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managerSeminare | Heft 174 | September 2012 50 | knowledge Schikanierte Chefs STAFFING Foto: stm/photocase

Schikanierte Chefs (Staffing) - Jobadu.de · Staffing vorgeht A Vorsicht falle: Welche typischen fehler führungskräfte und Unternehmen im Umgang mit Staffing vermeiden müssen C

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Page 1: Schikanierte Chefs (Staffing) - Jobadu.de · Staffing vorgeht A Vorsicht falle: Welche typischen fehler führungskräfte und Unternehmen im Umgang mit Staffing vermeiden müssen C

managerSeminare | Heft 174 | September 2012

50 | knowledge

Schikanierte ChefsStaffing

foto: stm/photocase

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alle reden über Mobbing, aber kaum jemand weiß, dass auch füh-rungskräfte gemobbt werden – und zwar von unten: Beim soge-nannten Staffing schikanieren Mitarbeiter systematisch ihren Vor-gesetzten. Das passiert häufiger als gedacht und hat weit größere auswirkungen als das Kollegen-Mobbing. Umso wichtiger ist es, frühzeitig einzuschreiten – nur wie?

Preview: AiHeimlicher Büro-aufstand: Was Staffing ist und wie es sich äußert A alarmierende Zahlen: Wie die Schikane am arbeitsplatz zugenommen hat A Kein Kavaliersdelikt: Welche folgen Staffing für eine führungskraft und ein Unternehmen haben kann A Jeder kann Staffer werden: Warum Mitarbeiter nach oben mobben A Manager im Minenfeld: Welches Ver-halten einer führungskraft Staffing auslöst A Bloß nicht abstürzen: Wie eine führungskraft richtig gegen Staffing vorgeht A Vorsicht falle: Welche typischen fehler führungskräfte und Unternehmen im Umgang mit Staffing vermeiden müssen

C Die Gespräche verstummen, wenn Jens Meiser* ins Zimmer kommt. Seine Kol-legen tuscheln hinter seinem Rücken. Sie enthalten ihm wichtige Informationen vor. Zudem verbreiten sie in der Abteilung Gerüchte, dass Meiser zu wenig arbei-tet. Dabei ist er morgens der Erste, der kommt und abends der Letzte, der geht. Keine Frage: Jens Meiser wird von seinen Kollegen gemobbt. Wie Millionen andere. Brisanterweise sind es aber seine eigenen Mitarbeiter, die ihn schikanieren. Leute, die ihm formell unterstehen; deren Ver-halten in seinen Verantwortungsbereich fällt.

Viele reden über das Thema Mobbing, aber nur selten wird darüber gesprochen, dass auch Führungskräfte gemobbt werden. Beim Staffing, einer Sonderform des Mob-bings, versuchen Mitarbeiter systematisch, ihren Vorgesetzten zu schikanieren, um ihn aus ihrem Bereich oder gleich ganz aus dem Unternehmen zu drängen. Der Begriff für das Mobbing der Belegschaft gegen den Chef stammt vom englischen Wort „staff“, zu deutsch „Personal“. Und diese Schikane von unten nach oben passiert öfter, als wir denken. Die jüngste große deutschlandwei-te Studie zum Thema Mobbing wurde im Jahr 2000 für die Bundesanstalt für Arbeits-schutz und Arbeitsmedizin durchgeführt. Speziell zum Staffing hat der Mobbing-Report ermittelt: 2,3 Prozent der Mobbing-Opfer wurden von Untergebenen gemobbt, das sind, bei einer Zahl von 2,1 Millionen Mobbing-Opfern, 48.300 Staffing-Fälle, also Fälle, in denen Führungskräfte von ihren Mitarbeitern schikaniert werden. „Es ist aber von einer höheren Dunkelziffer aus-zugehen, denn viele Führungskräfte trauen sich nicht zuzugeben, wenn sie gemobbt werden,“ sagt Norbert Copray, Coach und Geschäftführender Direktor der Fairness-Stiftung.

