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Research Collection Working Paper Urwald und Waldkultur Geschichte und Möglichkeiten nachhaltiger Entwicklung Author(s): Schmithüsen, Franz Josef Publication Date: 1998 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-004260564 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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Working Paper

Urwald und WaldkulturGeschichte und Möglichkeiten nachhaltiger Entwicklung

Author(s): Schmithüsen, Franz Josef

Publication Date: 1998

Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-004260564

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Arbeitsberichte 98/1Allgemeine Reihe Professur Forstpolitik und ForstökonomieDepartement Forstwissenschaften

Urwald und Waldkultur –Geschichte und Möglichkeitennachhaltiger Entwicklung

Franz Schmithüsen

In: Deutscher Forstverein (Hg.), 1998:Waldfacetten - Begegnung mit dem Wald;S. 26-51, 222-225. Leinfelden-Echterdingen, DRW-Verlag.

Zürich 1998

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INHALTSVERZEICHNIS

1. Walderhaltung und Waldbewirtschaftung alskulturelle Entwicklungsprozesse 1

2. Waldvegetation und Waldverbreitung -Ergebnis naturräumlicher Gegebenheiten undmenschlicher Einwirkungen 3

3. Waldnutzungen -Lebensgrundlage der Bevölkerung undTeil des bäuerlichen Wirtschaftsraumes 9

4. Holznutzungen -Grundlage der gewerblichen und frühindustriellen Produktion 14

5. Nachhaltige Forstwirtschaft -Modell der Nutzung erneuerbarer Ressourcen 21

6. Naturnahe Waldbewirtschaftung -Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung 24

Literaturhinweise 28

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1. Walderhaltung und Waldbewirtschaftung als kulturelle Entwicklungs-prozesse

Die Verteilung der Wälder und die Intensität, mit der die Waldvegetation vomMenschen beeinflusst wurde, sind Ergebnis naturräumlicher Gegebenheiten undkultureller Entwicklungsprozesse. Dies gilt vor allem für Wälder, die überJahrhunderte ständig genutzt wurden und entsprechende Veränderungen derVegetation zeigen. Es gilt aber auch für Waldgebiete, die sich dem Augenscheinnach noch in einem vom Menschen wenig beeinflussten Zustand befinden. DieUrsachen hierfür, wie eine besondere Wertschätzung oder auch ein geringesNutzungsinteresse, können sehr unterschiedlicher Art sein. Die Grenzen zwischenWald und offener Flur und die Unterschiede zwischen intensiv genutzten Wäldernund solchen mit geringen oder ohne sichtbare Einwirkungen werden durchgesellschaftliche Werte und Bedürfnisse, wirtschaftliche Potentiale und politischeRegelungen bestimmt. In diesem Sinn sind alle Wälder einschliesslich derjenigen,die wir als Naturwälder ansehen, vom Menschen gestalteter Raum und von seinerKultur geformte Landschaft.

Grossflächige Exploitationsprozesse, aber auch auf Dauer angelegte Bewirt-schaftung und Waldpflege zeigen, wie unterschiedlich die Nutzungsformen seinkönnen. Die Geschichte der Forstwirtschaft in Mitteleuropa macht deutlich, dass einenachhaltige und pflegliche Waldnutzung an sehr konkrete wirtschaftliche undtechnologische Voraussetzungen gebunden ist und dass sie grundlegendermenschlicher Einsichten und sozialer Normen bedarf. Denn nachhaltig ist nicht dieIntention der Ressourcennutzung an sich, sondern was Menschen und die sozialeund politische Gemeinschaft über längere Zeiträume als erhaltenswert erkennen undverantwortlich gestalten. Pfleglich bezeichnet die Rücksichtnahme auf das, was denBeteiligten in ihrer Zeit als der Pflege Wert erscheint. Für die Beurteilung derheutigen Waldbewirtschaftung ist die Kenntnis der Bedürfnisse der Nutzer, der fürsie verbindlichen Werte und der Konsequenzen, die sie selbst als Folgen ihresVerhaltens bedenken, unerlässlich.

Der Einfluss des Menschen auf die Wälder und die unterschiedliche Intensität undDauer seiner Einwirkungen sind, bezogen auf einen bestimmten Zeitpunkt, häufignur schwer abzuschätzen. Manche Veränderungen spielen sich in kurzenZeiträumen ab und ihre Konsequenzen für die Waldvegetation sind rasch zu sehen.Andere und vielfach die schwerwiegenderen Einwirkungen sind indirekter Art undihre Folgen können nur innerhalb langer Zeiträume beurteilt werden. Die heutigenLandschaften zeigen, welche Bedeutung der Wald in der Vergangenheit für dieBevölkerung hatte und in welcher Weise sie ihn genutzt hat. Veränderungen derNutzung, die wir in historischer Zeit feststellen können, sind ein Hinweis auf sich

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verändernde Bedürfnisse und Werthaltungen wie auch auf einen Wandel derwirtschaftlichen und politischen Realität. Die Wälder, die vom Menschen seit langerZeit beeinflusst wurden, sind somit auch Zeugnis sozialer Entwicklungsprozesse undder Geschichte.

Viele und zum Teil auch konträre Erwartungen und Bedürfnisse bestimmen dieBedeutung des Waldes und die Bewertung seines Nutzens in unserer Gesellschaft.Für die Bewohner der Städte ist Wald in erster Linie ein freier Raum für Erholungund Entspannung. Für die Bevölkerung der Berggebiete ist er Schutz vor denAuswirkungen von Naturgefahren oder auch eine Ressource für den Tourismus. FürWaldeigentümer, Gewerbe und Industrie wie für die Bewohner ländlicher Regionensind Holzproduktion und forstwirtschaftliche Erträge wichtig. Für die einen steht dieEinmaligkeit der Wälder und die Notwendigkeit, diese zu erhalten, im Vordergrund.Für andere sind wirtschaftlicher Nutzen, Arbeitsplätze und Erwerbsmöglichkeitenvorrangig. Im örtlichen Bereich liegt der Schwerpunkt auf einer Vielfachnutzung desWaldes als für alle verfügbare lokale Ressource; auf nationaler Ebene sindProduktionsleistung und Wettbewerbsfähigkeit des forst- und holzwirtschaftlichenSektors von Gewicht. Standen in der Vergangenheit im wesentlichenVerteilungskonflikte der Bodennutzung im Vordergrund, so sind heute Wald undWaldbewirtschaftung ein Thema in der Auseinandersetzung über den Umgang desMenschen mit Natur und Landschaft geworden.

In einer umfassenden Perspektive sind Wälder physische und soziale Räume, dievom Menschen gestaltet werden. Die Gestaltungsmöglichkeiten werden bestimmtdurch die von der Natur vorgegebenen Standortbedingungen und dieEntwicklungsdynamik der Waldvegetation. Von Bedeutung sind ebenso dieräumliche Differenzierung der Wälder, ihre Vielfalt an Pflanzen und Tieren sowie ihreFähigkeit zur Erneuerung und Selbstregulierung in einer sich verändernden Umwelt.Die Inanspruchnahme des natürlichen Potentials des Waldes durch den Menschenhat wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungen möglich gemacht, die wiederum dieWälder in grossem Masse umgeformt haben. Die heutigen Waldgebiete bietenandere Möglichkeiten und haben eine veränderte Bedeutung in unserer Gesellschaft.Die Wälder sind nicht nur Zeugnis geschichtlicher Prozesse, sondern auch Optionennachhaltiger Entwicklung für gegenwärtige und zukünftige Generationen.

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2. Waldvegetation und Waldverbreitung - Ergebnis naturräumlicher Gegeben-heiten und menschlicher Einwirkungen

Die Vielfalt der Wälder hat viele Gründe

Die Waldgebiete Mitteleuropas bilden ein häufig rasch wechselndesLandschaftsmosaik, in dem sich naturnahe Waldgesellschaften mit Laub- undNadelbaumarten in unterschiedlicher Mischung mit weniger naturnahen Forsten undLichtungsfluren oder auch Zwergstrauchheiden und Triften auf starksauren Bödenabwechseln. Wuchskraft und Standortansprüche der Baumarten inWechselbeziehung mit den vom Klima vorgegebenen Zonen und Höhenstufen derVegetation, die von Geologie und Morphologie beeinflusste Entwicklung der Bödenund die Folgen lang andauernder Einwirkungen des Menschen bestimmen inunterschiedlicher Kombination die Verbreitung der Waldgesellschaften. Im einzelnensind es vor allem die mittlere Jahrestemperatur während der Vegetationsperiode,Kälte-, Nässe- und Trockengrenzen, Nährstoffangebot und Wasserhaushalt derBöden sowie unterschiedliche Formen der Nutzung, die Verbreitung, Artenvielfaltund Naturnähe der Waldgesellschaften beeinflusst haben.

Zu den häufigen und grossflächige Bestände bildenden Baumarten gehören Buche(Fagus sylvatica), Fichte (Picea abies), Tanne (Abies alba), Kiefer (Pinus sylvestris),Stieleiche (Quercus robur) und Traubeneiche (Quercus petraea), Hainbuche(Carpinus betulus), Weiss- oder Sandbirke (Betula pendula) und Schwarzerle (Alnusglutinosa). Zu den ebenfalls häufigen aber eher lokal dominierenden Arten gehörenEsche (Fraxinus excelsior), Berg- und Feldahorn (Acer pseudoplatanus und Acercampestre), Eberesche (Sorbus aucuparia), Zitterpapel (Populus tremula),Vogelkirsche (Prunus avium), Moorbirke (Betula pubescens), Bruchweide (Salixfragilis) und vor allem in Gebirgslagen die Lärche (Larix decidua) sowie die Arve oderZirbe (Pinus cembra). Seltenere oder kleinräumig lokal auftretende Arten sind u.a.Bergulme (Ulmus glabra), Flatterulme (Ulmus laevis) und Feldulme (Ulmus minor),Spitzahorn (Acer platanoides), Sommer- und Winterlinde (Tilia platyphyllos, Tiliacordata), Silberweide (Salix alba) und Schwarzpappel (Populus nigra), Wildapfel(Malus silvestris) und Wildbirne (Pyrus pyraster), Els- und Mehlbeere (Sorbustorminalis, Sorbus aria), Eibe (Taxus baccata) sowie Legföhre (Pinus mugo), Spirke(Pinus rotundata) und Bergkiefer (Pinus uncinata). Die tatsächliche Verbreitung derBaumarten spiegelt nur noch bedingt die Waldvegetation wieder, die wir ohnemenschliche Einwirkungen vorfinden würden. Ein wichtiger Hinweis, inwieweit dieheutigen Wälder der natürlichen Waldvegetation entsprechen oder sich dieserannähern, sind der Entwicklungszustand der Waldböden und die Bodenflora.

Insgesamt wird die europäische Gehölzflora von etwas mehr als 300 Arten undUnterarten gebildet, die sich auf nahezu 100 Gattungen und 45 Familien verteilen.

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Die einzelnen Baum- und Straucharten besiedeln sehr unterschiedliche Areale undhaben in den verschiedenen Waldgesellschaften eine ganz unterschiedlicheBedeutung. Hierbei können fünf grosse europäische Vegetationszonenunterschieden werden: die arktische und alpine Zone mit baumloser Zwergstrauch-,Rasen- und Hochstaudenvegetation; die boreale Zone mit immergrünenNadelwäldern; die temperierte Zone mit sommergrünen Laubwäldern; die Vegetationim Bereich des Mittelmeers mit immergrünen Hartlaubwäldern; und die pannonisch-pontisch-anatolische Zone mit Waldsteppen, Steppen und Halbwüsten.

Die Zone der sommergrünen Laubwälder erstreckt sich über West-, Mittel- undOsteuropa und schliesst zum Teil auch die Gebirge Südeuropas mit ein.Eichenmischwälder sind in den atlantischen und subatlantischen Tieflagen auf denBritischen Inseln und auf dem Kontinent von Nordwestspanien bis Dänemark undSüdskandinavien und ebenfalls im subkontinentalen und kontinentalenTieflagenbereich Mittel- und Osteuropas verbreitet. Rotbuchen- undTannenmischwälder finden sich im westlichen und nördlichen Mitteleuropa inTieflagen, im südlichen Mitteleuropa und den nach Süden angrenzenden Gebieten,wobei hier die Tanne in der montanen Stufe vorkommt. Auf der iberischen Halbinselsind wärmeliebende Eichenmischwälder verbreitet, die von einer Reihesommergrüner Eichenarten gebildet werden.

Die Eiszeit beginnt - die Vegetation weicht zurückt

Die Verbreitung und Gliederung der Waldvegetation wurde durch die Auswirkungender Eiszeit auf Pflanzen- und Tierwelt sowie durch Rückwanderungs- undWiederbesiedlungsprozesse bestimmt. Das Pleistozän oder Diluvium - ein Abschnittder Erdgeschichte, der vor ca. 2 Millionen Jahre begann - war durch grosseklimatische Schwankungen gekennzeichnet. Kaltzeiten (Glaziale oder Kryomere) undWarmzeiten (Interglaziale oder Thermomere) wechselten einander ab. Während derals Eiszeiten bezeichneten kalten Perioden kam es zu grossflächigenVergletscherungen, die als nordische Inlandvereisung vor allem Fennoskandien unddie Britischen Inseln bedeckten, die sich aber auch in den Pyrenäen, Alpen undKarpaten sowie in den Mittelgebirgen ausbreiteten. Zu Zeiten der grösstenAusdehnung des Gletschereises dürfte die vom Eis bedeckte Fläche 6,5 bis 7 Miokm2 oder rund 2/3 des europäischen Festlandes betragen haben. Die maximaleEismächtigkeit der Gletscherdecke dürfte 2 000 bis 3 000 m, vielleicht auch mehr,erreicht haben.

