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Script zur wdr-Sendereihe Quarks & Co Schlankmacher auf Rezept Westdeutscher Rundfunk Köln Appellhofplatz 1 50667 Köln Tel.: 0221 220 3682 Fax: 0221 220 8676 E-Mail: [email protected] www.quarks.de

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Script zur wdr-Sendereihe Quarks&Co

Schlankmacher auf RezeptWestdeutscher Rundfunk Köln

Appellhofplatz 150667 Köln

Tel.: 0221 220 3682Fax: 0221 220 8676

E-Mail: [email protected]

www.quarks.de

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Text: Johanna Bayer, Herbert Hackl, Thomas Kresser, Tilman Wolff; Redaktion: Monika Grebe;Copyright: wdr, August 2006; Gestaltung: Designbureau Kremer & Mahler, Köln

Bildnachweis: alle Bilder: Freeze wdr 2006 außer: S. 7: ZDF

Der Glaube, Abnehmen sei nur eine Sache der Selbstbeherrschung, ist weit verbreitet.Aber ist Übergewicht wirklich nur Willenssache? Warum erzielen so viele Menschen trotzDiäten keine langfristigen Erfolge beim Abnehmen? Wissenschaftler kommen immer mehrzu der Erkenntnis, dass Essen zu einer echten Sucht werden kann, aus der sich stark Über-gewichtige nur schwer befreien können.

Im September 2006 kommt die Schlankheitspille Acomplia in Deutschland auf denMarkt. Sie soll Dicke nicht nur dünner, sondern auch gesünder machen und z. B. Diabetesoder Herzinfarkt vorbeugen. Ist die Pille die Lösung aller Gewichtsprobleme? Wie wirkt sie?Welche Nebenwirkungen kann sie haben? Und wie gut ist sie erforscht?

Quarks & Co gibt Antworten auf diese Fragen und zeigt, dass es auch ohne Medikamentegeht – mit einem neuen Ernährungskonzept, bei dem man abnimmt ohne zu Hungern.

4 Schlankmacher auf Rezept?

7 Vom Haschisch zum Schlankmacher

10 Gehirn auf Droge

12 Das Geheimnis des Appetits

14 Essen als Droge

18 Satt abnehmen

25 BMI – Body Mass Index

27 Lese- und Linktipps

Weitere Informationen, Link- und Lesetipps finden Sie unter: www.quarks.de

InhaltInhalt

Schlankmacher auf RezeptSchlankmacherauf Rezept

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Leidvolle Erfahrung mit Hungerkuren

Renate Schäuble ist 58 Jahre alt. Seit mehr alszehn Jahren hat sie deutliches Übergewicht, fast30 überflüssige Kilos trägt sie mit sich herum. IhreGesundheit leidet, einen Bandscheibenvorfallhatte sie bereits und sie leidet unter Diabetes.Alles hat die Berlinerin schon versucht, um abzu-nehmen. Doch ganz gleich, ob Atkins-Diät, Trenn-kost oder Weight Watchers, nach kurzfristigen Erfol-gen landete sie wieder bei ihrem Ausgangsgewicht– der bekannte Jojo-Effekt. In einer Berliner Zeitungstieß sie schließlich auf eine Anzeige. Dort wurdenProbanden für den klinischen Test einer neuenAbnehm-Pille gesucht, die einen ganz neuartigenWirkmechanismus besitzen soll. Renate Schäubleentschließt sich, an der Studie teilzunehmen.

Viele Teilnehmer fallen durch das Raster

Die ersten Erläuterungen der Studienkoordina-torin klingen vielversprechend. Doch bevor RenateSchäuble einsteigen kann, muss sie sich einer gan-zen Reihe von Voruntersuchungen unterziehen.Die sollen klären, ob sie überhaupt teilnehmen darf– Freiwillige, die an chronischen Infektionen wiebeispielsweise Hepatitis leiden, dürfen nicht ander Studie teilnehmen. Das Risiko wäre zu hoch.

Renate Schäuble wird zugelassen, und im Frühjahr2002 nimmt sie die erste Tablette. Zwei Jahre langschluckt sie täglich die Pille, doch weiß sie nicht,ob sie dabei tatsächlich den Wirkstoff Rimonabanteinnimmt. Denn bei der Studie handelt es sich umeine so genannte Doppel-Blind-Studie: einige Teil-nehmer bekommen eine wirkungslose Plazebo-Pille, doch weder Versuchsleiter noch Probandenwissen, wer das echte Medikament eingenommenhat. Erst am Ende werten Unbeteiligte die Versuchs-reihen aus. So können falsche Ergebnisse auf-grund von subjektiven Voreinstellungen und Inter-pretationen ausgeschlossen werden.

Kalorien drastisch reduziert

Während der zwei Jahre muss die 58-Jährige auchihre Ernährung umstellen. Ihr tägliches Kalorien-konto wird zu Beginn der Studie auf 1.400 Kalorienbegrenzt. Bis zum Ende wird sie ihren Kalorien-bedarf auf gerade mal 1.200 Kalorien abgesenkthaben. Jeden Tag führt sie akribisch Protokoll: sienotiert, wann sie was, wo und vor allem aus wel-chem Grund gegessen hat. Gemeinsam mit Ernäh-rungsberaterinnen analysiert Renate Schäuble inregelmäßigen Abständen die Protokolle, umFehler oder Schwächen auszumachen. Freiwilligfängt sie auch an Sport zu treiben – Geräteturnen.

20 Kilogramm in zwei Jahren

Tatsächlich macht sich eine Änderung bemerkbar:nach einem Jahr hat Renate Schäuble 10 Kilo abge-nommen. Sie wiegt jetzt knapp 90 Kilo bei einerGröße von 1,68 Meter – für sie schon ein beacht-licher Erfolg im Vergleich zu den über 100 Kilo, diesie zu Beginn der Studie auf den Rippen hatte.

Und: im Gegensatz zu vielen anderen Studienteil-nehmern, die aus unterschiedlichen Gründen vor-her aufgeben, steigt sie nicht aus, sondern machtweiter. Sie fühlt sich gut, keine Spur von Neben-wirkungen. Denn deren Auftreten wird kontrolliert,dazu muss sie in regelmäßigen Abständen einenFragebogen ausfüllen. Nach zwei Jahren ist esdann soweit, die Studie geht zu Ende und wird aus-gewertet. Der Blick auf die Waage zeigt: RenateSchäuble hat fast 20 Kilo abgenommen. Erst hin-terher erfährt sie, dass sie eine von denen war, diedas echte Medikament bekommen haben – undbei ihr hat es die erhoffte Wirkung entfaltet.

Ohne Umstellung geht es nicht

August 2006: Auch zwei Jahre nach dem Ende derRimonabant-Studie hat Renate Schäuble ihr neuesGewicht von rund 80 Kilo gehalten. Die Ursachen

für diesen Erfolg sieht die 58-Jährige allerdingsweniger in der Wirkung der Pille, sondern in derDiät, die sie seitdem diszipliniert durchhält. Dennschon während der Studie unterbrach die Klinikden Versuch zwischendurch für sechs Wochen.Doch auch in dieser Zeit hat Renate Schäuble kon-tinuierlich abgenommen, obwohl sie das Medika-ment nicht einnahm. Trotzdem würde sie an einervergleichbaren Studie jederzeit wieder teilnehmen,denn die regelmäßigen Gewichtskontrollen unddie kontinuierliche Ernährungsberatung währendder Studie haben ihr geholfen, die Ernährungdauerhaft umzustellen.

Die Ergebnisse der Rimonabant-Studie

An der sogenannten Rimonabant in Obesity-Studie, kurz RIO-Studie, haben weltweit mehr als6.600 Patienten teilgenommen, 1.507 davon inEuropa. An der Studie durften ausschließlichPatienten teilnehmen, die entweder schwer über-gewichtig waren, d. h. einen Body-Mass-Index (BMI)von mehr als 30 hatten oder aufgrund ihres Über-gewichts bereits an Bluthochdruck oder einer Fett-stoffwechselstörung litten.

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Schlank macher auf Rezept?Schlankmacher auf Rezept?

