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Ausgabe 13/Juli 2004 Thüringer Premieren: • Combino duo in Nordhausen • „Botschafter“ ITINO Eingeweiht und gestaltet: • Service-Center Erfurter Bahn • Jubiläum in Eisenach Sauber und bequem: • Reinigung bei der Vogtlandbahn • Barrierefrei zum Zug

Sauber und bequem: • Reinigung bei der Vogtlandbahn ... · Weihnachten zu Pfingsten – die Erfurter Bahn hat es einmal mög-lich gemacht: Am 28. Mai fanden sich auf dem Betriebsgelände

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A u s g a b e 1 3 / J u l i 2 0 0 4

Thüringer Premieren:

• Combino duo in Nordhausen• „Botschafter“ ITINO

Eingeweiht und gestaltet:

• Service-Center Erfurter Bahn• Jubiläum in Eisenach

Sauber und bequem:

• Reinigung bei der Vogtlandbahn• Barrierefrei zum Zug

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NahverkehrsservicegesellschaftThüringen mbH

Wir verbinden Land und Leute

NahverkehrsservicegesellschaftThüringen mbH (NVS)Tschaikowskistraße 1199096 ErfurtTelefon: 0361/34981-0Telefax: 0361/34981-60e-mail: [email protected]: www.nvsthueringen.de

REGIOTAKTENr. 13 · Juli 2004

WORT DES OBERBÜRGERMEISTERS

Den Systemcharakter desÖPNV stärken

InhaltSeiten

System ÖPNV stärken 2

Erster „Itino“ begrüßt 3

Neues Service-Center 4

Weltpremiere Combino duo 7

Wie die Hybrid-Bahn entstand 9

Behinderte barrierefrei zum Zug 11

Werbung fürs Bahnfahren 15

„Regio-Shuttle“ getauft 16

Geraer Schnittstellen 17

EIB hilft / Rennsteigbahn 18

Freie Fahrt am Europatag 19

Vier-Sterne-Service 21

Mit der Bahnpolizei unterwegs 24

Partner Dampflokwerk ist 90 27

Die Entwicklung des gesamten öffentlichen Personenverkehrs zueinem System und dessen Ausgestaltung als attraktive Alternativezum motorisierten Individualverkehr sind Grundzüge der Verkehrs-politik der Stadt Gera seit der Beschlussfassung des städtischen Ver-kehrsentwicklungsplanes im Dezember 1993. Dabei wurde und wird bewusst über die Grenzen der Aufga-benträgerschaften hinweg geschaut, um das Ziel eines für den Fahrgast verständlichen und attraktivenÖPNV-Systems ohne Zugangsbarrieren zu erreichen.Schwerpunkt in den letzten Jahren war für die Stadt Gera immer wieder das Ziel der Wiederaufnahme desEisenbahn-Fernverkehrs auf der Mitte-Deutschland-Verbindung. Trotz einer breiten Bewegung, die auchvom Freistaat Thüringen, den Oberzentren Erfurt, Jena, Chemnitz und Zwickau, den IHK in Ostthüringenund Südwestsachsen und den Regionalen Planungsgemeinschaften getragen wird, ist es bis heute leidernicht gelungen, den durchgängig elektrifizierten und zweigleisigen Ausbau zwischen Weimar undGlauchau und die Wiederaufnahme des Fernverkehrs zu sichern.

Ein besonderer Erfolg für die Bemühungen der Stadt Gera um attraktive und zeitgerechte Angebote im öf-fentlichen Verkehr ist die durch die Connex Regiobahn GmbH mit großem Erfolg betriebene erste privatfinanzierte Fernverkehrsverbindung Deutschlands auf der Strecke Gera – Leipzig – Berlin – Rostock. Die-ses von den Bürgern der Stadt Gera sowie Ostthüringens sehr gut angenommene Angebot beweist, dasses auch heute möglich ist, Reisende bei entsprechendem Preis-Leistungs-Verhältnis von der Autobahn aufdie Schiene zu bewegen.Durch das Engagement des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur und der Nah-verkehrsservicegesellschaft mbH ist es gelungen, auch dem SPNV in Ostthüringen durch verbesserte An-gebote neue Impulse zu verleihen. Dies betrifft sowohl die RE-Linie 1 Chemnitz/Zwickau – Gera – Erfurt– Göttingen und die RB-Linie Gera – Greiz – Plauen – Weischlitz (- Cheb) der Vogtlandbahn als auch dieDurchbindung von Regionalexpresszügen auf der Linie Leipzig – Gera – Hof – Regensburg – München. Diegroße Resonanz dieser Zugverbindungen ist an den gestiegenen Fahrgastzahlen ablesbar. Mit der Ver-längerung der Linie RE 1 von Glauchau bis Chemnitz wurde ein Geraer Wunsch umgesetzt.

Die Stadt Gera und die Geraer Verkehrsbetrieb GmbH haben sich mit dem Blickpunkt Bundesgartenschau2007 in Gera und Ronneburg große Ziele für die weitere Entwicklung des Gesamtsystems „ÖffentlicherVerkehr“ in Gera und darüber hinaus gesetzt. Unter Beteiligung des Bundes, des Freistaates Thüringen so-wie der DB Netz AG sollen bis Ende 2006 in Gera folgende wesentliche ÖV-Vorhaben realisiert werden:

• Neubau der Stadtbahnlinie 1: Untermhaus – Hauptbahnhof – Zentralhaltestelle Heinrichstraße –Zwötzen

• Umgestaltung des Bahnhofsplatzes am Hauptbahnhof zu einem zentralen Verknüpfungspunkt fürSPFV/SPNV/Stadtbahn/Regionalbus/P+R/Fahrradverkehr (mit Beteiligung des Landkreises Greiz)

• Umbau des Bahnhofs Gera-Süd zu einem ÖV-Verknüpfungspunkt zwischen SPNV/Straßenbahn/Stadt-und Regionalbus

• Realisierung des Verknüpfungspunktes am Bahnhof Gera-Zwötzen durch bahnsteiggleichen Übergangzwischen SPNV und Straßenbahn/Stadtbus

Diese teils schon fortgeschrittenen Projekte sollen insbesondere den Systemcharakter aller Träger des öf-fentlichen Verkehrs stärken und dabei auch den SPNV besser als bisher einbeziehen. Mit ihrer Strategiezur Verbesserung der ÖV-Angebote und dem Ausbau der Verknüpfungspunkte beabsichtigt die Stadt Gera,den öffentlichen Verkehr bis zum BUGA-Jahr 2007 noch attraktiver und moderner zu gestalten.Eine wichtige Rolle in dem Gesamtsystem „Öffentlicher Verkehr“ spielt der SPNV. Die „Regio Takte“ habensich in den letzten Jahren zu einem weit beachteten Sprachrohr und nicht zu unterschätzenden Marke-tinginstrument für den Thüringer SPNV entwickelt. Im gemeinsamen Interesse für die Ausgestaltung einesinnovativen und umweltfreundlichen ÖPNV-Systems im Freistaat Thüringen wünsche ich den „ThüringerRegioTakte“ weiterhin eine positive Entwicklung und viele Leser.

Ralf RauchOberbürgermeister der Stadt Gera

Weihnachten zu Pfingsten – die Erfurter Bahn hat es einmal mög-lich gemacht: Am 28. Mai fanden sich auf dem BetriebsgeländeAm Rasenrain allerhand Pakete, deren geheimnisvolle Spurschnurstracks in die neue große Fahrzeughalle führte. Und mitt-ten in diesem modernen Service Center ein vielfach verschnürtessupergroßes Paket … Zum „Anpacken – Auspacken – Ausfahren“ – so das originelleMotto des Tages – waren zahlreiche erwartungsfrohe Gäste ge-kommen. Hausherrin Heidemarie Mähler, Geschäftsführerin derErfurter Industriebahn GmbH (EIB), begrüßte neben ThüringensWirtschaftsminister Jürgen Reinholz weitere Persönlichkeiten ausPolitik und Wirtschaft, Partner wie Deutsche Bahn AG, Eisenbahn-Bundesamt, Hessische Landesbahn, Bayerische Eisenbahngesell-schaft und Nahverkehrsservicegesellschaft Thüringen sowie dieMitarbeiter von Erfurter Bahn und Süd·Thüringen·Bahn am Haupt-sitz des weiter aufstrebenden Eisenbahnverkehrsunternehmens.

Eine wirkliche ErfolgsgeschichteFrau Mähler nannte in einem kurzen Rückblick die Stationen in dererfolgreichen Entwicklung des Unternehmens: den neuen Anfangder städtischen Industriebahn als noch klassischer „kleiner“ An-schlussbediener, die Zulassung als öffentliches EVU, die Aufnahmedes Schienenpersonennahverkehrs durch die Neue Erfurter Bahnvor erst sechs Jahren.Werden aktuell 2,1 Millionen Zugkilometer im Jahr an Nahver-kehrsleistungen erbracht, so sind es ab Dezember 2004 gar 3,2Millionen Zugkilometer jährlich. Hinzu kommt dann die Bedie-nung des regionalen Netzes „Kissinger Stern“ in Unterfranken. Da-mit fahren die Züge des Gesamtunternehmens EIB/STB in denBundesländern Thüringen, Hessen und Bayern. Das wiederum sei

verbunden mit noch höheren Anforderungen an die Verfügbarkeitder Fahrzeuge und damit an deren Wartung und Instandhaltung.Beste Bedingungen dafür biete nun das neue Service-Center.

Im fairen WettbewerbMinister Reinholz nahm gern den Faden auf (und dann auch dieSchere zum Auspacken in die Hand). Die Fördersumme von 4,7Millionen Euro vom Freistaat Thüringen sei in dieses Projekt ge-winnbringend investiert: „Die Erfurter Bahn ist ein effizientes Un-ternehmen und hat eine große Zukunft vor sich.“ Möglich sei dasdurch die Bahnreform und den damit in Fahrt gekommenen Wett-bewerb auf der Schiene. Hier agiere die EIB mit großem Erfolg„und ohne Konfrontation mit der großen Schwester DB AG“, wieder Minister hervorhob. Vielmehr gebe es gemeinsame Tarife. „Dasist beispielhaft, zum Nutzen der Bahnkunden. Doch die Ansprücheder Fahrgäste steigen weiter.“ Dazu gehörten saubere Züge undweitergehender Service. Mit dem neuen Wartungs- und Instand-haltungszentrum für die modernen Triebwagen, die alle das Wap-pen des fördernden Freistaates Thüringen tragen, sei dafür einesolide Basis geschaffen.

Einheimische WirtschaftskraftDie Bauzeit von einem Jahr an dem anspruchsvollen Vorhaben,ausgeführt von der Gothaer Arbeitsgemeinschaft für Innovative

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Gemeinsam angepackt, gemeinsam ausgepackt:

Erster „Itino“ in neuer Halle begrüßtModernes Fahrzeug-Service-Center der Erfurter Bahn

EIB-Chefin Heidemarie Mähler übergibt die symbolischen Schlüssel den Werkstatt-leitern Wolfgang Schmidt und Holger Bach.

Der neue Betriebshof am Erfurter Rasenrain.

Minister Jürgen Reinholz würdigt das Ereignis.

Die Erfurter Industriebahn GmbH als Bauherr(in) verband mit derAusschreibung zum Bau ihres neuen Service-Center einen hohenAnspruch an das Projekt – kurz gefasst in diesen Positionen:+ umweltfreundlich

serrückhaltung, Kreislaufwasser, Wärmedämmung sowie Tages-lichtausnutzung

+ innovativ

fachübergreifende Planung+ nachhaltig

durch alterungsfähige Materialien und reinigungsfreundlicheOberflächen

+ effizient

seitige Behinderungen sowie durch kurze Bauzeiten und straffeProjektorganisation

+ corporate identity

dem Wiedererkennungswert bzw. als weithin sichtbarer Werbe-träger

In Gotha geplantDiese reizvolle Aufgabenstellung betrachtete die Gothaer Arbeits-gemeinschaft für Innovative Gesamtplanung im Bauwesen (AIGGOTHA GmbH) als Herausforderung. Als mit dem Projekt befassterArchitekt resümiert Dipl.-Ing. Henrik Meisel:„Durch die Planung in unserem Generalplanungsbüro wurde dieschnelle und unkomplizierte integrative Planung aller baukon-struktiven, haustechnischen und ausrüstungstechnischen Belangemöglich. Neben der Architekturplanung haben wir die Leistungs-

IM BLICK

Gesamtplanung im Bauwesen (AIG) nebst Partnerunternehmen,„zeigt auch wie stark unsere oft gescholtene Wirtschaft ist“,stellte Dietrich Hagemann, Erfurter Bürgermeister und Aufsichts-ratsvorsitzender der EIB, fest und erklärte unter dem Beifall derAnwesenden: „Die Stadt Erfurt stand und steht immer zu ihrerBahn. Es ist eine große Freude, wenn man allen Mitarbeitern undPartnern, insbesondere dem Freistaat, für ihr Engagement dankenkann.“

Für Thüringen unterwegsDies zeigte sich Minuten später, als gemeinsam die Gäste, jedermit einer Schere in der Hand, daran gingen, das zweite große Pa-ket des Tages auszupacken. Wie von Christo verpackt, stand esmitten in der Halle, auf einem der Gleise. Also ein Schienenfahr-zeug. Und was für eines! Als die Hüllen fielen, zeigte sich der besonders gestaltete neue„Botschafter Thüringens“ namens „Itino“: Der erste von einer Bahnin Deutschland eingesetzte Triebwagen dieses Typs soll künftigauch außerhalb des Bediengebietes der EIB verkehren und bun-desweit für das Grüne Herz bzw. die Starke Mitte des Landes wer-ben.

Das neue Schienenfahrzeug-Service-Center der Erfurter Bahn – Daten und Fakten

+++ HELL, SICHER, ZWECKBESTIMMT +++

Nach den Grußworten geht’s an das Auspacken.

Gemeinsam ist es bald geschafft …

… und der Itino verlässt zum ersten Male die Halle.

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durch bauliche Abbildung des Firmenimages mit entsprechen-durch Baustoffwahl, Haltbarkeit, Energieaufwand, Regenwas-

durch intelligente Materialkombinationen und integrative

mit geringem Wartungsaufwand und hoher Verschleißfestigkeit

mit der Möglichkeit optimaler Fahrzeugwartung ohne gegen-

teile Statik, Heizung/Lüftung/Sanitär und Elektrotechnik, Werk-stattausrüstung, Tiefbau, Außenanlagen/Landschaftsplanung, Be-schilderung sowie Brandschutzplanung ausgeführt. Weiterhinwurden alle Belange der Fördermittelbeantragung, Grundstücks-regulierung mit Vermessung und Beräumung mit übernommenbzw. organisiert.Im Nachgang zur gesamten Gebäudeplanung bieten wir auch des-sen Bewirtschaftung (Facility Management) an.“

Das Besondere des BausDen EIB-Neubau charakterisieren einige Besonderheiten:– Die Fahrzeughalle ist auf einer Industriebrachfläche, ehemaliger

Containerverladeplatz, errichtet. Dazu wurden 2 500 m2 Boden-fläche entsiegelt, 14 Bäume neu gepflanzt und die entsiegelteFläche rekultiviert.

