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4 Europäische Sicherheit & Technik · September 2013
Inhalt
� SICHERHEIT & POLITIK
10 Der Europäische Auswärtige Dienst Chancen für die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU Elmar Brok
13 Weimarer Dreieck Krzysztof Miszczak
16 Ist unsere Energieversorgung noch sicher? Tobias Bunde und Oliver Rolofs
19 Die Krise als Chance? Zukunftsprojekte der Gemeinsamen Sicherheits-
und Verteidigungspolitik Gerd F. Kaldrack
� BUNDESWEHR & STREITKRÄFTE INTERNATIONAL
23 „Die Führung aller Operationen aus einer Hand ist gewährleistet“
Interview mit Generalleutnant Hans-Werner Fritz, Befehls-haber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr
28 Perspektiven der Deutschen Marine Dieter Stockfisch
35 Den Herausforderungen gewachsen Das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr Hans-Werner Wiermann
39 „Ein Amt, das jeden kennt, ein Amt, das jeder kennt“ Interview mit Georg Stuke, Präsident des Bundesamtes für
das Personalmanagement der Bundeswehr
44 Kampfkraft in urbanen Operationen Jan-Phillipp Weisswange
49 Personnel Recovery im ISAF-Einsatz Werner Schuler
50 Rasche Einnahme der neuen Struktur Das Führungskommando der Streitkräftebasis auf Kurs Thilo Santüns
53 15 Jahre Gefechtssimulationszentrum Heer Klaus Kalla
57 Erfolgreiche Ausbildungskooperation Olaf Rohnberg
61 Deutsch-französische Zusammenarbeit am Horn von Afrika
Carsten Boos, Maike Hoffmann und Nicolas Liche
65 Konsequente Abschreckungspolitik Singapurs Konzept der „Total Defence“ Thomas Bauer
� RÜSTUNG & TECHNOLOGIE
68 WIWeB – Dienstleister für die Bundeswehr Georg Maier
71 „Sicherstellung der ressorteigenen Analyse-, Bewertungs- und Handlungsfähigkeit“
Interview mit Direktor und Professor Dr. Georg Maier, Dienststellenleiter des Wehrwissenschaftlichen Instituts für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB)
76 Führungsinformationssysteme im Gleichschritt Michael Mohr und Detlef Schoepe
83 Höchste Präzision für die Punktzielbekämpfung Dorothee Frank
88 Der Eurofighter Wirkung gegen Ziele in der Luft Jan Gloystein
92 Zukünftige Gefechtssysteme Rolf Hilmes
97 Entwicklung schiffsgestützter Laserwaffen Dieter Stockfisch
102 Sturzflug abgefangen? Anhaltende Unsicherheit im F-35-Programm Sidney E. Dean
Weimarer DreieckDie deutsch-französisch-polnische Zusammenarbeit als Impuls-geber für Europas Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Seite 13 Seite 23
Führung der Einsätze aus einer HandDer Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundes-wehr, Generalleutnant Hans-Werner Fritz, im Interview
„Die EU hat zu viele strategische Partnerschaften, aber keine Strategie. Für die
Zukunft müssen wir es endlich schaffen, den neuen Sinn der nationalen Interes-
sen im 21. Jahrhundert als Teil eines europäischen Interesses nicht nur rhetorisch,
sondern auch realpolitisch anzuerkennen. Wenn sich in China der deutsche,
der französische und der EU-Botschafter die Klinke in die Hand reichen, dann
wird man über uns lachen, und wir werden unsere Interessen und Werte nicht
durchsetzen können. Die „großen“ Mitgliedstaaten dürfen nicht alleine Politik
machen, sondern müssen alle Länder, auch die kleinen und die osteuropäischen,
einbeziehen.“
Elmar Brok MdEP: Der Europäische Auswärtige Dienst, S. 10
� RUBRIKEN
3 Kommentar
6 Umschau
22 Berliner Prisma
34 Impressum
42 Interessengemeinschaft Deutsche Luftwaffe e.V.
72 Informationen – Nachrichten – Neuigkeiten aus aller Welt
82 Fraunhofer INT: Neue Technologien
85 Typenblatt
87 IT News & Trends
100 Blick nach Amerika
106 Unternehmen & Personen
111 Nachrichten aus Brüssel
124 Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik e.V.
128 Bücher
130 Gastkommentar
� WIRTSCHAFT & INDUSTRIE
103 Verteidigungsindustrie in Großbritannien Ted Hooton
108 Die vierte industrielle Revolution: Relevant für die Bundeswehr?
Klaus Lilge
110 Predator B offen für die Integration Interview mit Chris Ames, Direktor für International Strategic
Development bei General Atomics Aeronautical Systems, Inc.
� ÄUSSERE & ZIVILE SICHERHEIT
112 Bewaffnete Sicherheitsdienste gegen Piraterie Dieter Stockfisch
115 Moderne Kriegführung im 21. Jahrhundert Aktuelle Entwicklungen aus dem Blickwinkel der Golfstaaten Martin Pabst
118 Das Problem asymmetrischer Bedrohungen Andreas M. Rauch
121 Neue Bühne für die sicherheitspolitische Debatte Wolfgang Labuhn
122 CAOC – Integration der Führung von Luftstreitkräften Georg Mader
Seite 92
Gefechtssysteme der ZukunftWelche technischen Lösungsansätze erfordern die möglichen Einsatzszenarien der Zukunft?
Seite 103
Spezialisierung und GlobalisierungDie Kapazitäten sind geschrumpft, doch die britische Verteidigungsindustrie ist weiterhin breit aufgestellt.
3September 2013 · Europäische Sicherheit & Technik
Kommentar
Unter denkbar ungünstigen Vorraussetzungen
fanden an einem geheim gehaltenen Ort in Jeru-
salem die ersten Friedensgespräche zwischen Isra-
elis und Palästinensern statt – die ersten nach drei
Jahren. Nur Stunden vor den Gesprächen hatte
die israelische Luftwaffe erneut Ziele im Gazastrei-
fen bombardiert als Reaktion auf einen Raketen-
angriff militanter Palästinenser auf die Grenzstadt
Sederot. Zuvor hatte Israel als Zeichen des guten
Willens eine Forderung der Palästinenser erfüllt
und 26 palästinensische Langzeithäftlinge freige-
lassen. Die Häftlinge wurden im Gazastreifen und
in Ramallah von jubelnden Menschen empfan-
gen. In Israel löste diese Aktion bei den Familien
der Opfer heftige Reaktionen und Unverständnis
aus, da die Häftlinge wegen Mordes oder Beihilfe
zum Mord verurteilt worden waren und in Israel
als Terroristen betrachtet werden.
Der amerikanische Druck auf den israelischen
Ministerpräsidenten Netanjahu hatte nach
dem Zerwürfnis wegen seiner Pläne für einen
Krieg gegen Iran wohl Wirkung gezeigt, denn
Netanjahu wollte offensichtlich keine weitere
Verstimmung mit der Schutzmacht des jüdischen
Staates riskieren. Ein Scheitern der Verhand-
lungen ist wahrscheinlicher als ein Erfolg, denn
was könnte Netanjahu bei den Verhandlungen
gewinnen und mit der Regierung in Ramallah zu
reden, verpflichtet Netanjahu zu gar nichts. Die
israelische Politik der Abschottung funktioniert.
Seit dem Bau einer Mauer entlang der grünen
Linie ist die Zahl terroristischer Anschläge in Israel
drastisch zurückgegangen. Die Ungewissheiten in
den Ländern des „Arabischen Frühlings“ und das
wachsende soziale Ungleichgewicht im eigenen
Land beschäftigen die Israelis intensiver als die
Nachbarn jenseits der Sperrmauer. Auch geostra-
tegisch steht Israel nicht unter Druck. Die Nach-
barstaaten sind seit Ausbruch der arabischen
Revolution zwar unberechenbarer geworden,
von ihnen geht aber weniger denn je eine militä-
rische Gefahr aus. Selbst die Hizbollah steckt so
tief in den Auseinandersetzungen in Syrien, und
die Hamaz im Gazastreifen ist isoliert und kann
nicht mehr auf die Unterstützung von Assad
zählen. Darüber hinaus akzeptiert die Hamaz die
Verhandlungsposition von Palästinenserpräsident
Abbas in diesen Gesprächen nicht und stimmt
dem Existenzrecht Israels grundsätzlich nicht zu.
Hauptziel der Friedensgespräche ist immer noch
die Zwei-Staaten-Lösung. Die Palästinenser
wollen im Westjordanland, in Ost-Jerusalem
und im Gazastreifen einen eigenen Staat mit
uneingeschränkter Souveränität errichten. Israel
befürchtet Sicherheitsprobleme und fordert
die Entmilitarisierung eines Palästinenserstaates
sowie die Kontrolle seines Luftraums und seiner
Außengrenzen. Israelisches Militär soll jahrzehnte-
lang entlang des Jordantals stationiert werden. In
Netanjahus Koalition gibt es allerdings eine ganze
Reihe von offenen Gegnern der Zwei-Staaten-
Lösung. Palästinenserpräsident Abbas fordert von
Israel die Anerkennung der Grenzen von 1967.
Israel hatte 1967 das Westjordanland, Ost-Jerusa-
lem und den Gazastreifen besetzt. Die Palästinen-
ser wollen ihren Staat in diesen Gebieten errich-
ten. Den Gazastreifen hatte Israel bereits 2005
geräumt. Westjordanland und Ost-Jerusalem
aber sind in den vergangenen Jahren zum Ziel jü-
discher Siedler geworden. Inzwischen leben dort
rund 600.000 jüdische Israelis. Die Siedlungen
zerschneiden das palästinensische Gebiet. Völker-
rechtlich sind sie illegal. Wenn Israel die Grenzen
von 1967 akzeptieren würde, müssten die Sied-
lungen geräumt werden. Israel will nicht auf seine
Siedlungen verzichten. Die israelische Regierung
möchte die Siedlungen dauerhaft dem eigenen
Territorium zuschlagen. Israels Wohnungsbau-
minister Uri Ariel, Mitglied der Siedlerpartei Das
Jüdische Haus, sagte einem Armeesender, der
Siedlungsausbau solle noch weiter angekurbelt
werden. Die jüngsten Ankündigungen über den
Bau von insgesamt 2.000 Wohneinheiten im
Westjordanland und in Ost-Jerusalem seien „nur
die Vorspeise“ gewesen.
Besonders kompliziert ist die Situation in dem von
Israel besetzten und annektierten Ost-Jerusalem.
Dort leben inzwischen rund 200.000 israelische
Siedler. Israel betrachtet Jerusalem als seine „ewi-
ge und unteilbare“ Hauptstadt. Dagegen wollen
die Palästinenser Ost-Jerusalem zur Hauptstadt
ihres eigenen Staates machen.
Ein weiteres Problem sind die palästinensischen
Flüchtlinge. In den Nachbarländern leben rund
fünf Millionen Palästinenser. Die meisten sind
Nachkommen der rund 760.000 Palästinenser,
die im Zuge der Staatsgründung Israels 1948 flo-
hen oder vertrieben wurden. Die palästinensische
Führung besteht offiziell auf einem Rückkehrrecht
für die Flüchtlinge und ihre Nachkommen – auch
auf das Territorium Israels. Dadurch würden die
Juden in Israel zur Minderheit werden. Die isra-
elische Regierung ist gegen ein Rückkehrrecht.
Stattdessen sollen die Flüchtlinge in einem paläs-
tinensischen Staat unterkommen.
