39
1 Serendipity | 07 - 2012 07 - 2012

Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Serendipity - music is our Substitute for life. Magazin über Musik, Lifestyle, Kunst und Kultur.

Citation preview

Page 1: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

1 Serendipity | 07 - 2012

07 - 2012

Page 2: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

2 Serendipity | 07 - 2012

Serendipity 07 - 2012

Lieber Herbst,

ich mag Dich. Meistens. Ich mag, wie die Sonne durch die bunten Blätter scheint, ich mag den blauen Himmel, der so anders blau ist als der saftigdunkle sommer-blaue Himmel, ich mag mit Stiefeln durch Pfützen toben und ich mag mich mit Wolldecke und Tee auf das Sofa kuscheln, ohne dass jemand sagt: „Komm, das Wetter ist so toll, du kannst doch nicht drin sitzen!“ Ich mag die Regenbögen und die frühen, bunten Sonnenuntergänge.

Herbst ist aber auch immer irgendwie die Zeit des Abschieds. Der Abschied vom Sommer, von Wärme und Licht, die Kehrtwende vom hellen, extrovertierten zum dunklen, introvertierten Teil vom Jahr. All meine Beziehungen sind im Herbst in die Brüche gegangen, all meine Lieblingsbands haben sich im Herbst aufgelöst. Herbst ist also auch die Zeit zum Sammeln, Erinnern, Reflektieren und Neuorien-tieren. Im Abschiednehmen bin ich leider nicht so besonders gut.

Herbst ist auch: Halloween, und wenn auch hier nicht so verbreitet, für mich im-mer eine schöne Gelegenheit, endlich mal mit Katzenohren vor die Tür zu gehen. (Und abends, wenn es klingelt, schnell das Licht auszumachen und mich auf den Fußboden zu schmeißen, weil mich vor zwei Jahren einmal schreiende Kinder mit Plastiksäbeln vor der Tür furchtbar traumatisiert haben.)

Heute morgen im Fahrstuhl hat es nach meiner ersten großen Liebe gerochen.

Zwiegespalten für Serendipity,

Silvia

Editorial

Page 3: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

3 Serendipity | 07 - 2012

Inhalt

Serendipity 07 - 2012

Editorial 2

BücherSimone Bauer: „Alkoholfrei“ über „Isarvorstadt“ und umgekehrt. 4

ReiseKopenhagen - Ein Reisebericht 10

Musik: AlbenDie Heiterkeit – „Herz aus Gold“ 8Phoebe Killdeer & The Short Straws - „Innerquake“ 20Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen – „Jeder auf Erden ist wunderschön“ 21Toy - „Toy“ 23Amanda Palmer & The Grand Theft Orchestra – „Theatre Is Evil“ 30Moneybrother - „This is where life is“ 35Bernadette La Hengst - „Integrier mich, Baby“ 37

Musik: Live... and you will know us by the Trail of Dead für das Molotow. 25YEAH: The Sweet Serenades 28Sea + Air 33

Page 4: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

4 Serendipity | 07 - 2012

Ein Gespräch zwischen Simone Bauer und Silvia Maraun

Simone Bauer: „Alkoholfrei“ über „Isarvorstadt“ und umgekehrt.

Simone ist eine unserer Serendi-pity-Autorinnen und hat gerade – nach „Ganz entschieden un-

entschieden“ - zeitgleich ihren zwei-ten und dritten Roman veröffentlicht. „Isarvorstadt“ und „Alkoholfrei“. Ich habe Simone ein paar Fragen zu ihren

Büchern gestellt, ohne diese gelesen oder mich vorher informiert zu haben – Die Rezensionen findet Ihr in unserer nächsten Ausgabe!

Page 5: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

5 Serendipity | 07 - 2012

Silvia: Simone, lass uns über Deine neuen Bücher sprechen! Simone: Ich und das Twix sind bereit! Silvia: Yay! Dann nenn‘ mir doch erst-mal die Titel der beiden Bücher. Simone: „Isarvorstadt“ und „Alkoholfrei“. Silvia: „Alkoholfrei“ ist ein Jugend-buch, richtig? Soviel weiß ich immerhin. Simone: Jap. Silvia: Bist du mit dem Vorsatz da ran ge-gangen, ein Jugendbuch zu schreiben? Simone: Tatsächlich nicht. Es war als eine art „Straight Edge Buch“ gedacht, ein Roman über eine junge Frau in die-ser Kultur. Meine Lektorin meinte dann, sie fände dieses Buchthema gut, aber ob ich es mir auch als Jugendbuch vor-stellen könne? Und das konnte ich sehr gut. Ich lese ja immer noch heimlich Bücher für 16jährige Mädels und hatte schon immer den Traum, auch mal in das Young-Adult-Genre einzutauchen. Silvia: Ist es denn auch noch ein Straight Edge Buch, oder behandelt es - wie der Titel nahelegt - ausschließlich das Thema Alkohol? Simone: Ich habe Straight Edge dann lediglich in einer Unterhaltung zwi-schen Emma, der Hauptprotagonistin, und ihrem Schwarm Jarek eingebracht. Es behandelt das titelgebende The-ma, aber ich finde das auch eigentlich ganz gut so. Diese Bewegung ist ja sehr komplex und stößt bei der breiten Bevölkerung immer noch auf Irritati-on - Anti-Alkoholiker hingegen findet man durchaus öfter. Silvia: Bist du selbst Teil der

Straight Edge Bewegung? Simone: Eher zufällig. Ich habe nie mit dem Rauchen angefangen aus famili-ären Gründen, dann habe ich mit dem Alkohol aufgehört und auch in meinem ersten halben Jahr in München kein Fleisch gegessen. Ich bin auch eher ein großer Fan von Monogamie. nur leider konnte ich das mit dem Vegetarismus nicht so gut durchziehen und bin ärzt-lich attestiert wieder Fleischfresser. Aber Alkohol habe ich seit 7 Jahren nicht getrunken. Silvia: Dann ist es also auch etwas, was dir am Herzen liegt und was du durch das Buch vielleicht Jugendlichen wei-tergeben möchtest? Fühlst du dich da-bei ein wenig missionarisch? Simone: Ich finde, jeder muss für sich selbst entscheiden, was ihm gut tut. Was mir eher am Herzen liegt, ist, zu sich selbst zu stehen und das durch-zuziehen, was man sich für sich selbst wünscht. Das ist etwas, was ich ger-ne weitergeben will - ohne den Fin-ger drohend zu heben und da-mit herumzuwackeln. Silvia: Also weniger ein Versuch, die „Welt zu verbessern“, als jedem ein-zelnen ans Herz zu legen, sich und die Welt um sich herum nach eigenen Maß-stäben zu gestalten? Simone: Richtig. Einfach mal nicht die Welt so wahrnehmen, wie es die ande-ren tun, nur, weil es leichter ist, sondern selbst herausfinden, was man möchte. Will ich weiterhin in dieser Stadt blei-ben? Will ich wirklich das studieren, was

Page 6: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

6 Serendipity | 07 - 2012

sich mein Vater wünscht? Solche Fragen. Und wenn man unglücklich damit ist, sich jedes Wochenende „betrinken zu müs-sen“, dann sollte man damit aufhören oder es versuchen, einzudämmen. Silvia: Das ist ja auch im Grunde kein rein jugendliches Problem, son-dern etwas, was uns im Leben immer wieder begegnet. Simone: Eben. Man hat ja heute auch noch daran zu knabbern, ob man mit sich selbst zufrieden ist. Obwohl ich kei-ne autobiographische Welt für Emma entwickelt habe, war es doch auch ir-gendwie ein Auf- und Nacharbeiten der Jugend und des Erwachsenwerdens. Auch, wenn ich mich noch immer ungern als „erwachsen“ bezeichne... Silvia: Was glaubst du, wann der Punkt kommt, an dem du dich als erwachsen bezeichnen wirst? Simone: Ich finde dieses