– Die Halle hat Durchfahrtgleise sowie Umfahrungsgleise; somitist sie von beiden Seiten her mit Fahrzeugen zu bestücken, wasdie betriebliche Technologie – besonders bei größeren Wartun-gen mit längerer Standzeit – erleichtert.

– Eine Fußbodenheizung in den Arbeitsgruben verbessert die Ar-beitsbedingungen der Fahrzeuginstandhalter wesentlich. Be-sonders im Winter sammelt sich sonst die kalte Luft in den Gru-ben – die Stahlteile der Fahrzeuge bringen enorme Kältelastenin die Halle. Auch das Problem der verschmutzten Konvektor-heizkörper in der Arbeitsgrube ist so gelöst.

– Gefälleestrich und Linienentwässerung in allen Gruben sorgt fürsaubere und trockene Arbeitsstände. Alle Leitungen sind im In-stallationskanal (Kriechkeller) zwischen den Gruben geführt, umreinigungsfreundlich, von Kabeln freigehaltene Wände in die-sem Unterflur-Arbeitsbereich zu erhalten. Die Wand- und Bo-denflächen in der Waschhalle und den Arbeitsgruben sind mithochfestem Feinsteinzeug gefliest.

– Hallentore mit federfreiem Antriebssystem ermöglichen unbe-grenzte Lastwechsel.

– Eine intelligente Steuerungstechnik schaltet die dezentrale Hei-zungs- und Lüftungsanlage: in der Wartungshalle abhängig vonder Raumlufttemperatur im Umluftbetrieb bzw. im Lüftungsbe-trieb, in der Waschhalle entsprechend der Luftfeuchte. Im Winterschaltet die Heizung bei geöffneten Toren ab; nach demSchließen der Tore setzt eine erhöhte Lüftungsfunktion wegenevtl. Abgase durch Fahrzeugbewegungen ein. Der Außenluftan-teil der Lüftungsanlage ist je nach Erfordernissen anpassbar. VomHallendach aus ist ein wartungsfreundlicher und betriebs-unabhängiger Zugang zu den kombinierten Lüftungs-/Heizgerä-ten möglich. Die geringe Zahl von Dachgeräten mit jedoch hoherLeistungsfähigkeit half Leitungen und Gerätekosten einzusparen.

Das Material macht’sWelche ökologische und ökonomische Auswirkungen die beim Bauverwendeten Materialien haben, zeigt diese Übersicht:Die Wände bestehen aus Porenbeton. Der wird aus natürlichenRohstoffen gewonnen und schadstoffarm sowie energiesparendproduziert – mit Kalk, Wasser, Sand und Luft, aus 1 m3 Rohstoffentstehen 5 m3 Baustoff.Der einschalige Wandbaustoff lässt sich einfach und sparsam ver-arbeiten und ist sehr schnell zu montieren. Mit Porenbeton wirdwenig Heizenergie verbraucht, was die CO2-Emissionen verringert.Es ist ein Baustoff, der einfach recycelt werden kann und sehr gutebauphysikalische Eigenschaften (Schall- und Wärmedämmung,Wärmespeichervermögen, natürliche Regulierung der Raum-feuchte, gute Feuerwiderstandsklasse) besitzt.

IM BLICK

Blick in die Halle mit der Portal-Arbeitsbühne über dem Triebwagen. Das Portal-gerüst kann auf im Fußboden eingelassenen U-„Schienen“ leicht zum ge-wünschten Arbeitsort verschoben werden.

Kombinierte Zapfsäule für die notwendigen Betriebsstoffe der Schienenfahr-zeuge: Motorenöl, Getriebeöl, Kühlflüssigkeit, Wasser sowie Druckluft undStrom – eine sehr praktische Lösung für die Triebfahrzeugwartung.

Partner: Architekt Henrik Meisel (links) und EIB-Mitarbeiter Andreas Galle. DieAIG Gotha, Arbeitsgemeinschaft für Innovative Gesamtplanung im Bauwesen,entwarf den Neubau und steuerte die Ausführung.

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IM BLICK

Aus gestalterischen und technischen Gründen bestehen Teile derWandkonstruktion (oberhalb der Porenbetonwände, verdeckt be-festigt) aus so genannten Sandwichelementen. Das Dach ist eine zweischalige Metallkonstruktion (Stahltrapez-blechtragschale). Das flexible Bausystem nutzt die hervorragen-den Eigenschaften von Aluminium, wie Leichtigkeit, Stabilität undKorrosionsbeständigkeit. Profilglaselemente bieten Lichtdurchläs-sigkeit und Transparenz. Gerade im Industriebereich, wo Wärme-,Schall- und Lichtschutz bestimmende Größen sind, gelten sie zuRecht als Energiespargläser mit vorzüglichen Isoliereigenschaften.Zudem ist Profilbauglas überwiegend wartungsfrei.Das Tragwerk ist eine filigrane Bogenbinderkonstruktion, die mitwenig Stahleinsatz das erforderliche Tragverhalten erreicht undgleichzeitig den hohen gestalterischen Ansprüchen genügt.

Mit Service-TaktgleisDie technische Ausstattung ist auf eine optimierte Wartung undInstandhaltung der Schienenfahrzeuge ausgerichtet:

– Die selbstfahrende 3-Bürsten-Portalwaschanlage mit Regen-wasserspeisung und Waschwasser-Rückgewinnung wurde ausder „alten“ Halle in den Neubau umgesetzt. Die Waschwasser-aufbereitung erfolgt vollbiologisch per automatischer Anlagen-steuerung. Die unterirdische Regenwasserzisterne erfasst150 m2 des von ca. 3600 m2 Dachfläche abgeleiteten Nieder-schlagswassers. In der Waschhalle befinden sich die mit Heizölbefeuerte Heißwasserhochdruckreinigungsanlage, ein Groß-teile-Waschplatz sowie auch eine Dieselzapfsäule für die Be-tankung der Fahrzeuge. Eine Arbeitsgrube ermöglicht hier diemanuelle Hochdruck-Reinigung der Fahrzeugunterseiten.

– Ein Service-Taktgleis dient dem Waschen und Tanken, derBremssandauffüllung und Fäkalentsorgung an den Triebwagen.Das Auffüllen von Wasser ist unabhängig von den Wartungs-gleisen durch die Waschhalle über das Umfahrungsgleis mög-lich. Das „Nullgleis“ ist für Justierarbeiten bei der Fahrzeugwar-tung bestimmt.

Gute Arbeitsbedingungen– Mit dem10 t-Brückenkran kann die gesamte Werkstatthallen-

fläche bedient werden, das Hängebahn-Kransystem dient Mon-tagearbeiten an Großteilen wie Drehgestelle, Powerpack etc.

– Die Hebebockanlage 8x 12,5 t bzw. 4x 12,5 t ist für die Fahr-zeugtypen Itino und RegioShuttle bemessen. Die Aluminium-Portal-Arbeitsbühne ist auf bodenintegrierten U-Schienen ma-nuell fahrbar.

– Die Öllagerung erfolgt zentral, dezentral geschieht die Be-triebsstoff- und Ölversorgung über Medienzapfsäulen (Moto-renöl, Getriebeöl, Kühlflüssigkeit, Druckluft, Elektro, Wasser).Hinzu kommen Vorrichtungen zur manuellen Versorgung mitFett, Hydrauliköl, Sand und Scheibenwasser; entsprechend wirdAltöl entsorgt. Die Füllstände der Betriebsstofflagertanks sindauf dem PC des Werkstattleiters sichtbar. Das Tanklager miteinem 40 000 m3 Dieseltank ist in das schon vorhandene Ge-bäude eingebaut worden.

– Die Fernwärmeumformstation sorgt für Heißwasser von 85°C,frische Luft schafft die Abgasabsauganlage mit Schlitzkanal aufder gesamten Hallenlänge mit zwei Absaugarmen z.B. bei Mo-torentests.

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RegioShuttle auf dem Wartungsstand. Die Arbeitsgrube ermög-licht einen guten Zugang zum Fahrzeug von unten – wichtig fürdie Inspektion des Fahrwerks sowie weiterer Baugruppen.

Solch einen 1. Mai haben die Südharzgemeinden Niedersachs-werfen und Ilfeld noch nicht erlebt: Auf prächtigen Volksfesten anden HSB-Bahnhöfen wurden die Nordhäuser Combino duo-Straßenbahnen stimmungsvoll begrüßt. Böllerschüsse hallten inIlfeld wider und viele winkende, fotografierende oder filmendeLeute rahmten die Strecke. Die Anteilnahme der Bevölkerung er-innerte an das große Ereignis der Bahneröffnung.Unter dem Slogan „Weltpremiere“ haben der Verkehrsbetrieb derStadtwerke Nordhausen und die Harzer Schmalspurbahnen denplanmäßigen Überlandverkehr mit den drei neuen Hybrid-Straßenbahnfahrzeugen zwischen Nordhausen und Ilfeld Nean-derklinik aufgenommen. Am ersten Betriebstag nutzten Anwoh-ner und Gäste ausgiebig die gebotene Gelegenheit zu Schnupper-fahrten mit der einzigartigen Tram.In Niedersachswerfen und Ilfeld wurden die Combino duo-Wagen202 und 203 auf die entsprechenden Ortsnamen getauft; Wagen201 hatte bereits am Vorabend beim feierlichen Roll-out in Nord-hausen den Namen der Südharzmetropole, Stadt der 2. ThüringerLandesgartenschau, erhalten. Die Eröffnungsfahrt absolvierten dieCombino duo an der Spitze eines bunten Fahrzeugcorso mit allenTriebwagentypen der Harzer Schmalspurbahnen, darunter die mu-sealen Fahrzeuge G.H.E. T 1 und N.W.E. T 3.

Beide Gleisnetze verbunden Bereits am 25. März präsentierte der Fahrzeughersteller Siemensgemeinsam mit dem Verkehrsbetrieb der Stadtwerke Nordhausensowie dem Nordhäuser Institut für Maschinen, Antriebe und elek-tronische Gerätetechnik (IMG) die erste für den regulären Be-triebseinsatz bestimmte Niederflur-Straßenbahn mit Dieselhy-brid-Antrieb auf einer Sonderfahrt nach Ilfeld. Zuvor hatte am 12.Februar der Combino duo-Wagen 201 erstmals die rund elf Kilo-meter lange nicht elektrifizierte Strecke zum Zwecke der techni-schen Abnahme und Freigabe für die Personenbeförderung befah-ren (RegioTakte 12). Seit dem 1. Mai wird mit insgesamt drei die-ser Zweisystem-Fahrzeuge der allgemeine Betrieb auf der nundurchgängigen Nahverkehrsverbindung zwischen dem Nordhäu-ser Strassenbahnnetz und dem Südharzstädtchen Ilfeld aufge-nommen.Siemens bezeichnet den Combino duo als die weltweit erste 100-Prozent-Niederflur-Tram mit Diesel-Hybridantrieb, die über eineZulassung nach BOStrab und ESBO verfügt. Als Funktionsmusterdiente über vier Jahre ein von IMG zu Vergleichszwecken mit zweiDieselaggregaten ausgerüsteter Triebwagen GT4, der unter dem

Namen TWINO in Nordhausen erprobt wurde. Die Variante Con-tainerbauweise im Fahrgastraum – im Gegensatz zum hier gleich-falls praktizierten „versteckten“ Unterflur-Einbau des Dieselmo-tors – wurde beim Combino duo übernommen.

Nahtloser Übergang Das derart zusätzlich installierte Dieselaggregat ergänzt beimCombino duo den konventionellen elektrischen Antrieb; der ange-

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Weltpremiere in Nordhausen

Mit der Stadtbahn übers LandKein Umsteigen mehr: Combino duo-Tram fährt bis nach Ilfeld

Weltpremiere in Nordhausen

Mit der Stadtbahn übers LandKein Umsteigen mehr: Combino duo-Tram fährt bis nach Ilfeld

MITTENDRIN

Mit Kind und Kegel auf Jungfernfahrt – ein Erlebnis.

An allen Stationen freudig begrüßt: die neue Bahn.

HINTERGRUND

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flanschte Generator sorgt während der Fahrt auf dem nicht elek-trifizierten Streckenabschnitt für den notwendigen Strom. DieSystemumstellung geschieht ca. 20 Sekunden nach entsprechen-der Tasterbetätigung durch den Fahrer: Das Dieselaggregat schal-tet zu und liefert, abhängig von den Verbrauchern, die jeweilsbenötigte Strommenge.Eingebaut wurde ein kostengünstiger Pkw-Serienmotor von BMWmit 3,9 l Hubraum und 190 kW. Der Platz für dieses „ultrakom-pakte Aggregat“ mit einem Gesamtgewicht von 1,2 t wurde immittleren Modul des dreiteiligen Combino geschaffen. Die diesel-elektrische Anlage ist voll verkleidet und besonders schallisoliert,Klappen zum Innenraum und an der Fahrzeugaußenhaut ermögli-chen die Wartung. Im Innenraum angebracht ist auch der doppel-wandig ausgeführte, gleichfalls verkleidete Tank. Der 160 l Kraft-stoff fassende Tank ist zum Fahrgastraum hin hermetisch abge-dichtet und nach außen belüftet; die gesamte Anlage in aufwän-diger Konstruktion bedurfte einer separaten technischen Zulas-sung.

Auf Herz und Nieren geprüftDie Kühlanlage für Verbrennungsmotor, Synchrongenerator undLeistungselektronik befindet sich auf dem Fahrzeugdach am mitt-leren Modul. Die von IMG entwickelte Leistungselektronik wan-delt die Dreiphasen-Wechselspannung des Generators in einekonstante Gleichspannung um. Die Combino duo sind mit Sicher-

heitsfahrschalter und Zugbahnfunk ausgestattet; die Geschwin-digkeit ist auf 90 km/h begrenzt – ein Maß, das noch erheblichüber den derzeit auf dem HSB-Streckenabschnitt maximal mögli-chen 50 km/h liegt. Zum ungehinderten Einsatz auf den beidenmeterspurigen Netzen erhielten die Combino duo ein speziellesRadprofil und die Weichen im HSB-Bereich wurden geringfügigangepasst.Während der umfangreichen Testfahrten bewältigten die 27,5 t(Leergewicht) schweren Fahrzeuge selbst eine Steigung von 9,3%im Innenstadtbereich problemlos mit 20 km/h; die maximale Stei-gung auf der Überlandstrecke beträgt 3%.