Selbst wenn der israelischen Verhandlungsfüh-
rerin Justizministerin Zipi Livni und ihrem paläs-
tinensischen Gegenpart Sajeb Erekat und dem
US-Vermittler Martin Indyk eine Übereinkunft
gelingen sollte, müssen die Regierungen noch
zustimmen. Keine positiven Aussichten für einen
Erfolg. Henning Bartels
Wenig Hoffnung auf Einigung
Umschau
dung der Besatzungen. Indra stellt damit
Kanäle für gesicherte weltweite Kommu-
nikation auch unter schwierigsten Bedin-
gungen bereit. Auch vier Fregatten F-122
und U-Boote der U-212-Klasse der Deut-
schen Marine sind mit Hochleistungs-Sa-
tellitenübertragungssystemen von Indra
ausgestattet. (gwh)
� Automatische Inspektions-flüge mit UAVDie Cassidian-Tochter Survey Copter und
der französische Energieversorger ERDF
entwickeln seit etwa einem Jahr gemein-
sam eine Drohnenlösung zur Inspektion
des Mittelspannungs-Überlandleitungs-
netzes des Versorgungsunternehmens. Die
speziell entwickelten Drohnen liefern dem
Netzbetreiber regelmäßigere, kostengüns-
tigere und direkt verwertbare Daten zum
Zustand seines Netzes. Auf Basis dieser
Daten lassen sich Wartungs- und Auslich-
tungspläne erstellen. 2014 soll eine Copter-
4-Drohne für Netzinspektionsflüge in Be-
trieb genommen werden. Die Reichweite
des rund 30 kg schweren Copter 4 beträgt
rund 50 km bei einer Flugdauer von etwa
zwei Stunden. (gwh)
� Führungszentrale Nationale LuftverteidigungMit einem erfolgreichen Systemtest für das
neue, innovative Führungssystem haben die
Bundeswehr und Frequentis Ende Juni einen
kritischen Meilenstein beim Ausbau der Füh-
rungszentrale Nationale Luftverteidigung
(FüZNatLV) absolviert. Die integrierte Infor-
mations- und Kommunikationsausstattung
soll der ressortübergreifenden Zusammen-
arbeit zwischen Luftwaffe, Bundespolizei
und Deutscher Flugsicherung bei der Ge-
währleistung der Sicherheit im deutschen
Luftraum in Zukunft neue Fähigkeiten brin-
gen. Die FüZNatLV leistet einen wesentli-
chen Beitrag zum Schutz des Luftverkehrs
gegen Flugzeugentführungen, Sabotageak-
te sowie sonstige gefährliche Eingriffe und
beherbergt Kräfte des BMVg, BMI sowie
BMVBS. Für die 2. Ausbaustufe wurden
in einem Demonstrator die operationellen
Abläufe der Luftraumüberwachung und
-verteidigung in einem prozessorientierten
Führungssystem eingebunden. (gwh)
Multi Purpose Vehicle (AMPV). Konzipiert
nach den Erfahrungen aus dem ISAF-
Einsatz in Afghanistan und aus anderen
Missionen weltweit gehört das serienreife
AMPV zu den am besten geschützten
4x4-Gefechtsfahrzeugen. Rheinmetall hat
das gemeinsam mit Krauss-Maffei Weg-
mann entwickelte Fahrzeug mit einem
Aufklärungsrüstsatz versehen und verweist
damit auf das breite Einsatzspektrum des
Fahrzeugs. (gwh)
� Satellitenkommunikation für TenderDer spanische Technologiekonzern Ind-
ra Sistemas rüstet die Tender T-404 der
ELBE-Klasse der Deutsche Marine mit Sa-
tellitenkommunikationssystemen aus. Der
Liefervertrag mit Indra geht über drei Jahre
und beinhaltet Herstellung, Montage und
Übergabeprüfungen sowie die Ausbil-
� Sichere MobilitätAuf der DSEI in London, der Messe für Ver-
teidigung und Sicherheit mit Schwerpunkt
Land und Marine, stellt das Systemhaus
Rheinmetall Lösungen für den gesamten
Bereich aus. Zu den modernen Systemen
für Seestreitkräfte und Küstenwachen ge-
hören das Marineleichtgeschütz MLG27,
das Stabilized Integrated Gun System
(STIGS) sowie Sensorsysteme wie Herold
Navy. Im Fahrzeugsektor ist ein RMMV
HX4x4 zu sehen, wie er u.a. zum Liefer-
umfang für die Großaufträge aus Neusee-
land und Australien gehört. Eine vollstän-
dige Neuentwicklung ist das Armoured
� Erster belgischer NH90 ausgeliefertAm 1. August 2013 hat Eurocopter, den in Deutschland am Eurocopter-Standort
Donauwörth gefertigten Hubschrauber NH90 in der Marineversion NFH (NATO
Frigate Helicopter) an die belgische Marine ausgeliefert. Nach Frankreich, Italien,
Norwegen und den Niederlanden nimmt Belgien als fünfte Nation den in Europa
entwickelten Marinehubschrauber in Betrieb. Die in finaler Konfiguration ausgelie-
ferte Maschine erfüllt alle Anforderungen Belgiens an Marinemissionen wie Such-
und Rettungsflüge oder Militäreinsätze auf See. Insgesamt hat Belgien acht NH90
bestellt, davon vier in der Marineversion NFH, die die Sea King-Hubschrauber der
belgischen Marine ablösen werden. (ds)
6 Europäische Sicherheit & Technik · September 2013
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� A400M für Kampfeinsatz getestetAuf dem Stützpunkt Boscombe Down der Royal Air Force hat Airbus Military er-
folgreich die Fähigkeit des A400M zum schnellen Absetzen von Fahrzeugen und
Truppen demonstriert. Diese Fähigkeit wird benötigt, um einen feindlichen Flugplatz
zu nehmen. Dazu landete die A400M auf einer kurzen Behelfspiste und blieb mit
laufenden Triebwerken stehen, um ein gepanzertes Aufklärungsfahrzeug Scimitar
und ein bewaffnetes Unterstützungsfahrzeug mit Anhänger zu entladen. Das Ver-
fahren wird typischerweise zur Anlandung von Spezialkräfte verwendet, um einen
Flugplatz als Brückenkopf zu nutzen, auf dem später Truppenverstärkungen und
Versorgungsgüter sicher abgesetzt werden können. Die Kapazität des Transport-
flugzeugs A400M reicht aus, um bis zu 60 Soldaten mit ihren Fahrzeugen in einem
Flug zum Einsatzort zu verbringen. Bisher eingeführte (strategische) Großraumtrans-
portflugzeuge benötigen deutlich längere und qualitativ höherwertige Lande- bzw.
Startbahnen. (gwh)
� MilOWS Hindernis- warnsystemMit dem abschließenden Qualification
Review hat Eurocopter das von Cassidian
entwickelte und gebaute Hinderniswarn-
system MilOWS (Military Obstacle War-
ning System) aus der SFERION-Produkt-
familie SferiSense auf dem militärischen
Transporthubschrauber NH90 zertifiziert.
150 Warnsysteme sind für die NH90 der
Bundeswehr und der finnischen Streit-
kräfte vorgesehen. Die Bundeswehr wird
damit weltweit die ersten militärischen
Hubschrauber mit einem laserbasierten
Echtzeit-Hinderniswarnsystem ausrüsten
und damit in der Lage sein, schwierige
Missionen unter schlechten Sichtbedin-
gungen sicherer durchzuführen. MilOWS
ist für den Einsatz in Hubschraubern aus-
gelegt. Dabei handelt es sich um ein laser-
basiertes, elektro-optisches System, das
Hindernisse wie zum Beispiel sehr dünne
Kabel im Flugweg zuverlässig auch dann
erkennt, wenn sie für den Piloten nur
schwer auszumachen sind. Bei MilOWS
wird die Darstellung der Umgebungssze-
nerie in das Helmvisier eingespielt. (gwh)
� Gegen Raketenangriffe geschütztCassidian hat ein System zum Schutz von
zivilen Flugzeugen gegen Raketenangrif-
fe durch tragbare Fliegerabwehrwaffen
(MANPADS) entwickelt, das in Krisengebie-
ten das Befliegen von zivilen Lufträumen
sowie Starts und Landungen auf zivilen
Flughäfen zulässt. Dies betrifft Flugzeug-
betreiber, die im Auftrag von Staaten oder
Hilfsorganisationen Transporte in Krisen-
gebiete anbieten. Cassidian hat dafür das
militärischen Raketenabwehrsystem AMPS
(Airborne Missile Protection System) mo-
difiziert. AMPS erkennt die UV-Strahlung
anfliegender Flugkörper und löst Täusch-
körper (Flares) aus, die den Suchkopf der
Rakete ablenken. Mit geringen Eingriffen
in die Flugzeugarchitektur können die
pyrotechnischen Täuschkörper integriert
werden, wobei das Flugzeug seinen zivilen
Status beibehält. (gwh)
� Flexibilität mit SmartRadarCassidian hat ein luftgestütztes Boden-
überwachungsradar entwickelt, das flexi-
bel auf verschiedenen bemannten und un-
bemannten Plattformen zur Detektion von
Zielen an Land wie auf See eingesetzt wer-
den kann. In einer groß angelegten Flug-
test-Kampagne im Auftrag des BAAINBw
konnten mit „SmartRadar“ höchste Detek-
tionsleistungen jetzt auch in unterschied-
lichen Seeaufklärungsmodi nachgewiesen
werden. Der softwaredefinierte Sensor
kann mit geringem Anpassungsaufwand
für verschiedene Überwachungsaufgaben
angeglichen werden. Eine spezielle modu-
lare Architektur erlaubt die Skalierbarkeit
von Bandbreite, Frequenzband und Prozes-
sierungsleistung. Cassidian hat das Smart-
Radar in einen Pod mit autark arbeitendem
Kühlsystem integriert, wodurch eine Adap-
tion an unterschiedliche Missionsflugzeuge
leicht möglich ist. (gwh)
� Funkgeräte für „situational awareness“Auf der DSEI zeigt Rohde & Schwarz, wie
Funkgeräte mit der Übertragung von Lage-
informationen zum Situationsbewusstsein
beitragen. Zu den integrierten Kommuni-
kations- und Aufklärungslösungen für alle
Teilstreitkräfte gehört das Software Defi-
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ned Tactical Radio R&S SDTR, das erstmals
mit externer Bedieneinheit gezeigt wird.
Das R&S SDTR ist das erste Mitglied einer
neuen Generation von Software Defined
Radios und wurde im Dezember 2012 auf
den Markt gebracht. Es ist für den Einsatz
in Fahrzeugen und für semimobile An-
wendungen optimiert. Zusammen mit der
netzwerkfähigen, hochdatenratigen und
sicheren Wellenform-Familie R&S HDR ist
das R&S SDTR voll IP-fähig und lässt sich
daher nahtlos in bestehende Netzwerke
integrieren. (gwh)
� Kooperative FahrzeugeIn Fahrzeuge integrierte Bord- und Über-
wachungssysteme bieten Echtzeitdaten,
beispielsweise vom Antrieb über Kraftstoff-
reserven, Sauerstoffgehalt oder Fahrzeug-
position und aus Zusatzaggregaten (Was-
serdruck, -durchfluss und -versorgung). Im
Rahmen des europäischen F&E-Projekts
CarCoDe (Car-to-Car Content Delivery)
entwickelt Cassidian eine systemunabhän-
gige Softwareplattform, die den Austausch
von Echtzeitfahrzeugdaten, z. B. Wasser-
vorrat bei Feuerwehrfahrzeugen, Daten
zur Flottenplanung, Wartungsdiagnose für
öffentliche Verkehrsmittel, ermöglicht. Mit
dem Projekt, an dem 21 Partner mitwirken,
sollen Kommunikationskosten und Daten-
redundanzen beim Echtzeit-Content-Sha-
ring für automobile Anwendungen sinken.
Dies erfordert auch die Weiterentwicklung
von Bordnetzen, Infotainmentsystemen,
Fahrzeug-zu-Fahrzeug- und Fahrzeug-
zu-Infrastruktur-Anwendungen sowie
bestehender Fahrzeugsensoren sowie die
Identifizierung geeigneter Übertragungs-
technologien. Auf Basis ausgetauschter
Informationen kann ein gemeinsames La-
gebild erstellt werden. Außerdem werden
Echtzeitüberwachung oder Fernsteuerung
des Fahrzeugs (z. B. Anhalten eines ge-
stohlenen Fahrzeugs) durch eine Leitstelle
ermöglicht. Zudem bietet das Netz Zugang
zu bestehenden Fahrzeugvorrichtungen
und Informationen (Kamera, Motor und
Infotainment) für den Einsatz im Bereich
öffentliche Sicherheit. (gwh)
� RMMV-Logistikfahrzeuge für AustralienRheinmetall MAN Military Vehicles (RMMV)
liefert dem australischen Verteidigungsmi-
nisterium für 1,1 Mrd. Euro rund 2.500
geschützte und ungeschützte mittlere und
schwere Logistikfahrzeuge. Der Auftrag
steht im Kontext des umfassenden LAND
121-Programms, mit dem die australischen
Streitkräfte ihren gesamten Radfahrzeug-
bestand modernisieren. RMMV liefert mo-
derne Fahrzeuge aus den Baureihen 4x4
TGA, 6x6 SX und 8x8 HX, die die einge-
führten Fahrzeuge verschiedener Hersteller
ersetzen werden. Die ersten Fahrzeuge der
LAND 121 Phase 3B sollen ab 2016 ausge-
liefert werden, der Auftrag bis 2020 abge-
schlossen sein. (gwh)
� Zetros zu ISAF verlegtDie Bundeswehr hat acht geschützte
Transportfahrzeuge Zetros mit Transport-
flugzeugen An-124-100 nach Afghanis-
tan verlegt. Mit den Fahrzeugen soll die
Zusammenziehung des Materials für den
Rücktransport aus Afghanistan unterstützt
werden. Das geschützte Führerhaus des
Zetros bietet den Besatzungen Schutz vor
Umschau
� SuperAV erstmals in UKAuf der DSEI in London zeigt Iveco Defense Vehicles zum ersten Mal das amphibische
8x8-Radfahrzeug SuperAV. Das rund 25 t schwere Fahrzeug ist für den Transport
von bis zu zwölf Soldaten ausgelegt und kann mit dem 370-kW-Cursor-Dieselmotor
maximal 10 km/h schnell schwimmen. An Land erreicht es 105 km/h. Die hochge-
schützte Wanne ist als Monocoque ausgeführt und schützt gegen konventionel-
le Bedrohungen, IED eingeschlossen. ABC-Schutzbelüftung und Brandunterdrü-
ckungsanlagen sind weitere Schutzelemente. Der SuperAV ist für die Ausstattung
mit einer ferngesteuerten Waffenanlage vorgesehen. Bei Verzicht auf vier Besat-
zungsmitglieder kann auch ein Zweimannturm integriert werden. (gwh)
8 Europäische Sicherheit & Technik · September 2013
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QRTK3/4NG-Kryptorechner. Zweck der
Übung von fünf NATO-LÄndern war die
Erprobung und Verbesserung (IFF), die für
die Vermeidung von Freundbeschuss un-
verzichtbar ist. Diese Ausrüstung stellte ihre
Interoperabilität mit den verwendeten IFF-
Systemen nach den Standards Mode 4 und
Mode 5 der Bündnispartner höchst erfolg-
reich unter Beweis. Der neue Standard Mo-
de 5 wird ab 2014 bei den NATO-Truppen
eingeführt. (wb)
� Tragbare Wärmebildkameras für maritime AnwendungenDie Kameras der MLS-Serie von FLIR Sys-
tems sind portable, stoßfeste Wärmebild-
kameras. Sie liefern auch bei völliger Dun-
kelheit scharfe Bilder. Die MLS-Modelle
eignen sich für alle Schiffstypen. Die MLS-
618 ist mit einem Detektor ausgestattet,
der klare Wärmebilder mit einer Auflösung
von 640 x 480 Pixeln bietet. Dank ihrer
Beschuss, Splittern, IED und Minen. Mit der
fernsteuerbaren Waffenstation FLW 200
kann sich die Besatzung aktiv gegen Feinde
wehren. Die wieder angestiegene Anzahl
Toter und Verletzter im Einsatzgebiet zeigt,
wie wichtig der Schutz auch während des
Truppenabzugs ist. Der Zetros kann fünf
Tonnen militärische Nutzlast transportie-
ren. Mit einem starken 330-kW-Diesel-
motor mit einem Drehmoment von 1.300
Nm, automatischem Getriebe, robustem
4x4-Fahrwerk mit Geländereifen, perma-
nentem Allradantrieb und Differentialsper-
ren wird eine überragende Beweglichkeit
im Gelände erreicht. (gwh)
� Zukunftssichere Kommuni-kation für die FlugsicherungRohde & Schwarz hat auf der Paris Air-
Show sein erstes Sprachvermittlungssys-
tem (Voice Communication System, VCS)
für die Kommunikation zwischen Lotsen
und Piloten (Air Traffic Control, ATC) prä-
sentiert. Vollständig IP-basiert steht das
neue R&S VCS-4G für die Migration der
ATC-Kommunikations-Infrastruktur auf
Voice over IP bereit. Zugleich ist das flexible
System problemlos in analoge Infrastruktu-
ren integrierbar. In das R&S VCS 4G lassen
sich sowohl Sprach- als auch Datenanwen-
dungen einbinden. Von jedem Arbeitsplatz
werden die Gespräche ohne eine zentrale
Stelle vermittelt. Durch diese dezentrale
Systemarchitektur sorgt das R&S VCS-4G
für eine zuverlässige Kommunikation zwi-
schen Tower und Cockpit. Flugsicherungs-
behörden können nun für die komplette
Kommunikationsstrecke auf Lösungen aus
der Hand eines erfahrenen ATC-Spezialis-
ten vertrauen. (gwh)
� IFF-System im TestBei der Übung „Bold Quest 13“ hat Cassi-
dian die Leistungsfähigkeit seines Freund-
Feind-Identifikationssystems unter Beweis
gestellt. Bei der überwiegend in den USA
durchgeführten Übung unterstützte Cassi-
dian die Luftwaffe mit Ausrüstung für die
gesamte IFF-Wirkungskette: MSSR-2000-I-
Abfrager in Bodenstationen LTR400-Trans-
ponder an Bord einer Transall und neueste
Ausstattung mit einem 35-mm-Objektiv
besitzt diese Kamera ein Sichtfeld von 18
(H) x 14 (V). Außerdem besitzt sie einen
bis zu vierfachen stufenlosen Digitalzoom.
