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Schulungsseminar 7. Februar, Seite 1
Schulungsseminar
Vergleich der Arbeitnehmervertretungssysteme in Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg
und den Niederlanden
7. Februar 2007
PCG - PROJECT CONSULT GmbH -Prof. Dr. Kost & CollegenFriedrich-List-Straße 2D-45128 EssenTelefon +49.(0)201.10592-0Telefax +49.(0)201.10592-79E-Mail: [email protected]: www.pcg-projectconsult.de
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 2
Inhalt
1. Die Gewerkschaften in Europa
1.1. Organisationsgrad in Europa
1.2 Die verschiedenen Dachorganisationen in den vier Ländern
1.3 Das Niveau der Tarifverhandlungen in den fünf Ländern
1.4 Arbeitskämpfe : Realität und Einschränkungen
2. Die Mitbestimmung im Unternehmen
2.1. Präambel : zwei Modelle der Unternehmensführung
2.2. Kein europäisches Model für die Mitbestimmung in Europa
2.3 Übersicht über die Mitbestimmung in den fünf Ländern
2.4 Die Mitbestimmung in Belgien, Luxemburg, Frankreich und den Niederlanden
2.5 Schlussfolgerung
3. Die Belegschaftsvertretung3.1 Das germanische Modell und das romanische Modell
3.2 Die Belegschaftsvertretung in Belgien
3.3 Die Belegschaftsvertretung in Luxemburg
3.4 Die Belegschaftsvertretung in den Niederlanden
3.5 Die Belegschaftsvertretung in Frankreich
3.6 Die Belegschaftsvertretung im Bereich Gesundheit und Sicherheit
3.7 Spezifische Einrichtungen : einige Beispiele
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 3
1. Die Gewerkschaften
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 4
ca. 80%
35-70%
20-35%
< 15 %
1.1. Gewerkschaftlicher Organisationsgrad in Europa (1)
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 5
1.1 Gewerkschaftlicher Organisationsgrad in Europa (2)
• Eine Kennzahl, die die enorme gewerkschaftliche Vielfalt und die nationalen Unterschiede in Europa belegt.
• Allein für unsere fünf Länder reicht diese Kennzahl von weniger als 10% (Frankreich) bis zu fast 70% (Belgien)
0
10
20
30
40
50
60
70
Frankreich Niederlande Deutschland DurschnittUE
Luxemburg Belgien
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 6
1.1 Gewerkschaftlicher Organisationsgrad in Europa (3)
• Einige (fast) gemeinsame Trends in Europa :
• Der Organisationsgrad ist in den drei letzten Jahrzehnten stark gesunken
• Der Organisationsgrad ist innerhalb der einzelnen Länder nicht homogen :
• Höher in der öffentlichen Hand als im Privaten Sektor
• Innerhalb des privaten Sektors ist er z.B. höher in der Metallindustrie als in Dienstleistungsbranchen
• Der Organisationsgrad ist eine Kennzahl, die eine grobe Idee der gewerkschaftlichen Finanzmitteln gibt, die aber sehr vorsichtig gehandhabt werden muss: diese Kennzahl spiegelt manchmal auch nur den kulturellen, institutionellen oder geschichtlichen Rahmen des Landes wider :
• In Belgien ist die Arbeitslosenversicherung mit der Gewerkschaftszugehörigkeit gekoppelt
• Frankreich hat den niedrigsten gewerkschaftlichen Organisationsgrad in Europa bereits seit Entstehung der Arbeiterbewegungen
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BENELUX und FRANKREICH
RichtungsgewerkschaftenUND
Organisation nach Branchen
Mehrere Dachverbände (von 3 bis zu 5)
„Gewerkschaftskonkurrenz“ ist die Regel
DEUTSCHLAND
Keine RichtungsgewerkschaftenABER
Berufsorientierte Gewerkschaften
Ein großer Dachverband
„Gewerkschaftskonkurrenz„(dass heißt : zwei Gewerkschaften
in einer Branche oder in einem Unternehmen)
ist eher selten
1.2 Die Gewerkschaften (1)
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1.2 Die Gewerkschaften (2): die meisten „Dachorganisationen“ in Benelux
Namen Orientierung / Wurzel Mitgliederzahl
Belgien CSC Christlich 1,6 Mi
FGTB Sozialistisch 1,1 Mi
CGSLB Liberal 0,2 Mi
NiederlandeFNV
Sozialdemokrat und katholisch
1,2 Mi
CNV Protestantisch 0,3 Mi
MHP, AVC, OVB
LuxemburgOGB Sozialistisch
33 000
LCGB Christlich-sozial20 000
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1.2 Die Gewerkschaften (3): die Gewerkschaftsbewegung ist in Frankreich zersplittert
Namen Orientierung / Wurzel Mitgliederzahl
FrankreichCGT
„Revolutionär“, in Entwicklung, immer mehr reformatorisch
0,7 Mi
CFDT„Christlich und Sozialdemokrat“
0,7 Mi
FO Politisch unabhängig 0,3 Mi
CFTC Katholisch 0,1 Mi
UNSA Unabhängig
CGC Führungskräfte
SUD „Revolutionär“
Andere (z.B.: SNCTA)
Berufsorientiert
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1.2 Die Gewerkschaften in Europa (4): die gewerkschaftlichen Landschaft in ihrer Branche kennen lernen
• Da es oft viele Gewerkschaften in anderen Ländern (insbesondere in Frankreich) gibt, fällt es manchmal schwierig den Deutschen Kontakte mit den Gewerkschaften zu knüpfen und zu pflegen
• Wichtig ist, zuerst gut die gewerkschaftliche Landschaft in ihrem Sektor kennen zu lernen :
• Wie viele Gewerkschaften gibt es ? Geht es um landesweite Gewerkschaften oder berufsorientierte Gewerkschaften ?
• Wie hoch ist der Stimmenanteil der Gewerkschaften bei den letzten Berufswahlen erhalten ? Gibt es große Unterschiede zwischen den Betriebsabteilungen oder den Berufen ?
• Gibt es eine absolute Mehrheit ? Gibt es eine Koalition ?
• Wer sind die wichtigsten Persönlichkeiten ?
• Welche Gewerkschaften ist Ihrer Gewerkschaft am nächsten ?
• Diese Frage werden insbesondere wichtig, wenn man eine enge Partnerschaft mit einer Gewerkschaft aufbauen will.