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Vom Haschisch zum ...Zwei Drittel nahmen 5 % ihres Körper-gewichts ab

Von den 363 Studienteilnehmern in Europa, dietäglich, die Höchstdosis von 20 mg Rimonabanteinnahmen, haben rund zwei Drittel (67 %) mehrals 5 % ihres Körpergewichts verloren, 40 % verlo-ren sogar mehr als 10 % ihres Gewichts. Auch aufdas Risiko von Folgekrankheiten des Überge-wichts, wie beispielsweise Diabetes wirkte sichdas Medikament positiv aus. Und es verbessertedie Blutwerte der Patienten: so stieg die Mengedes guten Cholesterins, des HDL-Cholesterins an,während schädliche Blutfette wie beispielsweiseTriglyceride und LDL-Cholesterin sanken. BeideFaktoren verringern das Risiko eines Herzinfarktsoder eines Schlaganfalls.

Langzeitfolgen unbekannt

Daneben hat sich das Medikament in der Studieals gut verträglich erwiesen, auch wenn bestimm-te Nebenwirkungen wie Übelkeit und depressiveVerstimmungen etwas gehäuft auftraten. Aller-dings können die Mediziner bis heute noch nichtsüber die Langzeitfolgen sagen. Deshalb besteht aufalle Fälle Forschungsbedarf: denn das Rimonabantgreift in ein weitgehend unverstandenes System

im Gehirn ein, dass neben der Appetitregulation,auch an Gedächtnisprozessen sowie der Ent-stehung von Ängsten und Depressionen beteiligtist. Genau genommen zählt Rimonabant also zuden Psychopharmaka.

Ernährungsumstellung und Sport unerlässlich

Und: sobald man das Rimonabant nicht mehr ein-nimmt, verschlechtern sich die Blutfettwerte. Unddas Körpergewicht steigt wieder an. Denn beimAbnehmen verliert man nicht nur Fettgewebe, son-dern eben auch Muskelmasse. Und die ist haupt-verantwortlich für unseren Energieverbrauch. DieFolge: je weniger Muskelmasse, desto wenigerEnergie verbraucht der Körper. Der Grundumsatzsinkt um bis zu 15 %. Man nimmt schnell wiederzu. Egal, ob mit oder ohne Rimonabant, für einedauerhafte Gewichtsreduktion sind eine konse-quente Ernährungsumstellung und regelmäßigerSport unerlässlich.

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Schlankmacher auf Rezept?

Eine vielseitige Droge

Fasern für Kleider, für Segel und Taue und alsRohstoff für Papier – Hanf ist eine der ältesten undvielseitigsten Kulturpflanzen der Welt. Und liefertauch zwei der bekanntesten Drogen: Marihuanaund Haschisch. Beide haben nicht nur berau-schende, sondern auch heilende Eigenschaften,Schon 2737 v. Chr. beschreibt das chinesische Arz-neibuch des Kaisers Shen Nung den Hanf als Medi-zinpflanze mit über 120 Einsatzmöglichkeiten. Undbis in die 1940er Jahre wurde die Droge auch inEuropa und den USA als Heil- und Schmerzmittelverwendet. Doch erst 1964 isolierte der israelischeForscher Raphael Mechoulam den Stoff, der für dieberauschende Wirkung sorgt: Delta-9-Tetrahydro-cannabinol, kurz THC. Mechoulam analysierteauch andere Inhaltsstoffe, wie etwa das Cannabi-diol (CBD), aus dem die Pflanze das THC gewinnt.Cannabidiol verändert nicht das Bewusstsein,sondern wirkt entkrampfend, entzündungshem-mend, angstlösend und gegen Übelkeit.

Marihuana

(oder Marijuana) bezeichnet die getrockneten weibliche Blüten-stände der Hanf-Pflanze mitsamt ihrem anhaftenden Harz, die alsDroge konsumiert werden.

Haschisch

besteht aus dem (meist gepresstem) Harz der weiblichenHanfpflanze. Haschisch wird meist geraucht (in Pfeifen oderJoints), aber auch in Speisen oder Getränken konsumiert. ImArabischen wird Haschisch auch als Kif (Gras) bezeichnet. DerUmgang mit Cannabis ist in Deutschland und anderen Ländernillegal.

Cannabis

ist der wissenschaftliche Name für die Hanfpflanze und wird oftals Sammelbegriff für die aus Hanf hergestellten Rauschmittel,Marihuana und Haschisch, verwendet. Der Wortstamm Cannakommt aus dem Indischen und bedeutet Hanf.

Der Stoff der Glückseligkeit

Die Wirkstoffe des Cannabis waren nun bekannt,doch noch wussten die Forscher nicht, wo undwie das Haschisch im Körper seine Wirkung ent-faltet. Erst in den Jahren 1988 bis 1990 entdeck-te man an Nervenzellen Rezeptoren, die aufCannabis reagierten. Die Forscher nannten sieCB1-Rezeptoren. Ihnen war schnell klar, dassdiese Empfangstellen Teil eines ganzen Wirksys-tems im menschlichen Körper sein mussten.Schließlich – so die Annahme der Wissenschaftler –

1964 entdeckt der israelische Chemiker Dr. RaphaelMechoulam das THC, einen der Wirkstoffe des Haschischs

Vom Haschisch zum Schlankmacher

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konnten die Rezeptoren nicht allein dafür ge-schaffen sein, damit der Mensch sich mitHaschisch die Sinne benebeln kann. Und tat-sächlich stieß man kurz darauf auf den erstenkörpereigenen Stoff, der an die CB1-Rezeptorenandocken kann. Die Forscher nannten ihn Anan-damid, nach dem altindischen Wort ananda, dasGlückseligkeit bedeutet. Schließlich löst dasAnandamid ähnliche Gefühle aus, wie das THC:Euphorie, Entspannung und Wohlbefinden.

CB1-Rezeptoren

In den neunziger Jahren entdeckten Raphael Mechoulam undseine Arbeitsgruppe ähnliche Rezeptoren auch auf anderenKörperzellen, sie nannten diese Rezeptoren CB2-Rezeptoren.Der CB1-Rezeptor findet sich vorwiegend in Nervenzellen.Am häufigsten kommt er im Kleinhirn, in den Basalgangliensowie im Hippokampus vor. Aber auch im peripherenNervensystem (z. B. im Darm) finden sich CB1-Rezeptoren.CB2-Rezeptoren finden sich dagegen vorwiegend auf Zellendes Immunsystems und auf Zellen, die am Knochenauf-(Osteoblasten) und -abbau (Osteoklasten) beteiligt sind. Jenachdem, wo sich die CB1 und CB2 Rezeptoren befinden,führt ihre Aktivierung beispielsweise zur Hemmung derSchmerzleitung, zu einer Veränderung des Zeitgefühls, zuHeiterkeit, der Hemmung von Entzündungen und vielenanderen Wirkungen.

Anandamid

Arachidonylethanolamid, wie das Anandamid wissenschaftlichkorrekt heißt, ist eine endogene Substanz , d. h. sie wird vom Kör-per selbst gebildet. Anandamid kommt besonders häufig imZentralen Nervensystem vor.

Anandamid bindet – wie das THC – an die CB1 Rezeptoren vonHirnzellen. Allerdings unterscheidet sich das Anandamid in seinerchemischen Struktur eindeutig vom THC. Die einzigeGemeinsamkeit: beide Stoffe sind lipophil – das heißt sie lassensich gut in Ölen oder Fetten lösen.

Geheimnisvolles System

Noch ist die Bedeutung des körpereigenen Can-nabinoidsystems nur in Ansätzen bekannt. Dadie Hirnregionen, in denen der CB1-Rezeptorvorwiegend gefunden wird, eine wichtige Rolleim Gedächtnis und der Bewegungsregulationspielt, gilt es als sehr wahrscheinlich, dass Endo-cannabinoide Lern- und Bewegungsprozessebeeinflussen.