Die Klimaschwankungen des Pleistozäns mit einer Folge von Eis- undZwischeneiszeiten führten zu tiefgreifenden Veränderungen der europäischenWaldvegetation. Während Mittel- und Nordeuropa nahezu vollständig vomGletschereis und in den Zwischeneiszeiten von baumlosen Tundren und Steppen

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bedeckt waren, wurden die Wälder auf Gebiete im Süden und Südosten desKontinents zurückgedrängt. Nur ein Teil der artenreichen, warmgemässigtenGehölzflora, die gegen Ende des Tertiärs, d.h. vor Einsetzen der nordischenInlandvereisung in Europa verbreitet war, konnte diesen Verdrängungsprozessüberleben und nach Rückgang der Gletscher in die früheren Verbreitungsgebietezurückwandern. Dies hat zu einer Verringerung von Baumarten und damit zu einerVerarmung der europäischen Gehölzflora geführt, da eine Reihe von immergrünenLaubholzgattungen oder Nadelbaumarten, die im Jungtertiär vor Beginn derVereisung noch vorhanden waren, inzwischen hier ausgestorben sind. Hierzugehören unter den Laubbäumen Arten wie Hamamelis (Zaubernuss), Corylopsis(Blumenhasel), Fothergilla (Federbuschstrauch), Cedrela (Surenbaum),Cercidiphyllum (Kuchenbaum) und unter den Nadelbäumen mehrere Tannen- undFichtenarten, Douglasie (Pseudotsuga) sowie Hemlock oder Schierlingstanne(Tsuga) und Mammutbaum (Sequoia). In Ostasien und in Nordamerika sindverschiedene dieser Gattungen und Arten heute noch vertreten und bildenumfangreiche Waldbestände.

Die Eiszeit endet - die Vegetation kommt wieder

Die Rückwanderung und Wiederausbreitung der Baumarten nach der Eiszeit führtenschrittweise zur Herausbildung der heutigen Vegetationsgliederung. Dieser Prozessist dank einer Kombination von vegetationsgeschichtlichen, geologischen undphysikalischen Methoden inzwischen gut erforscht. Zahlreiche Hinweise sowohl fürdie Vegetationsentwicklung im Ganzen wie für einzelne Landschaftsräumeverdanken wir der Analyse von Pollen von Baum- und Straucharten, die sich inMoorgebieten erhalten haben und datierbare Hinweise der Florenentwicklungbestimmter Zeitabschnitte geben. Betrachtet man die Entwicklung von der noch imArktikum (ca. 12 000 v. Chr.) verbreiteten baumlosen Tundren und Steppen bis zurheutigen Vegetation, so können typische Phasen unterschieden werden. Diese sindin Anlehnung an Vegetationsformen benannt, die wir heute noch in bestimmtenGebieten Europas vorfinden. Die Bezeichnungen geben damit eine Vorstellung, wiedie verschiedenen Etappen der Florenentwicklung ausgesehen haben könnten.

Am Ende der Eiszeit (Spät- und Postglazial) zwischen 12 000 und 8000 v. Chr.zeigen die Ergebnisse der Pollenanalyse in Mitteleuropa das Auftreten vonWachholder- und Weidenarten und eine allmähliche Zunahme von Kiefer und Birke.Die Bezeichnung Subarktikum für diese Periode weist auf eine Wald- undGebüschvegetation hin, die der im Bereich der arktischen Waldgrenze in Norwegen,Schweden und Finnland ähnlich war.

In der folgenden Etappe entwickeln sich Birken- und Kiefernwälder, gefolgt von einerAusbreitung der Hasel (7000 bis 6000 v. Chr.) und einer zunehmenden Verbreitung

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der heutigen Nadel- und Laubbaumarten sowie von Eichenmischwäldern (6000 bis2000 v. Chr.). Die einzelnen Etappen Boreal, Atlantikum und Subborealcharakterisieren den Wechsel von einem eher trocken-kontinentalen Klima zuwärmeren und später feucht-warmen Klimaverhältnissen und die hierfür typischenVeränderungen der Vegetation. Ab 1000 v. Chr. zeigt die Pollenanalyse einenAnstieg von Buchen-, Eichen- und Hainbuchenpollen; dies deutet auf eineEntwicklung der Waldvegetation in Richtung zu Buchen-, Hainbuchen- undEichenwälder in unterschiedlicher Mischung hin.

Die natürlichen Entwicklungsbedingungen der Vegetation machen deutlich, dassohne Nutzungen und gestaltende Eingriffe des Menschen weite GebieteMitteleuropas von Laubwäldern bedeckt wären. Dies entspräche den von Natur ausgegebenen klimatischen Bedingungen, den unterschiedlichen Boden- undStandortvoraussetzungen sowie der Baumartenverteilung, die sich nach der Eiszeitentwickeln konnte. Es sind jedoch nicht nur natürliche Prozesse, die die heutigeVegetationsgliederung geprägt haben. Von grosser Bedeutung ist ebenfalls derJahrtausende lange Einfluss des Menschen auf die Verbreitung der Baumarten unddie floristische Zusammensetzung der Wälder. Im Verlauf der langenSiedlungsgeschichte, während der Waldgebiete in Acker- und Weidelandumgewandelt, aber auch besiedelte Gebiete wieder aufgegeben wurden, entstandenLandschaften, die teils noch sehr deutlich, teils nur noch indirekt die von Natur ausgegebene Vegetationsgliederung erkennen lassen.

Mehr Siedlungsfläche - weniger Wald

Schon in der jüngeren Steinzeit (etwa 4500 bis 1800 v. Chr.) erfolgte eineAusdehnung der Siedlungsgebiete in Nordwestdeutschland sowie in denLössgebieten Mittel- und Süddeutschlands, die mit der Anlage von Ackerflächen undvor allem der Beweidung in den angrenzenden Wäldern verbunden war. DieBrandrodung, die wir heute in vielen aussereuropäischen Gebieten vorfinden, dürfteeine verbreitete Technik der Gewinnung von Acker- und Weideland gewesen sein. Inden folgenden Zeitabschnitten ermöglichte vor allem die mit Eisen verstärktePflugschar eine Ausdehnung der Nutzung auch auf Gebiete mit schwerer zubearbeitenden Böden. Zu Beginn des ersten Jahrtausends nach Christus wurden dievom Limes begrenzten Gebiete intensiver besiedelt; die Spuren römischer Gutshöfesind in Waldgebieten heute noch aufzufinden.

Für die Verteilung von offener Flur und Wäldern sind die verschiedenen Etappen dermittelalterlichen Rodungen von entscheidender Bedeutung. Nach derVölkerwanderung ab etwa 500 n. Chr. erfolgte eine Ausdehnung der schon vorherbestehenden alten Siedlungsgebiete. Die grossen Rodungsperioden des Mittelalterssetzten im 8. und 9. Jahrhundert ein und hatten ihren Höhepunkt in der

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hochmittelalterlichen Kaiserzeit im 12. und 13. Jahrhundert. Ursache war das rascheWachstum der Bevölkerung; im westlichen Deutschland wird einBevölkerungsanstieg von 900 - 1100 um das Doppelte und bis 1200 um nahezu dasVierfache angenommen. Erfolgte die Waldrodung in der ersten Phase vorwiegendnoch durch Sippen- und Siedlungsverbände, so war sie im Hochmittelalter Teil eineraktiv betriebenen Landkolonisation, die von Klöstern und weltlichenGrundherrschaften systematisch geplant und durchgeführt wurde.

Weniger Siedlungsfläche - mehr Wald

Im Spätmittelalter, insbesondere im 14. Jahrhundert, kam die Rodungstätigkeit zumStillstand. Verheerende Seuchen, wie der Hungertyphus 1309-1317 und dieBeulenpest, der Schwarze Tod, in den Jahren um 1350, verursachten eineeinschneidende Abnahme der Bevölkerung. Dies hatte zur Folge, dass ganze Dörferund ein Teil der neubesiedelten Gebiete wieder aufgegeben wurden. Die dabeiausgelösten Bevölkerungsbewegungen führten zu einer Konzentration auf besseremSiedlungsland und in grösseren Dörfern, deren Felder in Gewannen bearbeitetwurden. Der Zustrom der Menschen in die aufblühenden Städte trug ebenfalls zueiner Verminderung der Landbevölkerung bei. Wie massiv der Rückzug aus den neuangelegten Siedlungsgebieten am Ende des Hochmittelalters gewesen sein muss,zeigt sich darin, dass schätzungsweise jede vierte Siedlung wieder aufgegebenwurde. An ihre Stelle traten Wüstungen und Teilwüstungen, d.h. verlasseneWohnorte und Feldfluren, die fast immer vom Wald wieder überwachsen wurden.Besonders betroffen waren Siedlungen der letzten Rodungsperiode, die im Gebirgeund auf für die Landwirtschaft kaum geeigneten Böden begründet worden waren. Inden Berggebieten wie der Hohen Rhön, dem Solling oder im hessischen Berglandsollen bis zu 70% der Rodungsgebiete wieder verlassen worden sein.

Nach Abschluss der mittelalterlichen Rodungsperioden und dem ihnen folgendenRückzugsprozess der Bevölkerung blieb die Verteilung von Wald und Feld zu Beginnder Neuzeit im wesentlichen unverändert. Grössere Rodungen erfolgten noch imZuge der Förderungen gewerblicher Betriebe in Waldgebieten durch dieLandesherren und der hierbei notwendigen Ansiedlung von Familien. Beispiele sindGlashütten- und Eisenhüttensiedlungen, wie sie im Spessart oder in Gebieten mitBergbau bestanden. Dagegen führten die Bevölkerungsverluste durch Kriege,insbesondere als Folge des Dreissigjährigen Krieges, zu einem verminderten Bedarfan landwirtschaftlicher Produktionsfläche. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wareine letzte Rodungswelle zu verzeichnen, die u.a. durch Liberalisierung derBodennutzung und staatliche Landverkäufe begünstigt wurde.

Nahezu gleichzeitig fand jedoch auch der Übergang zu einer Periode statt, in derlandwirtschaftliche Flächen in grösserem Umfang freigesetzt wurden und in der

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umfangreiche Aufforstungen begannen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts führten z.B.die Einführung der Stallfütterung und etwas später die sinkende Rentabilität derSchafzucht durch den Import von Wolle zur Aufgabe von Flächen, die zuvor intensivbeweidet wurden. In der zweiten Jahrhunderthälfte ging mit der zunehmendenEinfuhr von Getreide die Rentabilität der Bewirtschaftung von Grenzertragsbödenmassiv zurück, so dass diese ebenfalls aufgeforstet oder als Sukzessionsflächenwieder zu Wald wurden. Mit Unterbrechungen, vor allem zu Zeiten der Weltkriege,hält diese Entwicklung bis heute an.

Die Konzentration der landwirtschaftlichen Nutzung auf für sie günstige und rentableProduktionsstandorte und die dadurch ausgelöste Zunahme des Waldes aufHanglagen und in den Bergregionen hat sich in ihrer Tendenz in den letztenJahrzehnten verstärkt. Produktionssteigerungen der Landwirtschaft, offeneAgrarmärkte und Nutzung komparativer Vorteile in einem grossen Wirtschaftsraumhaben sowohl in der Bundesrepublik wie in anderen Gebieten der EuropäischenUnion dazu geführt, dass die Waldfläche im langjährigen Durchschnitt allmählichzunimmt. In bestimmten Landschaftsräumen ist sogar ein rascher Wandel in derVerteilung von Wald und offener Flur festzustellen.

Wald in der Landschaft - Waldlandschaften

Die Prozesse, die zum heutigen Landschaftsmosaik Mitteleuropas geführt haben,zeigen eine beachtliche Dynamik, die während bestimmter Perioden einekonsequente Zurückdrängung des Waldes, während anderer die Wiederbewaldungzur Folge hatte. In beiden Fällen waren die Ursachen in wirtschaftlichen und sozialenVeränderungen begründet, die zu unterschiedlichen und z.T. gegenläufigenEinwirkungen des Menschen auf die Vegetation führten. Wenn diese hierbei auch imkonkreten darüber entschieden haben, welche Flächen für die Landwirtschaftgenutzt oder von dieser wieder aufgegeben wurden, so ist die Bedeutung der vonNatur aus gegebenen Voraussetzungen für solche Entscheidungen nicht zuübersehen. Die Wälder wurden auf Standorten gerodet, die günstige Siedlungs- undEntwicklungsbedingungen boten, und Wiederbewaldungsprozesse setzten vor allemdort ein, wo die landwirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten wenig vorteilhaft waren.

