rupa und die wunderkerze

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  • rupa und die wunderkerze

    Rupa war einfach dafr prdestiniert, sagten die Alten von Canchayllo (ein kleines Dorf, 4.000 m in den Anden Perus). Er wird das Dorf und seine Einwohner heilen, wenn Krankheiten kommen und er wird fr eine gute Ernte sorgen. Niemand konnte voraussagen, was passieren wrde, jedes Mal wenn- er fast am Ende eines Jahres - vor der Kerze stand. Seine Augen bekamen oft diesen glcklichen und trumenden Blick, den nur Verliebte haben aber auch die Furcht und Todesangst waren in seinen Pupillen manchmal zu erkennen, wenn er zitternd und schwitzend auf dem Boden lag, Arme und Hnde immer Richtung Himmel. Obwohl er nicht sprechen konnte, bewegten sich seine Lippen, als ob er mit jemanden sprechen wrde.

    Einmal kam ein weier Mann aus Lima und man sagte, dass er tausende Kilometer aus einem fernen Land namens Italien kam. Die Frauen lachten ber ihn, weil er so gro war und goldene Haare hatte, anders sprach und Qechua zwar lernte, doch man ihn kaum verstehen

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    konnte. Er hrte von Rupa, der Junge, der erst 12 Jahre jung war und schon hunderte von Menschen heilte, die aus der ganzen Region der Puna und sogar aus dem Amazonas kamen. Er sprach kein Wort, legte seine Hnde mit denen der Kranken vor die Kerze und weinte oder lachte wie ein Verrckter, dann ging er alleine zu Fu viele Kilometer bis zu Fen des Heiligenbergs Paillpa-Apu. Kraft und Energie sprte er, und mit groer Dankbarkeit, wie seine Vorfahren, die Qechuas es gemacht hatten, legte er Mais, getrocknete Kartoffeln und Schnaps ab, damit die Sonne Inti und die Mutter Erde Pachamama gut zum Dorf seien und gute Ernte, Gesundheit und Leben schenkten.

    Der weie Mann brachte Geschichten aus fernen Lndern und erzhlte ber einen Knig, der auch Menschen heilte, doch seine Sprache war schwierig zu verstehen. Selbst der goldbehaarte Mann stammte aus einer Brdergemeinschaft, die diesem Knig verehrte. Er lebte bis zu seinem Tod in Canchayllo, danach brachten die Dorfbewohner seine Reste nach Lima und von dort schickten andere Menschen seinen Krper nach Italien zurck. Wie ihm versprochen wurde, wurde er mit der Kerze, Mais, getrocknetes Kartoffeln, Schnaps in seiner Heimat begraben.

    Doch bevor er Canchayllo tot verliess, konnte er sich mit Rupa unterhalten. Er sprach schon fliessend Quechua, jedoch Rupa hatte nie bis jenem Tag ein Wort gesagt. Aber zu dem weien Mann sagte er: Er sei auch gesendet worden und sein Vater lebte oben, noch hher als der letzte Stein des Paillpa-Apus, noch hher mein Herr, erwiederte Rupa. Mein Vater und Bruder spricht mit mir durch die Kerze, durch die Flamme, durch die Menschen. und auch durch deinen Mund, mein weier Bruder. Der weie Mann hatte nur Trnen in den Augen und umarmte Rupa mit der Wrme, wie er seine Gemeinschaft vor ca. 50 Jahren beim Abschied umarmte. Der weie Mann hatte in den letzten Jahren viele, sehr viele Geschichte seines einziges Buches in Qechua bersetzt. Nach seinem Tod nahm Rupa diese Geschichten und las alle.

    Rupa entzndete, wie seit langer Zeit am Ende dieses Jahres auch die Kerze vor dem Heiligen Berg und brachte Mais, getrocknetes Kartoffeln, Schnaps und eine Holzfigur eines neugeborenes Kind in einer kleinen Htte, die er selbst gemacht hatte

    Rubn Zrate Niedernhausen, 14.05.2013