Die FLIR MLS-618 kann ein kleines Schiff
in einer Entfernung von nicht weniger als
3,25 km detektieren. Anwender, die diese
hohe Bildqualität nicht benötigen, können
sich für das Schwestermodell MLS-317 ent-
scheiden. Es ist mit einem Detektor aus-
gerüstet, der klare Wärmebilder mit einer
Auflösung von 320 x 240 Pixeln bietet. (wb)
� U-Boot TANIN auf TestfahrtDas von ThyssenKrupp Marine Systems
GmbH in Kiel für Israel gebaute U-Boot
TANIN der DOLPHIN-Klasse absolvierte
kürzlich seine Seeerprobungs- und Test-
fahrten in der Ostsee. Das 68,00 m lange
und über 2.300 t verdrängende U-Boot mit
Außenluft-unabhängigem Antrieb ist das
bislang größte in Deutschland gebaute U-
Boot. Das U-Boot ist eine Weiterentwick-
lung (2. Los) der drei 1998 bis 2001 in Kiel
für Israel gebauten U-Boote der DOLPHIN-
Klasse. Die Bewaffnung besteht aus zehn
Torpedorohren, aus denen auch Marsch-
flugkörper und Schiff/Schiff-Flugkörper
(Sub-Harpoon) verschossen werden kön-
nen sowie Transportkapazität für Spezial-
kräfte mit Ausrüstung. Insgesamt werden
drei U-Boote des 2. Loses für Israel gebaut.
Die U-Boote sollen 2013, 2014 und 2015
ausgeliefert werden. (ds)
� Aufklärung zum Schutz der Soldaten15.000 Flugstunden sind mittlerweile mit Heron 1 – der Zwischenlösung für ein
System für die abbildende Aufklärung in der Tiefe des Einsatzraums (SAATEG) –
geflogen worden. 2009 wurde mit Rheinmetall Defence Electronics (jetzt Cassidian
Airborne Systems) ein Vertrag über den Betrieb von drei Unmanned Aerial Vehicles
vom Typ Heron 1 (IAI) am Flugplatz Mazar-e Sharif in Afghanistan abgeschlossen.
Die mit dem Heron 1 geflogenen 1.300 Missionen bedeuten eine deutliche Ver-
besserung des Schutzes deutscher Soldaten. Auf der Grundlage der aktuellen Auf-
klärungsergebnisse können präventiv bei der Planung von Bodeneinsätzen Risiken
reduziert und bei der Durchführung bedrohliche Lageveränderungen in Echtzeit als
Video-Bildmaterial und/oder im direkten Funksprechverkehr den Führern übermittelt
werden. (ur)
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10 Europäische Sicherheit & Technik · September 2013
� SI C H E R H E I T & P O L I T I K
ganen beschlossen
und kontrolliert wer-
den. Hierzu gehören
unter anderem durch
die Mitgliedstaaten
bereitgestellte Gelder,
Truppen und Experten
einerseits und die durch
die Kommission gere-
gelten Handelsverträge,
Finanzinstrumente und
humanitäre Hilfe auf
der anderen Seite. Ziel
des EAD ist es nun nicht
mehr nur, den kleinsten
gemeinsamen Nenner
nationaler Politik zu fin-
den, sondern die EU soll
durch den Dienst die Fähigkeit bekommen,
gemeinsame Interessen auf hohem Niveau
in Kooperation zu definieren. Hier kann Ca-
therine Ashton als HV/VP eine große Rolle
spielen, denn sie kann die Tagesordnung
bestimmen und sich die Zustimmung der
Mitgliedstaaten sichern. Auf diese Weise,
durch Qualität, Kooperation und Führungs-
willen, soll das entscheidende Manko der
GASP, nämlich das Einstimmigkeitsprinzip,
teilweise kompensiert werden.
Dass die Aufbauphase des Dienstes, ins-
besondere aber die Einigung auf seine
Gestalt und Funktionsweise angesichts
divergierender Interessen von Mitglied-
staaten und Institutionen der EU schwierig
sein würde, hat im ersten Jahr nieman-
den überrascht. Schließlich ist der EAD
ein Gebilde sui generis, das weltweit je-
des Vorbildes entbehrt. Hinzu kommt,
dass seine Organisation und Arbeitsweise
auf Basis von eher vage und kurz gehal-
tenen Bestimmungen im Art. 27 (3) EUV
festgehalten werden musste und daher
alle beteiligten Akteure im Rahmen von
der Zuständigkeiten auf
EU-Ebene erleichtern soll.
Konkret ging es darum, ge-
meinschaftlich getroffene
Entscheidungen durch die
Kommission (wie z.B. im
Bereich Entwicklungspolitik,
Nachbarschaftspolitik und
Krisenmanagement) und
intergouvernemental ge-
troffene Entscheidungen in
Sachen GASP/GSVP durch
den Rat in einer Position zu
koordinieren, um daraus ei-
ne kohärente Außenvertre-
tung, eine one voice policy
der EU möglich zu machen.
Hierzu wurde das Amt der
Hohen Vertreterin für die Außen- und Si-
cherheitspolitik geschaffen, das seit dem
1. Dezember 2009 die Britin und ehema-
lige Handelskommissarin Baroness Cathe-
rine Ashton ausführt. Sie ist in ihrer Tripel-
funktion nun nicht nur Inhaberin der alten
Solana-Funktion, sondern auch Vorsitzen-
de des Außenministerrates und gehört
als Vizepräsidentin (VP) der Europäischen
Kommission an. Eine Besonderheit war
hierbei die Schaffung des Europäischen
Auswärtigen Dienstes (EAD), welcher die
Hohe Vertreterin (HV) im Sinne von Art. 21
EUV (Vertrag über die Europäische Union)
bei der Ausführung ihres Mandates darin
unterstützt, eine kohärente und effiziente
EU-Außenpolitik zu führen.
Aufgaben des EAD
Der am 1. Januar 2011 geschaffene EAD
unterscheidet sich von nationalen diplo-
matischen Diensten dahingehend, dass
er Aktivitäten entwickelt und koordiniert,
die von unterschiedlichen politischen Or-
Die Bemühungen, die Außen- und Si-
cherheitspolitiken der Mitgliedstaa-
ten auf europäischer Ebene zu bün-
deln, betreffen damit einen empfindlichen
Bereich der nationalstaatlichen Souveräni-
tät und stoßen insbesondere seit der Euro-
krise und einigen
Renat ional is ie -
rungstendenzen in
Ländern vermehrt
auf Widerstand.
Dabei wird leider
oft übersehen,
dass es gerade die
Fähigkeit der Mit-
gliedstaaten, mit
einer Stimme zu
sprechen ist, die
sie aus der Krise
führen und die EU
zu einem „Global Player“ anstatt zu einem
„Global Payer“ machen kann. Es war nicht
zuletzt das Beispiel Mali, welches uns die
Notwendigkeit einer aktiveren Außenpo-
litik der EU auf Basis klarer strategischer
Entscheidungen gezeigt hat.
Um die außenpolitische Handlungsfähig-
keit der EU trotz der intergouvernemen-
talen Entscheidungsprozesse zu steigern,
wurden durch den Vertrag von Lissabon,
welcher die EU demokratischer, transpa-
renter und zukunftsfähiger gemacht hat,
institutionelle Neuerungen eingeführt,
welche die Umsetzung einer strategisch
kohärenten Politik durch die Bündelung
Der Europäische Auswärtige DienstChancen für die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU
Elmar Brok
Das gemeinsame außenpolitische Handeln der Europäischen Union hat sich seit jeher als eine Heraus-
forderung für eine Konsensfindung zwischen den Mitgliedstaaten erwiesen, was im Wesentlichen
dem zwischenstaatlichen Charakter der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie
der Komplexität seiner Entscheidungsstrukturen geschuldet ist.
Au to rElmar Brok ist Mitglied des Europä-
ischen Parlaments und Vorsitzender
des Ausschusses für Auswärtige An-
gelegenheiten.
„Die EU hat zu viele strategische Partner-schaften, aber keine
Strategie. Für die Zukunft müssen wir es endlich schaffen, den neuen Sinn der
nationalen Interessen im 21. Jahrhundert als Teil eines euro-päischen Interesses nicht nur rhetorisch,
sondern auch realpoli-tisch anzuerkennen.“
(Fot
o: B
rok)
SI C H E R H E I T & P O L I T I K �
11September 2013 · Europäische Sicherheit & Technik
Das EP hat sich außerdem dafür eingesetzt,
die Personalregelungen dahingehend zu
modifizieren, dass Personaleinstellungen
von der Qualifikation der Bewerber ab-
hängen, aber auch unter Gewährleistung
einer hinreichend geografischen Ausgewo-
genheit und eines ausgewogenen Verhält-
nisses von Männern und Frauen erfolgen.
Während aus den Mitgliedstaaten ent-
sandte Diplomaten einen Drittel des Diens-
tes auszumachen haben, hat das EP darauf
bestanden, dass EU-Beamte zwei Drittel
des Personals auf allen Ebenen des Ma-
nagements ausmachen, um den gemein-
schaftlichen Charakter des EAD zu wahren.
Ebenso hat das EP klargestellt, dass auch
nationale Beamte hinsichtlich ihrer Loyali-
tät ausschließlich der Hohen Beauftragten
Ashton gegenüber verpflichtet sind. Die
künftigen EAD-Mitarbeiter dürfen nicht
das Gefühl haben, Diener zweier Herren zu
sein. Das gesamte Personal muss sich ge-
genüber dem EAD verpflichtet fühlen und
sich nicht von den Regierungen daheim in
die Arbeit reinreden lassen.
Die Entscheidungen rund um den EAD
mussten erst keimen und ihre volle Wirkung
entfalten, weshalb nach seinem einjährigen
Bestehen zunächst eine vorsichtige Beurtei-
lung seiner Effizienz vorgenommen wurde.
In diesem Jahr hingegen, nach zweieinhalb
Jahren Bestehen und zahlreichen Auslands-
einsätzen sowie nach der Transformation
der weltweit 143 Delegationen von der
Kommission in den EAD, wird eine offizi-
elle Evaluierung der organisatorischen wie
auch der politischen Funktionsweise des
Dienstes erfolgen. Die Evaluierung ist im
Sinne der Reviewklausel in der Ratsent-
scheidung zur Organisation und Funktion
des EAD von 2010 obligatorisch und soll im
Herbst erfolgen.
Führungspersonal, einschließlich der EU-
Botschafter, sichergestellt wird.
Anstoß durch das Parlament
Einen Anstoß zur Umsetzung dieser Ziele
gab das Parlament, indem es im Aufbau-
prozess des EAD unter Nutzung seiner vol-
len Haushalts- und Gesetzgebungsrechte
mehrere ausschlaggebende Entscheidun-
gen durchsetzte. So realisierte es unter an-
derem im Hinblick auf die Haushaltsord-
nung, dass die EU-Kommission künftig zu
Beginn des jährlichen Haushaltsverfahrens
alle operativen und administrativen Aus-
gaben des EAD detailliert dem Europäi-
schen Parlament vorlegen muss. Die Aus-
gaben für jede GASP-Operation und für
jedes Finanzinstrument müssen detailliert
aufgelistet werden. Ebenso sind alle Ver-
waltungsausgaben, auch in den einzelnen
Delegationen einschließlich der Anzahl
und der Besoldung des Personals, darzule-
gen. Der Steuerzahler bekommt dadurch
mehr Transparenz in der EU-Außenpolitik.