Zu dem durch die bäuerliche Wirtschaft bestimmten Grundmuster derLandschaftsentwicklung kommt im Bereich der Städte eine weitere Raumgliederunghinzu. Hier waren und sind z.T. auch heute noch Waldgebiete verhältnismässig leichtzu erschliessendes Siedlungsgebiet. Andererseits begründet die intensive Bebauungdie Bedeutung des Waldes als unverzichtbarer Teil der Stadtlandschaften und damitdie Notwendigkeit seiner Erhaltung. Die Waldfläche im Bereich der Grossstädte undIndustriezonen sowie in periurbanen Verdichtungsräumen hat sich trotzdem in derjüngeren Vergangenheit ganz erheblich vermindert. Einer positiven

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Waldflächenbilanz in den ländlichen Regionen der Berggebiete stehen beachtlicheWaldflächenverluste in den intensiv bewohnten und genutzten urbanen Gebietengegenüber.

Der Verlauf der Siedlungsgeschichte mit ihrem mehrfachen Wechsel vonRodungsvorstössen und Wiederbewaldungsprozessen hat die heutigen Grenzenzwischen Wäldern und offenen Flächen bestimmt und zur Entstehung sehrunterschiedlicher Landschaften geführt. In landwirtschaftlich intensiv genutztenRegionen wie auch im Bereich der grossen Städte und der weiterhin wachsendenVerdichtungsräume wurde der Wald weitgehend gerodet und nimmt heute nur nocheinen kleinen Teil seiner ursprünglichen Fläche ein. In den Mittelgebirgen und in denAlpen ist der Wald dagegen ein gestaltendes Element des Raumes geblieben oderwieder geworden, so dass wir dort von Waldlandschaften sprechen können. Die invielen Wäldern sichtbaren Spuren früherer Siedlungen und aufgegebenerlandwirtschaftlicher Nutzung wie auch Wiederaufforstungen oder Rückkehr desWaldes durch die natürliche Sukzession sind eine Bestätigung für die Dynamik derBodennutzung und für den Wandel der Kulturlandschaft.

3. Waldnutzungen - Lebensgrundlage der Bevölkerung und Teil desbäuerlichen Wirtschaftsraumes

Die längste Zeit in der mitteleuropäischen Nutzungsgeschichte war der Wald einlokales Ressourcenpotential, das in unterschiedlicher Weise der gesamtenBevölkerung zur Verfügung stand. Die Waldnutzung war eine elementareVoraussetzung zur Deckung vieler Bedürfnisse des täglichen Lebens, eine wichtigeGrundlage der Ernährung und ein unverzichtbarer Teil der bäuerlichenWirtschaftsweise. Sie stellte eine Erweiterung und Absicherung derlandwirtschaftlichen Produktion dar und brachte beachtliche Einnahmen aus demHandel mit den erzeugten Produkten. In schlechten Jahren mit geringenErnteerträgen ermöglichte sie das Überleben vieler Familien.

Holz und Honig

Der Wald war wichtig für die Versorgung mit Brenn- und Bauholz. Bevorzugt wurdenlichte Laubholzbestände und Feldgehölze mit Baumarten, deren Stockausschlägeregelmässig genutzt werden konnten. War die Nutzung anfänglich noch inunmittelbarer Nähe der Dörfer möglich, so wurde mit Zunahme der Bevölkerung undder Erweiterung der Siedlungsgebiete die rechtliche Sicherung der Wäldernotwendig. Zunehmend wurden lokale Nutzungen und selbst das Leseholz, also dasSammeln von dürren Ästen, in Wald- und Forstordnungen geregelt.Rechtssprichwörter wie "Holz und Unkraut wächst für alle Menschen" oder "Holz und

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Schade wächst alle Tage" zeigen jedoch auch, dass Holz von der Bevölkerung alseine fast selbstverständliche Möglichkeit zur Deckung täglicher Bedürfnisse und alsfür alle verfügbar betrachtet wurde. Ein wachsendes Problem war dieHolzversorgung der Städte. Sie erwarben Grundeigentums- oder Nutzungsrechte inbenachbarten Waldgebieten oder schlossen Pacht- und Lieferverträge zur Deckungder jährlich benötigten grossen Mengen an Brenn- und Bauholz.

Auch andere Waldnutzungen hatten ein beachtliches Gewicht. Noch bis ins 19.Jahrhundert wurden Waldfrüchte wie Haselnüsse, Wildobst, Beeren, Pilze oder auchBucheckern und Eicheln in grossem Umfang gesammelt. Wurzeln, Blätter, Früchte,Rinde und Äste wurden als Medizin, Färbemittel, zur Reinigung und zur Herstellungvon Gerätschaften des häuslichen Gebrauchs verwendet. Hartholz und Weichholzwaren für zahlreiche örtliche Gewerbe notwendig. Über die Nutzungsmöglichkeitenbestimmter Baum- und Straucharten und vieler Bodenpflanzen des Waldesbestanden umfangreiche Kenntnisse. Häufig können wir sie uns aus historischenQuellen oder dem heute noch vorhandenen örtlichen Wissen erschliessen.

Eine früher weitverbreitete Nutzung, von deren Bedeutung wir heute kaum noch eineVorstellung haben, war die Waldbienenweide. Honig war vor der Verwendung vonRohr- und später Rübenzucker der einzige verfügbare Süssstoff. Er wurde zurHerstellung von Nahrungsmitteln und Getränken verwendet. Bienenwachs diente zurFertigung von Kerzen und Wachsstöcken und war Rohstoff für Schreibtafeln, Siegelund andere Wachswaren. Die Bienenweide wurde von Bauern und vonberufsmässigen Imkern oder Zeidlern ausgeübt. Diese waren genossenschaftlichorganisiert, hatten weitreichende Rechte und Pflichten und verfügten über eineständische Berufsorganisation und eigene Zeidelgerichte. Baumarten wie Linde undWeide oder Mischwaldbestände mit Kiefer, Eiche, Linde, Buche, Aspe, Salweide undHasel wurden von den Waldzeidlern wie auch von der Hausbienenzucht in Dorfnähebevorzugt. Berichte über die Ergiebigkeit der Bienenweide im NürnbergerReichswald, auf die die Herstellung der Nürnberger Pfefferkuchen zurückgeht, gebenHinweise auf die frühere Bestockung und auf seither eingetretene Veränderungender Waldvegetation.

Wo hört der Wald auf und wo fängt das Feld an?

Im Gegensatz zur heutigen Gliederung unserer Landschaften, bei der wir eineräumliche Trennung von Wäldern und offener Flur wahrnehmen, waren in derVergangenheit die Grenzen zwischen Wald, Feld und Weide fliessend und in vielenFällen auch veränderbar. Für die Bewohner der Dörfer und Städte wäre esvermutlich schwierig gewesen, die Frage zu beantworten, wo der Wald anfing undwo er aufhörte. Waren die mit Bäumen und Büschen bestockten Flächen ihrerUmgebung schon Wald oder noch ein Teil der offenen Feldflur? Waren die Gebiete,

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auf die sie das Vieh trieben, Wald, Weide oder ein gemeinsamer Nutzungsraum?Konnte man Wald und Felder trennen, wenn Ackerbau und Waldnutzungenregelmässig aufeinander folgten? Ihre Antwort wäre vielleicht gewesen, dass eswichtiger war, den intensiv genutzten Bereich mit Gärten und Feldern von dergemeinschaftlichen Allmende zu unterscheiden, auf der für die gesamteDorfbevölkerung Nutzungsmöglichkeiten bestanden.

Der Waldfeldbau, den die Bauern heute noch in Entwicklungsgebieten auf grossenFlächen ausüben, war in Mitteleuropa vom Mittelalter bis gegen Ende des 19.Jahrhunderts weit verbreitet. Bezeichnungen wie Hackwald, Hauberge, Reut- undBirkenberge oder Schiffelland weisen auf das typische Merkmal dieser Nutzung hin.Sie ermöglichte die Produktion von Nahrungsmitteln nach Brandrodung undBodenbearbeitung im Wechsel mit dem Wiederaufkommen des Waldes und derHolznutzung. In verhältnismässig dichtbesiedelten Gebirgsgegenden, in derenschmalen Tälern nur wenige Ackerflächen vorhanden waren und in denenLaubbaumarten eine rasche Wiederbesiedlung und die Nutzung vonStockausschlägen ermöglichten, trug der Waldfeldbau zur Sicherung der Ernährungund zur Überbrückung örtlicher Versorgungsschwierigkeiten bei. Solche Gebietefinden sich z.B. am Niederrhein und im Siegerland, in der Eifel und im Hunsrück,auch im Odenwald, im Schwarzwald und im Bayerischen Wald. Hier entstandenauch typische Nutzungsformen der Niederwaldwirtschaft, bei denen die Produktionvon Holz für die Eisenverhüttung und die Gewinnung von Eichenrinde für dieLohgerberei im Vordergrund standen.

Eine schon im Mittelalter verbreitete Nutzung von Bäumen und Wäldern, die vorallem im Gebirge bis in die Neuzeit ausgeübt wurde, war die Gewinnung von Laubfür Futterzwecke. Ausdrücke wie Laubstreifen und Lauben weisen darauf hin, dassdas Laub von Büschen und Stockausschlägen mit den Händen abgestreift undanschliessend für die Verfütterung getrocknet wurde. Bezeichnungen wie Schneiteln,Stümmeln oder Stimblen zeigen die zweite Art der Futterlaubgewinnung, bei der mitdem Haumesser grössere Äste von den Bäumen abgeschlagen wurden. Nacheinigen Jahren konnten die nachgewachsenen Zweige wieder genutzt werden undes entstanden typische Schneitelbäume oder Kopfholz, die wir noch in derLandschaft erkennen können. Typisch sind z.B. starke Eschen in der Feldflur und anBachläufen, deren gestummelte Äste auf die frühere Nutzung als Futterbäumehinweisen.

Die Nutzung der Waldstreu setzte im 18. Jahrhundert in vollem Umfang ein. DerÜbergang zur Stallfütterung verlangte grosse Streumengen, die vor allem in denkleinparzellierten Betrieben Süddeutschlands von der Ackerwirtschaft allein nichtmehr geliefert werden konnten. Durch den vermehrten Anbau von Futterbau- und

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Handelsgewächsen verringerte sich zudem der Anteil des Getreidebaus und damitdes Strohertrags. Ohne die Gewinnung der Streu in den Wäldern und ihreVerwendung als Dünger für die Felder oder als Einstreu für das Vieh konnten vieleBetriebe nicht mehr existieren. In Laubwaldgebieten wurde die Bodenstreu durchLaubraumen oder Laubrechen genutzt. In den Nadelwäldern waren dasZusammenrechen der Bodenvegetation und auch die Nadelholzastung fürEinstreuzwecke verbreitet. Laub- und Nadelstreu wurden als willkommener Beitragzur Erhöhung der landwirtschaftlichen Erträge propagiert. Erst später erkannte mandie damit verbundenen Schäden für die Waldböden und die schwerwiegendenFolgen für die Entwicklung vieler Waldgebiete.

Waldweide und Eckerich - Nahrung und Exportgüter

Im Umkreis der Siedlungen wurden die Waldgebiete regelmässig und oft auch sehrintensiv beweidet. Der Eintrieb des Viehs in den Wald und das Zurückdrängen desWaldes zur Gewinnung von Weideland waren in den Mittelgebirgen und in den Alpeneine Voraussetzung für die bäuerliche Produktion und die Ausdehnung derBesiedlung. Sie ermöglichten die Selbstversorgung der Bevölkerung, den Export vonNahrungsmitteln und die Erzeugung von Rohstoffen für Gewerbe und industrielleVerarbeitung. Die Nutzung grosser Waldgebiete für die Schafzucht oder die Nutzungder Gebirgswälder und Alpweiden für die Viehwirtschaft waren Grundlagen derwirtschaftlichen Entwicklung und des Fernhandels. Wie intensiv die Waldweideausgeübt wurde, wird z.B. ersichtlich, wenn im Jahre 1739 für den Kauffungerwaldmit 4 500 ha Fläche angegeben wurde, dass jährlich ca. 800 Schweine, 1 200 StückRindvieh und über 3 000 Schafe eingetrieben wurden.

Eine spezielle Form der Weide war die Mastnutzung durch Eintrieb der Schweine inden Wald. Die Rolle der Mastnutzung als Wirtschaftsfaktor zeigt sich u.a. in derfrüher weitverbreiteten Unterscheidung von fruchtbaren oder "bärenden" Bäumen(ligna fructifera), und von unfruchtbaren (ligna infructifera) Waldbäumen, das heisstsolchen bei denen die Schweinemast nicht möglich war. Zur ersten Gruppe gehörtenvor allem Buchen und Eichen, nach deren Früchten diese Nutzung als Eckerichbezeichnet wurde, und zur zweiten die Weichhölzer und Nadelbaumarten. In den fürdie Mastnutzung geeigneten Eichen- und Buchenbeständen schützte mangrosskronige Bäume, die einen guten Früchteertrag versprachen. Die Zahl derSchweine, die jedes Jahr im Herbst zur Mast eingetrieben werden durften, wurdenach dem jährlich geschätzten Früchteangebot festgelegt. Jahre mit gutem Früchte-bzw. Samenertrag wurden als Vollmast bezeichnet und boten gute Aussichten für dieWinterszeit. In Jahren mit geringer Samenbildung, mit nur einer Spreng- oderTeilmast, erwarteten die Bauern mit Sorge die Zeit bis zur nächsten Ernte.