Klug beschafft und eingesetztDie 20 m langen und 2,3 m breiten Zweirichtungswagen bieten 95Fahrgästen Platz, infolge der beschriebenen Einbauten stehen imdreiteiligen Combino duo nur 27 Sitzplätze zur Verfügung. Platz-kapazität und Anzahl der Türen können nach Kundenwunsch mit-tels weiterer Module erhöht werden. Laut Siemens gibt es Inter-essenten für den Combino duo im In- und Ausland.Die Nordhäuser Stadtwerke nutzten die Vorteile einer gemeinsa-men Fahrzeugbeschaffung mit den Erfurter Verkehrsbetrieben(EVAG) bei beträchtlicher Förderrate von über 70% durch denFreistaat Thüringen. Mit den drei Combino duo werden seit Maiwerktäglich zusätzlich sieben (insgesamt 15) Kurse gefahren, waseinen durchgehenden Stundentakt von Montag bis Freitag auf derStrecke Nordhausen – Ilfeld ermöglicht.Die Triebwagen der HSB übernehmen Ergänzungs-/Verdichter-Fahrten. Insgesamt werden auf diesem Thüringer Streckenab-schnitt jährlich 160000 Zugkilometer an Nahverkehrsleistungenerbracht. Mit dem Einsatz der neuen Fahrzeuge im Taktverkehr er-hoffen sich HSB und Stadtwerke Nordhausen einen Fahrgast-zuwachs von bis zu 15 Prozent.

Tradition und Moderne: Eisenbahn-Senior enthüllt in Ilfeld.Durchblick von Duo zu Duo aus dem modernen Führerstand.

Niedersachswerfens Bürgermeister tauft „seine“ Tram.

Als Weltneuheit fährt die Diesel-Hybrid-Straßenbahn Combino duozwischen Nordhausen und Ilfeld. Der ursprüngliche Gedanke aber,die städtische Bahn bis hinaus in den Südharz zu führen, reicht überein Jahrhundert zurück:Bereits vor 125 Jahren beschäftigten sich die Nordhäuser mit einersolchen direkten Verbindung nach Ilfeld. 1879 war Baubeginn füreine durchgängige Pferdebahn, doch die Betreibergesellschaft ging„auf halber Strecke“ in Konkurs. Weitere 20 Jahre später hatten die Kommunalpolitiker und Investo-ren andere, getrennte Wege beschritten: 1899 nahm die Nordhau-sen-Wernigeröder Eisenbahn (Harzquerbahn) auf schmaler Spur denBetrieb auf und im August 1900 drehte die Nordhäuser StädtischeStraßenbahn ihre ersten Runden.Weiter bestehen blieb die Vision, die 1879 gewollte durchgängigeSchienenverbindung von der Stadt bis an den Harz zu schaffen. In-dessen waren die beiden Bahnen mit 1000 mm-Spur unverzichtbare,viel genutzte und auch geliebte Verkehrsmittel. Für den gewünsch-ten Lückenschluss aber fehlten in den Jahren vor und nach demZweiten Weltkrieg konkrete Planungen und vor allem materielleVoraussetzungen sowie die nötigen Finanzmittel.

Eine Chance und viele RisikenErst nach der politischen Wende, mit der Aufbruchstimmung Anfangder 1990er Jahre nahmen die für den ÖPNV Verantwortlichen dieIdee einer durchgängigen Schienenverbindung wieder auf. Befördertwurden die entsprechenden Gedanken durch die Anschaffung ge-brauchter Gelenktriebwagen vom Typ GT 4 aus Stuttgart bzw. Frei-burg. Ein solcher Wagen bot sich als idealer Versuchsträger an, ummit relativ einfachen Mitteln eine praktikable Lösung zu finden: denEinsatz eines Dieselaggregats als Stromerzeuger in der Straßenbahn.Doch das scheinbar Einfache war bei eher komplizierten Vorausset-zungen nur mit Beharrlichkeit und Schritt für Schritt zu meistern.Erste Erprobungen mit dem Diesel in einer Straßenbahn liefen zwar,aber mit Veränderung in der Geschäftsführung bei den StadtwerkenNordhausen/Verkehrsbetriebe und den Harzer Schmalspurbahnenwar 1995 festgestellt worden, dass eine zielgerichtete Fortsetzungdes Projektes zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben schien. Die „Vi-sionäre“ hatten denkbar ungünstige Ausgangsbedingungen, denn– bei Gleis- und Fahrzeugtechnik gab es keinen wissenschaftlichen

Vorlauf,

– zwischen den Zulassungsbestimmungen für Eisenbahnen/Schmalspur und Straßenbahnen (EBO/ESBO und BOStrab) be-standen unüberwindbare Hürden,

– die Fahrzeugindustrie war zur Entwicklung bzw. zum Bau der spe-ziellen Fahrzeuge für Nordhausen nicht bereit,

– eine Elektrifizierung des HSB-Streckenabschnitts bis Ilfeld schiedaus,

– wegen der fehlenden Grundvoraussetzungen sahen die zuständi-gen Fachbehörden und Landesministerien zu diesem Zeitpunktkeine Möglichkeiten zur Fortführung des Projektes.

Fahrende Twino überzeugteDoch der Gedanke ging nicht aus den klugen Köpfen, die sich inten-siv mit der Hybridbahn befassten. Die Mitarbeiter des NordhäuserInstituts für Maschinen, Antriebe und elektrische Gerätetechnik(IMG) unter Leitung von Otto Brandt tüftelten weiter an einem all-tagstauglichen Antriebsaggregat. Zusammen mit Stadtwerke-Ge-schäftsführer Arndt Forberger und seinen „Straßenbahnern“ wurdenach einem ersten Erprobungsträgerfahrzeug die Testbahn Twinoauf die Schiene gestellt.Mit fortschreitendem Probebetrieb konnten peu a peu die verant-wortlichen Fachleute in Ministerien und Behörden, Politiker und För-dermittelgeber sowie auch die Fahrzeugindustrie von dem Gesamt-projekt der Hybridbahn auf durchgängigem Gleis von Straßenbahnund Schmalspurbahn überzeugt werden.Zur 100-Jahr-Feier der HSB 1999 in Nordhausen erklärten imBeisein des damaligen Thüringer Ministerpräsidenten Dr. BernhardVogel die Geschäftsleitungen der Harzer Schmalspurbahnen undNordhäuser Stadtwerke öffentlich ihre Absicht, den gemeinsamenBetrieb von Eisenbahn und Straßenbahn auf Gleisen der HSB auf-zunehmen. Dafür waren unverzüglich die Voraussetzungen zuschaffen – neben der Zweisystembahn die Gleisverbindung in Nord-hausen, das Verkehrskonzept sowie daraufhin die Bestellung derSPNV-Leistungen durch den Aufgabenträger Freistaat Thüringen.

Schritt für Schritt aufgebautDer Weg bis zur Aufnahme des planmäßigen Betriebs am 1. Mai2004 wurde mit diesen Teilzielen beschritten:1 Zum Jubiläum „100 Jahre Nordhäuser Straßenbahn“ im Juni 2000

rollte im großen Fahrzeugcorso GT 4-Triebwagen Nr. 72 als erste

Eine Pferdebahn sollte es einst sein...

Die alte Idee mit modernen PS zur rechten Zeit beherzt umgesetztEine Pferdebahn sollte es einst sein...

Die alte Idee mit modernen PS zur rechten Zeit beherzt umgesetzt

HINTERGRUND

Begegnung zwischen HSB-Triebwagen und Stadtwerke-Straßenbahn in Nordhau-sen-Krimderode.

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Diesel-Hybrid-Tram der Welt mit. Das mit zwei ultrakompaktenAntriebsanlagen von je 100 kW Leistung ausgerüstete Fahrzeugerweckte die Aufmerksamkeit der Fachwelt.

2 In Vorbereitung der 2. Thüringer Landesgartenschau in Nordhau-sen wurde der Bahnhofsvorplatz zum modernen ÖPNV-Verknüp-fungspunkt, einer „Drehscheibe des Nahverkehrs“ umgestaltetund dabei gleich – vorsorglich, mit gesundem Risiko – eine Gleis-weiche zur HSB mit eingebaut. Die gemeinsame Rendezvous-Hal-

testelle für HSB-Triebwagen und Straßenbahn konnte im April2002 vor großem Publikum eröffnet werden.

3 Mit dem Gleis-Lückenschluss waren für das gemeinsame Projektdie Weichen endgültig auf Fahrt gestellt. Parallel zu den Gleis-bauarbeiten wurde fieberhaft an der Fahrzeug- bzw. Hybridan-triebsentwicklung gearbeitet. Schon Ende 2001 waren – bei guterFörderung durch den Freistaat Thüringen – die speziellen Com-bino-Fahrzeuge für Anfang 2004 bestellt worden.

4 Die parallel erarbeiteten Verkehrskonzepte mit kombinierter Fahr-plangestaltung und möglicher Fahrgastentwicklung auf Basis vonBefragungen und Studien der DE-Consult führten zur positivenBewertung durch den SPNV-Aufgabenträger. Die konzeptionelleArbeit über den gesamten Projektzeitraum hinweg brachte ein be-sonderes Vertrauensverhältnis zwischen allen Beteiligten mit sich.Für die beispielhafte Unterstützung seitens der Entscheidungsträ-ger dankten die Partner den Beauftragten des Landes, Ministerial-rat Hans-Jürgen Hummel, Dr. Salecker vom Thüringer Landesamtfür Straßenbau und NVS-Geschäftsführer Otto Mayer.

5 Die etappenweise Realisierung des Vorhabens ermöglichte die Un-terzeichnung der entsprechenden Verkehrsleistungsverträge imFebruar 2003 zwischen dem Aufgabenträger Freistaat Thüringen,der Harzer Schmalspurbahnen GmbH und den Stadtwerken Nord-hausen.

Fahrgastresonanz freut Ur-VäterDas große Ziel ist schließlich, passend zum Maifeiertag, im Frühjahr2004 erreicht: Tausende begrüßen beim „Roll out“ am Vorabend inNordhausen sowie am 1. Mai an der Spitze des großen Fahrzeug-corso nach Ilfeld die neuen Combino duo. An diesem Tag wird derdurchgängige Bahnbetrieb von der Stadt in die Südharzregion im Li-nienverkehr aufgenommen.Das vor über einem Jahrhundert gescheiterte Vorhaben, über Gene-rationen als Vision erhalten geblieben, ist nun doch Wirklichkeit.Dank fleißiger Arbeit und unbeirrtem Verfolgen des erreichbaren,lohnenden Ziels. Dank dem Engagement der Initiatoren und Mit-streiter in einer verlässlichen Partnerschaft. Und, wie immer, hat derErfolg auch hier viele Väter. Die Aktivisten der ersten Stunde sind anfünf Fingern abzuzählen. Diese Ur-Väter machen zu ihrem Werkkeine großen Worte. Sie freuen sich mit hoffentlich vielen zufriede-nen Fahrgästen in „ihren“ Combino duo.

Wäre eine Elektrifizierung derStrecke nicht besser gewesen?… Die Frage der Elektrifizie-rung der HSB-Strecke stelltesich nach den Worten des Be-treibers von vornherein nicht.Abgesehen von den erhebli-chen Mehrkosten scheitertdieser Gedanke schon daran,

dass das Profil der Trasse unddie Erfordernisse des Dampf-betriebes dem entgegenstan-den. Verständlicherweise gabes auch bei der HSB kein be-sonderes Interesse, nebenDampf und Diesel noch eindrittes Energiekonzept insNetz zu holen.

Mit der Straßenbahn in den Harz

BUS&BAHN 4/2004

Am Nordhäuser Straßenbahn-Depot vor der ersten Ausfahrt.

Klappe hoch: Diesel-Aggregat der Combino duo.

Südharzer sind begeistert von NeuheitEinzigartig, berauschend, feucht-fröhlich, bunt, warm und eng wardie Nacht zum 1. Mai auf dem Bahnhofsplatz in Nordhausen. Dichtgedrängt standen hier etwa 20 000 erwartungsvolle Menschen. DieEinfahrt und Taufe der technischen Weltneuheit Combino duowollte sich kein Südharzer entgegen lassen. … Unter Jubel unddonnerndem Beifall rollte eine hochmoderne Straßenbahn ein.Staunen, Freude und unbändiger Stolz zeichnete die Gesichter derZuschauer. … Es war, als würden die Südharzer beim Anblick die-ser Weltneuheit „Combino duo“ völlig aus ihrer gewohnt-reser-vierten Fassung springen …

… das Fest galt einzig dem Neubau einer Straßenbahn, die inNordhausen ihre Premiere erleben durfte. „Ich sehe das Fest alsgutes Zeichen, dass unsere Straßen entlastet werden und sich derVerkehr auf die Schiene verlagert“, war (Stadtwerke-Geschäfts-führer) Hartung froh und optimistisch. Nahrung erhält HartungsHoffung dadurch, dass die drei Combino duo in Nordhausen, Nie-dersachswerfen und in Ilfeld am 1. Mai mit großem Bahnhof emp-fangen wurden. Etwa 2000 Schaulustige standen am Samstagmor-gen erwartungsfroh auf den Perrons von Niedersachswerfen …Unentwegt rollten am 1. Mai die drei Combino duo zwischen Il-feld und Nordhausen hin und her und beförderten zur Feier des Ta-ges die Bürger kostenlos. Die Familien nutzten dieses Angebot. …Die Autofahrer sahen die fröhliche Fracht in der Straßenbahn. Je-der Sitzplatz war besetzt, wie Trauben standen die Menschen bei-einander.THÜRINGER ALLGEMEINE vom 3. Mai 2004

1111

Ungehinderter Zugang zur Bahn für mobilitätseingeschränkte Personen:

Barrierefrei zum Bahnhof und in den Zug

SCHWERPUNKT

Wenn im Freistaat Thüringen Verkehrsstationen neu errichtet bzw.Wenn im Freistaat Thüringen Verkehrsstationen neu errichtet bzw.modernisiert werden, so finden bereits bei der Planung die Belangemodernisiert werden, so finden bereits bei der Planung die Belangebehinderter und damit in ihrer Mobilität eingeschränkter Men-behinderter und damit in ihrer Mobilität eingeschränkter Men-schen besondere Beachtung. Entsprechend werden die Stationenschen besondere Beachtung. Entsprechend werden die Stationenmit Hilfseinrichtungen ausgestattet und speziell die Wege zu denmit Hilfseinrichtungen ausgestattet und speziell die Wege zu denBahnsteigen so angelegt, dass sie leicht mit Rollstühlen bzw. vonBahnsteigen so angelegt, dass sie leicht mit Rollstühlen bzw. vonblinden Personen benutzt werden können.blinden Personen benutzt werden können.