EU-Studie zeigt: Mobbing hat zugenommen

Ob Schikane von unten oder auf gleicher Ebene innerhalb des Kollegiums – insge-samt hat Mobbing in den vergangenen Jahren zugenommen. Im Jahr 2010 wurden im Auftrag der EU 44.000 Menschen in 34 Ländern befragt. Knapp acht Prozent der befragten Deutschen haben in der Studie angegeben, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten am Arbeitsplatz schikaniert worden seien. Fünf Jahre zuvor waren es nur 4,5 Prozent. Auch der Zeitdruck im Job hat aus Sicht der Beschäftigten zugenom-men: Drei Viertel der befragten Deutschen haben angegeben, dass sie mindestens 25 Prozent ihrer Arbeitszeit in sehr hohem Tempo arbeiten müssen. „Die Bereitschaft zu aggressivem Verhalten im Jobumfeld ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Nicht nur Stress, sondern auch Personalabbau und steigender Konkurrenzdruck sind die Gründe hierfür“, liefert Bärbel Meschku-tat, Sozialforscherin an der Technischen Universität Dortmund und Mitautorin des deutschlandweiten Mobbing-Reports, eine Erklärung für die aktuellen Zahlen der EU-Studie.

* name geändert

A

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Nicht nur die Führungskraft leidet durch Staffing, auch das Unternehmen wird in Mitleidenschaft gezogen, wenn Mitarbeiter mit ihrem Vorgesetzten auf Kriegsfuß ste-hen. Denn: Eine Führungskraft ist eine zen-trale Figur – wird sie von ihren Mitarbeitern boykottiert, beeinträchtigt das die Atmo-sphäre und den Workflow in dem betrof-fenen Bereich. Und das strahlt auch nach außen ab. „Als die Mitarbeiter in einem Supermarkt ihren Filialleiter gemobbt haben, hat das die Stimmung so stark beein-trächtigt, dass das sogar die Kunden gemerkt haben“, berichtet Copray. „Sie haben sich zurückgezogen.“ Doch Staffing kann nicht nur zu Image-Schäden führen oder das Betriebsklima vergiften, führen Mobbing-Berater vor Augen: Machen Mitarbeiter zum Beispiel Dienst nach Vorschrift oder enthal-

ten ihrem Chef Informationen vor, sind auch Produktionsstörungen und Qualitätsdefizi-te die Folge.

Wie lassen sich solche Staffing-Schäden vermeiden? Mit anderen Worten: Was ist zu tun, wenn man merkt, dass sich bei den Mit-arbeitern eine Stimmungsfront bildet? Um gegen Staffing vorzugehen, ist wichtig zu verstehen: Weshalb genau mobben Mitarbei-ter nach oben? Es ist ja nicht ausschließlich der Stress, der sie treibt – bzw. hat dieser tiefer liegende Gründe. „Jeder kann Staffer werden, der sich subjektiv ungerecht behandelt fühlt“, erklärt Copray. Also ist jeder Mitarbeiter potenzieller Staffer, und Staffing kann jede Führungskraft treffen. Zumal Führungskräf-te oft auch unfair handeln, ohne es zu merken (s. Literaturtipp im Kasten rechts „Wie geht gerechte Führung?“).

Sie stehen besonders im Minenfeld: Neue Führungskräfte

Nicht immer aber muss das Opfer in irgendeiner Form Schuld am Staffing haben. Jemand kann allein dadurch, dass er in eine Chef-Position befördert worden ist, für Neid bei einem früheren Kollegen sorgen, der des-halb anfängt, seinen neuen Chef zu mobben. Oder: Eine junge Führungskraft kann trotz hoher Kompetenz von Mitarbeitern, die deutlich älter sind, als Autorität abgelehnt werden. Oft liegt die Ursache für Staffing aber durchaus im Verhalten der Führungs-kraft: „Mangelnde Sozialkompetenz und ein plumpes Hervorkehren bloßer ‚Amtsautori-tät‘ sind häufige Auslöser für Mobbing nach oben“, meint Quandt.