Verhandlungen versuchten, ihre eigenen
Interessen in den Beschluss zum EAD ein-
fließen zu lassen, was die Anlaufphase
konsequenterweise verzögerte.
Den durch den Vertrag von Lissabon er-
weiterten Kompetenzen und der größeren
Handlungsfähigkeit im Bereich der EU-
Außenpolitik muss durch eine verstärkte
Kontrolle und Transparenz der Exekutive
Rechnung getragen werden, was in einem
demokratischen System wie der EU aus-
schließlich das durch den Bürger gewählte
Parlament gewährleisten kann. Dies wurde
im Vertrag von Lissabon dahingehend be-
rücksichtigt, als dass die HV/VP als Mitglied
der Europäischen Kommission dem EP ge-
genüber verantwortlich ist und dass das
EP durch die HV/VP gemäß Artikel 36 EUV
regelmäßig zu wichtigen Entscheidungen
in der GASP/GSVP angehört wird.
Hinzu kommt auch noch das Haushaltsrecht
– das EP entscheidet über die Zuteilung der
Mittel für die EU-Außenpolitik (ausgenom-
men davon sind Militäroperationen) auf
der Augenhöhe mit dem EU-Ministerrat
mit. Darüber hinaus hat das Europäische
Parlament mit Rat, Kommission und EAD
im Rahmen der Madrid-Vereinbarungen
besondere Verpflichtungen ausgehandelt,
die der EAD gegenüber dem Europäischen
Parlament hat.
Sich seiner Verantwortung bewusst setzte
sich das Europäische Parlament daher von
Beginn an, nachdem es bereits im Jahr 2000
die Schaffung eines gemeinsamen europä-
ischen diplomatischen Dienstes gefordert
hatte, für zwei zentrale Ziele ein: zum einen
für einen starken diplomatischen Dienst der
EU, welcher die HV/VP darin unterstützt,
eine aktive und kohärente EU-Außenpolitik
zu entwickeln, die die EU befähigt, mit ei-
ner Stimme zu sprechen; zum anderen für
die Stärkung der demokratischen Legitimi-
tät, welche durch die Rechenschaftspflicht
des EAD gegenüber dem Europäischen
Parlament sowohl im politischen und bud-
getären Bereich als auch im Bezug auf das
Baroness Catherine Ashton als Vorsitzende des Außenministerrates und Vizepräsidentin der Europäischen Kommission im Gespräch mit US-Präsi-dent Barack Obama beim NATO-Gipfel
(Fot
o: N
ATO
)
Der irische Vizepremierminister Eamon Gilmore und die Hohe Vertrete-rin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, trafen sich in Dublin, um über den EAD zu sprechen
(Fot
o: E
U)
12 Europäische Sicherheit & Technik · September 2013
� SI C H E R H E I T & P O L I T I K
bei den konsularischen Diensten erfolgen
soll. Auch das Auswärtige Amt ist aufge-
fordert, die entstehenden Synergien zu
nutzen und eine Aufgabenkontrolle durch-
zuführen, um Einsparungsmöglichkeiten
im Bundeshaushalt zu prüfen.
Große Hoffnung setzt das EP auf den
Europäischen Rat zur Gemeinsamen Ver-
teidigungs- und Sicherheitspolitik. Es ist
notwendig, dass bei dieser Gelegenheit
endlich die Möglichkeiten des Vertrags von
Lissabon nutzbar gemacht werden. Hierzu
gehören neben der strukturellen Zusam-
menarbeit der Länder, die vorangehen wol-
len, auch die Planungs- und Strukturfragen
(neben Führungsfragen gehört hierzu die
Frage nach dem Hauptquartier) sowie die
Synergien der Forschung, Planung und Be-
schaffung im Rüstungssektor (auch unter
stärkerer Nutzung der European Defence
Agency).
Im Endeffekt kann man alle diese Proble-
me auf eine Spannung zwischen verge-
meinschafteter und intergouvernementa-
ler Ebene herunterbrechen. Auch besteht
weiterhin ein Mangel an gemeinsamer
Identität und an der Formulierung eines
gemeinsamen europäischen Sicherheits-
konzepts. Die EU hat zu viele strategische
Partnerschaften, aber keine Strategie. Für
die Zukunft müssen wir es endlich schaf-
fen, den neuen Sinn der nationalen Inter-
essen im 21. Jahrhundert als Teil eines eu-
ropäischen Interesses nicht nur rhetorisch,
sondern auch realpolitisch anzuerkennen.
Wenn sich in China der deutsche, der
französische und der EU-Botschafter die
Klinke in die Hand reichen, dann wird man
über uns lachen, und wir werden unsere
Interessen und Werte nicht durchsetzen
können. Die „großen“ Mitgliedstaaten
dürfen nicht alleine Politik machen, son-
dern müssen alle Länder, auch die kleinen
und die osteuropäischen, einbeziehen.
Wie sagte einst der französische Philosoph
Paul Valéry? „Europa wird sich einen oder
als Wurmfortsatz des eurasischen Konti-
nents enden.“ Das Gelingen des EAD wird
hierfür ein Prüfstein sein. �
scheidungen des EAD einbezogen. Bevor
der EAD wichtige Beschlüsse zur Entschei-
dung vorbereitet, sollte er die relevanten
Ausschüsse sowohl mit strategischen In-
formationen beliefern als auch diese kon-
sultieren.
In der Beurteilung der strukturellen Kri-
terien musste das Parlament feststellen,
dass die Koordinierungsprozesse des EAD
verbessert werden könnten. Es muss eine
Struktur erzielt werden, die schnelle und
effektive Entscheidungen ermöglicht. Zum
Beispiel sollte der EAD strukturell mehr zur
Weiterentwicklung der Gemeinsamen Au-
ßen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik
beitragen, indem er noch besser die ehe-
maligen Rats- und Kommissionsstrukturen
zum Krisenmanagement integriert – dies
ist nicht ausreichend geschehen. Auch
sollte die Etablierung eines permanenten
EU-Hauptquartiers realisiert werden. Die-
ses bringt militärische und zivile Ressour-
cen zusammen und stellt sicher, dass die
Befehlskette separat bleibt und vollstän-
dig respektiert wird. Auf eine verwandte
Problematik hat der Fall Mali aufmerksam
gemacht. Hier bestand nämlich das Prob-
lem, dass die politische Entscheidung des
Rates, eine militärische Ausbildungsmission
zu starten, nicht schnell genug umgesetzt
wurde. Der EAD muss sich in der Lage se-
hen, politische Entscheidungen schnell zu
operationalisieren, was auch bedeutet,
dass die Kommission und die Mitgliedstaa-
ten ihrer Kooperationspflicht auch unbüro-
kratisch nachkommen.
Der EAD bietet eine Chance, jedoch keine
Garantie für mehr Kohärenz und Effekti-
vität in den EU-Außenbeziehungen, denn
der entscheidende Faktor für seinen Erfolg
liegt eindeutig in der Bereitschaft der Mit-
gliedstaaten, sich diesem zu verpflichten.
Der EAD kann nicht einfach nur der zu-
sätzliche 28. neben 27 nationalen Diensten
sein. Als Nebeneffekt ist es ein exzellentes
Beispiel für einen europäischen Mehrwert,
da nationale Dienste ihre Aufgaben zurück-
fahren können, und diese dem EAD anver-
trauen, wie dies zum Beispiel schrittweise
Im Rahmen der Evaluierung soll der EAD
Vorschläge zu kurz- und mittelfristigen
Maßnahmen darlegen, welche seine Funk-
tionsweise vor dem Hintergrund seiner bis-
herigen Entwicklung zukunftsfähiger und
effizienter gestalten sollen, damit er für die
EU und die Mitgliedstaaten sein volles Po-
tenzial entfalten kann. Hierbei soll unter an-
derem geklärt werden, wie die Zusammen-
arbeit zwischen den EU-Delegationen und
den nationalen diplomatischen Diensten
verstärkt werden kann, wie Duplikationen
im Rahmen der Zuständigkeiten des EAD,
der Kommission und des Rates vermieden
werden können und auf welchem Wege
die HV ihre Trippelfunktion besser wahr-
nehmen kann.
Das Europäische Parlament nahm die be-
vorstehende Evaluierung zum Anlass, be-
reits jetzt eigene Verbesserungsvorschläge
in die Vorbereitungen des EAD auf die Re-
view einfließen zu lassen und stimmte im
Juni-Plenum mit großer Mehrheit über den
EAD-Bericht ab, der unter Federführung
des Ausschusses für Auswärtige Angele-
genheiten vorgelegt wurde. Neben Ver-
besserungsvorschlägen wurde auch klare,
aber konstruktive und faire Kritik am EAD
und der HV geäußert – unter Berücksich-
tigung des Umstandes, dass der Dienst in
seiner Hybridfunktion von drei Institutio-
nen abhängt. Das EP hat seine Lösungs-
vorschläge sowohl unter politischen als
auch unter strukturellen Gesichtspunkten
unterbreitet.
Ziel: Ressourcen besser nutzen
In der politischen Diskussion geht es nicht
darum, Kompetenzen von der Gemein-
schaftsmethode zur zwischenstaatlichen
Methode zu übertragen, sondern um die
umfassende Ausnutzung der Möglichkei-
ten, die uns der Vertrag von Lissabon bietet,
um unsere gemeinsamen Ressourcen bes-
ser für die schwierigsten außenpolitischen
Themen zu nutzen. Es geht außerdem um
die Stärkung der HV/VP, sodass sie ihre drei
Funktionen vollständig ausüben kann. Da-
raus ergibt sich die Frage nach politischen
Stellvertretern, die diese Funktionen bei ih-
rer Abwesenheit übernehmen sollen. Wir
dürfen nämlich nicht zulassen, dass zwei
ihrer Ämter darunter leiden müssen, dass
sie das Dritte ausübt.
Was die Zusammenarbeit mit dem EP an-
geht, welche auf der Erklärung über die
politischen Kontrollrechte des EP beim EAD
basiert, so ist in den letzten Monaten ein
höheres Maß an Öffentlichkeit, demokra-
tischer Kontrolle und Einfluss hergestellt
worden. Jedoch fühlt sich das Parlament
nicht in ausreichender Weise in die Ent-
Die ersten Soldaten der europäischen Ausbildungsmission (EU Training Mission, EUTM) treffen in Mali ein
(Fot
o: B
unde
sweh
r)
23September 2013 · Europäische Sicherheit & Technik
B U N D E S W E H R & S T R E I T K R Ä F T E I N T E R N ATI O N A L �
Nach der Willensbekundung der Bundesre-
gierung vom 18. April 2013 und der damit
verbundenen grundsätzlichen Absicht zu
einer weiteren deutschen Beteiligung an
der geplanten ISAF-Folgemission (Resolute
Support Mission, RSM) gilt es zudem sicher-
zustellen, bestimmte, heute in Afghanistan
abgebildete nationale Fähigkeiten – und
natürlich das dazu notwendige Personal
und Material – unter der Voraussetzung der
Mandatierung im Land zu belassen, um die-
se dann auch nach dem 31. Dezember 2014
für RSM bereitstellen zu können. Andere
Fähigkeiten hingegen sind bis zum Ende
der ISAF-Mission schrittweise aufzugeben.
Genau das gilt es, in meinem Kommando
auszuplanen und abzustimmen. Natürlich
stehen alle diese Maßnahmen unter dem
Vorbehalt der politisch-parlamentarischen
Billigung.
Da wesentliche Rahmenbedingungen für
ein deutsches Engagement in Afghanis-
tan nach 2014 noch unklar sind, beruhen
unsere derzeitigen Planungsüberlegungen
allerdings noch auf einer ganzen Reihe von
ve „Vom Einsatz her
denken“ und „Füh-
rung aus einer Hand“
wurden mit der Bün-
delung der Führungs-
verantwortung hier
im Einsatzführungs-
kommando konse-
quent umgesetzt.
Dass sich die Kommandos der Truppen-
steller und deren Truppen noch teilwei-
se mitten in der Umgliederung befinden,
stellt zugegebenermaßen eine Herausfor-
derung für die neue Führungsorganisation
dar – eine Herausforderung, die wir aber
gemeinsam mit allen beteiligten Kom-
mandos bewältigen. Wenn Sie so wollen,
waren die neuen Einsätze in der Türkei
und in Mali eine frühe Bewährungsprobe.
Mein Fazit: Die neuen Schnittstellen sind
weitestgehend etabliert, die Zuständigkei-
ten geregelt. Nachsteuerungsbedarf wird
es natürlich immer geben, da die Einsätze
uns jederzeit flexible Lösungen abverlan-
gen.
ES&T: Die Rückverlegung aus Afghanistan
ist angelaufen. Welche Aufgaben kommen
dem Einsatzführungskommando hier zu?
Fritz: Im Kern kommt es darauf an, zwei
Operationen miteinander zu verschrän-
ken: Zum einen die Fortführung unseres
Auftrags im Rahmen der Übergabe der
Sicherheitsverantwortung an die afghani-
schen Sicherheitskräfte und zum anderen
die Rückverlegung unseres Materials aus
Afghanistan, was die schrittweise Aufgabe
nationaler Fähigkeiten bedeutet. Ein Aspekt
ist dabei von besonderer Bedeutung: der
Schutz der im Einsatz befindlichen Solda-
tinnen und Soldaten.
Unsere wesentliche Aufgabe dabei ist die
Koordination der nationalen Rückverlegung
in enger Abstimmung mit unseren Partner-
nationen im Norden. Wenn Sie so wollen,
besteht die wesentliche Leistung in der Syn-
chronisation z.T. unterschiedlicher nationa-
ler Erfordernisse.