Aber auch andere Mechanismen des Endocan-nabinoidsystems wurden schon untersucht,beispielsweise ihre Wirkung bei Schmerzzustän-den, beim Schlaf und bei der Steuerung des

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In den 1960er Jahren werden Haschisch und Marihuana dieRauschmittel die Hippiebewegung

Vom Haschisch zum

Ess-Attacken sind eine typische Nebenwirkung beimCannabis-Konsum

Appetits. Offensichtlich spielen die Endocanna-binoide sogar eine wichtige Rolle beim Schutzund der Reparatur des Nervensystems.

Kiffen und Essen

Dass der Cannabis-Konsum Nebenwirkungenhaben kann, ist bekannt. Eine dieser Nebenwir-kungen sind plötzlich auftretende Ess-Anfälle.Wissenschaftler schlossen aus dieser Tatsachebereits früh auf eine Verbindung des Endocan-nabinoidsystems mit dem Hungergefühl. DerCB1-Rezeptor scheint Hunger auszulösen, wennein entsprechender Stoff, ob fremd oder ausdem Körper, an ihm andockt. Tatsächlich wirdheute ein Wirkstoff aus dem Marihuana zurBehandlung von Appetitstörungen bei AIDS-Patienten eingesetzt. Wenn man nun diesenRezeptor ausschalten würde, könnte man auchdas Hungergefühl bei Patienten, die zuvielessen, unter Kontrolle bringen – so die Theorieder Forscher. Bereits 1994 entdeckten Forscherdes Pharmakonzerns Sanofi-Aventis den StoffRimonabant, der genau diese Eigenschaftenhat. Rimonabant blockiert den CB1-Rezeptorund damit das Hungergefühl. Rimonabant istauch der Stoff, der im Medikament Acompliaenthalten ist. Die Forscher trauen dem Wirkstoff

zum Schlankmacherallerdings noch mehr zu – beispielsweise könn-te er auch dazu dienen, die Sucht nach Zigaret-ten oder Alkohol in den Griff zu bekommen, ähn-lich wie die Fress-Sucht. Die Pharma-Forscherarbeiten derzeit an Tests, die hier einen direktenZusammenhang beweisen. Einer Zulassung desWirkstoffs Rimonabant zur Behandlung vonNikotinsucht hat die amerikanische Arzneimit-telbehörde FDA bisher allerdings nicht zuge-stimmt.

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Links:Der Hypothalamus, eine Region im Zwischenhirnsteuert den Appetit

Mitte:Jeder Appetitimpuls setzt körpereigene Cannabinoide frei

Rechts:Rimonabant verhindert die Übertragung der Appetit-Impulse

Pausenlose Hungersignale

Man hat es schon immer geahnt: Der Körper isteine Fress-Maschine. Gäbe es nicht ab und zuSignale aus der Tiefe des Magens oder aus dervon Zucker und Fett gesättigten Blutbahn – manwürde immer nur essen. Denn rein biologisch istder Mensch auf pausenlosen Hunger program-miert. Fehlen die Impulse aus Magen und Blut,signalisiert der Hypothalamus im ZwischenhirnAppetit. Mehr als 20 verschiedene Botenstoffe –anregende und zügelnde – regulieren im Zusam-menspiel die Mechanismen von Hunger undSättigung.

Drogenstoffe aus dem Körper

Eine besondere Rolle spielen dabei zwei Boten-stoffe, die in ihrer Wirkung den RauschdrogenHaschisch und Marihuana ähneln: die sogenannten Cannabinoide. Sie docken an Rezep-toren an, die im ganzen Körper an vielen Orga-nen vorkommen. Es scheint sich dabei um einSystem zu handeln, das wichtige Funktionen fürdie Steuerung des Organismus wahrnimmt.Noch längst ist darüber nicht genug bekannt,vorläufig sprechen Wissenschaftler vom Endo-

cannabinoid-System. Besonders konzentriertsind die Rezeptoren für die körpereigenenCannabinoide im Gehirn, und zwar im Zwischen-hirn, dem Hypothalamus. Dort greifen diehaschähnlichen Substanzen auch in die Appetit-regulation ein. Teile des Netzwerks von Hirn-zellen sind auffallend dicht mit Cannabinoid-Rezeptoren besetzt, so dicht wie in keinemanderen Organ. Jeder Appetitimpuls löst dortdie Ausschüttung von Cannabinoiden aus. Sieblockieren die Wirkung der appetithemmendenNervenzellen und sorgen so dafür, dass sich dieAppetitimpulse ungehindert im Hypothalamusausbreiten können. Das Cannabinoid-Systemsteigert also den Appetit, in dem es die Sätti-gung blockiert.

Cannabinoide

Cannabinoide bedeutet, dass die Stoffe dem Cannabis ähneln,vor allem in ihrer Wirkung. Chemisch sind sie anders aufge-baut.

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Gehirn auf Droge Gehirn auf DrogeDen Appetit stoppen

Der Wirkstoff der neuen Schlankheitspille, dasRimonabant, der im Medikament Acomplia ent-halten ist, greift an genau dieser Stelle in dasCannabinoid-System ein. Über die Blutbahnwird der Wirkstoff ins Gehirn gespült und er-reicht den Hypothalamus. Die Wirkstoff-Molekü-le fließen, ebenso wie die körpereigenen Canna-binoide, in die Synapse, genauer: in den kleinenSpalt zwischen dem Synapsenende und der ge-genüberliegenden Anschlusstelle an die nächsteZelle. In diesem synaptischen Spalt binden dieStoffe an die speziellen Rezeptoren des Systemsund hindern so zwei körpereigene Cannabinoidedaran, dort ihre übliche Aufgabe wahrzuneh-men.

Diese beiden Stoffe – Anandamid und 2-AG –bewirken normalerweise, dass der Appetitsteigt. Doch das geht nicht, wenn ihre Andock-stellen schon besetzt sind, in diesem Fall vomkünstlichen Wirkstoff Rimonabant. Die Substanzverhindert so, dass die Appetit-Impulse sichausbreiten, der Hunger wird im wahrsten Sinnedes Wortes ausgebremst. Daher isst man weni-ger, der Körper geht an die Fettreserven undman nimmt ab – im Idealfall.

Eines unter vielen

Denn die Wirkung von Rimonabant auf dasCannabinoid-System hat einen Haken: Die Naturhat gut vorgesorgt und den überlebenswichti-gen Hungerimpuls mehrfach abgesichert. Mehrals 20 Appetitregulationskreisläufe sind bisheute bekannt. Jeder einzelne leistet seinenBeitrag zur Entstehung von Hunger oder Sätti-gung. Das Cannabinoid-System ist also einesunter vielen Signalen, die zur Nahrungsaufnah-me gehören. Seine Wirkung auf die Appetit-regulation ist daher begrenzt, und das gilt auchfür die Wirkung von Rimonabant. Der neueWirkstoff erspart also nicht die Mühe und dieDisziplin, die zum Abnehmen nötig sind: dieUmstellung auf kalorienarme Kost und vielBewegung sind nach wie vor ein Muss, um lang-fristig Kilos zu verlieren.

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Links:Der Hypothalamus sendet Appetitsignale

Mitte:Jeder Bissen dehnt den Magen

Rechts:Die Sättigungssignale gehen vom Magen aus

Ein Feuerwerk im Gehirn

Egal, ob man arbeitet, schläft oder Sport treibt,ständig verbraucht der Körper Energie – in Formvon Kalorien. Mindestens 70 % dieser Energiegeht dabei nur für die grundlegenden Lebens-funktionen drauf: Atmung, Herzschlag, Entgif-tung durch Leber und Niere. Dieser so genannteGrundumsatz muss immer gedeckt werden,deswegen ist der Körper auf regelmäßige Nah-rungszufuhr angewiesen. Das dazugehörigeSignal kennt jeder: Hunger.

Für den Hunger gibt es zwei zentrale Organe:den Magen und das Gehirn. Im Gehirn ist einebestimmte Region im Zwischenhirn zuständigfür die Steuerung des Appetits, der Hypothala-mus. Er sendet ständig Appetitsignale in Formvon Botenstoffen durch den Körper. Sieben ver-schiedene Botenstoffe entfachen im Gehirn einwahres Appetitfeuerwerk. Das Ziel: schnell anneue Nahrung zu gelangen. Wenn das geschieht,übernimmt das zweite zentrale Organ der Appe-titsteuerung das Kommando; der Magen.

