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P. b. b., GZ10Z038662M, Verlagspostamt 1140 Wien EINFACH . GUT . LEBEN 2 2 AUGUST 08/2011 EUR 3,90 in Stadt & Land & 08/2011 SONNENBLUMEN & HIMMELFAHRTSBUSCHEN & NÜTZLINGSHOTEL & CHILI & LAVENDEL-DEKO & PREBERSCHIESSEN Schwarzbeerboggerl Aus Omas Kochbuch Steirische Harmonie Der Meister der „Ziach“ Zu Gast am Grundlsee & Ein Sammlergarten im Hausruckviertel & Ein Bauernhof im Burgenland > Kostbare Schwammerl Das reine Vergnügen die schönsten seiten des sommers

Servus in Stadt & Land 08/2011

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Servus in Stadt & Land - Vorschau auf die Ausgabe 08/2011

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Schwarzbeerboggerl aus omas kochbuch

Steirische Harmonie der meister der „ziach“

Zu Gast am Grundlsee & Ein Sammlergarten im Hausruckviertel & Ein Bauernhof im Burgenland >

Kostbare Schwammerl

Das reine Vergnügen

die schönsten seiten des sommers

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12 Die freundlichste Blume der WeltLiebeserklärung an die Sonnenblume.

20 Die SchatzsucherIm Hausruckviertel erfüllten sich zwei Sammler ihren Gartentraum.

30 Ein Hotel für NützlingeEin feines Zuhause für Igel, Marien-käfer, Florfliege und Co.

34 Kleiner WildschützWir schnitzen einen Pfitschipfeil.

120 Scheue JägerAuf den Spuren der Luchse, die wie-der im Nationalpark Kalkalpen und im Mühlviertel herumstreifen.

Natur & Garten 42 Ganz schön scharf

Chilis sind die Dauerbrenner der ostösterreichischen Küche.

46 Jause einpackenKalte Küche für unterwegs.

54 Aus Omas Kochbuch

Steirisches Schwarzbeerboggerl. 56 Pikanterie im Glas

Jetzt ist es Zeit, Senf- und Salzgurken einzulegen.

58 Tief aus dem Walde …Für Sammler und Genießer: Rezepte mit den Schwammerln der Saison.

Küche 68 Ein Bild von einem Haus

Ein alter Hakenhof im Burgenland verwandelte sich zum Lebenszentrum einer Patchworkfamilie.

80 Schmückt, schmeckt, duftetWas man mit Lavendelblüten alles machen kann.

84 Ein Simperl aus KräuternKinderleicht: So bastelt man Körberln aus Pflanzen.

86 Zelt mit AussichtPraktisches und Schönes fürs Cam-pieren in der freien Natur.

Wohnen

August 2011Inhalt

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90 Knopf hoch!Vier Herren und eine Frau widmen sich mit Liebe zum Detail der kleins-ten Verschluss-Sache der Welt.

106 Der BienenkönigZu Gast am Irrsee: Imker Hans Rind-berger erklärt uns die wunderbare Welt der Bienen.

116 Harmonie auf KnopfdruckHermann Jamnik baut steirische Harmonikas in Handarbeit und frei von modischem Firlefanz.

128 Neulich am Grundlsee

Über viele wunderbare Menschen an einem herrlichen See – und einen Wurm namens Willi.

Land & Leute 18 Himmelfahrtsbuschen Ein naturwissenschaftlich-histori- scher Essay von Miriam Wiegele.

96 Von Fischen, Blattln und der Goldenen HexSeit 1834 pflegt man am Lungauer Prebersee einen Brauch, bei dem nur trifft, wer danebenschießt. Ein Phänomen, das selbst Physiker nicht enträtseln können.