Oberweißbacher Bergbahn: Extra Bahnsteig und LiftOberweißbacher Bergbahn: Extra Bahnsteig und LiftAuf diese Weise wurde auch die Oberweißbacher Berg- undAuf diese Weise wurde auch die Oberweißbacher Berg- undSchwarzatalbahn (OBS) noch kundenfreundlicher. Rechtzeitig zuSchwarzatalbahn (OBS) noch kundenfreundlicher. Rechtzeitig zuBeginn der Hauptsaison ging an der Bergstation Lichtenhain einBeginn der Hauptsaison ging an der Bergstation Lichtenhain einAufzug in Betrieb, der auch mobilitätseingeschränken FahrgästenAufzug in Betrieb, der auch mobilitätseingeschränken Fahrgästenoder Reisenden mit Kinderwagen und schwerem Gepäck einen ni-oder Reisenden mit Kinderwagen und schwerem Gepäck einen ni-veaugleichen Zugang zur elektrifizierten Flachstrecke Lichtenhainveaugleichen Zugang zur elektrifizierten Flachstrecke Lichtenhain– Cursdorf ermöglicht.– Cursdorf ermöglicht.Der Aufzug mit 675 kg Tragkraft wurde neben dem historischenDer Aufzug mit 675 kg Tragkraft wurde neben dem historischenBahnhofsgebäude Lichtenhain errichtet. Er fährt vom eigens zuBahnhofsgebäude Lichtenhain errichtet. Er fährt vom eigens zudiesem Zwecke angelegten Rollstuhlbahnsteig der Bergstation bisdiesem Zwecke angelegten Rollstuhlbahnsteig der Bergstation biszur Ebene des Bahnsteigs der Flachstrecke und überwindet dabeizur Ebene des Bahnsteigs der Flachstrecke und überwindet dabeisechs Meter Höhenunterschied, die bislang für Rollstuhlfahrersechs Meter Höhenunterschied, die bislang für Rollstuhlfahrerunüberwindlich waren. unüberwindlich waren. Zum Bau des Aufzugsturmes mussten der Hang abgetragen undZum Bau des Aufzugsturmes mussten der Hang abgetragen undals Sicherung der Baugrube eine 10 m hohe Bohlen-Stützwand er-als Sicherung der Baugrube eine 10 m hohe Bohlen-Stützwand er-richtet werden, die mit 15 m langen Erdankern gesichert wurde.richtet werden, die mit 15 m langen Erdankern gesichert wurde.Um den oberen Ausstieg des Lifts mit dem Bahnsteig der Flach-Um den oberen Ausstieg des Lifts mit dem Bahnsteig der Flach-strecke zu verbinden, wurde ein 16 m langer Laufsteg – hervorra-strecke zu verbinden, wurde ein 16 m langer Laufsteg – hervorra-gend auch als Aussichtspunkt nutzbar – errichtet. Er ruht aufgend auch als Aussichtspunkt nutzbar – errichtet. Er ruht auf

Stützen, die bis zu neun Meter tief in den Hang getrieben wurden.Stützen, die bis zu neun Meter tief in den Hang getrieben wurden.Nebenbei entstand ein Weg vom Fuß des Aufzugsturmes zur be-Nebenbei entstand ein Weg vom Fuß des Aufzugsturmes zur be-nachbarten „Waldeisenbahn“ der Jenaer Eisenbahnfreunde.nachbarten „Waldeisenbahn“ der Jenaer Eisenbahnfreunde.

Passende VerkehrsstationenPassende VerkehrsstationenVon Grund auf erneuert präsentieren sich die VerkehrsstationenVon Grund auf erneuert präsentieren sich die VerkehrsstationenOberweißbach-Deesbach und Cursdorf an der 2,5 Kilometer lan-Oberweißbach-Deesbach und Cursdorf an der 2,5 Kilometer lan-gen Flachstrecke am Kamm des Thüringer Schiefergebirges. Diegen Flachstrecke am Kamm des Thüringer Schiefergebirges. Dieneuen, jeweils 30 Meter langen Bahnsteige erhielten schieferge-neuen, jeweils 30 Meter langen Bahnsteige erhielten schieferge-deckte Wetterschutzhäuschen, Beleuchtung, Uhr, Informationsta-deckte Wetterschutzhäuschen, Beleuchtung, Uhr, Informationsta-

Olaf Schnabelrauch aus Rudolstadt freut sich als erster Nutzer des Aufzugs an derOlaf Schnabelrauch aus Rudolstadt freut sich als erster Nutzer des Aufzugs an derBergstation Lichtenhain.Bergstation Lichtenhain.

feln – und einen Blindenleitstreifen. Die Wege zu den Bahnstei-feln – und einen Blindenleitstreifen. Die Wege zu den Bahnstei-gen sowie Parkplätze an den Stationen wurden ebenfalls behin-gen sowie Parkplätze an den Stationen wurden ebenfalls behin-dertengerecht angelegt.dertengerecht angelegt.Für die Aufzugsanlage sowie die Erneuerung der Bahnsteige inve-Für die Aufzugsanlage sowie die Erneuerung der Bahnsteige inve-stierten der Freistaat Thüringen und die Deutsche Bahn rund einestierten der Freistaat Thüringen und die Deutsche Bahn rund eineMillion Euro. Peter Möller, Leiter der OBS, dankte den Landes-Million Euro. Peter Möller, Leiter der OBS, dankte den Landes-behörden für die großzügige Unterstützung und freut sich zu-behörden für die großzügige Unterstützung und freut sich zu-sammen mit seinen Mitarbeitern über die weitere Aufwertung dersammen mit seinen Mitarbeitern über die weitere Aufwertung dertouristisch attraktiven Bergbahn: „Mit dem Aufzug haben wirtouristisch attraktiven Bergbahn: „Mit dem Aufzug haben wireinen ,Lückenschluss‘ für unsere behinderten Fahrgäste vollzogeneinen ,Lückenschluss‘ für unsere behinderten Fahrgäste vollzogen– und dazu zählten allein in den ersten drei Monaten dieses Jah-– und dazu zählten allein in den ersten drei Monaten dieses Jah-res schon 114 Rollstuhlfahrer. Die Zufriedenheit unserer Kundenres schon 114 Rollstuhlfahrer. Die Zufriedenheit unserer Kundenist für uns das A und O, sie sollen sich wohl fühlen und gern wie-ist für uns das A und O, sie sollen sich wohl fühlen und gern wie-derkommen in unsere Urlauberregion.“derkommen in unsere Urlauberregion.“Schritt für Schritt werden auch die Bahnsteige entlang derSchritt für Schritt werden auch die Bahnsteige entlang derSchwarzatalbahn auf eine barrierefreie Einstiegshöhe angehobenSchwarzatalbahn auf eine barrierefreie Einstiegshöhe angehoben

SCHWERPUNKT

1212

Für jedermann sichtbar gut markiert sind die mobilitätseinge-schränkten Fahrgästen vorbehaltenen Flächen an den Halte-punkten und Bahnhöfen der Oberweißbacher Berg- undSchwarzatalbahn (OBS). Bei der Neugestaltung der drei OBS-eigenen Stationen Lichtenhain a d Bergbahn, Oberweißbach-Deesbach und Cursdorf wurde besonderer Wert auf einenbarrierefreien Zugang gelegt.

Eine knifflige Aufgabe war mit dem bestmöglichen Anbau desPersonenaufzugs samt Plattformen an der Bergstation Lichten-hain zu lösen. Das Bild rechts zeigt die aufwendige Stahlkon-struktion für den oberen Zugang kurz vor der Fertigstellung desAufzugs.

Wussten Sie schon, …

… dass es bei der Deutschen Bahn eine „Kontaktstelle fürkundenbezogene Behindertenangelegenheiten“ gibt? –Diese koordiniert alle entsprechenden Aktivitäten zusam-men mit Behindertenverbänden; sie definiert Anforderun-gen aus Sicht behinderter Kunden und entwickelt Service-konzepte für mobilitätseingeschränkte Reisende.

… dass die Deutsche Bahn unter dem Titel „Mobil trotzHandicap“ Informationsbroschüren und Audio-CD ausgibt,Ratgeber und Übersicht zum DB-Service für behinderteReisende.

sowie zwei völlig neue Haltepunkte in Neuleibis und Sitzendorf-sowie zwei völlig neue Haltepunkte in Neuleibis und Sitzendorf-Bergkirche gebaut. Bergkirche gebaut.

So wie im RegioNetz der Oberweißbacher Berg- und Schwarzatal-So wie im RegioNetz der Oberweißbacher Berg- und Schwarzatal-bahn wurde in den letzten Jahren im gesamten Freistaat viel fürbahn wurde in den letzten Jahren im gesamten Freistaat viel füreinen barrierefreien Zugang zur Bahn getan. Zahlreiche moderni-einen barrierefreien Zugang zur Bahn getan. Zahlreiche moderni-sierte Bahnhöfe und erneuerte Haltepunkte sind entsprechendsierte Bahnhöfe und erneuerte Haltepunkte sind entsprechendausgestattet. Zum Reisen mit der Bahn gehört auch die Vorberei-ausgestattet. Zum Reisen mit der Bahn gehört auch die Vorberei-tung darauf: Information, Fahrkartenkauf. Da sind mobilitätsein-tung darauf: Information, Fahrkartenkauf. Da sind mobilitätsein-geschränkte Personen häufig noch benachteiligt. Doch auch dasgeschränkte Personen häufig noch benachteiligt. Doch auch dassoll sich ändern:soll sich ändern:

Erfurt Hauptbahnhof: Erfurt Hauptbahnhof: Lese- und Hörhilfe am Schalter Lese- und Hörhilfe am Schalter Neu gibt es im Reisezentrum des Erfurter Hauptbahnhofs ein spe-Neu gibt es im Reisezentrum des Erfurter Hauptbahnhofs ein spe-zielles Lesegerät für sehbehinderte Personen wie auch einen sozielles Lesegerät für sehbehinderte Personen wie auch einen sogenannten XL-Sound-Service, eine Art Verstärker, für hörgeschä-genannten XL-Sound-Service, eine Art Verstärker, für hörgeschä-digte Kunden. Die Erfurter Filiale wurde als eine der ersten indigte Kunden. Die Erfurter Filiale wurde als eine der ersten inDeutschland mit diesen wertvollen Hilfen ausgestattet. Und soDeutschland mit diesen wertvollen Hilfen ausgestattet. Und sofunktionieren sie:funktionieren sie:Die beleuchtete Maxi-Lupe bietet nach Tastendruck verschiedeneDie beleuchtete Maxi-Lupe bietet nach Tastendruck verschiedeneVergrößerungsstufen und ermöglicht so auch Menschen mit gra-Vergrößerungsstufen und ermöglicht so auch Menschen mit gra-vierenden Sehschwächen Kleingedrucktes problemlos zu lesenvierenden Sehschwächen Kleingedrucktes problemlos zu lesenoder eigene Notizen auf dem klappbaren Schreibstativ zu machen.oder eigene Notizen auf dem klappbaren Schreibstativ zu machen.Die akustische Hilfe sorgt dafür, dass Träger von Hörgeräten dieDie akustische Hilfe sorgt dafür, dass Träger von Hörgeräten dieStimme des Verkäufers gut vernehmen, ohne störende Neben-Stimme des Verkäufers gut vernehmen, ohne störende Neben-geräusche.geräusche.

§§

§Barrierefrei …… sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technischeGebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung,akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikati-onseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wennsie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise,ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfezugänglich und nutzbar sind. (§ 4 Bundesgleichstellungsgesetz/BGG vom 1.5.2002)

Bei allen Neubauten PflichtDie Barrierefreiheit soll im Bereich Verkehr bei Neubauten sowiegroßen Um- und Erweiterungsbauten (mit Kosten von über 1 Mil-lion Euro) hergestellt werden. Nach § 2 Abs. 3 der Eisenbahnbau- und -betriebsordnung sind dieBahnunternehmen verpflichtet, Programme zur Gestaltung vonFahrzeugen und Anlagen zu erstellen – mit dem Ziel „eine mög-lichst weitreichende Barrierefreiheit für deren Nutzung zu errei-chen“.Die Programme müssen nicht genehmigt werden, ihre Aufstel-lung ist aber Pflicht.

Sanktionen möglich Kommen die Eisenbahnunternehmen dieser Pflicht nicht nach, sokann ein Zwangsgeld von bis zu 500 000 Euro erhoben werden.Im Extremfall kann sogar die Genehmigung als Eisenbahnunter-nehmen gemäß § 6/7 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) wider-rufen werden. Dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA) bzw. der Landesaufsichts-behörde obliegt die Erteilung der Genehmigung zum Bau und Be-trieb sowie die Überwachung der durch den Betreiber einzuhal-tenden Bestimmungen, u.a. eben zur Herstellung der Barriere-freiheit. Bei Nichtbefolgen können die Behörden dem Eisenbahn-verkehrsunternehmen die Betriebsgenehmigung verweigern.Das BGG verpflichtet in erster Linie öffentliche Stellen des Bun-des zur Herstellung der Barrierefreiheit.

Hoher HandlungsbedarfDie DB Station&Service AG hat Bahnhofsentwicklungskonzeptefür alle Bundesländer vorgelegt. Dabei wurden alle Stationennach acht Handlungsschwerpunkten beurteilt, u.a. hinsichtlichbarrierefreier Zuwegung und behindertengerechter Ausstattung.Danach besteht bei der Mehrzahl der Stationen mittlerer bis ho-her Handlungsbedarf. Deutlich zeigt sich, dass vor allem auf einemöglichst durchgehende Berücksichtigung aller Anforderungender verschiedenen Gruppen mobilitätseingeschränkter Menschenzu achten ist.

NACH RECHT UND GESETZNiemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. (Artikel 3, Abs. 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland)

Barrierefrei zum Schalter im Erfurter Reisezentrum.Barrierefrei zum Schalter im Erfurter Reisezentrum.

Der mit den beiden Geräten ausgestattete Schalter ist – für dieDer mit den beiden Geräten ausgestattete Schalter ist – für dieBehinderten deutlich – mit den entsprechenden PiktogrammenBehinderten deutlich – mit den entsprechenden Piktogrammengekennzeichnet.gekennzeichnet.Für den Einsatz der Lese- und Hörhilfe engagierte sich, auchFür den Einsatz der Lese- und Hörhilfe engagierte sich, auchfinanziell, die NVS gemeinsam mit den Verantwortlichen derfinanziell, die NVS gemeinsam mit den Verantwortlichen derDeutschen Bahn. Dafür dankte der Vertriebsleiter für ThüringenDeutschen Bahn. Dafür dankte der Vertriebsleiter für Thüringenund Sachsen-Anhalt, Torsten Wilson: „Wir glauben, dass diese re-und Sachsen-Anhalt, Torsten Wilson: „Wir glauben, dass diese re-lativ einfachen Geräte eine nicht zu unterschätzende Hilfe fürlativ einfachen Geräte eine nicht zu unterschätzende Hilfe fürSeh- und Hörgeschädigte, aber auch für viele ältere MenschenSeh- und Hörgeschädigte, aber auch für viele ältere Menschensind.“ Wenn sich das System in Erfurt bewährt, sollen weitere Rei-sind.“ Wenn sich das System in Erfurt bewährt, sollen weitere Rei-sezentren damit ausgestattet werden.sezentren damit ausgestattet werden.

