dass er ca. 60-90 Minuten vollkommen regungslos im Hirnscanner lie-

gen muss. Die Aufzeichnungen werden nämlich durch Bewegung unscharf und

im schlimmsten Fall nicht mehr verwertbar.87 Eine weitergehende, kritische Be-

trachtung der Untersuchungen mit der fMRT wird in Kapitel 4.2.2 vorgenom-

men.

Die fMRT wurde seit 2002 immer wieder für die Erforschung ökonomischer

Verhaltensweisen bei Menschen eingesetzt. Hier sollen kurz zwei Versuche

vorgestellt werden. Das erste Beispiel ist die Untersuchung von DEPPE et al.

(2005) zur Markenpräferenz: Probanden wurden in einem Hirnscanner Bilder

von Produkten gezeigt, die bis auf die Marke vollkommen identisch waren (für

Frauen bspw. Kaffeemarken, für Männer bspw. Biermarken)88 und gebeten ei-

ne Entscheidung zu Gunsten eines Produktes zu treffen. Im Vorfeld wurden die

Probanden zu ihren Lieblingsmarken befragt. Tauchte nun zufällig gestreut ein

Bild mit der Lieblingsmarke auf, fiel die Entscheidung extrem schnell und leicht.

Im Hirnscanner konnte dann beobachtet werden, dass die Aktivität im DLPFC

deutlich zurückging und der VMPFC erregt wurde – der Beweis, dass das Kon-

trollzentrum im DLPFC nur dann gebraucht wird, wenn uns eine Entscheidung

gefühlsmäßig erst einmal kalt lässt. Wenn nun aufgrund von Markenbekannt-

heit und -beliebtheit positive Gefühle ausgelöst werden, werden die kognitiven

Zentren „ausgeschaltet“ und die Entscheidung fällt deutlich leichter.89

Ebenfalls erstaunliche Erkenntnisse lieferten PLASSMANN et al. im Jahr 2008.

Probanden wurde im Hirnscanner ein Billigwein als teurer Cabernet Sauvignon

verkauft. Der mediale OFC, der gute Erfahrungen rund um Geschmack und

Geruch gespeichert hat („an area of the brain that is widely thought to encode

for actual experienced pleasantness“)90, war überdurchschnittlich aktiv. Auf der

anderen Seite ließen sich die sensorischen Areale, die für die tatsächliche

Verarbeitung des Geschmacks zuständig sind, nicht täuschen – sie blieben

                                                                                                                         87 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 190.

88 Vgl. Deppe et al., Nonlinear responses, 2005a, S. 172. 89 Vgl. Huber/Kenning, Im Kopf des Konsumenten, 2009, S. 48; Deppe et al., Nonlinear responses, 2005a, S. 181.

90 Vgl. Plassmann et al., Marketing actions, 2008, S. 1050.

28

 

„unbeeindruckt“ vom Geschmack des Billigweins.91 Die Probanden wurden al-

so von ihren starken abgespeicherten Emotionen geblendet. Laut PLASS-

MANN et al. wurde mit dieser Studie gezeigt, dass ein höherer Produktpreis

automatisch mit einem besseren Geschmack assoziiert wird („increasing the

price of a wine increases subjective reports of flavor pleasantness as well as

blood-oxygen-level-dependent activity in medial orbitofrontal cortex.“).92

Diese Beispiele sollen nur einen kurzen Einblick in die Untersuchungsbereiche

der fMRT in Bezug auf das Neuromarketing geben. Mittlerweile gibt es unzäh-

lige weitere Studien z. B. zur Werbewirkung von Celebreties oder zu den neu-

ronalen Grundlagen der Kundenloyalität.93

3.3 Das Gehirn des Konsumenten im Fokus – „Das neue Denken“

In den vorangegangen Kapiteln wurde deutlich, dass alle Entscheidungen, also auch Kau-

fentscheidungen, hochgradig von Emotionen beeinflusst sind. Im PFC laufen alle Informa-

tionen zusammen und die neu aufgenommenen Reize werden mit bereits vorhandenen

emotionalen Informationen verknüpft und weiterverarbeitet.

Als Konsequenz daraus ergibt sich „das neue Denken“ in der Hirn- und Konsumentenfor-

schung, das zeigt, dass das Menschenbild des „homo oeconomicus“ überdacht werden

muss. Tabelle 2 macht den Wandel vom alten zum neuen Denken deutlich:

Das alte Denken Das neue Denken

Emotionen = Gegenteil von Vernunft Emotionen entscheiden

Vernunft entscheidet – Emotionen stören Limbisches System = emotionales Macht-

zentrum

Entscheidungen werden bewusst getroffen Entscheidungen fallen weitgehend unbe-

wusst (ca. 70 -80%)

Tabelle 2: Das alte und das neue Denken

(Eigene Darstellung, Quelle: Seßler, Limbic® Sales, 2011, S. 20)                                                                                                                          91 Vgl. Plassmann et al., Marketing actions, 2008, S. 1050ff. 92 Anm. d. Verfasserin: in Kapitel 4 wird die kritische Diskussion von BIELEFELD zu dieser Studie skizziert.

93 Vgl. Kenning/Plassmann/Ahlert, Consumer Neuroscience, 2007, S. 61.

29

 

SCHEIER/HELD machen aber auch auf die Bedeutung der Verbindung von Kognition und

Emotion aufmerksam: „Emotionen und etwas Kognitives wie das Gedächtnis sind anato-

misch komplett verzahnt und deshalb nicht sinnvoll voneinander trennbar“.94

Es wird also deutlich, dass eine ausgewogene Betrachtung der Ausprägung des Zusam-

menspiels von „ratio“ und „emotio“ im Gehirn von äußerster Relevanz ist.95 Das Bild des

homo oeconomicus wird damit nicht vollständig widerlegt, aber eingeschränkt.

3.3.1 Die Vormachtstellung des Unbewussten

„Bewusstsein ist nur eine PR-Aktion Ihres Gehirns, damit Sie denken, dass Sie auch noch

was zu sagen hätten.“96

Um auf die Bedeutung der unbewussten Vorgänge im menschlichen Gehirn eingehen zu

können, muss zur Abgrenzung zunächst klar werden, wann überhaupt das Bewusstsein

einsetzt. Nach ROTH ist die Aufmerksamkeit Voraussetzung für Bewusstsein. Weiter führt

er an, dass alle Bewusstseinszustände als solche definiert werden können, wenn ein Indi-

viduum sie erlebt und sprachlich davon berichten kann. Als Beispiele führt er an: Wahr-

nehmen von Vorgängen in der Umwelt, Bedürfniszustände, Kontrolle der eigenen Hand-

lungen, Unterscheidung von Realität und Vorstellung.97 Diese kontrollierten oder explizi-

ten Vorgänge benötigen jede Menge kognitive Ressourcen, so dass klar wird, dass das

Gehirn viele Vorgänge „auslagern“ muss, also automatisiert oder implizit abarbeiten

muss.98 Es wird davon ausgegangen, dass das bewusste Denken gerade mal 40 Bits in

der Sekunde verarbeiten kann, das unbewusste Denken schafft in gleicher Zeit ganze 11

Millionen Bits.99 SCHEIER/HELD unterscheiden in einer Metapher den „Piloten“ (das Be-

wusste) und den „Autopiloten“ (das Unbewusste).100 BARGH/MORSELLA gehen noch

einen Schritt weiter und sehen den „Autopiloten“ nicht nur als Unterstützer des „Piloten“

sondern als hochintelligentes Bewertungs- und Steuerungssystem, das Unconscious

                                                                                                                         94 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 30.

95 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 223.

96 Häusel, Kauf mich, 2013, S. 10. 97 Vgl. Roth, Verhaltenssteuerung, 2003, S. 197.

98 Vgl. Roth, Verhaltenssteuerung, 2003, S. 238. 99 Vgl. Häusel, Kauf mich, 2013, S. 8.

100 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 65.

30

 

Behavioral Guidance System.101 Dieses System der unbewussten Reiz-Verarbeitung

dominiert sogar die bewussten Vorgänge.102

Äußerst wichtig bei den Betrachtungen der expliziten und impliziten Vorgänge ist die Tat-

sache, dass beide Prozesse sowohl emotional und rational sind103, hier also wieder Inter-

aktionen verschiedenster Hirnbereiche stattfinden. Im limbischen System sind die meisten

der impliziten Steuerungsprozesse angesiedelt, die das menschliche Verhalten unbe-

wusst steuern.104

Seit vielen Jahren schon zeigen zahlreiche Experimente in der Konsumentenforschung,

dass Kommunikation auch wirkt, wenn sich die Zielperson nicht bewusst daran erinnert,

da z. B. subtile Markensignale Verhaltensprogramme auslösen, die der Konsument nicht

bewusst steuern kann.105 Dies geschieht nicht nur bei klassischer Werbung, sondern

bswp. auch bei Sponsoringmaßnahmen.106

Zur Verdeutlichung der Relevanz des Unbewussten sollen kurz der Priming-Effekt und

der Framing-Effekt vorgestellt werden.

1) Priming-Effekt

Unter Priming-Effekt versteht man die unbewusste Aufnahme von Umweltinforma-

tionen (auch Reize oder Codes), deren unbewusste weitere Verarbeitung, Sortie-

rung und Speicherung mit bestimmten Assoziationen im Gedächtnis. Diese Spei-

cherung kann zu manipulierenden Verhaltensaktionen und -programmen führen.

Das Auslösen (Priming) dieser Reaktionen durch erneute Reize zeigt deutlich den

Zusammenhang zwischen unbewusster Wahrnehmung und Verhalten.107

Als Beispiel ist die Untersuchung von BARGH/FITZSIMONS zu nennen, die Pro-

banden aufforderten entweder an einen guten Freund oder einen unliebsamen

Kollegen zu denken. Im zweiten Schritt wurden die Probanden aufgefordert an ei-

nem weiteren Test teilzunehmen. Es waren signifikant die Probanden kooperati-

                                                                                                                         101 Vgl. Bargh/Morsella, Unconscious behavioral giudance systems, 2010, S. 102f. 102 Vgl. Häusel, Wissenschaftliche Fundierung, 2011, S. 13.

103 Ebenda. 104 Vgl. Häusel, Think Limbic, 2005, S. 17.

105 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 60f; Kuske, Neuronale Wende, 2010, S. 43; Falkenau, Sportsponsoring, 2013, S. 67. 106 Vgl. Kuske, Neuronale Wende, 2010, S. 43; Falkenau, Sportsponsoring, 2013, S. 64ff.

107 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 223.