Daher sind es in der Regel besonders Füh-rungskräfte, die einen neuen Posten antreten oder neu in eine Firma kommen, die gemobbt werden. „Sie kennen die unge-schriebenen Gesetze und das Eigenleben in ihrer Abteilung noch nicht“, sagt Astrid Schreyögg. „Daher stoßen sie ihre neuen Mitarbeiter schnell ungewollt vor den Kopf

„Staffer sind überzeugt, das Richtige zu tun. Sie wollen ihrem Vorgesetzten Grenzen aufzeigen.“

axel Quandt, Coach und Begründer der Praktiker-Seminare gbR, Berlin. Kontakt: [email protected]

Die Entwicklung zeigt: In vielen Unter-nehmen stimmt etwas nicht am Arbeitsplatz. Der Stress steigt – und eines der Ventile, wie er sich entladen kann, ist offenbar Mobbing. „Denn wer sich überlastet oder am Arbeits-platz unzufrieden fühlt, sucht schnell einen Sündenbock“, sagt Meschkutat. Und so muss dann einer herhalten, der vermeintlich schlechte Arbeit leistet. Er wird dann von den anderen gepeinigt. Meist ohne dass sich die Mobber Gedanken darüber machen, was sie mit der gezielten Ausgrenzung ihres Opfers eigentlich anrichten.

Tiefer Fall: Gestaffte Führungskräfte leiden unter Ansehensverlust

„Mobbing ist eine extreme psychische Belas-tung für die Betroffenen und hat weitrei-chende Folgen für die Gesundheit“, sagt Mobbing-Berater Axel Quandt. Im äußers-ten Fall führt Mobbing sogar zum Selbst-mord des Betroffenen – und das leider nicht selten. „In Deutschland haben wir jährlich mindestens 2.000 mobbingbedingte Selbst-morde zu verzeichnen“, schätzt Quandt. Zu diesem Ergebnis kommt der Soziologe aus Berlin aufgrund einer schwedischen Studie, die er auf die Verhältnisse in Deutschland hochrechnet. „Der seelische Ressourcenab-bau ist bei der Mobbing-Form des Staffing oft besonders groß und der große Anse-hensverlust für eine Führungskraft, die als solche nicht akzeptiert wurde, ist meist sehr dauerhaft“, so Quandt.

Leserbefragung: Staffing

Was wird im Umgang mit Staffern häufig falsch gemacht?

gegendruck erzeugen und „bossen“. 63 %

Viele führungskräfte reagieren schlicht zu spät. 53 %

auf die eigene Position pochen. 50 %

Viele führungskräfte glauben, das Problem mit sich selbst ausmachen zu müssen. 40 %

Sich aus der Ruhe bringen lassen und so die Vorwürfe der Mobber bestätigen. 26 %

Die führungskraft wird versetzt, die Staffer werden damit bestätigt. 26 %

Was können Führungskräfte gegen Staffing tun?

Es geht um die Kultur: Wo Konflikte ausgetragen werden können, gibt es kein Staffing. 77 %

Einzelgespräche führen, solange die Lage nicht eskaliert ist. 71 %

gruppentrainings und teambuilding-Maßnahmen durchführen. 42 %

Jede andeutung von Staffing sofort im Keim ersticken. 10 %

Quelle: Umfrage in managerSeminare, ausgabe 170, Juli 2012, n = 62

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und verhalten sich unangemessen, ohne es zu merken“, erklärt die Berliner Psychologin. In ihrem Buch „Coaching für die neu ernannte Führungskraft“ (vgl. Servicekasten unten) beschreibt sie die Finten der Mikro-politik, die Führungskräfte zu Staffing-Opfern werden lassen. Ihr Rat: „Kommt man als Führungskraft neu in ein Unternehmen oder eine Abteilung, sollte man zuerst Stall-geruch annehmen, bevor man aktiv wird und mit Änderungen zur Tat schreitet.“ Eine Führungskraft hat zwar formal mehr Macht als ihre Mitarbeiter, doch: „Bevor sie als Autorität akzeptiert wird, muss sie als Mensch akzeptiert werden“, so Schreyögg.