ES&T: Welche Verände-
rungen hat die Neuaus-
richtung der Bundeswehr
für das Einsatzführungs-
kommando der Bundes-
wehr mit sich gebracht?
Wie sind die Schnittstellen
und die Zusammenarbeit
mit den truppenstellen-
den militärischen Organi-
sationsbereichen und an-
deren Kommandos heute
geregelt?
Fritz: Die truppendienst-
liche Unterstellung unter
den Generalinspekteur
der Bundeswehr zum 1. April 2012 und die
Einnahme der neuen Struktur zum 1. Juni
2012 waren nicht nur einfache administra-
tive Schritte oder Anpassungen von Dienst-
postenumfängen.
Als Befehlshaber des Einsatzführungskom-
mandos der Bundeswehr bin ich nun auf
der operativen Ebene für die Einsatzfüh-
rung und nationale Operationsführung aller
Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr
in Einsätzen im Ausland verantwortlich.
Durch die neu im Einsatzführungskomman-
do integrierte Abteilung Spezialoperationen
– ehemals das eigenständige Kommando
Führung Operationen Spezialkräfte – ist die
Führung aller Operationen aus einer Hand
gewährleistet. Im Übrigen ein Kernelement
der Einsatzorientierung der Streitkräfte als
eine der Säulen der Neuausrichtung der
Bundeswehr.
Ich vertrete weiterhin die Belange meines
Zuständigkeitsbereichs in Abstimmung mit
dem BMVg auch im politisch-parlamentari-
schen Raum.
Ebenso trage ich die Verantwortung für die
ebenengerechte multinationale Abstim-
mung und Vertretung deutscher Interessen
in Einsatzangelegenheiten im Rahmen von
bi- und multinationalen Foren.
Für die Binnenorganisation des Einsatzfüh-
rungskommandos und die organisatorische
Auftragsumsetzung obliegt mir im Rahmen
der mir zugewiesenen Ressourcen organi-
satorische Gestaltungshoheit.
Insgesamt ist das Einsatzführungskom-
mando – zu einem frühen Zeitpunkt der
Neuausrichtung der Bundeswehr – mit
seinen nun 841 Dienstposten deutlich
gestärkt hervorgegangen. Die Leitmoti-
„Die Führung aller Operationen aus einer Hand ist gewährleistet“
Interview mit Generalleutnant Hans-Werner Fritz, Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr
Der Befehlshaber zu Besuch in Afrika, hier bei der EU-Trainingsmission Somalia
(Fot
os: B
unde
sweh
r)
� B U N D E S W E H R & S T R E I T K R Ä F T E I N T E R N ATI O N A L
unseren multinationalen Partnern mit
Blick auf die Zeit nach der ISAF-Mission.
Im Wesentlichen geht es darum zu ent-
scheiden, welche Fähigkeiten wir mit den
definierten Rahmenbedingungen (und
hier insbesondere mit Blick auf die vor-
gegebene Personalgrenze von ca. 600
bis ca. 800 deutschen Soldatinnen und
Soldaten ab 2015) national bereitstellen
können und welche Fähigkeiten wir von
unseren multinationalen Partnern einfor-
dern müssen. Am Ende muss ein multi-
nationales Fähigkeitsportfolio stehen, mit
dem operativ verantwortbar die weitere
Ausbildung, Unterstützung und Beratung
unserer afghanischen Partner gewährleis-
tet werden kann.
Die dazu notwendige Koordination ist be-
reits im Gange. So haben wir uns zunächst
Ende März auf Ebene der Befehlshaber der
Führungskommandos aller truppenstellen-
den Nationen im Norden zu einer Konfe-
renz in Berlin zusammengefunden. Dabei
ging es darum, ein gemeinsames Verständ-
nis der notwendigen Fähigkeiten zu erzie-
len, von denen wir überzeugt sind, dass
diese auch in „Resolute Support“ weiter
bereitgestellt werden sollten.
Diese Vorstellungen wurden dann im April
in Den Haag bei einer Konferenz auf Ar-
beitsebene konkretisiert und im Juni im
findet und Speichen, die „Spokes“, in die
Regionen Nord, Süd, West und Ost reichen,
um das bislang Erreichte regional zu fes-
tigen. Die Speichen liegen hierbei in den
einsatzwichtigen, bevölkerungsreichen und
politischen Zentren des Landes, darunter
auch in Mazar-e Sharif.
Deutschland hat sich bereit erklärt, eine die-
ser Speichen, das sogenannte Train Advise
& Assist Command North in Mazar-e Sharif,
zu übernehmen. Wir wollen dabei im Sinne
einer Rahmennation (Framework Nation)
unser Engagement im Norden Afghanis-
tans fortsetzen und unseren multinationa-
len Partnern anbieten, sich hier mit Kräften
und Fähigkeiten zu beteiligen.
Insofern übernimmt das Einsatzführungs-
kommando auch die Koordination mit
Annahmen. Insofern stellen sie im Wesent-
lichen noch Optionen dar.
Eine Voraussetzung für ein weiteres deut-
sches Engagement in Afghanistan nach
2014 ist eine angemessene Beteiligung un-
serer Partnernationen im Sinne eines „Bur-
den Sharing“.
Weiterhin sind ein zwischen NATO und
Afghanistan vereinbartes Stationierungs-
abkommen, eine Resolution des Sicher-
heitsrates der UN sowie eine Einladung der
afghanischen Regierung und natürlich – wie
bereits erwähnt – ein Mandat des Deut-
schen Bundestages für „Resolute Support“
erforderlich.
Konzeptionell steht hinter RSM das soge-
nannte „Hub & Spoke“-Modell, bei dem
sich die Nabe, also der „Hub“, in Kabul be-
Sicherung eines belgischen PsyOpsTeams im Raum nördlich von Kunduz
The most advanced jet in service.Built to meet your challenges.
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B U N D E S W E H R & S T R E I T K R Ä F T E I N T E R N ATI O N A L �
bereits vollzogene Übergabe des OP North
in der Provinz Baghlan und die anstehende
Übergabe der Einsatzliegenschaft Kunduz
an unsere afghanischen Partner führen uns
genau dorthin. Die Aufgabe von Standor-
ten in der Fläche geht konsequenterweise
auch mit Truppenreduzierungen einher.
Auf der anderen Seite sind die Quantität und
auch die Qualität der afghanischen Sicher-
heitskräfte in den letzten Jahren stetig ge-
stiegen, wenn auch noch einige Defizite er-
kennbar sind. Dies betrifft in erster Linie die
afghanische Logistik, insgesamt aber auch
die Fähigkeit nachhaltiger Planungen, die
Truppe im Einsatz erhöhen. Wie wird das
Einsatzführungskommando diesem Prob-
lem Herr?
Fritz: Zum einen durch Konzentration der
Kräfte, zum anderen durch Anpassung der
Operationsführung.
Bereits ab Ende dieses Jahres werden ISAF-
Kräfte nicht mehr wie bislang in der ge-
samten Fläche Afghanistans präsent sein,
sondern sich auf die regionalen Bevölke-
rungszentren konzentrieren.
Für die Nordregion Afghanistans bedeutet
dies, dass sich die Präsenz der ISAF künftig
auf Mazar-e Sharif fokussieren wird. Die
Rahmen einer Konferenz der Directors Joint
Operations in Potsdam gebilligt.
Unsere Vorstellungen und unser potentiel-
ler Beitrag zu „Resolute Support“ sind also
unseren Partnern bekannt. Wir hoffen nun-
mehr, dass sie sich nun ihrerseits zur Fort-
setzung der erfolgreichen Zusammenarbeit
im Norden Afghanistans bekennen und die
für „Resolute Support“ notwendigen Fä-
higkeiten bereitstellen.
ES&T: Eine allmähliche Truppenreduzie-
rung kann bei unverändert angespann-
ter Sicherheitslage die Risiken für die
Die Fregatte AUGSBURG eskortiert im Rahmen der Operation „Atalanta“ den Frachter YAKIMA PRINCESS
Patriot-Stellung in der Gazi-Kaserne im tükischen Kahraman-maras im Rahmen der Mission „Active Fence Turkey“
WWW.CASSIDIAN.COM
26 Europäische Sicherheit & Technik · September 2013
der Lage im westafrikanischen Staat Mali
zu beteiligen. Am 28. Februar 2013 man-
datierte der Deutsche Bundestag, neben
dem Mandat für die EUTM MALI (Euro-
pean Trainingsmission in Mali), die Entsen-
dung bewaffneter deutscher Streitkräfte
zur Unterstützung von AFISMA, der Afri-
can Led International Support Mission to
Mali, welche am 30. Juni 2013 beendet
wurde.
Im Rahmen der Beteiligung an der Unter-
stützung AFISMA sind im Einklang mit der
Beschlussfassung des Deutschen Bundesta-
ges vom 28. Februar 2013 unter für Mensch
und Material besonders herausfordernden
klimatischen Bedingungen Transportflüge
mit drei Transall C-160 in Mali und dessen
Anrainerstaaten durchgeführt sowie fran-
zösische Aufklärungs- und Kampfflugzeuge
durch einen deutschen Airbus A310 MRTT
betankt worden.
Seit dem 1. Juli 2013 beteiligt sich Deutsch-
land nun an der UN-Mission MINUSMA
(United Nations Multidimensional Integ-
rated Stabilization Mission in Mali). Hierzu
wurden die deutschen AFISMA-Kräfte auf
Grundlage des Bundestagsmandats vom
27. Juni 2013 bei nahezu gleichbleiben-
dem Personal- und Materialumfang in die
neue Mission überführt. Die Kernaufgaben
Lufttransport und Luftbetankung bleiben
bestehen.
Neben MINUSMA sind deutsche Soldaten
auch in der Mission der Europäischen Uni-
on eingesetzt. Deutschland stellt für EUTM
MALI neben Frankreich das größte Truppen-
kontingent. Dabei liegt der Schwerpunkt
des deutschen Einsatzkontingents auf der
Pionierausbildung der malischen Streitkräf-
te. Daneben erfolgt die sanitätsdienstliche
Unterstützung der eingesetzten Kräfte
durch ein Feldlazarett sowie die Entsendung
von Offizieren in das Missions- und das Trai-
ningshauptquartier. Die Zusammenarbeit
mit den malischen Soldaten gestaltet sich
trotz kleinerer Sprachbarrieren reibungslos
und ist von gegenseitiger Achtung, Vertrau-
en und gegenseitigen Respekt geprägt.
ES&T: Die Bundeswehr muss auf ein breites
Spektrum möglicher Einsätze vorbereitet
sein. Was heißt dies für die Ausbildung und
die materielle Ausstattung der Truppe? Wo
sind hier Schwerpunkte zu setzen?
Fritz: Es gilt immer der Grundsatz: „Kein
Einsatz ohne Ausbildung“. Alle Soldaten der
Bundeswehr durchlaufen die Einsatzausbil-
dung für Konfliktverhütung und Krisenbe-
wältigung als Grundlagenausbildung für
alle Einsätze. Darauf baut die Zusatzausbil-
dung „Einsatzvorbereitende Ausbildung für
die Konfliktverhütung und Krisenpräventi-
on“ (ZA EAKK) auf. Sie ist die spezifische
Vorbereitung der Truppe auf den konkreten
Diese Gedenkstätte soll keinesfalls ein
„Konkurrenzprojekt“ zum bestehenden
Ehrenmal der Bundeswehr im Bundesmi-
nisterium der Verteidigung im Bendler-
block darstellen, sondern eine Ergänzung
sein, mit dem Fokus auf den Einsatz und die
Einsatzgebiete der Bundeswehr.
Die Gedenkstätte soll alle ehemaligen, ak-
tuellen und zukünftigen deutschen Einsatz-
gebiete berücksichtigen.
Die Einweihung durch den Bundesminister
der Verteidigung, unter Beteiligung von
Hinterbliebenen und Angehörigen der ge-
fallenen oder auf andere Weise ums Leben
gekommenen Soldaten und Soldatinnen,
ist für Spätherbst 2014 vorgesehen.
ES&T: Sehr viel ist investiert worden, um
die Soldatinnen und Soldaten im Einsatz in
Afghanistan besser zu schützen und ihnen
eine Erfüllung ihres Auftrags zu erleichtern.
Wie bewerten Sie die materielle Ausstat-
tung des Kontingents heute im Vergleich
zu den Kontingenten zu Beginn des ISAF-
Einsatzes?
Fritz: Die Entwicklung gerade in diesem
Bereich kann sich sehen lassen. Besonders
herauszuheben ist das Schutzniveau unse-
rer Fahrzeuge; es hat sich seit 2002 massiv
verbessert. Insbesondere vor dem Hinter-
grund von Angriffen mit behelfsmäßigen
Sprengvorrichtungen leistet dieser passive
Schutz einen wesentlichen Beitrag zur Si-
cherheit unserer Soldaten in Afghanistan.
Zudem konnten auch im Bereich der Auf-
klärung erhebliche Fortschritte erzielt
werden. Hier möchte ich beispielhaft den
Einsatz der Aufklärungsdrohne Heron in
Afghanistan nennen. Mit diesem System
steht der Bundeswehr ein wertvolles Mittel
zur Unterstützung der Operationsführung
zur Verfügung, das auch stark zum Schutz
unserer Soldatinnen und Soldaten beiträgt.
Ähnliche Fortschritte gelten auch für die Be-
waffnung und die persönliche Bekleidung.
Natürlich ist noch nicht alles perfekt. Es gilt
weiterhin, beständig Erfahrungen zu sam-
meln, Ausrüstung im alltäglichen Gebrauch
zu testen und zu bewerten, um am Ende
weitere Verbesserungen zu ermöglichen.
Auch hier gilt der Satz: „Das Bessere ist der
natürliche Feind des Guten“.
ES&T: Deutschland trägt nun auch in West-
afrika zur Krisenbewältigung bei. Vor wel-
chen Herausforderungen stand und steht
die Bundeswehr bei ihrem Einsatz in Mali?