20-Something-Ding gerade irgend-wie ganz gut. Man ist nicht zu jung, hat schon etwas geschafft, hat gewis-se Entscheidungen getroffen und ist dadurch ja schon gereift. Aber da man sich ja immer noch mit diesen Fragen beschäftigt, ist der Prozess noch nicht abgeschlossen. Wahrscheinlich konn-te man früher mit 30, als man aber so-was von definitiv verheiratet und da-mit beschäftigt war, die Kiddies zu versorgen, sagen, okay, ich bin fertig. Das ist ja heute nicht mehr so. Da hat man seine Quarter-life-crisises, dass es gerade so kracht. Silvia: Wollen wir kurz noch über dein zweites Buch sprechen? Es ist kein Ju-gendbuch, richtig? Simone: Richtig. Da ja beide am sel-ben Tag erscheinen, sage ich immer „das Jugendbuch und das Erwach-senenbuch“. „Isarvorstadt“ hat keine

Page 7: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

7 Serendipity | 07 - 2012

wirkliche Zielgruppe, vielleicht spricht es die 20-Somethings an, vielleicht die Frauen zwischen 14 und 40 oder die modernen Männer von heute. Mir war es wichtig, genau so ein Buch zu schreiben, mehr „Kir Royal 2.0“ als irgendetwas anderes. Konstruier-te Charaktere, viele Handlungssträn-ge, verschiedene Sichtweisen ... das fand ich ultra spannend! Silvia: Magst du etwas über den In-halt verraten? Simone: Es geht um Rich Kids in Mün-chen. Die Hauptfiguren sind die Freun-dinnen Charlotte und Theresa. Char-lotte will das absolute It-Girl werden, die Queen der High Society, während Theresa, die wesentlich scheuer ist als Charlotte, eine berühmte Designerin werden möchte. Sie ist sehr ehrgei-zig und talentiert, was Charlotte stört. Dann ist da noch Indiemusiker Moritz, den Charlotte liebt, der aber There-sa liebt. Theresa liebt ihn auch, sagt aber nichts, klar. Deswegen lässt sie sich mit dem Skandalreporter Veith ein, der wiederum die gemeinsame Freun-din Romy erpresst. Silvia: Das klingt ein bisschen nach Gossip Girl. Hattest du das im Hinterkopf, als du dir die Story hast einfallen lassen? Simone: Freut mich, wenn es so klingt. Ich hatte wirklich eher eine Art „Kir roy-al“ im Kopf, eine Story, die sich ständig ändert, damit man ja nicht ahnt, was als nächstes kommt, und beim lesen erstaunt ist. Aber ja, das trifft auch auf Gossip Girl zu. Ich bewundere die Teams von Serien

wie dieser oder 90210 sehr - man hört immer mit einer Folge auf und denkt sich: wtf? und bei Isarvorstadt denkt man sich das öfter. Silvia: Erzähl mir über den Stellenwert von Musik in deinen Büchern. Simone: Moritz aus Isarvorstadt ist ja, wie gesagt, Indiemusiker. er ist der ty-pische Newcomer, wie man ihn wohl in vielen Städten findet: Unglaublich gut, aber durchbruchslos. Ihn inspirieren Bands wie Eagles of Death Metal, The Kills, Placebo. Die Mädels hören am liebsten Hamburger Schule, weil sie in sich eine tiefe Traurigkeit tragen, die diese Musik meines Erachtens gut zu-sammenfasst. In „Alkoholfrei“ findet man zunächst eher poppigere Töne, weil Emma eine leidenschaftliche Tän-zerin ist - Christina Perri, Gwen Stefa-nie, Katy Perry. Jarek bringt ihr dann Indiemusik näher - Bon Iver, wieder Pla-cebo, Lykke Li. Er geht auch mit ihr auf das Konzert einer Band, die fiktiv ist und schon in „Ganz entschieden unent-schieden“ aufgetaucht ist (Moritz‘ Band im übrigen auch). Silvia: Welche Band war Vorbild für die fiktive Band? Simone: Bands aus dem Münchner Um-raum, tatsächlich. Man sieht ja viel und dann denkt man sich, aha, der Moritz, der würde gut in so eine Vierer-Gruppe passen (und sie dann egomanisch zer-stören). Ein bunter Mix an Inspirationen.

Page 8: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

8 Serendipity | 07 - 2012

von Sascha Krokowski

Die Heiterkeit – „Herz aus Gold“

Frauen im deutschsprachigen In-diepop gibt es leider nicht viele, insbesondere nicht am Mikrofon.

Zwischen folkig angehauchtem Song-writing wie von Maike Rosa Vogel oder Johanna Zeul und dem charttauglichen Popnummern von Juli, Silbermond, Jen-nifer Rostock und Konsorten haben sich im Laufe der vergangenen zwei Jahr-zehnte eigentlich nur zwei Namen ma-nifestieren können. Die eine Dame ist Bernadette LaHengst, einst Sängerin und Gitarristin der Hamburger Frau-enband Die Braut haut ins Auge (an dieser Stelle sei allen Lesern das un-glaublich tolle Livealbum „+1 auf der

Gästeliste“ ans Herz gelegt) und heu-te im Bereich des elektronisch unter-legten Chansons unterwegs. Die ande-re ist Christiane Rösinger, die 1988 in Berlin zusammen mit Funny van Dan-nen die Lassie Singers gründete, 1997 dann als Frontfrau von Britta weiter-machte und vor zwei Jahren zusam-men mit Andreas Spechtl von Ja, Panik ihr wundervolles Soloalbum „Songs of L. and Hate“ auf Staatsakt veröffent-lichte. Es war also definitiv noch Platz und in diesem Genre vorhanden. Platz, den das Hamburger Trio Die Heiterkeit nun einnimmt.

Copyright Gesa Trojan

Page 9: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

9 Serendipity | 07 - 2012

Die drei jungen Frauen, Stella Sommer, Rabea Erradi und Stefanie Hochmuth stehen dabei eindeutig der guten Frau Rösinger näher als der Frau LaHengst. Nicht nur, dass Die Heiterkeit ihr Debüt-album „Herz aus Gold“ auch via Staats-akt veröffentlichen. Nicht nur, dass sie in den vergangenen Jahren in Andre-as Spechtl einen großen Fan und noch größeren Förderer finden konnten. Nein, Stella Sommer hat auch noch die-selbe Betonung in ihrer tiefen Stimme wie Christiane Rösinger, sie trägt stets unbeteiligt und ein bisschen gelang-weilt ihre lakonischen Texte vor. Wenn sie dann auch noch „alles ist so neu und aufregend“ singt, ergibt dies schon ei-nen feinen Kontrast – nicht umsonst ist der Opener auch das beste Stück des Debüts. Die weiteren elf Stücke fallen aber glück-licherweise kaum ab. Textlich gefallen sich Die Heiterkeit in der Täter- statt der sonst meist üblichen Opfer-Rolle – aktiv statt passiv, verlassen statt verlas-sen werden. Nahezu ausschließlich geht es um eine (fast) beendete Beziehung oder eine (bald) begonnene. Unterlegt wird dies von herrlich unaufgeregtem, manchmal etwas amateurhaft scheinen-dem Schrammel-Pop. Mehr als Gitarre, Bass und Schlagzeug braucht es nicht, das wussten schon die frühen Toco-tronic, die man trotz vorherrschendem Midtempo auf „Herz aus Gold“ immer wieder heraushört. Wie auch Ja, Panik im Übrigen, nur eben ohne dabei den