All das zeigt: Die Gründe für Staffing sind vielfältig. Ambitionen der Mitarbeiter oder ein Interessenkonflikt zwischen Teammit-glied und Chef liegen jedoch jedem Staffing-Fall zugrunde.

Staffing erzeugt eine Spirale der Unsicherheit

Ist Staffing erst einmal voll im Gang, ist es schwer, die Notbremse zu ziehen – zumal das Unrechtsbewusstsein der Täter beim Staffing gering ist und sie ihr Handeln auch nicht als Mobbing wahrnehmen. „Staffer sind sogar überzeugt, das Richtige zu tun; sie halten das Verhalten oder die Handlungen ihres Vorgesetzten für unangemessen und wollen ihm die Grenzen aufzeigen“, sagt

Quandt. Das Fatale: Der Glau-be, im Recht zu sein, scheint sich in den Augen der Täter irgendwann zu bestätigen, denn die permanente Schikane setzt einen Teufelskreis in Gang. Das Opfer ist zunehmend überfor-dert, Fehlreaktionen nehmen zu, und die Leistungsfähigkeit sinkt. Wenn sie die Staffing-Handlungen nicht unterbinden kann und das Mobbing immer weitergeht, ist die Führungskraft irgendwann so verunsichert, dass sie auch simple Aufgaben nicht mehr bewältigt und ihr lächerliche Fehler unterlaufen. Die Staffer bestätigt das nur in ihrer schlechten Meinung über das Opfer. „Die Führungskraft hat Mühe, überhaupt noch ein Bein auf den Boden zu bekom-men, weil ihr die Mitarbeiter hinten und vorne nachweisen, dass sie unfähig ist“, sagt Schrey-ögg.

Umso wichtiger ist es, früh-zeitig gegen die Staffer vorzuge-hen – bevor die Zermürbung einsetzt und die eigene Arbeits-leistung tatsächlich leidet. Das Schwierige dabei: zu identifizie-ren, ob ein Verhalten tatsächlich

Service

LiteraturtippsAAstrid Schreyögg: Coaching für die neu ernannte Führungskraft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2. auflage, Wiesbaden 2010, 49,95 Euro.Das Buch schildert, was man zum antritt eines neuen Chefpostens wissen muss: Es beschreibt zahlreiche tücken und Umstände, die die führungskraft auf ihrem neuen Posten vorfinden kann. neben ausführungen zu Hintergründen und Zusammenhängen von Problemkonstellati-onen im neuen Job gibt die autorin tipps, wie man sich als führungskraft auf die neue auf-gabe vorbereitet und nicht schon in den ersten Wochen einen nährboden für Staffing schafft. ASylvia Jumpertz: Wie geht gerechte Führung? managerSeminare 172, Juli 2012, S.18-23, www.managerseminare.de/MS172aR01Mitarbeiter, die sich unfair behandelt fühlen, reagieren zum Schaden des Unternehmens: etwa mit innerer oder tatsächlicher Kündigung, zuweilen gar mit destruktivem, sabotierendem Ver-halten. Doch wie führt man eigentlich fair? Der managerSeminare-artikel liefert antworten.

Linktippswww.mitarbeiterfuehrung-online.de/category/mobbingDer führungskräfte-trainer und -Berater Detlef fröhlich gibt in seinem Blog zahlreiche und umfangreiche tipps zum richtigen Umgang mit Staffing.www.mobbingweb.deDas Mobbing-Portal informiert mit news, Links und Broschüren umfassend zum thema Mobbing und Staffing. Besonders nützlich: die Listung spezialisierter Rechtsanwälte.

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schon Staffing ist. Zumal in der Anfangs-phase die Anzeichen fast unmerklich sind. Denn in der Regel gehen die Staffer verdeckt vor, weil sie um die Machtbefugnisse ihres Vorgesetzten wissen. Beispielsweise geben sie ihm einfach wichtige Informationen nicht weiter. Norbert Copray nennt einen Fall aus der Praxis: Ein neuer Geschäftsleiter wollte eine Prozessoptimierung durchfüh-ren. Dieselbe Idee hatte sein Vorgänger auch schon, war aber mit der Umsetzung geschei-tert. Das Team klärte seinen neuen Chef darüber aber nicht auf.