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit
den afrikanischen Partnern aus der Region?
Fritz: Die Bundesregierung hat am 16.
Januar 2013 beschlossen, sich mittels der
Bereitstellung von Lufttransport- und Luft-
betankungskapazitäten an den internati-
onalen Anstrengungen zur Stabilisierung
über den Tag hinaus in die Zukunft weisen.
Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren
werden sich zukünftig internationale Kräfte
nicht mehr direkt an der Durchführung von
Sicherheitsoperationen beteiligen müssen.
Die Afghan National Security Forces sind
bereits hierzu eigenständig in der Lage, wie
die Situation im Westen und Osten unseres
Verantwortungsbereichs zeigt. Dort haben
wir bereits im Herbst 2012 unsere dauerhaf-
te Präsenz aufgegeben.
Wir werden uns künftig in erster Linie auf
die Ausbildung und Beratung unserer af-
ghanischen Partner konzentrieren. Auch
diese Entwicklung rechtfertigt letztlich
operativ verantwortbare Truppenreduzie-
rungen.
Insgesamt können wir durch die bereits
angesprochene verstärkte Multinationa-
lisierung von Fähigkeiten und auch durch
Outsourcing einzelner Aufgaben, die nicht
zwingend militärisch geleistet werden müs-
sen, eigene Kräfte reduzieren, ohne dabei
Sicherheitslücken in Kauf zu nehmen. Der
Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten
im Einsatz hat höchste Priorität, daran än-
dert sich auch in der Zukunft nichts.
ES&T: Der in Afghanistan gestorbenen
Soldaten wird vor Ort mit Ehrenhainen ge-
dacht. Was geschieht mit diesen im Zuge
der Rückverlegung?
Fritz: Der Bundesminister der Verteidigung
hat auf Vorschlag der ministeriellen Arbeits-
gruppe „Ehrenhaine“ und unter Einbindung
von betroffenen Hinterbliebenen entschie-
den, dass die offiziellen Ehrenhaine aus den
Einsatzländern, im Zuge der Rückverlegung,
nach Deutschland verbracht werden.
Die Ehrenhaine werden in der Henning-von-
Tresckow-Kaserne, Heimat des Einsatzfüh-
rungskommandos, in ihren Kernelementen
wieder aufgebaut. Im Vordergrund soll
insbesondere das individuelle, einsatzbezo-
gene Gedenken der Hinterbliebenen – und
dies sind Familienangehörige, Freunde und
Kameradinnen und Kameraden der Toten
– stehen und so an die Tradition der Ehren-
haine im Einsatz anknüpfen.
Deutsche Pioniere bilden malische Sol-daten im Rahmen der European Union Training Mission Mali (EUTM) aus
B U N D E S W E H R & S T R E I T K R Ä F T E I N T E R N ATI O N A L �
27September 2013 · Europäische Sicherheit & Technik
Fritz: Die Bundeswehr ist durch die aktuel-
len Einsätze belastet, aber sie ist auch be-
lastbar und auf aktuelle und insbesondere
künftige Herausforderungen eingestellt.
Als grundsätzliche Leitlinie für den Einsatz-
rhythmus gilt eine Einsatzdauer von vier
Monaten und eine Pause von 20 Monaten
zwischen den Einsätzen.
Dies geschieht aus Gründen der Fürsorge
und Attraktivität und ist ein wesentliches
Ziel der Neuausrichtung im Sinne einer kla-
ren Einsatzorientierung.
Die Einsatzsystematik 4/20 hat sich in der
Praxis bereits heute bewährt. Sie trägt ope-
rativen Erfordernissen und individuellen
Belastungen der Soldatinnen und Soldaten
Rechnung, und sie gewährleistet nachhaltig
die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr.
Von diesen konzeptionellen Vorgaben
kann abgewichen werden, wenn es die
Einsatzerfordernisse bzw. eine spezifische
Aufgabenstellung erfordern.
Aufgrund des Bedarfs, der aktuellen Ver-
fügbarkeit sowie des spezifischen Auf-
trags vor Ort kommt es immer wieder
zu Abweichungen vom Einsatzrhythmus.
Betroffen sind aber nicht nur Spezialver-
wendungen, sondern auch und gerade
querschnittliche Verwendungen im inter-
nationalen Rahmen oder in der unmittel-
baren Unterstützung der afghanischen
Streitkräfte. Gerade in diesem Zusammen-
hang erfordert manche Aufgabe auch ei-
ne längere Stehzeit im Einsatz.
Wo immer möglich und vertretbar, wol-
len wir von der Möglichkeit des Splittings
von langen Einsatzzeiträumen Gebrauch
machen: Vorstellbar ist diese Option vor
allem bei den Luftfahrzeugtechnikern,
den Ärzten oder dem Flugsicherheitsper-
sonal. Einsatzerfordernisse und Fürsorge
lassen sich so sehr flexibel in Einklang
bringen.
Insgesamt bieten die bestehenden Festle-
gungen ausreichend Möglichkeiten, einen
guten Kompromiss zwischen Einsatzbelas-
tung und den einsatzrelevanten Erforder-
nissen zu finden.
Die Fragen stellte Peter Boßdorf.
dies auch vertretbar ist. Im Betrieb ist dies
vermutlich nicht immer die kostengünstigste
Alternative, jedoch müssen stets auch die
Bereithaltungskosten einer Fähigkeit Be-
rücksichtigung finden. Ein gutes Beispiel da-
für ist die Nutzung der Antonow-Flugzeuge
im Rahmen der Rückverlegung aus Afgha-
nistan. Selbstverständlich entstehen durch
die Anmietung von Flugstunden relativ hohe
Kosten, jedoch bleiben diese weit hinter den
Kosten für Anschaffung, Instandhaltung
und Betrieb bundeswehreigener Transport-
flugzeuge mit gleichen Kapazitäten zurück.
In Zeiten mit angespannter Haushaltslage
also die bessere Option. Ähnlich verhält es
sich beispielsweise mit dem Transport auf
dem Seeweg. Ein weiteres aktuelles Beispiel
aus Afghanistan ist das Camp Qasaba. Die
Unterbringung in einem von einem zivilen
Dienstleister bereitgestellten, betriebenen
und abgesicherten Camp ist in diesem kon-
kreten Fall die optimale Lösung. Die eigene
Anzahl der Soldatinnen und Soldaten wird
weiter reduziert, der Bedarf an Sicherheit
im Rahmen der Unterbringung hingegen
bleibt konstant. Es ist daher folgerichtig,
nach Möglichkeiten zu suchen, zwingend
notwendige Fähigkeiten auch mit reduzier-
tem Personalansatz bereitzustellen.
Eine pauschale Aussage, ob sich dieser
Trend fortsetzen wird, kann hingegen nicht
getroffen werden, sondern unterliegt im-
mer einer Einzelfallprüfung. Die Grenzen
werden einerseits durch den rechtlichen
Rahmen eines Einsatzes, durch die Lage
im Einsatzgebiet und die jeweilige Opera-
tionsphase vorgegeben, andererseits muss
natürlich die entsprechende Dienstleistung
überhaupt erst einmal angeboten werden
und die Übernahme von Aufgaben durch
zivile Dienstleister den Grundsätzen der
Wirtschaftlichkeit entsprechen.
ES&T: In der Öffentlichkeit wird immer
wieder eine hohe Einsatzbelastung der
Soldaten, insbesondere solcher in Spezial-
verwendungen, diskutiert. Wie bewerten
Sie das Problem? Was ist bereits getan oder
angestoßen worden, um es zu lindern?
Einsatzauftrag. Hier werden aktuelle Lage-
informationen und Erfahrungen aus dem
Einsatzland vermittelt. Die Schwerpunkte
der jeweiligen Ausbildung richten sich nach
dem politischen Mandat und dem Auftrag
für den Einsatz. Daher wird auch das Füh-
rungspersonal eines jeden Kontingents vor
Ort im Einsatz vom Vorgängerkontingent
eingewiesen. Ebenso wird das Ausbilder-
personal des darauffolgenden Kontingents
für die kommende ZA EAKK mit den Ver-
änderungen im Einsatz vertraut gemacht.
Auf diese Weise fließen dann die neues-
ten Erkenntnisse und Erfahrungen in die
folgende Einsatzvorbereitende Ausbildung
mit ein. Mit diesem Kreislauf ist eine gute
Einsatzvorausbildung aller deutschen Sol-
daten gewährleistet.
Die Aus- und Bewertung der materiellen
Lage in den Einsätzen ist ein wichtiger Be-
standteil der Fähigkeitslage insgesamt. Als
Instrument rascher Reaktion auf Anpas-
sungsbedarf hat sich das Verfahren der
Sofortinitiative im Einsatz bewährt. Davon
abgesehen müssen aber auch mittelfristig
und langfristig Weichen gestellt werden.
Wir dürfen nicht vergessen, dass selbst die
Anpassung von marktverfügbaren Produk-
ten Zeit in Anspruch nimmt. Das Beschaf-
fungsregelverfahren dauert noch immer
sehr lange. Erfahrungen, die wir in den
ersten Einsätzen gemacht haben, waren
nicht eins zu eins auf die aktuellen Einsät-
ze übertragbar. Wenn wir also nachhaltig
rüsten und ausrüsten wollen, müssen wir
die Erfahrungen hinsichtlich der Übertrag-
barkeit perspektivisch sehen und so auch
einbringen. Die Novellierung des CPM (Cus-
tomer Product Management: Verfahren
zur Ermittlung und Deckung des Bedarfs
an Produkten und Dienstleistungen für die
Ausstattung, den Betrieb und den Einsatz
der Bundeswehr) und der Zusammenschluss
der Hauptprozesse Haushalt, Bundeswehr-
planung und Controlling trägt diesem An-
satz im besonderen Maße Rechnung, da er
durch Reduzierung von Schnittstellen und
Verteilung der Verantwortung auf wenige
Schultern hier zu einer Beschleunigung ins-
gesamt führen wird.
ES&T: Zivile Dienstleister für unterschied-
lichste Aufgaben sind im Einsatz immer
wichtiger geworden. Wird sich dieser Trend
nach Ihrer Einschätzung fortsetzen – auch
mit Blick auf die Erfahrungen von Part-
nernationen? Wo sind der zivilen Unter-
stützung qua Lage und Auftrag Grenzen
gesetzt?
Fritz: Die Verringerung der Einsatzbelas-
tung des eigenen Personals und das Streben
nach Kosteneffizienz haben in vielen Berei-
chen dazu geführt, zivile Dienstleistungen
in Anspruch zu nehmen, allerdings nur, wo
Der Ehrenhain im Camp Marmal
R Ü S T U N G & T EC H N O LO G I E �
83September 2013 · Europäische Sicherheit & Technik
dem Artilleristen jetzt auch die Fähigkeit
bietet, nicht nur Zielkoordinaten (im GPS
Mode) anzufliegen, sondern alle markier-
ten „Echten Einzelziele“ mit dem Laser-
sucher zu bekämpfen (SAL Mode). Wann
sich der Lasersuchkopf zuschaltet, ist frei
wählbar und hängt von den örtlichen und
taktischen bzw. operationellen Gegeben-
heiten ab.
Missionsabbruch bei Laserlenkung
Die Nutzerforderung nach einer Missi-
onsabbruchfähigkeit lässt sich zudem
nun erstmals in Verbindung mit der La-
serlenkung realisieren. Die Munition wird
hierfür mit zwei Lasercodes program-
miert. Das JFST kann nun durch entspre-
chende Anwahl des Lasercodes bei der
Zielbeleuchtung die Munition dahinge-
hend informieren, ob das Ziel bekämpft
werden soll oder die Mission aufgrund
von sich geänderten Bedingungen – z.B.
durch das Auftauchen eines Schulbus-
ses – abzubrechen sei. Beim Missions-
den die Gleitphase mit GPS-Lenkung. Der
Lasersuchkopf startet schließlich die Ziel-
findungsphase mit anschließender Ver-
folgung und Zerstörung des markierten
Punktes. Doch bei diesem dritten Schuss,
der erstmals GPS und Laser zusammen-
bringt, schalten sowohl GPS als auch der
Lasersucher aus Sicherheitsgründen erst
sehr spät zu. Selbst unter optimalen Be-
dingungen vollbringt dieses Artilleriege-
schoss ohne nennenswerte Flügel in der
Zielendanflugsphase bereits Höchstleistun-
gen ähnlich einem Lenkflugkörper. Mit der
sehr späten Sucherzuschaltung geht es nun
aber an die Grenzen.
Bei diesem dritten Testschuss muss die
Vulcano in die richtige Richtung einlenken,
als sie schon fast über dem Ziel ist – und
sie schafft es. Das Geschoss steuert direkt
um, vollführt ein für so kleine Flügel er-
staunliches Manöver und schlägt mit einer
Abweichung von nur etwas über einem
Meter am Ziel ein. Damit konnten die In-
genieure den Beweis erbringen, dass sich
der gekoppelte bzw. einstellbare GPS- und
Laser-Zielendanflug realisieren lässt und
Die ersten beiden Schüsse schlugen
mit GPS-Navigation unter ungüns-
tigsten Versuchsbedingungen in et-
was über zehn Meter Entfernung zum Ziel
ein. Der typische Zielangriffswinkel beträgt
schließlich 70 bis 80 Grad, um die Höhen-
fehler des GPS ignorieren zu können. Bei
diesen Versuchen musste die Vulcano aber
aus Sicherheitsgründen in einem sehr fla-
chen Winkel anfliegen. Dementsprechend
beeindruckend ist das Ergebnis, konnte
doch das italienisch-deutsche Produkt zu-
dem während der Versuchsreihe nur auf
die zivilen GPS-Daten zugreifen, während
die amerikanische Excalibur, bisher das ein-
zige GPS-gelenkte Artilleriegeschoss welt-
weit, trotz militärischem GPS bei über 30
km Zielentfernung auch nur einen Radius
von fünf bis zehn Metern zur Zielkoordinate
präzise erreicht – zumindest unter idealen
Bedingungen.
