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Das Magazin aus Berlin über die Europäischen Strukturfonds Aufschwung durch Bildungsprämie? Seite 8 März /April 2009 H 18. Jg. PUNKT 92 Schweißt die Finanzkrise die Europäer zusammen? Seite 3–5 KMU-Fonds und Kapital Fonds Seite 12

Schweißt die Finanzkrise - Berlin.de · des Vertrauens in die Wirtschaft. Und intelligente Investitionen, ... H Deutsche wissen wenig über die EU ... nicht tatenlos und es scheint

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Das Ma ga zin aus ber lin über die Europäischen strukturfonds

Aufschwung durch Bildungsprämie?

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Die Wirtschaftskrise stellt uns vor große Herausforderungen: Nachdem in der EU in den vergangenen zwei Jahren 6,5 Millionen neue Jobs geschaffen wurden, wird die Wirtschaftskrise in die-sem Jahr nach unseren Schätzungen 3,5 Millionen Arbeitsplätze kosten. Somit wird die Arbeitslosenquote in der EU 2009 vo-raussichtlich auf 8 ¾ Prozent (im Euroraum auf 9 ¼ Prozent) und 2010 dann noch weiter ansteigen. Doch so dramatisch diese Schätzungen sind: Die Union stemmt sich entschieden gegen die Krise – und wird damit auch Erfolg haben. Inzwischen sind in der EU 400 Milliarden Euro an Unterstützungsprogrammen für 2009/10 auf den Weg gebracht worden, um gegen den Abschwung anzukämpfen.

Unser Konjunkturprogramm besteht aus zwei sich ergän-zenden Teilen: kurzfristige Maßnahmen zur Ankurbelung der Nachfrage, Sicherung von Arbeitsplätzen und Wiederherstellung des Vertrauens in die Wirtschaft. Und intelligente Investitionen, die Wachstum und langfristig nachhaltigen Wohlstand si-chern sollen. Der Gedanke intelligenter Investitionen durch-zieht das gesamte Konjunkturprogramm und gilt auch für die Strukturfonds. Wir fordern Mitgliedstaaten und Regionen auf, sich auf Wirtschaftszweige und Maßnahmen von hohem Ertrag zu konzentrieren, etwa Investitionen in Energieeffizienz zur Schaffung „grüner“ Arbeitsplätze und zur Energieeinsparung sowie Unterstützung sauberer Technologien zur Förderung von Wirtschaftszweigen wie dem Bausektor und der Automobilindustrie.

Die Mitgliedstaaten sehen wie die Kommission, dass Alleingänge kein geeignetes Mittel zur Bewältigung der Wirtschaftskrise sind. Wegen der Verflechtung im Binnenmarkt kann diese nur durch ein koordiniertes Vorgehen der 27 Mitgliedstaaten überwunden werden. Die Krise hat bereits klar gezeigt, dass wir etwa bei der Finanzmarktregulierung und -auf-sicht sowie bei der wirtschaftspolitischen Koordinierung enger zusammen arbeiten müssen als bisher. Doch die Beschlüsse der vergangenen Wochen haben gezeigt, dass Europa diese Herausforderung gemeinsam meistern wird. Wir werden auch aus dieser Krise gestärkt hervorgehen.

InhaltEUROPATHEMA H Wie reagiert die EU auf die Finanzkrise? 3–7

ARbEITsMARkT/bILDUng H Motivation und Aufschwung durch

Bildungsprämie erhofft 8–9

sTRUkTURfOnDs In bERLIn H Wie werden alle Zielgruppen informiert 10

PROjEkTE In bERLIn H Kultur-technologisches Projekt erleichtert

den Berufseinstieg 11 H KMU-Fonds und Berlin Kapital Fonds 12

Esf-jAHREsvERAnsTALTUng H Von der Gemeinschaftsinitiative

EqUAl zum OP des ESF 13

AUf DEn PUnkT H Eurobarometer 70 H 16. Employment-Week H Broschüre „EUROPA beispielhaft“ 14–15

sCHLUssPUnkT H Deutsche wissen wenig über die EU H Urteil: Diplom ist nicht gleich Diplom 16

Europa wird diese Heraus­forderung gemeinsam meistern

Punkt erscheint 6 x jähr lichunent gelt lichIssn 1434­3991

He raus ge ber und Be zugs ad res seSe nats ver wal tung für Wirt schaft, Technologie und Frau enRe fe rat III G – Eu ro pä i sche Struk tur fonds för de rungMar tin-lu ther-Stra ße 10510825 Ber linTe le fon (0 30) 90 13 70 27Te le fax (0 30) 90 13 75 20punkt@sen wtf.ber lin.dewww.ber lin.de/sen/struktur­fonds/oeff_arbeit/punkt/punkt.html

Re dak ti onConvis Consult und Marketing GmbH, BerlinLayoutSPREE-PR, Ber linwww.spree­pr.comfo to nach weis JM, Patrick Schneider, BIC, Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH, Ar chiv

Die Re dak ti on behält sich vor, ein ge reich te Bei trä ge zu kür zen. Na ment lich gezeich ne te Bei trä-ge und le ser zu schrif ten ge ben nicht unbe dingt die Mei nung der Re dak ti on wie der. Jeg li cher Nach druck von Bei trä gen (auch aus zugs wei se) ist nur mit quel-len an ga be gestat tet und bedarf der Zu stim mung des Au tors. Die Zu sen dung ei nes Be leg exemp lars ist erfor der lich. Für ein ge sand te Ma nu skrip te, Vor la gen, Car toons und Fo tos wird kei ne Ge währ über nom men.

PUNKT wird aus Mit teln des Eu ro-pä i schen So zi al fonds geför dert.

v.i.s.d.P. Pe ter gutGe druckt auf chlor frei gebleich-tem Pa pierMärz/April 2009, 18. Jahr gangAus ga be 92

se nats ver wal tung fürWirt schaft, Technologie und frau en

Impressum

Dietlind jering kommissarische leiterin der EU-Kommission in DeutschlandTel.: 030 22 80 22 [email protected]

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Die Finanzkrise grassiert: Die Angst vor Arbeitslosigkeit und Existenzverlust macht sich breit, es drohen massenhaft Konkurse, Pleiten, Bankenkrisen und einbrechende Märkte. Die Sorgen in der Bevölkerung und Politik werden über-all auf der Welt immer größer. Milliardenschwere Finanzpakete werden geschnürt, um dem globalen Wirtschaftskollaps entgegenzuwirken. Auch in der Europäischen Union bleiben die Verantwortlichen nicht tatenlos und es scheint fast so, als ob die Krise die Europäer zusammenschweißen könnte.

Die Auswirkungen der finanzkrise auf den Arbeitsmarkt der EU

Die Zeichen stehen vorerst nicht gut für die Europäische Wirtschaft und den Arbeitsmarkt und es wird höchste Zeit, wirklich als Staatengemeinschaft zu agieren. Zwar brachte das Jahr 2007 auf-grund erfolgreicher Strukturförderungen eine Zunahme von 3,5 Millionen Beschäftigten in der EU mit sich. Auch im ersten quartal 2008 stieg die Zahl der Erwerbstätigen. Angesichts der welt-weiten Finanz- und Immobilienkrise rechnet die EU derzeit jedoch mit einem schrumpfenden Wirtschaftswachstum und mit einem Abwärtstrend auf dem Arbeitsmarkt. So waren schon Ende 2008 und Anfang 2009 starke Wirkungen der Wirtschaftskrise auf dem Arbeitsmarkt zu spü-ren. Betrug die Arbeitslosenquote Anfang 2008 noch niedrige 6,8 %, erreichte sie im Dezember schon 7,4 %. Innerhalb eines Monats (von November bis Dezember 2008) verloren 300.000 Europäer ihre Arbeit und die Arbeitslosenzahl stieg auf fast 18 Millionen an. Auch Deutschland bleibt von dem Abschwung nicht verschont. Volkswirte warnen hierzulande vor einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von bis zu vier Prozent in diesem Jahr. Aufgrund eines geringeren Exportwachstums, schlechter Wirtschaftsaussichten, steigender Inflation und zurückgehender Investitionen erwarten Experten einen Einbruch der Wachstumsrate, ein wachsendes Haushaltsdefizit und steigende Arbeitslosenzahlen. Auch in Berlin ist aufgrund der Finanzkrise eine erneute Zunahme der Arbeitslosenzahlen zu er­warten, nachdem diese in den letzten drei Jahren kontinuierlich zurückgegangen sind.