31

 

ver, die eine positive Erinnerung (Freund) hervorgerufen hatten, als die, die nega-

tive Emotionen hatten (Feind). Der positive Gedanke (Freund) bahnte also das fol-

gende Verhalten. Die Probanden wiesen diesen Zusammenhang aber entschieden

zurück.108

2) Framing-Effekt

Der Framing-Effekt erklärt den Einfluss von Umwelt- und Rahmenbedingungen auf

Entscheidungen. Eine Entscheidung ist hochgradig abhängig von der Art des Ent-

scheidungsrahmens und der Art der Präsentation der Entscheidungsgrundlage.109

Zur Verdeutlichung dient eine fMRT-Untersuchung von DEPPE et al.:

Im Hirnscanner wurde die Beurteilung von Schlagzeilen in Abhängigkeit der mit

Zeitschriftennamen verbundenen Glaubwürdigkeit untersucht. Es wurde bewiesen,

dass die mit dem Namen verbundene Glaubwürdigkeit einer Zeitschrift einen signi-

fikanten Einfluss auf die Glaubwürdigkeit einer Schlagzeile hat (Framing). Auf neu-

ronaler Ebene wurde insbesondere eine hohe Aktivität im VMPFC gemessen, der

mit emotionaler Wertbeurteilung assoziiert wird.110

3.3.2 Die Vormachtstellung der Emotionen

„ Finally, once emotions occur they become powerful motivators of future behaviors.“111

In den vorangegangen Kapiteln waren immer wieder Emotionen und ihr Einfluss auf das

menschliche Verhalten das Thema. Genau wie das Unbewusste sind auch die Emotionen

keine neuen wissenschaftlichen Gegenstände, sondern werden schon seit Jahrhunderten

in den Wissenschaftsdisziplinen der Psychologie, der Philosophie und der Biologie be-

handelt. Wie groß ihre Bedeutung jedoch tatsächlich einzuschätzen ist, wurde erst in den

90er Jahren des 20. Jahrhunderts wissenschaftlich bewiesen. Vorreiter war neben An-

tonio DAMASIO der amerikanische Hirnforscher LeDOUX, der den Einfluss der Emotio-

nen auf unser Verhalten erkannte und vor allem anerkannte.112

Für die weiteren Betrachtungen ist es wichtig zwischen den beiden Begriffen Motiv und

Emotion zu unterscheiden. In der Literatur finden sich zahllose, oftmals unscharfe, Defini-

                                                                                                                         108 Vgl. Bargh/Fitzsimons, Thinking of you, 2003, S. 152; Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 62. 109 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 224.

110 Vgl. Deppe et al., Evidence, 2005b, S. 413. 111 LeDoux, The emotional brain, 1996, S. 19.

112 Vgl. LeDoux, The emotional brain, 1996, S. 11, S. 23ff.

32

 

tionen und Abgrenzungen der Begrifflichkeiten. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass

Motive und Emotionen eng miteinander verknüpft sind. Allgemein spricht man in der Hirn-

forschung eher von Emotionen und in der Psychologie von Motiven.113 Die Hirnforschung

erkannte, dass hinter Emotionen Ziele stehen, die erreicht werden sollen. Diese Zielkom-

ponente ist aber typisch für Motive. Auf der anderen Seite erkennt die Psychologie, dass

mit Motiven Gefühle verknüpft sind, die körperliche Veränderungen hervorrufen, was wie-

derum eher ein Merkmal der Emotionen ist.114 Um sinnvoll mit den Begriffen weiterarbei-

ten zu können, werden Arbeitsdefinitionen ausgewählt und die für die Arbeit wichtigsten

Theorien zu Emotionen und Motiven vorgestellt.

1) Emotionen

Um einen ersten Eindruck von dem Phänomen der Emotionen zu bekommen gibt

ARCINIEGAS folgende verkürzte Definition:

„...brain-body interactions, their neural representation, and their expression will be

described as emotion.“115

Nach RAAB/GERNSHEIMER/SCHINDLER werden Emotionen aus zwei Gründen

verursacht:

! Durch „direktes Erleben“ (eine Reizaufnahme).

! Durch Erinnerung an bereits vergangene Erlebnisse (gespeicherte

Reizaufnahme aus der Vergangenheit).

Diese führen zu physiologischen Veränderungen des Körperzustandes116 und

stellen dadurch die Triebfedern für die Implementierung von Verhalten dar

(„emotion as a behavioural driver“).117

Weiter unterteilt WILIAMSON den Begriff Emotion in drei Stufen:

! First order emotions118: angeborene Emotionen, die automatisch abgerufen

werden, wie Angst oder Wut. Sie entstehen im limbischen System, vor al-

lem in der Amygdala, und finden auf Ebene des Unbewussten statt.119

                                                                                                                         113 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 113.

114 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 35. 115 Arciniegas, Emotion, 2013, S. 267.

116 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 202f. 117 Vgl. Wiliamson, Emotions, reason and behaviour, 2002, S. 196f.

118 Vgl. Wiliamson, Emotions, reason and behaviour, 2002, S. 197.

33

 

! Second order emotions: Diese Emotionen entstehen durch die Aktivierung

des emotionalen Gedächtnisses (Amygdala) oder durch das aktive Hervor-

rufen, z. B. wenn ein Mensch seine Stimmung durch positive Gedanken

heben will. Sie werden wie die First order emotions unbewusst gesteuert,

können aber auch bewusst wahrgenommen werden und sind somit mit

Cortex und limbischem System verknüpft.120 Beispiele wären Ärger und Zu-

friedenheit.121

! Third order emotions: hier wird oft der Ausdruck „Gefühl“ synonym verwen-

det, da diese Emotionen bewusst und kognitiv gesteuert werden können.

Sie und ihre Bedeutung entstehen durch soziales Erleben und Erlernen.

Beispiele sind Neid, Stolz oder Schuld.122

Nach intensiver Sichtung gängiger Definitionen aus Biologie und Psychologie123 sowie aus

der Konsumentenforschung und der Consumer Neuroscience124 wird folgende Arbeitsde-

finition erstellt:

Emotionen sind all jene bewusst und unbewusst ablaufenden und wirkenden Prozesse im

Gehirn, die erlebt werden durch: Einfluss auf den Körper (z. B. Schwitzen), die subjektive

Grundstimmung („mood“) und das Verhalten (z. B. Kauf eines bestimmten Produktes). Je

nach neuronaler Verknüpfung und Entstehung im Gehirn sind sie eher urgegeben (z. B.

Angst) oder sozial erlernt (z. B. Scham).

Der in Kapitel 3.3.4 vorgestellte Limbic® Ansatz basiert auf der Vorstellung der Emotionen

als zentrale Treiber im Gehirn125, die in interagierende Emotionssysteme126 zusammenge-

fasst werden können.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 119 Vgl. Franzen/Bouwman, The mental world of brands, 2002, zit. nach Wiliamson, Emotions, reason and behaviour, 2002, S. 197.

120 Vgl. Wiliamson, Emotions, reason and behaviour, 2002, S. 197f.

121 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S.140f. 122 Vgl. Wiliamson, Emotions, reason and behaviour, 2002, S. 198f.

123 Vgl. Arciniegas, Emotion, 2013, S. 266ff; Pritzel/Brand/Markowitsch, Gehirn und Verhalten, 2003, S. 385ff; Schandry, Biologische Psychologie, 2011, S. 456ff; Birbaumer/Schmidt, Biologische Psychologie, 2006, S. 690. 124 Vgl. Kroeber-Riel/Gröppel-Klein, Konsumentenverhalten, 2013, S. 56ff ; Bänsch, Käuferverhal-ten, 2002, S. 12ff; Homburg/Krohmer, Marketingmanagement, 2005, S. 34ff; Häusel, Brain View, 2012, S. 35ff; Foscht/Swoboda, Käuferverhalten, 2011, S. 45ff; Möll, Markenemotionen, 2007, S. 45ff; Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 160ff; Trommsdorff/Teichert, Konsumentenver-halten, 2011, S. 60ff.

34

 

2) Motive

Eine Basisdefinition für den Begriff Motiv liefert HÄUSEL: „Motive sind Wünsche

und Erwartungen, die aus den Emotionssystemen heraus an ein Produkt, eine Si-

tuation oder an einen Mitmenschen gestellt werden.“127

Ungleichgewichte zwischen Motiven werden als Emotionen erlebt und initiieren re-

gulierende Handlungen.128

Weiter unterscheidet HÄUSEL zwischen zwei Motivtypen:

! Ich-bezogene Motive: was der Mensch primär für sich selbst vom Produkt

erwartet/wünscht.

! Soziale Motive: manifestieren die sozial-destinktiven bzw. sozial-konformen

Erwartungen an das Produkt.129

SCHEIER/HELD arbeiten in ihren Betrachtungen mit dem „Zürcher Modell der sozialen

Motivation“ von Norbert BISCHOF, das drei zentrale Grundmotivsysteme des Menschen

identifiziert:

! Sicherheitssystem: Streben nach Sicherheit und Geborgenheit. Außerdem bein-

haltet es das Fürsorgemotiv, also die Motivation für andere da zu sein und zu hel-

fen.

! Erregungssystem: Streben hin zu fremden Menschen, Abnabelung von der Fami-

lie, Vermeidung von Inzest.

! Autonomiesystem: Streben nach Unabhängigkeit, Macht und Kontrolle.130

In der Literatur wird behauptet, HÄUSEL würde bei seinem Limbic® Ansatz u. a. auf die-

ses Motivmodell von BISCHOF zurückgreifen.131 In seiner 2011 erschienen Wissenschaft-

lichen Fundierung des Limbic® Ansatzes dementiert HÄUSEL dies allerdings, macht aber

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 125 Vgl. Häusel, Wissenschaftliche Fundierung, 2011, S. 49. 126 Vgl. Kapitel 3.3.3.

127 Vgl. Häusel, Wissenschaftliche Fundierung, 2011, S. 49. 128 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 245.

129 Ebenda. 130 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 108.

131Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 110; Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 246.

35

 

darauf aufmerksam, dass die Konstrukte Sicherheit, Erregung und Autonomie in die rich-

tige Richtung weisen, aber modifiziert und differenziert betrachtet werden müssen.132

Analog zur Verfahrensweise zum Begriff „Emotionen“ wird auch zum Begriff „Motive“ eine

Arbeitsdefinition gegeben:

Motive stellen Ziele und Wünsche unterschiedlicher Ebenen dar. Entstehen nun in der

Motivwelt Ungleichgewichte, werden diese Ungleichgewichte als Emotionen erlebt, die zu

Handlungen zum Ausgleich dieser Ungleichgewichte veranlassen. Die Emotionen geben

Rückmeldung über den Erreichungsgrad des anzustrebenden Ziels. Umso positiver eine

Handlung emotional erlebt wird, umso mehr wurde das jeweilige Motiv befriedigt.

Die angeführten Vorstellungen und Definitionen zeigen, dass Motive und Emotionen sich

vermischen und eng miteinander verwoben sind. Motive können als übergeordnete Dis-

positionen betrachtet werden, deren Ursprung tief im menschlichen Gehirn (in den Motiv-

bzw. Emotionssystemen) verankert ist.

Es wird deutlich, dass zur Identifikation der „Mächte“, die im menschlichen Gehirn wirken,

viele unterschiedliche Vorstellungen von Emotions- oder Motivmodellen entwickelt wurden

und werden. Im folgenden Kapitel wird der Schwerpunkt auf die Anschauungsweise von

HÄUSEL gelegt. Daher wird fortan nach seinem Wortlaut von Emotionssystemen die Re-

de sein.

