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Riistungsaltlasten Neues aus Forschung und Technologie Neues aus Forschung und Technologie Rfistungsaltlasten 1. Vorkommen von PCB und PAK R. Haas, I. Schreiber, G. Stork FB Chemie der Philipps-Universit~t Marburg, Hans-Meerwein-Str., D - 3550 Marburg Im letzten Jahr untersuchten wit eine ehemalige Hexogen~ Fabrik in Bayern. Der ehemalige Produktionsbereich wird seit den 50er Jahren industriell genutzt, der Verarbeitungs- bereich wurde gesprengt. 89 Bodenproben bis in 1 m Tiefe wurden enmommen. Ne- ben dem hier produzierten HochleistungssprengstoffHexo- gen (1,3,5-Trimethylen-2,4,6-trinitramin) und summarisch bestimmten Nitraminen (m6gliche Nebenprodukte der Hexogen-Produktion) konnten in einigen Proben auch po- lycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und po- lychlorierte Biphenyle (PCB) nachgewiesen werden. In 12 Proben (= 13,5 %) wurden PAK (Summe aus 6 Einzelsubstanzen nach TVO) in Massenanteilen festge- stellt, die fiber dem B-Wert der Holland-Liste lagen (20 mg/kg). In 15 Proben (= 16,8 %) wurden PCB gefunden. Neben den quantitativ bestimmten PCB 28, PCB 52, PCB 101, PCB 138, PCB 152 und PCB 180 (nach BALLSCHMITEa und ZELL) konnten gaschromatographisch bis zu 30 weitere Substanzen ermittelt werden, wahrscheinlich weitere PCB. Die Massenanteile lagen bei 7 Proben zwischen 1,3 mg/kg und 4,0mg/kg und bei 3 Proben bei 20,2mg/kg, 39,4 mg/kg und 44,0 mg/kg. Mit Ausnahme einer Probe wurden PCB nur in solchen Proben festgestellt, die auch Hexogen enthielten. Eine auffiillige H~iufung hoher Massenanteile sowohl an PCB als auch an PAK wurde in dem heute ungenutzten Ver- arbeitungsbereich fiir Hexogen festgestellt. Da das Hexogen teilweise mit Wachsen (Montan-Wachs) phlegmatisiert wurde, lag der Verdacht nahe, daft das eingesetzte Wachs mit diesen Substanzen verunreinigt war. DaRir konnten je- doch in der Literatur keine Hinweise gefunden werden. Da die Geb/iude des Verarbeitungsbereiches nach dem Krieg gesprengt wurden, k6nnte das Auftreten yon PAK auf stattgefundene Verschwelungs- bzw. Verbrennungsprozes- se hindeuten. 2. Vorkommen des Pulverstabilisators Diphenylamin und seiner Nitroderivate FB Chemie der Philipps-Universit~t Marburg, Hans-Meerwein-Str., D- 3550 Marburg Im letzten Jahr untersuchten wir eine ehemalige Pulverfa- brik in Niedersachsen. Dort wurde w~ihrend des Zweiten Weltkrieges Nitrocellulose (NC) produziert, die mit Diphe- nylamin (DPA) als Stabilisator versetzt wurde. Da die stabi- lisierende Eigenschaft des DPA auf der Bindung yon Nitrogruppen aus dem Zerfall von NC beruht, wurden die an diesem Standort enmommenen Bodenproben u.a. auf DPA, 2-Nitro-DPA, 4-Nitro-DPA und 2,4-Dinitro-DPA als Indikatorsubstanzen ffir NC untersucht. In einigen an die- sere Standort aufgefundenen Pulverpl~ittchen wurden DPA (1,4 bis 2,9 g/kg), 2-Nitro-DPA (0,5 bis 1,25 g/kg) und 4-Nitro-DPA (0,4 bis 1,2 g/kg) gefunden. H6her nitrierte DPA konnten auch mit gekoppelter GC/MS in den Pulver- pl/ittchen nicht nachgewiesen werden. In einem Modellversuch konnten wir aus einer w~ii~rigen L6sung von Nitrit und DPA bereits nach wenigen Stunden die Nitro-DPA nachweisen. Im Verlauf yon 8 Monaten wurde das DPA fiber verschiedene Polynitro-DPA quantita- tiv zum symmetrischen Hexanitro-DPA umgesetzt. Sicker- wasser kontaminierter Bereiche m/issen deshalb auch auf diese Substanz, die ihrerseits ein Sprengstoff ist, untersucht werden. 84 1JW~F-Z. Umweltehem. 0kotox. 2 (2) 84 (1990) C) ecomed wttag~gesellschak mbh, Landsberg 9 Ziirich

Rüstungsaltlasten

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Riistungsaltlasten Neues aus Forschung und Technologie

Neues aus Forschung und Technologie

Rfistungsaltlasten 1. Vorkommen von PCB und PAK

R. Haas, I. Schreiber, G. Stork

FB Chemie der Philipps-Universit~t Marburg, Hans-Meerwein-Str., D - 3550 Marburg

Im letzten Jahr untersuchten wit eine ehemalige Hexogen~ Fabrik in Bayern. Der ehemalige Produktionsbereich wird seit den 50er Jahren industriell genutzt, der Verarbeitungs- bereich wurde gesprengt.