150 Im Salzburger BauernbadlWas sich die Landbewohner einst ihrer Gesundheit zuliebe geleistet haben.

Brauchtum

5 Vorwort 8 Leserbriefe 10 Servus daheim 28 Schönes für draußen 36 Der Garten-Philosoph 38 Gartenpflege, Mondkalender 40 Natur-Apotheke: Frauenkräuter 64 Schönes für die Küche 78 Fundstück: alte Fensterflügel 88 Schönes für daheim 102 Michael Köhlmeier: Paracelsus & Luzifer 126 Servus im Bauernladen 140 Egyd Gstättner: Die Waldtaube 144 ServusTV: Sehenswertes im August 148 Feste, Märkte, Veranstaltungen 154 Impressum, Adressen, Ausblick

Standards

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Coverfoto: Luis Steinkellner, Location: www.lunz.at

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gartenbesuch

Servus-Besuch im oberösterreichischen Hausruckviertel: Hier erfüllen sich zwei ausgewachsene Sammlerseelen ihren Traum

von einem Garten – Freiluftschlafzimmer inklusive. TexT: brIgItte VaLLaZZa FoToS: PhILIP PLatZer

Die Schatzsucher

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enn es stimmt, dass ein Garten der Spiegel seines Besitzers ist, dann lernt man schon am Eingangstor zu diesem Para­dies zumindest einen Teil von Rosemarie Rebhan kennen. Hier lebt eine wahrhaftige Sammlerin.

„Ja, das bin ich“, sagt sie – und das ist deutlich zu sehen. Es gibt Fundstücke ohne Ende, einfach überall, in jedem Eck, liebe­voll arrangiert und ganz bewusst platziert. Das macht den Garten bunt, aufregend, ein­ladend. Hier regiert sichtbare Lebensfreude.

Was andere nicht mehr brauchen kön­nen, ist bei der 52­jährigen Oberösterrei­cherin gut aufgehoben. „Früher bin ich oft in die Container am Sperrmüllplatz gekro­chen. Weil mir das aber verboten wurde, spreche ich jetzt die Leute an, bevor sie ihre Sachen reinwerfen.“

Rosemarie hat augenscheinlich Spaß an ihrer Sammelwut, die sie nicht nur auf dem Sperrmüllplatz auslebt, wo sie vor­zugsweise alte Zinnsachen wie Gießkannen, Kübel oder Badewannen an sich nimmt. Die Fundstücke fliegen ihr förmlich zu – von Abrissen, Flohmärkten oder bei Reisen in andere Länder.

Rosemaries Credo: Wer genau schaut, findet überall einen Schatz.

Sie dekoriert, er deSignt

Mit dem Sammeln, Arrangieren und Deko­rieren hat sie längst auch ihren Lebens­ gefährten Peter Fischer angesteckt, und so ist der Autoanhänger des Paares eine In­vestition, die sich längst ausgezahlt hat.

Aber ja, die Hauptrolle spielen in diesem wunderbaren Garten in St. Marienkirchen an der Polsenz immer noch die Pflanzen. Es sind sehr viele und sehr verschiedene, denn das Sammeln hört nicht beim Gegenständli­chen auf. Auch da ergänzen sich Rosemarie und Peter gut. „Wir machen alles gemein­sam, den Einkauf, das Setzen und das Pfle­gen. Da sind wir uns immer einig“, sagt sie, und er nickt zustimmend.

Aber ein wenig Arbeitsteilung muss sein, und deshalb pflegt die Frau des Hauses mehr das Sammeln und Arrangieren von Altem, der Herr des Hauses mehr das Bauen und Designen von Neuem. So

W

Was für andere nicht mehr brauchbar erscheint, erwacht hier zu neuem Leben: Aus den Ästen eines rückschnitts wird ein Zaun, die alte Mist- gabel zur Heimat von selbstgeformten „Wald-geistern“, die von glockenblumen und der Busch-rose „William and Mary“ begleitet werden. ➻

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Im Gemüsegarten gleich beim Haus gedeiht in Hochbeeten alles, was gut schmeckt. Ein altes Heu­trockengestell dient als Rankgerüst für die Bohnen, um den Zaun laden Erdbeeren zum Naschen ein.

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kommt es, dass sich hier moderne Elemen-te wie farbenfrohe Kunststoffsofas oder ein mit Zierlauch bepflanztes Hochbeet aus ros-tendem Stahl mit den Reminiszenzen aus dem Reich der Tradition zu einem harmoni-schen Ganzen vereinen.