mächtigen Politikhammer zu schwin-gen. Aber ähnlich wie Andreas Spechtl springt Stella Sommer auch gerne ein-mal kurzfristig ins Englische, wenn es dem Versmaß gut tut oder einfach gut klingt („es geht mir gut, ich bin be-reit, I touch you with my Heiterkeit“). Die Heiterkeit tun der deutschen Indie-szene definitiv gut, auch wenn das Debüt manchmal doch ein wenig zu eintönig rüberkommt. Vermutlich ist es genau so gewollt von den drei Hamburgerinnen. Aber die eine oder andere kleine Noise-attacke, wie sie zumindest in „Alles ist so neu und aufregend“ angedeutet wird, hätte dem Album sicherlich nicht ge-schadet. Und vielleicht knallt uns Stel-la Sommer auf dem Nachfolger dann ja sogar eine leicht verquere Pianoballade vor den Latz? Zuzutrauen wäre es der Heiterkeit allemal. Für das Jahr 2012 ist „Herz aus Gold“ aber zumindest ein Achtungserfolg und ein weiteres Aus-rufezeichen des Staatsakt-Labels. Kurz gesagt: Die Heiterkeit sollte man für die Zukunft auf dem Zettel haben.

Page 10: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

10 Serendipity | 07 - 2012

von Mirja Kühner

Kopenhagen - Ein Reisebericht

Das Problem, wenn man auf einer einsamen Insel wohnt, ist, dass so ziemlich jede sehenswerte

Stadt verdammt weit weg ist und jeder, dem man das erzählt, mit: „Aber Du wohnst auf einer Insel, wieso willst Du woanders hin?!“ reagiert. Städtetrips sind damit eine finanzielle und auch zeitliche Herausforderung (wenn ich nicht gerade nach Hamburg oder Berlin möchte) und offensichtlich haben die Menschen enorm falsche Vorstellungen von dem Leben auf einer Insel wie Feh-marn. Hier gibt es nämlich nichts. Keinen H&M, keinen dm, keinen wirklich großen Supermarkt, der abgefahrene Süßigkei-ten verkauft. Und selbstverständlich auch keine wirklich außergewöhnlichen

Sachen wie Lakritz-Cupcakes oder Bio-Pommes. Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine eigene Küche und meine Süßigkeitenschublade das Schrägste sind, was Fehmarn zu bieten hat (aller-dings weiß Fehmarn das nicht und das sollte vielleicht auch lieber so bleiben). Bis ich darauf gekommen bin, dass Ko-penhagen gar nicht viel weiter von mir entfernt ist als Hamburg, musste ich 30 Jahre alt werden. Bis ich gemerkt habe, dass Kopenhagen exakt das ist, was ich suchte und brauchte, dauerte es genau die 5 Minuten, um vom Gleis zum Hotel zu laufen. Für alle, die noch nie in Kopenhagen wa-ren, hier einige wichtige Anlaufstellen, die mehr oder auch weniger offensicht-lich sind und in jedem Fall besucht wer-den sollten. Dabei möchte ich weniger Wert auf kulturell-historisches Blabla legen als viel mehr auf kulinarisch-wun-derbare Dinge, weil mir diese auch ein-fach viel mehr liegen. Die große Einkaufsmeile Kopenhagens, die Strøget, hat rein atmosphärisch manchmal etwas von Chinatown, manch-mal dann aber auch wieder eher etwas stylish-coolen Flair. Da die Strøget ver-dammt groß ist und auch jede Menge Abzweigungen hat, darf sie das auch.

Page 11: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

11 Serendipity | 07 - 2012

Man findet hier jede Menge Futtertem-pel, Imbisse und auch gehobenere Re-staurants, mobile Fahrrad-Geschäfte, die Wasser oder Crêpes verkaufen und natürlich Hotdog-Stände im Abstand von zwei Metern. Empfehlen kann und muss ich die Pancake Company, weil es da so etwas gibt:

Neben belgischen Waffeln bekommt man hier aber auch Softeis und Crêpes, aber bisher habe ich mich nur durch das Waffelsortiment gegessen. Mittlerweile gibt es auf der Strøget zwei Ben & Jerry‘s-Filialen, die drin-gend aufzusuchen sind, weil es in Däne-mark teilweise völlig andere Sorten gibt als in Deutschland und noch dazu in den Eisdielen andere als in den Läden.

Page 12: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

12 Serendipity | 07 - 2012

Den Candy Megastore kann ich empfeh-len, weil... Muss ich das begründen?

Auch hier gibt es zwei Filialen. Eine et-was kleinere direkt auf der Strøget und noch eine größere in einer großen Sei-tenstraße. In der größeren findet man beispielsweise auch die Jelly Belly So-das, die aussehen wie pure Chemie, aber überraschend lecker sind.

In so ziemlich jeder Bäckerei gibt es Cupcakes, die rein optisch auch ziem-lich verlockend sind.

Page 13: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

13 Serendipity | 07 - 2012

Ich kann diese Bäckerei-Cupcakes al-lerdings nicht so sehr weiterempfehlen und würde jedem Kopenhagen-Besu-cher raten, zu Agnes Cupcakes zu ge-hen. Eine Filiale gibt es im Magasin du Nord auf der Strøget und hier habe ich auch den bereits erwähnten Lakritz-Cupcake gekauft, der extrem lecker war, ganz im Gegensatz zum dazu pas-senden Lakritz Macchiato.

Das Magasin du Nord kann ich generell empfehlen, weil ich es nicht nur Sepho-ra gibt, sondern überhaupt so ziem-lich alles, was man will. Im Prinzip wie Karstadt in cool. Erwähnenswert sind auch die zahlreichen, teils versteckten Plattenläden, in denen man mit etwas Glück gute Schnäppchen machen kann.

In einer der vielen Seitenstraßen fin-det man einen Öko-Hotdog-Stand, der mich zunächst skeptisch machte, aber: Die Hotdogs hier schmecken um Län-gen besser als die an den regulären Ständen. Und DIE sind schon gut.

Page 14: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

14 Serendipity | 07 - 2012

Der Lego- und der Disneystore sind un-bedingt einen Besuch wert, wobei ich den Legostore eher cool fand, weil man dort Legosteine wie Jellybeans kaufen konnte.

Der Disneystore wiederum ist cool, weil die Mitarbeiter dort alle herumlaufen, als hätten sie sehr glücklich und ent-spannt machende Drogen konsumiert, weil dort Disneymusik läuft und alles glitzert und leuchtet.

Wenn es die Sorten gibt, solltet Ihr in einer der vielen Paradis-Eisdielen Was-sermelonen- und Lakritzeis probieren.

Page 15: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

15 Serendipity | 07 - 2012

Es ist aber nicht nur die Strøget, die se-henswert ist. Direkt parallel verläuft die Straedet, in der es hauptsächlich kleine Cafés und Restaurants gibt, aber auch sehr süße kleine Geschäfte mit handge-machten Dingen und Krimskrams.

Im Tivoli sieht es aus wie in dem Bild, in das Mary Poppins mit den beiden Kin-dern hineinspringt.