Der Magen muss richtig voll sein

Jeder neue Bissen füllt den Magen und bewirkt,dass er sich zunehmend dehnt. Es gibt spezielleNervenenden, die nur die mechanische Dehnungermitteln, so genannte Mechanorezeptoren. Siesitzen an der Außenseite des Magens und sen-den die Impulse, die sie empfangen, direkt anden Hypothalamus. Dabei gilt: je voller derMagen, desto höher die Frequenz an Sättigungs-signalen, die die Mechanorezeptoren nachoben schicken. Sobald der Magen richtig voll ist– in der Regel liegt die Menge bei 400 MilliliterNahrungsbrei – reagiert das Gehirn. Dann kom-men so viele Sättigungsimpulse an, dass derHypothalamus selbst die Bremse zieht: erschüttet jetzt Appetitzügler aus, mehr als zehnverschiedene Botenstoffe. So ergeht ein neuesKommando an die übrigen Gehirnregionen. Dieaufgenommene Energie, also die Kalorien-menge, zählt dabei nicht, nur die Füllung desMagens ist entscheidend.

Das GeheimnisDas Geheimnis des Appetits

hat Konsequenzen. Der Hypothalamus hat einGedächtnis für Speisen und übersetzt sie in dieSprache des Appetits: in Rinderbraten, Curry-wurst oder Apfelkuchen. Wenn allerdings derGeschmack in der Rinderbouillon von Chemie-Aromen anstatt vom Rind stammt und in ganzanderen Nahrungsmitteln steckt, bekommt derKörper falsche Signale. Im Klartext: Er erwartetein nahrhaftes Steak und bekommt stattdessendünne, fettige Kartoffelchips. Trotzdem läuftdem Hungrigen das Wasser im Mund zusam-men, und der Magen bereitet sich auf dieVerarbeitung des Rindersteaks vor. Aber nuretwas fettige Kartoffelkruste erreicht denMagen. Der Verdauungstrakt bekommt nicht,was er erwartet. Deswegen verlangt er weiternach Fleisch und üppiger Kost. Die Konsequenz:Der Hypothalamus verschärft seine Appetit-signale – und die ganze Chipstüte wird leergefuttert. Damit nimmt man aber eine riesigeMenge an Kalorien zu sich, viel mehr, als dasSteak gehabt hätte. Und das macht dick.

Schwache Sättigungssignale

Doch der Hypothalamus hat es nicht leicht.Sobald erste Portionen des Nahrungsbreis inden Dünndarm weiter wandern, wird der Magenschlaffer, die Sättigungsimpulse der Mechano-rezeptoren lassen nach. So gewinnen die appe-titstimulierenden Neurotransmitter langsamwieder die Oberhand. Das Hungergefühl nimmtzu, und es ist sehr leicht durch Gerüche undAromen zu verstärken. Das weiß auch dieLebensmittelindustrie und bietet 7.000 bis8.000 verschiedene Düfte und Geschmacks-richtungen zur Verfeinerung an. Aus dieser riesi-gen Anzahl werden alle möglichen Aromen kom-biniert – egal ob Brathuhn, Joghurt, Ananas oderGulasch, alles ist möglich. Es gibt kaum mehrLebensmittel, die frei sind von zusätzlichenAromastoffen. Und das kurbelt den Appetit an.

Aromastoffe überlisten das Gehirn

Eigentlich ist der Geschmacksinn dazu da, demKörper Informationen über den Inhalt von Spei-sen zu liefern. Zugesetzte Aromastoffe gaukelnaber etwas vor, was gar nicht besteht. Und das

des Appetits

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Essen als Droge

Es gibt schon so viele Übergewichtige in denIndustrieländern, dass die Weltgesundheitsorga-nisation Alarm geschlagen hat: schon können nicht mehr alle ausreichend behandelt werden

Nicht nur bei Alkoholikern und Drogenabhängigen ist Stressein häufiger Auslöser für Rückfälle

Die Ernährungsexperten sind gescheitert

Die Fettwelle rollt. Trotz aller guten Ratschläge,trotz der Heerscharen von Ernährungsexperten,trotz bemühter Fachgesellschaften wie derDeutschen Gesellschaft für Ernährung und trotzder fröhlichen Initiativen gegen dicke Kinder.Obwohl es noch nie so viel Wissen über Ernährungund ein so großes Angebot an gesunden Lebens-mitteln für alle gab, essen die Deutschen weiter:zu viel, zu süß, zu fett.

Dabei weiß es jeder – Übergewicht macht krank,die Folgeschäden sind gravierend. Diabetes,Gelenkschäden, Rückenprobleme, Herzinfarkt,hoher Blutdruck, Krebs. Dass so viele Menschenihr Gewicht nicht in den Griff kriegen, ist ange-sichts dieser Folgen erstaunlich. Und dabei istnicht die Rede von extrem Fettsüchtigen, jenenexzessiv essenden Super-Schwergewichten, diemehrere Zentner mit sich herum schleppen. Schonbei einem Übergewicht von 15 bis 20 Kilo, dasentspricht etwa einem BMI von 30, fällt dasAbnehmen offensichtlich so schwer, dass vielenicht wieder davon runterkommen.

Essen als Droge

die Deutschen

Und nicht nur die Deutschen. Auch in allen anderenIndustrienationen gibt es so viele Übergewichtige, dass dieWeltgesundheitsorganisation WHO schon Alarm geschlagen hat.Das ernüchternde Fazit: Es gibt jetzt schon so viele Dicke mitFolgekrankheiten, dass gar nicht mehr allen eine Behandlungangeboten werden kann – das Auftreten von Diabetes, Herz-infarkt, Arthrose, Krebs und Arbeitsunfähigkeit sprengt jedenKostenrahmen. Es könnte daher sein, dass in Zukunft vielePatienten sich selbst überlassen werden. Der Wortlaut der WHO-Stellungnahme aus dem Jahr 2000, zitiert nach den Leitlinien derDeutschen Adipositas-Gesellschaft: „Das Vorkommen der Adiposi-tas ist in den meisten Industrienationen so hoch, dass dieRessourcen nicht mehr ausreichen, um allen Betroffenen eineBehandlung anbieten zu können.“

BMI

BMI steht für Body-Mass-Index, der Formel zur Ermittlung desKörpergewichts. Sie ist mittlerweile international gültig, (sieheauch S. 25).

Wenn man sich nicht zurückhalten kann

Dabei sind die meisten gar nicht so glücklich mitihren Kilos. Sie möchten abnehmen und andersessen, aber es gelingt ihnen einfach nicht. Sie füh-len sich dem Drang zu essen gegenüber machtlos– unfähig, ihr Verhalten zu kontrollieren und derschnellen Befriedigung zu widerstehen. DennEssen ist immer und überall verfügbar, dieVersuchung ist zu groß: „Bei Stress“, sagt MariaGremser*, „muss ich einfach etwas Süßesessen, dann geht es mir besser.“ Die junge Frauwiegt bei einer Körpergröße von 1,66 rund 90Kilo – das sind mindestens 20 Kilo zuviel. AuchUdo Friedbach*, 1,74 groß und 104 Kilo schwer,ist nicht glücklich mit seiner Figur, „aber esschmeckt mir einfach zu gut, und ich kann nichtverzichten, wenn mir etwas vorgesetzt wird“.

Zu den vielen Erklärungen, die es für hartnäcki-ges Übergewicht gibt – Gewohnheit, starkeReize durch Geruch oder Geschmack, Gesellig-keit beim Essen oder gar die Gene – kommt jetzteine neue Sichtweise, die möglicherweise denUmgang mit dem Problem Übergewicht ändernkönnte. Sie stammt aus der Suchtmedizin.