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1.3 Das Niveau der Tarifverhandlungen in den 5 Ländern
Branchenübergreifend / landesweit
Branchenweit
Auf Unternehme
n Ebene
Laufzeit des Vertrages
Deutschland
* * * * 1-2 Jahre
Frankreich * (im öffentlichen
Sektor)
* *** Unterschiedlich
Luxemburg ** ** Unterschiedlich
Niederlande * *** * 2 Jahre
Belgien *** ** * 2 Jahre
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1.3 Das Niveau der Tarifverhandlungen in Deutschland
• Wie beim gewerkschaftlichen sind die Unterschiede zwischen den europäischen Ländern sehr hoch
• In Deutschland ist die Branchenebene bei weitem das wichtigste :
• Der Staat greift kaum in die Fragen des Entgeltssystems und der Arbeitszeit ein : symbolisch dafür steht das Fehlen eines gesetzlichen Mindestlohnes in Deutschland
• Die Arbeitszeit und das Entgeltssystems werden auf Branchenebene verhandelt
• Die Unternehmensebene gewinnt an Bedeutung, insbesondere seit dem Pforzheimabkommen im Jahre 2003...aber auch in solchen Fällen werden die Tarifverträge von Bevollmächtigten der Gewerkschaften verhandelt (und nicht von den Vertrauensleuten, wie in anderen Ländern)
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 13
1.3 Das Niveau der Tarifverhandlungen in Belgien
• In Belgien ist die Staatsebene bedeutend :
• Der Staat spielt in den Arbeitsbeziehungen eine maßgebliche Rolle, entweder in Form einer direkten Regulierung oder im Rahmen einer dreiseitigen Abstimmung (Arbeitgebervertreter, Gewerkschaften und Regierung)
• Die überberufliche Ebene spielt eine Schlüsselrolle : branchenübergreifende Tarifvereinbarungen verknüpfen beispielweise mit Verweis auf die Nachbarländer (Frankreich, Deutschland und die Niederlande) und unter Berücksichtigung der mit dem Gesetz vom 26.Juli 1996 festgeschriebenen Auflagen für die Tarifverhandlungen Löhne, Aus- und Weiterbildung und Beschäftigung
• Die Unternehmensebene gewinnt an Bedeutung, auch in den Fragen der Beschäftigung und der Arbeitszeit
• Die Branchentarifabschlüsse können durch königlichen Erlass für allgemeinverbindlich erklärt werden
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 14
1.3 Das Niveau der Tarifverhandlungen in den Niederlanden
• Das Model der Niederlande ist dem deutschen Modell ähnlich. In den Niederlanden :
• Die Tarifverträge spielen einen Schlüsselrolle : drei Viertel der Arbeitnehmer fallen unter die zwischen den Gewerkschaften, den Arbeitgeberverbänden oder einzelnen Arbeitgebern geschlossenen Tarifverträge
• Im Allgemeinen werden Tarifverträge für eine Dauer von 2 Jahren geschlossen und sind heute für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte gleichermaßen gültig
• Ausschlaggebend sind heute noch die Tarifverhandlungen auf Branchenebene, bei denen Mindeststandards festgelegt werden
• Allerdings gewinnen auch in den NL Haustarifverträge zunehmend an Bedeutung
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1.3 Das Niveau der Tarifverhandlungen in Luxemburg
• In Luxemburg sind die Unternehmens- und Branchenebene gleichsam wichtig :
• Die Tarifverträge dürfen nicht vom Gesetz abweichen und wirken sich automatisch auf die Arbeitsverträge aus
• Tarifverträge gelten für rund 60% der Erwerbsbevölkerung, zur Hälfte sind dies Branchentarifverträge und zur anderen Hälfte Haustarifverträge
• Tarifverträge sowie Haustarifverträge dürfen nur von Gewerkschaftsorganisationen, die auf nationaler Ebene als repräsentativ erklärt wurden, geschlossen werden
• Ein Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmer in Unternehmern, die Mitglied einer Arbeitgeberorganisation sind, welche den Tarifvertrag unterzeichnet hat, und kann auf alle Angehörige eines Berufsstands ausgedehnt werden
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1.3 Das Niveau der Tarifverhandlungen in Frankreich
• In Frankreich spielt der Staat eine besondere Rolle in den Lohn- und Arbeitszeitregelungen :
• Lohn : der Staat mischt sich sehr wenig in diese Frage ein. Wie in den meisten europäischen Ländern existiert ein vom Staat geregelter Mindestlohn; aber diese Staatsintervention ist auf den Mindestlohn begrenzt
• Arbeitszeit : die Wochenarbeitszeit (35 Stunden im Durchschnitt) ist gesetzlich festgelegt, die Anwendungsbedingungen sind in Tarifverträge in der Branche oder im Unternehmen (häufiger) festgesetzt. Die wirkliche durchschnittliche Arbeitszeit ist höher als 35 Stunden
• Die Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände finden auf drei Ebenen statt :
• Sektorübergreifend : die zwei bedeutendsten Themen sind die Regelungen hinsichtlich der Arbeitslosenversicherung und der Weiterbildung
• Branche : die Verhandlungen auf diesem Niveau haben an Bedeutung verloren und sind mittlerweile unwesentlich
• Unternehmen : dieses Niveau ist immer mehr von Arbeitgebern bevorzugt, die Anzahl der Betriebsvereinbarungen steigt seit 20 Jahren kontinuierlich
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1.4 Arbeitskämpfe: Realität und Einschränkungen
• Die unten stehende Abbildung vertritt die durch Arbeitskämpfe verlorenen Arbeitstage (je 1000 Arbeitnehmer, Jahresdurchschnitt 1998-2001)
37,3
23,8
20,6
5,7
1,1
60,6
Frankreich
Luxemburg
Belgien
Niederlande
Deutschland
UE-Durschnitt
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1.4 Arbeitskämpfe: Realität und Einschränkungen
• In den fünf Ländern ist die Kennzahl der Arbeitskämpfe niedriger als im Eu- Durchschnitt (auch in Frankreich)