89 Bodenproben bis in 1 m Tiefe wurden enmommen. Ne- ben dem hier produzierten Hochleistungssprengstoff Hexo- gen (1,3,5-Trimethylen-2,4,6-trinitramin) und summarisch bestimmten Nitraminen (m6gliche Nebenprodukte der Hexogen-Produktion) konnten in einigen Proben auch po- lycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und po- lychlorierte Biphenyle (PCB) nachgewiesen werden.

In 12 Proben (= 13,5 %) wurden PAK (Summe aus 6 Einzelsubstanzen nach TVO) in Massenanteilen festge- stellt, die fiber dem B-Wert der Holland-Liste lagen (20 mg/kg).

In 15 Proben (= 16,8 %) wurden PCB gefunden. Neben den quantitativ bestimmten PCB 28, PCB 52, PCB 101, PCB 138, PCB 152 und PCB 180 (nach BALLSCHMITEa und

ZELL) konnten gaschromatographisch bis zu 30 weitere Substanzen ermittelt werden, wahrscheinlich weitere PCB. Die Massenanteile lagen bei 7 Proben zwischen 1,3 mg/kg und 4,0mg/kg und bei 3 Proben bei 20,2mg/kg, 39,4 mg/kg und 44,0 mg/kg. Mit Ausnahme einer Probe wurden PCB nur in solchen Proben festgestellt, die auch Hexogen enthielten.

Eine auffiillige H~iufung hoher Massenanteile sowohl an PCB als auch an PAK wurde in dem heute ungenutzten Ver- arbeitungsbereich fiir Hexogen festgestellt. Da das Hexogen teilweise mit Wachsen (Montan-Wachs) phlegmatisiert wurde, lag der Verdacht nahe, daft das eingesetzte Wachs mit diesen Substanzen verunreinigt war. DaRir konnten je- doch in der Literatur keine Hinweise gefunden werden.

Da die Geb/iude des Verarbeitungsbereiches nach dem Krieg gesprengt wurden, k6nnte das Auftreten yon PAK auf stattgefundene Verschwelungs- bzw. Verbrennungsprozes- se hindeuten.

2. Vorkommen des Pulverstabilisators Diphenylamin und seiner Nitroderivate

FB Chemie der Philipps-Universit~t Marburg, Hans-Meerwein-Str., D - 3550 Marburg

Im letzten Jahr untersuchten wir eine ehemalige Pulverfa- brik in Niedersachsen. Dort wurde w~ihrend des Zweiten Weltkrieges Nitrocellulose (NC) produziert, die mit Diphe- nylamin (DPA) als Stabilisator versetzt wurde. Da die stabi- lisierende Eigenschaft des DPA auf der Bindung yon Nitrogruppen aus dem Zerfall von NC beruht, wurden die an diesem Standort enmommenen Bodenproben u.a. auf DPA, 2-Nitro-DPA, 4-Nitro-DPA und 2,4-Dinitro-DPA als Indikatorsubstanzen ffir NC untersucht. In einigen an die- sere Standort aufgefundenen Pulverpl~ittchen wurden DPA (1,4 bis 2,9 g/kg), 2-Nitro-DPA (0,5 bis 1,25 g/kg) und

4-Nitro-DPA (0,4 bis 1,2 g/kg) gefunden. H6her nitrierte DPA konnten auch mit gekoppelter GC/MS in den Pulver- pl/ittchen nicht nachgewiesen werden.

In einem Modellversuch konnten wir aus einer w~ii~rigen L6sung von Nitrit und DPA bereits nach wenigen Stunden die Nitro-DPA nachweisen. Im Verlauf yon 8 Monaten wurde das DPA fiber verschiedene Polynitro-DPA quantita- tiv zum symmetrischen Hexanitro-DPA umgesetzt. Sicker- wasser kontaminierter Bereiche m/issen deshalb auch auf diese Substanz, die ihrerseits ein Sprengstoff ist, untersucht werden.

84 1JW~F-Z. Umweltehem. 0kotox. 2 (2) 84 (1990) C) ecomed wttag~gesellschak mbh, Landsberg �9 Ziirich