* Namen von der Redaktion geändert

Raucher, Trinker und Übergewichtige habenGemeinsamkeiten

Schon seit Jahren machen Forscher in den USAauf einen Zusammenhang zwischen Überge-wicht und Drogenkonsum aufmerksam. Auch inDeutschland macht sich langsam die Erkenntnisbreit, dass das Problem Übergewicht nicht mitein paar Ernährungstipps oder einer Diät vonein paar Wochen gelöst werden kann. „VonÜbergewichtigen kann man ebenso wenig wievon Rauchern oder Trinkern erwarten, dass sievon heute auf morgen aufhören“, sagt FalkKiefer, Professor und Suchtmediziner am Zentral-institut für Seelische Gesundheit in Mannheim.Denn Sucht ist nicht nur Disziplinlosigkeit,schlechte Gewohnheit oder Willensschwäche.Sucht ist eine Krankheit. Tatsächlich, sagt auchMarkus Backmund, Leiter der Abteilung Sucht-medizin am Klinikum Schwabing, könne mandas Verhalten von Übergewichtigen mit dem vonanderen Süchtigen gleich setzen: „Übergewich-tige schädigen ihren Körper, und sie wissen das.Der Alkoholiker weiß ja auch, dass er seine Leberund sein Gehirn schädigt. Aber er kann nichtaufhören. Und genau so ist es beim chronischÜbergewichtigen.“

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Essen als Droge

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Von links nach rechts sind die Gehirne von Gesunden,Alkoholikern, stark Übergewichtigen und Kokainabhän-gigen zu sehen. Die rotgefärbten Bereiche sind dieDopaminrezeptoren

Quelle: Volkow/Wise, ersch. in Nature Neuroscience

Weitermachen, obwohl es schadet

Aus seiner Sicht ist es fatal, dass das ProblemÜbergewicht bagatellisiert wird, indem man dieDicken einfach nur für etwas disziplinlos hält. Dasses sich wirklich um Sucht handelt, also um eineernstzunehmende Krankheit, ist für beide Experteneindeutig – gibt es doch Kriterien für Abhängig-keitserkrankungen, die auf viele Dicke ebenso zu-treffen wie auf Raucher, Fixer oder Kokser. ZumBeispiel der anhaltende Substanzkonsum trotzNachweises eindeutiger schädlicher Folgen körper-licher, psychischer oder sozialer Art. Weiter-machen, obwohl es schadet – wie Nikotinabhän-gige, die weiter qualmen, obwohl auf jeder Zigaret-tenpackung die abschreckenden Hinweise zu lesensind. Ähnlich interpretieren die Suchtmedizinerauch das Verhalten der Übergewichtigen. Doch solange die keine Beschwerden wahrnähmen, so FalkKiefer, „haben sie ja auch keinen Leidensdruck.“Denn in der bewegungsfaulen Industriegesellschaftist es kein Problem, mit Übergewicht zu leben.

Kontrollverlust beim Essen

Eine weitere Parallele zum Drogenkonsum ist dieUnfähigkeit, die Mengen an Essen zu begrenzenoder auf Essen in bestimmten Situationen zu ver-

zichten – anders ausgedrückt: die Tüte Chips wirdleer gefuttert, die Tafel Schokolade komplett ver-nichtet, wenn man einmal angefangen hat. Dieverminderte Kontrollfähigkeit bezüglich desBeginns, der Beendigung und der Menge desSubstanzkonsums, wie es in der offiziellen Defi-nition heißt, kann Alkoholiker und Rauschgift-süchtige ins tödliche Delirium bringen. Das drohtdem Überesser zwar nicht, doch die Lebens-erwartung ist drastisch verkürzt, wenn man einenBMI über 30 hat. Und die Wahrnehmung der Über-gewichtigen für ihr Essverhalten ist oft deutlichverzerrt: Viele wissen nicht, wie viel sie wirklichessen, sie vergessen bis zu 50 Prozent der Nah-rungsmittel, die sie am Tag aufnehmen.

Die Krankheit sitzt im Kopf

Noch etwas haben Suchtexperten und Hirn-forscher festgestellt: Die Gehirne von Süchtigen– Alkoholiker und Kokainsüchtigen – habenweniger Rezeptoren für einen ganz bestimmtenBotenstoff, das Dopamin. Es ist der Signalstofffür das Lernen und setzt das Belohnungssystemdes Gehirns in Gang. Dieses vermittelt dann einangenehmes Gefühl, wenn Situationen, dieeinen Gewinn versprechen, wiederholt werden.Die Gehirne von Alkoholikern, Koksern und

Alkoholiker stark übergewichtiggesund kokainabhängig

schwer Übergewichtigen gleichen sich hier ineinem speziellen Punkt. Alle zeigen dieselbeVeränderung, sie haben weniger Dopaminrezep-toren. Die Untersuchungen wurden an extremdicken Probanden gemacht, die einen BMI über40 hatten, also 50 und mehr Kilo Übergewicht.Doch die Verhaltensähnlichkeiten sind auchschon bei Übergewichtigen da, die viel wenigerauf die Waage bringen.

Wenn sich also die Phänomene Drogenabhän-gigkeit und chronisches Übergewicht so auf-fallend überschneiden, erklärt das auch, warumes so enorm schwer ist, viele Dicke zum Abneh-men zu bewegen – die Entwöhnung von einerSucht dauert in der Regel viele Jahre. ZahlreicheRückfälle gehören dazu, bei Alkohol oder Ziga-retten ist das bekannt und akzeptiert. Bei chro-nisch Übergewichtigen aber hofft man auf dieWirkung von Ernährungsratschlägen oder aufkurze Diätphasen von einigen Wochen – wohlein Trugschluss. Vielleicht müssen Ärzte undPatienten daher bald umdenken. Es könnte sein,dass Internisten und Ernährungsberater dieBehandlung der Übergewichtigen an Psychiater,Psychotherapeuten und Suchtmediziner abge-ben müssen.

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Übergewicht durch Überfluss

Für die Fast-Food-Ketten ist es eine gute Nach-richt: Dickwerden hat nichts mit Hamburgern,Pommes Frites & Co. zu tun. Denn auch beimheimischen Bäcker, Metzger oder im Supermarktholen sich die Menschen ihr Übergewicht ab.Noch nie war Essen so sehr Teil eines allgemei-nen Lebensgenusses. Und: noch nie gab es soviel energiereiche Nahrung für alle. FlüssigeKalorien wie Limonaden, Fruchtsäfte, Wein undBier gehören nicht gerade zu den Lebensmitteln,an die sich der menschliche Organismus im Laufeder Evolution angepasst hat. Diese süßenGetränke sind eigentlich auch keine Nahrungs-,sondern Genussmittel – Dickmacher, keine Satt-macher. Die Flüssigkeit rauscht ziemlich schnelldurch Magen und Darm, die Kalorien aber blei-ben im Körper. Dort verwandeln sie sich in Kör-perfett, wenn man mehr Kalorien zu sich nimmt,als man verbraucht. Und das geht schnell: Nur100 überzählige Kalorien am Tag, und innerhalbeines Jahres sind fünf Kilo Fett mehr auf denHüften. Diese 100 Kalorien stecken schon ineinem Glas Cola oder Limo, ein harmlos schei-nendes trockenes Brötchen oder eine Laugen-brezel schlägt sogar mit etwa 150 Kalorien zuBuche. Das Problem ist nur, dass der Körper kei-nen eingebauten Kalorienzähler hat.

Menge bleibt – Kalorien müssen raus

Dass es beim Essen auf Lust und Genuss ankommt,wissen die Spezialisten im Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin an der TU Mün-chen nur zu gut. Hierher kommen viele überge-wichtige Patienten, die schon eine lange Vorge-schichte mit Diäten und Ernährungsprogrammenhaben. Geholfen haben die Kuren höchstens kurz.Und den Menschen das viele Essen abzugewöh-nen, ist nach Meinung der Experten hier sowiesoder falsche Ansatz: „Die Menge, die sie zu sich neh-men ist für die Leute wichtig, da kann man nichtsmachen“, sagt der Internist und GastroenterologeProf. Volker Schusdziarra. Wenn weniger nicht geht,so seine Strategie, dann muss eben die Energie inder Nahrung reduziert werden: „Man kann die glei-che Menge essen und satt werden, aber dabeiweniger Energie, weniger Kalorien zu sich neh-men!“ In Schusdziarras Beratung geht es nichtdarum, Askese zu üben, stattdessen geht es umdie richtige Balance. Viel essen und trotzdemabnehmen funktioniert, wenn man die Energie-dichte der aufgenommenen Nahrung beachtet,ausgedrückt in Kilokalorien (kcal/g).