Page 16: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

16 Serendipity | 07 - 2012

Hier bekommt man riesiges Softeis mit den verschiedensten Sorten Streu-seln, bisher hatte ich normale bunte Sprinkles und Lakritz. Außerdem gibt es hier sehr gute Chur-

ros, die ich in Deutschland bisher noch nirgends gefunden habe. Fettig, frittiert und beispielsweise mit Schokosauce

Page 17: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

17 Serendipity | 07 - 2012

Im Tivoli gibt es eigentlich auch an al-len Ständen Öko-Pommes. Öko klingt ja immer erst etwas nach „ungesalzen und doof“, aber nachdem der Öko-Hotdog mich schon so überzeugt hatte, war ich auch hier gleich dabei.

Das Tivoli ist natürlich aber hauptsäch-lich ein Vergnügungspark, in dem es zahlreiche Fahrgeschäfte gibt.

Ich für meinen Teil habe mich zum gro-ßen Teil in den Souvenirgeschäften (es gibt sogar einen extra Shop nur mit Backzubehör – grandios) und am See bei den Enten aufgehalten. Dort gibt es Futterkästen, in die man wie bei Kau-gummiautomaten Kleingeld wirft und Entenfutter erhält. Die Tiere waren su-per zutraulich und sind schon eupho-risch geworden, wenn sie gehört habe, wie man am Automaten herumhantiert.

Page 18: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

18 Serendipity | 07 - 2012

Etwas weiter am Rande des Zentrums findet Ihr den Mad Hatter, wo es ganz zauberhaftes Personal und super guten Bubble Tea gibt.

Was man keinesfalls missen sollte, ist ein Besuch in Christiania, einer unab-hängigen Kommune, in der eine unver-gleichliche Atmosphäre herrscht. Da der Alltag der Einwohner nach eigenen Regeln verläuft, sollte man genaustens auf die ausgehängten Schilder achten und beispielweise nicht rennen. Teil von Christiania ist auch der unvergleichli-che "Loppen"-Club, in dem regelmäßig Konzerte von Indie bis Metal stattfinden

Page 19: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

19 Serendipity | 07 - 2012

Und fast genau so wichtig ist das Ha-fenviertel Nyhavn, in dem alles bunt ist und überall plaudernde Menschen her-um sitzen und essen, trinken und glück-lich sind.

Wer gerne (Süßigkeiten) isst und bunte Sachen mag, wird Kopenhagen lieben. Ein wenig Zeit sollte man allerdings mit-bringen; für einen Tagestrip ist die Stadt viel zu weitläufig und vielseitig. Mehr von Mirja auf http://miasevery-daystories.blogspot.com

Page 20: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

20 Serendipity | 07 - 2012

von Carolin Pröger

Phoebe Killdeer & The Short Straws - „Innerquake“

Phoebe Killdeer, ehemaliges Mit-glied von Nouvelle Vague, gilt als Live-Sensation. Davon könnt ihr

euch demnächst überzeugen, wenn sie durch Deutschland tourt. „Innerquake“ ist nach ihrem Debut „Weather‘s Coming“ 2008 das zwei-te Album der in Paris geborenen Australierin. Der erste Song „Pedigree“ erinnert mich an Garbage, auch wenn ihre Stimme hö-her und feiner klingt. Spätestens nach den ersten drei Songs merkt man aber, dass ihre Stimme noch sehr viel mehr kann: mal ist sie ein bisschen düster, mal soulig, dann wieder zart und mädchen-haft - das schafft nicht nur Abwechslung, sondern fesselt regelrecht.

BBC schreibt über sie, sie erschaffe auf der Bühne eine Gänsehaut-Atmo-sphäre, die perfekt für einen Taran-tino Film wäre. Ich stelle mir bei neu-en Alben immer vor, in welchen Film oder welche Umgebung sie am bes-ten passen würden und spätestens beim Song „The fade out Line“ dach-te ich auch an einen Tarantino-Film. Das Album passt, wie ich finde, nicht nur zum kuscheligen Herbst-Sonntag, sondern auch hervorragend zum Zu-rechtmachen am Samstag Abend.

Page 21: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

21 Serendipity | 07 - 2012

von Sascha Krokowski

Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen – Jeder auf Erden ist wunderschön

Die letzten Konzerte waren noch nicht einmal gespielt, die Tränen der Millionen von Fans noch nicht

einmal getrocknet (falls sie es denn je-mals tun werden), da kündigten Sänger Carsten Friedrichs und Bassist Tim Jür-gens nach dem traurigen, aber irgendwie vorhersehbaren Ende von Superpunk bereits ihre neue Band an: Zusammen mit Tapete-Labelchef Gunther Buskies, dem ehemaligen Blumfeld-Schlagzeu-ger André Rattay und Philip Morton An-dernach, der in der Tourband von Max Mutzke spielte, bilden Friedrichs und Jürgens nun "Die Liga der gewöhnli-chen Gentlemen". Und bevor man sich überhaupt fragen konnte, in welche Musikrichtung das neue Projekt wohl gehen würde – Kraut-rock? Rapcore? Death Gospel? Progres-sive Metal? Psychedelic Hip-Hop? –, schickte das Quintett rechtzeitig zu Be-ginn der Fußball-EM bereits die ersten

Vorboten des Debüts "Jeder auf Erden ist wunderschön" hinaus in die Welt. Zwei Songs über das Kicken und vor al-lem das Drumherum – schon passend, da Friedrichs bekennender HSV-Fan (ja, das soll's tatsächlich geben) und Jürgens gar stellvertretender Chef-redakteur des Fußballkulturmagazins 11Freunde ist. Trotzdem hatte es solch ein Liedgut bei Superpunk so explizit nie gegeben, wenn man mal den Klas-siker "Eric Cantona Stomp" mit seinen kontroversen Lyrics ausklammert. Aber davon abgesehen überraschten uns die Gentlemen auf der Vorabsingle mit na-hezu klassischem Sixties-Soul-Beat mit deutschen Texten. Mit anderen Worten: Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen ist zumindest musikalisch im Grunde nichts anderes als Superpunk rebootet. Und das ist doch auch alles, was man sich von der neuen Supergroup des Tapete-Labels wünschte.

Page 22: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

22 Serendipity | 07 - 2012

Auf Albumlänge erkennt man dann zu-mindest ein paar Nuancen, von denen sich die Musik der Gentlemen von der Superpunks unterscheidet. Die Gitarren sind nun einen Tick weiter im Hinter-grund angesiedelt, dafür gibt es noch mehr Handclaps, noch mehr "Uuuuh"s und "Aaaaah"s und "Schubidu"s. Schwer vorstellbar, aber ist tatsächlich so. (Wer einmal zu viel Zeit hat – beispielsweise an Weihnachten – kann sich ja mal ei-nen Zettel (besser: einen ganzen Block) und Stift schnappen und während des Genusses von "Jeder auf Erden ist wun-derschön" die Handclaps zählen. Ich kam leider nur ungefähr bis "eins, zwei, viele".) Auffällig ist auch der inflationä-re, aber keinesfalls nervige Gebrauch von Saxophonen und etwas Flöten-ähn-lichem, das ich aufgrund meiner eher bescheidenen Musiklehrer am Gymna-sium im Bildungszentrum Mettenhof leider nicht genauer deklarieren kann. Dies alles sind kleine musikalische Ent-wicklungsschritte, die aber zweifelsoh-ne auch Superpunk auf ihrem Weg vom fünften und letzten zum wohl niemals erscheinenden sechsten Album zuzu-trauen gewesen wäre – man hätte halt nur einen Saxophonisten in die Band holen müssen. Und textlich? Abseits (also jetzt nicht im Sinne von "wenn zwischen Ketchupfla-sche (Torwart) und Pfefferstreuer (Stür-mer) kein Salzstreuer (Abwehrspieler) mehr steht, wenn der Blumenkohl ab-gespielt wird") der beiden Vorabsongs