3.3.3 Emotionssysteme im Gehirn

Laut HÄUSEL stehen im Zentrum aller Emotionssysteme die physiologischen Vitalbedürf-

nisse (z. B. Schlaf und Nahrung). Daneben identifiziert er drei große Emotionssysteme,

„Big 3“ genannt, die das menschliche Leben ständig beeinflussen und leiten.133

Diese Erkenntnis entspringt dem sogenannten Multiscience-Ansatz, nach dem HÄUSEL

alle relevanten Theorien zu Emotionssystemen aus verschiedenen naturwissenschaftli-

chen, sozialwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Disziplinen gesichtet und

miteinander verglichen hat. Im Kern besteht in allen diesen Disziplinen eine große Ge-

meinsamkeit bzgl. drei vorherrschender Emotionssystemen.134 In den unterschiedlichen

Disziplinen werden allerdings unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet. HÄUSEL wählt

                                                                                                                         132 Vgl. Häusel, Wissenschaftliche Fundierung, 2011, S. 46f. 133 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 36f.

134 Vgl. Häusel, Wissenschaftliche Fundierung, 2011, S. 38.

36

 

folgende leicht merkbare und positive Begriffe135, die auch in dieser Arbeit Anwendung

finden:

! Das Balance-System.

! Das Dominanz-System.

! Das Stimulanz-System.136

Sitz all dieser Instruktionen ist das limbische System.137

Tabelle 3 stellt die „Big 3“ näher vor:

Balance Dominanz Stimulanz

Streben/Wunsch nach

Sicher-

heit/Risikovermeidung

/Harmonie

Unabhängig-

keit/Kontrolle/Macht

Abnabelung von

der Fami-

lie/Abenteuer

Vermeidung von Gefahr/Unsicherheit Konkurrenz Langwei-

le/Gewohnheit

Erfüllung erlebt als Geborgenheits- und

Sicherheitsgefühl

Stolz/

Überlegenheitsge-fühl

Spaß/Prickeln

Nichterfüllung er-lebt als

Angst/Furcht/Panik Ärger/Wut/Unruhe Langweile

Typische Produkte Ratgeber, Sicher-

heitssysteme (z. B.

Airbag), Traditions-

produkte...

Statussymbole: teu-

re Marken, elitäre

Events...

Tourismus- und

Freizeitprodukte,

Unterhaltungs-

elektronik...

Biologische Rele-vanz

Erreichung eines

energiearmen Gleich-

gewichtszustands

Motor für außerge-

wöhnliche Leistun-

gen

Überlebenschan-

cen durch neue

Erfahrungen stei-

gern

                                                                                                                         135 Vgl. Häusel, Wissenschaftliche Fundierung, 2011, S. 36. 136 Ebenda; Häusel, Brain View, 2012, S. 37; Häusel, Kauf mich, 2013, S. 13.

137 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 38.

37

 

Wichtige Orte der Verarbeitung

Amygdala & Hypotha-

lamus

Amygdala, Hypotha-

lamus, Kerne im

Hirnstamm

oberer Hirnstamm,

Hypothalamus,

Nucleus accum-

bens, vorderes

Großhirn

Tabelle 3: Die „Big 3“

(Eigene Darstellung, Quelle: Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 247; Häusel, Brain View, 2012, S. 36ff; Häusel, Wissenschaftliche Fundierung, 2011, S. 36f)

Es wird deutlich, dass die drei Systeme bestimmte Ziele verfolgen und einen evolutionä-

ren Zweck verfolgen. Dabei wird die Erfüllung der Ziele als Belohnung empfunden und die

Nichterfüllung als Bestrafung. Somit besteht jedes Emotionssystem aus einer positiven

lustvollen und einer negativen schmerzvollen Seite.138

Weiter können diesen drei Hauptinstruktionen einzelne Submodule zugeordnet werden.

Tabelle 4 gibt einen Überblick über diese Submodule, ihre Eigenschaften und passende

Produkte, die das jeweilige Modul ansprechen:

Submodul Eigenschaften Typische Produkte

Bindung Soziale Sicher-

heit/Gegenspieler des Do-

minanz-Systems.

- Geschenke aller Art

- Baby- und Kinder-

produkte

Fürsorge Fortpflanzung und soziale

Sicherheit/Gegenspieler

des Dominanz-Systems.

s. Bindungsprodukte

Sexualität (männlich und

weiblich)

Fortpflanzung/Teil des Do-

minanz-Systems

- Kosmetik (w)

- Mode (w)

- Sportwagen (m)

- Fitnessstudio (m)

Appetit/Ekel Annäherung/Vermeidung

von guten/schlechten Nah-

rungsstoffen/Mit dem Stimu-

- allg. Nahrungs- und

Genussmittel

                                                                                                                         138 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 47.

38

 

lanz-System verknüpft.

Spiel Spielerischer Wettkampf/Mit

dem Stimulanz-System ver-

knüpft.

- Spielwaren

- Sportgeräte

- Gewinnspiele

Jagd/Beute Spielerischer und aggressi-

ver Wettkampf/Mit Domi-

nanzsystem verknüpft.

- „Schnäppchen“

- Jagd- und Angel-

produkte

Raufen Eng mit Dominanz- und

Stimulanz-System (Spiel-

Modul) verknüpft. Wett-

kampf als Vorbereitung auf

„Ernstfall“.

- Sportarten mit direk-

ten Gegnern (Boxen

etc.) und entspre-

chende Produkte

- Passives Zuschauen

bei entsprechenden

Wettkämpfen

Tabelle 4: Submodule der „Big 3“

(Eigene Darstellung, Quelle: Häusel, Brain View, 2012, S. 36ff, Häusel, Wissenschaftliche Fundie-rung, 2011, S. 36f)

Bei näherer Betrachtung der Emotionssysteme und deren Ziele wird deutlich, dass viele

davon in Widerspruch zueinander stehen.139 Zum Beispiel veranlasst das Fürsorge-Modul

Käufe für andere Menschen, aber das Dominanz-System hält mit Egoismus dagegen.140

Diese Machtkämpfe im Kopf folgen einer ausgeklügelten Logik: die drei Hauptinstruktio-

nen und ihre Submodule operieren nämlich nicht wahllos neben- und gegeneinander,

auch wenn sie an jeweils anderen Stellen im Gehirn verarbeitet werden, sondern stehen

in einem System-Zusammenhang und regulieren sich gegenseitig.141

In dieser Dynamik nimmt das Balance-System eine eher hemmende und pessimistische

Rolle ein, während Dominanz-System und Stimulanz-System aktivierend-optimistisch

                                                                                                                         139 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 249. 140 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 48.

141 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 49; Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 250.

39

 

sind.142 Je nach Ausprägung der einzelnen Instruktionen ergeben sich folgende „Mischun-

gen“:143

! Abenteuer/Thrill: Mischung aus Dominanz (sich selbst etwas beweisen) und Sti-

mulanz (Neues erfahren).

! Fantasie/Genuss: Mischung aus Stimulanz (Neues erfahren) und Balance (passi-

ves „auf sich zukommen lassen, vor sich her träumen“).

! Disziplin/Kontrolle: Mischung aus Balance (Konstanz und Berechenbarkeit) und

Dominanz (eigene Spielregeln).144

HÄUSEL verknüpft alle vorgestellten Emotionssysteme zu einer komplexen, differenzier-

ten Landkarte, die er Limbic® Map nennt. Diese „Landkarte der Emotionen“ wird im fol-

genden Kapitel erklärt und die Ableitung von Persönlichkeitstypen, den Limbic® Types,

vorgenommen.

3.3.4 Limbic® Map und Limbic® Types

Die von HÄUSEL entwickelte Darstellung der Emotionssysteme und ihrer inneren Dyna-

mik nennt er Limbic® Map. Jedes abgebildete Emotionssystem besteht aus hochkomple-

xen neurofunktionalen Abläufen. Bei der Darstellung hat HÄUSEL den Anspruch Komple-

xität zwar bewusst zu machen, aber dennoch einfach darzustellen.145

Im nächsten Schritt erfolgte eine Verknüpfung von Werten (=Standards an denen eigenes

und fremdes Verhalten gemessen werden) mit den Emotionen in der Limbic® Map. Die

Werte wurden demnach in die Darstellung integriert. Die Positionierung der Werte erfolgte

durch eine Expertenbefragung und eine spontane Zuordnung durch Versuchspersonen.

Abbildung 7 zeigt die gesamte Limbic® Map als Emotions- und Werteraum des Men-

schen:

                                                                                                                         142Ebenda.

143 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 50f; Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 250f. 144 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 52; Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 251; Seßler, Limbic® Sales, 2012, S. 41f.

145 Vgl. Häusel, Wissenschaftliche Fundierung, 2011, S. 41.

40

 

Abbildung 7: Die Limbic® Map

(Quelle: Häusel, Brain View, 2012, S. 53)

Schon hier sei darauf hingewiesen, dass in Kapitel 4.2.3 noch kritisch darauf eingegangen

wird, inwiefern diese pragmatische Darstellung sinnvoll und wissenschaftlich ist und wo

dieser Ansatz an seine Grenzen stößt.

Laut der Gruppe Nymphenburg, deren Vorstand HÄUSEL beiwohnt146, ist die Limbic®

Map ein Tool, das den „gesamten Emotionsraum des Menschen übersichtlich auf einen

Blick“147 darstellt und die Möglichkeit bietet „alle menschlichen Motive, Werte und Wün-

sche“148 abbilden zu können. Bemerkenswert dabei ist die Kulturstabilität der Limbic®

Map. Diese besagt, dass länder- und kulturübergreifend bestimmte Werte immer annäh-

rend gleich am selben Ort auf der Karte (also auch im Gehirn) zugeordnet werden.149

So wird z. B. der Wert „Security“ länder- und kulturübergreifend im Balance-System posi-

tioniert.150 Zu beachten ist aber, dass es in anderen Ländern und Kulturen starke Unter-

                                                                                                                         146 Vgl. Gruppe Nymphenburg, Unsere Führungsmannschaft, 13.09.2013, http://www.nymphenburg.de/unsere-fuehrungsmannschaft.html. 147 Vgl. Gruppe Nymphenburg, Limbic® Map, 13.09.2013, http://www.nymphenburg.de/limbic-map.html.

148Ebenda. 149 Vgl. Häusel, Wissenschaftliche Fundierung, 2011, S. 51; Häusel, Brain View, 2012, S. 58; auch diese Charakteristik wird in Kapitel 4 kritisch durchleuchtet.

150 Vgl. Häusel, Wissenschaftliche Fundierung, 2011, S. 51.

41

 

schiede in der Wichtigkeit und Bedeutung einzelner Werte gibt. Als Beispiel gibt HÄUSEL

die hohe Bedeutung von „Individualismus“ in Amerika an. Dieser Wert sei in anderen Kul-

turen, wie bspw. Japan oder China überhaupt nicht vorhanden.151

In der Praxis wird die Limbic® Map von der Gruppe Nymphenburg u. a. zur Markenpostiti-

onierung („Limbic® Branding“) 152 oder zur Positionierung der emotionalen Bedeutung von

bestimmten Reizen (z. B. Farben oder Zeichen, „Limbic® Cue Management“)153 genutzt.