Für all das ist genug Platz. Schließlich ist das Paradies im oberösterreichischen Haus ruckviertel mit etwa 4.000 Quadrat-metern sehr weitläufig. Peter Fischer hat es vor 18 Jahren gemeinsam mit dem im Jahr 1915 erbauten „Häusl am Edlasberg“ gekauft. Das ehemalige „Sacherl“ wurde liebevoll revitalisiert, vieles umgebaut, mo-dernisiert und bewohnbar gemacht. Für erste Gestaltungen auf einem Teil der Grün-

fläche, wo nur ein paar Obst- und Nadel- bäume standen, wurde ein Gärtner beauf-tragt, gleich einmal einen Schwimmteich anzulegen und ein paar Pflanzen zu setzen. Aber ein richtig schöner Garten war das noch lange nicht. Außerdem hat sich die Natur auch vieles wieder zurückgeholt – wie die 120 englischen Parkrosen, die alle-samt von Mäusen gefressen wurden.

„2005 haben wir dann einen Dreijahres-plan gemacht, wie ein Garten nach unseren Vorstellungen aussehen sollte. Mit einem Gemüsegarten, kleinen Terrassen mit Son-nen- und Schattenplätzen, und natürlich sollte auch das ganze Jahr über etwas blü- hen. Und schließlich haben wir 15 Lkw-

Fuhren Erde und Sand verarbeitet sowie 24 Tonnen Steinplatten verlegt“, erzählt Peter vom Beginn des langen Weges zum Paradiesgarten, wie er sich heute präsen-tiert: mit sieben Terrassen, geschickt abge-grenzten Zonen und vielfältigem Bewuchs. Und dazwischen immer wieder Zierrat, der diesem Garten seinen eigenen Charakter verleiht.

Das Schild am Eingang erzählt bereits ei-niges über diesen Garten und vor allem vom Verhältnis zwischen den beiden Menschen und ihrem grünen Reich: „Spaß am Gar-teln, Zeit und Geduld sind die wichtigsten Zutaten für das grüne Paradies.“ Und schon im Vorgarten bekommt der Besucher ei- ➻

Der Schwimmteich und das Gartenhaus sind das Zentrum des vielfältigen Paradieses. Hier spielt sich im Sommer das Leben ab, hier brütet auch das Teichhuhn im Schilf seine Jungen aus.

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nen Geschmack auf das, was sich ihm nach und nach eröffnet: Da ist einmal der Kugel­ahorn in der Mitte, der – manierlich in run­der Form gehalten – vielen Vögeln eine Be­hausung bietet. Eine fünf Meter lange Bank aus Pappelholz lädt zum Ruhen vor einem mit Wein bewachsenen Zaun. Ein Pfingst­rosenbeet, ein weiteres Beet mit quader­förmig geschnittenem Buchs und Rosen.

Und natürlich erste Fundstücke: Ein schöner alter Fensterrahmen schmückt den Lattenzaun, dessen Spitzen vom Hausherrn in Form von Köpfen geschnitten wurden. „Diesen Figurenzaun haben uns in der Re­gion schon viele nachgemacht“, erzählt Peter mit ein bisschen Stolz in der Stimme.

Auf den ersten Blick etwas makaber mutet ein steinernes Grab mit einem alten hölzernen Betthaupt an, das zu einem ori­ginellen Beet für eine Clematis umfunktio­niert wurde.

Der Hortensienweg führt geradewegs in den Gemüsegarten mit einem kleinen Glas­haus für die Blumen­ und Gemüseaufzucht. Hier ist auch die „Außenküche“, ein gemau­erter Brotbackofen mit Schindeldeckung, der ideal zum Brot­ und Pizzabacken sowie zum Braten von Fleisch ist.

Der eigentliche Gemüsegarten besteht aus mehreren Hochbeeten und versam­melt alles, was gut verkochbar ist und gut schmeckt: Erbsen, Kohlrabi, Rettich, Zwie­

beln und Erdäpfel. Die Bohnen finden auf einem alten Heutrockengestell sicheren Halt. Und der Salat wächst hier so knackig heran, dass man ihn am liebsten gleich aus dem Beet essen möchte. Den Zaun um die Gemüseecke begleiten Stachel­ und Erd­beeren sowie Ribiseln.