spielt der Fußball keine größere Rolle in den weiteren Stücken. Stattdessen gibt es Loblieder auf die alte Jeans ("ma-schinell gefertigt, doch irgendwie hoch-wertig"), das mitreißende Popcorn-Ki-no (in "Weine nicht, es ist nur ein Film" lässt Friedrichs seinem Comic-Nerdtum freien Lauf) oder den Motown-Soul ("wär die Welt perfekt, dann wär sie ein Song von Holland-Dozier-Holland oder Barrett Strong") und simple All-tagsbeobachtungen wie bei "Frühling im Park" ("ein Fußballmatch fünf gegen vier, mein Nachbar trinkt von-Raven-Bier"), wie man sie ebenfalls genauso gut von Superpunk hätte erwarten kön-nen. Allerdings wirken Friedrichs' Tex-te insgesamt fröhlicher als früher und damit der Musik angepasster. Mit ei-nem Augenzwinkern waren seine Texte schon immer unterlegt, dieses Mal ist es mehr als das. Insgesamt ist "Jeder auf Erden ist wun-derschön" also ein Album, das das Rad – beziehungsweise den Ball – nicht neu erfindet. Aber hey, es ist Carsten Fried-richs, es ist Tim Jürgens, es sind drei ih-rer Freunde, und zusammen spielen sie mitreißenen Uptempo-Sixties-Soul. Ge-brochenes Superpunk-Herz, was willst du mehr?

Page 23: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

23 Serendipity | 07 - 2012

von Daniel Buchhauser

Toy - „Toy“

Dass die Londoner Newcomer Band TOY vielleicht das nächste große Ding werden könnte, ist in

Expertenkreisen längst kein Geheimnis mehr. Die Band um Sänger Tom Dougall versuchte schon vorher unter dem Na-men „Joe Lean and the Jing Jang Jong“ die Musikwelt zu erobern, doch blieben sie weitestgehend erfolglos. Nun ha-ben sie als neu formierte Band mit dem prägnanten und einprägsamen Namen TOY einen neuen Versuch gestartet und kommen mit einer derart fulminanten Performance daher, dass es einem sehr schwer fällt, sich derer zu entziehen.

Dabei erfinden TOY das musikalische Rad natürlich nicht neu, so orientieren sie sich, wie es einem heutzutage fast nicht mehr anders übrig bleibt, an Mu-sik vergangener Tage. In diesem spezi-ellen Falle ist es aber eine eher beson-dere Mixtur aus Musik verschiedener Dekaden und Stile, die TOY zu einem unverwechselbar frischem Sound kom-ponieren, von Schwermut und lethar-gischer Anmut getragen ins Ohr geht und einem ein Gefühl suggeriert, dass der Geist unserer Generation nur ein Trugbild einer jeden menschlichen Psy-che ist. Dougall steht hierbei als der

Page 24: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

24 Serendipity | 07 - 2012

generierte Prototyp im Vordergrund. Die Texte seiner Lieder handeln vom „sich verlieren“, vom „verloren sein“ und vom ausbrechen wollen aus der von der Gesellschaft auferlegten Hülle. Die Jugend, die von poststrukturalisti-schen „Burnout Syndromern“  übervöl-kert scheint, hat keine Luft für Fehler oder anderweitige Schwäche. „Life slips by and I‘m losing time“ singt Dou-gall am Beginn des Stückes „Left mys-elf behind“, welches TOY schon im Vor-feld des Albums veröffentlicht hatten. Verpackt in Themen, in denen man sich schnell selbst wieder finden kann und die aus dem alltäglichen Leben gegrif-fen scheinen, schaffen es TOY jedoch immer einem bestimmten roten Faden zu folgen. In der Folge dessen schlagen sie natürlich auch ihre musikalischen Zelte in einer besonderen Umgebung

auf. Die Band selbst gibt an, dass ihre musikalischen Wurzeln sehr beeinflusst sind vom Krautrock der 70er Jahre in Deutschland. Bands wie „Amon Düül II“ oder „Neu!“ scheinen hierbei die aus-chlaggebenden Namen zu sein. Diese Grundstimmung paaren TOY mit einer gelungenen Mischung aus dem noisi-gen Sound des Shoegaze wie ihn „My Bloody Valentine“ oder „The Velvet Un-derground“ spielten und natürlich dem heutigen Sound britischer Indie Bands, was sich dadurch manifestiert, dass TOY wohl aus dem direkten Umfeld von Bands wie „The Horrors“ stammen. Zum selbstbetitelten Album an sich bleibt nur zu sagen, anhören, anhören, anhö-ren, denn es ist von vorne bis hinten ge-füllt mit großartigen Stücken, die große Lust auf mehr machen.

Page 25: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

25 Serendipity | 07 - 2012

von Silvia Maraun

... and you will know us by the Trail of Dead für das Molotow.

Der Hamburger Musikclub Molo-tow ist mein Lieblingsclub und zweites Wohnzimmer, und das

ungefähr, seit ich ausgehen kann, ohne verhaftet zu werden. Ich habe dort im-mer die schönsten Konzerte, die schöns-ten Partys und die schönsten Besäuf-nisse erlebt, immer die wundervollsten Menschen kennengelernt und immer die interessantesten neuen Bands entdeckt. Heutige Größen wie The White Stripes, Mando Diao, Bright Eyes oder The Hives spielten im Molotow, lange bevor der Rest der Welt sich für sie interessierte. Das Molotow ist Institution, einer der wichtigsten Veranstaltungsorte in Ham-burg und nicht zuletzt der Ort, der für

viele Hamburger Indie-Menschen ein Zuhause und Ruhepunkt im wechselhaf-ten Nachtleben um die und auf der Ree-perbahn geworden ist. Am Ende der Reeperbahn beheimatet – nämlich am Spielbudenplatz – befin-det sich das Molotow zwischen Wachs-figurenkabinett und Sexshop, zu ebener Erde die Molotow Bar, wo seit einiger Zeit neben Tanzveranstaltungen auch Konzerte stattfinden, 23 Stufen in den Keller hinab der Konzertraum. 1990 öff-nete das Molotow seine Türen, das erste Mal vor dem Aus stand es im Jahr 2008 – durch Umsatzeinbußen sollte der Mietvertrag zum Jahresende gekündigt

Page 26: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

26 Serendipity | 07 - 2012

werden. Bereits damals gab es einige Benefizkonzerte zur Rettung des Clubs – so beispielsweise von Muff Potter; in Zusammenspiel mit finanzieller Unter-stützung von außen (woran die Stadt Hamburg und ihre Kulturbehörde übri-gens nicht beteiligt war) konnte der Club so vor dem Ende bewahrt werden. Seit Anfang der 2010er Jahre steht es erneut schlecht um das Molotow – es gehört zum Gebäudekomplex der Esso-Häuser, einer Reihe von Wohnhäusern, Laden-gebäuden, Clubunterkünften und der Kiez-Tanke, welche nach dem Wunsch der Bayerischen Hausbau abgerissen werden sollen. Der Bezirk Hamburg-Mitte, diverse Stadtteil- und Mieteriniti-ativen versuchen, den Abriss zu verhin-dern und eine Sanierung durchzusetzen.