Sie dient aber auch als Tool zur theoretischen Erklärung von Konsumentenverhalten,

denn entsteht in den Instruktionen ein Ungleichgewicht (z. B. starke Aktivität des Domi-

nanz-Systems), muss der Konsument handeln, um das bestehende Defizit ausgleichen zu

können.154 Das Konsumieren von Marken und Produkten dient also folglich der Herstel-

lung eines Gleichgewichts (z. B. Kauf eines Statussymbols zur Befriedigung des Domi-

nanz-Systems).155

Beim Studieren der Limbic® Map kommen nicht nur Fragen und Lösungen hinsichtlich der

Positionierung von Marken, Produkten oder Symbolen auf, sondern auch zur Positionie-

rung einzelner Konsumenten.

Die unterschiedliche Ausprägung der verschiedenen Emotionssysteme bestimmt die

(Konsumenten-)Persönlichkeit.156 Diese individuellen Emotionsstrukturen sind zum größ-

ten Teil angeboren, aber auch durch Erziehung, Bildung und Umfeld geprägt.157 In diesem

jeweils individuellen Mix gibt es bei jedem Konsumenten einen Emotionsschwerpunkt (z.

B. Schwerpunkt im Balance-System).158 Dieser ist meist deutlich erkennbar. Daher lassen

sich einzelne Konsumententypen praxisnah einordnen.159 Entlang der Limbic® Map konn-

                                                                                                                         151 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 58; Anmerkung der Verfasserin: HÄUSEL gibt für seine Be-hauptung, dass in Japan und China der Wert „Individualität“ nicht bekannt sei, keine Quelle an. Die Verfasserin zweifelt aber an der Richtigkeit dieser Aussage.

152 Vgl. Gruppe Nymphenburg, Branding, 14.09.2013, http://www.nymphenburg.de/branding.html.

153 Vgl. Gruppe Nymphenburg, Cue Management, 14.09.2013, http://www.nymphenburg.de/limbic_cue_management.html. 154 Vgl. Felix, Neuromarketing, S. 37.

155 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 114ff. 156Ebenda.

157 Vgl. Gruppe Nymphenburg, Limbic® Personality, 16.09.2013, http://www.nymphenburg.de/limbic-personality.html. 158 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 113; Häusel, Wissenschaftliche Fundierung, 2011, S. 58.

159 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 114.

42

 

te die Gruppe Nymphenburg sieben Konsumententypen nach ihrem Emotionsschwer-

punkt identifizieren.

Abbildung 8 zeigt die Verteilung der sieben sogenannten „Limbic® Types“ mit ihrer pro-

zentualen Verteilung in Deutschland.

Abbildung 8: Die Limbic® Types und ihre prozentuale Verteilung in Deutschland (Quelle: Gruppe Nymphenburg, Limbic® Types, 16.09.2013, http://www.nymphenburg.de/limbic-types.html)

Im Folgenden werden die Limbic® Types etwas näher vorgestellt:

! Der/die Tradionalist(in): Vormacht des Balance-System, daher etwas ängstlich

und vorsichtig gegenüber Neuem, prüft alles sehr genau. Relativ starre Konsum-

gewohnheiten, Marken haben für ihn eine Sicherheits- und Vertrauensfunktion.

! Der/die Harmonisier(in): Ähnliche Vormacht des Balance-Systems, allerdings

noch stärkere Ausprägung des Fürsorge- und des Bindungs-Systems. Heim und

Familie sind extrem wichtig, daher stehen beim Konsum auch Produkte für Fami-

lie, Garten und Haus im Vordergrund.

! Der/die Offene: leichte Vormachtstellung des Stimulanz-Systems, daher offene

und bejahende Lebenseinstellung. Liebt Genuss und Erlebniswelten beim Shop-

pen. Aufgrund eines ebenso relativ hohen Balance-Anteils wird auf Qualität und

Herkunft der Produkte geachtet.

! Der/die Hedonist(in): Vormacht des Stimulanz-Systems, daher immer auf der Su-

che nach Neuem, nach dem nächsten Trend. Qualität spielt eine geringe Rolle

beim Einkaufen, die Produkte sollen viel mehr außergewöhnlich und neuartig sein.

! Der/die Abenteurer(in): ebenfalls Vormacht des Stimulanz-Systems, allerdings

mit kämpferischer Komponente. Es ist keinerlei Risikobewusstsein bemerkbar.

43

 

Beim Konsum geht es um Spaß und einen neuen „Kick“, die Produkte müssen be-

freiend oder leistungssteigernd sein.

! Der/die Performer(in): Vorherrschaft des Dominanz-Systems. Produkte, die

Hochwertigkeit und Perfektion versprechen und als Statussymbole gelten, faszi-

nieren diesen Typ.

! Der/die Disziplinierte: hoher Einfluss des Dominanz-Systems. Eher pessimisti-

sche Einstellung, gekauft wird nur das, was auch wirklich gebraucht wird. Qualität-

und Garantieaspekte spielen eine große Rolle, doch auch Sparsamkeit ist eine der

höchsten Tugenden.160

Bei diesen Typisierungen ist allerdings immer darauf zu achten, dass es sich um eine

vereinfachte Darstellung zur neuropsychologischen Zielgruppensegmentierung handelt.161

Lizenznehmer des Limbic® Ansatzes sind die Agenturen IFM Sports162 und LEDAVI.163

Außerdem wurden die Limbic® Types in die „Typologie der Wünsche“ der Hubert Burda

Media (eine der größten Markt-Media-Studien in Deutschland mit über 20.000 Befrag-

ten)164 und in den „Nielsen Homescan“ (= eines der größten Schweizer Konsumentenpa-

nels)165 eingepflegt.

3.3.5 Codes als Zugänge zum Konsumentengehirn – Brand Code-Management™

Einen weiteren Ansatz zur Anwendung von Neuromarketing in der Praxis liefern SCHEI-

ER/HELD. Als Gründer und Geschäftsführer der decode Markenberatung GmbH166 entwi-

ckelten sie das Brand Code-Management™.

                                                                                                                         160 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 118ff. 161 Vgl. Häusel, Wissenschaftliche Fundierung, 2011, S. 53.

162 Anm. d. Verfasserin: heute REPUCOM. 163 Vgl. Merz, Neuromarketing, 03.02.2012, http://www.jp4sport.biz/archive/151/neuromarketing-wie-die-„landkarte-der-emotionen-beim-sponsoring-hilft/.

164 Vgl. Institut für Medien- und Konsumentenforschung, Typologie der Wünsche, 15.09.2013, http://www.imuk.de/tdw.html; Häusel, Wissenschaftliche Fundierung, 2011, S. 53ff. 165 Vgl. Nielsen, Homescan, 16.09.2013, http://www.homescan.ch/index.cfm?name=mitarbeit-konsumentenpanel&cid=5.

166 Vgl. Decode, Über uns, 16.09.2013, http://www.decode-online.de/ueber-uns/.

44

 

Ihr Ansatz beruht auf der Vorstellung von Kommunikation als Austausch von Bedeutun-

gen. Demnach sendet ein Sender (z. B. ein Unternehmen) bestimmte Botschaften (z. B.

die Eigenschaften eines neuen Produktes) über eine Verschlüsselung durch Codes (z. B.

bestimmte Farben, Symbole) an den Empfänger (Konsument), der die eingebundenen

Codes entschlüsselt. Um sicher zu gehen, dass der Konsument exakt die Botschaft ent-

schlüsselt, die der Sender übermitteln will, ist es notwendig die Codes und ihre Entschlüs-

selung im Konsumentengehirn genau zu kennen.167

Die physischen Eigenschaften von Produkten (z. B. Temperatur, Form oder Verpackung

usw.) aktivieren im Gehirn automatisch eine dahinterliegende mentale Ebene.168 Men-

schen konsumieren also nicht nur das Produkt, sondern auch das Konzept, die Idee und

das Konsumziel dahinter.169

Bei diesen Vorgängen spielt die Amygdala eine entscheidende Rolle170 da sie Reize aus

der Umwelt emotional einfärbt und die erstmalig gemachten Gefühle bei Wiederauftreten

des Reizes reproduziert. Wichtig dabei sind sensorische „Stichwörter“ (auch Codes oder

Cues, im folgenden Codes genannt), da sie das Erinnern extrem fördern.171

Ein oft zitiertes Bsp. wäre der Geruch beim Backen von Apfelkuchen, der die Erinnerung

an zusätzliche Details wie ein gemütliches Beisammensein an einem Sonntag aktiviert.172

Die Codes (im Bsp. der sensorische Geruchscode) sind im limbischen System gespei-

chert und stimulieren eine lebendige Erinnerung.173 Sie können explizit (Sprache) oder

implizit (z. B. Optik) sein.174 Allerdings entsteht die Bedeutung der Codes durch implizites

kulturelles Lernen.175 Botschaften müssen also mit solchen Codes hinterlegt werden, die

auch über periphere Wahrnehmung funktionieren.176

                                                                                                                         167 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 42. 168 Vgl. Scheier/Held/Bayas-Linke, Codes, 2012, S. 18.

169 Vgl. Scheier/Held/Bayas-Linke, Codes, 2012, S. 91ff. 170 Vgl. Kapitel 3.1.5.

171 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 235.

172 Vgl. Zaltman, How costumers think, 2003, S. 177. 173 Ebenda.

174 Vgl. Raab/ Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 236. 175 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 63; Kapitel 3.3.1.

176 Vgl. Scheier/Held/Bayas-Linke, Codes, S. 38.

45

 

SCHEIER/HELD identifizieren in ihrer Veröffentlichung zur Wirkung von Werbung vier

Codearten:

! Sprache: Sprechweise, Wortklang, Assoziationen.177

! Geschichten: Erzählungen und Episoden.

! Symbole: Protagonisten, Markenlogos, Handlungsumwelt/Handlungsraum.

! Sinne/Sensorik: Farben, Haptik, Geräusche, Gerüche.178

Durch diese Codes wird es möglich eine Verbindung zwischen einem Produkt und den

Motiven des Konsumenten (s. Zürcher Modell: „Sicherheit“, „Autonomie“ und „Erregung“)

herzustellen.179 SCHEIER/HELD nennen sie „die vier Zugänge zum Konsumentengehirn“,

die eine Bedeutung mit sich tragen, die erst vom Konsumenten entschlüsselt (decoded)

wird.180 Diese Bedeutung variiert kulturell, so dass deutlich wird, dass für die jeweilige

anzusprechende Zielgruppe die richtigen Codes angewendet werden müssen.181 Außer-

dem können sich die Bedeutungen von Codes auch mit der Zeit verschieben (bspw. durch

Trends).182

Nach SCHEIER/HELD müssen Marken und Produkte mit impliziten Codes aufgeladen

werden, die die gewünschte Bedeutung (Botschaft) transportieren. Durch diese Bedeu-

tung wird nun das Produkt oder die Marke selbst zu einem Code.183

Aus allen Codes, die eine starke Marke ausmachen, bildet der Konsument im Gehirn ein

sogenanntes dynamisches und damit veränderbares „Markennetzwerk“ das die Bedeu-

tungen der Codes widerspiegelt.184

Aus diesen Erkenntnissen leiten SCHEIER/HELD den Managementprozess Brand Code-

Management™ ab.185 Dieser Ansatz in der Markenkommunikation überträgt laut den Au-

toren die Theorie des Neuromarketings in die Marketingpraxis.186

                                                                                                                         177 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 77f.