1918

Der Mensch ist ein Genießer. Deshalb fällt das Abnehmen vielen schwer

Satt abnehmenSatt abnehmen

Kilokalorien pro g (kcal/g)

Die offizielle Maßeinheit für Energie ist seit 1978 das Joule. Trotzder Umstellung auf Joule werden Brennwerte von Nahrungs-mitteln nach wie vor in Kalorien bzw. Kilokalorien angegeben.Eine Kalorie entspricht 4,1868 Joule. Vereinfacht gesagt verstehtman unter einer Kalorie den Wert der Wärmemenge, die not-wendig ist, ein Gramm Wasser um ein Grad Celsius zu erwär-men. Demnach würde der Brennwert einer Tafel Schokolade(530 Kilokalorien) ausreichen, um 530 Liter Wasser um 1 Gradzu erwärmen. Meist spricht man von Kalorien, gemeint sind aberimmer Kilokalorien – eine Verkürzung, die allgemein gebräuch-lich ist.

Was man wirklich braucht

Diese Energiedichte spiegelt das Verhältnis vonNahrungsmenge und Energiegehalt wider. Jeniedriger die Energiedichte eines Lebensmittelsist, desto größer kann die Verzehrmenge sein.Anders ausgedrückt: Wer eine Tafel Schokoladevon 100 Gramm vernascht, könnte stattdessenauch 750 Gramm Kartoffeln essen – die Kalo-rienmenge wäre dabei gleich. Wer aber abneh-men will, muss insgesamt weniger Kalorien zusich nehmen, als er verbraucht. Das wiederumrichtet sich nach dem persönlichen Energie-verbrauch und dem so genannten Grundumsatz.

Grundumsatz

Der Energieverbrauch eines Menschen setzt sich zusammen ausdem Grundumsatz, der Thermogenese und dem Leistungsumsatz.Der Grundumsatz beschreibt die Energiemenge, die der Körperzum Erhalt der Lebensfunktionen wie Atmung oder Herzschlagbei absoluter Ruhe braucht. Er kann individuell stark variieren,verändert sich im Laufe des Lebens und es gibt Geschlechter-unterschiede: Männer haben einen höheren Grundumsatz alsFrauen. Die Thermogenese entspricht der Energie, die für dieNahrungsaufnahme und das Verdauen verbraucht wird. DerLeistungsumsatz wird bestimmt von der körperlichen Aktivitätpro Tag – je mehr man sich bewegt, umso höher ist er. Allerdingssteckt im Grundumsatz der höchste Energieanteil: etwa 70 Prozentder täglich benötigten Gesamtenergiemenge.

Anhand des Grundumsatzes und der Menge, diedie Übergewichtigen gewohnheitsmäßig zu sichnehmen, haben die Münchner Mediziner berech-net, wie die Patienten ihre Lebensmittel auswählenmüssen, um abzuspecken. Dazu werteten sie rund2.800 Ernährungsprotokolle von Patienten aus. ImDurchschnitt aßen diese eine Menge von etwa1.150 Gramm Lebensmittel pro Tag, eine Wohlfühl-Menge, die sie satt machte und die sie durchausbeibehalten sollten. Denn darauf beruht dasMünchner Konzept. Weitere Untersuchungen zeig-ten, dass der durchschnittliche Grundumsatz, alsoder Ruheenergieverbrauch, etwa 1.700 kcal betrug.

Nur 100 überflüssige Kilokalorien pro Tag führen in einem Jahr zu 5 Kilogramm Fettgewebe

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Daraus errechneten die Mediziner, dass bei gleicherMenge die durchschnittliche Energiedichte derLebensmittel 1,5 kcal/g nicht übersteigen darf.

Die Energiedichte-Tabelle

So entwickelten Volker Schusdziarra und seineKollegen eine Energiedichte-Tabelle. Darin listetensie alle gängigen Lebensmittel und deren Energie-menge pro Gramm auf, übersichtlich geordnet inGruppen, wie zum Beispiel Backwaren, Brotauf-striche, Käse oder Wurstwaren. Je nach Energie-gehalt bekamen die Lebensmittel unterschiedlicheFarben: Grün für eine Energiedichte unter 1,5kcal/g, Gelb für Werte von 1,5 bis 2,5, Rot für allesüber 2,5 kcal/g. Mit dem Farbcode behalten diePatienten einen guten Überblick, ohne auf kompli-zierte Weise Kalorien zählen zu müssen. Undes ist auch auf den ersten Blick zu erkennen,welche kalorienärmeren Speisen in derselben Ge-schmacksgruppe die Alternative sein können.

Energiegehalt

Der Energiegehalt beruht ganz allein auf den in der Nahrung ent-haltenen Nährstoff-Klassen. Fett ist der größte Energielieferant miteiner Energiedichte von 9 kcal/g. Kohlenhydrate und Eiweiß habeneine Energiedichte von jeweils 4 kcal/g. Alkohol muss angesichts

der heutigen Ernährungsgewohnheiten ebenfalls berücksichtigtwerden, er hat eine Energiedichte von 7 kcal/g. Je mehr Wasser dasNahrungsmittel enthält, desto niedriger ist die Energiedichte:Vollkornbrot hat einen Wasseranteil von etwa 38 Prozent. DieEnergiedichte liegt bei 2,0 kcal/g. Cornflakes dagegen haben eineEnergiedichte von 3,7 kcal/g.

Jeder soll essen, was ihm schmeckt

Die Münchner Mediziner betonen, dass eine wirk-same und dauerhafte Ernährungsumstellung nurgelingt, wenn die Patienten ihre individuellen Ge-schmacks- und Essgewohnheiten behalten dürfen.Ein individueller Essplan für jeden Patienten hilftdabei. Die Lust bleibt erhalten, und Hungergefühlkommt nicht auf, weil weiterhin viel gegessen wer-den darf – nur etwas anders zusammengestellt.Alles in allem richtet sich der neue Speiseplan nachdem Wohlbefinden des Übergewichtigen und ver-langt keine radikale Umstellung. Selbst Fast-Foodund Süßigkeiten sind bei der Ernährungstherapiean der TU München erlaubt, wenn sie nicht über-mäßig verzehrt werden. Eisern bleiben die Exper-ten nur beim Sparen: Wer nascht, muss an andererStelle verzichten, wo es nicht so schwer fällt – wenndas Stück Torte am Nachmittag für den Seelen-frieden unverzichtbar ist, muss die Flasche Bierzum Abendessen dran glauben.

Satt abnehmen mit der TU München

Diese etwas andere Kalorien-Tabelle soll dasAbnehmen erleichtern, indem das lästige Kalo-rienzählen entfällt. Ziel ist es, die Ernährung um-zustellen und die überflüssige Energiezufuhr zustoppen, so dass man langsam, aber stetigGewicht verliert. Bei jeder Mahlzeit isst man sichsatt, und es darf auch gut schmecken. Selbstwenn es ab und zu kleine Sünden gibt – die sinddurchaus erlaubt, wenn das Kalorien-Plus ananderer Stelle wieder eingespart wird. Denn beider Ernährungstherapie des Else-Kröner-Fresenius-Zentrums geht es nicht darum, möglichst schnellmöglichst viel abzunehmen. Sondern darum,dass man beim Abnehmen weiterhin satt wirdund Spaß am Essen hat, schließlich bedeutetdas besonders für Übergewichtige Lebensquali-tät. Dafür bietet die Energiedichte-Tabelle Alter-nativen zu kalorienreichen Speisen, die trotzdemschmackhaft sind und es erlauben, individuelleGewohnheiten zu erhalten.

Wie wendet man die Tabelle an?

Zu allen Lebensmitteln ist die Menge an Kilo-kalorien angegeben, die in einem Gramm davonstecken, die so genannte Energiedichte.