Entwickelt sich der Staffing-Konflikt wei-ter, können gehäufte Schlampigkeiten, Krankmeldungen der Mitarbeiter oder das Ignorieren von Arbeitsanweisungen Staf-fing-Anzeichen sein. Erst in der fortgeschrit-tenen Phase des Konflikts wird auch die Stimmung feindselig. Die letzte Phase ist die Eskalation, in der es zu lautstarken Ausei-nandersetzungen kommen kann.

Das nötige Vorgehen: Einzelgespräche führen

„Bemerkt man, dass seitens der eigenen Mitarbeiter Mobbing-Aktivitäten begin-nen, sollte man außerordentlich behut-sam vorgehen“, rät Mobbing-Berater Axel Quandt, der auch Seminare zum Vorgehen gegen Mobbing durchführt. Zunächst ist es wichtig, differenziert das Gesamtbild des Ist-Zustands zu betrachten und zwi-schen typischem Mitarbeiterverhalten und Staffing zu unterscheiden. Norbert Copray empfiehlt zu reflektieren, was vorgefallen ist, und zu überlegen, was der Grund für die Vorkommnisse ist. „Hier ist es auch wichtig, sich selbst ehrlich zu fragen: Was trage ich dazu bei, dass es so ist? Was muss ich auf meiner Seite verändern?“, so der Coach und Fairness-Experte.

Gespräche mit den Staffern können den Konflikt in der frühen Staffing-Phase aus der Welt schaffen. Dabei gilt: „Einzelgespräche

sind Gesprächen mit dem Team vorzuzie-hen, denn in Gruppengesprächen besteht die Gefahr, vom Team in die Enge getrieben zu werden“, sagt Führungskräfte-Coach Astrid Schreyögg. „Konfrontiert man die Staffer hingegen in einem Einzelgespräch mit ihren Handlungen“, so ergänzt Quandt, „sind sie in der Regel froh, noch unbescha-det aus der Angelegenheit herauskommen zu können.“

In dem Gespräch mit dem Staffer gilt: Die Führungskraft sollte zunächst die Hand-lungen ansprechen, die ihr aufgefallen sind. Auf die Begriffe Mobbing oder Staffing sollte sie hierbei verzichten. Der Gestaffte kann auch Menschlichkeit zeigen, indem er sagt, dass die Situation ihn belastet. Im zweiten Schritt fragt er den Mitarbeiter, wie man gemeinsam mit der Situation umgehen möchte. Wichtig ist auch, dem Staffer Gren-zen aufzuzeigen und zu erklären, dass das

Verhalten nicht länger geduldet wird. „Auf keinen Fall aber sollte die gestaffte Füh-rungskraft dem Mitarbeiter mit Konse-quenzen drohen, denn damit wird die Bezie-hung offen als irreparabel festgeschrieben und die Front der Staffer gestärkt. Das kann sich aber die Führungskraft, jedenfalls in der gegebenen Situation, nicht leisten“, meint Axel Quandt. „Hilfreich ist es hingegen, Offenheit und Kompromissbereitschaft zu zeigen. Dieses Angebot sollte aber ehrlich und authentisch sein, Gegenteiliges merken die Mitarbeiter sofort und blocken ab.“

Um die Wogen wieder zu glätten, emp-fiehlt Norbert Copray zudem eine Aktion, die für alle sichtbar einen Neustart einleitet. Das könnte zum Beispiel ein Workshop sein mit dem Ziel, neue Regeln der Zusammen-arbeit zu schaffen. Führungskräfte können ihre Mitarbeiter auch auffordern, ihnen ano-nyme Briefe zu schreiben, in denen sie Kri-tik äußern und ihre Vorstellungen von Füh-rung beschreiben. „Allein das Thematisieren der Probleme führt oft schon zu einer bes-seren Atmosphäre“, versichert der Coach.