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Das Eckerich war in bestimmten Gegenden so wichtig, dass der Wert der nutzbarenWälder primär am Ertrag der Schweinemast und weniger an den Erträgen derHolznutzung gemessen wurde. Auch die Grösse eines Waldgebietes wurde ehernach der Zahl der Schweine, die bei Vollmast eingetrieben werden konnten, als nachder Fläche beurteilt. Eine solche Zahl vermittelte den Nutzungsberechtigten aufjeden Fall eine sehr konkrete Vorstellung von seiner Bedeutung für die Versorgungwährend der Wintermonate und vom zusätzlichen Einkommen aus dem Erlös derverkauften Produkte. Welches Ausmass die Schweinemast im Wald in guten Jahrenhaben konnte, wird daran ersichtlich, dass z.B. für das Waldgebiet der Lusshardt mit6 000 ha in einer bischöflich speyerischen Eckerichordnung der Eintrieb mit 20 000Schweinen angegeben wurde. Für manche Gemeinden hatten Jahre mit vollemFruchtertrag der Waldbäume eine ähnliche Bedeutung wie gute Weinjahre. Von denBürgern von Hagenau im Elsass wird berichtet, dass sie nach Eintritt einer langerwarteten Vollmast im Jahr 1649 aus diesem Anlass ein feierliches Hochamtabhielten.

Auswirkungen auf die Landschaftsentwicklung

Die Nutzung des Waldes für die Versorgung der Bevölkerung und als Teil derbäuerlichen Wirtschaftsfläche hat die mitteleuropäischen Kulturlandschaften invielfältiger Weise geprägt. Sie hat die Erhaltung von Laubwäldern, vor allem vonBuchen- und Eichenbeständen, sowie von Mischwäldern in der Nähe von Dörfernund im Einzugsgebiet der Städte begünstigt. Die Wälder waren infolge der intensivenNutzung wesentlich lichter. Fruchtbäume und Baumarten mit speziellenNutzungsmöglichkeiten wurden durch lokale Bräuche und Regeln oder durch diegrundherrliche Nutzungsordnung geschützt. Vor allem die Weidenutzung hattebeachtliche Auswirkungen auf die Landschaft und führte zu offenen Wäldern und zuWeideflächen mit Baumgruppen und Einzelbäumen. In den Berggebieten undinsbesondere im Alpenraum gibt es grosse Gebiete, in denen Weide und offeneWälder ineinander übergehen. Die in den Alpen sichtbare Waldgrenze liegt infolgeder jahrhundertelangen Beweidung an vielen Stellen wesentlich niedriger als diesunter natürlichen Entwicklungsbedingungen der Fall wäre. In vielen Waldgebietenführte die Beweidung zu Bodenverdichtungen und zu einer sich langfristigauswirkenden Veränderung der Waldstandorte.

Die heute weitgehend selbstverständliche Trennung von land- undforstwirtschaftlichen Produktionssystemen erfolgte schrittweise zu Beginn derNeuzeit. Sie entsprach den Bestrebungen der Agrarreformer schon im 18.Jahrhundert, durch eine Intensivierung der Nutzung von Acker- und Weideflächenhöhere Erträge in der landwirtschaftlichen Produktion zu erreichen. Auch von Seitender Forstwirtschaft wurde diese Entwicklung gefördert. Man suchte auf diese Weise,

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die für die Waldentwicklung schädlichen Einwirkungen zu begrenzen und bessereVoraussetzungen für eine Erhöhung der Holzproduktion zu schaffen. In beidenFällen hatte dies erhebliche Konsequenzen für die Landschaftsgliederung und dieArtenvielfalt. Vor allem im Bereich der landwirtschaftlichen Wirtschaftsfläche aberauch im Wald sind Biotope, die unter dem Einfluss kombinierter und wenigerintensiver Nutzungssysteme entstanden waren, verschwunden oder zumindestflächenmässig zurückgegangen. Insgesamt dürfte die Trennung von Ackerflächen,Weiden und Wäldern einer der wichtigsten Faktoren für Veränderungen in unserenKulturlandschaften gewesen sein.

Viele lokale Waldnutzungen, der Waldfeldbau und die Waldweide wurden noch im19. Jahrhundert ausgeübt, und ihre Auswirkungen sind in verschiedenenWaldgebieten heute noch zu sehen. Wälder mit noch deutlich erkennbaren Spurenhistorischer Waldnutzungsformen wie Mittel- und Niederwälder, Hude- undSchneitelwälder, Eichenschälwälder, Streunutzungen und Waldweiden erscheinenuns häufig als besonders urwüchsig und typisch für natürliche Verhältnisse. Es istjedoch zu bedenken, dass es sich gerade hierbei um eine Waldvegetation handelt,die vom Menschen über lange Zeit intensiv beeinflusst wurde, und dassBaumartenzusammensetzung, Bestandsaufbau und Bodenverhältnisse inerheblichem Mass verändert worden sind. Gerade diese Wälder wie auch dieBestände, die an ihrer Stelle inzwischen entstanden sind, spiegeln in besonderemMasse soziale und wirtschaftliche Entwicklungen der Vergangenheit.

4. Holznutzungen - Grundlage der gewerblichen und frühindustriellenProduktion

Wettbewerb um die nutzbaren Wälder

Für den Wald als Wirtschaftsfaktor war entscheidend, ob er erschlossen odererschliessbar war. Harznutzung, Produktion von Pottasche und Köhlerei warenNutzungen, die auch in abgelegenen Gegenden erfolgen konnten. Örtlichvorgegeben war der Bedarf von Glashütten, Salinen, Bergwerken und Hüttenwerken,die Holz und Holzkohle für die Energiegewinnung, als Reduktionsmittel und alsKonstruktionsmaterial benötigten. Die Holzversorgung derartiger Anlagen setzte einezumindest rudimentäre Walderschliessung voraus. Dasselbe galt für die Lieferunggrosser Mengen an Bau- und Nutzholz für den Ausbau der Städte und Siedlungensowie für den Bedarf von Handwerkern und grossgewerblichen Betrieben. DieWettbewerbsfähigkeit der verschiedenen Waldnutzungen wurde durchunterschiedliche Produktions- und Transportkosten, durch die Höhe der

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Wertschöpfung bei den erzeugten Produkten und durch die Möglichkeiten derFlösserei beeinflusst.

Auf die Nutzung des wirtschaftlichen Potentials, das die Wälder in denverschiedenen Regionen bedeuteten, nahmen unterschiedliche Gruppen mit häufigkonträren Interessen Einfluss. Der wohl wichtigste Interessengegensatz bestandzwischen den lokalen Nutzungsbedürfnissen der Bevölkerung und den Bestrebungenvon Grundherren und den Landesherren, die den Wald für gewerbliche Zweckebeanspruchten. Er manifestierte sich schon im ausgehenden Mittelalter und dann bisins 19. Jahrhundert in langwierigen und zähen Auseinandersetzungen überNutzungs- und Eigentumsrechte. Ausserdem bestand eine massiveNutzungskonkurrenz zwischen der Verwendung von Holz zur Energieerzeugung inSalinen oder im Montanwesen und dem Bedarf des holzverarbeitenden Gewerbes,der Städte und des Fernhandels, für die Nutzholz ein wertvoller Bau- und Werkstoffdarstellte.

Die Harzgewinnung war als eine extensive Form der Waldnutzung vor allem in denFichtenwäldern der Gebirge und in den östlichen Kiefernwaldgebieten verbreitet. Biszu dreimal jährlich wurden die Nadelbäume angerissen, wobei 1-2 Pfund Harz oderdie halbe Menge Pech gewonnen wurde. Harz und Pech waren vor allem fürVerwendung im Schiffbau wichtige Güter des Ferntransportes und desüberseeischen Handels. Der Erlös war eine der wenigen Verdienstmöglichkeiten fürdie Bewohner marktferner Waldgebiete. Das Harzen stand in Konkurrenz mitanderen Waldgewerben wie Köhlerei und Pottaschegewinnung, aber auch mit demrasch ansteigenden Bedarf an Nutzholz, der mit der Zunahme der Bevölkerung unddem Wachstum der Städte verbunden war. Da die streifenweise Entfernung derRinde zu Stammfäule und zum vorzeitigen Absterben der Bäume führte, kam es zugrossen Waldschäden. So wird für ein Gebiet des Kinzigtals im Schwarzwald gegenEnde des 18. Jahrhunderts angegeben, dass man nahezu 100 000 kranke Fichtenzählte. Dort dauerte die Harznutzung übrigens noch bis zum ersten Weltkrieg an.

Eine wichtige Möglichkeit, Holz für die Energieversorgung zu nutzen, war dieKöhlerei. Durch die Verkohlung konnte das Vier- bis Fünffache des Gewichteseingespart werden, so dass der Transport auf Saumpfaden mit zweirädrigen Karrenund Lasttieren auch aus Wäldern, die an keine Flossgewässer grenzten,wirtschaftlich war. Grossabnehmer der Holzkohle waren Eisenhämmer, Hüttenwerkeund Schmieden, Salinen, Kalkbrennereien und Ziegeleien sowie Pottaschebrennerund Glashütten. Einen beachtlichen Bedarf hatten Gewerbe und städtischeHaushalte für Kochen und Heizen. Bis zum Beginn der Neuzeit wurde Holzkohle inErdgruben erzeugt, danach in Meilern, in denen bis zu 300 Ster Holz verkohlt werdenkonnten. Die Konkurrenz der Steinkohle und die Steigerung der Preise für Nutzholz

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machten im 19. Jahrhundert die Produktion unrentabel und verdrängten die Köhlerei.Nur in sehr abgelegenen Gebieten der Mittelgebirge konnte sie sich bis in diesesJahrhundert halten.

Grosse Holzmengen wurden zu Holzasche verbrannt, die wegen ihres Kaligehaltesvon vielen Gewerben, für die Textilbleiche, die Seifenherstellung und vor allem fürdie Erzeugung von Glas gebraucht wurde. Die Pottaschesiederei war bis ins 18.Jahrhundert verbreitet und verlor erst im letzten Jahrhundert mit der Erschliessungder mittel- und norddeutschen Kalilagerstätten ihre Bedeutung. Für die Gewinnungvon 1 kg Pottasche wurden ca. 1 000 kg oder 1,5 Ster Holz benötigt. Dank desGewichtsverhältnisses zwischen Rohstoff und Endprodukt war diePottaschebrennerei ähnlich der Harzgewinnung eine der ersten Waldnutzungen. Indichter besiedelten Gebieten, in denen Holz für andere Zwecke gewinnbringenderverarbeitet werden konnte, wurde die Produktion von Pottasche verboten oder aufdie Verwendung geringwertiger Sortimente beschränkt.

Ausgedehnte Waldgebiete mit nutzbarem Holz waren die Voraussetzungen für dieErrichtung von Glashütten. Der Holzverbrauch im Verhältnis zum erzeugten Produktwar enorm. Für die Herstellung von 1 kg Glas wurden zwischen 1 und 2 KubikmeterHolz verbraucht, wobei über 90% für die Pottascheherstellung und weniger als 10%für die Schmelze mit Holzfeuerung benötigt wurden. Die Glasmacher folgten denKöhlern und Aschenbrennern und wanderten weiter, wenn die von ihnen genutztenWälder erschöpft oder von den Flössern für die Brenn- und Stammholznutzungerschlossen worden waren. Nach dem Dreissigjährigen Krieg förderten dieLandesherren die Errichtung grossgewerblicher Glashütten, um neue Geldquellenaus der Nutzung ihrer Waldungen zu erschliessen. Da der konzentrierte Bedarfsolcher Anlagen in wenigen Jahrzehnten zum Kahlschlag auf Tausenden vonHektaren Wald führte, sind die Glashütten als holzfressendes Gewerbe in dieForstgeschichte eingegangen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden sieallmählich aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben. Ein entscheidenderGesichtspunkt war hierbei, dass man die schädlichen Folgen für die Waldbeständeund die Nachteile dieser Art der Ressourcenexploitation erkannt hatte.

Ohne Holz kein Sud

Gemäss dem Spruch "Ohne Holz kein Sud" oder auch seiner französischen Variante"Point de bois, point de sel" war die Nutzung der Salzvorkommen auf einekontinuierliche Versorgung mit grossen Holzmengen angewiesen. Die Salinenbenötigten Holz zur Feuerung der Sudpfannen, für Fässer zur Verpackung undBeförderung des Salzes, für die Konstruktion von Triftanlagen und Rohrleitungen, fürZiegel- und Kalköfen und für viele Gewerbe, deren Tätigkeit mit der Salzgewinnungzusammenhing. Schon um 1600 lag der jährliche Brennholzbedarf der Reichenhaller

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Saline bei über 200 000 Raummeter (rm). Nach einem massiven Rückgang währenddes Dreissigjährigen Krieges stieg er wieder auf bis zu 140 000 rm Jahresbedarf anund verringerte sich dann auf 50 000 rm zu Beginn des 19. Jahrhunderts.Vergleichbare Mengen wurden auch in anderen Werken gebraucht, so z.B. in derSaline Lüneburg, deren Jahresbedarf im Verlauf der verschiedenenNutzungsperioden mit 100 000 bis 300 000 rm Brennholz angegeben wird.