178 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 76, S. 78ff. 179 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 77, S. 173.

180 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 92. 181 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 94f; Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 244.

182 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 96ff. 183 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 98.

184 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 144.

46

 

Der Prozess besteht aus einem Dreischritt, wobei die einzelnen Schritte aber auch auto-

nom durchgeführt werden können:

! Produkt-Audit: umfasst eine Motivanalyse, eine Produktanalyse und eine Wett-

bewerbsanalyse. Ziel soll sein, die im Produkt angelegten Motive zu definieren,

zum Vergleich die Motive der Wettbewerbsprodukte zu kennen und die Anschluss-

fähigkeit des Produktes zu den Motiven zu bestimmen.187

! Marken-Audit: besteht aus einer Motivanalyse (Ergebnis: Motivprofil der Marke)

und einer Codeanalyse (Ergebnis: Codes, die Kontraste setzen). Anschließend da-

ran wird an einer Differenzierung und Kontrastgebung der Motive gearbeitet und

passende Markenkontaktpunkte analysiert.188

! Wettbewerbs-Audit: hier werden die Codes der Wettbewerber durchleuchtet und

die implizite Selbstwahrnehmung der Wettbewerber aufgedeckt und versucht an

Schwächen oder Lücken anzusetzen.189

Dieser Ansatz von SCHEIER/HELD zeichnet sich im Vergleich zu anderen Tools zur

Steuerung der Markenkommunikation vor allem durch das besonderes Augenmerk auf

der impliziten Wirkung der Codes aus und versucht eine sinnvolle Verknüpfung von Er-

kenntnissen, die dem Gebiet des Neuromarketings zugeordnet werden, und dem Marke-

tingalltag herzustellen.

4 Bewertung des Erkenntnisstands im Neuromarketing

Die vorausgegangenen Ausführungen sollen dem Leser einen komprimierten Überblick

über die Grundgedanken des Neuromarketings liefern. Dabei ist festzustellen, dass das

Thema Neuromarketing unterschiedliche Herangehensweisen, Forschungsabläufe und

Modelle kennt. Sowohl bei den wissenschaftlich orientierten Untersuchungen (Studien mit

fMRT u. a.) als auch bei den mehr praxisorientierten Modellen geht es darum, bisher un-

bekannte/unsichtbare Prozesse (Wahrnehmung, Bewertung, Lernen und Erinnerung) bei

Kaufentscheidungen besser zu erforschen und in Beziehung zum sichtbaren Verhalten

der Konsumenten zu bringen. Ob nun aber diese neue Disziplin für die Beantwortung der

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 185 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 173. 186 Ebenda.

187 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 178ff. 188 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 182ff.

189 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 190ff.

47

 

eingangs gestellten Fragen190 realistische Ansätze bieten kann und wo genau die Stärken

und Schwächen der Disziplin liegen wird im Folgenden dargestellt. In Kapitel 4.4 soll an-

schließend auf die Frage nach dem tatsächlich Neuen, Revolutionären und Innovativen im

Neuromarketing eingegangen werden.

Als Einstieg in die Problematik der Erkenntnisbewertung wurden extreme Zitate aus der

Literatur rund um das Neuromarketing ausgewählt:

„...Neuromarketing gilt [...] Vielen in der Praxis als universelle „Heilslehre“. Das hat zur

Konsequenz, dass sich jede Kritik, ja sogar schon die Frage nach der Erklärungskraft der

vermeintlich neurowissenschaftlich basierten Erkenntnisse für das Marketing zu verbieten

scheinen.“191

„In many areas of economics, it [neuroeconomics, Erg. d. Verfasserin] will dominate, be-

cause it works.“192

„However, only time will tell whether neuroeconomics will eventually provide acceptable

tools for commercial activities.“193

„Neu ist der Begriff „Neuromarketing“, der wissenschaftliche Ansatz ist es nicht.“194

Diese kurze Meinungsübersicht macht deutlich, wie kontrovers in der Wissenschaft die

Themen Neuroökonomie und Neuromarketing diskutiert werden. Während einige Autoren

die Forschungen und Ergebnisse eher als zukunftsweisend empfinden, herrscht anderer-

seits auch Skepsis. Im deutschsprachigen Raum ist vor allem BIELEFELD zu erwähnen,

der mit seiner im letzten Jahr an der Universität Bremen vorgelegten Dissertation zu den

neurowissenschaftlichen Grundlagen des Markenerfolgs195 die bisherigen Errungenschaf-

ten der Neurowissenschaften für das Marketing (und hier insbesondere für die Markenfüh-

rung) wissenschaftlich und kritisch untersucht. Im Vordergrund stehen bei seinen Betrach-

tungen die Kritik an den populärwissenschaftlichen/kommerziellen Veröffentlichungen

zum Thema Neuromarketing, aber auch die Untersuchung der (unzureichenden) Integra-

                                                                                                                         190 Vgl. Kapitel 1.1.

191 Burmann, Geleitwort, 2012, S. V. 192 Kahnemann, Need Brain, 24.07.2008, http://www.economist.com/node/11785391.

193 Breautigam, Neuroeconomics, 2005, S. 359. 194 Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 1.

195 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012.

48

 

tion der neurowissenschaftlichen Erkenntnisse in die klassische Konsumentenfor-

schung.196

4.1 Chancen des Neuromarketings

Die Marktforschungsbranche boomt. In einem aktuell veröffentlichen Artikel der Frankfur-

ter Allgemeinen Zeitung ist von einem Umsatz von 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2012 die

Rede – alleine in Deutschland.197 Doch die Branche steckt auch in einer Krise: acht von

zehn neuen Produkten verschwinden nach kurzer Zeit wieder aus den Regalen („Flopra-

te“) - trotz guter Marktforschungsergebnisse im Vorfeld.198 Wie kann es zu solchen Dis-

krepanzen kommen? Die Methoden der klassischen Marktforschung (qualitative und

quantitative Befragungen) stoßen an ihre Grenzen, da die Menschen nicht verlässlich

angeben, wie sie sich verhalten werden.199 Unzählige Faktoren beeinflussen die Wahrhaf-

tigkeit der Aussagen, zudem treffen Menschen die meisten Entscheidungen unbewusst

und können somit nicht darüber berichten.200

Hier kann das Neuromarketing ansetzen und neue „Consumer Insights“ liefern. In den

nächsten Kapiteln soll ein kurzer Überblick zu den Chancen, die das Neuromarketing in

Forschung und Praxis bietet, gegeben werden.

4.1.1 Weiterentwicklungen und Ergänzungen auf dem Gebiet der Konsu-mentenforschung

„For decades marketers have been talking to themselves instead of speaking to the real

desires and motivations of consumers.“201

Die Grundlagenforschung in den Bereichen der Hirnforschung und der biologischen Psy-

chologie, auf der das Neuromarketing aufbaut, kann zur Weiterentwicklung der Erkennt-

nisse der Konsumentenforschung und damit zu einem ganzheitlichen Verständnis des

Konsumentenverhaltens führen.

                                                                                                                         196 Anm. d. Verfasserin: untersucht wurden hier die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuellsten Ausgaben der Standardwerke von KROEBER-RIEL/WEINBERG/GRÖPPEL-KLEIN und TROMMSDORFF/TEICHERT.

197 Vgl. Löhr, Volksbefragung, 2013, S. 12. 198 Ebenda.

199 Lindstrom, BUY-OLOGY, 2009, S. 31. 200 Vgl. Van Preat, Unconscious Branding, 2012, S. X.

201 Van Preat, Unconscious Branding, 2012, S. 6.

49

 

RAAB/GERNSHEIMER/SCHINDLER liefern eine Übersicht über die Ansätze und Er-

kenntnisse des Neuromarketings, die neue Einblicke in menschliches Verhalten allgemein

und in das Konsumentenverhalten im Speziellen geben können:

! Erkenntnisse über unbewusste Entscheidungsprozesse und deren zu

Grunde liegenden neuronalen Mechanismen.

! Erkenntnisse über den Einfluss der Emotionen und die Identifikation der

verschiedenen Emotionssysteme im Gehirn sowie die Erforschung ihrer

Wirkung.

! Die Erforschung multisensorischer Verarbeitungsprozesse und deren Nut-

zung.

! Kenntnis über die emotional-kognitiven Verarbeitungsprozesse, die im Ge-

hirn ablaufen.

! Bedeutung und Einsatz von Sprache im Marketing optimieren (Neurolingu-

istik).

! Persönlichkeits- und Konsumententypforschung: z. B. Gender- und Age-

Marketing.202

Diese Auflistung macht deutlich, dass das Neuromarketing Chancen eröffnet, bestehende

Modelle und Annahmen in der Konsumentenforschung weiterzuentwickeln und zu erwei-

tern. Dass diese Integration bereits in Ansätzen geschieht, zeigen die Standardwerke zum

Konsumentenverhalten: GRÖPPEL-KLEIN erwähnt, dass durch die bildgebenden Verfah-

ren erstaunliche Einblicke in die Funktionsweise des menschlichen Gehirns gewonnen

und in die Konsumentenforschung einfließen können.203 Auch TROMMS-

DORFF/TEICHERT gehen auf die Bedeutung der Neurowissenschaften als Teilkompo-

nente für die Konsumentenforschung ein.204

Darüber hinaus wurde schon in Kapitel 4.1 angedeutet, dass die Untersuchungen und

Modelle des Neuromarketings als Ergänzungen zu klassischen Marktforschungsmetho-

den gesehen werden können, da sie tiefere Einblicke in die Psyche des Menschen ge-

währen.205 In der Praxis können die bildgebenden Verfahren neben klassischen Befra-

gungen angewendet werden und somit wiederum neuen Input zum ganzheitlichen Ver-                                                                                                                          202 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 22ff.

203 Vgl. Kroeber-Riel/Gröppel-Klein, Konsumentenverhalten, 2013, S. 18. 204 Vgl. Trommsdorff/Teichert, Konsumentenverhalten, 2011, S. 22.