Sechs Fallstricke bei der Staffing-Bekämpfung

Ob im Workshop oder im Einzelgespräch – wie auch immer Staffing-Opfer das Staffing-Problem angehen: Auf jeden Fall sollten sie einige typische Fehler vermeiden, die nach Beobachtung der Mobbing-Berater immer wieder vorkommen.

Fallstrick 1: Härte zeigen. „Staffing ist kein Konflikt, der sich durch Macht lösen

Quick guide gegen Staffing

Was ist zu tun, wenn sich bei den Mitarbeitern eine Stimmungsfront bildet?

A Machen Sie sich ein Gesamtbild vom Ist-Zustand: Was ist passiert und was könnte der grund für die Vorkommnisse sein? Prüfen Sie genau: Welche ihrer Beobachtungen zählen noch zu typischen Verhaltens-weisen eines Mitarbeiters? Was könnte Staffing sein? Überlegen Sie auch, welches Verhalten auf ihrer Seite zu der Situation beiträgt.A führen Sie Einzelgespräche mit den Staffern. in dem gespräch sprechen Sie die Handlungen an, die ihnen aufgefallen sind. fragen Sie ihr gegenüber, wie sie gemeinsam mit der Situation umgehen wollen. nehmen Sie in den gesprächen nicht die Wörter „Staffing“ und „Mobbing“ in den Mund.A Zeigen Sie in dem gespräch ihrem gegenüber Grenzen auf. Verzichten Sie jedoch auf Drohungen.A initiieren Sie eine aktion, die für alle einen Neustart einleitet, wie einen Workshop, in dem neue Regeln der Zusammenarbeit geschaffen werden können.A Wenn Sie das Problem nicht alleine lösen können, wenden Sie sich rechtzeitig an einen Berater.A Holen Sie sich bei ihrem Vorgesetzten in einem Vieraugen-gespräch Rückendeckung für eventuelle personelle Veränderungen. A Wenn die fronten verhärtet sind und gespräche keine Wirkung mehr zeigen, muss der Staffer versetzt oder gekündigt werden. Sich selbst versetzen zu lassen, ist keine Lösung.

„Irgendwann bekommt die gestaffte Führungskraft kaum noch ein Bein auf den Boden, weil ihr die Mitarbei-ter tatsächlich Mängel nach-weisen.“Dr. astrid Schreyögg, Coach und Coach-ausbilderin in Berlin sowie autorin zahlreicher Bücher zum thema Coaching. Kontakt: [email protected]

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lässt“, sagt Copray. Viele Manager zeigen beim Angriff auf ihre Autorität jedoch Härte. Sie pochen auf ihre formelle Macht und versuchen durch Drohungen oder Druck die Mitarbeiter zum Einlenken zu bewegen. Ein weiterer Fehler: Führungskräfte kompensie-ren ihre Verunsicherung durch das Staffing oft mit einer Überbetonung von Formalia. Beide Vorgehensweisen verstärken die Abwehrhaltung der Mitarbeiter und führen zu einer Verhärtung der Fronten.

Fallstrick 2: Bossing. Wichtig ist, souve-rän zu bleiben. Die Schikane mit gleicher Münze heimzuzahlen – indem man den Staffer z.B. vor der Mannschaft bloßstellt – gießt nur Öl ins Feuer.

Fallstrick 3: Zu spätes Einschreiten. Je weiter fortgeschritten ein Staffing-Konflikt ist, desto schwieriger ist die Lösung. Wer gestafft wird oder die Gefahr sieht, dass sich Staffing entwickelt, sollte deshalb sofort han-deln. Wenn der Kleinkrieg zwischen Füh-rungskraft und Angestellten erst richtig in Gang ist, helfen auch Gespräche mit den Staffern nicht mehr. „Die Täter können dann nicht mehr offen die Karten auf den Tisch legen und zugeben, was sie bisher schon gemacht haben, weil sie sich damit selbst absägen würden“, sagt Quandt. „Wahrheit oder Offenheit als Problemlöser scheiden insoweit aus. Die Täter fürchten außerdem auch, dass es ihnen schlecht ergeht, wenn ihr Opfer wieder Oberwasser bekommt und ‚rehabilitiert‘ wird; sie versuchen, den Gestafften gar nicht mehr nach oben kom-men zu lassen.“