Die Standorte der Salinen befanden sich in den Alpen entlang der Steinsalzstöcke inHall im Tirol, in Aussee und Hallstatt im Salzkammergut, in Hallein in Salzburg und inReichenhall in Bayern. In Nord- und Mitteldeutschland wurden Salinen u.a. inLüneburg, Soest, Oldesloe, Halle und Sooden errichtet. Auch Schwäbisch Hall inWürttemberg war ein wichtiger Salinenstandort. Die Rechte der Salzgewinnungstanden den Grundherrschaften zu und gingen als Regalien zum grossen Teil an dieLandesherren über. Diese sicherten die Holzversorgung durch Besitz- undNutzungsrechte in den umliegenden Waldgebieten und z.T. auch durchLieferverträge. Umfangreiche Salinen-, Wald- und Forstordnungen regeltenHolzverwendung und Waldnutzung. Wenn die Holzvorräte der umliegenden Wäldererschöpft waren, erfolgte die Erschliessung ferner gelegener Gebiete durch denAusbau der Wasserwege. Für die Holzversorgung der Saline Lüneburg wurdenFlosskanäle bis nach Mecklenburg gebaut. Eine andere Möglichkeit bestand darin,die Salzsole über grosse hölzerne Leitungen zu neu errichteten Sudeinrichtungen innoch nicht genutzten Waldgebieten zu transportieren. Anfang des 17. Jahrhundertswurden Solleitungen von Reichenhall bis nach Traunstein und 1818 bis nachRosenheim gelegt.

Ähnliche Dimensionen hatte der Holzbedarf im Berg- und Hüttenwesen. In denBergwerken war Nutzholz zum Ausbau der Schächte, Stollen und Betriebsanlagennötig. Vor der Erfindung des Schwarzpulvers wurde Holz zum Feuersetzen desGesteins benötigt, das anschliessend durch Abschrecken mit Wasser gesprengtwurde. Holz und Holzkohle wurden als Reduktionsmittel bei der Verhüttung und fürdie Energieerzeugung in Schmelzhütten, Hochöfen, Hammer- und Pochwerkengebraucht. Erst die Verwendung von Steinkohle ab dem ausgehenden18. Jahrhundert hat die zuvor ausschliesslich von der Holzverwendung bestimmteTechnologie der Montanindustrie grundlegend verändert.

Gebiete, in denen die Gewinnung und Verarbeitung von Erzen in grossem Umfangerfolgten, waren z.B. die Oberpfalz und Oberfranken, der Thüringer Wald, der Harz,die Nordeifel und das Siegerland, das Hochrheingebiet und der Alpenraum,insbesondere Tirol, Kärnten und Steiermark. Auch in anderen Gegenden wurde anzahlreichen Standorten Bergbau und Metallverhüttung betrieben. Die Landesherrensicherten die Holzversorgung, indem sie den Bergleuten das Recht zum

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Holzeinschlag übertrugen oder Sondereigentum an bestimmten Wäldern zurVersorgung der Bergwerke und metallverarbeitender Betriebe begründeten. Infolgeihrer Bestrebungen, das Montanwesen als wichtigen Faktor der einheimischenWirtschaft zu fördern, erhöhte sich der Bedarf an nutzbarer Waldfläche ständig.Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wird z.B. im Harz der jährliche Holzverbrauch imBerg- und Hüttenwesen mit über 20 000 Stämmen für grosse und kleineSchachtanlagen, mit 9 000 Stämmen für Bauholz, über 30 000 m3 für Röst-, Treib-und Kohlholz sowie für Feuerholz in gleicher Höhe angegeben. Beispiele ausanderen Gebieten zeigen, dass auch hier der jährliche Holzbedarf in derGrössenordnung mehrerer 10 000 m3 lag.

Mehr Holz im Fluss - weniger Bäume im Wald

Die entscheidende Voraussetzung für eine kontinuierliche Versorgung gewerblicherAnlagen und der Städte war der Transport von Holz in Bächen und Flüssen. Dieeinfachste Form war die Wildflösserei oder Trift, bei der ganze Stämme oder kurzgesägte Holzblöcke vom Wasser transportiert und am Bestimmungsort wieder anLand gezogen wurden. Häufig war die Trift auf niederschlagsreiche Monate undHochwässer beschränkt. Wo diese Wasserstände nicht ausreichten, wurdenSchwallungen aus Holz oder Stein gebaut, hinter denen sich das Wasser staute undnach Öffnung der Schleusen den Holztransport möglich machte. Die Bringung an dieFlossbäche erfolgte am Hang durch Vorrücken von Hand, durch Anlage von Riesenoder mit Holz ausgelegten Kähnern und später auch durch einfache Schleif- oderSchlittwege. Für die Versorgung der Städte wie für die Belieferung von Salinenwurden in den Mittelgebirgen und Alpen umfangreiche Ausbauten der Gewässervorgenommen, um Holz über grössere Entfernungen zu triften.

Beim Transport auf grösseren Flüssen wurden die Baumstämme zu Gestörenzusammengebunden und diese wiederum zu Flössen aneinandergereiht. DieLangholzflösserei ermöglichte den Ferntransport grosser Holzmengen, wobei alsOblast, d.h. der Last, die sich auf den Gestören befand, ebenfalls Bretter, Kantholz,Schindeln oder Holzkohle befördert werden konnten. Häufig wurde die Oblast auchfür den Ferntransport anderer Produkte und hochwertiger Waren genutzt. Schon vordem Dreissigjährigen Krieg war die Langholzflösserei in den Stromgebieten vonRhein, Weser und Elbe wie auch auf der Donau und ihren Nebenflüssen verbreitet.Für das Jahr 1496 wird angegeben, dass auf Isar und Loisach 3 600 Flösse nachWolfratshausen gingen. Um 1600 fuhren auf dem Lech jährlich 3 500 Flösse nachAugsburg.

Die Entstehung des Holländerholzhandels und die damit verbundene Expansion derLangholzflösserei im Stromgebiet des Rheins vor allem im 18. Jahrhundert sindeindrückliche Beispiele für die Möglichkeiten des Handels, grosse wirtschaftliche und

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politische Machtzentren aus weit entfernten Waldgebieten mit Holz zu versorgen.Ausgangspunkt dieser Entwicklung waren Verschiebungen im Verhältnis dereuropäischen Staaten durch den wachsenden Einfluss Englands als kontinentaleund überseeische Kriegs- und Handelsmacht. Spätestens mit dem Ausgang deszweiten niederländisch-englischen Krieges und dem Frieden von Breda im Jahr 1667verloren die Niederlande ihre führende Stellung unter den westeuropäischenHandelsnationen. Dies hatte u.a. zur Folge, dass der Überseehandel mitSkandinavien und zunehmend auch mit dem Baltikum, der zu einem erheblichen Teilaus Exporten an Holz, Teer und Pech bestand, immer mehr nach England ging. Fürdie Niederlande folgte hieraus einerseits eine Konzentration der zuvorgesamteuropäisch ausgerichteten Handelsbeziehungen und andererseits einestärkere Ausrichtung des Handels auf die Rheinlande. Hier boten sich neuewirtschaftliche Möglichkeiten, die zu einem Aufschwung von Handel und Gewerbeführten.

Die Erschliessung der Märkte im Stromsystem des Rheins, die ab der zweiten Hälftedes 18. Jahrhunderts von den Niederlanden vorangetrieben wurde, führte zuregelmässigen und grossangelegten Holzexporten. Die für den Holländerholzhandelzugänglichen Waldgebiete erstreckten sich vom Unterlauf der Lippe über Spessart,Frankenwald und Pfälzer Wald bis in die Vogesen und in den nördlichenSchwarzwald. Ebenso war der Mosel-Saar-Raum ein wichtiges Liefergebiet.Gehandelt wurden grosse Mengen an Laub- und Nadelholz unterschiedlicherDimensionen und Qualitäten, das im Städtebau und zur Versorgunggrossgewerblicher Betriebe gebraucht wurde.

Eine besondere Bedeutung hatte die Beschaffung von Holz für den Schiffbau, fürden Ausbau der Hafenanlagen und für die Verwendung im Wasserbau. DerSchiffbau benötigte grosse Mengen an Eichenholz. Zunehmend konnte auchNadelholz für Bau und Unterhalt der Schiffe verwendet werden, wobei langausgehaltene, vollholzige und engringige Stämme als Masten besonders gut bezahltwurden. Um welche Grössenordnungen es hierbei ging, zeigt sich u.a. daran, dassfür den Bau eines Kriegsschiffes mehrere Tausend Eichen mit einem Alter von über150 Jahren benötigt wurden. Der Bau eines mittelgrossen Schiffes dürfte unterdamals üblichen Waldverhältnissen die Nutzung von ca. 50 Hektar Eichenbeständenerfordert haben. Für die Handelsflotte war die je Schiffseinheit verbaute Holzmengezwar kleiner, die Zahl der jährlich gebauten Schiffe dagegen sehr viel grösser. Um1600 wird z.B. die Baukapazität der Stadt Edam, des damals im Schiffbau führendenZentrums in den Niederlanden, auf über 100 Einheiten pro Jahr geschätzt.

Eine Übersicht von 1809 gibt Mengenanteile in der regionalen Zusammensetzungdes Holländerholzhandels, die die Verhältnisse des 18. Jahrhunderts wiedergeben

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dürften. Sie zeigt, dass mehr als die Hälfte des auf dem Rhein in die Niederlandegeflössten Holzes aus dem Schwarzwald kam. Auf dem Neckar, der einen grossenTeil dieses Gebiets für den Holzexport erschloss, waren Flösse mit bis zu 20Gestören möglich. Die von Mannheim in die Niederlande abgehenden Flösse hattennoch grössere Ausmasse. Ein Prinzipalfloss, das aus zahlreichen Neckarflössenumgebunden wurde, erreichte eine Länge bis zu 300 Metern und eine Breite von 30bis 50 Metern. Während der Fahrt in die Niederlande, die 2 bis 3 Monate dauernkonnte, lebten auf einem solchen Floss nahezu 600 Personen, davon über 400Ruderknechte und 70-80 Ankerknechte. Die transportierte Holzmenge lag bei knapp30 000 m3 oder 17 000 Tonnen.

Umfang und Dauer der Holzlieferung führten zu einer grossgewerblichenOrganisation der Holznutzung und des Handels, wie sie auch beim Betrieb derSalinen und im Montanwesen üblich war. Schon im 14. Jahrhundert ist dieMurgschifferschaft nachzuweisen, die Holznutzung, Holzhandel und Flösserei aufMurg und Rhein über mehrere Jahrhunderte organisierte. Als Gemeinschaft vonAnteilseignern erwarb sie Waldbesitz, der mit ca. 5 000 Hektar bis heute erhaltengeblieben ist. Die grösste Holzhandelsgesellschaft war die CalwerHolzhandelskompanie. Sie wurde während des 18. Jahrhunderts mehrmals neukonstitutiert und hat mit wechselnden Organisationsformen den Holländerholzexportim Enz-Nagold-Gebiet bis weit ins 19. Jahrhundert beherrscht. Grundlage für dieTätigkeit von Flösservereinigungen und privatrechtlichen Kapitalgesellschaften, fürdie der Holzexport ein lukratives Geschäft bedeutete, waren Nutzungsverträge inForm von Akkorden oder Kontrakte in den landesherrlichen Waldungen.

Auswirkungen auf die Entwicklung der Waldvegetation

Der ständig wachsende Holzbedarf von Gewerbe und frühindustriellen Anlagen hatin einem über Jahrhunderte verlaufenden Prozess zu einer Prospektion nachHolzvorräten und zu einer systematischen Exploitation der Waldgebiete geführt. ImVerlauf der wirtschaftlichen Entwicklung wurden hiervon die Wälder in den meistenLandschaftsräumen in grossem Ausmass umgeformt. Sie wurden an Steilhängenund auf Standorten genutzt, an denen die Bewirtschaftung inzwischen seit langemwieder aufgegeben wurde. Vor allem der konzentrierte und über lange Zeiträumedauernde Holzbedarf der Salinen und des Montanwesens führte zu einerVeränderung der Waldvegetation auf grosser Fläche. Im Harz wie in anderenMittelgebirgen erfolgten ein Rückgang von Laub- und Mischwäldern und eineVerdrängung der Buche durch die Fichte. Auch die Verbreitungsgebiete andererBaumarten wie Eiche, Kiefer und Tanne wurden ganz erheblich beeinflusst.

Die aufeinander folgenden Nutzungsperioden hatten massive Auswirkungen auf denWaldzustand. Die Reaktionen unbeteiligter Beobachter, zahlreiche Vorstösse der

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Bevölkerung wie Stellungnahmen und Waldbeschreibungen der Nutzer, die überkahlgeschlagene Flächen und exploitierte Wälder berichten, geben hierüber anvielen Orten Auskunft. Der grossflächige und konzentierte Holzeinschlag verändertenicht nur die genutzten Gebiete, er hatte auch schwerwiegende Folgen für Strukturund Aufbau der Waldbestände, die auf den aufgeforsteten Flächen entstanden odersich von Natur aus entwickeln konnten. Wo sich die Nutzung selektiv auf den Hiebstarker Eichen für den Schiffbau oder von Bäumen bestimmter Dimensionen wie beiden Holländerhieben beschränkte, konnten sich wenigstens teilweise differenziertereBestandsstrukturen erhalten.