• Es gibt hier zwei Ländergruppen :
• Niederlande und Deutschland : die Arbeitskämpfe sind selten, es gibt eine Konsenskultur
• Frankreich, Luxemburg und Belgien, wo Arbeitskämpfe öfter ausbrechen
• Die Interpretation solcher Kennzahl muss vorsichtig geschehen :
• Die Arbeitskampfshäufigkeit ist je nach Branche sehr unterschiedlich: überall ist die Konfliktsbereitschaft höher bei der Öffentlichen Hand, als im privaten Sektor
• Der Kultur- und Rechtsrahmen ist in den betroffenen Länder radikal unterschiedlich(siehe unten)
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 19
1.4 Arbeitskämpfe: Realität und Einschränkungen
• Der Rechtsrahmen hängt von dem Land und seiner Geschichte ab. Man kann hier zwei Gruppen unterscheiden:
In den Beneluxländer und in Deutschland gibt es rechtliche Instrumente, um Konflikte zu verhindern, zu verringern oder zu kanalisieren:
• Die „Friedenspflicht“:
•ist in Luxemburg gesetzlich vorgeschrieben
• ist in Deutschland ein Bestandteil des Grundsgesetztes
• gilt als Vorschrift in belgischen und niederländischen Tarifverträgen
• Schlichtungs- und Vermittlungsverfahren existieren in den vier Ländern unter verschiedenen Formen:
• In Belgien und in den Niederlanden gibt es bei Tarifkonflikten das Schlichtungsamt des paritätischen Ausschusses
• In Luxemburg besteht das staatliche Schlichtungsamt aus den Vertretern der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften und wird vom Arbeitsministerium geleitet. Während des Schlichtungsverfahrens werden die Arbeitskämpfe ausgesetzt. Kommt keine Einigung zustande, wird eine Schiedstelle (im öffentlichen Sektor eine Vermittlungsstelle) angerufen
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1.4 Arbeitskämpfe: Realität und Einschränkungen
• Der Rechtsrahmen hängt von dem Land und seiner Geschichte ab. Man kann hier zwei Gruppen unterscheiden:
In Frankreich ist das Streikrecht vom Gesetz wenig geregelt: Friedenspflicht und Vermittlungsverfahren sind nicht Bestandteil der französischen Kultur und Geschichte:
• Das Streiksrecht ist ein individuelles Menschenrecht:
• Im privaten Sektor dürfen die Arbeitnehmer ohne die Zustimmung der Gewerkschaften streiken
• Im öffentlichen Sektor müssen die Gewerkschaften eine Frist von 5 Tagen einhalten, aber der Streik kann von einer einzigen Gewerkschaft ausgelöst werden, auch wenn diese Gewerkschaft nur eine kleine Minderheit vertritt
• Der Arbeitgeber hat keinen Anspruch auf Aussperrung
• In einigen Teilen der öffentlichen Hand (insbesondere bei der Bahn) gibt es keine Tradition des sozialen Dialogs
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2. Die Mitbestimmung in Unternehmen
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2.1 Präambel: zwei Modelle der Unternehmensführung/ Unternehmensstruktur
Dualistisches System : das heißt, Unternehmensleitung und Unternehmensüberwachung sind in zwei Organen aufgeteilt :
• Der Vorstand ist das „Leitungsorgan“, das heißt: er führt die Geschäfte in eigener Verantwortung. Die Mitglieder des Leitungsorgans werden vom Aufsichtsrat (oder von der Hauptversammlung der Aktionäre) bestellt und abberufen
• Das Aufsichtsorgan überwacht die Führung der Geschäfte durch das Leitungsorgan. Die Mitglieder werden von der Hauptversammlung bestimmt
• Das Leitungsorgan unterrichtet regelmäßig (zum Beispiel alle drei Monate) das Aufsichtsorgan über den Gang der Geschäfte
• Das Leitungsorgan teilt dem Aufsichtsrat alle mit dem Geschäft verbundenen Informationen und wichtige Ereignisse mit; der Aufsichtsrat darf alle nötige Informationen verlangen
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2.1 Präambel: zwei Modelle der Unternehmensführung/ Unternehmensstruktur
Monistisches System:
• Das Verwaltungsorgan führt die Geschäfte. Das Verwaltungsorgan wird von der Hauptversammlung bestellt und abberufen.
• Ein oder mehrere Geschäftsführer führt/führen die laufenden Geschäfte in eigener Verantwortung. In Frankreich führt der Generaldirektor (PDG) die Geschäfte.
• In den beiden System muss man die Vorschriften und Gesetze des Landes, in dem die Firma sitzt, sowie die Satzung des Unternehmens nachprüfen, um die Aufteilung zwischen den Organen zu verstehen:
• Im dualistischen System: Für welche Entscheidungen und welche Art von Geschäften ist die Zustimmung des Aufsichtsorgans erforderlich ?
• Im monistischen System: wann ist ein ausdrücklicher Beschluss des Verwaltungsorgans nötig ?
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 24
2.1 Präambel: zwei Modelle der Unternehmensführung/ Unternehmensstruktur
Blau : dualistisches System
Gelb : monistisches System
Orange : beide Systeme koexistieren
Da in Frankreich das monistische Modell deutlich überwiegt, können wir hier zwei Ländergruppen unterscheiden:
• Niederlande und Deutschland : dualistisches System
• Belgien, Luxemburg und Frankreich : monistisches System
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• In Gegensatz zum Betriebsrat, der in ganz Europa (zwar in unterschiedlichen Formen) existiert, ist die Beteiligung von den Arbeitnehmervertretern in den höchsten Unternehmensorganen (unabhängig von der Rechtsstruktur) nicht die Regel und ist unterschiedlich geregelt
• Es gibt heute drei Modelle:
• Die Länder, in denen die Mitbestimmungsrechte in den Unternehmensorganen verbreitet sind (sowohl staatliche als auch private Unternehmen)