Mitdenken!Wenn es um die Belange unserer behinderten Mitbürger geht,werden diese noch zu oft ungenügend bedacht. Ein Beispiel ausWeimar:

Verkaufs-Pavillon auf der BlindenspurFür die Bahn ist der neue Verkaufs-Pavillon im Hauptbahnhofein Image-Faktor – für Sehbehinderte stellt er ein Hindernis dar.Denn er steht mitten auf dem Blinden-Leitsystem, das vom Ein-gang zu den Bahnsteigen führt. „Dessen sind wir uns bewusst“,sagt ein Bahnsprecher.Mächtig stolz war die Deutsche Bahn, als sie 1999 mit der Wie-dereröffnung des Bahnhofs nach der Sanierung auch das Leit-system vorstellen konnte. Es besteht aus geriffelten Spuren, andenen sich Blinde mit ihren Stöcken entlang tasten können. „DieLeitlinien sind prinzipiell freizuhalten“, weiß Carmen Petereit,die Kreisvorsitzende des Blinden- und Sehschwachenverbandes.Doch seit dem 31. März steht der Kiosk genau auf der Blinden-spur. … Plötzlich ist das Leitsystem nicht mehr so wichtig. Es seinur dort wirklich erforderlich, wo Gefahr vorhanden ist, etwaauf den Bahnsteigen, meint der Bahn-Sprecher. Das Service-Personal würde den Blinden in der Halle schon helfen, fügt ernoch hinzu. Und außerdem: „Es kann nichts passieren, außer,dass jemand mit seinem Stock vor den Pavillon stößt.“ (!)„Es kommt zu Kollisionen, die vermieden werden können“, pro-phezeit dagegen Carmen Petereit und weist darauf hin, dassauch Kunden um den Kiosk herum stehen würden. Schlimmeraber sei, dass Sehbehinderte die Orientierung verlören. „Gerade,wer von auswärts kommt, findet sich nicht mehr zurecht. Erweiß ja nicht einmal, ob und wo das System weitergeht. Wie soller da den Ausgang finden?“Deshalb protestiert Petereit auf das Schärfste dagegen, dass dieBelange der Sehbehinderten nicht bedacht wurden. „Sie sindauf die Leitstreifen angewiesen“, appelliert sie „an den gesun-den Menschenverstand“ bei der Bahn. …

(THÜRINGER ALLGEMEINE vom 14. April 2004)

Am 27. April gab es zur hier beschriebenen Fehlleistung imBahnhof Weimar daselbst ein Gespräch von einheimischenMitgliedern des Blinden- und Sehschwachenverbandes (BSV)mit dem zuständigen Bahnhofsmanagement. Die NVS nahmsich in bewährt guter Partnerschaft mit den Behindertenver-bänden im Freistaat der leidigen Angelegenheit an.Der Kiosk wurde am 1. Juni entfernt.

1414

Am Sonderschalter im Reisezentrum Erfurt Hbf.Am Sonderschalter im Reisezentrum Erfurt Hbf.Eine Episode: Kiosk mitten in der Weimarer Bahnhofshalle.

Das Speziallesegerät leistet wertvolle Hilfe.Das Speziallesegerät leistet wertvolle Hilfe.

SCHWERPUNKT

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Eine großartige Werbung für die Eisenbahn und speziell den öf-fentlichen Personennahverkehr auf der Schiene war das Bahn-hofsfest in Eisenach zum 100jährigen Jubiläum des „neuen“ Bahn-

hofs der Wartburgstadt. Tausende Besucher aus nah und fern er-freuten sich am bunten Veranstaltungsreigen mit kurzweiligemProgramm. Dazu gehörten Mitfahrten im altehrwürdigen „Adler“-Zug, den die noch junge Erfurter Bahn (EIB) zum Fest gecharterthatte, sowie auf dem Führerstand von Dampf- und Diesellokomo-tive.Wer noch mehr davon haben wollte, dem gab die Fahrzeugaus-stellung einen direkten Einblick in den Stand moderner Bahntech-nik. Hier präsentierte u.a. die EIB ihren nagelneuen Itino-Triebwa-gen; gemeinsam ermöglichten Eurobahn, Hörseltalbahn sowienatürlich die Deutsche Bahn AG mit dem DB Regio-Verkehrsbe-trieb Thüringen und der Gütersparte Railion eine sehenswerte

IM BILD

Großes Fest am 100jährigen Bahnhof Eisenach:Großes Fest am 100jährigen Bahnhof Eisenach:

Prima Werbung fürs BahnfahrenGroßes Fest am 100jährigen Bahnhof Eisenach:

Prima Werbung fürs Bahnfahren

Buntes Treiben zum Fest am Eisenacher Bahnhof. Kommen bei Besuchern gut an: EIB und STB.

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Schau. Stimmungsvoll empfangen wurden die nostalgischen Son-derzüge aus Weimar und Kassel, der schon traditionelle „Maria-Pawlowna-Express“ und der „Hessencourier“. Im historischen Fürstenbahnhof hatte die Ortsgruppe Eisenach desBahnsozialwerkes (BSW) liebevoll eine kleine Ausstellung vorbe-reitet – würdiger Rahmen auch für die Vorstellung des neuen Bu-ches zum Bahnhof. Vor dem Empfangsgebäude informierten

Süd·Thüringen·Bahn (STB) und Erfurter Bahn (EIB) sowie DeutscheBahn (DB) über ihre Arbeit; viele Bahnkunden und Interessentennutzten die Gelegenheit zum Gespräch. Mit herzhaftem Backwerk aus der Region haben STB und EIB ihretreuen und künftigen Fahrgäste zur Vesper eingeladen.Einheimische Gastronomen sowie reisende Schausteller undHändler sorgten für das Volksfestfluidum rings um den EisenacherBahnhof. Vor und hinter den Kulissen wirkten zahlreiche ehren-amtliche Helfer mit: die IGE Werrabahn, der Eichsfelder Kanonen-bahnverein, Dampflokfreunde aus Arnstadt und Staßfurt, dieBamberger BSW-Gruppe sowie weitere Gemeinschaften, Unter-nehmen und Einzelpersonen. Den Veranstaltern war die Begeiste-rung der Besucher, die in Scharen zum Bahnhof Eisenach kamen,der schönste Lohn.

Ankunft des „Maria-Pawlowna-Express“ aus Weimar.

Lokführers Abschied mit DB Regio-Präsent.

Begehrt: Mitfahrten auf Dampf- und Diesellok.

Bachhaus-Chefin Dr. Franziska Nentwig tauft den Regio-Shuttle.

„Regio-Shuttle“ getauftViele Gäste, insbesondere aus dem Ausland, erwartet die Ge-burtsstadt von Johann Sebastian Bach 2004 zum Jubiläum„500 Jahre Musikerfamilie Bach“. Durch sorgfältige Vorberei-tung der Feierlichkeiten mit einem ebenso umfangreichen wieabwechslungsreichen Programm ist diese Erwartung begrün-det. Thüringens Wirtschaftsstaatssekretär Roland Richwienwürdigte den Eisenacher Beitrag zur weiteren Entwicklung desTourismus im Freistaat anlässlich der Taufe eines „Regio-Shuttle“-Triebwagens der STB auf den Namen „Johann Seba-stian Bach“.

Staatssekretär Roland Richwien dankt Eisenach.

IM BILD

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Wer derzeit mit dem Zug in Gera Hauptbahnhof ankommt, sieht die-sen als Baustelle. Die Hälfte der Bahnsteiggleise ist vom Netz abge-trennt, auf der Südseite der großen Halle entstehen mit Treppen undLift die direkten Zugänge von der wieder aufzubauenden Straßen-bahnlinie zwischen dem Zentrum und dem Stadtteil Untermhaus:Die Stadtbahnhaltestelle unmittelbar unter den Gleisen der Eisen-bahn, ähnlich dem Erfurter ICE-Bahnhof. Eine künftig ideale Ver-knüpfung der Verkehrsmittel. Ebenso zwischen Bahn und Bus sowieTaxi am Bahnhofsvorplatz. Hier entsteht der neue Busbahnhof mitglasüberdachtem Wartebereich für die Fahrgäste. Drumherum sollbis zum Frühjahr 2006 ein schön gestaltetes Ensemble mit viel Grünwachsen, Farbtupfer auch zur Bundesgartenschau 2007 Gera – Ron-neburg.

Die Stadtbahn macht‘s möglichDas anspruchsvolle Projekt Bahnhofsvorplatz ist ein gemeinsamesVorhaben der Stadt Gera, der Deutschen Bahn AG sowie des Regio-nalverkehrs Gera Land (RVG) und des Geraer Verkehrsbetriebs (GVB).Die Neugestaltung wurde mit dem ehrgeizigen Geraer Stadtbahn-programm möglich. In diesem Rahmen wird der Umbau großzügigvon Bund und Land gefördert: Von den voraussichtlich ca. 6 Millio-nen Euro Baukosten werden 90 Prozent aus Fördermitteln finanziert.Gut angelegtes Geld, meint GVB-Geschäftsführer Dr. Norbert Vor-nehm, „denn das Stadtbahnprogramm ermöglicht am Hauptbahnhofwie auch in anderen Bereichen der Stadt nicht nur eine optimaleVerkehrslösung, es trägt außerdem zur Stadtgestaltung bei underöffnet städtebauliche Varianten, die ohne das Programm nicht be-zahlbar gewesen wären“.

Einzigartige LösungDie Gesamtkosten des Geraer Stadtbahnprogramms sind mit 74 Mil-lionen Euro beziffert, 56 Millionen Euro davon verlangt als Kernstückdie Stadtbahnlinie 1. Das Planungsetikett „Stadtbahn“ tragen auch die beiden weiterenneuen ÖPNV-Verknüpfungspunkte Heinrichstraße/Südbahnhof undam Bahnhof Zwötzen, der Mitte Juni in Betrieb ging. Die Besonder-heit ist hier der gemeinsame Bahnsteig von Straßenbahn (GVB-Linie2) und Eisenbahn (Kursbuchstrecken 546/555) – eine bislang ein-malige Lösung.

Linie 1 fährt 2006Auch der „eigentliche“ Stadtbahnbau in Gera an der künftigen GVB-Linie 1 nahm im Frühjahr für jedermann sichtbar Fahrt auf, mit einerstattlichen Reihe von Baumaßnahmen zwischen den StadtteilenZwötzen (östlicher Teil) und Untermhaus. Zum Ende dieses Jahressollen schon 3 km der Neubautrasse fertig sein, knapp die Hälfte dergesamten Linie. Dafür werden sechs, gleichfalls vom Freistaat ge-förderte Niederflur-Straßenbahnzüge beschafft. Sie sollen 2006 dieneue Strecke nahezu lautlos befahren – lange Rasengleisabschnitteund flankierende Baumreihen sorgen für die gewünschten wenigenDezibel.Der erste Teil des Tunnels am Hauptbahnhof wird in diesem Herbstfertig, der zweite spätestens ein Jahr später. Angesichts steter Mit-

telkürzungen und Terminaufschübe ist GVB-Chef Dr. Vornehm froh,dass man sich nicht in die Planung der DB AG zum Umbau des Ge-raer Hauptbahnhofes „einbinden“ ließ, sondern auch an diesem Ver-knüpfungspunkt das Stadtbahnprojekt eigenständig ausführt. Erfreut sich schon jetzt auf das bequeme Umsteigen von der Tram zurEisenbahn.

SCHNITTSTELLEN

In Gera dreifach gut verknüpft:

Direktes Umsteigen in den Zug …… künftig am Hauptbahnhof und nahe dem Südbahnhof sowie bereits in Gera-Zwötzen

Neu in Gera-Zwötzen: die Bahnen nebeneinander.

Baustelle der künftigen Straßenbahnunterführung.

Bald wieder wie vor Jahren: Tram vorm Theater.

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Das neue Eisenbahnverkehrs- und -infrastrukturunternehmen„Rennsteigbahn GmbH & Co. KG“ nahm im April mit einer Eröff-nungsveranstaltung am Bahnhof Rennsteig offiziell den Betriebauf. Die Gesellschaft betreibt die touristisch interessante Streckevon Ilmenau und Stützerbach über den Kammweg nach Schmie-defeld am Rennsteig – Schleusingen. Zielstrebige Vorarbeiten lei-stete dazu in den vergangenen Jahren die Interessengemeinschaft„Dampfbahnfreunde mittlerer Rennsteig e.V.“ Mit Hilfe von ABM-Kräften wurden historische Reisezugwagen fachgerecht restau-riert, die dazu passende museale betriebsfähige Steilstrecken-Dampflok 941292 konnte 2001 von der DB AG übernommen wer-den und mit Unterstützung der Anliegergemeinden wurden erstetouristische Fahrten zwischen Stützerbach und dem Rennsteigorganisiert. Nun sind auch die Voraussetzungen für den Sonder-

schienenverkehr zwischen Ilmenau und Schmiedefeld geschaffen.Zudem werden auch Fahrten ab Erfurt sowie auf der Schwarza-talbahn von Rottenbach nach Katzhütte – mit Anschluss an dieOberweißbacher Bergbahn in Obstfelderschmiede – angeboten. Bei den ca. 30 planmäßigen Dampfbahnfahrten im Jahr sowie be-sonderen Gesellschaftsfahrten für Besteller ist mit rund 15 000Fahrgästen zu rechnen; diese Zahl soll auf etwa 50 000 gesteigertwerden. Dabei ist den Initiatoren um Rennsteigbahn-Geschäfts-führer Dr. Lüder Kaltwasser klar, dass die Betreibergesellschaftnicht allein vom Tourismus leben kann. Mit der eigenen Diesello-komotive 213 334, die steilstreckentauglich ist, befördern die vor-erst vier Rennsteigbahner (in Teilzeitarbeit) auch Güterzüge, u.a.Holztransporte. Angestrebt wird der Transport von Müll aus demIlmkreis auf dem Schienenweg in den mitteldeutschen Raum.

Rennsteigbahner machen DampfTouristische Angebote führen auch ins Schwarzatal

Beim Zusammenstoß mit einem Jeep an einem unbeschranktenBahnübergang in Katzhütte wurde am Vortag des Himmelfahrt-festes einer der beiden auf der Schwarzatalbahn verkehrendenTriebwagen VT 641 der Oberweißbacher Berg- und Schwarzatal-bahn (OBS) erheblich beschädigt. Damit fiel das Fahrzeug zueinem besonders ungünstigen Zeitpunkt aus, waren doch am „Va-tertag“ traditionell sehr viele Fahrgäste zu erwarten. Die OBS-Lei-tung bemühte sich sofort um ein Ersatzfahrzeug: Der „Desiro“ (VT642) des RegioNetz-Partners „Erzgebirgsbahn“ aus Chemnitzkonnte erst am nächsten Tag eintreffen und die DB Regio AG inErfurt vermochte nicht auszuhelfen. Glück im Unglück: Schnellund unbürokratisch sprang die Erfurter Industriebahn GmbH (EIB)

ein; sie überführte einen nagelneuen „RegioShuttle“, der am Him-melfahrtstag viel bestaunt gemeinsam mit dem OBS-Zug den Li-nienverkehr bestritt. – Eine Werbung für die Neue Erfurter Bahnund den Thüringer Schienenpersonennahverkehr: Wettbewerbund Partnerschaft; so muss es sein.