5. Nachhaltige Forstwirtschaft - Modell der Nutzung erneuerbarer Ressourcen

Nachhalten im Sinne des Wahrnehmens der gegenseitigen Bedingtheit von Nutzungund natürlichen Gegebenheiten sowie der Gestaltung von Produktionsprozessen inAbhängigkeit zukünftiger Bedürfnisse ist ein typisches Element bäuerlicher Kultur.Gerade dort, wo Besiedlung und Bodennutzung in intensiver Weise erfolgen, ist dieLangfristigkeit der Nutzung und ihre Regelung durch soziale Normen vordringlich. Ineiner Agrargesellschaft ist es unmittelbar erfahrbar, ob die Nutzung des Bodens vonDauer ist und ob Veränderungen die Entwicklungsmöglichkeiten der Menschenfördern oder einschränken. Die Nutzer von Ackerland, Weide und Wald müssen sichständig mit dem Umstand auseinandersetzen, dass immer nur so viel produziert undverbraucht werden kann, wie das von Natur aus vorgegebene Potential langfristiggedacht zulässt. Verzicht auf einen Teil des möglichen Konsums mit Blick auf dieZukunft ist unabdingbar für das Überleben. Pflege des Bodens, der Bäume und derWälder sowie Anstrengungen zur Erhöhung der Produktivität sind gestaltende Kräftein der Kulturlandschaft.

Sehr früh schon fanden sich örtliche Nutzungsweisen und Regelungen, die dieErhaltung des Waldes als lokale Ressource zum Ziel hatten. Der Frankenspiegel, indem um 1330 geltendes Gewohnheitsrecht aufgezeichnet wurde, enthielt z.B. denGrundsatz, dass im Wald bescheiden und ohne Verwüstung gehauen werden sollte.Ähnliche Forderungen wurden von den Waldordnungen der Dörfer undMarkgenossenschaften oder der Klöster und Städte aufgestellt. Später wurden siedann auch von landesherrlichen Forstordnungen übernommen. KonkreteMassnahmen der Nutzungsregelung bezogen sich auf das Verbot, fruchttragendeBäume und Baumarten, die für die örtliche Versorgung wichtig waren, zu hauen.Wälder in Siedlungsnähe wurden der örtlichen Holzversorgung vorbehalten und injährlich zu nutzende Schläge unterteilt. Nach der Nutzung wurden die Flächen vorder Beweidung geschützt, bis ihre Wiederverjüngung gesichert war. Eine typischeForm der Brennholzwirtschaft war der Ausschlag- oder Niederwald. Dagegen

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ermöglichte die Bewirtschaftung von Mittelwäldern Schweinemast wie Produktionvon Bau- und Brennholz. Berichte aus dem 14. bis 16. Jahrhundert zeigen, dassLaubholzpflanzungen vor allem mit Eichen und später auch erste Nadelholzsaatendurchgeführt wurden.

Die Entstehung der nachhaltigen Holzproduktion, wie wir sie heute kennen, geht imwesentlichen auf die Bedeutung des Holzes als Energieträger und Rohstoff dergewerblichen und industriellen Entwicklung zurück. Spätestens im 16. Jahrhundertwar deutlich geworden, dass der Bedarf von Salinen und Montanindustrie nicht durcheine weitere Ausdehnung der Exploitation in bisher nicht genutzte Waldgebietegedeckt werden konnte. Der regionale und auch der internationale Handel mit Rund-und Schnittholz brachte eine ungeahnte Nachfrage und höhere Holzpreise, die sichallmählich in allen mitteleuropäischen Waldgebieten auswirkten. Im 17. und 18.Jahrhundert wurden in Deutschland, den Alpenländern und vor allem auch inFrankreich Voraussetzungen für eine langfristige Sicherung der Holznutzunggeschaffen. Ab 1800 erfolgte in den meisten Waldgebieten der Übergang zu einernachhaltigen Waldbewirtschaftung.

Der entscheidende Schritt von einer auf lokale Regelungen beschränkten Nutzungzu einer nachhaltigen Bewirtschaftung bestand in einer neuen Sehweise der Wälderals grossflächige erneuerbare Ressourcen, die für den Aufbau einesleistungsfähigen gewerblichen oder industriellen Sektors der Volkswirtschaft genutztwerden konnten. Die Forstwirtschaft wurde zu einem modernen Wirtschaftszweig, indem die Nachhaltigkeit der Holzproduktion als zentrales Prinzip dieRahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns bestimmte. Es entstand ein Systemder Ressourcennutzung, das in dieser Form in anderen Wirtschaftssektoren nichtbekannt war und das bis heute ein Vorbild für die Nutzung anderer erneuerbarerRessourcen geblieben ist. Gestaltet und dynamisiert wurde der Übergang zurnachhaltigen Waldbewirtschaftung durch technologische Erfindungen sowie durchExpansion und Internationalisierung der Absatzmärkte. Der wirtschaftlicheAufschwung führte zu einer höheren Nachfrage nach Nutzholz und brachteAbsatzchancen für hochwertige Stammholzsortimente. Die sich im 19. Jahrhundertrasch ausbreitende Verwendung der Steinkohle auf breiter Front bot völlig neueMöglichkeiten der Energieversorgung. Sie verringerte die Bedeutung von Holz alsEnergieträger und veränderte die Rahmenbedingungen der Waldbewirtschaftung ineiner während früherer Nutzungsperioden nicht vorstellbaren Weise.

Dem Übergang zur nachhaltigen Holzproduktion lagen verschiedene Formen derWaldwirtschaft zu Grunde, die im Lauf der Entwicklung vielfältig abgewandelt undverfeinert wurden. Die Mittelwaldwirtschaft als Modell einer grossflächigen undsystematischen Waldnutzung war in Gebieten mit Eichen- und Buchenwäldern weit

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verbreitet. Sie beruhte auf einer Kombination von Brennholzproduktion ausStockausschlägen und einer Bestockung aus älteren und stärkeren Bäumen. Inweiten Gebieten Frankreichs, wo die Produktion von starken Eichenstämmen für denSchiffbau eine Voraussetzung für die Position des Landes als Seemacht war, wurdedie Mittelwaldwirtschaft unter Colbert zu Beginn des 17. Jahrhunderts in denWäldern der Krone und auch in Gemeindewäldern als verbindliche Wirtschaftsformeingeführt. Sie ist dort bis heute eine der gestaltenden Formen der Waldnutzunggeblieben. Soweit die Mittelwaldwirtschaft in anderen Gebieten verbreitet war, wurdemit der Umwandlung in Hochwälder schon in der zweiten Hälfte des letztenJahrhunderts begonnen.

In Deutschland, Österreich und der Schweiz waren die Grundformen der sichentwickelnden Forstwirtschaft die Verjüngung der Wälder auf grossen Flächen oderdie Bewirtschaftung ungleichaltriger Waldbestände. Der schlagweisenBewirtschaftung, der Nutzung nach einer festgelegten Umtriebszeit und der darauffolgenden flächenweisen Wiederverjüngung lagen ökonomische wienutzungsbedingte Überlegungen zu Grunde. Der Neuaufbau von Wäldern aufExploitationsflächen und unter schwierigen Verjüngungsbedingungen war in vielenGebieten am ehesten durch Nadelholzsaat und durch Pflanzungen mit Fichte undKiefer zu erreichen. Auch in vielen Laubwaldgebieten wurden Nadelbaumartensystematisch gefördert. In beiden Fällen entsprachen die sich entwickelnden Wälderwirtschaftlichen Zielvorstellungen der damaligen Zeit, die mit regelmässigenDurchforstungs- und Endnutzungserträgen eine Erhöhung der Holzproduktionmöglich machten. In den Mittelgebirgen und vor allem in den Alpenländern blieb eineselektive Nutzung mit anschliessender Naturverjüngung an vielen Orten verbreitet.Aus ihr haben sich die heutigen Waldbauverfahren der einzelstammweisenPlenterwaldbewirtschaftung oder einer kleinflächigen Femelwaldwirtschaft entwickelt.

Die Unterscheidung zwischen grossflächigen und schlagweisen Verjüngungs- undNutzungsformen gegenüber der Bewirtschaftung ungleichaltriger Bestände entsprichtin vielen Regionen nur noch bedingt der Wirklichkeit. Eine moderneWaldbewirtschaftung beruht auf einer Kombination verschiedener Verjüngungs- undNutzungsverfahren und hat das Ziel, stabile und naturnahe Wälder zu erhalten oderdie Entwicklung solcher Bestände zu begünstigen. Schon seit einigen Jahrzehntenwerden zunehmend Anstrengungen unternommen, den Anteil der Laubbaumarten inden in früheren Jahrhunderten entstandenen Nadelwaldgebieten zu erhöhen undvermehrt mit Naturverjüngungsverfahren zu arbeiten.

Die mitteleuropäische Waldnutzung hat im Verlauf ihrer Entwicklung Problemebewältigt, die heute zentrale Aspekte bei der Bewirtschaftung erneuerbarerRessourcen sind. Es wurden wissenschaftlich fundierte Modelle der Holzproduktion

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ausgearbeitet, die es möglich machten, die Nutzungsintensität dem langfristigenProduktionsvermögen der Waldbestände anzupassen. Die Umsetzung des Prinzipsder nachhaltigen Produktion von Holz auf grosser Fläche, verbunden mitMassnahmen der Pflege und der Beachtung der natürlichenEntwicklungsbedingungen der Waldvegetation, sind das eigentlich Neue diesesProzesses. Der Inhalt dessen, was im einzelnen unter nachhaltiger und pfleglicherWaldbewirtschaftung zu verstehen ist, hat sich hierbei in mehreren Phasengewandelt und ausgeweitet. Heute bedeutet Nachhaltigkeit in einem umfassendenSinn eine Waldbewirtschaftung, die naturnahe und vielfältige Wälder erhält und dieSchutzleistungen, Holzproduktion und Erholungsnutzung in unterschiedlichenKombinationen ermöglicht.

Ein solches Verständnis von Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft ist eine wesentlicheVoraussetzung für die Erhaltung der Biodiversität der Waldgebiete. Es ist auch diezentrale Bedingung dafür, dass die Wälder und die Waldnutzung vielfältige Optionender Entwicklung bieten. Besondere Beachtung verdient hierbei die Erhaltung dergenetischen Ressourcen. Sie ist eine elementare Voraussetzung für dieAnpassungsfähigkeit der Wälder an sich verändernde Umweltbedingungen wie auchfür die Vielfalt unserer Landschaften.

6. Naturnahe Waldbewirtschaftung - Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung

Das Ringen um konkrete Schritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung istTeil eines umfassenden Prozesses, der 1992 in Rio de Janeiro begonnen hat. Er solldazu führen, dass Vorsorge und pfleglicher Umgang mit den zur Verfügungstehenden Ressourcen zu einem Grundelement des Handelns und vermehrt zueinem unserer Kultur eigenen Wert werden. Dies setzt voraus, dass Produktion undKonsum nicht von der Verantwortung für deren Wirkungen und Folgen getrenntwerden. Es setzt ebenfalls voraus, dass die ökonomische Bewertung zukünftigerNutzen beziehungsweise Belastungen nicht systematisch auf den Massstab derGegenwart verkürzt wird.

Das Prinzip der Nachhaltigkeit, das die Entwicklung der Forstwirtschaft Mitteleuropasgeprägt hat, liefert eine unverzichtbare Dimension bei Entscheidungen über dieNutzung von Naturgütern. Es setzt voraus, dass Ressourcenverbrauch undUmweltbelastung heutiger Aktivitäten ebenso wie Freiräume und Optionenzukünftiger Handlungsmöglichkeiten bei diesen Entscheidungen konsequentmiteinzubeziehen sind. In einer solchen Sicht ist die Nutzung von Wäldern keinebeliebige und kostenlose Mobilisierung von Produktionsmitteln und Konsumnutzen.Eine nachhaltige Form der Ressourcennutzung verlangt vielmehr Investitionen zurErhaltung der Produktivität, Anpassung der Nutzungsintensität an das von der Natur

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vorgegebene Potential sowie Rahmenbedingungen, die einen Ausgleichunterschiedlicher Interessen zulassen.

Der Gedanke der nachhaltigen Entwicklung hebt die Perspektive einer gemeinsamenWelt unserer und zukünftiger Generationen als massgebend für die Beurteilunggesellschaftlichen Fortschritts hervor. Das, was als nachhaltig gilt und als Masstabfür die Gestaltung der Wirklichkeit angesehen wird, bleibt im Spannungsfeldunterschiedlicher gesellschaftlicher Bedürfnisse und Werte und ist Gegenstandpolitischer Interessenkonflikte. Worin die zu verwirklichenden und dieoffenzuhaltenden Optionen der Nutzung und Bewirtschaftung bestehen, folgt ausden sich verändernden Erwartungen und Handlungsmöglichkeiten unterschiedlicherGenerationen in ihrer jeweiligen Zeit. Ihre Entscheidungen reflektieren dieWahrnehmung des Waldes und die Einstellung zu seiner Nutzung undBewirtschaftung in den kulturell geprägten Vorstellungen, die ihnen zu Grundeliegen. Die Bedeutung, die der Wald im Verständnis einer bestimmten Gesellschaftund Generation hat, ist damit etwas anderes als das, was von Aussenstehenden inihrer Kultur und Zeit gesehen und interpretiert werden kann.