Die Lissabon­strategie – grundpfeiler der gemeinsamen Wachstums­ und beschäftigungspolitik

Schon lange bevor die Finanzmärkte kriselten, verständigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten 2000 in lissabon auf das Ziel, die Europäische Union bis 2010 zum wettbewerbs-fähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Mit der sogenannten lissabon-Strategie sollte das Wirtschaftswachstum gefördert, Arbeitsplätze geschaffen und ein größerer sozialer Zusammenhalt der EU-Staaten gewährleistet wer-

den. Die Halbzeitbilanz über die bisherigen Erfolge der Strategie im Jahr 2006 war ernüchternd. Die Mitgliedstaaten beschlossen deshalb, zwei Ziele in-tensiv zu verfolgen. Wirtschaftswachstum und eine höhere Beschäftigungsrate sollten u. a. durch ver-besserte Rahmenbedingungen für Unternehmen, den Ausbau von Beschäftigungsmöglichkeiten für bestimmte Bevölkerungsgruppen und durch eine moderne Energiepolitik erreicht werden.

Wie reagiert die EU auf die finanzkrise?Mit der lissabon-Strategie hat sich die EU

schon früh ein Instrument geschaffen, um die eu-ropäische Wirtschaft zu stärken. Durch den stän-digen Austausch zwischen Institutionen der EU und den 27 Mitgliedsstaaten kann auf problema-tische Entwicklungen schnell reagiert werden – so

Wie reagiert die Europäische Union auf die finanzkrise?

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Quelle: Eurostat, nationale Berichte; Anmerkung: PL, geschätzt. BE, LU, NL, PT und RO, prognostiziert.

Beschäftigungsentwicklung in den Mitgliedstaaten, 2007

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auch auf die aktuelle Finanzkrise. Bereits im ver-gangenen Dezember trafen sich die 27 nationalen Koordinatoren der lissabon-Strategie in Paris. Das Ziel, die europäische Wirtschaft zu stärken, stand ganz oben auf der Tagesordnung. Die Vertreter dis-kutierten über Möglichkeiten einer europäischen Strukturreform für Wachstum und Beschäftigung in Zeiten der Krise. Schnell kamen sie zu dem Schluss, dass solch eine Reform nur durch eine kontinuierliche Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten und der EU-Institutionen erfolg-reich umgesetzt werden könne. Die Koordinatoren forderten mehr Investitionen in Humankapital, Wissen und Innovation. Außerdem müssten die Arbeitsmärkte modernisiert werden. Für Unternehmen gelte es, günstigere wirtschaftliche und strukturelle Rahmenbedingungen zu schaf-fen. Die Koordinatoren betonten die Bedeutung der lissabon-Strategie und forderten deren volle Umsetzung, um der Wirtschaftskrise und dem Beschäftigungsschwund entgegenzuwirken.

kleinere und mittlere Unternehmen brauchen die Unterstützung der EU

So schlug die Europäische Kommission schon Mitte des vergangenen Jahres vor, den Mittelstand – das Herz der europäischen Wirtschaft – stär­ker zu unterstützen. Bürokratische Hürden sol-len abgebaut werden. Für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) soll es einfacher werden, sich zu gründen und Anschluss am Markt zu fin-

den. So soll ihnen der Zugang zu Finanzmitteln durch die Europäische Investitionsbank erleichtert werden. Ange-sichts der Wirtschafts- und Finanzkrise ist die Unterstützung der kleinen und mittleren Unternehmen im Kampf gegen die an-steigende Arbeitslosigkeit von enormer Bedeutung. Mit etwa 23 Millionen Unternehmen schafft der KMU-Sektor die meisten Arbeitsplätze in der EU. Ein Zusammenbrechen hätte für ganz Europa katastrophale Folgen. Nur durch eine ver-stärkte Strukturförderung könne hier das Schlimmste

verhindert werden (siehe hierzu Artikel „EFRE-Projekte in Berlin“).

Das europäische konjunkturprogramm Im November 2008 empfahl die Kommission

ein umfangreiches Konjunkturprogramm. Darin fordert sie zum einen kurzfristige Maßnahmen, die die Nachfrage ankurbeln und Arbeitsplätze sichern. Das Vertrauen in die Wirtschaft soll so wiederhergestellt werden. Zum anderen wer-den Investitionsmaßnahmen verlangt, die Wachstum und nachhaltigen Wohlstand si-chern sollen. Das 200 Milliarden Euro teure Konjunkturprogramm soll der Wirtschaft und den Privathaushalten unter die Arme greifen. Zudem sollen konkrete Schritte eingeleitet wer-den, um den Bereich Forschung und Innovation sowie die Bauwirtschaft und Automobilindustrie zu fördern. Investitionen in beispielsweise ener-gieeffizientere Technologien und Gebäude geben auch den Klimaschutzbemühungen Aufwind und schaffen neue Arbeitsplätze. „Kurzfristig kann das Konjunkturprogramm Millionen von Arbeitsplätzen erhalten und langfristig aus der Krise eine Gelegenheit zur Sicherung eines um-weltverträglichen Wachstums und zur Schaffung zahlreicher besserer Arbeitsplätze machen“, sagte Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Die Europäischen Struktur- und Sozialfonds spielen hier-bei eine wichtige Rolle. Sie helfen, die wirtschaftliche Struktur aufrechtzuerhalten und mit Investitionen

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zu unterstützen. Mit den Fonds werden Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen finanziert, um gering qualifizierte und sozial Benachteiligte wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Verschiedene ESF-Projekte fördern so beispielsweise in Berlin Frauen in problematischen Verhältnissen, Menschen mit Migrationshintergrund oder solche ohne Ausbildung mit dem Ziel, für sie Tätigkeitsfelder zu erschließen und ihnen wichtige Kompetenzen zu vermitteln, die es erlauben, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Die Empfehlungen der Europäischen kommission für Deutschland

Ende Januar 2009 veröffentlichte die Europäische Kommission Bewertungen und Empfehlungen für den wirtschaftlichen Auf-schwung der 27 Mitgliedstaaten. Diese standen ganz im Zeichen der europäischen Wachstums- und Beschäftigungsstrategie. Deutschland ernte-te lob für Maßnahmen, die Öko-Innovationen för-dern und den Arbeitsmarkt reformieren. Zudem seien in der Vergangenheit gute Fortschritte beim mittelfristigen Haushaltsziel und der qualität der öffentlichen Finanzen erzielt worden. Die Kommission fordert Deutschland jedoch auf, den Wettbewerb im Dienstleistungssektor zu fördern und bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen zu schaffen. Auch ein hö-heres Produktivitätswachstum und sinkende Arbeitslosigkeit sollen angestrebt werden, um die starke Wirtschaftsleistung in Deutschland auch in der Zukunft zu sichern. Um das Wachstumspotenzial zu erhöhen, sind zudem Verbesserungen in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Innovation sowie Reformen des Energiesektors und des Schienenverkehrs vonnöten.

