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Ärztliche Fortbildungohne
Interessenskonflikte
Treffen des meet-Beirates und der meet-Fachexperten
Pfizer Pharma GmbH, 17.02.2015, Berlin
Dr. med. Henning Schaefer / ÄKB Dr. med. Elisabeth Rosenkranz / KH HavelhöheDr. med. Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin
[Fo
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]
Der Patient braucht eine medizinische
Behandlung, die sich allein an seinem
Wohl ausrichtet.
Richtschnur ärztlichen Handelns:
Ärztliche Ethik!
Salus aegroti suprema lex
Primum nil nocere
Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen
Allein dem Patientenwohl verpflichtet!
„Uneigennützig“!
Nicht von wirtschaftlich-gewinnorientierten oder
anderen Interessen Dritter beeinflusst!
„Sauberes“ Wissen
als Grundlage ärztlicher Entscheidungen !
Gezielt manipuliert !
Test von Medikamenten an Patienten, die jünger sind, als die Zielgruppe. Durch geringere Komorbidität geringere Nebenwirkungen, scheinbar höherer Nutzen.
Vergleich des Präparates mit einem Konkurrenzpräparat in zu niedriger Dosierung
Wahl von „Surrogatendpunkten“ („Labor- resp. Röntgenkosmetik“)
Auswertung von Rohdaten nur durch Finanzier der Studie, nicht durch den Autor
Verzögerung der Publikation
Verschweigen von negativen Studienergebnissen[Quelle: Th. Bodenheimer NEJM 2000; 342:1539- 1544]
Study 329*
Keller MB, Ryan ND, Strober M, Klein RG, Kutcher SP, Birmaher B et al. Efficacy of paroxetine in the treatment of adolescent
major depression: a randomized, controlled trial.
J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 2001;40:762-72
Jureidini JN, McHenry LB, Mansfield PR. Clinical trials and drug promotion: Selective reporting of study 329.
Int J Risk Saf Med 2008;20:73–81 73
[Quelle: Peter Mansfield, Influence of the Pharmaceutical Industry on the Practice of Medicine,08.05.2007; www.healthyskepticism.org]
Claims
Investigators - “paroxetine is generally well tolerated and effective for major depression in adolescents”.
GSK - “REMARKABLE Efficacy and Safety.”
Results
Study 329 - negative for efficacy on all 8 protocol specified outcomes and positive for harm
Study 377 - negative for efficacy
Study 701 - negative for efficacy
The process
At least 23 new outcome measures were created.
Of the 23, 4 were positive.
These 4 positive outcomes were used to replace 4 of the protocol specified outcomes.
2004 stellte sich heraus, dass Paroxetin
bei Kindern und Jugendlichen eine
höhere Selbstmordrate auslöst.
Diese Studien waren der Firma bekannt, wurden aber zurückgehalten.
NACHRICHTEN
GSK: Milliardenstrafe für irreführende Werbung
Es ist die höchste Strafe, die jemals in den USA gegen einen Pharmakonzern verhängt wurde: Das britische Unternehmen Glaxo-Smith-Kline (GSK) muss 3 Milliarden US-Dollar oder umgerechnet 2,4 Milliarden Euro zahlen; unter anderem wegen der irreführenden Vermarktung von Medikamenten. Das Unternehmen habe sich schuldig bekannt, teilte das US-Justizministerium mit. Die Zahlung bedeutet das Ende vonErmittlungen, die vor acht Jahren ihren Ausgang nahmen.
Im Kern ging es um die Antidepressiva Paxil® (Paroxetin) und Wellbutrin® (Bupropion) sowie das Diabetesmittel Avandia® (Rosiglitazon).
Die US-Justiz hatte GSK unter anderem vorgeworfen, Paxil für den Einsatz bei Patienten unter 18 Jahren empfohlen zu haben, obwohl das Mittel von der Arzneimittelbehörde FDA gar nicht dafür zugelassen war.
«Der multimilliarden Dollar schwere Vergleich sucht seinesgleichen in Größe und Umfang», sagte der stellvertretende US-Justizminister James Cole in Washington D.C. Gegen GSK wurde sowohl zivil- als auch strafrechtlich ermittelt. Die Vorwürfe reichten bis hin zum Betrug des staatlichen Gesundheitsprogramms Medicaid durch überhöhte Preise. Mit dem Vergleich wurden die Fälle nun aus der Welt geschafft.
GSK hatte bereits im vergangenen Jahr vor der drohenden Milliardenbelastung gewarnt und entsprechend Rückstellungen gebildet. Das Unternehmen versicherte, die Mängel abgestellt zu haben. «Wir haben aus unseren Fehlern gelernt», erklärte Konzernchef Andrew Witty. Im Jahr 2009 zahlte der US-Rivale Pfizer wegen der irreführenden Vermarktung von Medikamenten 2,3 Milliarden Dollar, Eli Lilly berappte in einem ähnlichen Fall 1,4 Milliarden Dollar.