An diesen Gartenteil schließt – getrennt durch einen Steingarten mit Phlox und an­ deren Polsterstauden – das ausgedehnte Tierreich an. Drei Laufenten und ein paar Hühner residieren hier auf etwa 1.000 Qua­dratmetern. „Sie werfen immer genug Eier für den Eigenbedarf ab“, sagt Rosemarie und hat auch schon wieder Nachschub gesichtet.

Im Schatten einer alten Eibe steht das offene Gar-tenhaus. Es ist eingerichtet wie eine Bauernstube: Geschirr, Töpfe, Regale, eine alte Waschrumpel und die Zinnwanne sind Eroberungen von Sam-meltouren zu Flohmärkten oder bei Bekannten.

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9„Dem Fröhlichen iSt jeDeS UnkraUt

eine BlUme, Dem BetrüBten

jeDe BlUme ein UnkraUt.“

9Fund- und Dekostücke zuhauf machen diesen Garten bunt und einladend. Das empfinden auch die Tiere so, die hier gern-gesehene Gäste sind. Im Schwimmteich regieren die Frösche, es gibt aber auch Laufenten, Hühner und einen Hasen.

Im hintersten Gartenteil hat Hausherr Peter ein kleines Stelzenhaus für die Enkel gebaut. Es ist als Kinderzimmer eingerichtet und mit einem „Wald der weißen Bäume“ umgeben, ebenfalls ein Werk von Peter.

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Hier ist auch das Heim eines Hasen, von dem nicht klar ist, ob er ein Männchen oder Weibchen ist, und deshalb einfach „Rambo-linchen“ genannt wird. Dazu kommen zuge-laufene Igel, Ringelnattern sowie ein Feld-hase. Und ein Teichhuhn bringt im Schilf des Biotops immer seine Jungen zur Welt.

Im Schatten einer alten Eibe direkt am Schwimmteich sind wir im Herz des Gar-tens: Zwei mit einem Dach verbundene offene Gartenhäuschen sind eingerichtet wie ein Wohnraum und werden im Sommer auch so genutzt.

In der gemütlichen Bauernstube mit Ess- platz wird gekocht und gegessen; sie hält alles bereit, was man dazu braucht: Regale

nehmen altes, traditionelles Geschirr auf, und vielerlei Nippes sorgen für eine ver-spielt-heimelige Atmosphäre. „Im Sommer spielt sich unser Leben mehr oder weniger in diesem Bereich ab. Und da halten wir auch unser Mittagsschläfchen“, sagt Rose- marie und zeigt auf die alte Ottomane im Freiluftschlafzimmer, das gemütlicher nicht sein könnte.

Der WalD Der Weissen Bäume

Gemütlichkeit ist eines der wichtigsten The-men in diesem grünen Paradies. Selbst für die Enkel steht im hintersten Gartenteil ein Kinderhaus auf Stelzen bereit. Umgeben ist dieses „Versteck“ mit dem „Wald der weißen

Bäume“, einem Werk von Hausherr Peter. Die abgestorbenen, weiß gestrichenen Bäu-me werden gern von den Vögeln des nahe-gelegenen Waldes angeflogen.

Auch wenn hier viel Zierrat und Fund-stücke angesammelt wurden und es nicht so aussieht, als würde damit irgendwann Schluss sein, vergessen die Gartenbesitzer niemals auf die Natur. Die Bienen haben ein Insektenhotel zum Überwintern be-kommen, und extra für die Schmetterlings-raupen werden die Brennnesseln nicht aus-gerissen. Schließlich sind hier alle Wesen herzlich willkommen.

Ebenso wie jede andere Form von Natur. „Für mich ist ein Unkraut eine Blume. Und

rosemarie rebhan und Peter Fischer am Teich (oben): sie liebt das sammeln und arrangieren von altem, er setzt gern moderne akzente. und so entstehen etwa mit überdimensionalen Kunststofftöpfen interessante gestalterische Kontraste.

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Schaugarten: Rosemarie Rebhan und Peter Fischer, Klause 18, 4076 St. Marienkirchen an der Polsenz, Tel.: 0664/181 34 13

deshalb darf es auch stehen bleiben. Selbst wenn dann nicht alles so ordentlich aus-sieht“, sagt Rosemarie.