Die Kommission empfiehlt Deutschland, die Strukturreformen weiter umzusetzen. Sie rät hierbei – wie zuvor erwähnt – gezielt zu ver-besserten Rahmenbedingungen für einen wettbewerbsfähigeren Dienstleistungssektor. Das könne u. a. erreicht werden durch verein-fachte Verfahren für die Vergabe öffent-licher Aufträge und die klare Trennung von Schieneninfrastruktur und Verkehrsleistungen. Auch gelockerte Bestimmungen für reglemen-tierte Berufe und Dienstleistungen könnten hier einen positiven Beitrag leisten. Zudem emp fiehlt die Kommission Deutschland zu einer verstärk-ten Arbeitsvermittlung, um die Eingliederung

langzeitarbeitsloser und gering qualifizierter in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Dabei soll sich Deutschland – wie im Nationalen Reformprogramm angegeben – auf den Flexicurity-Ansatz konzentrie-ren, der eine schnelle Integration in das Arbeitsleben ermöglicht und die Beschäftigungssicherheit sowie die soziale Absicherung fördern soll. Hierbei sollen Arbeitssuchende individuell und mit Umschulungen sowie Fort- und Weiterbildungen unterstützt werden.

Auch die meisten der anderen 26 Mitglied-staaten haben solche Bewertungen und Em-pfehlungen der Kommission erhalten. Nur wenn die Staaten in den von der Kommission aufge-zeigten Bereichen handeln, kann die gesamteuro-päische Wirtschaft gestärkt werden.

Eine Chance für Europa?Europa hat mit seiner bereits seit Jahr-

zehnten betriebenen und stets ausgebauten Wirtschaftskooperation ideale Bedingungen ge-schaffen, um auf die Finanzkrise zu reagieren. Zwar bringt das Jahr 2009 sicherlich schwere Zeiten mit sich, dennoch sollten sich die Europäer das Motto von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zu Herzen nehmen: „In der Krise, da ist Kreativität gefragt. Fette Jahre verleiten gele-gentlich zur Trägheit.“ Europa ist gefordert und muss sich in der jetzigen Krise bewähren. Stehen die Mitgliedstaaten zueinander, befolgen die Empfehlungen der Kommission und unterstüt-zen sie die Europäischen Sozial- und Strukturfonds finanziell, wird es sicherlich gemeinsam gelin-gen, den negativen Auswirkungen der globalen Finanzkrise standzuhalten. Gleichzeitig können sie Weichen stellen, um die Ziele der lissabon-Strategie langfristig zu verwirklichen.

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In der Europäischen Union sind 99,8 Prozent kleinere und mittlere Unternehmen, die 67,1 Prozent der Arbeitsplätze in der europäischen Wirtschaft stellen.

Kleinstbetriebe (Mikro): <10 BeschäftigteKleinbetriebe: < 50 BeschäftigteMittelgroße Unternehmen: < 250 Beschäftigte

Quelle: Bundesagentur für Arbeit + EUROSTAT

Kleinstbetriebe* Kleinbetriebe* Mittelgroße Unt.*Berlin 68.871 Betriebe

183.333 Beschäftigte10.456 Betriebe210.303 Beschäftigte

2.600 Betriebe263.516 Beschäftigte

Deutschland 1.660.200 Betriebe4.793.181 Beschäft.

317.018 Betriebe6.372.828 Beschäft.

76.165 Betriebe7.623.548 Beschäft.

Betriebsstatistik

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PUnkT ... Was erwarten Sie für Veränderungen angesichts der Finanzkrise auf dem europä-ischen Arbeitsmarkt?

Die Wirtschaftsprognosen sind derzeit alles andere als rosig. Europas Wirtschaft schrumpft 2009 vermutlich um 2 Prozent. Geschätzte 3,5 Millionen Arbeitsplätze sind akut in Gefahr. Selbst wenn alle EU-Mitgliedstaaten die gleichen Anstrengungen unternähmen

wie Deutschland – was derzeit nicht der Fall ist – werden wir harte Jahre vor uns haben.

PUnkT ... Wie wird es Ihrer Meinung nach den „Schwächs-ten“, d. h. den gering quali-fizierten, Arbeitslosen, Menschen ohne Ausbildung sowie mit Migrationshintergrund während der Finanzkrise ergehen und wie sollten sie unterstützt werden?

Die Schwächsten der Gesell-schaft sind die Ersten, die die Folgen der Krise zu spüren be-kommen. Viele leiharbeiter haben bereits ihre Jobs ver-loren. Wir müssen deshalb weiterhin konsequent auf Beschäftigungsförderung und qualitativ hochwertige Bil-dungs systeme setzen, die für alle offen sind. Ganztagsschulen und Kinderkrippen gehören dazu ebenso wie lebenslanges lernen. Darüber hinaus gilt es, die Kaufkraft der Menschen zu stärken. Wichtige Instrumente sind dabei Mindestlöhne und Entlastungen für Gering-verdiener. Es ist eine Zeit, in der starke Schultern mehr tragen müssen. Vermögenssteuer, hö-here Spitzensteuersätze und eine Börsenumsatzsteuer dürfen da kein Tabu sein.

PUnkT ... Kann Ihrer Meinung nach ein 200 Milliarden Euro schweres Konjunkturprogramm dabei helfen, Arbeitsplätze zu erhalten sowie die Nachfrage und das Vertrauen in die Wirtschaft wiederherzustellen?

Die EU-Kommission hat im November ihr Konjunkturpaket vorgestellt, das Ausgaben in Höhe von jeweils 1,5 Prozent des euro-päischen Bruttosozial produktes vorsieht. Die für 2009 geplanten Ausgaben liegen jedoch bisher noch weit unter dem Soll. Die EU-Mitgliedstaaten müssen daher ihre Anstrengungen deutlich stei-gern und vor allem auch besser koordinieren. Nur gemeinsam kann Europa die Krise bewältigen.

PUnkT ... In welchen Bereichen sollten verstärkt Mittel aus den Sozial- und Strukturfonds (ESF und EFRE) eingesetzt werden, d. h. wo ist eine Strukturförde-rung dringend nötig?

Es geht derzeit in erster linie darum, die Auszahlung der Gel-der für Beschäftigungsförde-rung und zur Sicherung von Arbeitsplätzen zu beschleu-nigen und zu vereinfachen. Davon profitieren insbeson-dere kleine Projekte. Eine ent-sprechende Verordnung wird das Europäische Parlament im April beschließen. Gleichzeitig werden die Mittel für den Globalisierungsfonds verdop-pelt und die Anforderungen für Auszahlungen gesenkt. Bei den Strukturfonds sollen die Bundesländer im Rahmen ihrer operationellen Programme da-rüber hinaus die Möglichkeit er-halten, 4 Prozent der Mittel im Bereich erneuerbare Energien und Energieeffizienz einzuset-zen. Die Maßnahmen gelten erstmals für die gesamte EU. Sie sind jedoch auf bestehende Wohngebäude beschränkt.

PUnkT ... Sind die Anstren-gungen der Europäischen Union angesichts der Finanzkrise aus-reichend?

Wir brauchen einen breit angelegten New Deal für Eu-ropa. Die bisher vorgestell ten Maßnahmen sind da nur ein erster Schritt. Im Mittelpunkt einer nachhaltigen EU- Konjunk-turstrategie muss ein Drei-klang aus gut funktionie-

„nur gemeinsam kann Europa die krise bewältigen!“

Dr. Udo bullmann (sPD)seit 1999 Mitglied des Europäischen ParlamentsFischerfeldstr. 7–1160311 Frankfurt am MainTel.: 069 299 88 85 00Fax: 069 299 88 85 [email protected]

IntervIew mIt Dr. UDo BUllmann (SPD) – SeIt 1999 mItglIeD DeS eUroPäISchen ParlamentS

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renden Finanzmärkten, der Siche rung von Einkommen und Beschäftigung sowie ge-zielten Zukunftsinvestitionen stehen. Das Geld dafür ist da, aller dings nur, wenn es gelingt, den schädlichen Wettlauf um immer niedrigere Steuer- und Abgabenlasten in Europa zu beenden. Außerdem müssen Steueroasen endlich global tro-cken gelegt werden. Allein in Deutschland könnten so über 50 Milliarden Euro zusätzlich in die öffentlichen Kassen kommen.