[Quelle: 03.07.2012 l PZ/dpa http://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=42555]
GSK ist jetzt die erste und einzige forschende Arzneimittelfirma, die Zugang zu Originalstudiendaten zulässt
BMJ 2015; 350 doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.g7811(Published 02 January 2015)
Pharmazeutische Zeitung 3. 7. 2012
Lipobay
VIOXX Merck 1 Mrd USD Strafe
Paroxetin
Rosiglitazon
Tamiflu ?
GSK 3 MRD USD Strafe
Neue Medikamente werden im Auftrag der Hersteller
getestet,
in fragwürdigen Studiendesigns, an viel zu kleinen,
wenig repräsentativen Patientenpopulationen,
die in einer Weise ausgewertet und interpretiert werden,
dass die Vorteile der Behandlung überwiegen.
Es überrascht nicht, dass diese Studien Ergebnisse
produzieren, die dem Hersteller nützen.
Ben Goldacre, geb. 1974
[Quelle: Ben Goldacre, www.badscience.net]
[Foto: G. Jonitz]
LITERATURTIPP:
Einflussnahme Dritter?!
Im UK ist der
Regierung
dies bekannt.
Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen
Ärztliches Handeln
basiert auf
Ärztlicher Ethik (Patientenwohl)
Kompetenz Fachkenntnisse, Fertigkeiten,
Grundhaltung des Lernens/ CPD
Qualität des Wissens EbM
Was tut die Kammer?
Aufsicht, Berufsrecht
Für Fachlichkeit sorgen!
– Weiterbildung
– Fortbildung
– Qualitätssicherung
Frau Dr. med. Monika Mustermann
FORTBILDUNGSZERTIFIKAT
Berlin, den 30.06.2014
Ärztekammer prüft, ob
Fortbildungsangebote den
Kriterien ärztlicher
Fortbildungsveranstaltungen
entsprechen.
„Zertifizierung“ (Anerkennung
und Bewertung ärztlicher
Fortbildungsmaßnahmen)
Fortbildungspflicht und Nachweispflicht: Innerhalb von 5 Jahren sind Fortbildungen zu belegen, die mit insgesamt mind.
250 Punkte anerkannt sind.
Regularien: Fortbildungsordnung und Richtlinien der Ärztekammer Berlin
Grundlage: Muster-Fortbildungsordnung der Bundesärztekammer
Kriterien für die Anerkennung ärztlicher Fortbildungen (1)
Fortbildungsordnung der Ärztekammer Berlin § 2:
„Die Fortbildung vermittelt unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und medizinischer Verfahren das zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der beruflichen Kompetenz notwendige Wissen in der Medizin und der medizinischen Technologie.“
Wissenschaftliche Leitung obliegt Arzt/Ärztin
Hauptzielgruppe Ärzte
Selbstauskünfte von Veranstalter, wiss. Leitung und Referenten bezüglich Interessenskonflikten gegenüber den Teilnehmenden
Kriterien für die Anerkennung ärztlicher Fortbildungen (1)
Kriterien für die Anerkennung ärztlicher Fortbildungen (2)
Fortbildungsmaßnahme muss frei von wirtschaftlichen Interessen sein
Sicherstellung der Produktneutralität durch wiss. Leitung
Transparenz bezüglich Sponsoring
Sponsoring darf Inhalt, Form, Präsentation nicht beeinflussen
Keine Nennung von Produktnamen, keine Firmenwerbung
…
..
Konformitätserklärung der wissenschaftlichen Leitung
(…) erkläre ich, (…) sicher zu stellen, dass Interessenkonflikte der
wissenschaftlichen Leitung, des Veranstalters sowie der Referent/-innen in Form einer Selbstauskunft gegenüber den Teilnehmern und Teilnehmerinnen offen gelegt werden;
(…)
Konformitätserklärung der wissenschaftlichen Leitung
dass das dem Antrag auf Fortbildungsanerkennung angefügte Programm sowie das gegebenenfalls verwendete Ankündigungs- bzw. Einladungsschreiben einschließlich Anmeldeunterlagen nach Inhalt, Form und Layout endgültigen Charakter hat.
Mir ist bekannt, dass dem Programm die Gestaltung der Programmpunkte, die Referenten/-innen unter Angabe eines gegebenenfalls bestehenden Titels und des Arbeitgebers, der zeitliche Ablauf sowie eine gegebenenfalls finanzielle Förderung durch Dritte (Sponsoren) zu entnehmen sein muss.
Ablehnungsbescheid
formale u./od.
inhaltl. Einwände
gegen die
Anerkennung
1. Anerkennungsbescheid
2. Eintrag im Veranstaltungskalender
www.aerztekammer-berlin.de
Anerkennungsfähigkeit
gewährleistet
Anerkennung
Check:
• Termin, Veranstalter, Thema• Sichtung des Veranstaltungsprogrammes• Kommerzieller Veranstalter?• Sponsoring? / Ausmaß?• Firmen-/Produkt-neutral?
PRÜFUNG durch die Ärztekammer Berlin
Beantragung erfolgt ausschließlich online: www.aerztekammer-berlin.de
ja
ja
nein
Anforderung weiterer Informationen
Anerkennungsfähigkeit
fraglich
fraglich
Weiterleitung:
Beirat für Fortbildungsanerkennung
Abschließende Beratung durch den Beirat:
Liegt nach formalen und inhaltlichen Kriterien ein anerkennungsfähiges Fortbildungsangebot vor?