• Die Länder, in denen nur eine begrenzte Verbreitung oder eine begrenzte Form der Mitbestimmung in Unternehmen existiert (oft nur in den staatlichen oder privatisierten Unternehmen)
• Die Länder, in denen es überhaupt keine Regelungen zur Mitbestimmung in Unternehmen gibt
2.2 Kein europäisches Modell für die Mitbestimmung in Unternehmen
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 26
2.2 Kein europäisches Modell für die Mitbestimmung in Unternehmen
Unternehmensmitbestimmung in Europa
• Dunkelblau: weite Verbreitung
• Blau : Begrenzte Verbreitung
• Hellblau : Keine Regelungen
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 27
2.3 Übersicht der Mitbestimmung in Unternehmen für unsere 5 Länder
Gesetz-
gebung
Kriterien Anzahl der Arbeitnehmervertreter in den Unternehmensorganen
Belgien Nein Keine Keine
Deutschland
Ja 1. U 500- 2000 AN2. U 2000 AN3. Sonderegelung für
Montanindustrie
1. 1/3 des Aufsichtsrats2. ½ des Aufsichtsrats mit Vorherrschaft
der Aktionärsvertreter ( Vorsitzende + bei Stimmengleichheit ist die Stimme des Vorsitzendens ausschlaggebend
Frankreich Ja 1. Staatliche U ( 50% des Kapitals)
2. Privatisierte U3. Andere AG : nichts
1. 200-1000 AN : 3 Mitglieder des Verwaltungsorgans und 1000 AN 1/3 des Verwaltungsorgans
2. Wenn Verwaltungsorgan 15 Mitglieder, 2 Mitglieder. Wenn Verwaltungsorgan 15 Mitglieder, dann 3 Mitglieder
3. BR können 2 Vertreter entsenden (ohne Stimmrecht)
Luxemburg Ja 1. U 1000 AN2. Staatliche U oder U mit
einer staatlichen Lizenz
1. 1/3 des Verwaltungsorgan2. 1 Mitglied pro 100 AN (max. 1/3 des
Verwaltungsorgan)
Niederlande
Ja U mit Eigenkapital 16 Mio.€ + Existenz eines BR + 100 AN
(bis zu) 1/3 der Sitze im Aufsichtsrat
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 28
2.3 Übersicht der Mitbestimmung in Unternehmen der fünf Länder
Nominierung der Kandidaten
Wahl durch Arbeitnehmer /
Ernennung
Auswahlkriterien für Arbeitnehmervertreter
Belgien Keine Keine Keine
Deutschland
1. BR, AN (10% oder 100 Arbeitnehmer)
2. AN (20%), Gewerkschaft haben Recht, 2-3 Kandidaten zu Nominierung
1. Wahl2. Direkte Wahl oder
Wahl durch Delegiertengremium (falls 8000 Arbeitnehmer)
1. Nur Arbeitnehmer (seit mind. einem Jahr
2. Nur Arbeitnehmer seit mind. einem Jahr / Nominierung durch Gewerkschaft für Gewerkschafts-Sitze)
Frankreich 1. AN2. AN
1. Wahl2. Wahl
1. Nur Arbeitnehmer2. Nur Arbeitnehmer
Luxemburg Ernennung durch BR 1. Nur Arbeitnehmer
Niederlande
Betriebsrat Ernennung durch Aktionärshauptver-sammlung
Nur Mitglieder des Betriebsrates
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 29
• Das belgische system der Corporate Governance (Unternehmensführung) beruht auf einem einzigen Leitungsgremium (Verwaltungsrat)
• Keine Arbeitnehmervertreter in den belgischen Unternehmensorganen
• Belgien verfügt jedoch in einigen Teilen des öffentlichen Sektors über eine Unternehmensmitbestimmung. Beispielweise bei der staatlichen Bahn, wo drei der 23 Mitglieder des Verwaltungsrats von den Gewerkschaften nominiert und durch die Belegschaft gewählt werden
2.4 Die Mitbestimmung in Unternehmen der fünf Ländern: fast abwesend in Belgien, begrenzt aber wirksam in Luxemburg
• Das luxemburgische System der Corporate Governance (Unternehmensführung) beruht auf einem einzigen Leitungsgremium (Verwaltungsrat)
• Die Belegschaft hat Vertreter bei diesem Verwaltungsrat in fast allen großen Unternehmen : sowohl in Privatunternehmen mit mehr als 1000 Arbeitnehmern, als auch in den Unternehmen, in denen der Staat Einfluss hat (mindestens 25% des Kapitals gehört der öffentlichen Hand oder die Firma hat in ihrem Haupttätigkeitsfeld eine staatliche Konzession)
• Arbeitnehmervertreter müssen seit mindestens 2 Jahren im Unternehmen beschäftigt sein, Arbeitnehmervertreter der Arbeiter und der Angestellte müssen separat gewählt werden. Sie sind von der Arbeitnehmerdelegation gewählt
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 30
• In den meisten Unternehmen beruht das System der Corporate Governance (Unternehmensführung) auf einem einzigen Leitungsgremium (Verwaltungsrat).
• Historisch hat die kämpferische Tradition des Sozialen Dialogs die Entwicklung der Mitbestimmung in Unternehmen verhindert:
• Die Gewerkschaften haben das nicht gefordert (im Gegenteil zu Deutschland, wo die Gewerkschaften dafür lange gekämpft haben)
• Die Arbeitgeberseite war nicht daran interessiert : sie wollten ihr Monopol auf die Unternehmensleitung bewahren
• Die Betriebsräte dürfen Vertreter in den Verwaltungsrat entsenden, die jedoch kein Wahlrecht haben
• Die Mitbestimmung in Unternehmen bleibt die Ausnahme : staatliche Unternehmen, ehemalige staatliche Unternehmen
• Die Entscheidungen, die vom Verwaltungsrat getroffen werden müssen, sind in der Satzung beschrieben. Die Verwaltungsrat ist oft ziemlich formal in Frankreich und erlaubt keinen Dialog unter den Mitgliedern
2.4 Die Mitbestimmung in Unternehmen in den 5 Ländern: sektorbegrenzt in Frankreich
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 31
• Die Rechte des Aufsichtsrates sind erheblich : ihm obliegt nicht nur die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern, sondern er besitzt darüber hinaus ein Vetorecht bei praktisch allen strategischen Entscheidungen (Investitionen im Wert von mindestens ein Viertel des Aktienkapitals, Massenentlassungen, Erhöhung oder Verminderung des Aktienkapitals,...)