Selbstverständlich hat sie zur Unter- mauerung dieser Gartenphilosophie ein passendes Schild aufgetrieben: „Dem Fröh-lichen ist jedes Unkraut eine Blume, dem Betrübten jede Blume ein Unkraut“. „Viele meiner Freunde und Bekannten verstehen das nicht, aber ich sage immer: Das ist eben die Rosemarie!“ 3

Im Vorgarten ziert eine alte Holztür den sogenannten „Figurenzaun“, den Haus-herr Peter gebaut hat. Sie ist ein Unikat, aufgetrieben während einer Radtour um Aschach.

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Kalte Küche

Am Wasserfall

Kalter Braten, einmal anders: nämlich – der Um­gebung angepasst – vom Wildschwein. Dazu auf­striche nach alten Rezepten: der erdäpfelkas aus dem hausruckviertel, ein Fleischaufstrich aus dem traisental (übrigens auch eine ideale Restl­verwertung!) oder ein Quargelaufstrich aus dem nördlichen Niederösterreich. es darf schon ein biss­chen deftig sein, wenn man Kraft fürs Weiterwan­dern tanken will. übrigens: auch die eingelegten Gurken können Sie selber machen (siehe Seite 56).

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Jause einpacken! Wenn einer eine Reise tut, dann will er was genießen. Wir haben

für Sie den Rucksack gepackt: Deftiges für fleißige Wandersleut und Luftig-Leichtes für heiße Sommertage in der Natur.

Redaktion: andreas oberndorfer Fotos: eisenhut & Mayer gekocht von: alexander rieder

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Am Waldwegerl

Alles selbstgemacht: Das Gemüse für den bunten Salat stammt aus dem eigenen Garten, der Leber-käse aus dem Backofen – und der war gar nicht so schwierig! Wer einmal selbstgemachten Leberkäs (unserer entstand nach einem Vorarlberger Re-zept) gegessen hat, wird keinen gekauften mehr wollen. Dazu würziges Bauernbrot, Senf und Most.

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Am Teich

Wieso der Hund so friedlich-desinteressiert wirkt? Weil er kein Vegetarier ist. Dieser Nudelsalat kommt nämlich ganz ohne Wurst, Fleisch oder sonstige für Hunde interessante Zutaten aus. Ein wunderbarer Imbiss für alle, die sich keine großen Umstände machen und einen leichten Leckerbissen am Teichufer genießen wollen.

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Auf der Wiese

Eine Jause für Hungrige, mit drei vollständigen Gängen: feine Wildwürste und Schinken zur Vor-speise, ein gebackener Hendlhaxen mit einem unge-wöhnlichen Erdäpfelsalat als Hauptgang, Weichsel-schnitten aus der Semmeringer Gegend, deren Rezept noch aus der Monarchie stammt, dazu fri-sches Obst, Käse und ein Schluckerl guten Rotwein.

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Zutaten für 4 Personen:1 kg Wildschweinrücken vom frischlingsalz, Pfeffer 2 Zwiebeln, 1 Petersilienwurzel100 g Knollensellerie2 eL Öl, 200 ml rotwein5 Wacholderbeeren, 1 tL Pfefferkörner

Zubereitung

Am Tag vorm Ausflug Fleisch mit kaltem 1.

Wasser abspülen und trocken tupfen. Mit Salz und gemahlenem Pfeffer einreiben. Geschälte Zwiebel und geputzte Petersili-2.

enwurzel kleinwürfelig schneiden. Bräter erhitzen, Öl zugeben und heiß wer-3.

den lassen. Fleisch darin auf allen Seiten kurz und kräftig anbraten. Zwiebel und Gemüse zugeben, gut anrösten. Mit Rot-wein ablöschen und kurz aufwallen las-sen. Wacholderbeeren und Pfefferkörner leicht andrücken und in den Bräter geben. Im vorgeheizten Backrohr bei 200 °C 4.

etwa 40 Minuten braten. Dabei immer wieder mit dem eigenen Saft übergießen. Die Hälfte des Bratens am Abend mit 5.

Erdäpfelknödeln und Rotkraut servieren. Die andere Hälfte in Alufolie wickeln und über Nacht kühl rasten lassen. Am Ausflugstag in dünne Scheiben 6.

schneiden und in Folie einpacken.