205 Vgl. Felix, Neuromarketing, 2009, S. 84.

50

 

ständnis der Konsumverhaltensweisen liefern.206 So wird es in Zukunft eher gelingen die

echten Wünsche und Motive der Konsumenten zu identifizieren und ansprechen zu kön-

nen. Eine weitere Möglichkeit die Markt- und Konsumentenforschung mit den neurowis-

senschaftlichen Erkenntnissen zu bereichern ist die Integration von Modellen und Denk-

ansätzen in bestehende Untersuchungen und in die Marketingpraxis. Ein Bsp. hierfür ist

der Limbic® Ansatz, der in den Nielsen Homescan und in die Typologie der Wünsche

eingepflegt wurde und in Marketing-Consulting Agenturen angewendet wird.

4.1.2 Impulse und Inspirationen für die Kommunikations- und Markenpolitik

Aufbauend auf die oben angesprochenen Chancen des Neuromarketing kann das hier-

durch erlangte, optimierte Verständnis und Wissen über das Konsumentenverhalten dazu

beitragen, die gesamte Marketingkommunikation zu verbessern und auf die Konsumenten

zuzuschneiden.

SCHEIER/HELD nennen mögliche Chancen des Neuromarketings für Kommunikations-

und Markenpolitik:

! Kunden können besser und effizienter angesprochen werden.

! Die Wirkung von Marken, Kommunikation und Produkten auf die Konsumenten

können untersucht werden.

! Es kann ein besseres Verständnis darüber erlangt werden, wie Werbung aufge-

baut sein muss, um im 21. Jahrhundert markenpolitisch überzeugend zu wirken. 207

MARTÍNEZ fasst diese Punkte prägnant zusammen: „Neuromarketing is a very useful tool

for drafting more effective strategies and plans of action for brands, communications and

corresponding in business plans.“208

4.2 Aktuelle Grenzen und Probleme

Die Frage nach den Begrifflichkeiten Neuromarketing und Neuroökonomie wurden durch

zu Hilfenahme der gängigen Literatur vermeintlich geklärt. Doch weiterhin dürfte es für

Personen, die sich mit diesen Themen sowohl wissenschaftlich als auch praktisch be-

schäftigen möchten, einige offene Fragen geben: Wo verläuft die Grenze zwischen rein

wissenschaftlicher „Grundlagenforschung“ und Forschung, die direkt zu „Erkenntnissen                                                                                                                          206 Vgl. Martínez, The Consumer Mind, 2012, S. 6. 207 Vgl. Scheier/Held, Werbung, 2012, S. 28.

208 Martínez, The Consumer Mind, 2012, S. 3.

51

 

und Implikationen“ für die Praxis führt? Waren und sind die Ergebnisse aus „dem Neuro-

marketing“ überhaupt marktreif? Schlussendlich kann sogar die Frage gestellt werden,

was nun alles dem Gebiet Neuromarketing zuzuordnen wäre. Laut der Website „Neurore-

lay“ gibt es allein in Europa 38 verschiedene kommerzielle Dienstleister, die Neuromarke-

ting als Service anbieten – neben einem breiten Spektrum an Technologien (z. B. EEG

und fMRT) werden auch eigene, teilweise patentierte „Neurotools“ angeboten.209 Dies

macht es nicht leicht, die Probleme und Grenzen des Neuromarketings einheitlich und

abschließend zu bewerten. Im Folgenden soll ein erster Versuch unternommen werden.

4.2.1 Problematik der Komplexität des Forschungssubjekts Gehirn

„Als junger Wissenschaft sind ihr [dem Neuromarketing, Erg. d. Verfasserin] durch unser nach wie vor mangelhaftes Verständnis des menschlichen Gehirns Grenzen gesetzt.“210

Die Hirnforschung hat sich in den letzten Jahren enorm schnell und differenziert weiter-

entwickelt. Die verschiedenen Disziplinen der Hirnforschung liefern immer neue Erkennt-

nisse, die heute gemeinsam den aktuellen Erkenntnisstand der neurowissenschaftlichen

Forschung bilden.211 Doch gerade diese Fülle an komplexen neuen Ergebnissen weist auf

einen schwer zugänglichen und neuen Themenkomplex: Das Forschungssubjekt Gehirn

ist schwer in Gänze zu fassen und zu verstehen. Außerdem sind manche Erkenntnisse

noch unvollständig und vor allem nicht leicht interpretierbar. Ein Bsp. für eine solche Her-

ausforderung wäre die Tatsache, dass es zwar möglich ist bestimmte mentale Leistungen

einzelnen Hirnregionen zu zuordnen, aber ebenso festgestellt werden musste, dass diese

Vorgänge über viele Hirnregionen hinweg vernetzt stattfinden, so dass bloß von einer

Spezialisierung und keineswegs von einer exklusiven Funktion einer Hirnregion gespro-

chen werden kann.212

Ein weiteres Problem ergibt sich dadurch, dass die notwendige Interdisziplinarität bei den

Forschungen nicht immer gegeben ist. Diese Problematik entsteht zum einen, wenn zur

Durchführung und Interpretation von fMRT Studien lediglich Radiologen oder Neurologen,

die im klinischen Bereich arbeiten, herangezogen werden, die ihrerseits ein weniger gutes

Verständnis für Marketingstimuli, wie bspw. Marken mit hoch komplexen Reiz-Strukturen,                                                                                                                          209 Neurorelay, Neuromarketing Companies, 20.09.2013, http://neurorelay.com/2012/05/08/neuromarketing-companies-worldwide/, Anm. d. Verfasserin: die decode Marketing GmbH wird hier nicht erwähnt, sodass davon auszugehen ist, dass es deutlich mehr Anbieter von Neuromarketing in Europa gibt.

210 Lindstrom, BUY-OLOGY, 2009, S. 17. 211 Vgl. Deutscher Bundestag, Hirnforschung, 2007, S. 17.

212 Vgl. Deutscher Bundestag, Hirnforschung, 2007, S. 6.

52

 

haben.213 Umgekehrt ist es auch bedenklich, wenn Marketingexperten in die Neurowis-

senschaften drängen. In dem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über Marktfor-

schung ist bspw. die Rede von einer „Betriebswirtin mit einem Faible für Psychologie“, die

Gehirnströme von Probanden untersucht.214 Dass diese keine grundlegende medizini-

sche, geschweige denn neurologische, Ausbildung genossen hat, dürfte auf der Hand

liegen.

Somit kann festgehalten werden, dass es richtig ist sich mit dem Gehirn der Menschen zu

beschäftigen. Die Interpretation und Verwertung der Ergebnisse bleibt aber weiterhin

schwer und strittig.

4.2.2 Kritik an den apparativen Verfahren

Wie bereits in Kapitel 3.2 dargelegt, basieren die grundlegenden Untersuchungen zum

Thema Neuromarketing auf Studien mit verschiedenen noninvasiven Verfahren. Da die

Methode der fMRT am bedeutendsten ist, wird hierauf der Fokus gelegt.

Es gibt einige Eingrenzungen beim Einsatz von fMRT Scannern: eine einfache Untersu-

chung mit wenigen Probanden und ohne ein ausgewiesenes Expertenteam mit Forschern

aus den Gebieten Radiologie, Neurowissenschaften, Psychologie und Marketing kostet

40.000€ bis 100.000€.215 Diese Zahlen machen deutlich, dass der Nutzen eventuell den

Kosten nicht gerecht wird. Außerdem werden die Laborbedingungen bemängelt, denn die

Ergebnisse, die beim bewegungslosen Liegen im Scanner gewonnen werden sind nur

teilweise auf reale Situationen übertragbar.216 Es ist davon auszugehen, dass eine La-

boruntersuchung genauso wie die äußeren Einflüsse bei klassischen Befragungen die

Ergebnisse verfälschen und zu falschen Interpretationen führen.

BIELEFELD greift diese Vermutung auf und zeigt beispielhaft an der in Kapitel 3.2.2 zitier-

ten Weinproben-Studie von PLASSMANN et al., wie mangelhaft die Methodik, Durchfüh-

rung, Interpretation und der Umgang mit den Ergebnissen solcher Untersuchungen sein

kann.217 U. a. wird die unglückliche Probandenauswahl (Studenten mit geringem Einkom-

men und geringen Weinkenntnissen)218 bemängelt. Die Wahl der Untersuchungsmethode

                                                                                                                         213 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 312. 214 Vgl. Löhr, Volksbefragung, 2013, S. 12.

215 Vgl. Häusel, Brain View, 2012, S. 268. 216 Vgl. Raab/Gernsheimer/Schindler, Neuromarketing, 2009, S. 25.

217 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 318ff.

218 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 321f.

53

 

wird weiter als „das zentrale, alles überlagernde Problem“ bezeichnet.219 Zu diesem Er-

gebnis kommt der Autor, da in der Enge des Hirnscanners die Weinproben den Versuchs-

teilnehmern durch einen kleinen Plastikschlauch verabreicht wurden. Dies bedingt eine

einseitige Wahrnehmung von Aroma. Aroma, insbesondere Weinaroma, entsteht erst

durch das Zusammenspiel von gustatorischen und olfaktorischen Sinnessystemen.220 Da

die Probanden allerdings eingeschränkt in ihren Sinneswahrnehmungen waren, blieb

ihnen zur Orientierung nichts anders als der Preis. Dass ein höherer Preis mit höherer

Qualität assoziiert wird, dürfte kein neues oder gar überraschendes Ergebnis sein.221 Es

ist also davon auszugehen, dass das „triviale Ergebnis“, dass ein mitgeteilter höherer

Preis Einfluss auf das Erleben eines Produktes haben kann, zwar zutrifft, aber für eine

Generalisierung zum Zwecke der Beeinflussung der Produktwahrnehmung unzureichend

ist.222

Auf andere Bedenken und Problemfelder gehen MÖLL und der Endbericht zur Hirnfor-

schung des Deutschen Bundestages ein: Ethik und Verbraucherschutz. In kaum einem

anderen Bereich obliegt den Forschern eine so große Verantwortung, wie bei der Unter-

suchung des Gehirns. Wie ist mit Befunden von vermeintlich gesunden Probanden umzu-

gehen, die während einer Marketinguntersuchung gemacht wurden?223 Überhaupt wird

die Verwendung von fMRT Apparaturen über den medizinischen Bereich hinaus unter

besondere Beobachtung bzgl. Vermeidung von Missbrauch und Richtlinien zum Daten-

schutz zu stellen sein.224 Auf internationaler Ebene stellt der „Code of Ethics“ der „Neuro-

marketing science and business association“ eine Orientierung dar.225

Aufgrund der Komplexität der Bedienung der Apparaturen und der Schwierigkeit einer

zuverlässigen und aussagekräftigen Interpretation der Ergebnisse sowie der Konfrontation

mit ethischen und datenschutzrechtlichen Fragen, bleibt zu konsternieren, dass Hirnaktivi-

tätsbilder, wie sie beispielsweise mit einer fMRT gewonnen werden, zwar eine neue wich-

tige Perspektive bieten, aber keineswegs geradeaus Implikationen für die Marketingpraxis

liefern.                                                                                                                          219 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 322.

220 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 324.

221 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 320. 222 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 327.

223 Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 229. 224 Vgl. Deutscher Bundestag, Hirnforschung, 2007, S. 38.