Wöchentl. Beratung mit der Abteilungsleitung:
Ist das Fortbildungsangebot mit den Vorgaben der Fortbildungsordnung/Verfahrensordnung vereinbar?
Ablehnung der Fortbildungsanerkennung
nein
Verteilung der Fortbildungsformate in Berlin
Sonstige, z.B. E-Learning(Kategorie I)
Vortragsveranstaltungen mit Diskussion
(Kategorie A)
Kongresse(Kategorie B)
56%42%
Interaktive Konzepte: Workshops, Seminare, Journal-Clubs, Balintgruppen(Kategorie C)
Anträge auf Anerkennung 2001-2014 (Ärztekammer Berlin)
Pro Monat werden ca. 1.320 Veranstaltungen anerkannt!
15.847
1.437
Sponsoring?
Anteil Fortbildungen Veranstalter = Pharmaindustrie 2013 in Berlin:
534* von 16.334 Veranstaltungen
3,27%
Anteil Fortbildungen mit Sponsoring (Zuwendungen Dritter - wie KH-Träger, Berufsverbände, Fachgesellschaften,… nicht ausschließlich Pharmasponsoring) 2013 in Berlin:
1.878* von 16.344 Veranstaltungen
11,5%
* Zahlen basieren auf Angaben der Veranstalter bei Antragstellung auf
Anerkennung der Fortbildungsmaßnahmen
…also ist alles gut geregelt?
Praxisbeispiel 1
Zertifizierung durch die ÄKB mit 8 CME Punkten: Flyer vorgelegt bei der ÄKB, Antragstellung
Praxisbeispiel 1Flyer zur Bewerbung der Veranstaltung!!
Ein Beitrag der Firma „xy“
Reaktion von „Gute Pillen - Schlechte Pillen“
Praxisbeispiel 1
Stellungnahme der Veranstalter wurde eingefordert.
Stichprobenprüfung erfolgte: Teilnahme des Abteilungsleiters der ÄKB an der Fortbildung.
Ergebnis: Keine ausreichende Firmen- und Produktneutralität gewährleistet.
Aberkennung / Rücknahme der FB-Punkte
berufsrechtliche Konsequenzen für Referenten
Praxisbeispiel 2: Flyer bei Antragstellung
Praxisbeispiel 2:Flyer zur Bewerbung der Veranstaltung
Nennung des Produktnamens
Praxisbeispiel 2
Hinweis erfolgte durch Kammermitglied.
Die Ärztekammer Berlin befand sich in einem kritischen Dialog mit dem Veranstalter und der wissenschaftlichen Leitung.
Im Ergebnis zeigen sich der Veranstalter und die wissenschaftliche Leitung einsichtig und greifen die Kritikpunkte in kommenden Veranstaltungen auf.
Richtlinie zur Anerkennung und Bewertung von Fortbildungsmaßnahmen
„… dass eine (ärztliche) wissenschaftliche Leitung und/oder ein ärztlicher
Veranstalter im Rahmen der Antragstellung falsche Angaben gemacht hat
und/oder entgegen der abgegebenen Konformitätserklärung Vorgaben nicht
eingehalten wurden,
prüft die Ärztekammer Berlin im Rahmen ihrer
Zuständigkeit zur Berufsaufsicht, ob Verstöße gegen
ärztliche Berufspflichten vorliegen und ob
gegebenenfalls in der Folge berufsrechtliche
Maßnahmen einzuleiten sind. …
Ferner werden der Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung der
Fortbildungsmaßnahme sowie die Aberkennung von
Fortbildungspunkten wegen nachträglich bekannt gewordener
Tatsachen gemäß Verwaltungsverfahrensgesetz geprüft.“
1.) Stellungnahmeverfahren
2.) Kritischer Dialog / Prüfung
3.) Berufsrechtliche Schritte (je nach Ausprägung des Verstoßes bzw. im Wiederholungsfall)
4.) ggf. Aberkennung der Veranstaltung /
Rücknahme FB-Punkte
Gestuftes Vorgehen bei Verstößen
FAZIT (1)
Aufwendiges Verfahren!
Kriterien zur Anerkennung von Veranstaltungen als ärztliche Fortbildungen greifen!
Jedoch:
Jährlich sind ca. 16.000 Veranstaltungen in Berlin auf Anerkennung zu „prüfen“.
„Papier (bzw. Online-Verfahren) ist geduldig.“
FAZIT (2)
„An die eigene Nase fassen“!
Die Ärzteschaft muss wach sein und ihre kritische Haltung (inkl. Kriterien und Sponsoring) weiter entwickeln!
Auch wichtig für die Kammer:
Hinweise auf Verstöße durch die Kammermitglieder !
Kompetenzsteigerung
durch
„Sauberes Wissen“
„Clean knowledgeis the enemy of the disease.“
Sir John Muir Gray
Die Grundlage des Gesundheitswesens
und des Ansehens der Gesundheitsberufe
ist
Humanismus,
nicht Kapitalismus.