PUnkT ... Was muss Deutschland Ihrer Meinung nach tun, um die Auswirkungen der Finanzkrise möglichst gering zu halten?

Mit seinen Konjunkturpa-keten hat Deutschland erst ein-mal mehr getan als andere EU-Mitgliedstaaten. Dennoch bleibt viel Arbeit: Die Banken müssen endlich alle faulen Geschäfte offenlegen und reinen Tisch machen. Gleichzeitig muss Deutschland sicherstellen, dass alle Finanzinstitute, die staatli-che Hilfe erhalten, auch wieder ausreichend Kredite an kleine und mittlere Unternehmen ver-geben. Es muss Schluss sein mit exzessiven Managergehältern und Bonuszahlungen. Außerdem brauchen wir eine ökolo-gische Modernisierung der Wirtschaft, denn diese senkt den Ressourcenverbrauch, sorgt für mehr Unabhängigkeit und schafft Jobs.

PUnkT ... Wie beurteilen Sie die Empfehlungen der Europäischen Kommission?

Der Wettbewerb im Dienst-leistungssektor sowie die Effi-zienz bei der Arbeits vermittlung sind zweifellos wichtige Themen. Angesichts der gegenwärtigen

Wirtschaftslage treten sie jedoch in den Hintergrund. Zunächst ein-mal muss es darum gehen, einen Anstieg der Arbeitslosigkeit so weit wie möglich zu verhindern. Gleichzeitig müssen wir die Wirtschaft in Europa ankurbeln und damit die Voraussetzung für neue Jobs schaffen, auch für gering qualifizierte und langzeitarbeitslose. Dabei dür-fen wir jedoch nicht in Protek-tionismus verfallen und uns voneinander abschotten. Noch einmal: Europa muss gemeinsam handeln.

PUnkT ... Wie beurteilen Sie all-gemein den Zusammenhalt, die Stabilität und die Zukunft der Europäischen Union?

Die Europäische Union muss die Herausforderungen der Glo-

ba lisierung annehmen und da-rauf Antworten geben. Selbst die größten unter den EU-Mitgliedstaaten sind alleine da zu nicht mehr in der lage. In ihrer Ge schichte hat die EU schon viele Krisen erlebt und ist bisher immer gestärkt aus ihnen hervorgegan-gen. Deshalb müssen wir auch die gegenwärtige Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise als Chance be-greifen. Sie macht deutlich, dass wir in Europa noch viel enger als bisher zusammenarbeiten müs-sen. Dies gilt insbesondere für die Wirtschafts- und Fiskalpolitik, aber auch für den gesamten Bereich der Sozialpolitik. Dafür kämpfen wir Sozialdemokraten bei den Europawahlen am 7. Juni.

Herr Dr. Bullmann, wir bedan-ken uns für das Gespräch

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lernen und Bildung gehörten schon immer zu den wichtigsten Errungenschaften des Menschen. Denn der Umfang und die Bereitschaft zum lernen und zur Weiterbildung entscheiden nicht nur über die Perspektive des Einzelnen, sondern ebenfalls über den Erfolg der Wirtschaft und die Zukunft der gesamten Gesellschaft. Auch die Bundesregierung hat das erkannt und sich zum Ziel gesetzt, die wich-tige Ressource Bildung stärker für die wirtschaft-liche Dynamik und persönliche Aufstiegschancen zu erschließen. Das ehrgeizige Vorhaben wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert.

Um die Motivation zur Weiterbildung zu stärken, führt die Bundesregierung eine Bildungsprämie ein, deren finanzielle Anreize die Bereitschaft zum weiteren lernen und einer umfangreicheren Bildung unterstützen sollen. Die Prämiengutscheine dienen der individuellen beruflichen Weiterbildung mithilfe von Kursen

und Prüfungen und unterstützen Erwerbstätige, deren zu versteuerndes Einkommen 17.900 Euro (oder 35.800 Euro bei gemeinsam Veranlagten) nicht übersteigt. Weiterbildungsdarlehen kön-nen im Einzelfall jedoch auch bei höheren Einkommen in Anspruch genommen werden. Die Zuwendung beträgt 50 Prozent der Kurs- bzw. Prüfungsgebühren bis zu einem maximalen Betrag von 154 Euro. Mindestens die gleiche Summe muss der Weiterzubildende selbst aufbringen.

Wie sie sich informieren könnenIn einem kostenlosen Beratungsgespräch wer-

den persönliche Voraussetzungen ermittelt und das Weiterbildungsziel besprochen. Damit die Prämienberatung auch möglichst gezielt und in-dividuell abgestimmt werden kann, bitten die Berliner Beratungsstellen, lichtbildausweise (Personalausweis, Pass, Führerschein etc.) sowie einen Einkommenssteuerbescheid des letzten oder vorletzten Jahres (ersatzwei-

Motivation und Aufschwung durch bildungsprämie erhofft

Die berliner Prämienberatungs­stellen:

Weiterbildungsda ten-bank BerlinDr. Klaus KaprNeue Schönhauser Straße 1010178 BerlinTel.: 030 28 38 42 38

Jobassistenz Sylvia Kotte, laura KovacRudi-Dutschke-Straße 510969 BerlinTel.: 030 25 29 11 51

Um lange Wartezeiten zu vermeiden, bitten die Stellen einen Beratungstermin tele-fonisch zu vereinbaren

von Monika Mareyen

Weiterbildungsveranstaltung

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se auch: Nichtveranlagungsbescheinigung oder lohnbescheinigung des Arbeitgebers mit Selbstauskunft zum Einkommen) mitzubringen.

Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft werden aufgefordert, ihre Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis mitzuführen. Im Anschluss an das Beratungsgespräch werden geeignete Weiterbildungsanbieter ermittelt, bei denen der Prämiengutschein eingelöst werden kann. Die Gutscheine haben eine maximale Gültigkeit von drei Monaten.

Welche Weiterbildungen werden gefördert?

Gefördert werden berufliche Weiterbildungen und Prüfungen, die Kenntnisse und Fertigkeiten

vermitteln, die dem beruflichen Fortkommen dienen. Prüfungen können dabei auch ohne vorherigen Kurs finanziert werden, sofern die-

ser nicht zwingend für die Prüfung verlangt wird. Wurden Fortbildungskurse bereits vor dem Beratungsgespräch gebucht, können die Prämiengutscheine nicht eingesetzt werden.

Zudem werden folgende Weiterbildungsformen nicht durch die Bildungsprämie gefördert: die betriebliche Weiterbildung und arbeitsplatz-bezogene Anpassungsfortbildung, die freizei-torientierte Fortbildung, staatlich geförderte Weiterbildung, Informationsveranstaltungen, Fachtagungen, Kongresse und Messen sowie die Weiterbildung in Form von Einzelunterricht.