Doch beim dritten Schuss kam das Be-
sondere zum Einsatz, das die Vulcano von
allen anderen GPS-gelenkten Artilleriege-
schossen abhebt und sie zu einem wirk-
lich chirurgischen Werkzeug macht: der
Lasersuchkopf. Ein Joint Fire Support Team
(JFST) markiert bei solchen Einsätzen das
Ziel, und die Vulcano fliegt dieses – egal
ob stationär oder bewegt – mit höchster
Präzision an. Erstmals spielen bei diesem
dritten Schuss nun GPS- und Lasersucher
zusammen. Dementsprechend überwiegt
das Sicherheitsbedürfnis gegenüber der
Zielgenauigkeit, und die Vulcano wird vor
eine fast unmögliche Aufgabe gestellt.
Kleine Flügel mit großer Wirkung
In 33 Kilometern Zielentfernung erfolgt der
Abschuss. Nach der kurzen Findungspha-
se fliegt die Vulcano lange Zeit ungesteu-
ert. Mit dem Überschreiten des höchsten
Punktes der zunächst noch ballistischen
Flugbahn erfolgt unter normalen Umstän-
Höchste Präzision für die Punktziel- bekämpfung Dorothee Frank
Einschießen lautete das Verfahren, mit dem präzise Schüsse durch die Artillerie ihr Ziel erreichen sollten.
Chirurgische Eingriffe und Punktzielbekämpfung blieben weitestgehend den Lenkflugkörpern der Luftwaffe
überlassen. Einen ersten Schritt in Richtung Präzision ging das Heer mit der Beschaffung der Lenkrakete
GMLRS Unitary. Nun kommt die wirkliche Wende mit der Artilleriemunition Vulcano, deren Suchkopf der
Größe eines Schnapsglases entspricht. Im Rahmen der Entwicklungs- und Serienvorbereitungsphase fan-
den jüngst Schießversuche in Südafrika statt. Mit erstaunlichem Ergebnis.
Die Vulcano im Flug
(Fot
os: O
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elar
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84 Europäische Sicherheit & Technik · September 2013
� R Ü S T U N G & T EC H N O LO G I E
rende Schiff kann es präzise zerstören. Falls
die Lage an Land für ein Joint Fire Support
Team zu gefährlich scheint, könnte sogar
der Laser Designator Pod des Tornados die
präzise Zieleinweisung übernehmen.
Mit geringem Risiko ließen sich dementspre-
chend Ziele an Land sogar mit reinen Luft-
waffen- und Marineeinheiten bekämpfen.
Somit wäre die Marine dann auch zur präzi-
sen „chirurgischen“ Feuerunterstützung bei
Landoperationen befähigt. Mit dem Infra-
rotsensor – als Ersatz für den Lasersuchkopf
– könnte sie zudem bewegte Seeziele auf
Entfernungen von bis zu 100 Kilometern
in einem autonomen Zielendanflug präzise
bekämpfen. Der Infrarotsensor erfasst dafür
im Zielgebiet die Signatur des aufgeklärten
Ziels, locked auf das Objekt auf und steuert
die Vulcano präzise ins Ziel.
Die Spitze ist erreicht
Sollte die Bundeswehr die beiden Vulcano-
Varianten beschaffen, gäbe es also eine
Verschiebung der Fähigkeiten. Dann wä-
ren das Heer und die Marine plötzlich zur
Punkt- bzw. Einzelzielbekämpfung in der
Lage, und könnten dabei auch die Nachtei-
le der lasergelenkten Luftwaffenwirkmittel
ausgleichen. Schließlich benötigen bei-
spielsweise die GBU der Luftwaffe für die
Lasereinweisung eine freie Sicht. Bei einer
dichten Wolkendecke brauchen die Torna-
dos gar nicht erst zu starten. Die Vulcano
unterfliegt hingegen im Endanflug, wenn
der Laser zuschaltet, die Wolken – eine Fä-
higkeit die sie bereits in Tests bewiesen hat
– und kann somit selbst unter ungünstigen
Wetterbedingungen auch mit Laserlen-
kung zum Einsatz kommen.
Zudem stellen sich Italien und Deutschland
mit der Vulcano an die Spitze der Produk-
tion weltweit gelenkter Artilleriemunition,
und wann oder ob die USA mit einer Dual-
Mode Excalibur nachziehen können, bleibt
abzuwarten. Zielsicherer als die Vulcano
kann auch die neue Excalibur zumindest
nicht sein. Erreicht doch die Vulcano-Muni-
tion mit dem Lasersuchkopf von Diehl BGT
Defence eine Präzision von unter einem
Meter um das Ziel. Weniger geht nicht. �
Excalibur ist hingegen für die automatische
Geschosszuführung zu groß, hier wären
Änderungen an der Haubitze notwendig.
Zwei Varianten der Vulcano
Die gelenkte Vulcano soll im Sommer
nächsten Jahres in zwei Varianten zur Be-
schaffung bereitstehen: Eine Heeresvarian-
te mit 155 mm und eine Marinevariante mit
127 mm. Auch für die seegestützten Ein-
heiten hat die Munition Vorteile. So ist die
Vulcano bei allen 127-mm-Marinegeschüt-
zen von OTO Melara voll integriert. Zudem
ergibt sich durch die präzise Lenkung dank
der Multimodefähigkeit mit GPS-, Laser-
und ggf. Infrarotsensorik sowie der großen
Reichweite von bis zu 100 km eine neu-
artige Möglichkeit der Bekämpfung von
Land- und Seezielen. Bei der Landzielbe-
kämpfung beleuchtet ein JFST ein Ziel an
Land, und das in sicherer Entfernung fah-
abbruch (Lasercode ABBRUCH) wird der
Gefechtskopf nicht geschärft – das heißt,
der Explosivstoff kommt beim Aufschlag
nicht zur Umsetzung –, und das JFST
kann die Munition in ein unkritisches Ge-
biet lenken. Diese Möglichkeit zum Mis-
sionsabbruch ist bislang bei Munition für
die Rohrartillerie einzigartig und bedeu-
tet damit einen echten Fähigkeitsgewinn
zur Reduzierung von Kollateralschäden.
Der weitere Vorteil der Laserlenkung liegt
in der Präzision. So wird Vulcano mit Laser
eine Genauigkeit von unter einem Meter
um das Ziel erreichen. Dank der Beleuch-
tung durch das Joint Fire Support Team
ist sogar die wirksame Bekämpfung von
fahrenden Zielen möglich. Beides Fähig-
keiten, welche die rein GPS-gelenkte Ex-
calibur niemals erreichen kann. Dement-
sprechend will Raytheon nachziehen und
verkündete im Juni dieses Jahres, dass ein
Projekt zur Entwicklung einer Laser- und
GPS-gelenkten Excalibur gestartet wor-
den sei. Aber ob das Unternehmen über-
haupt in der Lage ist, die bei der Vulcano
realisierten Suchkopf-Kompetenzen von
Diehl BGT Defence zu erreichen, ist mehr
als fraglich. Zudem ist bei der Entwicklung
von mindestens zwei Jahren auszugehen,
während die Vulcano bereits ab Sommer
2014 Gegenstand eines Rüstungsvorha-
bens werden soll.
Kleiner, leichter und günstiger
OTO Melara und Diehl BGT Defence brin-
gen in die Vulcano die Kompetenzen für
Geschütze und Geschosse ein. So ist die
Vulcano kleiner, leichter und verfügt über
eine wesentlich höhere Reichweite als die
Excalibur. Während das amerikanische
Geschoss eine Reichweite von rund 40
km besitzt, liegen die maximalen Werte
der Vulcano bei 80 km (Heeresvariante)
und 100 km (Marineversion). Ein weiterer
Vorteil der italienisch-deutschen Entwick-
lung ist der Preis: Im Vergleich zur GPS-
gelenkten Excalibur wird die Vulcano nur
etwa die Hälfte kosten, wobei der Endpreis
natürlich stückzahlabhängig ist. Da bei der
projektierten Dual-Mode-Excalibur zusätz-
lich der Laser-Suchkopf hinzu käme, wird
die Preisspanne zwischen diesen beiden
Geschossen wahrscheinlich noch weiter
auseinanderklaffen.
Sowohl Excalibur als auch Vulcano sind da-
bei laut Aussage der WTD 91 für die Pan-
zerhaubitze 2000 (PzH 2000) geeignet.
Die durchgeführten Tests hätten zudem
gezeigt, dass Änderungen an der Haubitze
für den Verschuss nicht notwendig seien.
Allerdings ist nur die Vulcano voll in das Ge-
schütz integriert. Das Vollkalibergeschoss
Mangel an ÜbungsplätzenDie Manövrierfähigkeit der Vulcano
hat aber zumindest in der Testphase
auch ihre Nachteile, erfordert sie doch
für Erprobungen entsprechend große
Sicherheitsbereiche. Für den Fall eines
vollständigen Fehlschlags bei Testfirings
muss schließlich sichergestellt sein, dass
keine Gefährdung für mitwirkende und
unbeteiligte Personen besteht. Mit ei-
ner Reichweite von bis zu 80 Kilometern
kommen bei der Vulcano daher sehr
große Sperrzonen zum Tragen.
Aus diesen Gründen darf auch in Mep-
pen bei der WTD 91 bzw. auf dem ita-
lienischen Schießplatz in Nettuno keine
aktive Lenkung zugeschaltet werden.
Alle Schießkampagnen mit Steuerung
finden daher zunächst in Südafrika statt.
Dies führt zu der Frage, inwieweit Maß-
nahmen zur Befähigung der deutschen
und italienischen Schießplätze zwecks
Erprobung von Lenkmunition in Arbeit
sind. Erste Schritte werden wohl gera-
de über eine EDA-Studie mit dem Titel
„Mission Abort System“ eingeleitet.
Trotz ungünstiger Bedingungen schlägt die Vulcano bei den Tests in Südafrika nur knapp neben dem Ziel ein
106 Europäische Sicherheit & Technik · September 2013
gesamte Geschäftsjahr erwartet EADS ei-
nen moderaten Umsatzanstieg und eine
weitere Verbesserung der Erlöse. (gwh)
EADS wechselt Struktur und NamenMit der Halbjahresbilanz hat EADS die
beabsichtigte Struktur- und Namensände-
rung für den Konzern bekanntgegeben.
Demnach wird EADS in die Airbus Group
überführt, die aus drei Divisionen bestehen
soll. Dominiert wird das neu strukturierte
Ian Crawford neuer PräsidentDie Europrop International GmbH (EPI) hat
Ian Crawford zu ihrem Präsidenten ernannt.
Crawford kommt wie
sein Vorgänger Simon
Henley von Rolls-Royce,
einem der EPI-Partner.
EPI Europrop Interna-
tional GmbH ist ein
Joint Venture aus vier
europäischen Partnern
(Industria de Turbo Pro-
pulsores, MTU Aero En-
gines, Rolls-Royce und
Snecma/Safran) mit der Zielsetzung, das
Triebwerk TP400 für die A400M zu entwi-
ckeln und herzustellen. (gwh)
Marineschiffbau 2012 ausgeglichenAufgrund der Einsparungen im Vertei-
digungsetat und der Verkleinerung der
Deutschen Marine bzw. Schrumpfung der
Flotte befürchtet die deutsche Schiffbau-
industrie in den kommenden Jahren einen
beachtlichen Rückgang von Aufträgen der
Deutschen Marine. Daher haben Export-
aufträge für die deutsche Marineschiffbau-
industrie deutlich an Bedeutung gewon-
nen. Dennoch ist das Auftragsvolumen
der Deutschen Marine für Neubauten/
Umbauten und Wartung/Instandsetzung
2012 weitgehend stabil und ausgeglichen
geblieben. Die Exportquote der Werften,
Zulieferer und Dienstleistungsunterneh-
men im Marineschiffbau lag bislang bei
über 70 Prozent. Der Werftenumsatz im
Marineschiffbau in den vergangenen Jah-
ren lag jährlich kontinuierlich bei ca. einer
Milliarde Euro. (ds)
EADS Umsatzwachstum im 1. HalbjahrEADS hat im ersten Halbjahr 2013 sowohl
Umsatz als auch Rentabilität gesteigert.
Getragen wurde diese Entwicklung vor
allem vom zivilen Flugzeuggeschäft. Der
Konzernumsatz stieg um sechs Prozent
auf 26,3 Mrd. Euro bei einem Erlös von
1,4 Mrd. Euro (plus 40 Prozent). Zur Um-
satzsteigerung trugen alle Divisionen außer
Eurocopter bei. An der Erlössteigerung wa-
ren nur Airbus und Cassidian beteiligt. Der
Auftragsbestand ist auf 634,8 Mrd. Euro
angewachsen, das ist ein Auftragspolster
für mehr als zwanzig Jahresumsätze. Cas-
sidian konnte den Halbjahresumsatz auf
2,3 Mrd. Euro steigern und einen Erlös von
86 Mio. Euro erzielen. Das führt EADS auf
den „guten Kurs“ des Restrukturierungs-
programms zurück. Neue Aufträge u.a. im
Bereich Lenkflugkörper führten zu einem
Auftragsbestand von 15 Mrd. Euro. Für das
Unternehmen wie bisher vom Zivilflugzeug-
geschäft, das in der neuen Division Airbus
angesiedelt ist. Mit ca. 18 Mrd. Euro steht
diese Division für mehr als zwei Drittel des
Konzernumsatzes. Die Verteidigungs- und
Raumfahrtaktivitäten – einschließlich des
Bereichs Transportflugzeuge – werden in
der Division Airbus Defence & Space zu-
sammengeführt. Aus Airbus Military, Ast-
rium und Cassidian soll die Division Airbus
Defence & Space gebildet werden, die mit
rund sechs Mrd. Euro gut ein Fünftel zum
Umsatz beitragen soll. Unverändert bleibt
Eurocopter, die als Airbus Helicopters etwa
ein Zehntel des Umsatzes beisteuern. Bern-
hard Gerwert, bisher CEO von Cassidian,
ist als CEO für Airbus Defence & Space be-
nannt. Die Division wird vier Geschäftsbe-
reiche umfassen: Military Aircraft (Leitung
Domingo Ureña-Raso), Space Systems
(François Auque), Communication, Intel-
ligence & Security Systems (Evert Dudok)
sowie Equipment (Thomas Müller). Die Um-
setzung soll zum 1. Januar 2014 beginnen
und in der zweiten Jahreshälfte 2014 abge-
schlossen werden. (gwh)
2. Galileo-Satellit ausgeliefertNach erfolgreicher Integration und funkti-
onalem Test bei der OHB System AG wur-
de Anfang August der zweite Satellit des
künftigen europäischen Navigationssys-
tems Galileo ins Testzentrum der ESA im
niederländischen Noordwijk geliefert. Die
FOC-Phase (Full Operational Capability) des
Galileo-Programms wird von der Europäi-
schen Union finanziert und durchgeführt.