• Das niederländische System der Unternehmensmitbestimmung wird oft als kompliziert und ungewöhnlich bezeichnet
• Im Vergleich mit Deutschland geht es sich nicht um ein direktes und echtes Mitbestimmungssystem:
• Die Aufsichtsratsmitglieder dürfen nicht die spezifischen Belange einer Interessengruppe (seien es Aktionäre, eine Bank oder die Mitarbeiter) vertreten, sondern müssen das Unternehmen als Ganzes berücksichtigen
• Deswegen dürfen die „Arbeitnehmervertreter“ im Aufsichtsrat weder Gewerkschafter, noch Betriebsratsmitglieder, noch Arbeitnehmer der Firma sein
2.4 Die Mitbestimmung in Unternehmen in den 5 Ländern: kompliziert in den Niederlanden
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 32
• Das im Jahre 2004 verabschiedete neue Gesetz sieht ein kompliziertes Prozedere vor:
• Der Betriebsrat darf einige Kandidaten für den Aufsichtsrat (bis zu einem Drittel) der Gesellschaftsversammlung vorschlagen
• Die Gesellschaftsversammlung darf diese Nominierungen verweigern : in diesem Fall fängt das Prozedere wieder an
• In der Praxis nominieren die Betriebsräte vor allem Politiker oder Persönlichkeiten des akademischen Lebens, die das Vertrauen der Belegschaft genießen
2.4 Die Mitbestimmung in Unternehmen in den 5 Ländern: kompliziert in den Niederlanden
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 33
• Um den Umfang der Arbeitnehmervertretung in Leitungsorganen zu analysieren, braucht man:
• Den rechtlichen Rahmen, und insbesondere die Anzahl oder das prozentuale Verhältnis der Mitglieder, die von den Arbeitnehmern ernannt werden
• Aber auch das zugrunde liegende Recht des Leitungsorgans : je nach Land und je nach der Satzung des Unternehmens, haben die Aufsichtsräte und die Verwaltungsräte mehr oder weniger Befugnisse
• Wissen über Landes- und Unternehmenskultur: die Sitzungen der Leitungsorgane können eine Gelegenheit sein, viele Informationen zu erhalten und Debatten über die Strategie der Firma auszulösen...oder sehr formal sein
• Um die Unterschiede besser kennen zu lernen sind Austäusche mit ihren Partnern der anderen Länder erforderlich
2.5 Die Mitbestimmung in Unternehmen in den 5 Ländern: Schlussfolgerung
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 34
3. Die Belegschaftsvertretung
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 35
„Romanisches“ Modell
„Germanisches“ Modell
„Angelsächsisches“ Modell
Transformationsländer
Skandinavisches Modell
3.1 Die Modelle von Belegschaftsvertretungen
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 36
BROR
Ondernemingsraad (OR)
Betriebsrat (BR)
3.1 Das „germanische“ Modell
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 37
Betriebsrat als zentrales Organ übt alle Verhandlungsrechte aus: er
verhandelt und unterzeichnet die Betriebsvereinbarungen
Gesetzlich geregelte Mitwirkungsrechte („Mitbestimmung“)
Streike in betrieblichen Fragen sind verfassungswidrig, Einigungsstelle
tragen dazu bei, die betrieblichen Auseinandersetzungen zu beseitigen
(„Betriebsfrieden“)
Weitgehende Regelungen über Freistellungen und Arbeitsmittel
Gewerkschaften nur indirekt im Betrieb präsent (mit den sogenannten
„Vertrauensleute“)
Gute Betreuung durch Hauptamtliche
„Industry culture“
3.1 Das „germanische Modell“: der Betriebsrat
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 38
Comité d´entreprise (CE)
Conseil d´entreprise (CE)
Comité de empresa (CE)
Rappresentanza Sindacale Unitaria (RSU)
Comissões de trabalhadores (CT)
CE
GewerkschaftenSyndicats
3.1 Das „romanische“ Modell: der Betriebsrat
Cômité mixte (CE)
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 39
Gesetzliche Grundlage für Betriebsausschüsse
Information und Konsultation, kein Recht auf Mitbestimmung
Keine Pflicht zum Betriebsfrieden
Gewerkschaften verhandeln alle betrieblichen Fragen
Stundenweise Freistellungsregelungen
Wenig Unterstützung durch hauptamtliche Gewerkschafter : die
Gewerkschafter haben Vertreter im Unternehmer (die Mitarbeiter sein
müssen)
Rückgriff auf Sachverständige sehr weit verbreitet
Häufig konfliktbeladene Zusammenarbeit der Betriebsparteien
Schwache Arbeitnehmerbeteiligung im Verwaltungsrat
„culture patronale“
3.1 Das „romanische“ Modell
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 40
Unternehmenssausschuss / BetriebsausschussComité d‘entreprise / Comité d‘établissement
Gewählte StellvertreterÉlus suppléants
Sekretär + Kassenwart + andereSecrétaire + trésorier + autres
Gewählte MitgliederÉlus titulaires
Experte - expert
Vorsitzender = Werksleiter
Gewerkschaftsdelegierte (ernannt)Délégues syndicaux (désigné)
CE
3.1 Das „romanische“ Modell: der Unternehmensausschuss
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 41
Unternehmensausschuss/ BetriebsausschussComité d‘entreprise / Comité d‘établissement
Unterrichtung und Anhörung Kein Recht auf Mitbestimmung
Verwaltung von Sozialfonds
Eigenes Budget : 0,2 % der Gehaltsmasse
Vorsitzender = Werksleiter
CE
3.1 Das „romanische“ Modell: der Betriebsrat
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 42
Verhandlungen mit dem Arbeitgeber
Gewerkschaften verhandeln alle betrieblichen Fragen
Keine Pflicht zum Betriebsfrieden
Gesetzliche Grundlage
3.1 Das „romanische“ Modell : der Betriebsrat
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 43
Betriebsrat + Gewerkschaftenin Unternehmen
Betriebsrat : verhandelt
Betriebsvereinbarung
Gewerkschaft :verhandelt
Tarifverträge + kein Vertreter im Unternehmen
Deutsches Modell
3.1 Vergleich zwischen den beiden Modellen (1/2): die Rolle der Gewerkschaften
Romanisches Modell
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 44
Zusammensetzung und Arbeit des EBRDeutsches oder französisches Modell?