EIB hilft OBSErfurter RegioShutte nach Katzhütte

Begegnung von EIB- und OBS-Triebwagen in Mellenbach-Glasbach.

Bahnhofs- und Marktfeste, freier Eintritt in viele Museen undSportstätten sowie freie Fahrt in den Regionalzügen im länder-übergreifenden EgroNet-Verkehrsverbund zwischen Gera, Markt-redwitz, Weiden, Zwickau und Karlsbad gab es am 2. Mai, dem„Europatag“, anlässlich des EU-Beitritts der Tschechischen Repu-blik. Die Festveranstaltungen in 13 Orten dienten spürbar der Be-gegnung und wachsenden Verbundenheit zwischen den Bewoh-nern in den Teilen Bayerns, Sachsens, Thüringens und Böhmensder Euregio egrensis.

Zusätzliche Züge, viele FahrgästeUm das einmalige Europafest ohne Anfahrt- und Parkplatzsuche-Stress erleben zu können, nutzten viele Besucher das gleichfallseinmalige Angebot der am EgroNet beteiligten Bahnen: denganzen Tag freie Fahrt, beliebig oft, beliebig weit. Davon wurdenatürlich rege Gebrauch gemacht. Vorausschauend hatte dieBayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) bei DB Regio und Vogt-landbahn zusätzliche Züge bestellt.Am Europatag erlebten die Fahrgäste die Vorzüge des länderüber-greifenden Nahverkehrssystems in besonderem Maße, manchneuer Bahnkunde wurde gewonnen. Unisono würdigten die Ver-treter der beteiligten Landkreise den Zusammenschluss im ÖPNV:

„Das EgroNet ist ein Juwel,um das uns viele benei-den“, betonte der HoferLandrat Bernd Hering. In der Tat hat sich das zurWeltausstellung Expo2000 geschaffene Modellerfolgreich entwickelt.Als Mobilitätssystem desNahverkehrs macht Egro-Net vor Länder- undStaatsgrenzen nicht Haltund bringt mit seinemabgestimmten Angebotauf Schiene und Straßefast zwei MillionenMenschen in der Eure-gio einander näher. DerEgroNet-Einzugsbereich umfasst 6300 km2; tra-gendes Gerüst ist die Eisenbahn-Infrastruktur mit insgesamt780 km Streckenlänge, ergänzend stehen 580 Buslinien auf einemNetz von 3500 km zur Verfügung.

Auf Schienenwegen mehr möglichDie teils vorzüglichen Angebote der Eisenbahnen im EgroNet wer-den noch vergleichsweise wenig genutzt. Deshalb auch hat dieVogtlandbahn Anfang April die beiden bisher zwischen Gera undEger (Cheb) – Marktredwitz / Marienbad durchgehenden Zugpaareentsprechend angepasst: Wurde bislang in Weischlitz mit demTriebwagen aus/nach Zwickau geflügelt, so muss nun wieder um-gestiegen werden. Nach den Erfahrungen von 15 Monaten wirdein Triebwagen zur Weiterfahrt nach Eger als ausreichend be-trachtet.Diese Einschätzung ist auch von der Statistik des Bundesgrenz-schutzes für die Übergangsstelle Schönberg/Voitersreuth gestützt:Im Jahr 2003 passierten rund 3,2 Millionen Personen den Grenz-übergang, und zwar in 324 000 Lkw, 1 300 000 Pkw, 4700 Bussenund auf 2400 Motorrädern sowie mit der Eisenbahn. Rechnet man

GRENZENLOS

Zum EU-Beitritt Tschechiens im EgroNet-Verkehrsgebiet:

Freie Fahrt am „Europatag“

Gemeinsamer Auftritt der Bahnen.Ausfahrt in neue Etappe des EgroNet-Verkehrs.

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den Pkw mit zwei Insassen, so kommen auf die Bahn ca. 130 000Fahrgäste – nur vier Prozent aller über diesen Grenzübergang Rei-senden. Welche Gründe auch immer für diesen geringen Anteil desSchienenverkehrs bestehen, zeigt es doch ebenso die hier schlum-mernden Kapazitäten. Das gilt gleichermaßen für den Gütertrans-port auf den teils zweigleisigen Zufuhrstrecken: Während sich Lkwkilometerweit vor der Übergangsstelle stauen, passieren nurwenige Ganzzüge die Grenzbahnhöfe Vojtanov / Bad Brambach,beladen mit werksneuen Skoda-Autos, Containern oder Schrott.Letzterer ist für das Arcelor-Stahlwerk Thüringen in Unterwellen-born bestimmt; der entsprechende Zug 47376 Cheb – Könitz(Werkbahnhof) verkehrt nahezu an jedem Werktag mit ca. 1200 tLadung in bis zu 30 Waggons. Der Schrotttransport auf derElstertalbahn via Adorf – Weischlitz – Greiz – Gera gilt als einerder pünktlichsten Güterzüge der DB.Ausgeruht grenzenlos reisen im EgroNet.

Der historische Egerer Markt im neuen Glanz.

Das Rathaus von Cheb (Eger).

Ankunft am belebten Bahnhof von Cheb.

REISETIPP

Im „Desiro“ nach ChebDas EgroNet macht’s möglich: bequem auf dem Schienen-weg ins westböhmische Cheb, das alte Eger, zu reisen. Vor-teilhaft, insbesondere für Familien, ist dafür das preiswerteEgroNet-Ticket der Vogtlandbahn. Thüringer Fahrgäste ausRichtung Gera - Greiz haben in Weischlitz direkten An-schluss nach Tschechien.

21.24 Uhr. Die Regionalbahn VBG 82147 ist kurz vor Schleiz. Das21.24 Uhr. Die Regionalbahn VBG 82147 ist kurz vor Schleiz. DasAchtungssignal des Triebwagenführers am nahen Überweg ist fürAchtungssignal des Triebwagenführers am nahen Überweg ist fürLissy und Gotthard Pätzold das Zeichen „Fertigmachen“. Die bei-Lissy und Gotthard Pätzold das Zeichen „Fertigmachen“. Die bei-den streifen sich die Arbeitssachen über und gehen in den Mate-den streifen sich die Arbeitssachen über und gehen in den Mate-rialraum nebenan, um Wasser sowie Reinigungsmittel und -geräterialraum nebenan, um Wasser sowie Reinigungsmittel und -gerätebereitzustellen.bereitzustellen.Nur wenige Meter sind es von ihrer Wohnung zu diesem Dienst,Nur wenige Meter sind es von ihrer Wohnung zu diesem Dienst,

den das Ehepaar seit 1998 für die hiesige Firma Wetzel im Auftragden das Ehepaar seit 1998 für die hiesige Firma Wetzel im Auftragder Vogtlandbahn/Regentalwerke Abend für Abend versieht.der Vogtlandbahn/Regentalwerke Abend für Abend versieht.Als Eisenbahner haben Pätzolds viele Jahre auf dem BahnhofAls Eisenbahner haben Pätzolds viele Jahre auf dem BahnhofSchleiz der Reichsbahn gearbeitet, und im nicht mehr öffentlichSchleiz der Reichsbahn gearbeitet, und im nicht mehr öffentlichgenutzten Empfangsgebäude wohnen sie heute noch. Ideal fürgenutzten Empfangsgebäude wohnen sie heute noch. Ideal fürdiese neue Beschäftigung, die ihnen Zubrot zur Rente und Verbin-diese neue Beschäftigung, die ihnen Zubrot zur Rente und Verbin-dung zur Bahn gleichermaßen ist. Ideal auch für den Servicebe-dung zur Bahn gleichermaßen ist. Ideal auch für den Servicebe-reich der Vogtlandbahn, die den in Schleiz übernachtenden „Re-reich der Vogtlandbahn, die den in Schleiz übernachtenden „Re-gioSprinter“ in guter Obhut weiß.gioSprinter“ in guter Obhut weiß.

Hand in Hand Hand in Hand Während die Pätzolds ihre Vorbereitungen treffen, kommt JörgWährend die Pätzolds ihre Vorbereitungen treffen, kommt JörgKleiner mit dem Triebwagen von der Endstation Schleiz WestKleiner mit dem Triebwagen von der Endstation Schleiz West

NACHGESCHAUT

Bei den Fahrzeugreinigern der Vogtlandbahn:

Vier-Sterne-ServicePflege und Wartung mit System

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Lissy und Gotthard Pätzold aus Schleiz haben jeden Tag ihre gemeinsame Spät-Lissy und Gotthard Pätzold aus Schleiz haben jeden Tag ihre gemeinsame Spät-schicht beim Reinigen eines RegioSprinters. Die beiden ehemaligen Reichsbahnerschicht beim Reinigen eines RegioSprinters. Die beiden ehemaligen Reichsbahnersind auf diese Weise gern immer noch mit der Eisenbahn verbunden.sind auf diese Weise gern immer noch mit der Eisenbahn verbunden.

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zurück, setzt das Fahrzeug um und schließt es auf dem Bahnhofs-gleis ein. Nach Rückmeldung beim Fahrdienstleiter über Strecken-fernsprecher fährt der junge Mann den Sprinter direkt vors Haus.Türen auf, und schon legen Pätzolds los: Lissy drinnen, zuerst dieToilette. Gotthard draußen beim Reinigen der Frontscheiben, wasvom April bis zum Oktober zu geschehen hat. Im Hochsommer ver-langt die Insektenwand ganze Schrubberkraft.Überhaupt ist nicht ein Tag wie der andere: Je nach Witterung,Anzahl der Fahrgäste und – nicht zuletzt – deren Verhalten ist derWagen mehr oder minder verschmutzt. Regeln gibt es da nicht,aber bestimmte Erfahrungswerte. Bisher hat das Schleizer Eisen-bahnerehepaar „im Ruhestand“ fleißig und ohne viele Worte alleSituationen gemeistert. An jedem Morgen kurz nach 5 Uhr findendie mit dem ersten Zug Reisenden ein tip-top-gesäubertes Fahr-zeug vor, in dem auch die Zeitung des neuen Tages ausliegt.

Nachtaktive Putz„teufel“So wie in Schleiz nehmen die Vogtlandbahn-Triebwagen an einemDutzend Stationen in Thüringen, Sachsen, Bayern und Tschechien ihrNachtlager, das gar nicht so ruhig ist. Denn die Stunden zwischenletzter und erster Zugfahrt wollen genutzt sein, um die „Regio-Sprinter“ oder „Desiro“ zu säubern und mit allem an Bord Nötigenwieder auszustatten: Fahrscheinrolle im Automaten, Fahrplanheft-chen, Frischwasser, Flüssigseife, Raumdeodorant, Toilettenpapier …Und nachdem Besen, Schrubber, Lappen, Staubsauger und der-gleichen ihr Wirbel-Werk getan haben, wird das Fahrzeug für dierestliche Ruhezeit „an die Steckdose gehangen“, um Akku-Energiezu tanken. Dieselkraftstoff gezapft wird natürlich auch, z.B. inGera an der Anlage von DB Energie, um den Umlauf des nächstenTages ohne „Boxenstopp“ zu sichern. In jeder Nacht werden auch in Greiz jeweils zwei „Desiro“-Trieb-

wagen innen komplett gereinigt, verbunden mit dem Entsorgendes WC-Inhalts und dem Auffüllen von Frischwasser.Das Rundum-Pflegeprogramm führen hier Mitarbeiter von DBService im Auftrag der Vogtlandbahn aus. Die DB-Bahnreinigersind weiterhin an den VBG-Service-Standorten Zwickau, Plauen,Falkenstein, Adorf, Hof, Marktredwitz, Weiden und Schwandorf

tätig; in Kraslice, Sokolov und Cheb betreuen die tschechischenPartner Viamont und CD die Wagen der Vogtlandbahn.

Im Turnus nach NeumarkAll die Standorte sind Fixpunkte eines ausgeklügelten, auf dieFahrzeugumläufe perfekt abgestimmten Service-Netzwerkes.Mittelpunkt ist der zentrale Betriebshof Neumark der Vogtland-bahn/Regentalwerke. In die Regiewerkstatt kommt regelmäßig einjeder der 42 Triebwagen zur Wäsche, umfassenden Wartung undtechnischen Inspektion; die ersten „RegioSprinter“ von 1996 er-halten bereits eine Hauptuntersuchung.

NACHGESCHAUT

Immer im Blick: das Netz der Service-Stationen.

Für beste Qualität: Serviceleiter Dietmar Fischer.Für beste Qualität: Serviceleiter Dietmar Fischer.Ronny Schmidt sorgt für die nötigen Reinigungsmittel.Ronny Schmidt sorgt für die nötigen Reinigungsmittel.

Hier in Neumark bekommt jeder Wagen seine monatliche Grund-reinigung sowie halbjährlich die im ausgefeilten Qualitätsmana-gement festgelegte Hauptgrundreinigung. Und da bleibt auch dasletzte Eckchen nicht mehr trocken. Die Polster der Sitze werdenschamponiert und neuerdings sogar die Fußböden versiegelt. Daszahlt sich in längerer Haltbarkeit sowie dauerhaftem Glanz aus.Der vom Neumarker Duo Vogtlandbahn GmbH/Regentalwerkepraktizierte Vollservice dient nicht allein der Fahrgastwerbungund Betriebssicherheit, sondern ist auch eine bedeutende wirt-schaftliche Größe.Die fein abgestimmten Technologien der Fahrzeugunterhaltungund -instandhaltung zielen auf höheren Gebrauchswert der an-vertrauten, mit Landesgeldern geförderten Grundmittel sowie einelängere Nutzungsdauer der modernen Triebwagen.Daran wird der Fahrgast kaum denken, wenn er einsteigt. Aber erbemerkt schon, ob sein Zug sauber ist oder ob es Mängel in derPflege gibt.

Mobile Reinigung als Regel …„Auch abends möchten die Reisenden einen ordentlichen Zug vor-finden“, erinnert Serviceleiter Dietmar Fischer. „Deshalb sind un-sere Personale hinterher, um unterwegs Unrat zu beseitigen unddiesen oder jenen Handgriff zu tun.“ Unterwegsreinigungen imZug erfassen das WC mit Spiegel und Waschbecken sowie dieFrontscheiben. Diese kann man allerdings nicht zu jeder Zeit säu-bern: im Sommer bei starker Sonneneinstrahlung unmöglich.Gleichfalls im Winter bei Temperaturen deutlich unter Null Grad.Da gibt es auch keine Nassreinigung innen, würde sich doch derFußboden sofort in eine gefährliche Rutschbahn verwandeln. ZurWinterszeit heißt es für die Reiniger in den Nachtstunden höllischaufzupassen, denn die Servicestationen Falkenstein, Adorf, Cheb,Schleiz und Hof erweisen sich immer wieder als wahre Kältepole.Schleiz und Hof erweisen sich immer wieder als wahre Kältepole.