Wer kann den Prämiengutschein in Anspruch nehmen?• Erwerbstätige, deren zu versteuerndes Jahres­

einkommen unter 17.900 Euro bzw. 35.800 Euro bei gemeinsam Veranlagten liegt (entspre-chend § 13 Abs. 1 Vermögens bildungs gesetz)

Dies schließt folgende Personengruppen ein:• Beschäftigte im Mutterschaftsurlaub oder

Elternzeit• Berufsrückkehrer/innen• geringfügig Beschäftigte• mithelfende Familienangehörige, die im Betrieb

eines Familienmitglieds unentgeltlich tätig sind• mitarbeitende (Teil­)Inhaber/innen von

Unternehmen

nicht berechtigt sind:• Nichterwerbstätige wie Schüler, Studenten• Auszubildende• Personen im Ruhestand oder nach

Geschäftsaufgabe • Nichterwerbsfähige • Personen, die öffentliche Leistungen beziehen• Personen in öffentlich geförderter

Beschäftigung

Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.bildungspraemie.info oder unter der kostenlosen bundesweiten Informationshotline 0800 2623 000

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s T R U k T U R f O n D s I n b E R L I n

Die Verwaltungsbehörden der Europäischen Strukturfonds in Berlin haben in den ver-gangenen Jahren bereits eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit umgesetzt und damit eine Basis für die Information der Zielgruppen des EFRE und ESF im land Berlin geschaffen. Für die neue Förderperiode hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen im Januar 2009 die Firma CONVIS Consult & Marketing GmbH mit der Unterstützung zur Fortentwicklung

und Umsetzung der zukünftigen Maßnahmen der Information und Publizität beauftragt. Grundlage für die Öffent lichkeitsarbeit der Strukturfonds sind die Vorga ben der Europä ischen Union.

Im Vergleich zur alten Förderperiode wird die Information der potenziell

Begünstigten über die Fördermöglichkeiten und Projektauswahlkriterien ausgebaut. Ferner wird die Information der Öffentlichkeit über die Vergabe der Mittel und die Begünstigten be-sonders in den Vordergrund gestellt. Verstärkt wird auch über den Mehrwert der Förderung für die Regionen und Bürgerinnen und Bürger be-richtet. Vor diesem Hintergrund wurde durch die Verwaltungsbehörden eine zielgerichtete Kommunikationsstrategie entwickelt und mit der Europäischen Kommission abgestimmt. Die Strategie sieht die Ansprache aller Zielgruppen der Strukturfonds in Berlin durch die Beteiligung aller Akteure der Strukturfondsförderung vor.

Zum einen werden fondsübergreifende Informationsmaßnahmen, insbesondere für die Berliner Bürgerinnen und Bürger, durch die EFRE- und ESF-Verwaltungsbehörden gemeinsam umgesetzt (z. B. Website, bürgernahe Kampagnen, Radioclips, Pressearbeit etc). Zum anderen sind fondsspezifische Kommunikationsmaßnahmen

zur Vermittlung der speziellen Förderinhalte der EFRE- und ESF-Förderung durch die je-weilige Verwaltungsbehörde vorgesehen (z. B. Veranstaltungen, Broschüren, Flyer, Pro jekt beispiele).

Darüber hinaus informieren die beteiligten Akteure (Programmdurchführenden Stellen) und die von ihnen beauftragten Träger über die je-weiligen spezifischen Förderprogramme. Die zielgruppengerechte Ansprache der poten­ziell Begünstigten kann nur durch die zwi-schengeschalteten Stellen erfolgen, die den Informationsbedarf ihrer Zielgruppen am bes-ten kennen. Durch Fortbildungsveranstaltungen und Materialien zur Verteilung stellen ihnen die Verwaltungsbehörden dabei eine Reihe von Hilfsmitteln zur Verfügung (z. B. Broschüren, Flyer, Poster, Aufkleber).

Die Multiplikatoren der Strukturfonds-förderung in Berlin, wie z. B. die Wirtschafts- und Sozialpartner, werden durch entsprechende Kommunikationsmaßnahmen informiert (z. B. durch das Magazin der PUNKT, Veranstaltungen, Website, Broschüren etc.) und auf allen Ebenen in geeigneter Form eingebunden.

Auch die Berliner Medienlandschaft wird durch verschiedene Maßnahmen zukünftig stär-ker als Multiplikator genutzt, um ein breiteres Publikum anzusprechen. Die Presselandschaft wird hierbei gezielt mit Pressemitteilungen, Re portagen, Hintergrundberichten sowie Fernseh- und Radioclips beliefert. Ziel ist es, in den Medien stärker wahrge-nommen zu werden und diese dazu zu bewegen, häufiger über EU-Förderungen zu berichten. Eine umfangreichere Pressearbeit und die daraus resul-tierende Berichterstattung sollen die Bedeutung von Europäischen Strukturfonds fördern sowie zu einer Akzeptanzsteigerung der europäischen Integration führen. Darüber hinaus werden zur Bewertung der Öffentlichkeitsarbeit verschiedene Evaluierungs-maßnahmen umgesetzt. 2009 ist eine Befragung der Berliner Bevölkerung zum Bekanntheitsgrad der Europäischen Struktur fondsförderung in Berlin vorgesehen. Über die Ergebnisse werden wir Sie im PUNKT informieren.

Öffentlichkeitsarbeit der strukturfonds in berlin – Wie werden alle Zielgruppen informiert?

Verordnung (EG) Nr. 1828/2006 mit Durchführungs-vorschriften zur Information und Publizität beim Einsatz der EU-Strukturfonds in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 über die Allgemeinen Bestimmungen zu den Strukturfonds. link:http://eur-lex.europa.eu/lexUriServ/lexUriServ.do?uri=OJ:l:2006:371:0001:0173:DE:PDF

Von Susanne Landgren, CONVIS Consult und Marketing GmbH

Gemeinsam für Europa – Jean-Christophe Binetti und Susanne landgren von CONVIS.

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E s f - P R O j E k T E I n b E R L I n

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Das EMICA-Projekt soll zur besseren Orientierung im komplexen Jüdischen Museum beitragen.

Zu vielen Ausstellungsstücken liefert der elektronische Audio-Guide interessante Informationen.

Den Museumsbesuch interaktiv gestalten und gleichzeitig die Chancen für Berufseinsteiger verbessern? Wie – und das so etwas funktio-niert, zeigt das Multimediaprojekt „EMIKA“. Im März 2007 begann die gemeinsame Arbeit der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und dem Jüdischen Museum Berlin an dem mobi-len Informationssystem für die Dauerausstellung des Jüdischen Museums im libeskind-Bau. Ein interdisziplinäres Team aus Historiker/innen, Designer/innen und Informatiker/innen erwei-terte den dort bereits vorhandenen Audioguide durch den Einsatz von anderer multimedialer Technik. Durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert, stand im Rahmen des EMIKA-Projekts auch die Weiterqualifizierung der be-teiligten Berufsanfänger im Mittelpunkt. Durch Weiterbildungsprogramme erwarben sie z. B. Kenntnisse über die Konzeption und Entwicklung multimedialer Installationen in Museen und über die besuchergerechte Aufarbeitung von Archivmaterial.

Mobil und informiert durch 2000 jahre deutsch­jüdische geschichte

Die ungewöhnliche Architektur des libeskind-Baus erschwert den Besucher/innen oft, sich in der Dauerausstellung zurecht zu finden. Der ent-wickelte EMIKA-Adioguide soll als Wegweiser die-nen. Mittels drahtloser Kommunikation, ermög-licht durch neueste RFID-Technik, hilft der mobile multimediale Museumsguide den Besuchern, sich in der Ausstellung zu orientieren und ihren je-weiligen Standort zu bestimmen. Er weist die Besucher zudem auf interessante geschichtliche und kulturelle Aspekte hin und bietet dazu au-tomatisch Informationsoptionen an. Um den Museumsbesuch inhaltlich zu bereichern, können Interessierte auch eine Sammlung von multime-dial aufbereiteten Geschichten von den mobilen Geräten abrufen.

fähigkeiten und Qualifizierung von Hochschulabsolventen fördern

Mit dem EMIKA Projekt sollte zudem Hochschulabgängern der Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtert werden. „Die Hälfte des

1 4 - k ö p f i g e n Teams hat gera-de ihr Studium in Ge schichte, Judaistik, Infor-matik oder Design abgeschlossen, als das Projekt begann“, sagt lena Bonsiepen, ehemalige Pro-jektleiterin von EMIKA. „Während ihrer Mitarbeit in den anderthalb Jahren der Projektumsetzung haben sie gelernt, zielorientiert und schnell unter hohem Zeitdruck zu arbeiten. Außerdem konnten sie ihre Teamfähigkeiten ausbau-en. Durch den fachübergreifen-den Ansatz des Projekts haben sie auch ein größeres Verständnis für die Arbeitsweise in anderen Disziplinen bekommen“, sagt Bonsiepen.