EBR erhält ein festes Jahresbudget und muß damit haushalten, Freistellungs-umfang ist pro Person genau definiert
EBR rechnet alle notwendigen Kosten seiner Arbeit mit dem Arbeitgeber ab, Freistellungen erfolgen nach Bedarf
Arbeitgeber lädt zur EBR-Sitzung ein und erstattet BerichtArbeitgeber wird zu einzelnen Tagesordnungspunkten in die EBR-Sitzung eingeladen und erstattet Bericht
Interne Angelegenheiten werden in einer Vorbesprechung der Arbeitnehmerseite besprochen
Interne Angelegenheiten werden in einer normalen EBR-Sitzung besprochen
Vorsitz liegt beim Arbeitgeber, Arbeitnehmerseite wählt einen Sprecher
Vorsitz liegt bei einem gewählten Arbeitnehmervertreter
EBR besteht aus Arbeitnehmer- und ArbeitgebervertreternEBR besteht nur aus Arbeitnehmervertretern
Französisches ModellDeutsches Modell
3.1 Vergleich zwischen den beiden Modellen (2/2):
das Beispiel des Europäischen Betriebsrates
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 45
3.2 Belgien : die Gewerkschaftsvertretung
Organ und Aufgabe
Die Gewerkschaftsdelegation ist das Organ, das die Arbeitnehmer bei Verhandlungen mit dem Arbeitgeber vertritt
Wählbarkeit und Wahl
Sie sind von der/den Gewerkschaft/en ernannt oder von den Gewerkschaftsmitgliedern im Betrieb gewählt
Schutz und Ressourcen
Gewerkschaftsdelegierte sind durch rechtsverbindliche Tarifvereinbarungen geschützt, die ihnen erforderliche Freistellung einräumen und eine Kündigung nur unter bestimmten Vorraussetzungen zulassen
Verhandlungs-/ Anhörungsthemen
Die Gewerkschaftsdelegierten verhandeln über sämtliche Fragen, die nicht durch bestehende Abkommen auf nationaler oder Branchenebene abgedeckt sind
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 46
3.2 Belgien: der Conseil d´entreprise
Organ und Aufgabe
Der Unternehmensrat (UR) ist ein gemeinsames Organ bestehend aus Vertretern der Geschäftsführung und der Arbeitnehmer unter Vorsitz des Arbeitgebers. Der UR hat ein Recht auf Unterrichtung und Anhörung und tritt mindestens einmal im Monat zusammen.
Wählbarkeit und Wahl
In Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten wählt die gesamte Belegschaft alle vier Jahre einen gesetzliche UR. Die Nominierung kann nur durch die Gewerkschaft erfolgen.In Unternehmen mit 50 bis 99 Beschäftigten übernimmt der Arbeitsschutzausschuss viele der Funktionen des UR.
Schutz und Ressourcen
Betriebsratsmitglieder genießen einen umfassenden, durch das Gesetz gewährleisteten Kündigungsschutz sowie Anspruch auf Freistellung (auch zu Schulungszwecken).Der UR kann zudem externe Experten zu rate ziehen.
Verhandlungs-/ Anhörungsthemen
Der UR verfügt über keine Verhandlungsrechte, ist aber bei Wirschafts- und Sozialfragen zu konsultieren, wobei für Entlassungen und Schließungen besonders strenge Regeln gelten. Der UR hat in einigen (unwichtigen in der Praxis) Bereichen ein Vetorecht.
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 47
• Die Gewerkschaftsdelegation/en ist/sind normalerweise das wichtigste Organ im belgischen System der Arbeitnehmervertretung
• Der Betriebsrat hat zwar ein Recht auf Unterrichtung und Anhörung...
• ...die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber obliegen jedoch der/den Gewerkschaftsdelegation/en.
• Aber: dieselben Personen sind oftmals zugleich Mitglied der Gewerkschaftsdelegation, des Unternehmensrates und des Arbeitsschutzausschusses , da die Gewerkschaften im Hinblick auf die beiden Organen alleiniges Nominierungsrecht haben.
3.2 Belgien: wichtigste Merkmale in der Praxis
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 48
3.3 Luxemburg : die Gewerkschaftsvertretung und die Belegschaftsvertretung
Organ und Aufgabe der Gewerkschaftsvertretung
Es besteht keine Gewerkschaftsstruktur mit gesetzlich verankerten Rechten im Betrieb.
Organ und Aufgabe der Belegschafts-vertretung
Die Arbeitnehmerdelegation (Délégation du personnel - DP-) ist ein ausschließlich aus Arbeitnehmern bestehendes Organ. Sie hat Recht auf Unterrichtung und Anhörung. Sie tritt mindestens sechs mal pro Jahr zusammen und kann einmal pro Monat tagen.Der Comité Mixte (Gemischter Ausschuss –CM- für größere Unternehmen) ist ein gemeinsames aus Vertretern der Geschäftsführung und der Arbeitnehmern bestehendes Organ unter Vorsitz eines Vertreters des Managements. In ihm sollen beide Seiten gemeinsam an der Verbesserung der Arbeitsbeziehungen arbeiten.Der CM tritt mindestens alle 3 Monaten zusammen.
Wählbarkeit und Wahl der Belegschaftsvertretung
DP: in Betrieben mit mindestens 15 Beschäftigten, alle 4 Jahre von der gesamten Belegschaft gewählt, die Nominierung erfolgt über Gewerkschaften oder Arbeitnehmergruppen.In Betrieben mit mindestens 150 Beschäftigten werden gesetzliche CM eingerichtet. Die Arbeitnehmervertreter werden alle 4 Jahre von der DP gewählt.
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 49
3.3 Luxemburg : die Belegschaftsvertretung
Schutz und Ressourcen der Belegschafts-vertretung
Mitglieder einer DP sind mindestens für eine Zusammenkunft pro Monat sowie für einen zusätzlichen Zeitraum freigestellt, der auf ein Basis von 40 Stunden pro Woche je 500 Beschäftigten kalkuliert wird („Freistundenkontingent“). In Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten ist mindestens ein Mitglied komplett freigestellt. Sie können nur mit Zustimmung eines Gerichtes entlassen werden.
Verhandlungs-/ Anhörungsthe-men
Die DP hat ein Recht auf Unterrichtung und Anhörung im Hinblick auf eine Reihe von Wirtschafts- und Sozialfragen.Der CM hat ebenfalls ein Recht auf Unterrichtung und Anhörung.In einigen Bereichen hat der CM ein Mitbestinnungsrecht :
-Leistungskontrolle und Kriterien für die Beurteilung der Mitarbeiter-Auswahlkriterien bei Einstellungen, Beförderungen, Versetzungen und Entlassungen-Maßnahmen zum Gesundheits- und Arbeitsschutz und zur Verhütung von Arbeitsunfällen-Betriebsordnung
Der CM überwacht auch die Verwaltung der betrieblichen Sozialeinrichtungen.Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem CM und der Geschäftsleitung bezüglich der Beschlussfassung kommt es zum Schlichtungs und Schiedsverfahren durch das staatliche Schlichtungsamt (Office national de conciliation).
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 50
3.4 Die Niederlande: die Gewerkschaftsvertretung
Organ und Aufgabe
Gewerkschaftsvertreter befassen sich mit Gewerkschaftsangelegenheiten im Betrieb durch Anwerbung neuer Mitglieder und Unterstützung von Gewerkschaftskandidaten bei Betriebswahlen.
Wählbarkeit und Wahl
Sie werden von der Gewerkschaft gemäß eigener Verfahrensweisen gewählt.