Außerdem ist die Tabelle in drei Farben geglie-dert, in denen die Lebensmittel nach Gruppenangeordnet sind: Grün für eine Energiedichteunter 1,5 kcal/g, Gelb für Werte von 1,5 bis 2,5,Rot für alles über 2,5 kcal/g. Der Farbcodeersetzt das umständliche Kalorienzählen. Sokann man einfach überprüfen, welche Lebens-mittel aus dem gewohnten Speiseplan sehrenergiedicht – also kalorienhaltig – sind. In der-selben Gruppe lassen sich dann auch Alterna-tiven suchen, die weniger Kalorien haben, aberin eine ähnliche Geschmacksrichtung gehen. Aufdiese Art fällt es am leichtesten, Kalorien zureduzieren und zugleich genussvoll und ausrei-chend zu essen. Die Tabelle des EKF-Zentrums ander TU München führt alle gängigen Nahrungs-mittel auf. Wir zeigen hier einen Auszug mit einerkleinen Auswahl, die ganze Tabelle erscheintgegen Ende 2006, siehe auch Kapitel Lesetipps.

Die Energiedichte (ED) ist definiert als Kalorien-menge pro Gramm Lebensmittel. Je geringer dieEnergiedichte eines Lebensmittels ist, destogrößer ist der Sättigungseffekt bei gleichzeitiggeringer Kalorienaufnahme. In der Tabelle sinddie verschiedenen Lebensmittel in Lebensmittel-gruppen zusammengefasst und innerhalb jederLebensmittelgruppe nach ihrer Energiedichtegeordnet.

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An der Atemluft können die Experten den Grundumsatzmessen. Der Gehalt von Kohlendioxid und Sauerstoff imAtem gibt an, wie viel Energie der Körper im Ruhezustandverbraucht

Schinkenbrote statt Käsebrötchen – so spart man Kalorien und es schmeckt genauso gut

Die Energiedichte-Tabelle

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2322

163 kcal 91 kcal

Alle grün gekennzeichneten Lebensmittel sind dazu geeignet, auch in größerer Menge verzehrt zu werden.

Der gelbe Bereich enthält Lebensmittel, an denen man sich auch noch satt essen darf, vorausgesetzt, dass die für die Sättigungbenötigte Essensmenge insgesamt nicht zu groß ist. Sonst sollte man ein gelb gekennzeichnetes Lebensmittel mit einem grüngekennzeichneten Lebensmittel kombinieren, um eine günstige Energiedichte zu erreichen.

Rot gekennzeichnete Lebensmittel haben einen hohen Energiegehalt und können immer nur in kleinen Mengen verzehrt werden.

Nahrungsmittel Energiedichte (kcal/g)

Brot / BrötchenRoggenmischbrot 2,1Mehrkornbrot 2,2Vollkornbrötchen 2,2Weizenbrötchen (Semmel) 2,7Croissant 4,3

KuchenObstkuchen aus Hefeteig 1,8Rührkuchen 3,6Sahnetorte 3,7

KleingebäckMilchschnitte 4,2

KekseKeks, Plätzchen (allgemein) 4,9

WeihnachtsgebäckWeihnachtsstollen, sächsisch 3,5Lebkuchen 4,0

Müsli Zutaten für’s Müslia) Getreidezutaten – Haferflocken (Vollkorn) 3,5c) Obst – Frischobst im Durchschnitt 0,5d) Milch / Joghurt / Dickmilch / Sahne ...1,5,% Fett 0,5

Nahrungsmittel Energiedichte (kcal/g)

Milch / MilchprodukteKuhmilch, 1,5 % Fett 0,4Kuhmilch, 3,5 % Fett 0,6

SauermilchprodukteJoghurt mit Früchten, gezuckert, 1,5 % Fett 0,8Joghurt mit Früchten, gezuckert, 3,5 % Fett 0,9

SahneSaure Sahne 1,2Schlagsahne 3,1

Brotaufstriche – süßMarmelade 2,7Honig 3,3Nussnougatcreme 5,2

StreichfetteHalbfettbutter / Halbfettmargarine 3,7Diätmargarine 8,0Butter 8,0

Wurstwaren / SchinkenSchinken, gekocht (mager) 1,3Leberkäse 3,0Salami 3,7

Nahrungsmittel Energiedichte (kcal/g)

WürstchenBratwurst 3,1

FischwarenThunfisch (ohne Öl) 1 ,1Bismarckhering 2,1

Käse / QuarkQuarkSpeisequark, mager 0,7Speisequark, 20 % F.i.Tr. 1,1

Schnittkäse / HartkäseEmmentaler / Greyerzer, 45 % F.i.Tr. 4,0

FrischobstApfel, Grapefruit, Honigmelone, Kirschen (sauer), Kiwi, Mandarine, Nektarine, Pflaume 0,5

Knabbereien und NaschereienNüsse und SamenErdnuss, geröstet 5,9

Salziges zum KnabbernSalzstangen, -brezeln 3,5

SüßwarenGummibärchen 3,4Fruchtriegel / Müsliriegel 3,3 - 4,2Vollmilchschokolade 5,4

Fleisch Rindfleisch, mager 1,0Kalbfleisch, mager 1,0

Nahrungsmittel Energiedichte (kcal/g)

Fleisch Schnitzel 1,1Schweineschnitzel, paniert (gegart) 3,2Hähnchenbrustfilet 1,0

FischForelle 1,0panierter Fisch (gegart) 3,2

Beilagen Kartoffeln 0,7Reis, poliert, gekocht 1,1Bratkartoffeln 1,3Nudeln, gekocht 1,4Pommes frites (Friteuse) 2,1

EierHühnerei 1,5

GemüseBohnen, Broccoli, Gartenkresse, Kürbis, Möhren, Porree, Wirsing, Zwiebel, 0,3

Eis / DessertFruchteis / Sorbet 0,8 - 1,2Portionseis 1,0 - 3,9

FertigdessertsPudding Schokolade / Vanille 1,0

TiefkühlprodukteTK-Pizza 2,1 - 2,9

FischgerichteFischstäbchen 2,0

870 kcal 265 kcal

Die Energiedichte-Tabelle

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BMI-Rechner

Der Body-Mass-Index, abgekürzt BMI, ist die welt-weit anerkannte Methode zur Ermittlung des Ge-wichtszustandes. Der BMI hat damit ältere Formelnund Faustregeln abgelöst, etwa die, nach der sichdas Normalgewicht aus der Körpergröße in Zenti-metern minus 100 ergibt.

Wie wird der BMI berechnet?

Der BMI berechnet sich aus dem Körpergewicht inKilogramm (kg), dividiert durch das Quadrat derKörpergröße (m2). Die Formel lautet:

BMI = Körpergewicht : (Körpergröße in m)2

Die Einheit des BMI ist demnach kg/m2

Berechnungsbeispiel: Eine Person mit einer Körpergröße von 160 cm undeinem Körpergewicht von 60 kg hat demnacheinen BMI von 23,4 (60 : (1,6 m)2 = 23,4)

Welchen BMI sollte man haben?

Mit zunehmendem Alter legen alle Menschen anKörpermasse zu, das ist natürlich. Es gibt Exper-ten, die deshalb beim Gewicht im Alter etwas Ent-

warnung geben. Die Universität Hohenheim zumBeispiel erlaubt in den Altersgruppen folgendeSchwankungsbreiten:

Alter BMI

19 - 24 Jahre 19 - 2425 - 34 Jahre 20 - 2535 - 44 Jahre 21 - 2645 - 54 Jahre 22 - 2755 - 64 Jahre 23 - 28

> 64 Jahre 24 - 29

Es gibt darüber hinaus noch Ausnahmefälle, etwaLeistungs- und Kraftsportler, die eine extrem hoheMuskelmasse haben und daher aus dem üblichenBMI-Rahmen herausfallen. Doch unter der Normal-bevölkerung sind sie eher selten, und nur wenigekönnen einen auffallend hohen BMI wirklich mit zuvielen Muskeln begründen. Generell gilt, dass athle-tische Körperbautypen einen höheren BMI haben,weil die Muskeln einfach schwerer sind.

Ab wann ist Übergewicht ungesund?