Fallstrick 4: Der Glaube, alles selbst lösen zu müssen. Staffing-Opfer wenden sich mit dem Problem selten an Dritte, weil sie denken, es sei für sie als Führungskraft ehrenrührig, Hilfe anzufordern. Ein vertrau-liches Gespräch mit dem eigenen Vorgesetz-ten, in dem dieser Unterstützung oder etwai-ge personelle Veränderungen zusichert, kann dem Betroffenen jedoch erheblich den Rücken stärken.

Fallstrick 5: Zu spätes Einholen exter-ner Hilfe. Auch ein Berater kann zur Lösung des Problems hinzugezogen wer-den. Diesen Weg ist Jens Meiser gegangen – aber zu spät: Der Konflikt stand kurz vor der Eskalation und war so festgefahren, dass der als Mediator eingespannte Berater keinen Spielraum mehr hatte, auf die Situ-ation einzuwirken. In den Beratungsge-sprächen schoben Führungskraft und Mit-arbeiter nur Vorwürfe hin und her, und die Staffer haben ihr Fehlverhalten geleugnet. Wer gestafft wird und merkt, dass die eige-nen Lösungsversuche die Situation nicht verbessern, sollte also nicht lange fackeln und externe Hilfe holen, empfehlen Mob-bing-Berater.

Fallstrick 6: Versetzung oder Kündi-gung des Staffing-Opfers. Von Unterneh-mensseite ist darauf zu achten: Das Perso-nal-Management darf das Staffing-Opfer nicht versetzen oder gar entlassen. „Dies führt nur dazu, dass die Täter ein starkes Erfolgserlebnis haben. Beim kleinsten Pro-blem mit einer nächsten Führungskraft greifen sie dann wieder auf dasselbe Verhal-ten zurück“, warnt Axel Quandt. „Auf der anderen Seite geht die Führungskraft natür-lich nicht mit breiter Brust aus der Situati-on, sondern schwer beschädigt und oft auch traumatisiert; sie empfindet die Niederlage umso stärker.“

Am besten ist natürlich, wenn es erst gar nicht zu Staffing kommt. Ob Grabenkrieg oder vertrauensvolles Miteinander – der Schlüssel hierzu liegt in der Unternehmens-kultur. Copray: „Wo viel Druck herrscht, den Mitarbeitern wenig Wertschätzung entge-gengebracht wird und die Dinge sich selbst überlassen werden, können Staffing und Mobbing gedeihen.“ Umgekehrt bedeutet das: Wer als Führungskraft auf Fairness ach-tet und eine offene Gesprächskultur pflegt, beugt Staffing vor.

Sabrina Gerbrecht C

„Allein das Thematisieren der Probleme führt oft schon zu einer besseren Atmosphäre.“

Dr. norbert Copray, Unternehmensberater, Coach und geschäftsführender Direktor der fairness-Stif-tung in frankfurt/Main. Kontakt: [email protected]

foto: fairness-Stiftung

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Trauer am ArbeitsplatzLeidfaden. Fachmagazin für Krisen, Leid, Trauer. Heft 3/2012Einzelheft € 19,95 D. ISSN 2192-1202Mehr Info: www.v-r.de

Die Beiträge beleuchten u.a. folgende Fragen:• Wie wirkt sich Trauer aus? • Wie gehen Vorgesetzte,

Mitarbeiter und Kollegen mit Trauernden um?

• Über wie viel Trauer- wissen verfügen Führungs-kräfte?

• Welche Hilfen bekommen Firmenangehörige, wenn ein Kollege stirbt?

• Welchen Platz hat Trauer in der Firmenphilosophie?