Der Wald hat in unserer Kultur eine sehr umfassende Bedeutung. Er repräsentiertVorstellungen der Natur, und zwar einer Natur, die vielen Betrachtern ohnemenschliche Einwirkungen erscheint. Wälder bedeuten in einer solchenWahrnehmung frei wirkende natürliche Prozesse und damit etwas anderes alsSiedlungsflächen und intensiv genutzte landwirtschaftliche Gebiete. In dieser Art derWertschätzung des Waldes überlagern sich viele Bedürfnisse und Vorstellungen derheutigen Gesellschaft. Es sind vor allem Bedürfnisse von Menschen, die in Zukunftnoch vermehrt in städtisch geprägten Räumen leben werden, nach Erholung undFreizeit in der offenen Landschaft und im Wald. Es ist auch die Besorgnis überBedrohungen von Umwelt und Natur, die durch lokale Erfahrungen wie Anteilnahmeam weltweiten Geschehen ausgelöst wird. Und es sind sehr persönlicheVorstellungen von Menschen, für die Wald ein Ort der Besinnung, desbeschauenden Nachdenkens und der Freiheit bedeutet. Forderungen,Waldnutzungen zu beschränken, naturnahe Gebiete zu schützen und die natürlicheVielfalt als Voraussetzung jeder Art von Bewirtschaftung zu akzeptieren, sindAusdruck des Interesses an der Erhaltung von Wäldern als Erscheinungen derNatur.

Wie die Forstgeschichte Mitteleuropas zeigt, ist der Wald immer nutzbare undproduktive Umwelt des Menschen gewesen, deren Gestaltung in hohem Mass durchsich verändernde gesellschaftliche Präferenzen bestimmt wurde. Holz war lange Zeitdie einzige grossflächig verfügbare Energie und einer der wichtigsten Bau- und

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Werkstoffe. Die Erschliessung fossiler Energien und die Nutzung neuer Materialienführten dazu, dass Holz zu einem wirtschaftlich und technologisch austauschbarenRohstoff geworden ist. Sein Absatz wird durch Wettbewerbsfähigkeit undPreiskonkurrenz auf nationalen und internationalen Märkten bestimmt. In vielenBereichen hat dies inzwischen zu einer massiven Substitution durch andereMaterialien geführt. Holztechnologische Innovation, Rationalisierung undDiversifikation der Produkte sowie neue Verwendungsmöglichkeiten bieten heutewieder die Chance, dass Holz als hochwertiger und wettbewerbsfähiger Werkstoffgebraucht werden kann. Es ist eine erneuerbare und vielseitige Ressource mit einembezüglich CO2 Emissionen weitgehend neutralen Produktions- undVerwendungszyklus. Die Produktion und Verwendung von Holz ist heute schon undvermehrt noch in Zukunft ein sehr konkreter Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung.Die Bedeutung des Waldes und der Holzproduktion als erneuerbares und in Bezugauf Energie- und Stoffkreisläufe weitgehend geschlossenes Produktionssystem istvor allem unter umwelt- und ressourcenpolitischen Gesichtspunkten zu beurteilen.

Im Verlauf der letzten Jahrzehnte ist der Holzverbrauch weltweit proportional zurBevölkerungsentwicklung angestiegen. Nach den derzeit vorliegendenErkenntnissen wird sich diese Tendenz fortsetzen. Nur ein geringer Teil des Holzeskommt jedoch aus Waldgebieten, deren Nutzung auch nur in Ansätzen mit dermultifunktionalen Waldwirtschaft Mitteleuropas vergleichbar ist. In anderen Regionenkonkurrieren vielfach exploitationsartige Nutzungsformen mit Baumplantagen unterintensivem Einsatz von Düngung und mit der Technologie einer industriellenHolzproduktion mit grossen Kahlschlägen. Die mitteleuropäische Forstwirtschaftberuht dagegen auf einer verhältnismässig kleinflächigen Waldnutzung. Ihre Zieleund Massnahmen berücksichtigen die Gegebenheiten des Standorts, das Potentialder einheimischen Baumarten und den Aufbau der vorhandenen Waldbestände.Diese Art der Bewirtschaftung erhält naturnahe und vielfältige Wälder und bietetlangfristige und flexible Möglichkeiten der Holzproduktion. Sie sichertSchutzwirkungen des Waldes in den Gebirgsregionen und gestaltet erlebnisreicheLandschaften für Bewohner der Städte und Dörfer. Unter ökonomischenGesichtspunkten und in Bezug auf die Vermarktung von nachhaltig erzeugtenHolzprodukten dürfte die mitteleuropäische Forstwirtschaft ihre Wettbewerbschancenhalten oder sogar verbessern.

Die Waldbewirtschaftung, die sich bei uns entwickelt hat, kann gesellschaftlichenVeränderungen in hohem Mass gerecht werden. Sie ist in der derzeitigenAuseinandersetzung über Erhaltung und Art der zukünftigen Nutzung der Wälder derErde ein konkretes Beispiel dafür, wie unterschiedliche gesellschaftliche Interessenentsprechend den lokalen Gegebenheiten die Forstwirtschaft bestimmen. Einenaturnahe Waldwirtschaft mit langen Produktionszeiträumen ist ein beachtenswerter

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Beitrag zur Gestaltung nachhaltiger Entwicklungsprozesse. Sie nimmt Rücksicht aufdas naturräumlichen Potential der Waldgebiete und folgt damit dem wohl wichtigstenGrundsatz der Nachhaltigkeit, dass gesellschaftliche Entwicklung das Offenhaltenvon Freiräumen und Optionen voraussetzt. Freiräume sind hier in einemunmittelbaren Verständnis weniger beanspruchte Gebiete, aber auch freie Räumezukünftiger Gestaltungsmöglichkeiten. Optionen beziehen sich auf Veränderungenheutiger Bedürfnisse, wie auf die ihnen eigenen Vorstellungen zukünftigerGenerationen.

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LITERATURHINWEISE

Die Hinweise beziehen sich auf generelle Arbeiten und vor allem auf neuereregionale Studien, die von Forscherinnen und Forschern unterschiedlicherDisziplinen wie Forstwissenschaft, Geschichte, Geographie und Ökologieveröffentlicht wurden. Die umfangreichen Bibliographien dieser Arbeiten geben eineVorstellung von der Vielfalt des vorhandenen Wissens und erleichtern die Suchenach Spezialliteratur.

Die Darstellung der Entwicklung von Waldverbreitung, lokalen und gewerblichenWaldnutzungen sowie Entstehung der Forstwirtschaft in Mitteleuropa basiert auf denfolgenden Arbeiten zur Forstgeschichte und benutzt dort nachgewiesene Beispiele:Mantel, Kurt, 1990: Wald und Forst in der Geschichte - Ein Lehr- und Handbuch. Miteinem Vorwort von Helmut Brandl. Nach dem Tode des Verfassers für den Druckbearbeitet von Dorothea Hauff. Alfeld-Hannover, Schaper. (518 S.)Hasel, Karl, 1985: Forstgeschichte - Ein Grundriss für Studium und Praxis. Hamburgund Berlin, Parey. (258 S.)In beiden Werken werden Hinweise zur älteren forstwissenschaftlichen Literaturgegeben.

Als Referenz für die Ausführungen zur Vegetationsentwicklung, zur Gliederung derWaldgesellschaften und zu Landschaftsveränderungen wurden benutzt:Ellenberg, Heinz, 1996: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen. 5. Aufl. Stuttgart,Ulmer. (1095 S.)Konold, Werner (Hg.), 1996: Naturlandschaft - Kulturlandschaft: Die Veränderungder Landschaften nach der Nutzbarmachung durch den Menschen. Landsberg,ecomed. (322 S.)Küster, Hansjörg, 1995: Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa. München, Beck.(424 S.)Lang, Gerhard, 1994: Quartäre Vegetationsgeschichte Europas. Jena, Fischer.(462 S.)Pott, Richard, 1993: Farbatlas Waldlandschaften - Ausgewählte Waldtypen undWaldgesellschaften unter dem Einfluss des Menschen. Stuttgart, Ulmer. (224 S.)

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Untersuchungen zur Entwicklung der Waldnutzung und der Forstwirtschaft inverschiedenen europäischen Ländern mit Verweisen auf weiterführende Literatursind in folgenden Sammlungen von Einzelbeiträgen enthalten:Arnould, Paul; Hotyat, Micheline; Simon, Laurent, 1997: Les forêts d'Europe.Collection fac. géographie. Paris, Edition Nathan. (413 p.)Cavaciocchi, Simonetta (Ed.), 1996: L'uomo e la foresta, Secc. XIII-XVIII. Atti delleSettimane di Studi 27, Istituto Internationale di Storia Economica F. Datini, Firenze,Le Monnier. (1234 p.) - mit zahlreichen Beiträgen in deutscher, englischer undfranzösischer Sprache.Semmler, Josef (Hg.), 1991: Der Wald in Mittelalter und Renaissance. Düsseldorf,Droste. (239 S.)

Einen Überblick über unterschiedliche Aspekte der Waldnutzungen, derHolznutzungen wie zur Entwicklung der nachhaltigen Forstwirtschaft geben u.a. diefolgenden Publikationen:Brandl, Helmut, 1970: Der Stadtwald von Freiburg. Eine forst- undwirtschaftsgeschichtliche Untersuchung über die Beziehungen zwischenWaldnutzung und wirtschaftlicher Entwicklung der Stadt Freiburg vom Mittelalter biszur Gegenwart. Freiburg Brsg., Poppen & Ortmann. (258 S.)Brandl, Helmut, 1987: Zur Geschichte der Wirtschaftlichkeit in der Forstwirtschaft.AFZ 42: 1019-1023Hauser, Albert, 1972: Wald und Feld in der alten Schweiz. Zürich und München,Artemis. (422 S. und Bildanhang)Hausrath, H., 1982: Geschichte des deutschen Waldbaus - Von seinen Anfängenbis 1850. SchrR. Inst. für Forstpolitik und Raumordnung, Uni. Freiburg, FreiburgBrsg. (416 S.)v. Hornstein, Felix, 1951: Wald und Mensch - Waldgeschichte des AlpenvorlandesDeutschlands, Österreichs und der Schweiz. Ravensburg, Maier. (283 S.); Reprint1984.Mantel, Kurt; Pacher J., 1976: Forstliche Biographien vom 14. Jahrhundert bis zurGegenwart - Zugleich eine Einführung in die forstliche Literaturgeschichte. Hannover,Schaper. (441 S.)Mantel, Kurt, 1980: Forstgeschichte des 16.Jahrhunderts unter dem Einfluss derForstordnungen und Noe Meurers. Berlin, Parey. (171 S., 32 Abb.)Rubner, Heinrich, 1967: Forstgeschichte im Zeitalter der industriellen Revolution.Berlin, Duncker und Humblot. (235 S.)Radkau, Joachim; Schäfer Ingrid, 1987: Holz - Ein Naturstoff in derTechnikgeschichte. Reinbeck bei Hamburg, Rowohlt. (313 S.)Schanz, Heiner, 1996: Forstliche Nachhaltigkeit. Schriften aus dem Institut fürForstökonomie der Universität Freiburg Bd.4, Freiburg Brsg. (131 S.)

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Schenk, Winfried, 1996: Waldnutzung, Waldzustand und regionale Entwicklung invorindustrieller Zeit im mittleren Deutschland. Historisch-geographische Beiträge zurErforschung von Kulturlandschaften in Mainfranken und Nordhessen. ErdkundlichesWissen Heft 117, Stuttgart, Steiner. (325 S.)Schmidt, Uwe Eduard, 1997: Das Problem der Ressourcenknappheit - dargestelltam Beispiel der Waldressourcenknappheit in Deutschland im 18. und 19.Jahrhundert - eine historisch-politische Analyse. Habil.-Schrift Forstw. Fak.Universität München. (434 S.)Schoch, Oswald, 1994: Von verschwundenen Waldgewerben im Nordschwarzwald -Beispiele aus dem oberen Enztal. Neuenbürg, Müller. (163 S.)Seling, Irene, 1997: Die Dauerwaldbewegung in den Jahren zwischen 1880 und1930. Eine sozialhistorische Analyse. Schriften aus dem Institut für Forstökonomieder Universität Freiburg Bd. 8, Freiburg Brsg. (128 S.)Sieferle, Rolf P., 1982: Der unterirdische Wald - Energiekrise und IndustrielleRevolution. München, Beck. (283 S.)Zürcher, Ulrich, 1965: Die Idee der Nachhaltigkeit unter spezieller Berücksichtigungder Gesichtspunkte der Forsteinrichtung. Mitt. Eidgenöss. Forsch.anst. Wald,Schnee und Landschaft, Birmensdorf. 41 (4): 91-218.

Die Bedeutung der Flösserei und des Holländerholzhandels wurde in den letztenJahren von verschiedenen Autoren intensiv bearbeitet:Ebeling, Dietrich, 1992: Der Holländerholzhandel in den Rheinlanden. Stuttgart,Steiner. (241 S.)Keweloh, Hans-Walter (Hg.), 1988: Auf den Spuren der Flösser - Wirtschafts- undSozialgeschichte eines Gewerbes. Stuttgart, Theiss. (286 S.)Rommel, Wolf-Dieter, 1990: Die Flösserei auf dem Kocher, insbesondere dieVersorgung der Salinen Hall und Friedrichshall und ihre forstwirtschaftlicheAuswirkung auf das Limpurger Land vom Ausgang des Mittelalters bis zurIndustrialisierung. Diss. Universität Freiburg Brsg., Schwäbisch-Hall- Gelbingen.(218 S.)Scheifele, Max, 1988: Die Murgschifferschaft - Geschichte des Flosshandels, desWaldes und der Holzindustrie im Murgtal. Gernsbach, Katz. (521 S.)Scheifele, Max, 1993: Die Flösserei auf der Ettlinger Alb. - Aus der Geschichte desAlbtales. Gernsbach, Katz. (148 S.)Scheifele, Max, 1996: Als die Wälder auf Reisen gingen - Wald-Holz-Flösserei inder Wirtschaftsgeschichte des Enz-Nagold-Gebietes. Karlsruhe, Braun. (368 S.)