Innerhalb der kommenden Wochen wird
er mit diversen Systemtests auf Herz und
Nieren geprüft. (wb)
Leichter Umsatzzuwachs für die VerteidigungsindustrieDie amerikanische Zeitschrift „Defense
News“ hat ihre jährliche Rangliste der Top
100 Unternehmen der Verteidigungsin-
dustrie 2012 veröffentlicht. Die aufgeliste-
ten Unternehmen konnten ihre Umsätze
im Verteidigungsbereich um drei Prozent
auf 311 Mrd. Euro steigern. Angeführt
wird die Top-100-Liste seit 2000 unverän-
dert von Lockheed Martin. Das amerikani-
sche Unternehmen, das 95 Prozent seines
Umsatzes im Verteidigungssektor erzielt,
habe im vergangenen Jahr sogar seinen
Umsatz um 2,1 Prozent auf 33,9 Mrd. Euro
steigern können und führt die Rangliste
mit einem erheblichen Abstand von 10,2
Mrd. Euro zu Boeing an. Als größte euro-
päische Unternehmen tauchen BAE (UK),
EADS (NL) und Finmeccanica (Italien) in
den Top 10 auf. Raytheon rutschte hoch
auf Platz 4 und tauschte den Platz mit
Unternehmen & Personen(F
oto:
Rol
ls-R
oyce
)
German Defence Technology auf der DSEI 2013 LondonÜber 40 führende Unternehmen der
deutschen Sicherheits- und Verteidi-
gungsindustrie präsentieren sich vom 10.
bis 13. September 2013 auf der DSEI in
London auf einem Gemeinschaftstand
mit einer Fläche von knapp 2.000 m².
Damit rangiert Deutschland unter den
drei größten ausstellenden Nationen.
Ein Highlight stellt der Besuch der deut-
schen Korvette (K130) MAGDEBURG
dar, die zu den modernsten Schiffen
ihrer Klasse zählt. Die Schirmherrschaft
hat wieder die Gruppe Wehrtechnische
Messen e.V. (GWM) übernommen.
Diese konzentrierte Leistungsschau er-
zielt nicht nur die notwendige Wahr-
nehmung der deutschen Technologie-
kompetenz, sondern zeigt übersicht-
lich auf einer gemeinsamen Plattform
die Bandbreite der Technologiefelder
in Deutschland. Die hohe Qualität und
Wirtschaftlichkeit sowie ein zuverläs-
siger „After-Sales-Service“ bestätigen
nach wie vor das berühmte Gütesiegel
„Made in Germany“. Unter dem Motto
„German Defence Technology“ werden
vor allem Neuentwicklungen, aber auch
im Einsatz besonders bewährte Produk-
te und Systeme vorgestellt. Das breite
Produktspektrum und die umfangrei-
che deutsche Präsenz unterstreichen
die Bedeutung dieser Messe für den
weltweiten Rüstungsmarkt.
Die Ausstellungsschwerpunkte richten
sich vor allen Dingen auf:
• Landsysteme, Waffen und Munition,
• Marinesysteme und Marinegeräte,
• gepanzerte und ungepanzerte Fahr-
zeuge,
• Aufklärung, Luftverteidigung, Lenk-
flugkörper,
• unbemannte Systeme,
• Logistik und Ausrüstungskompo-
nenten,
• Elektronik- und Sensorsysteme sowie
• Command, Control und Communi-
cation. (wb)
107September 2013 · Europäische Sicherheit & Technik
General Dynamics, United Technologies
rückte auf Platz 9 vor und überholte somit
L-3 Communications. Nur drei Unterneh-
men mit Sitz in Deutschland sind in den
Top 100 vertreten. Rheinmetall erreichte
Platz 31 mit einem Umsatz von 2,3 Mrd.
Euro und verlor einen Rang im Vergleich
zum Vorjahr. KMW rutschte mit einem
laut „Defense News“ um 21,4 Prozent
geringeren Umsatz von 773 Mio. Euro um
sechs Plätze auf Rang 63. (cs/gwh)
ipoque – a Rohde & Schwarz companyRohde & Schwarz hat die ipoque GmbH
mit Sitz in Leipzig übernommen. Ipoque ist
führend im Bereich Softwarelösungen, die
Netzwerkanwendungen effektiv erkennen,
kontrollieren und optimieren. Das 2005
gegründete Unternehmen fokussiert sich
auf Bandbreitenmanagement und Netz-
werkmonitoring insbesondere für kritische
und schwer erkennbare Protokolle. Dazu
gehören Voice over IP (VoIP), Peer-to-Peer-
Tauschbörsen (P2P) und Mediastreaming.
Gemeinsam mit ipoque erweitert Rohde
& Schwarz sein Geschäftsfeld Überwa-
chungs- und Ortungstechnik. (gwh)
Forschungs- und Entwicklungs-zentrum erweitertDer Antriebs- und Energieanlagenspezialist
Tognum erweitert sein Forschungs- und
Entwicklungszentrum im MTU-Werk Aiken
in South Carolina/USA. Mit Investitionen
von 22,5 Mio. Dollar wird die Entwicklungs-
kapazität des Zentrums durch zwei zusätz-
liche neue Prüfstände für Off-Highway-
Dieselmotoren verdoppelt. Zudem werden
dort neue Arbeitsplätze geschaffen. Das
MTU-Werk Aiken verfügt über hochentwi-
ckelte Technologien für schadstoffärmere,
effizientere und leistungsstärkere Versionen
von Off-Highway-Dieselmotoren der Bau-
reihen 2000 und 4000. (ds)
IT-Rahmenvertrag für BechtleDas Bundesamt für Ausrüstung, Informati-
onstechnik und Nutzung der Bundeswehr
hat der Bechtle AG zum zweiten Mal den
Zuschlag für einen Rahmenvertrag zur
Deckung des Bedarfs an IT-Komponenten
und Dienstleistungen erteilt. Der Rahmen-
vertrag „IT-Plattform – 2./3. Rechnerebe-
ne“ hat eine Laufzeit bis 2017. Die Bechtle
AG realisiert den Vertrag als Hauptauf-
tragnehmer u.a. mit seinen langjährigen
Herstellerpartnern Acer, IBM und Lexmark
sowie dem Dienstleister Conet Solutions.
Das Bundeswehrteam aus dem Bechtle
IT-Systemhaus in Bonn übernimmt bun-
desweit die operative Umsetzung und
Steuerung. (gwh)
Weniger Munition verkauftRheinmetall hat seine Gewinn- und Um-
satzprognosen für das Gesamtjahr 2013
deutlich reduziert. Der Unternehmensbe-
reich Defence rechnet mit ca. 100 Mio.
Euro weniger Umsatz. Man erwartet nun
einen Gewinn vor Zinsen und Steuern vor
Restrukturierungsmaßnahmen zwischen
180 und 200 Mio. Euro. Im März 2013 lag
die Prognose noch bei 240 bis 260 Mio.
Euro. Hauptgrund dafür seien Budgetkür-
zungen in wichtigen Kundenländern, die
vor allem das Munitionsgeschäft betreffen,
teilte Rheinmetall kürzlich mit. Dort bleibe
der kurzfristige Bedarf hinter den Erwar-
tungen zurück. (ds)
Jenoptik auf KursJenoptik blieb im 1. Halbjahr 2013 auf Kurs.
Beim Auftragseingang zeigte sich im Verlauf
des 1. Halbjahres 2013 ein positiver Trend; er
stieg im Berichtsquartal um 12,8 Prozent auf
150,7 Mio. Euro, das sind rund 18 Mio. Euro
mehr als im I. Quartal 2013. Im 1. Halbjahr
2013 erzielte Jenoptik einen Auftragsein-
gang von 282,7 Mio. Euro und lag damit auf
dem Niveau des Vorjahres. Der im 1. Halb-
jahr 2013 erzielte Gewinn führte zu einem
Anstieg des Eigenkapitals auf 339 Mio. Euro
(31. Dezember 2012: 330,3 Mio. Euro). Im
Verlauf des 1. Halbjahres 2013 verzeichnete
das Segment Verteidigung & Zivile Systeme
eine positive Entwicklung beim Umsatz. Die-
ser lag zum Ende des Berichtszeitraums mit
88,4 Mio. Euro um 4,4 Prozent unter dem
Vorjahreswert, nach minus 9,4 Prozent zum
Ende des 1. Quartals. (wb)
Angepasste Wirkung im ZielDem Tochterunternehmen der MBDA
Deutschland, der TDW GmbH, ist es welt-
weit erstmalig in einer Versuchserie gelun-
gen, die Wirkung eines Gefechtskopfes
durch entsprechende Voreinstellung auf
den erforderlichen Effekt im Ziel anzupas-
sen. Zur Demonstration wurde eine kon-
ventionelle Bombe vom Typ Mk 82 mit
100 kg Sprengstoff durch einen skalierba-
ren Gefechtskopf modifiziert. Bei dem Ver-
such konnten der eingebaute Sprengstoff
auf die Wirkung von 10 kg begrenzt und
damit der Wirkradius deutlich reduziert
werden. Ziel ist es, dem Flugzeugführer
u.a bei Einsätzen im Rahmen von Luftna-
hunterstützung die Möglichkeit zu geben,
vom Cockpit aus die Waffenwirkung auf
das aktuelle Ziel anzupassen und damit
Kollateralschäden zu vermeiden. (ur)
genua eröffnet Berliner ZweigstelleDas IT-Sicherheitsunter-
nehmen genua mbh hat
Mitte August eine Be-
triebsstätte in Berlin eröff-
net. Geführt wird die neue
Betriebsstätte von Michael
Barth, der zuvor als Be-
reichsleiter Verteidigung
und Öffentliche Sicherheit
beim BITKOM tätig war.
Zum Leistungsangebot
von genua gehören Firewalls zur Absiche-
rung von Netzwerken, VPN-Gateways für
den verschlüsselten Datenaustausch via
Internet, Fernwartungssysteme für Maschi-
nenanlagen und IT-Systeme sowie die dazu-
gehörigen Dienstleistungen. (wb)
Umsatz und Erträge gesunkenRheinmetall verzeichnete für das erste Halb-
jahr 2013 Rückgänge beim Umsatz (um 191
Mio. Euro auf 2.253 Mio. Euro, minus acht
Prozent) und beim Ergebnis (EBIT: um 63
Mio. Euro auf 29 Mio. Euro, minus 75 Pro-
zent). Während der Automotive-Bereich
trotz schrumpfenden Automobilmarkts bei
einem Umsatz auf Vorjahresniveau (1.228
Mio. Euro) ein EBIT von 77 Mio. Euro erzie-
len konnte, musste der Bereich Defence ei-
ne Umsatzeinbuße von 17 Prozent auf 834
Mio. Euro hinnehmen. Das Ergebnis lag bei
minus 48 Mio. Euro nach einem Gewinn
von 25 Mio. Euro im Vorjahr. (gwh)
Mitgliederversammlung des CALS Forum DeutschlandÜber eine deutlich höhere Beteiligung als im letzten Jahr konnte sich das CALS (Con-
tinuous Acquisition and Life Cycle Support)-Forum Deutschland e.V. (CFD) am 11. Juli
bei seiner diesjährigen Mitgliederversammlung freuen. Aufgrund des unerwartet gro-
ßen Zuspruchs mussten die Mitglieder aus Industrie, Verwaltung und Streitkräften, die
zum offiziellen vereinsinternen Teil geladen waren, sowie die interessierten Gäste, die
etwas später zu den Fachvorträgen im zweiten Teil der Veranstaltung erschienen, die-
ses Jahr kurzfristig auf Räumlichkeiten in der Zentrale der Deutschen Telekom in Bonn
ausweichen. Nachdem der CFD-Geschäftsführer Peter Janatschek den Mitgliedern
bereits vorab bekanntgegeben hatte, dass der bisherige Vorsitzende Eugen Maier
für eine weitere Amtszeit nicht zur Verfügung steht, wurde Oberstleutnant Hartmut
Burkhardt vom Logistikkommando der Bundeswehr zum Nachfolger gewählt. In den
Fachvorträgen berichteten Vertreter aus Industrie und Militär über Neuordnungen, In-
novationen und Sachstände im Bereich der logistischen Unterstützung der Streitkräf-
te. Abschließend wies Janatschek auf die 10. NATO LCM-Konferenz am 28. und 29.
Januar 2014 in Brüssel hin, die das CFD wie auch in vergangenen Jahren zusammen
mit dem Mittler Report Verlag ausrichten wird. (cs)
(Fot
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