(Informationen gibt es z.B. hier: http://www.initiative-esso-haeuser.de/) Auch im Rahmen dieser aktuellen Bedrohung finden wieder Benefizkonzerte statt, im Frühjahr eins der Sportfreunde Stiller, und nun, recht spontan, ein Konzert der texanischen Band ...and you will know us by the Trail of Dead, welche derzeit in Deutschland auf Tour ist und sonst weit größere Hallen bespielt. Trail of Dead bringen dieser Tage ihr 8. Album „Lost Songs“ heraus, welches an die Tradition der letzten Alben an-knüpft und – bis auf wenige Ausnahmen wie „Awestruck“ und „Time and Again“ - durchgängig soliden Alternative-Gi-tarren-Rock raushaut und auf hochme-lodiöse Poprockausflüge wie sie 2005

Page 27: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

27 Serendipity | 07 - 2012

auf „Worlds Apart“ - scheinbar verse-hentlich – passiert sind, weitgehend ver-zichtet. „Lost Songs“ wurde übrigens in Hannover aufgenommen und zeigt das Können und die Bandbreite von Trail of Dead gut komprimiert in 12 Songs. Das Molotow hat eine Fahne, bereits vor Konzertbeginn dünstet alles Schweiß und Alkohol aus und Sänger Conrad Keely sieht auch heute im Molotow noch ein bisschen wie eine Mischung aus Death Cabs Ben Gibbard und Colin Meloy von den Decemberists aus, geht aber irgendwie mittlerweile mehr in eine altherrenmäßig-moppelige Richtung als noch vor ein Paar Jahren. (Trägt er ei-gentlich Nietenboots?) Das steht ihm aber ganz gut und tut der Herrlichkeit der Musik natürlich keinen Abbruch: 90 Minuten lang blasen Trail of Dead die knapp 300 Anwesenden mit ihrer Musik an die Wand, wobei die Song-Auswahl sich – ab von den typischen Konzerten zur Albumveröffentlichung

– hauptsächlich auf die älteren Songs konzentriert und nur wenige Stücke von „Lost Songs“ ihren Weg ins Set finden. Bei „Hommage“ schmeißt sich Conrad Keely in die Menge, am Ende des Kon-zerts ins Schlagzeug – keine Zugabe für die Zuschauer, aber dennoch sind alle beeindruckt, beglückt und begeis-tert. Hirn weggeblasen zu einem guten Zweck. Dankeschön. Initiative Esso Häuser: www.initiative-esso-haeuser.de Homepage Trail of Dead: https://andyouwillknowusbythetrailof-dead.bandpage.com Homepage Molotow: molotowclub.com

Page 28: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

28 Serendipity | 07 - 2012

von Silvia Maraun

YEAH: The Sweet Serenades

Wer das neue, zweite Album „Help me!“ von den schwedi-schen The Sweet Serenades

einschaltet, wird mit dem Titelsong und Opener gleich in die passende Stimmung versetzt: Entschuldigung? Aufspringen, Arme hoch, tanzen! Wie bereits das Debüt-Album „Balcony Cigarettes“ lie-fert „Help me!“ eine ganze Reihe finger-schnippsender, knieverdrehender Gute-Laune-Melodien, allerdings finden sich

in Songs wie „After all the Violence“ und „In Vacuo“ auch ruhige Songs mit nachdenklicherem Hintergrund - wo-bei es weit zu viel gesagt wäre, hier von „Balladen“ zu sprechen. The Sweet Serenades wurden 2002 als 2-Kopf-Projekt von Martin Nordvall und Mathias Näslund gegründet. Anfangs sei der Sound eher folkig und akusti-scher gewesen, erzählen die beiden.

Page 29: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

29 Serendipity | 07 - 2012

Von 2006 bis 2009 spielten sie mehr als 100 Shows in schwedischen Ge-fängnissen und nahmen die Reaktion der Inhaftierten als Maßstab: Die rast-losen, ungeduldigen Zuhörer verlie-ßen den Raum, wenn ihnen ein Song nicht passte, oder tanzten gemeinsam, fanden sie etwas gut. Martin und Ma-thias passten die Songs an, bis jeder einzelne funktionierte. So wurde aus der folkig-akustischen Geschichte der energiegeladene Gitarren-Disco-Hand-clapping-Sound, den die beiden bis heute perfektioniert haben. Was im Hintergrund als 2-Mann-Projekt startete, ist auf der Bühne zu einer Vier-Kopf-Love-Machine gewachsen und bringt eine Wucht mit, die sich 1:1 auf das Publikum überträgt: So geschehen in der Hamburger Molotow Bar am 26.09.2012. Das Touren macht ihnen Spaß, sagt Mar-tin uns in einem Interview, es wäre ein leichtes Leben, sich nur von A nach B zu bewegen, Musik zu machen und sich zu betrinken. Den Alltag wiederum, und das drückt sich auch in den Songs aus, die sich in erster Linie mit Alltäglichem

und alltäglichen Sorgen und Gedanken befassen, empfände er als eine größere Herausforderung. Die Songs des Kon-zertes sind eine Mischung aus neuen und alten Songs, beide kommen glei-chermaßen gut an und werden vom Pu-blikum mit Freuden in Bewegung um-gesetzt. Fragt man die Menschen nach dem Konzert, wie sie es fanden, so reagie-ren sie entweder glücklich strahlend und wortkarg („Wundervoll!“ „Zau-berhaft!“ „Großartig!“) oder ergehen sich in Erklärungen darüber, wie sehr es ihnen gefallen hat und wie mitrei-ßend die Performance war, wie sympa-thisch die Band und wie sehr sie sich gewünscht hätten, für immer weiter tanzen zu dürfen. Das unterschreiben wir so: Auch wir ge-hen mit einem breiten Lächeln nach Hau-se und wippen noch im Einschlafen mit den Füßen. Schweden kann's einfach. Danke! Homepage: thesweetserenades.com

Page 30: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

30 Serendipity | 07 - 2012

von Sascha Krokowski

Amanda Palmer & The Grand Theft Orchestra – Theatre Is Evil

Vier lange Jahre ließ uns Aman-da Fucking Palmer nach ihrem Wahnsinnsdebüt „Who Killed...

?“ auf ihr zweites Soloalbum warten. Vier lange Jahre, in denen sie ihre Fans zumindest mit vielen weiteren musika-lischen Projekten an der Stange hielt. Zusammen mit Jason Webley veröffent-lichte sie die fiktive Leidensgeschichte der siamesischen Zwillinge Evelyn Eve-lyn, gemeinsam mit Ben Folds, Dami-an Kulash von OK Go und Neil Gaiman,

„Coraline“-Autor und Palmer-Ehemann in Üersonalunion, wurde binnen weni-ger Stunden das Sechs-Song-Album „Nighty Night“ unter dem Projekttitel „8in8“ aufgenommen. Und ganz neben-bei coverte sie noch die größten Hits von Radiohead auf ihrer Ukulele und veröffentlichte in Australien ein Album mit einigen neuen Studio- und ganz viel Liveaufnahmen bislang unveröffentlich-ter Stücke aus Sydney, Adelaide und Wellington.Außerdem tourte sie Ende

Page 31: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

31 Serendipity | 07 - 2012

letzten Jahres auch wieder zusammen mit Brian Viglione als The Dresden Dolls durch Down Under, was auf ein drittes Album der Punk-Cabaret-Su-perstars hoffen lässt. In erster Linie aber zwitscherte sich Amanda Palmer durch die letzten 48 Monate und in die Herzen abertausen-der Onlinefreaks. Gefühlte 27 Millionen Twitter-Beiträge und geschätzte 12.000 Blog-Einträge später liegt es nun also endlich vor: „Theatre Is Evil“, das zwei-te Solo-Meisterwerk aus der Feder Pal-mers. Dass es so lang dauerte, hatte auch mit ihrem Kleinkrieg mit dem Label