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Neuere regionale Arbeiten in Deutschland zur Wald- und Forstgeschichteuntersuchen vor allem wirtschaftliche, soziale und politische Voraussetzungen derEntwicklung von Wald und Forstwirtschaft. Hierzu gehören:Allmann, J., 1989: Der Wald in der frühen Neuzeit. Eine mentalitäts- undsozialgeschichtliche Untersuchung am Beispiel des Pfälzer Raumes 1500-1800.Schr. z. Wirtschafts- und Sozialgesch. 36. Berlin, Duncker und Humblot. (416 S.)Baum, Christoph, 1995: Der Klosterwald von St. Blasien. Eine forstgeschichtlicheUntersuchung über die Waldverhältnisse im Stiftsbann der ehemaligenBenediktinerabtei St. Blasien im südlichen Schwarzwald bis zu Beginn des 19.Jahrhunderts. Dissertation Universität f. Bodenkultur Wien. Freiburg Brsg., Hochsch-Verl. (314 S.)Bund, Beate, 1997: Der Wandel der Kulturlandschaft Nordschwarzwald seit der 2.Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine historische Raum-Zeit-Analyse mit Hilfe einesgeographischen Informationssystems (GIS). Dissertation Universität Freiburg Brsg.(180 S. und Kartenband)Fenkner-Voigtländer, Ute, 1992: Forsteinrichtung und Waldbau im Elmsteiner Waldunter deutschen und französischen Einflüssen 1780-1860. Ein Beitrag zurForstgeschichte des Pfälzerwaldes. Dissertation Universität Freiburg Brsg.Mitteilungen der Landesforstverwaltung Rheinland-Pfalz 10. (341 S.)Friedel, Heinz: Der Reichswald bei Kaiserslautern. 150 Jahre - Vergleich undReglement für die reichswaldberechtigten Gemeinden. Ramstein, Paque. (304 S.)Hachenberg, Friedrich, 1988: Waldwirtschaft und Forstliche Landschaftsgestaltungim vorderen Hunsrück in zwei Jahrhunderten. Zur Forstgeschichte des ForstamtesKastellaun in den Jahren 1815-1985. Schutzgemeinschaft Deutscher WaldObermoschel/Pfalz Nr.6. (425 S.)Hachenberg, Friedrich, 1992: 2000 Jahre Waldwirtschaft am Mittelrhein.Selbstverlag des Landesmuseums Koblenz. (214 S.)Kremser, Walter, 1990: Niedersächsische Forstgeschichte - Eine integrierteKulturgeschichte des nordwestdeutschen Forstwesens. Rotenburger SchriftenSonderband 32. Rotenburg/Wümme, Selbstverl. Heimatbund. (965 S.)Kunz, Joachim, 1995: Der Gemeindewald von Hassloch. Ein Beitrag zur Geschichtedes Kommunalwaldes in Rheinland-Pfalz mit wirtschaftlichem Schwerpunkt.Veröffentlichungen des Arbeitskreises Forstgeschichte in Rheinland-Pfalz Nr.2/1995,Hassloch. (291 S.)Ludemann, Thomas, 1990: Im Zweribach - Vom nacheiszeitlichen Urwald zum"Urwald von morgen". Dissertation Universität Freiburg Brsg. (268 S.)Loderer, Alois A., 1987: Besitzgeschichte und Besitzverwaltung der AugsburgerStadtwaldungen - Ein Beitrag zur Augsburger Stadtgeschichte. DissertationUniversität München. (381 S. mit Anlagen)

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Sax, Georg, 1997: Waldzustand und Holznutzung in Hohenzollern von 1850 bis1974 - Ein Versuch der Nutzbarmachung von Stichprobenverfahren fürforstgeschichtliche Fragestellungen. Diss. Universität Freiburg Brsg.Schäfer, Ingrid, 1992: "Ein Gespenst geht um" - Politik mit der Holznot in Lippe.Detmold, Selbstverlag des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für dasLand Lippe. (328 S.)Schmidt, Jürgen, 1994: Die Flächenerwerbungen der Staatsforstverwaltung imBadischen Schwarzwald 1806-1936. Dissertation Universität Freiburg Brsg. (293 S.mit Anhang)Schmidt, Uwe E., 1989: Entwicklung in der Bodennutzung im mittleren undsüdlichen Schwarzwald seit 1780. Mitteilungen der Forstlichen Versuchs- undForschungsanstalt Baden-Württemberg, Heft 146 Band 1 und 2. (206 S. Text und109 S. Anhang)Selter, Bernhard, 1995: Waldnutzung und ländliche Gesellschaft -Landwirtschaftlicher "Nährwald" und neue Holzökonomie im Sauerland des 18. und19. Jahrhunderts. Paderborn, Schöningh. (482 S.)Tegeler, Ralf, 1994: Waldentwicklung im Hohen Vogelsberg. Mitteilungen derHessischen Landesforstverwaltung Bd. 28. Frankfurt/Main, Sauerländer. (222 S.)Textor, Harald, 1991: Die Amorbacher Zent. Eine wald-, forst- undwirtschaftsgeschichtliche Untersuchung des Klosterwaldes, des Mitmärkerwaldes,des herrschafts- bzw. landesherrlichen Waldes vom frühen Mittelalter bis zurSäkularisation 1802/03. Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Museums derStadt Aschaffenburg. (358 S. und 138 S. Anhang)

In der Schweiz sind unter der Leitung von Herrn Prof. A. Schuler am ArbeitsbereichWald- und Forstgeschichte des Departements Wald- und Holzforschung der ETHZürich, z.T. in Zusammenarbeit mit anderen Universitäten, eine Reihe vergleichbarerregionaler Arbeiten entstanden:

Bill, R., 1992: Die Entwicklung der Wald- und Holznutzung in den Waldungen derBurgergemeinde Bern vom Mittelalter bis 1798. Dissertation ETH Zürich.Bürgi, Matthias, 1997: Waldentwicklung im 19. und 20. Jahrhundert -Veränderungen in der Nutzung und Bewirtschaftung des Waldes und seinerEigenschaften als Habitat am Beispiel der öffentlichen Waldungen im ZürcherUnter- und Weinland. Diss. ETH Nr. 12 152, Zürich. (226 S.)Irniger, Margrit, 1991: Der Sihlwald und sein Umland - Waldnutzung, Viehzucht undAckerbau im Albisgebiet von 1400-1600. Mitt. Antiquarische Ges. in Zürich 58,Zürich.

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Müller, Ueli, 1990: Schutzwaldaufforstungen des Staates Freiburg imSenseoberland - Forstpolitische Massnahmen des Staates Freiburg seit 1850 amBeispiel der Schutzwaldaufforstungen im Flyschgebiet des Senseoberlandes. Diss.ETH Nr.9001, Freiburg i.U., Kantonsforstamt. (258 S.)Parolini, Jon D., 1995: Zur Geschichte der Waldnutzung im Gebiet des heutigenSchweizerischen Nationalparks. Diss. ETH Nr. 11 187, Zürich. (227 S.)Stuber, M., 1996: "Wir halten eine fette Mahlzeit, denn mit dem Ei verzehren wir dieHenne" - Konzepte nachhaltiger Waldnutzung im Kanton Bern 1750-1880. Diss.phil.-hist., Uni Bern, Zürich, Beih. Schweiz. Z. Forstwes. 82. (275 S.)

Weitere neuere regionale Arbeiten zur Waldentwicklung und Forstpolitik sind:Fischer, A., 1985: Waldveränderungen als Kulturlandschaftswandel. Fallstudien zurPersistenz und Dynamik des Waldes in der Kulturlandschaft des Kantons Luzern seitdem Forstgesetz von 1875. Basel, Wepf und Co. (214 S.)Gerber, Barbara, 1989: Waldflächenveränderungen und Hochwasserbedrohung imEinzugsgebiet der Emme. Geographica Bernensia G 33, Geographisches Institut derUniversität, Bern. (99 S.)Kasper, Heinz, 1989: Der Einfluss der eidgenössischen Forstpolitik auf die forstlicheEntwicklung im Kanton Nidwalden in der Zeit von 1876 bis 1980. Dissertation ETHZürich; Mitt. EAFV (65) 1: 3-180, Birmensdorf.Kempf, Alois, 1985: Waldveränderungen als Kulturlandschaftswandel - WalliserRhonetal. Fallstudien zur Persistenz und Dynamik des Waldes zwischen Brig undMartigny seit 1873. Basler Beiträge zur Geographie 31. Basel, Wepf und Co. (229 S.und 33 S. Anhang)

Einen Überblick über viele Aspekte der Entwicklung von Wald und Forstwirtschaft inÖsterreich bieten:Hillgarter, Franz-Werner; Johann, Elisabeth (Red), 1994: Österreichs Wald - VomUrwald zur Waldwirtschaft. 2. völlig überarb. und erweiterte Auflage. Wien,Eigenverlag Autorengemeinschaft. (544 S.)Killian, Herbert, 1989: Der Kampf gegen Wildbäche und Lawinen im Spannungsfeldvon Zentralismus und Föderalismus. Mitteilungen der ForstlichenBundesversuchsanstalt.

Ergänzend hierzu die folgenden regionalen Monographien:Hafner, Franz, 1979: Steiermarks Wald in Geschichte und Gegenwart. Eineforstliche Monographie. Wien, Österr. Agrarverlag. (396 S.)Johann, Elisabeth, 1968: Geschichte der Waldnutzung in Kärnten unter demEinfluss der Berg-, Hütten- und Hammerwerke. Klagenfurt, Verlag desGeschichtsvereines für Kärnten. (248 S.und Bildanhang)

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Koller, Engelbert, 1970: Forstgeschichte des Salzkammergutes. Eine forstlicheMonographie. Wien, Österr. Agrarverlag. (558 S. und Bildanhang)Koller, Engelbert, 1975: Forstgeschichte Oberösterreichs. Linz, Oberösterr.Landesverlag. (269 S. und Bildteil)Koller, Engelbert, 1975: Forstgeschichte des Landes Salzburg. Salzburg, Verlag derSalzburger Druckerei. (347 S. und Bildanhang)Oberrauch, Heinrich, 1952: Tirols Wald und Waidwerk. Ein Beitrag zur Forst- undJagdgeschichte. Innsbruck, Universitätsverlag Wagner. (328 S.)

Unterschiede wie Gemeinsamkeit in der Entwicklung des Forstwesens inDeutschland und Frankreich werden aus einer Reihe von Arbeiten ersichtlich. Hierzugehören:Badré, L., 1983: Histoire de la forêt française. Paris.Bechmann, Roland, 1984: Des arbres et des hommes - La forêt au Moyen-Age.Paris, Flammarion. (385 p.)Bonhôte, Jérôme, 1997: Forges et Forêts dans les Pyrénées Ariègeoises - Pour unehistoire de l'environnement. Collection Universatim, F-31160 Aspet, PyréGraphéditions. (320 p.)Centre Historique des Archives Nationales, 1997: Histoire de Forêts - La ForêtFrançaise du XIII° au XX Siècle. Paris, Société Nouvelle Adam Biro. (158 p.)Corvol, Andrée, 1987: L'homme aux bois - Histoire des relations de l'homme et de laforêt, XVII°-XX° siècle. Paris, Fayard. (585 p.)Corvol, Andrée; Arnould, Paul; Hotyat, Micheline, 1997: La Forêt: perceptions etreprésentations. Paris, Editions l'Harmattan. (401 p.)Devèze, Michel, 1965: Histoire des forêts. Paris, Presses Universitaires de France.(128 p.)Dupuy, Michel, 1997: La diffusion de l'écologie forestière en France et en Allemagne1880 - 1980. Thèse d'histoire moderne et contemporaine de nouveau régime.Université Michel de Montaigne, Bordeaux. (715 p.)Kalaora, Bernard, 1981: Le musée vert ou le tourisme en forêt - Naissance etdéveloppement d'un loisir urbain, le cas de la forêt de Fontaineblau. EditionsAnthropos. (304 p.)Pagenstert, G., 1961: Forstliche Beziehungen zwischen Deutschland undFrankreich im 19. Jahrhundert. Dissertation Universität Freiburg Brsg. (236 S.)Le Play, Fréderic, 1996: Des forêts considérées dans leurs rapports avec laconstitution physique du globe et l'économie des sociétés. Texte de 1847 établi etprésenté par Antoine Savoye et Bernard Kalaora. Fontenoy/St-Cloud, ENS Editions.(233 p.)Rubner, H., 1965: Untersuchungen zur Forstverfassung des mittelalterlichenFrankreichs. Berlin, Schrift. Wirtsch.- u. Soz.gesch. 8.

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Woronoff, Denis (Ed.), 1990: Forges et forêt - Recherches sur la consommationproto-industrielle de bois. Paris, Recherches d'histoire et de sciences sociales 43.(261 p.)