225Vgl. NMSBA, Codes of Ethics, 11.01.2013, http://www.neuromarketing-association.com/ethics.

54

 

4.2.3 Kritik an den kommerziellen Neuromarketing Modellen

Ein weiterer Grund zur Erklärung, warum das Neuromarketing unter einigen Forschern

eher einen schweren Stand hat,226 sind vermutlich die vereinfachten, teilweise trivialen

und plakativen Darstellungen der komplexen Thematik durch einige „Neuromarketing-

Experten“. Diese kommerziellen Anbieter veröffentlichen Neuromarketing-„Werkzeuge“

und Modelle, die für die praktische Anwendung bestimmt sein sollen. Allerdings wird heu-

te mittunter sogar vermutet, dass diese Angebote rein kommerziell motiviert sind und „viel

Scharlatanerie im Spiel war und kaum etwas fundiert wissenschaftlich abgesichert.“ ist.227

Eine gründliche Prüfung der vorgestellten kommerziellen Ansätze scheint also notwendig,

da Neuromarketing ein „hoch aktuelles, hoch attraktives Geschäftsfeld“ geworden ist.228

Wie bereits in Kapitel 3.3.4 angekündigt, ist zu untersuchen, wie der Limbic® Ansatz von

Häusel zu bewerten ist. BIELEFELD gibt Hinweise darauf, dass bspw. die Mischungen

der Emotionssysteme missverständlich dargestellt werden: denn wenn „Kontrolle“ die Mi-

schung aus Balance und Dominanz sein soll, stellt sich die Frage, welche Ausprägung der

Wert „Kontrolle“ dann annimmt. Im Dominanzbereich hätte „Kontrolle“ die Ausprägung

„Selbstdurchsetzung“ und Demonstration von Dominanz, im Balancebereich allerdings

„Selbstkontrolle“ und Anpassung.229 BIELEFELD merkt daher an, dass eine dreidimensio-

nale Darstellung der Limbic® Map diese Lücke schließen könnte, da somit die Mehrdi-

mensionalität der Funktionen und Inhalte von Werten deutlich werden würde.230 Weiter

kritisiert BIELEFELD das „Ableiten“ unterschiedlicher Konsumententypen, der Limbic®

Types. Diese Ableitung erscheint zwar vordergründig sinnvoll, ist aber wohl schwerlich auf

ihre Validität zu überprüfen, da die komplexe Bildung von Persönlichkeit im Gehirn unbe-

rücksichtigt bleibt, sondern vielmehr äußerst vereinfacht dargestellt wird.231

Die vereinfachten Darstellungen von HÄUSEL, aber auch von SCHEIER/HELD u. a., die-

nen der Zugänglichkeit für ein breites Publikum und der Kommerzialisierung. Hier sollte

aber dennoch darauf geachtet werden, dass Erkenntnisse der Hirnforschung und der                                                                                                                          226 Vgl. Elger, Neuromarketing, 2009: „Neuromarketing ist eine neue sich entwickelnde Wissen-schaft, vielleicht sogar eine Pseudo-Wissenschaft.“ Zit. nach Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 235.

227 Vgl. Kuske, Was bringt´s?, 2013, S. 44. 228 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 227.

229 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S.237. 230 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S.238. 231 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S.238f.

55

 

Psychologie nicht zu voreilig populärwissenschaftlich aufbereitet und vermarktet werden.

Dadurch verwässern die Erkenntnisse und es entsteht schnell der Eindruck einer „Pseu-

do-Wissenschaft“, die „Absatzsteigerung durch Angebote zur Absatzsteigerung“ betreibt.

Es muss also ein Gleichgewicht zwischen wissenschaftlich fundierter Forschung, wissen-

schaftlichem Diskurs der bisherigen Ergebnisse und kommerzieller Aufbereitung herge-

stellt werden.

4.3 Perspektiven der Entwicklung

Wurde Neuromarketing zu Beginn vor allem im Bereich der Werbeforschung und der Mar-

kenführung eingesetzt, geht die Tendenz in neuen Ansätzen und Veröffentlichungen zum

Thema in alle möglichen Richtungen des Marketings.

Besonders zu erwähnen wären hier die aktuellen Forschungen im Bereich der Sponso-

ring-Wirkungsforschung. Hier zeigt das Modell „Objektives Emotionales Assessment

(OEA)“ eindrucksvoll die Verknüpfung klassischer Marktforschung mit verschiedenen ap-

parativen Verfahren.232 Das OEA ermittelt mit diesen Methoden die Emotionen, die bei

einem Probanden vor, während und nach dem Kontakt mit einem Sponsor und seinen

Botschaften ausgelöst werden.233 Somit stellt das OEA einen neuen Ansatz dar, der Frage

nach der emotionalen Wirkung von Sponsoringengagements ein Stück näher zu kom-

men.234 Im Bereich der Erklärung der emotionalen Wirkung von Sponsoring, Marken und

klassischer Werbung kann sich das Neuromarketing weiterentwickeln, da die Forscher

und Praktiker die Bedeutung der Emotionen längst erkannt haben und nun weiter er-

schließen müssen.

Darüber hinaus gibt MÖLL einige Hinweise auf zukünftige Forschungsgebiete im Bereich

der Markenemotionen:

! Untersuchungen über den Aufbau von Markenemotionen durch Kommunikations-

maßnahmen.

! Untersuchungen über die Veränderungen von Markenemotionen über längere

Zeiträume.

                                                                                                                         232 Vgl. Kuske, Was bringt´s?, 2013, S. 47. 233 Vgl. Kuske, Was bringt´s?, 2013, S. 46f.

234 Vgl. Kuske, Was bringt´s?, 2013, S. 47.

56

 

! Wie Marken mit positiv assoziierten Emotionen in unterschiedlichen Kontexten

wahrgenommen werden.235

Als mögliche zukünftige Anwendungsgebiete des Neuromarketings nennt er:

! Markenallianzen

! Markenarchitekturen

! Markenerweiterungen

! Markenlizenzierungen

! Markencontrolling236

Auch BAUER/EXLER/HÖHNER weißen darauf hin, dass Neuromarketing zur Analyse von

Zusammenhängen zwischen neuronaler Repräsentation einer Marke und Kaufverhalten,

sowie zur Markenerfolgsmessung und zur Wirkungskontrolle von Kommunikationsmaß-

nahmen eingesetzt werden kann.237

Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass sich die neurowissenschaftliche For-

schung in allen Marketingbereichen weiterentwickeln wird. Denn nur ein Vergleich und

eine Verdichtung der bisherigen Ergebnisse, können zu bedeutsamen Fortschritten füh-

ren.

4.4 Revolution im Marketing oder alte Erkenntnisse in neuem Gewand?

In einem Radiobeitrag vertritt ROTH die Meinung, dass das Neuromarketing keine Er-

kenntnisse liefert, die nicht mit psychologischen Methoden besser dargestellt werden

könnten und dass dahingehend reiner „Etikettenschwindel“ betrieben würde.238 Diese Äu-

ßerung implementiert die Frage nach den tatsächlich neuen Erkenntnissen des Neuro-

marketings.

FALKENAU macht darauf aufmerksam, dass bereits 1984 die Werbeexpertin Eva HEL-

LER das Buch „Wie Werbung wirkt“ herausbrachte und darin die werbepsychologischen

Thesen, wie sie im Standardwerk zum Konsumentenverhalten von KROEBER-RIEL dar-

                                                                                                                         235 Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 224.

236 Ebenda.

237  Vgl. Bauer/Exler/Höhner, Neuromarketing, 2006, S. 48.  

238 Vgl. Schramm, Warum Kunden kaufen, 13.02.2013, http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowissen/neuromarketing-kunden-kaufen-100.html.

57

 

gestellt werden, kritisch hinterfragt.239 Ebenfalls merkt er an, dass die angekündigten revo-

lutionären Erkenntnisse des Neuromarketings bisher ausblieben.240

Auch BIELEFELD beschäftigt sich mit der Entwicklung der Konsumentenforschung, um

die Frage nach den relevanten neuen Erkenntnissen des Neuromarketings für diese Dis-

ziplin zu klären.241 In „Consumer Neuroscience“ geht er auch auf die wesentlichen Er-

kenntnisse des Neuromarketings für die Markenführung ein242, auf die hier aber nicht wei-

ter Bezug genommen werden soll.

Er folgert, dass neben einigen irrelevanten und trivialen Erkenntnissen des Neuromarke-

tings243 folgende zwei essentielle Ergänzungen für die Theorie des Konsumentenverhal-

tens durch das Neuromarketing erarbeitet werden konnten:

! Das Konstrukt der „Einstellung“ als wertendes, subjektives Urteil, das in alten Mo-

dellen zur Konsumentenforschung als Erklärung für Wahl- und Kaufentscheidun-

gen244 herangezogen wird, verliert seine Aussagekraft. Dies ist der Tatsache ge-

schuldet, dass das Konstrukt mit keinerlei neuronalen Netzen, Strukturen oder

Prozessen in Verbindung gebracht werden kann. Diese sind aber logischerweise

Voraussetzung für die Entstehung von Wirkungen symbolisch vermittelter Nutzen-

versprechen und emotional getönter Nutzenassoziationen von Produkten und

Marken.245 In Zukunft werden also komplexe neuronale Prozesse, wie sie die Neu-

rowissenschaften erforschen, anstelle von hypothetischen Annahmen in Bezug auf

Wahrnehmung, Informationsverarbeitung und neuronale Repräsentation von Mar-

ken in diese Modelle einzupflegen sein.

! Ähnliches gilt auch für die Erklärung, wie Konsumenten Marken erlernen und erle-

ben. Bisher wurde angenommen, dass Marken als semantische Netzwerke (= Ge-

flecht aus Begriffen und ihren Beziehungen; „Wissensnetz“) im Gehirn „als Mar-

                                                                                                                         239 Vgl. Falkenau, Sportsponsoring, 2013, S. 8. 240 Vgl. Falkenau, Sportsponsoring, 2013, S. 17.

241 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 395.

242 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 388ff. 243 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 400ff.

244 Anm. der Verfasserin: Bielefeld geht hier auf Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein und deren System der „aktivierenden“ und „kognitiven“ Prozesse und auf die Weiterentwicklung dieses Mo-dells durch Trommsdorff ein, sowie auf das „S-O-R-Modell“ von Burmann/Stolle; Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 395f.

245 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 397f.