… und in besonderen Fällen… und in besonderen FällenFür besondere Fälle ist auch Vorsorge getroffen. Bleibt z.B. malFür besondere Fälle ist auch Vorsorge getroffen. Bleibt z.B. maleine Hunde„wurst“ liegen oder hat sich gar Herrchen daneben be-eine Hunde„wurst“ liegen oder hat sich gar Herrchen daneben be-nommen, so funkt der Triebwagenführer die Zentrale an. Dortnommen, so funkt der Triebwagenführer die Zentrale an. Dort

wird, je nach Aufwand, entschieden ob ein Servicemitarbeiter miteinem anderen Zug entgegenkommt oder das mobile Reini-gungsteam mit dem Spezial-Multicar startet. Das bewährte Ser-vicefahrzeug wird sonst vor allem eingesetzt, wenn diverseStreckensperrungen die planmäßige stationäre Reinigung an denFestpunkten verhindern. Oder es beim Entsorgen der Toiletteklemmt – dafür ist Hochdruck installiert.

Berge von MüllNeben den WC und Wassertanks müssen die Abfallbehälter ent-leert werden; samt den vielfältigsten Hinterlassenschaften nichtweniger Reisender auf oder unter den Sitzen kommen im Laufe derTage und Wochen ganze Müllberge zusammen: die Bahn als Zwi-schenlager. Der ganze Kehricht muss mit erheblichem Aufwandordnungsgemäß entsorgt werden.ordnungsgemäß entsorgt werden.Daran denkt der Fahrgast wohl kaum. – Am besten, wir schauenDaran denkt der Fahrgast wohl kaum. – Am besten, wir schauenuns noch mal um und lassen kein Papier oder sonst etwas liegen,uns noch mal um und lassen kein Papier oder sonst etwas liegen,wenn uns die nette Stimme sagt: „… bis bald! – Ihre Vogtland-wenn uns die nette Stimme sagt: „… bis bald! – Ihre Vogtland-bahn“. Denn auch bei der nächsten Fahrt erwarten wir wiederbahn“. Denn auch bei der nächsten Fahrt erwarten wir wiedereinen blitzblanken Wagen. einen blitzblanken Wagen.

NACHGESCHAUT

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Mit dem Schrubber an alle Ecken und Kanten.

Zentrale Tank- und Entsorgungsstation im Betriebshof.

Gründlich, automatisch: die Neumarker Waschanlage.

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Die weiße Mütze zur (noch) grünen Uniform mit dem Bundesadleram Ärmel zeigt an: Bahnpolizei im operativen Dienst. So an diesemTag, als die beiden Bundesgrenzschutz-Beamten Polizeihauptmei-ster Henning Schubert und Polizeiobermeister Frank Kraaz ihrenDienstsitz am Geraer Hauptbahnhof verlassen. Als erstes steht eineZugstreife auf dem Programm. Die stattlichen Männer begleiten dieRegionalbahn nach Weischlitz bis Greiz. Im gut besetzten Desiro-Triebwagen der Vogtlandbahn auch eine Gruppe von Mädchen und

Jungen, die sich schon auf die nahe Elsterflussfahrt im Schlauch-boot freuen. Dabei würde Frank Kraaz wohl gern auch dabei sein –doch Dienst ist Dienst. Eben dazu sind die Kinder, wie erwartet,wissbegierig: Was machen die Polizisten im Zug?

Gute Partner, schlechte SittenDie beiden unerwarteten Reisegäste geben gern Auskunft. Geradedie jüngeren Schüler, so die Erfahrung, haben großes Interesse ander Arbeit der Polizei. Den Schulen werden entsprechende Informa-tionsveranstaltungen angeboten. Dabei wächst sicher manche Er-kenntnis, z.B. dass die Eisenbahn kein Abenteuerplatz ist und einjeder etwas für die Sicherheit aller tun kann. Ein Thema schon fürden Kindergarten, denn immer wieder begeben sich die Jüngsten anBahnanlagen in Lebensgefahr. Besonders an Strecken mit elektri-schen Fahrleitungen und schnellen Zügen. Dann kann mit der Vor-sorge nicht früh genug begonnen werden, wie Henning Schubertaus seinen vielen Dienstjahren bestätigt. Erste Partner dabei sinddie Eltern und Erzieher. Entgegen der guten Absicht wirkt aber das schlechte Vorbild zu-nehmend vieler Erwachsener. Nach den Beobachtungen der Bahn-polizisten und Eisenbahner wird allzu häufig der kürzeste Fußwegüber die Gleise genommen, oftmals nur wenige Meter vom Über-gang entfernt. Höchstgefährlich schon deshalb, weil man die mo-dernen leisen Triebwagen kaum noch – bei ungünstigen Witte-rungsbedingungen gar nicht mehr – nahen hört! Aus ihrer Strei-fentätigkeit und den ihnen zugegangenen Meldungen kennen dieBeamten Dutzende solcher Stellen. Doch sie können nur punktuelldirekt am Ort den so leichtfertig Handelnden die Gefahr deutlichmachen und einen Ordnungswidrigkeiten-Denkzettel verpassen.Allein die Wirkung erscheint zweifelhaft, für Bahnpolizei und Ei-senbahner gleichermaßen unbefriedigend.

Wer schaut nach dem Rechten?Müßig ist es, die heutzutage hohe Zahl der unbesetzten Bahnsta-tionen als Ursache der Missstände zu bemühen. Der Entwicklunghin zum allgemeinen Schlendrian hat das wohl tüchtig Vorschubgeleistet, doch ein leider viel zu großer Teil des Publikums hat mitseinen schlechten Verhaltensweisen dazu beigetragen, was nun be-klagt wird. Um den negativen Trend wieder umzukehren, wünsch-ten sich die Ordnungshüter noch viel mehr Partner an den Bahn-strecken und in den Zügen.

REPORTAGE

Einen Tag an der Seite von Geraer Bahnpolizisten:

Weiße Mützen signalisieren

Sicherheit

Kurze Information beim Personalwechsel am Zug.

Besondere Aufmerksamkeit durch jüngere Fahrgäste.

REPORTAGE

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In Greiz angekommen, werden Frank Kraaz und Henning Schubertschon wieder auf den offenbar wunden Punkt von Sicherheit undService gestoßen: Nachdem die Fahrkartenausgabe schon vor eini-

ger Zeit geschlossen wurde, verabschiedet sich nun auch die Auf-sicht. Damit gibt es keinen direkten Ansprechpartner der Bahnmehr. Ob zusammen mit dem Standpersonal am benachbartenneuen Busbahnhof, dem modernen ÖPNV-Verknüpfungspunkt, eineLösung geschaffen wird? Die Polizisten wissen es auch nicht, siewerden den Greizer Bahnhof künftig erst einmal noch mehr in Blicknehmen. Doch sie können nur beraten; für die gewünschte Ordnungmuss am Ort gesorgt werden. Und das ist Sache von Bahneigner undKommune.

Ein weites Feld: Fahrgast-PsychologieMit dem Zug von Weischlitz geht‘s wieder zurück nach Gera. Trieb-wagenführer und Servicepersonal der Vogtlandbahn haben an die-sem Tag bisher keinen Grund zur Klage über Reisende, die etwaohne gültigen Fahrschein angetroffen werden. Trotz deutlich sicht-barem Hinweis auf das zu berappende „erhöhte Beförderungsent-gelt“ von 40 Euro wird noch immer versucht „schwarz“ zu fahren.Die Greizer Strecke war da nach dem Fahrplanwechsel ein Schwer-punkt dieser von manchem als Kavaliersdelikt angesehenen Krimi-nalität mit dem juristischen Titel „Erschleichen einer Leistung“. Er-muntert wurden all die kleinen Gauner noch durch vorher nicht be-dachte Begleitumstände beim vollständigen Wechsel der Nahver-kehrsleistungen von DB Regio auf Vogtlandbahn. Beim vormaligenBetreiber gab es keine Kontrollen mehr und die stationären Fahr-scheinautomaten wurden abgebaut. Das betrachteten etliche alsEinladung zur Mitfahrt zum Nulltarif, den Automaten im Zug igno-rierten sie. – Fälle für die Bahnpolizei?Ja, stets dann, wenn Zahlung bzw. Feststellung der Personalienhartnäckig verweigert werden. Im nu kann aus dem Vergehen eineStraftat werden; tätliche Angriffe auf das Bahnpersonal sind so sel-ten nicht. Sind solch renitente Leute an Bord, kann der Zug gar ste-henbleiben, bis die Beamten eintreffen. Die Kontrolleure haben mitden ertappten Schwarzfahrern schon viel Unschönes erlebt. Sie sinddarauf bedacht, dass sich da nichts „hochschaukelt“. Das dafürnötige Fingerspitzengefühl ließen von der Bahn beauftragte Wach-leute vermissen, deren „rigoroses Durchgreifen“ erfasste auch un-bescholtene Fahrgäste. Die Probe wurde abgebrochen. Den Wach-männern fehlten das Rüstzeug für einen Dienst im Publikumsbe-reich samt elementarer Rechtskunde wie auch bestimmte persön-liche Voraussetzungen.

Kein Vergleich mit den diesbezüglichen Anforderungen an einenPolizeibeamten. Der muss blitzschnell immer wieder neue Situatio-nen erfassen und bewerten sowie dementsprechend handeln: Ver-hältnismäßigkeit der Mittel. Der Gebrauch ist beim „stillen Zecher“ein anderer als beim stark alkoholisierten Randalierer. Ein besonde-res Kapitel füllen in der Gruppe reisende Fußballfans oder zur Demoanrückende Formationen bekannter Coleur. Da heisst die erste De-vise stets Deeskalation, die Lage möglichst beherrschen und Ge-fahren abwehren.

Zwischen den Gleisen und in der LuftGefahren vermeiden helfen und im Ansatz erkennen – dem dienenvor allem die Streifen der Bahnpolizisten. So an diesem Tag auchauf dem Gelände des Geraer Güterbahnhofs. Da braucht es guter ei-senbahnbetrieblicher und -technischer Kenntnisse. Frank Kraaz undHenning Schubert gehen eine Reihe abgestellter Waggons ab undschauen nach eventuellen Unregelmäßigkeiten. Dann ein Wort mitdem Sicherungsposten am Nachbargleis; Baustellen bedeuten stets

erhöhte Gefahr. Nebenan sind Triebwagen abgestellt. Ihnen gehörtvor allem in den Nachtstunden erhöhte Aufmerksamkeit, wenn Gra-fitti-Sprayer ihr Unwesen treiben.

Die Polizisten schauen sich die Bahnanlagen ihres Gebietes auch re-gelmäßig von oben an. Befliegung steht da auf dem Dienstplan. DerBGS verfügt über eigene Hubschrauber. Auf ihrer Flugstreife ent-decken die Männer weit mehr als man meinen möchte – es erstauntsie selbst immer wieder. Ein Kontrollschwerpunkt sind übrigens

Mit DB AG-Mitarbeitern am Bahnhof Greiz.

Kontrollgang im Gelände des Geraer Hauptbahnhofs.

Prüfender Blick auf die Schüttgutwaggons.

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nicht befahrene bzw. stillgelegte Eisenbahnstrecken: Von wegenStille, da ereignet sich allerhand. Um Gefährdungen von Passanten

von vornherein auszuschließen, wird deshalb aufmerksam nachge-schaut – diesmal mit Adlerauge aus der Luft.

Feine Sache: die „3-S-Zentrale“Zurück zum Empfangsgebäude des Geraer Hauptbahnhofs. ImObergeschoss klopfen die Polizisten an die Tür der „3-S-Zentrale“.(Die „3 S“ bedeuten Sicherheit, Service, Sauberkeit.) Die Zentralewird von speziell geschultem Personal der DB Station&Service AGdurchgängig besetzt. Aus ihrer gemeinsamen Frühschicht „melden“Sonja Krumbholz und Annett Hermann: Keine besonderen Vor-kommnisse. Jeder solche Tag freut sie ebenso wie unsere Polizisten.Sofort wird auch deutlich, dass die Zusammenarbeit ausgezeichnetfunktioniert. Und darauf können nicht nur die Reisenden in GeraHbf bauen, sondern auch auf den Bahnhöfen in Altenburg, Greiz,Saalfeld, Jena und Weimar. Deren Bahnsteige und Hallen sind imBlick der „3-S-Zentrale“ – videoüberwacht. Das System half schonoft, Straftaten aufzuklären bzw. zu vereiteln. Kameras schreckenLangfinger oder andere Tatgewillte ab. Die Männer vom BGS lobendas mit den „3 S“ Geschaffene. So könnte „3 S“ auch für dreifacheSicherheit stehen …Eine wertvolle Hilfe sind die Videoaufnahmen im Falle des Fallesdem Ermittlungsdienst des BGS. Die Geraer Kollegen belegen das

anhand ihrer Aufzeichnungen gern: Jede zweite Straftat ist aufge-klärt. Mitunter ist es dienlich, im Register weiter zurückzuschauen.Kein Problem mit dem elektronischen Tagebuch, in dem Frank Kraazden Eintrag über die Zug- und Ortsstreife am Vormittag vornimmt.Eiserne Regel: Keine Streife ohne Tagebuchvermerk, auch wenn„nichts passiert“ ist.

REPORTAGE

Der Bundesgrenzschutz (BGS) …… ist eine Polizei des Bundes; er nimmt im Sicherheitssystem derBundesrepublik Deutschland bestimmte polizeiliche Aufgabenwahr. Als Bahnpolizei ist der BGS zuständig für die Gefahren-abwehr an den Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes. Dazugehören auch Maßnahmen der Strafverfolgung und das Bear-beiten von Tatbeständen bestimmter Vergehen. Einen hohenStellenwert hat die präventive Arbeit für öffentliche Sicherheitund Ordnung.

Die Geraer Bahnpolizei-Dienststelle verantwortet einen Ein-satzabschnitt der Bundesgrenzschutzinspektion Leipzig; dieEinsatzabschnitte Saalfeld, Meiningen und Flughafen Erfurtgehören zur Bundesgrenzschutzinspektion Erfurt. Beide Inspek-tionen unterstehen dem Bundesgrenzschutzamt Halle, dasSachsen-Anhalt, Thüringen und Teile Sachsens umfasst.

Ist der abgestellte Triebwagen gesichert?

Winfried Keller, Bahnpolizist im Ermittlungsdienst, mit der Akte zu den Ein-brüchen an der Gößnitzer Autoverladung.Bild Mitte: Jens Damrau aus Leipzig (re) schaut mit Frank Kraaz ins elektroni-sche Tagebuch. Oben: In der „3-S-Zentrale“ Gera Hauptbahnhof.