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat dieDicken seit dem Jahr 2000 festgenagelt: schon abeinem BMI von 25 im entsprechenden Alter giltman als übergewichtig. Ab einem BMI von 30 istman gar adipös, wie die Experten sagen – zudeutsch: schwer übergewichtig oder fettsüchtig.

2524

BMI – Body Mass IndexBMI – Body Mass Index

KörpergewichtKörpergröße (m) x Körpergröße (m)

= BMI

So funktioniert die Umstellung

Wer abnehmen will, braucht während der erstenvier bis sechs Wochen nicht nur Speisen mit demidealen Durchschnittswert von 1,5 kcal/g aus demgelben Bereich zu wählen – Hauptsache, dasKörpergewicht sinkt. Auch in der Kombination dereinzelnen Mahlzeiten kann variiert werden, umdie Kalorienmenge zu reduzieren. Kartoffeln alsBeilage haben zum Beispiel im Vergleich zu Reis,Brot oder Nudeln die geringste Energiedichte.Also darf es auch mal ein fettes Kotelett statteines mageren Schnitzels sein, wenn es dazuSalzkartoffeln gibt. So kann durch geschicktesKombinieren die Balance zwischen Genuss undVerzicht, zwischen Essensmenge und Kalorien-menge gehalten werden.

Ein Beispiel macht das deutlich: Nehmen wir an,Sie lieben ein herzhaftes Frühstück. Bisher wardie Scheibe Brot, die Sie verzehrt haben, etwaacht Millimeter, der Schinkenbelag etwa zweiMillimeter dick. Das sind etwa 35 Gramm Brotund 20 Gramm Schinken, zusammen 55 Gramm.Diese Kombination entspricht einer Energie-dichte von 1,8 kcal/g.

Wenn Sie hier sparen wollen, brauchen Sie keinenMagerjoghurt zu löffeln – schneiden Sie nur dieBrotscheibe etwas dünner, nämlich fünf Millimeterstatt acht. Legen Sie aber ordentlich mehr Schin-ken drauf, fünf statt zwei Millimeter. Jetzt essenSie sogar mehr als vorher, nämlich zusammen 72Gramm statt 55 Gramm. Sie sind also früher satt,weil die Füllmenge im Magen größer ist – undsparen gleichzeitig Kalorien! Denn die Energie-dichte von 5 mm Brot und 5 mm Schinken ent-spricht 1,5 kcal/g.

444 kcal 216 kcal

Die Energiedichte-Tabelle

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Die Adipositas, wie der medizinische Ausdruck lau-tet, gilt als chronische Krankheit, die unbedingtbehandelt werden muss, notfalls auch mit Medika-menten. Dabei geht es nicht um extreme Schwer-gewichte, die in keinen Flugzeugsitz mehr passen,weil sie 50 und mehr Kilo Übergewicht auf dieWaage bringen – schon mit etwa 15 Kilo Überge-wicht ist man dabei.

Aber bereits bei einem BMI ab 25 ist man in derGefahrenzone. Dann sollte man zumindest daraufachten, dass man nicht weiter zunimmt – und derArzt ist aufgefordert, den Patienten auf das Risikohinzuweisen. So schreiben es die Leitlinien derDeutschen Adipositas-Gesellschaft vor, die sichebenfalls an der WHO-Klassifikation orientieren.Denn schon bei leichtem Übergewicht steigt dasRisiko für Herz- und Kreislaufkrankheiten, Gelenk-schäden, Diabetes und bestimmte Krebsarten.Dabei spielt wieder die Konstitution eine Rolle,genauer: der Fettspeichertypus. Es gibt zwei gene-tisch bedingte Körpertypen, die Fett auf unter-schiedliche Weise anlagern: Der A- oder Apfel-Typsetzt vermehrt am Bauch an, der B- oder Birnen-Typ eher an den Hüften und Oberschenkeln. BeideTypen gibt es unter Männern und Frauen, allerdingsüberwiegen bei Männern die Apfelformen und beiFrauen die Birnenformen.

Menschen vom Apfeltypus haben allgemein einhöheres Risiko, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu bekommen. Daher gilt ein Apfel-Typ auch schon bei einem BMI von 27 als stärkergefährdet als ein Birnentyp mit demselben leich-ten Übergewicht. Eine Faustregel dabei besagt,dass Männer mit einem Bauchumfang von über 94Zentimetern und Frauen bei einer Taille über 80Zentimetern Umfang den Risikofaktor haben. DerBierbauch ist daher alles andere als harmlos, undwer von Natur aus zum Bauchansatz neigt, solltedort lieber keine überflüssigen Pfunde deponie-ren.

Weitere Risikofaktoren machen schon leichtesÜbergewicht ab einem BMI von 25 gefährlich, zumBeispiel hoher Blutdruck oder Zuckerkrankheit inder Familie.

Die folgende Tabelle zeigt die generelle Einteilung:

Klassifikation M w

Untergewicht < 20 < 19Normalgewicht 20 - 25 19 - 24Übergewicht 25 - 30 24 - 30Adipositas 30 - 40 30 - 40massive Adipositas > 40 > 40

Quelle: Leitlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft

2726

BMI – Body Mass IndexSatt essen und abnehmen

Autor: Prof. Volker Schusdziarra

Verlagsangaben: Erscheint Ende 2006 im

MMI-Verlag, Neu-Isenburg

Das Buch ist ab Januar 2007 erhältlich. Bis zum Erschei-

nungsdatum ist es vorab zum Subskriptionspreis in Höhe von

14.95 Euro zuzüglich Porto und Versand direkt beim Verlag

unter folgender Anschrift zu bestellen: Medizinische Medien

Informations GmbH, Am Forsthaus Gravenbruch 7, 63263

Neu-Isenburg. Oder Sie senden Ihre Bestellung per Email an

Diabetes@ mmi.de.

Homepage des Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernäh-

rungsmedizin www.med.tu-muenchen.de/de/

gesundheitsversorgung/kliniken/ernaehrungsmedizin/

BMI-Rechner, alles Klassifikationen und Hinweis auf die DGE

www.uni-hohenheim.de/wwwin140/info/

interaktives/bmi.htm

Deutsche Adipositas-Gesellschaft (medizinische Fachge-

sellschaft). Sie legt auch die Leitlinien für die Behandlung des

Übergewichts fest, zusammen mit der Deutschen Gesellschaft

für Ernährungsmedizin, der Deutschen Gesellschaft für

Ernährung und der Deutschen Diabetes-Gesellschaft.

www.adipositas-gesellschaft.de/

Die Europäische Kommission hat ein Programm zur Be-

kämpfung der Fettleibigkeit aufgelegt, viele Informationen

und Zahlen dazu gibt es auf den verschiedenen EU-Seiten:

http://www.eufic.org/web/article.asp?cust=1&lng=de&sh

ow=EU&rid=4

Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) www.dge.de/

Es gibt viele Kliniken, die stationäre Programme für Überge-

wichtige anbieten. Speziell auf den Suchtcharakter gehen vor

allem die Kliniken nach dem so genannten Bad Herrenalber

Modell ein. Die hinter dem übermäßigen Essen liegenden psy-

chischen Konflikte stehen bei der Behandlung im Vorder-

grund, ein spezielles Ess-Programm sowie Gruppen- und

Verhaltenstherapie gehören dazu. Kliniken u.a. in Bad

Herrenalb, Grönenbach, Oberstdorf und in Wolfsried (Allgäu).

www.hochgrat-klinik.de/deutsch-hochgratklinik-psychothe-

rapie-bayern/essstoerungen.htm

Psychosomatische Fachklinik Münchwies: Die Klinik ist speziali-

siert auf die Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen aller

Art. Die Behandlung der Übergewichtigen (ab BMI über 40)

erfolgt analog zu dem anderer Süchtiger, in der Therapie wer-

den Elemente aus der Suchttherapie angewendet. So müssen

die Patienten zum Beispiel schriftlich ihre Absicht erklären,

das übermäßige Essen einzustellen und Ess-Protokolle füh-

ren, dazu gibt es spezielle Gruppen- und Einzeltherapie

www.ahg.de/ahgde.nsf/FRSEINRICHTUNG/Muenchwies?

opendocument

Lesetipp

Linktipps