58

 

kenwissen“ repräsentiert werden.246 Diese Annahme kann laut BIELEFELD aber

viel differenzierter dargelegt werden, wenn die zugehörigen neuronalen Korrelate

(= Gehirnaktivitäten) bekannt sind und integriert werden, die erklären, wie Mar-

kenimages und Markennetze tatsächlich im Gehirn entstehen und repräsentiert

werden.247

Es kann also festgehalten werden, dass nach Ansicht von BIELEFELD die wirklich rele-

vanten neuen Erkenntnisse des Neuromarketings nicht in den in populärwissenschaftli-

chen Arbeiten hervorgehobenen Emotionen als Schlüssel zum Erfolg (z.B. in der Marken-

führung) liegen.248 Dass Emotionen im Marketing wichtig sind, war schon lange Zeit be-

kannt. Als neue Erkenntnisse kann das immer weitergehende Verständnis der zu Grunde

liegenden neuronalen Prozesse des Konsumentenverhaltens in all ihrer biologischen und

psychologischen Komplexität bezeichnet werden.249

Es wird also deutlich, dass nicht von einer Revolution im Marketing gesprochen werden

kann, da die meisten heutigen Erkenntnisse des Neuromarketings eher kleine Ergänzun-

gen und Verbesserungen der alten Modelle darstellen. Doch dies ist auch ein Hinweis

darauf, dass die Behauptung „alte Erkenntnisse in neuem Gewand“ nicht kategorisch be-

jaht werden kann. BIELEFELD macht darauf aufmerksam, dass die Konsumentenfor-

schung seit Jahren stagniert und neue neurologische Erkenntnisse nur teilweise inte-

griert.250 Die am häufigsten kommunizierten Kernaspekte des Neuromarketings, konkret

die Rückkehr des Unbewussten und die Rückkehr der Emotionen251, sind aber keine neu-

en revolutionären Erkenntnisse für die Konsumentenforschung und das Marketing, worauf

alleine schon die Wortwahl „Rückkehr“ schließen lässt. Ziel der Forschungen in den

nächsten Jahren sollte es sein, sowohl „alte“ Erkenntnisse (bspw. aus der Psychologie) zu

überprüfen und auszuarbeiten, als auch neue Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften

zu eruieren und auf ihre Anwendung auf ökonomische Fragestellungen hin zu evaluieren.

                                                                                                                         246 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 398.

247 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 399; hier sei auf das Kapitel „Zusammenfas-sung und Diskussion der Ergebnisse“ hingewiesen, Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 388ff.

248 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 400.

249 Ebenda.

250 Vgl. Bielefeld, Consumer Neuroscience, 2012, S. 2.

251 Vgl. Schramm, Warum Kunden kaufen, 13.02.2013, http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowissen/neuromarketing-kunden-kaufen-100.html.

59

 

Dabei sollte vorsichtig mit Schlagwörtern wie „Neuro-Revolution“ umgegangen werden, da

lediglich von einem Perspektivenwechsel (nämlich hin zur Perspektive des Gehirns), nicht

aber von einer Revolution im Marketing gesprochen werden kann.

60

 

5 Fazit

Die Disziplin des Neuromarketings bietet einen neuen Blickwinkel auf den Konsumenten

und seine Verhaltensweisen. Bei der Beschäftigung mit dem Thema wird aber deutlich,

dass das Neuromarketing lediglich eine Hilfestellung beim Verstehen der neurologischen

Abläufe im Konsumentengehirn bieten kann und niemand Angst vor dem „gläsernen Kon-

sumenten“ oder einem willkürlich manipulierbaren Käufer haben muss.252 Der Benefit des

Neuromarketings besteht folglich darin, die Chancen und Möglichkeiten der Hirnforschung

zu nutzen, um dem Rätsel Konsument ein Stück näher zu kommen. Bei dieser Unterneh-

mung steht die Forschung aber noch ganz am Anfang: Die Hirnbilder aus fMRT u. a. sind

lediglich schwer interpretierbare Indikatoren für eine Aktivierung, deren Bedeutung erst

durch wiederholte Untersuchungen abschließend beurteilt werden kann.253 Folglich muss

die Grundlagenforschung zuerst ausgebaut werden, damit gesicherte, valide und empiri-

sche Ergebnisse erzielt werden können. Aufbauend auf dieses resultierende Grundver-

ständnis des menschlichen Denkorgans wird es möglich, Schlüsse für ökonomische und

hier insbesondere marketingrelevante Fragestellungen ziehen zu können. Somit können

dann auch die eingangs gestellten Fragen254 auf neurologischer und psychologischer

Ebene ansatzweise erfasst werden. Die Neurowissenschaften bieten für die Bearbeitung

weitergehender Fragestellungen folgende Ansätze: Die Consumer Neuroscience (oder

Neuroökonomie) als Teilbereich der behavioral economics (verhaltensorientierten Öko-

nomie)255, das wissenschaftliche Neuromarketing (Untersuchung marketingrelevanter

Fragestellungen mit fMRT u. a.) und das praktische (kommerzielle) Neuromarketing. Eine

Kombination aus diesen drei zusammen mit Einflüssen aus Gebieten der Psychologie und

den Kulturwissenschaften hat das Potential bei sorgfältiger Überprüfung der Ergebnisse

tatsächlich Schritt für Schritt neue Einblicke in das menschliche Kaufverhalten und in die

Wirkung von Werbemaßnahmen bzw. von Marken zu bekommen.

Bei der Frage nach der Neuartigkeit des Themas bleibt zu vermerken, dass zwar viele

Ansätze, mit denen das Neuromarketing arbeitet, zwar schon in der Konsumentenfor-

                                                                                                                         252 Vgl. Schramm, Warum Kunden kaufen, 13.02.2013, http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowissen/neuromarketing-kunden-kaufen-100.html.

253Ebenda.

254 Wie wirken Werbebotschaften tatsächlich auf den Konsumenten? Welche neuronalen, kogniti-ven und emotionalen Prozesse laufen beim Einkaufen und Erleben von Marken und Produkten im Gehirn des Konsumenten ab? Warum entscheidet er sich letztendlich für ein bestimmtes Produkt und nicht für ein anderes?

255 Vgl. Lehmann-Waffenschmied/Hain/Kenning, Neuroökonomie und Neuromarketing, 2007, S. 4.  

61

 

schung und der Psychologie behandelt wurden, aber nun neurologische Zusammenhänge

in Bezug auf das Wahl- und Kaufverhalten umfassender erforscht und verstanden werden

können. Somit kann festgehalten werden, dass das Neuromarketing sehr wohl neue As-

pekte, z. B. wie Marken im Gehirn des Menschen wahrgenommen und gespeichert wer-

den, liefert. Aber die von einigen Marketingexperten ausgerufene Revolution im Marketing

blieb bisher aus. Dies ist möglicherweise aber auch der Tatsache geschuldet, dass sich

neue, innovative Entwicklungen nicht immer schlagartig vollziehen, sondern sich erst im

Laufe der Zeit entfalten und durchsetzen.

Unsere Konsumwelt befindet sich in einem ständigen Wandel und es bleibt weiterhin

spannend die Reaktionen von Unternehmen und Marken auf diese Welt und den Konsu-

menten zu verfolgen. Neuromarketing wird den Marketingverantwortlichen nicht von heute

auf morgen die „Black Box“ des Konsumenten öffnen, doch ist davon auszugehen, dass

der Kenntnisstand über die inneren Vorgänge von Jahr zu Jahr wachsen wird.

Davon wird letztendlich auch der Konsument profitieren können: maßgeschneiderte Wer-

bung, die nicht mehr als störend, sondern als motivierend empfunden wird und Produkte,

die den genauen inneren Wünschen und Vorstellungen entsprechen. Hier wird es in Zu-

kunft aber auch noch einige Fragen bezüglich Manipulation und Verbraucherschutz zu

klären geben.

Betrachtet man nun all diese „offenen Baustellen“ und Potentiale wird deutlich, dass das

Gebiet Neuromarketing weiterhin eine Rolle in der theoretischen Forschung, aber auch in

der Marketingpraxis spielen wird. Wie diese Rolle allerdings ausgestaltet sein wird und

wie sie zu bewerten sein wird, bleibt abzuwarten. Bei diesem Ausblick ist außerdem zu

beachten, dass es mittlerweile einige internetbasierte Möglichkeiten gibt, den Konsumen-

ten vor dem Bildschirm „zu durchleuchten“, die seit Jahren praktische Anwendung finden

und nachweislich effektiver und kostengünstiger sind als Neuromarketingmethoden. Ein

aktueller Bericht der Zeitung „Die Zeit“ thematisiert das „Predictive Advertising“, also die

perfekte Vorhersage von Kaufbedürfnissen anhand von Algorithmen beim Recherchieren

und Kaufen von Produkten im Internet.256 Für Unternehmen könnte diese Form der Kon-

sumentenanalyse und -bewerbung eventuell attraktiver sein, als die Erforschung der un-

bewussten Vorgänge im Gehirn, wobei es hier zu bedenken gilt, das lediglich das Internet

als Point of Sale untersucht wird. Denkbar wäre vielleicht aber eine Kombination aus Neu-

romarketing und Predictive Advertising, also die Untersuchung der neuronalen Vorgänge

bei der Konfrontation mit der maßgeschneiderten Werbung im Internet.

                                                                                                                         256  Vgl. Müller, Die Tasche, 2013, S. 26.  

62

 

Bei der Beschäftigung mit dem Thema Neuromarketing wird abschließend deutlich, dass

Neuromarketing auch im Laufe der Zeit keinen „Schlüssel zum menschlichen Gehirn“ lie-

fern kann, sodass die Weisheit eines beliebten deutschen Volksliedes – „Die Gedanken

sind frei“, weiterhin gültig bleibt und niemand, nicht einmal der Konsument selbst, mit voll-

endeter Sicherheit erklären kann, warum er sich für bestimmte Produkte und gegen ande-

re entschieden hat.

63

 

6 Anhang

Abbildung 1: EEG Auswertung

Dargestellt werden Ableitungen (Aktivitäten) des Frontallappens (F), des Temporallap-

pens (C), des Parietallappens (P) und des Occipitallappens (O).

Quelle: Pritzel/Brand/Markowitsch, Gehirn und Verhalten, 2003, S. 112.

Abbildung 2: Versuchsanordnung einer EEG

64

 

Quelle: Guht, Hirnstrommessung, 18.06.2012, http://www.apotheken-

umschau.de/Gehirn/Hirnstrommessung-Was-die-Methode-alles-kann-167403.html), abge-

rufen am 02.10.2013.

Abbildung 3: Ein „Hirnscanner“

Quelle: Uniklinikum Freiburg, MRT, 02.10.2013, http://www.uniklinik-

freiburg.de/neurochirurgie/live/Schwerpunkte-1/mrt.html?raw=true., abgerufen am

02.10.2013.

Abbildung 4: Eine fMRT Auswertung

Quelle: Hubert/Kenning, Im Kopf des Konsumenten, 2009, S. 4.

65

 

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(Eidesstattliche) Erklärung

Hiermit erkläre ich, Sabrina Müsel, geboren am 22.07.1991 in Zweibrücken, Rheinland-

Pfalz, (an Eides statt), dass ich die vorliegende Bachelorarbeit selbständig und ohne uner-

laubte Hilfe angefertigt habe. Es wurden nur die in der Arbeit ausdrücklich benannten

Quellen und Hilfsmittel benutzt. Wörtlich oder sinngemäß übernommenes Gedankengut

habe ich als solches kenntlich gemacht.

Homburg a. d. Saar, 31.10.2013

Ort, Datum Unterschrift