THÜRINGER TRADITIONEN

Das Dampflokwerk Meiningen ist als einziger Betrieb seiner Art inDeutschland eine Instanz und weithin bekannt. Schon legendärsind die hier neu entstandenen Schnellzug-Lokomotiven 01.5 oderberühmte „Einzelgänger“ wie die Lok 18 201. Hinter den Tausen-den untersuchten und umgebauten Dampflokomotiven stehen ex-zellente Facharbeit und hohes Leistungsvermögen über Jahr-zehnte hinweg im vormaligen Reichsbahnausbesserungswerk.

Preußische HauptwerkstätteDas Meininger Ausbesserungswerk ging aus der Betriebswerk-stätte hervor, die ab 1863 an der Werra-Eisenbahn entstand. 1902wurde die bisherige Nebenwerkstatt für Lokomotiven und Wagender königlich-preußischen Eisenbahndirektion Erfurt mit ca. 350Beschäftigten zur Hauptwerkstatt Meiningen. Die bald schon not-wendige Erweiterung war am Standort nicht möglich. Im Oktober1910 begann der Neubau am Westhang des Drachenbergs, amFlutgraben. Hier entstanden Lokhalle (heute Kesselschmiede) mitZubringerwerkstätten, Ersatzstücklager, Gießerei, Wagenhalle,Verwaltungsgebäude sowie Kantine und Badeanstalt.Am 2. März 1914 konnte die neue Hauptwerkstatt, jetzt mit 800Mann Belegschaft, ihrer Bestimmung übergeben werden. Im letz-ten Kriegsjahr 1918 hatte sich die Beschäftigtenzahl bereits auf1600 verdoppelt.

Ausbesserungswerk der ReichsbahnDer Betrieb wurde 1920 Eisenbahnausbesserungswerk (ab 1924Reichsbahnausbesserungswerk/RAW). Bis 1926 entstanden die

heutige Lokrichthalle unddas Anheizhaus. Dasnördliche Hallenschiff derehemaligen Lokhallewurde als Kessel-schmiede eingerichtet.Die zahlreichen Lok-stände mit Arbeitsgru-ben samt durchlaufenderSchiebebühne, 80-Ton-nen-Kränen sowie Dreh-scheibe vor dem Anheiz-haus sind als Erstaus-stattungen heute nochin Betrieb.Ende der 1920er Jahreentstand der gesamte(gleichfalls bis heuteerhaltene) Ausbil-dungskomplex mit Ma-schinenkabinett undWohnungen sowie dieLehrwerkstatt Nordsamt Freibad (!). Stän-dig erhielten 15 Ju-gendliche eine inten-sive vierjährige Aus-

Das Meininger Lokomotivreparaturwerk:

Über 90 Jahre unter DampfWeithin geschätztes Fachzentrum mit regelmäßigen Tagen der offenen Tür – Partner im Nostalgieprogramm von NVS und DB Regio AG in Thüringen

THÜRINGER TRADITIONEN

Das Meininger Lokomotivreparaturwerk:

Über 90 Jahre unter DampfWeithin geschätztes Fachzentrum mit regelmäßigen Tagen der offenen Tür –Partner im Nostalgieprogramm von NVS und DB Regio AG in Thüringen

Bilder aus großen Dampflokzeiten: Meininger Lehr-werkstatt, Jubiläums-Übergabe, Werksschwimm-bad, Spezialmaschine, „Reichsbahnstolz“ Reko-01,Dampfspeicherlok.

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bildung eigens für eine Tätigkeit im RAW, das damit stets übereinen soliden Facharbeiterstamm verfügte - Hauptkapital desWerkes.

Werkseigene BerufsschuleVon den amerikanischen Bombardements auf Meiningen im Fe-bruar 1945 blieben Bahnhof und RAW – als eigentliche Ziele –weitgehend verschont, so dass der Betrieb alsbald wieder aufge-nommen werden konnte. Ein Segen auch für die Reichsbahn in dernun folgenden sowjetischen Besatzungszone, die den schon fastunmöglichen Spagat zwischen Demontage/Reparationsleistungenund dringend notwendigen Transportaufgaben vollbringen musste.Dazu gehörten zuerst betriebsfähige Lokomotiven aus dem riesigenPark schadhafter Maschinen verschiedenster Bauarten. Angesichtsdes allgegenwärtigen Materialmangels und vieler Unzulänglich-keiten eine schwierige Aufgabe für die 1947 fast 3 000 im RAWMeiningen Beschäftigten.1951 wurde die werkseigene Betriebsberufsschule (BBS) gebildet,wo fortan in dreijähriger Lehrzeit bis zu 180 (!) Facharbeiter in denBerufen Betriebsschlosser und Lokschlosser ausgebildet wurden.Hier werden später auch die Lehrlinge des Betriebs- und Ver-kehrsdienstes im Reichsbahnamtsbezirk Meiningen unterrichtet.

Die „Elch“-Katastrophe1951 ereignete sich auch das schwerste Unglück in der Geschichtedes Werkes: Beim Kesselzerknall der Lok „Elch“ der früheren Hal-berstadt-Blankenburger Eisenbahn, DR-Nummer 95 6679, am 4.Mai wurden elf Menschen getötet und 30 teils schwer verletzt.Ursache war zum einen ein schadhaftes, zu gering anzeigendesKesselmanometer, das zudem ohne Prüfmanometer betriebenwurde. Dadurch wuchs der Kesseldruck auf ca. 24 statt der zuläs-sigen 14 bar an. Zudem waren Feuerbüchsbleche und Decken-stehbolzen über das Grenzmaß hinaus abgezehrt und damit demenormen Überdruck nicht gewachsen. Der durch die Explosion ka-

Der „Elstertalexpress“ dampft auch im kommenden Herbst an den Wochenendenvon Gera nach Cheb – nicht zuletzt dank der Meininger Lokwerker.

Zur Anschauung aufgeschnittener Lokomotivkessel.Mitte: Blecheinwalzmaschine für bis zu 22 mm starkes Material.Oben: Am Torso einer zum Neuaufbau zerlegten Lok.

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tapultierte Kessel schlug 100 m entfernt im Garten des benach-barten Krankenhauses auf. Das Anheizhaus war nahezu völlig zer-stört.

Mit Schweröl und KohlenstaubAngesichts des bei der Reichsbahn nicht kurzfristig vollziehbarenTraktionswandels erhielt insbesondere das Meininger Reparatur-werk den Auftrag, ausgewählte Dampflokbaureihen grundlegendzu erneuern.Neu aufgebaut wurden die „Sonderlokomotiven“ für die damaligeVersuchs- und Entwicklungsstelle der (Reichsbahn-)Maschinen-wirtschaft (VES/M) Halle: 18 201 (02 0201) aus der 61 002 sowiedie rekonstruierten 19 015 und 19 022. Die Lok 01 519 erhielt als erste ihrer Reihe eine Ölhauptfeuerung;anläßlich des 50jährigen Werksjubiläums 1964 wurde sie vorge-stellt. Auf Ölhauptfeuerung wurden insgesamt 116 Lokomotivenvon sechs Baureihen umgebaut. In einem weiteren Umbaupro-gramm wurden Loks der BR 44 mit Kohlenstaubfeuerung „SystemWendler“ ausgerüstet und in Arnstadt stationiert.

Weniger Dampf – neue Leistungen Die letzte Etappe der Serien-Dampflokinstandhaltung war von derÜbernahme von Lokbaureihen aus anderen, nunmit der Dieseltraktion befassten Ausbesse-rungswerken bestimmt. 1987 endete

schließlich auch im Meininger Werk die Instandhaltung vonDampflokomotiven für den herkömmlichen Betriebsmaschinen-dienst. Als originäre Aufgabe verblieben – vorerst – allein die be-triebsfähigen Fahrzeuge des Verkehrsmuseums Dresden. Seit jehersorgte das Raw Meiningen auch für die Schneeräumtechnik derDeutschen Reichsbahn, als Eigenkonstruktion entstand der be-kannte Schneepflug Bauart Meiningen (SPM). Weitere andere Aufgaben hatte das Raw Meiningen bereits ab1976 – zuerst mit der noch ungewohnten Unterhaltung der Schie-nenbusse, LVT BR 171/172, bis 1980. Eigens für diese Fahrzeugeentstanden neue Arbeitsgruben in der Tenderhalle sowie eineTankanlage am Südtor. 1981 folgte die Reparatur von Zement-behälterwagen, die für die folgenden Jahre viel Arbeit brachte.Von 1983 bis 1988 wurden 202 Dampfspeicherlokomotiven desTyps FLC – mit Kesseln aus Dresden-Übigau - gebaut und danachDrehgestelle für Berliner S- und U-Bahn-Fahrzeuge gefertigt.Hinzu kamen Untergestellvorbauten für Güterwagen (RawZwickau), Neubaukessel und Rahmen für Schmalspurdampfloko-motiven (Raw Görlitz), Neubescheibung von Wagenradsätzen so-wie Pressenständer für den Werkzeugmaschinenbau (Zeulenroda).

„Exotische“ Aufträge, harter Alltag Mit der deutschen Wiedervereinigung erlebte das Meininger Werkin rascher Folge spürbare Wechsel in Struktur und Auftrags-

geschehen. Im Blickpunkt der Öffentlichkeit standen natur-

Feineinstellarbeiten während der obligatorischen Lastprobefahrt. Huckepack-Transport nach Meiningen: Harzer Schmalspurlok.

Erwärmen von Lagerstützkörpern fürs Ausgießen mit Lagermetall. Bearbeiten eines spurkranzgeschweißten Schmalspurradsatzes.

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gemäß spektakuläre Aktionen anlässlich vollzogener Aufarbeitun-gen von eher „exotischen“ Lokomotiven verschiedenster Eigneraus dem In- und Ausland.Aufmerksamkeit weithin erregten in Meiningen revidierte bzw.neu aufgebaute Schienen-Stars wie die beiden Zahnradmaschi-nen der Schweizer Furka-Dampfbahn. Solche Referenzen machtendas Meininger Ausbesserungswerk für Dampflokomotiven in ganzEuropa bekannt. Nie zuvor hatten die Lokwerker so viele neugie-rige wie kritische Auftraggeber. Die Kehrseite des bis dahin nicht gekannten freien Marktes be-zeichnen Stichworte wie: Restrukturierung, Rückbau der Werks-anlagen um über die Hälfte, ständige Wechsel im Produktionspro-fil sowie – nicht zuletzt – massiver Personalabbau mit Vorruhe-stands-, Abfindungs- u.a. „sozialverträglichen“ Regelungen. Da-mit schieden viele Fachleute aus und es kam nun darauf an, dasDampflok-know how zu erhalten. Zwischenzeitlich sah dieFührung der DB AG die Stilllegung vor, dann wieder die Privatisie-rung … Die im Werk verbliebenen Mitarbeiter besannen sich ihrer Erfah-rungen und nutzten die technischen Dokumentationen sowie An-lagen, um einen Neuanfang mit entsprechenden Zielen zu wagen.Marketing und Vertrieb orientieren sich an den Kundenwünschen,so dass ein vollständiger Service für Konstruktion und Fertigungvon Einzelteilen, Baugruppen und kompletten Schienenfahrzeu-gen angeboten wird. Um die komplizierte Dampflokomotiv-In-standhaltung auch künftighin auf hohem Niveau zu sichern, ist esbesonders wichtig, den entsprechenden Nachwuchs auszubilden

und die verschiedenen Spezialgewerke zu erhalten.Der Maschinenpark sowie auch einzelne Werkstätten wurdenbeim Verkleinern der Werksanlagen gleich mit modernisiert undnotwendige technologische Anpassungen vorgenommen. Auchfür die Ausbesserung von Wagen ist vorgesorgt: Spezialarbeitenübernehmen einheimische Tischler, Sattler und Dachdecker.

Nun auch „Elektrische“ in ArbeitNach der Zuordnung zum DB-Bereich Spezialwerke erhielt der Be-trieb zum 1. Juli 1997 die Bezeichnung „Dampflokwerk Meinin-gen“ (DLW). Mit Schließung des vormaligen Raw Görlitz fandendie Schmalspurlokomotiven aus Mecklenburg-Vorpommern,Sachsen und dem Harz Obhut in Meiningen.In Deutschland gibt es insgesamt rund 120 Betreiber von ca. 230betriebstüchtigen Dampflokomotiven. Hinzu kommt eine Vielzahlvon Dampflok in ganz Europa, um die sich auch andere Instand-halter bewerben. Im Meininger Werk sind für 2004 nur etwa 60Prozent der Kapazität für die Dampflokausbesserung ausgelastet.Umso wichtiger sind weitere Aufträge aus anderen Bahnberei-chen, wie Reparatur von Schadwagen, Diesellokomotiven - undnun sogar der ersten E-Lok.

… und im September wieder die Meininger Dampfloktage Seit 1. Januar 2004 firmiert das Werk als „DB Fahrzeuginstand-haltung GmbH, Dampflokwerk Meiningen“ - wiederum ein neuesSchild am Werktor, das seit einem Jahrzehnt dem interessiertenPublikum weit geöffnet ist. Die traditionellen MeiningerDampfloktage finden am 4./5. September zum nun schon zehntenMale statt, diesmal verbunden mit dem 90jährigen Betriebs-jubiläum. Darüber hinaus führen Werksmitarbeiter und Helfer vomMeininger Dampflokverein (MDV) an jedem ersten und drittenSamstag eines Monats durch die Hallen. Nach Anfrage sind auchweitere Besichtigungstermine möglich.

Rainer Scholze

Kontakt:Dampflokwerk MeiningenAm Flutgraben 2, 98617 MeiningenTelefon: 03693/ 851 621 – www.dampflokwerk.de

Eisenbahnertradition zu den Meininger Dampfloktagen.

Hohes Lob der „schwarzen Männer“ auf der Lok.

Allbekannter Schneepflug der Bauart Meiningen.

Allen Partnern der NVS, Freunden und Lesern schöne Ferientage! – Wem es selbst auf dem Brocken zu warm wird – wie am 19. Juli 2003, als diese Aufnahme bei nahe 30 Grad Cel-sius entstand -, der findet vielleicht in den Tälern, wie entlang der Sormitz zwischen Wurzbach und Leutenberg (Bild Rückseite), die erhoffte Frische. Oder gar im klimatisierten „De-siro“-Nahverkehrstriebwagen. Bei einer entspannten Mitfahrt sieht man ja am besten, wie schön Thüringen ist.

Herausgeber: NVS – Nahverkehrsservicegesellschaft Thüringen mbHTschaikowskistraße 11 · 99096 ErfurtGeschäftsführer und Sprecher: Otto Mayer (v. i.S.d.P.)

Herstellung: Hans-Jürgen Barteld REDAKTION & VERLAG Berga/Elster

Mitarbeit: Hans Bürglen, Erfurt

Fotografien: Rainer Albrecht, Frank Barteld, Andreas Galle, NVS, Fritz Reichenbecher, Helmut Sangmeister, Rainer Scholze, Thomas Splittgerber

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