In mehrtägigen Kompaktsemi-naren lernten die Berufsanfänger zudem Techniken für die Archiv- und Datenbankrecherche, für die Bearbeitung von Audio-, Video- und Bildmaterial und für die Installation drahtloser Kommunikation in Museen. Auch das Schreiben von Hörtexten für Museumsbesucher wurde ihnen vermittelt. „Viele Hochschulabsolventen neigen dazu, so viele Informationen wie möglich in einem Text unterzu-bringen. Für Audioguides in Museen ist das nicht geeignet, da sie den Besuch der Ausstellung unter-stützen und nicht ersetzen sollen. Deshalb müssen die Texte thematisch eingeschränkt sein und eine bestimmte Satzlänge haben“, erklärt Bonsiepen.

Die qualifizierungsmaßnahmen des EMIKA-Projekts haben sich gelohnt. Seit dem Ende des Projekts im September 2008 hat ein Großteil der beteiligten Hochschulabsolventen dauerhafte Stellen gefunden. Einige sind in andere Museen gewechselt und arbeiten an der Erstellung ähn-licher multimedialer Audioguides für die dortigen Ausstellungen.

kultur­technologisches Projekt erleichtert den berufseinstieg Von Nina Eschke

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E f R E - P R O j E k T E I n b E R L I n

Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) gelten als Herz der europäischen Wirtschaft. Mit etwa 23 Millionen Unternehmen schafft der KMU-Sektor die meisten Arbeitsplätze in der EU. Gerade in Zeiten der Finanzkrise und wieder anwachsen-der Arbeitslosenzahlen wird die Unterstützung der KMUs immer wichtiger. Auch in Berlin wird kleineren und mittleren Betrieben kräftig unter die Arme gegriffen. Das vom Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) kofinanzierte und von der Investitionsbank Berlin (IBB) realisierte Projekt „KMU-Fonds“ leistet hierbei großartige und nach-haltige Arbeit. Durch bereitgestellte Kredite werden Unternehmensgründungen, -neuansiedlungen, Investitionsvorhaben, Frei berufler und Expansionen gefördert und damit eine solide Grundlage für den Arbeitsmarkt geschaffen. Die Investitionsbank

Berlin finanziert dabei unternehmerische Vorhaben bei ihrer Realisierung. Die IBB hat sich hierbei als kompetenter Finanzierungspartner erwie-sen und ermöglicht den KMUs ggf. gemeinsam mit Geschäftsbanken durch die Vergabe von Kleinstkrediten bis zu 10.000 Euro, aber auch Finanzierungen in Höhe von 10 Millionen Euro, das weitere Bestehen in wirtschaftlich turbulenten Zeiten. Einzige Voraussetzung für die Bewilligung von Finanzierungsmitteln ist ein ausgereiftes und

tragfähiges Unternehmenskonzept sowie bei hö-heren Darlehen ein Besicherungsvorschlag. Die Finanzierungsentscheidung erfolgt dann in der Regel zwei bis drei Wochen später, sodass auch dringende Finanzierungen bewerkstelligt werden können. Vom Friseur über das Ingenieurbüro bis hin zu Getränkeherstellern, Foto- und Tonstudios, Hotels, Restaurants, Glasereien, Nagelstudios, Musikschulen, Tischlereien, Kurier dienste, Zahnärzte, Metallbaubetriebe u. v. a. – allein im vergangenen Jahr wurden 241 Betriebe durch den Fonds, die Unterstützung der Banken und natürlich die Europäische Union unterstützt und gefördert.

Doch damit nicht genug. Das ebenfalls von der IBB angebotene und durch den EFRE unter-stützte Projekt „Berlin Kapital Fonds“ bietet eine weitere Möglichkeit, den KMU-Sektor beizustehen. Mit offenen oder stillen Beteiligungen wird so der Weg geebnet zu stabilem Wachstum und nach-haltigem Unternehmenserfolg. Gefördert wer-den vor allem KMUs und Kapitalgesellschaften in Berlin. Bis Februar 2009 hat sich der Berliner Kapital Fonds an neun gewerblichen Unternehmen be-teiligt. Unterstützt werden Unternehmen, die sich beispielsweise der Entwicklung von regene-rativen Energieträgern wie Photovoltaikanlagen, Solarzellen und Windparks verschrieben haben oder aber komplexe Funksysteme entwickeln. Ziel des Projektes ist die ganz im Sinne der EU stehen-de Finanzierung von Wachstum und Innovation sowie eine Verbesserung der Kapitalstruktur bei unternehmerischen Vorhaben.

Nach dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ hat die Investitionsbank Berlin, un-terstützt von dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung, ein System geschaffen, welches kleine und mittlere Unternehmen sowie Kapitalgesellschaften in Zeiten der Finanzkrise för-dert. Viele Arbeitsplätze werden auf diese Weise gesichert und die Auswirkungen der Krise ein Stück weit abgebremst.

eFre-Projekt In BerlIn

kMU­fonds und berlin kapital fonds DaS herz Der eUroPäISchen wIrtSchaFt retten

Weitere Informationen und Formulare zur Antragstellung finden Sie unter folgenden links:www.investitionsbank.de/desktopdefault.aspx/tabid-93/www.ibb.de/berlinkapital

Von Patrick Schneider

Das auf die Entwicklung komplizierter Elektrotechnik spezialisier-te Unternehmen FUSS-EMV konnte nicht zuletzt auf-grund der Unterstützung durch die Europäischen Strukturfonds fünf neue Arbeitsplätze schaffen. Weitere Expansionen und damit noch mehr Arbeitsplätze sind fest eingeplant.

Geschäftsführer Volker Keddig (FUSS-EMV - Ing. Max Fuss GmbH & Co. KG) freut sich über die unbü-rokratische und direkte finanzielle Hilfe durch die IBB und die Europäischen Strukturfonds. Mit Hilfe der Unterstützung konnte er sein mittelständisches Unternehmen erweitern und neue Arbeitsplätze schaffen.

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E s f - j A H R E s v E R A n s TA LT U n g

Am 15. 12. 2008 trafen sich auf dem Pfefferberg Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltungen, Unternehmen, Bildungseinrichtungen, Verbänden Servicegesellschaften, Projektentwicklung und Wissenschaft zur Fachtagung „Berlin Transfer – Transfer in europäischen Programmen und Projekten“.

Am Beispiel der Berliner Entwicklungs-partnerschaften der GI EqUAl reflektierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie der Transfer innovativer Praxis in der Region gestaltet wer-den könne und welches die logistischen und me-thodischen Voraussetzungen für erfolgreichen Innovationstransfer wären.

Die Basis dazu wurde durch die Eva lu-ierungsergebnisse der u.bus GmbH gelegt, die Klaus-Dieter Paul vorstellte. Dabei stellte sich vor allem heraus, dass die Transparenz und die regionale Kooperation operativer und strate-gischer Partner noch verbessert werden können, die Expertise transnationaler Partner stärker ge-nutzt werden sollte und es für die Zukunft eine professionelle Transfersteuerung über einen be-gleitenden Mechanismus geben sollte. In die-sem Kontext bedarf es auch der Anwendung und Weiterentwicklung von spezifischen Transfermethoden und –verfahren, die Dr. Peter Wordelmann (peb) übersichtsartig darstellte.

Sabine lauterbach vom Koordinierungsbüro der Partner zur Begleitung der Strukturfonds in Berlin (SPI Consult) erläuterte die Aufgaben des Begleitausschusses (www.koordinierungsbu­ero.de) zum laufenden ESF-OP und unterstrich auch von ihrer Seite die Bedeutung von mehr Transparenz und Kooperation, die vor allem auf Vertrauen aufbauen müsse.