Schutz und Ressourcen
Sie genießen keinen speziellen Rechtsschutz, die über die normalen Gewerkschaftsmitglieder vorgesehen Regeln hinausgeht. Die Tarifabkommen sehen aber oft Freistellung (in größten Unternehmen), sowie sachliche und räumliche Mittel vor.
Verhandlungs-/ Anhörungsthemen
Die wichtigsten Verhandlungen über Löhne, Gehälter und Arbeitsbedingungen werden von den hauptamtlichen Funktionären der Gewerkschaft geführt.Gewerkschafter im Betrieb helfen jedoch, Forderungen zu formulieren und zu entscheiden, ob das Ergebnis akzeptabel ist.
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 51
3.4 Die Niederlande: der Unternehmensrat (ondernemingsraad) 1/2
Organ und Aufgabe
Der Unternehmensrat (UR) besteht ausschließlich aus Arbeitnehmern. Er tagt normalerweise mindestens einmal pro Monat.Er muss auch mit dem Management mindestens sechsmal pro Jahr zusammen treffen. Diese Mitsprachesitzungen finden abwechselnd unter dem Vorsitz des Unternehmers und des UR-Vorsitzenden statt.
Wählbarkeit und Wahl
In Betrieben mit mindestens 50 Beschäftigten wählt die gesamte Belegschaft alle zwei bis vier Jahre einen gesetzlichen UR. Die Nominierung erfolgt entweder seitens der Gewerkschaft oder seitens einer großen gewerkschaftsunabhängiger Arbeitnehmergruppe.In Betrieben mit zehn bis 50 Beschäftigten kann auf Wunsch der Arbeitnehmer eine Belegschaftsdelegation eingerichtet werden – ein Organ, das über einige der Rechte eines UR verfügt.
Schutz und Ressourcen
UR-Mitglieder genießen umfassenden Kündigungsschutz, erhalten sachliche und räumliche Mittel und können bezahltes externes Fachwissen in Anspruch nehmen. In Betrieben mit mindestens 100 Beschäftigten sind sie mindestens 60 Stunden pro Jahr freigestellt und haben Anspruch auf fünf Tage Schulung.
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 52
3.4 Die Niederlande : der Unternehmensrat (ondernemingsraad) 2/2
Verhandlungs-/ Anhörungsthemen
Der UR hat ein Recht auf Unterrichtung und Anhörung bei Wirtschafts- und Sozialfragen.Bei verschiedenen Wirtschaftsangelegenheiten, wie z.B. Übernahmen und Investitionen kann der UR im Rahmen des Anhörungsverfahrens einen einmonatigen Aufschub erzwingen.Bei anderen Angelegenheiten muss der UR zustimmen :
-Richtlinien für die Einstellung, Entlassung, Beförderung, Mitarbeiterbeurteilung, Schulung- Betriebsrenten, Vermögensbildung, Gewinnbeteiligung-Bestimmungen zur Arbeitszeit und Urlaub-Bestimmungen zu Arbeitssicherheit, Gesundheit und Arbeitsbedingungen-Regelungen zur betrieblichen Fürsorge und sozialen Einrichtungen im Unternehmen
Gespräche zwischen UR und Unternehmer können zum Abschluss einer Vereinbarung führen.Verweigert der UR auch nach einer Mitsprachesitzung seine Zustimmung, kann der Unternehmer zur Billigung seiner Entscheidung den „paritätischen Branchenausschuss“ anrufen oder kann die Angelegenheit dem Gericht übergehen werden.
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 53
• Das niederländische System ist dem deutschen Modell ähnlich.
• Unternehmensräte existieren in den meisten Unternehmen, die ihn gesetzlich haben können (71% im Jahr 2001). Die Quote erreicht 94% bei Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten.
• Die Gewerkschaft spielt in vielen Betrieben eine wichtige Rolle – rund 60% der Betriebsratsmitglieder gehören einer Gewerkschaft an.
• Die Zunahme von Tarifverhandlungen auf der Unternehmensebene löst neue Debatten aus :
• Wäre es geeignet, gewerkschaftliche Vertretung im Unternehmen zu verbessern ?
• Wäre es geeignet, Tarifverträge mit UR durchzuführen ?
3.4 Die Niederlande: wichtigste Merkmale in der Praxis
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 54
GewerkschaftsdelegierteDélégués syndicaux
PersonaldelegierteDélégués du personnel
BetriebsausschussComité d´entreprise
3.5 Frankreich: mehrere Organe
ArbeitsschutzausschussComité Hygiène , Sécurité et
conditions de travail
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 55
3.5 Frankreich: die Gewerkschaftsvertretung
Organ und Aufgabe
Der Gewerkschaftsdelegierte (délégué syndical, DS) repräsentiert die Gewerkschaft in Unternehmen. Er muss Mitarbeiter des Unternehmens sein.Wegen der gewerkschaftlichen Vielfalt gibt es oft mehrere DS in einem Unternehmen.In den großen Unternehmen gibt es auch Gewerkschaftsdelegierte auf der jeweiligen Betriebsebene.
Wählbarkeit und Wahl
Jeder als repräsentativ betrachteter Gewerkschaftsverband (5 auf Landesebene) darf im Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiter einen Gewerkschaftsdelegierten ernennen.Die Mitglieder der Gewerkschaft nehmen an dessen Auswahl teil.
Schutz und Ressourcen
Er genießt den selben Kündigungsschutz wie die BR-Mitglieder.Er hat Anspruch auf Freistellung, die von zehn Stunden pro Monat (50 Beschäftigten) bis 20 Stunden pro Monat (500 Beschäftigten und mehr) reicht.
Verhandlungs-/ Anhörungsthemen
Er darf den Betriebsratssitzungen beiwohnen.Er verhandelt die Unternehmens- oder Betriebsvereinbarungen.
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 56
3.5 Frankreich: der Comité d´entreprise (Unternehmensausschuss) 1/2
Organ und Aufgabe
Der Comité d´entreprise (BR) tritt mindestens einmal pro Monat zusammen. Der BR besteht aus den Arbeitnehmervertretern und dem Geschäftsleitungsvertreter. Den Vorsitz hat der Arbeitgeber. Die Rolle des Vorsitzenden ist sehr formell ... Er darf nicht stimmen.Der BR wählt einen „Sekretär“, der eine wichtige Rolle spielt (z.B. kann er bei rechtlichen Schritten den BR vertreten). Jede Sitzung wird zuerst ohne den Arbeitgeber vorbereitet.Es gibt auch ein spezielles Arbeitnehmervertretungsorgan, das sich mit den personbezogenen Angelegenheiten und mit den individuellen Beschwerden befasst : die Personaldelegierten (DP).