Roadrunner Records zu tun, der nach zwei Jahren unblutig und erfreulicher-weise mit zwei neuen Songs der Künst-lerin zu diesem Thema endete. Nun hat Frau Palmer ihr eigenes Label 8ft Re-cords und finanzierte das neue Album über das Crowdfunding-Netzwerk Kick-starter. Ihre treue Fangemeinde unter-stützte das Projekt mit fast 1,2 Millionen US-Dollar und machte es damit zum mit Abstand erfolgreichsten Musikprojekt in der Geschichte Kickstarters. Amanda Palmer dankt es ihren Fans mit einer atemberaubenden Produk-tion. Mit der Hilfe des ehemaligen

Page 32: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

32 Serendipity | 07 - 2012

The-Paper-Chase-Masterminds John Congleton, der ganz nebenbei auch ei-nen Ruf als exzellenter Produzent be-sitzt, und mit Unterstützung ihrer neu-en dreiköpfigen Band The Grand Theft Orchestra ist ein Album entstanden, das einfach unfassbar pompös und majestä-tisch daher kommt. Auch wenn Aman-da oftmals teilweise – nicht nur bei den mitreißenden Balladen „Trout Heart Replica“ und „The Bed Song“ - mit Pi-ano und ein paar Streichern auskommt, ufern viele Stücke zu einem Klangorkan aus, der seinesgleichen sucht. Amanda Palmer gibt ihren Stücken die Zeit, die sie brauchen, um ihre Geschichten wirk-lich in voller Länge zu erzählen. „The-atre Is Evil“ wirkt daher ein bisschen wie ein einziger großer Director's Cut – ohne ein Majorlabel im Rücken scheißt die 36-Jährige auf jegliche Konditionen, die im Musikbusiness als ungeschriebe-ne Gesetze gelten. Keins der 15 Stücke – mit Ausnahme des gesprochenen Int-ros und eines Intrumental-Intermezzos – bleibt unter der Vier-Minuten-Marke, fünfmal geht es sogar über die sechs Minuten hinaus. Und trotzdem wird es nie langweilig in den 71 Minuten auf „Theatre Is Evil“, dafür haben die Songs auch zu viele Widerhaken und überra-schende Wendungen. Als besonderes Stilmittel nutzt Amanda Palmer, dass sie vielen Stücken gleich zwei Refrains spendiert, die zunächst friedlich ko-existieren, um sich dann zum „Grande

Finale“ majestätisch zu vereinen – hier sei besonders auf die beiden Singles (sprich: Songs, zu denen Videos hart an der Grenze zur Geschmacklosigkeit ge-dreht wurden) „Want It Back“ und „The Killing Type“ hingewiesen. Es fällt schwer, einzelne Lieder aus die-sem grandiosen Sammelsurium heraus-zuheben. Neben den bereits erwähnten sollte aber „Melody Dean“ genannt wer-den, das sich das Gitarrenriff von The Knacks „My Sharona“ borgt, um sich plötzlich in Trompeten und Synthies zu suhlen. Oder das famose „Lost“, das zu Beginn fast ausschließlich mit virtuosem Klavier- und Schlagzeugspiel auskommt und daher am ehesten an die guten alten Dresden Dolls erinnert. Okay, ein paar quietschende Synthies sind auch hier zugegen, aber diese ziehen sich eh über das gesamte Album. Amanda Palmer hat mit „Theatre Is Evil“ zu einem wahren 80er-Revival aufgerufen. Nur eben in gut, lyrisch wie musikalisch. Klar ist: An „Theatre Is Evil“ werden sich wieder die Geister scheiden. Aber so war das schon immer mit großer Kunst – und nichts anderes ist dieses Album. Für viele Menschen wird es völlig über-bewertet sein, für viele andere aber das Album des Jahres. Dass ich zur letzte-ren Gruppe gehöre, dürfte in den obi-gen Zeilen klargeworden sein.

Page 33: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

33 Serendipity | 07 - 2012

von Silvia Maraun

Sea + Air

Auch, wenn wir es abstreiten: Am Ende denken wir in Schubladen. Auch, oder: gerade in Bezug auf

Musik. Wir taggen unsere Songs in iTu-nes, wir sortieren unsere Platten-Samm-lung im schlimmsten Falle nach Genres, wir begeben uns im Plattenladen in die Ecke mit der Beschilderung, die uns im Normalfall am ehesten anspricht. Umso schöner – und, zugegeben: verwirren-der – ist es, wenn uns etwas begegnet, was sich so gar nicht in eine Schub-lade taggen lässt. Sea + Air sind solch ein Phänomen. Ir-gendwo ist das Indie-Pop, es hat das Storytelling der Singer/Songwriter, ein wenig Folk(lore). Es hat aber auch deutliche Einflüsse des Barock und der 1970er. Es ist eigentümlich, es ist sonder-bar, aber es findet immer wieder recht-zeitig den Bogen, um doch eine große Menge Menschen anzusprechen, zum

schweigen zu bringen und staunen zu machen. Dennoch ist das eigentlich nicht wirklich Mainstream. Hm. Eleni und Daniel Benjamin sind eine griechische Folkloretänzerin, die als Kind heimlich singen musste, und ein deutscher Komponist, der keine No-ten lesen kann. Sie hat Angst vorm Fliegen, er vorm Wasser. Sie sind ver-heiratet und seit über 10 Jahren damit beschäftigt, Songs zu schreiben, auf-zunehmen und auf mehr als 1200 Kon-zerten zu präsentieren. Am 12.10. ist ihr Debüt-Album „My Heart's Sick Chord“ erschienen. Die Promo kommt in ei-nem Umschlag mit einer kleinen Blume drauf und bezaubernderweise in Kas-settenform. Genau das drückt die Lie-be zum Detail und der Schönheit im Ungewöhnlichen gut aus, die sich auch auf der Platte finden lässt.

Page 34: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

34 Serendipity | 07 - 2012

Schon der Opener „Take me for a ride“ zeichnet einen ganz klassischen Span-nungsbogen vor, den das Album als Ge-samtwerk hält: Sanft, leise in den An-fängen. Zwei Stimmen, die harmonisch zusammenfinden. Eine Steigerung, das Einsetzen von weiteren Instrumenten, nach dem Höhepunkt das Abfallen auf ein ruhigeres Niveau. In „Mercy Street“ findet sich ein wohltemperierter Pop-song mit deutlichem Folklore-Einschlag, „Dirty Love“ ist der große Hit für die In-die-Disco. Mit „The Sea after the Storm“ sind wir wieder in den 1970er Jahren und ihren Rockhymnen angekommen, während „You don't care about me“, mu-sikalisch wieder irgendwo in der Basis des klassischen Bereichs angesiedelt, irgendwie ein wenig musicalhaft anmu-tet. „My Heart's Sick Chord“ lädt ein auf eine Reise, überflutet mit Reizen und Einflüssen, um am Ende aber auch ein friedliches, sattes, glückliches Gefühl zu hinterlassen. Eins mit sich und der Mu-sik, außerhalb jeder Schubladen. Auch live sind Sea + Air ein wirk-lich erstaunliches Phänomen. Nur als Duo auftretend erwecken sie im Laufe des Konzerts im Hamburger Molotow am 10.10.2012 im Kunstnebel eine Art Rockoper zum Leben, wie sie wohl Da-mon Albarn stets erfolglos zu schrei-ben versuchte: Mitreißend, unvergleich-lich und scheinbar rein natürlich einem