Margrit Zauner, leiterin des Referats „Berufliche qualifizierung“ in der Abteilung Arbeit und Berufliche Bildung der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, unterstrich den Unterschied zwischen Projektarbeit mit Menschen und Technologietransfer und hob die Chancen hervor, die die Vielfalt Berlins sowohl

für die Entwicklung wie auch den Transfer von Innovationen in der Region bietet.

Peter Gut von der Senatsverwaltung für Wirt schaft, Technologie und Frauen. Ver wal-tungsbehörde ESF, erläuterte die Ansätze im lau-fenden ESF-OP und die Notwendigkeit, den Bereich der Transnationalität in der Programmlaufzeit noch auszubauen. Er unterstrich auch aus seiner Sicht, den Transfergedanken in den ESF-mainstream ver-stärkt hineinzubringen.

Ein erster Schritt dazu wurde bereits 2008 mit der Kampagne Berlin Transfer (www.ber­lin­transfer.net) getan. Im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales und finanzieller Unterstützung der ESF Fondsverwaltung wird die „Kernsubstanz“ euro-päischer Netzwerke und Projekte systematisch für die regionale Fachöffentlichkeit verfügbar ge-macht. Berlin Transfer ermöglicht, die Ressourcen der Berliner Netzwerke und Projekte kontinuier-lich mit den regionalen Politikfeldern zu verknüp-fen, den Fachdialog zu befördern, Transparenz über Prozesse, Methoden und Ergebnisse zu er-zielen, die Vernetzung der regionalen Projekte un-tereinander zu befördern, das feed back externer Kompetenzen zu erlangen und damit auch den Transfer guter Resultate und Produkte zu initiie-ren. Dies gilt für die vergangenen Programme (GI Equal), insbesondere aber im Hinblick auf die neuen Programmgenerationen des ESF Bund (Xenos und IDA), sowie für die europäischen Programme mit transnationaler Ausrichtung (lll, Interreg, …).

Diese Ausrichtung wurde von Dr. Michael Heister aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) durch seine Transfererfahrungen aus der Gemeinschaftsinitiative EqUAl bestä-tigt. Er verwies auf die Bedeutung der Regionen als Transferräume und stellte für die Zukunft die Kooperation und Unterstützung auch des BMA im Rahmen seiner Programme (Xenos, IDA) in Aussicht.

Die Dokumente der Fachtagung finden sich unter www.berlin­transfer.net/aktivitaeten/doku­mente­der­fachtagung­berlin­transfer.html

von der gemeinschaftsinitiative EQUAL zum OP berlin des EsftranSFer In eUroPäISchen Programmen UnD Projekten

Von Klaus-Dieter Paul, u.bus Gesellschaft für regionale Entwicklung und europäisches Projektmanagement mbH

Dr. Peter Wordelmann

Entwicklungspartnerschaft EqUAl

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A U f D E n P U n k T

Das Magazin PUNKT hat bis-her ausschließlich über Projekte, Programme, Ziele und Erwartungen des Europäischen Sozialfonds (ESF) in Berlin berichtet und galt so bisher als reines ESF-Kommunikationsmittel. Die Berichte konzentrierten sich in der Vergangenheit allein auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, Ausbildungshilfen und Fortbildungen. Dies soll sich nun ändern. In der kommenden Zeit werden verstärkt auch Projekte und Programme des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), die zu internationaler Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität Berlins führen sollen,

redaktionell begleitet. Ziel ist es, die Europäischen Strukturfonds in ihrer Gesamtheit darzustellen und damit die Bedeutung der Strukturförderung hervorzuheben.

In eigener sache: Der PUnkT berichtet ab sofort auch über EfRE­Projekte

In den kommenden Ausgaben des PUNKT wollen wir einen verstärk-ten Dialog mit dem leser erreichen. Wir interessieren uns sehr für Ihre Meinung zu aktuellen Europathemen und Debatten und würden diese gerne publizieren. Sollten Sie Interesse haben, sich an diesem Projekt – in Form von leserbriefen – zu beteiligen, senden Sie uns doch einfach Ihre Meinung an:[email protected]

Seit den frühen siebziger Jahren führt die Europäische Kommission zwei Mal im Jahr eine Umfrage durch, um die öffentliche Meinung in der Europäischen Union zu ermitteln. Zuletzt wurden 30.120 Personen befragt. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass das Vertrauen in die Europäische Union und deren Institutionen relativ stabil ist.

Fast jeder zweite Deutsche und jeder zweite Europäer haben ein po-sitives Bild von der EU. 64 % der Deutschen und 53 % der Europäer hal-ten die Unions-Mitgliedschaft für eine gute Sache und fast die Hälfte aller

Europäer ist überzeugt, dass die EU durch die Erweiterung gestärkt wird. Jedoch verdeutlichen die Ergebnisse auch, dass sich die EU-Bürger große Sorgen wegen der Wirtschaftskrise ma-chen. 57 % der Deutschen und 51 % der Europäer erwarten folglich eine deut-liche Verschlechterung der wirtschaft-lichen Situation.

Als größtes Problem für ihr land und die EU sehen die Befragten die schlechte Wirtschaftslage und die Inflation. Eines der wichtigsten Ziele der EU ist nach ihrer Auffassung, die

wirtschaftliche Entwicklung und das Wachstum in der EU anzukurbeln, um den lebensstandard aller EU-Bürger zu verbessern. Zudem wünschen sich Deutsche und Europäer, dass die EU sich verstärkt um Energie- und Umweltschutzfragen kümmert sowie eine verstärkte gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik betreibt.

Unter folgendem Link erhalten Sie mehr Informationen zum Thema:http://ec.europa.eu/deutschland/pdf/service/eb70_executive_summa­ry_germany.pdf

Aufruf zu Leserbriefen:Wir wollen Ihre

Meinungen publizieren

Eurobarometer 70 – Öffentliche Meinung in der Europäischen Union

Die weltweite Wirtschaftskrise ver-setzt uns alle in Sorge. Die Angst, den Arbeitsplatz und die Existenz zu verlieren, breitet sich immer mehr aus. Die diesjäh-rige „Employment-Week“ am 24. und 25. Juni in Brüssel beschäftigt sich mit den Herausforderungen und Chancen von heute. Über 700 Teilnehmer aus

den 27 EU-Mitgliedsstaaten diskutie-ren über entscheidende Belange der Beschäftigungssituation und erarbeiten lösungsmöglichkeiten. Das Programm der Veranstaltung beschäftigt sich mit Europas Bildungskapital, Entwicklung von Kompetenzen und der Einschätzung, wie der europäische Arbeitsmarkt

mit Veränderungen zurecht kommt. Besonders die Themen Investition in Ausbildung, strukturelle Anpassungen, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit stehen hierbei im Vordergrund.

Eine ausführliche Beschreibung der Employment-Week finden Sie unter www.employmentweek.com/cms.php

16. Employment­Week – Europas Arbeitsmarkt gewährleistet Wachstum und bildungskapital

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briefkuvert

einfach Ihre Meinung an:

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A U f D E n P U n k T

Das Projekt Europa gilt vielen als bürgerfern und zu abstrakt. Die EU-Bürger vermissen das direkte Mitspracherecht und wünschen sich mehr Verständnis für ihre Erwartungen und Forderungen. Die Bertelsmann-Stiftung hat nun gemeinsam mit der Heinz Nixdorf Stiftung ein sogenann-tes BürgerForum ins leben gerufen. 350 Bürger aus ganz Deutschland wur-den eingeladen, zwei Monate lang die Zukunft, Stärken, Schwächen und

Chancen der EU online zu diskutieren. Ziel ist es, ein „Bürgerprogramm“ für Europa zu entwickeln, welches auf-zeigt, wie die Teilhabe der Bürger an der Entscheidungsfindung innerhalb der EU gestärkt werden kann. Am 25. und 26. April werden die Ergebnisse auf einer Abschlussveranstaltung in Bonn der Öffentlichkeit vorgestellt.

Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.buergerforum2009.de

bürgerforum Europa – bürger diskutieren das Thema Europa

Der 9. Mai 1950 gilt als Ge-burtsstunde der heutigen Europäischen Union. Der französische Außenminister Robert Schumann legte damals mit seiner Schumann-Erklärung den Grundstein für den europäischen Einigungsprozess. Anlässlich des jähr-lich am 9. Mai zelebrierten Europatags, wird seit 1994 bundesweit die Europawoche veranstaltet. Zwischen dem 2. und 10. Mai 2009 finden über-

all in Deutschland Aktionen und Veranstaltungen statt, die den Bürgern das Thema Europa näher bringen sol-len. Die diesjährige Europawoche steht ganz im Zeichen der Europawahlen am 7. Juni 2009.

Eine Onlineprogrammbroschüre er-halten Sie rechtzeitig vor Beginn der Berliner Europawoche unter folgendem link: www.berlin.de/rbmskzl/europa/oef-fentlichkeitsarbeit/europawoche.html

Europawoche

Die Europäische Union gewinnt immer mehr an Bedeutung, jedoch kritisieren viele EU-Bürger die zu ab-strakte sowie komplexe Arbeit der EU. Dabei ist diese leichter zu verstehen als gedacht und kann an konkreten Beispielen gemessen werden. Die nun erscheinende Broschüre „EUROPA bei-spielhaft“ veranschaulicht die europä-ische Politik „kieznah“ auf lokaler Ebene. Konkrete Projekte werden vorgestellt, die mit Hilfe von Fördermitteln der EU in Berliner Bezirken umgesetzt wurden. Anhand der präsentierten Projekte be-kommt der Berliner einen guten Einblick in die Förderaktivitäten und damit auch in die Politik der Europäischen Union.

Die Broschüre ist eine Neuauflage der bereits 2006 aufgelegten gleichna-migen Publikation und wird durch Mittel des landes Berlin und des Europäischen Sozialfonds finanziert.

Interessierte können die Broschüre unter folgendem Link herunterladen:www.berlin.de/rbmskzl/europa/oef­fentlichkeitsarbeit/europa_beispiel­haft.html

Oder zu bestellen bei: www.europa­[email protected]

broschüre „EUROPA beispielhaft“ erschienen

Am 5. Mai findet in Berlin die ESF-Jahreskonferenz „Chancen schaffen für junge Menschen“ statt. Veranstalter ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die Konferenz dreht sich rund um das Thema „Jugendliche am Arbeitsmarkt“. Sie bietet Möglichkeiten, Programme und Aktivitäten des Europäischen Sozialfonds für Jugendliche vorzu-stellen und zu diskutieren. Durch ESF-Mittel werden in der laufenden Förderperiode über 600.000 junge Menschen bei der Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt unterstützt, mit dem Ziel, den Übergang von der Schule in die Erwerbstätigkeit zu erleichtern.Weitere Informationen erhalten Sei beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales:E­Mail: [email protected].: 030 1 85 27 66 20

Esf­jahres konferenz

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Der italienische Staatsan-gehörige Cavallera hat im Jahr 1999 an der Universität Turin sein Studium im Ma schi-nenbauingenieurswesen erfolg-reich abgeschlossen und ein dement sprechendes Diplom erhalten. Um jedoch seinen Ingenieurberuf in Italien ausü-

ben zu können und in das Ingenieursverzeichnis aufgenommen zu werden, benötigt er zudem ein Staatsexamen. Dieses ist in Spanien nicht der Fall und so beantragte Cavallera erfolgreich die Gleichstellung seines italienischen Abschlusses mit dem spanischen. Anschließend forderte er in Italien, den spanischen Befähigungsnachweis anzuerkennen, damit er auch hier seiner Arbeit nachgehen kann. Dieses wurde auch vorerst vom italienischen Justizministerium anerkannt, je-doch vom Nationalrat der Ingenieure prompt an-gefochten. Dessen Mitglieder kritisierten, dass

die Anerkennung bedeute, dass Cavallera vom Staatsexamen freigestellt würde. Der italienische Staatsrat zog den Europäischen Gerichtshof zu Hilfe, um zu klären, ob sich Herr Cavallera auf die Richtlinie 89/48/EWG berufen kann. laut dieser Richtlinie aus dem Jahr 1988 muss ein Abschluss auch in anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden.

Der Europäische Gerichtshof stellt nun in seinem Urteil vom 29. Januar 2009 fest, dass die Richtlinie in einem solchen Fall nicht an-wendbar ist. Ein Mitgliedstaat, der eine zusätz-liche qualifizierung wie ein Staatsexamen für die Ausübung bestimmter Berufe verlangt, kann auch weiterhin fordern, dass diese auf sei-nem Hoheitsgebiet zwingend ist. Damit ist jeder Mitgliedstaat selbst dafür zuständig, das erfor-derliche qualifikationsniveau zu bestimmen und damit die qualität der erbrachten beruflichen leistung zu sichern. Signore Cavallera wird nun wohl ein Staatsexamen machen müssen, wenn er in Italien als Ingenieur arbeiten will.

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s C H L U s s P U n k T

Sc h l u S S p u n k t

Diplom ist nicht gleich Diplom

Zu Re c h t b e f R a g t

§Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-311/06http://curia.europa.eu/

jurisp/cgi-bin/form.pl?l

ang=DE&Submit=reche

rcher&numaff=C-311/06

In wenigen Monaten – genau am 7. Juni – wird das Europaparlament gewählt. Ein großer Tag für die EU, denn gerade in Zeiten der Krise ist die Europapolitik von großer Bedeutung. Doch kommt dieses wichtige Datum auch bei der Bevölkerung an? Eine repräsentative Umfrage der Bertelsmann-Stiftung liefert hierzu erschreckende Ergebnisse. So ist 69 Prozent der Deutschen nicht bekannt, dass die Wahlen in diesem Jahr stattfinden. Nur 9 Prozent konnten sich zumindest daran erinnern, dass die Europawahlen im Juni abgehalten werden. Am besorgniserregendsten ist die Ahnungslosigkeit bei Bundesbürgern unter 40 Jahren – hier wis-sen sogar 80 Prozent nicht, dass dieses Jahr das Europaparlament gewählt wird. Trotz der schlech-ten Umfragewerte geben 43 Prozent der Befragten an, dass sie an der Wahl teilnehmen wollen. 31 Prozent können sich eine Beteiligung vorstellen

und „nur“ 24 Prozent schließen eine Teilnahme aus oder wollen „wahrscheinlich nicht“ wählen.

Die Umfrage der Bertelsmann-Stiftung lie-fert jedoch auch interessante Werte, an denen die Einstellung der Bürger zur EU gemessen werden kann. So rechnen viele Deutsche damit, dass die Bedeutung der Union über die Zeit stark zunehmen wird. 47 Prozent schätzen, dass Europa in den kom-menden Jahren noch enger zu den „Vereinigten Staaten von Europa“ zusammenwachsen wird; und nur 11 Prozent sind der Meinung, dass die einzel-nen Mitgliedstaaten wieder wichtiger werden. Viele Bundesbürger wünschen sich zudem mehr Mitspracherecht in der EU. Drei von vier Bürgern plädieren für ein europaweites Volksbegehren, wie es der Vertrag von lissabon vorsieht. 69 Prozent setzen sich sogar dafür ein, einen Präsidenten der EU direkt zu wählen.

Deutsche wissen wenig über die EU, wünschen sich aber mehr Mitsprache