Wählbarkeit und Wahl
Der BR existiert in Unternehmen, die mehr als 50 Personen beschäftigen. Die DP existiert in Unternehmen mit mehr als 11 Beschäftigten.Die Mitglieder des BR werden alle 4 Jahre von der gesamten Belegschaft gewählt.Die im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften haben in der ersten Runde ein Monopol auf die Nominierung. Wenn die Gewerkschaften nicht 50% der Stimmen erhalten, findet eine zweite Runde statt, die für alle Nominierungen offen ist.
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 57
3.5 Frankreich: der Comité d´entreprise (Unternehmensausschuss) 2/2
Schutz und Ressourcen
Die BR-Mitglieder genießen einen umfassenden Kündigungsschutz. BR-Mitglieder haben Anspruch auf 20 Stunden Freistellung pro Monat. Der BR verfügt über ein Budget in Höhe von 0,2% der Lohnkosten.Der BR darf auf Kosten des Arbeitgebers externe Experten zur Analyse der Lage des Unternehmens sowie zur Beurteilung wichtiger Änderungsvorschläge hinzuziehen.
Verhandlungs-/ Anhörungsthemen
Der BR hat umfassenden Anspruch auf Unterrichtung und etwas geringeren Anspruch auf Anhörung bei Wirtschafts- und Sozialfragen. Das Ziel des BR ist die „kollektive Meinungsäußerung der Arbeitnehmer zu sichern“.Der BR übernimmt und überwacht die Verwaltung aller sozialen und kulturellen Einrichtungen, die im Unternehmen zugunsten der Arbeitnehmer oder ihrer Familie bestehen.Der BR darf nicht verhandeln. Es gibt keine Mitbestimmungsrechte, außerhalb des Anspruches auf Anhörung und Unterrichtung.
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 58
3.5 Frankreich: wichtige Merkmale in der Praxis
• Die verschiedenen Organe, die die französischen Arbeitnehmer in einem Unternehmen vertreten, können i.d.R. als Team betrachtet werden
• Die führende Rolle übernehmen die Gewerkschaftsdelegierten. Obwohl nur ein geringer Prozentsatz der Arbeitnehmer Mitglied einer Gewerkschaft ist, stimmen die Arbeitnehmer häufig in den Betriebswahlen für die von den Gewerkschaften vorgestellten Listen: das Vertrauen den Gewerkschaften gegenüber ist viel höher als der Organisationsgrad vermutet lässt
• Die Qualität des Sozialen Dialogs ist in den unterschiedlichen Firmen uneinheitlich: ein wichtiger Punkt ist die Fähigkeit (oder die Unfähigkeit) der verschiedenen Gewerkschaften, zusammen zu kooperieren
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 59
3.6 In den fünf Ländern gibt es eine Vertretung im Bereich Gesundheit und Sicherheit
Länder mit spezifischem Organ: Frankreich, Belgien und Deutschland
Länder ohne spezifisches Organ: Niederlande und Luxemburg
Frankreich CHSCT: die Mitglieder werden in Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten von den BR- und DP-Mitgliedern gewählt. Die Nominierung obliegt den Gewerkschaften. Auch Mitarbeiter ohne Betriebsratmandat können gewählt werden. Der Ausschuss tritt mindestens einmal pro Quartal zusammen. Der Arbeitgeber ist der Vorsitzende des Ausschusses. Arbeitsärzte oder Arbeitsschutzexperten können an den Sitzungen teilnehmen.
Belgien In Unternehmern mit mindestens 50 Beschäftigten kann ein Arbeitsschutzausschuss entstehen. Der Ausschuss ist ein gemeinsames Organ der Geschäftsführung und der Arbeitnehmervertreter. Die Mitglieder werden von der gesamten Belegschaft gewählt. Der Ausschuss tritt einmal pro Monat zusammen.
Deutschland
Der Arbeitsschutzausschuss besteht aus zwei BR-Mitgliedern, interne Arbeitsschutzexperten und dem Arbeitgeber. Er tritt alle drei Monate zusammen. Die Mitglieder werden in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten von anderen Mitgliedern des BR gewählt.
Niederlande
Die Vertretung der Arbeitnehmer im Hinblick auf Gesundheit und Sicherheit erfolgt über den BR, der für diesen Bereich jedoch oftmals einen speziellen Unterausschuss bildet.
Luxemburg Der Betriebsrat trifft Entscheidungen in Bezug auf den Arbeitsschutz. Es gibt jedoch auch einen Arbeitnehmerdelegierten mit spezieller Verantwortung für den Arbeitsschutz.
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 60
3.7 In jedem Land gibt es spezifische Einrichtungen : die Beispiele des Wirtschaftsausschusses in Deutschland und des Experten in Frankreich
• Das Wirtschaftsausschuss : ein Ausschuss, dessen Stellenwert an der Vielfalt der Mitglieder liegt. Dieser Ausschuss erlaubt den Betriebsratsmitgliedern, Informationen zu erhalten und eine Debatte über die Zukunft des Betriebes mit einigen wichtigen aber unabhängigen Mitarbeitern auszulösen.
• Der Sachverständige/ Berater :
• In fast allen Länder dürfen die BR einen Sachverständigen in Krisenfällen hinzuziehen...
• Aber nur in Frankreich besteht dieses Recht unabhängig von einer Krisensituation.
Schulungsseminar 7. Februar, Seite 61
4. Um das Thema weiter zu vertiefen ...die wichtigsten Quellen
• Arbeitnehmervertreter in Europa und ihre Befugnisse im Unternehmen, Eine Studie im Auftrag der europäischen Kommission, Evelyne Pichot, Luxemburg, 2001
• Hans Böckler Stiftung : Arbeitnehmervertretung in Europa, ein Überblick (Siehe ihre Webseiten)
• Betriebsverfassung in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien (siehe www.euro-betriebsrat.de)
• Die europäische Aktiengesellschaft (SE) : Perspektiven für eine europäische Unternehmensmitbestimmung, Norbert Kluge und Michael Stollt, siehe internet.
• Grundkurs des Arbeitsrechtes, Abbo Junker (Deutschland)
• „Droit du travail, droit vivant“, J.E. Ray (Frankreich)