Spannungsbogen folgend, der die Zu-schauer fesselt, aber nicht anstrengt. Streckenweise gleicht die Stimmung derjenigen, die man sich in einer Kir-che vorstellt, in der man sich tatsäch-lich zuhause fühlt: Andächtig, überwäl-tigt, emotionsgeladen und aufmerksam. Weggetreten schwanken die Menschen wie Wasserpflanzen mit der Musik ohne noch wirklich etwas wahrzunehmen. Schaut man sich um, brechen die Leu-te kurz aus ihrer Entrückung aus, um zu lächeln und Sekunden später wie-der den verklärten Blick aufzusetzen, der andeutet, dass sie vollkommen in der Musik aufgehen. Die ersten Ansa-gen von Daniel Benjamin werden ge-flüstert, Lachen bricht die Spannung, das Andächtige weicht für die Dauer eines Zwischen-den-Songs einer losge-lösten Fröhlichkeit. Nach dem Konzert wobbeln die Menschen kurz erwachend, sammeln sich einen Moment und schau-en dann glücklich und erholt. Ausbruch aus dem Alltag? Abschalten in der An-dacht? Aufgehen im Außergewöhnli-chen? Irgendwie sowas. Und irgendwie auch nicht. Irgendwo dazwischen und darunter hat jeder Anwesende seine eigene Erklärung dafür, warum ihn der heutige Abend so begeistert und be-rührt hat: Jeder hat seine eigene kleine Schublade im Kopf geschaffen, auf der nur „Sea + Air“ steht.

Page 35: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

35 Serendipity | 07 - 2012

von Silvia Maraun

Moneybrother - „This is where life is“

Anders Wendin veröffentlich-te 2003 seine erste LP namens „Blood Panic“ und ich war so-

fort Fan. So eine schöne Mischung aus Retro-Kram und Indie-Rock hatte man selten gesehen, auch selten: So ein gut-aussehender Schwede, der sich auf der Bühne auszieht und über den Boden rollt. „Reconsider me“ findet sich noch heute auf allen fröhlichen Mixtapes, „Stormy Weather“ auf allen aufmun-ternden Mixtapes, „It's been hurting all the way with you Joanna“ auf allen traurigen Mixtapes. Es folgte 2005 „To die alone“ mit dem Hit „They're buil-ding walls around us“ (Yeah!) und dem vertonten Herzschmerz „Blow him back into my arms“, mit dem Rest des Albums fremdelte ich erst, gewann es dann aber nach einiger Zeit schon ziemlich lieb. 2007 erschien „Mount Pleasure“, und hier stieg ich aus: Ich weiß nicht,

warum, aber damit konnte ich rein gar nichts anfangen, bis heute habe ich kei-nen Zugang dazu finden können, auch, wenn ich es in regelmäßigen Abständen wieder versuche – seit nun immerhin 5 Jahren. Es folgte 2009 „Real Control“, welches wieder mehr in Richtung Indie-Rock-Schublade rutschte und mit Hits wie „Born under a bad sign“ und „Just another part of me that breaks down“ wieder einige Mixtapes befüllte. Nun ist 2012, Anders Wendin ist mittler-weile Ende 30 und hat gerade „This is where life is“ veröffentlicht. Ich gestehe, der erste Eindruck war ungut: Bluäh, wa-rum soviel Soulelemente, warum so viel von diesem, so wenig von jenem, warum überhaupt. Um es kurz zu sagen: Ich war mäkelig und beleidigt. Ich hatte Angst, ein neues „Mount Pleasure“ vor mir zu haben, ein Album, dass ich unbedingt

Page 36: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

36 Serendipity | 07 - 2012

mögen will, aber irgendwie doch nicht ins Herz schließe. Ein paar Tage später die Entwarnung: „This is where life is“ ist ganz anders als zunächst wahrge-nommen. Eigentlich geht es sogar bei genauerer Betrachtung viel mehr wie-der in Richtung „Blood Panic“ als es die anderen Werke taten. Eine Mischung aus 70s-Soul und Indie-Rock, eingän-gige Melodien, tanzbare Songs neben nachdenklichen Songs – eigentlich hat-te ich mir genau das gewünscht. Was da zunächst in mich gefahren war? Keine Ahnung: Some things take time. Und im Dezember schauen wir mal, ob Moneybrother noch immer nackt über die Bühne rollt:

08.12.12 Faust (Hannover) 09.12.12 Scheune (Dresden) 10.12.12 Ampere (München) 12.12.12 Arena (Wien, A) 13.12.12 Sankt Peter Kirche (Frankurt am Main) 14.12.12 Luxor (Köln) 15.12.12 Uebel & Gefaehrlich (Hamburg) 17.12.12 Postbahnhof am Ostbahnhof (Berlin) 18.12.12 Sputnik Halle (Münster) http://www.moneybrother.net/ http://www.facebook.com/OfficialMo-neybrother

Page 37: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

37 Serendipity | 07 - 2012

von Emily Meyer

Bernadette La Hengst - „Integrier mich, Baby“

Bernadette La Hengst wird als Mu-sikerin der Hamburger Schule gesehen, wurde in Bad Salzuflen

geboren, zog dann nach Berlin und kam 1988 in Hamburg an, wo sie 1990 mit Peta Devlin, Barbara Haß, Katja Böhm und Karen Dennig „Die Braut haut ins Auge“ gründete. Es folgten Arbeiten mit Huah!, Rocko Schamoni und den Mobylettes. Die Braut haut ins Auge lös-ten sich 2000 auf, 2002 veröffentlichte Bernadette La Hengst ihr erstes Soloal-bum „Der beste Augenblick in deinem Leben“. Bernadette La Hengst war 2003

Mitorganisatorin des Ladyfests, arbei-tete in Coachingprogrammen für Mäd-chenbands und hat eine Tochter namens Ella Mae, die 8 Jahre alt ist. Die Alben „La Beat“ und „Machinette“ folgten in 2005 und 2008, nun halte ich „Integrier mich, Baby“ in den Händen. „Integrier mich, Baby“ geht auf eine Inszenierung am Thalia Theater in Hamburg zurück, bei der Bernadette La Hengst mit Schülern aus Integrati-onskursen zusammen gearbeitet hat. Es geht um das Arbeiten mit sozialen

Page 38: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

38 Serendipity | 07 - 2012

Randgruppen und darum, wie die Ge-sellschaft mit ihnen umgeht. „Integrier mich, Baby“ ist in Zusammenarbeit mit Rocko Schamoni, GUZ, den Aeronau-ten und Peta Devlin erschienen. Inhaltlich ist also vorgegeben, was „Integrier mich, Baby“ zu bieten hat: Randgruppen, Schubladen, wie ord-nen wir uns selbst ein, wie ordnen uns andere ein, welche Einschränkungen bringt das jeweils mit sich, wie finden wir uns selbst und unseren Platz in ei-ner Welt und in wie weit spielt in diese Selbstfindung die Gesellschaft mit hi-nein? All diese Fragen behandelt Ber-nadette La Hengst in gewohnter Frau-en-Elektro-Pop-Marnier.

Zusammenfassend möchte ich Berna-dette La Hengst für diesen Ein- und An-satz loben, „Integrier mich, Baby“ regt in vielerlei Hinsicht zum Nachdenken an, liegt aber andererseits inhaltlich auch etwas schwerer im Magen, als man es von einer Elektro-Pop-Platte erwar-tet – aber auch so etwas braucht die Musikwelt und wir sind dankbar, dass es endlich mal jemand wagt, wirkliche Themen anzugehen ohne Angst vor zu viel Verkopfheit. Homepage: lahengst.com

©Christiane Stephan

Page 39: Serendipity Magazin Ausgabe 07 2012

Herausgegeben von Silvia Maraun und Carolin Pröger. www.serendipity-magazin.de