AufstricheZutaten für je 500 g:Hausrucker Erdäpfelkas4 mehlige erdäpfel, gedämpft und geschält1 mittlere Zwiebel, fein gehackt1 eL weiche butter, salz, Pfeffer, Kümmel4 eL sauerrahm

Zubereitung

Ausgekühlte Erdäpfel passieren. Mit 1.

Zwiebel und Butter vermischen. Mit Salz, Pfeffer und Kümmel würzen.2.

Nach und nach Sauerrahm zugeben und 3.

zu einer streichfähigen Masse verrühren.

Traisentaler Fleischaufstrich200 g braten- oder Wurstreste200 g mehlige erdäpfel, gekocht und geschält100 g topfen (20 %), 1 hartgekochtes eije 1 tL estragonsenf und kleingehackte Kapern50 g reibkäse, 1 mittlere Zwiebel, fein geriebensalz, Pfeffer, edelsüßes Paprikapulver

Zubereitung

1. Fleisch/Wurst und Erdäpfel faschieren. Hartgekochtes Ei mit einer Gabel fein zerdrücken.

2. Topfen, Senf, Kapern, Käse und Zwiebel unterrühren und die ganze Masse gut vermengen.

3. Mit Salz, Pfeffer und Paprikapulver ab-schmecken.

Waldviertler Quargelaufstrich 2 rollen Quargel140 g butter, 50 g topfen Kümmel, edelsüßes Paprikapulver salz, Pfeffer

Zubereitung

Zutaten auf Raumtemperatur bringen, zer-drücken, durchmischen, zu cremiger Masse verrühren, mit Gewürzen abschmecken.

Gsiberger LeberkäsZutaten für einen KLeinen LeberKäse:650 g geputzte Kalbsleber250 g frühstücksspeck ohne schwarte2 kleine altbackene semmelnMilch zum einweichen, 1 mittlere Zwiebel1 eL butterschmalz, 2 kl. eier, salz, Pfeffer150 g hauchdünn geschnittener selchspeck

Zubereitung

1. Leber und Speck in grobe Würfel schnei-den. Semmeln in Milch einweichen und gut ausdrücken.

2. Zwiebel grob hacken und in Butter-schmalz hellgelb anlaufen lassen.

3. Alles mit den Eiern vermischen, mit Salz und Pfeffer würzen. Mehrmals durch den

Fleischwolf drehen bzw. in der Küchen-maschine fein faschieren.

4. Eine feuerfeste Auflaufform mit den dün-nen Speckscheiben auslegen. Die Masse einfüllen und oben mit Speckscheiben bedecken.

5. Im Ofen bei 180 °C etwa 50 Minuten lang backen. Dann abkühlen lassen.

Bunter GartengemüsesalatZutaten für 4 Personen:1 salatgurke, 2 Karotten, 2 Paradeiser 2 gelbe Paprika, 2 LauchzwiebelnFür die Marinade:6 eL gutes Pflanzenöl, 4 eL apfelessigsalz, Pfeffer, 3 KnoblauchzehenÖl zum frittieren, Petersilie für die garnitur

Zubereitung

Gurke schälen, halbieren und entkernen. 1.

In Rauten schneiden, einsalzen und 30 Minuten ziehen lassen. Dann abspü-len und mit Küchenpapier abtrocknen. Geschälte Karotten in dünne Scheiben 2.

schneiden. In kochendem Wasser 30 Sekunden blanchieren. Abschrecken, abtropfen lassen. Paradeiser achteln, Paprika entkernen 3.

und in Streifen schneiden. Zwiebel schä-len und in sehr dünne Ringe schneiden. Gemüse mit der gut verrührten Marinade 4.

vermischen und abschmecken. In einem Sieb kurz abtropfen lassen. Die Knoblauchzehen in dünne Scheib-5.

chen schneiden. In einer Pfanne Öl erhitzen, Knoblauch goldgelb frittieren. Auf Küchenpapier abtropfen lassen. In ein Papierstanitzel oder eine Serviette einschlagen, damit das Fett weiter ab- sorbiert werden kann, und erst unmittel-bar vor dem Verzehr mit der gehackten Petersilie (kommt in einem kleinen Plas-tikgeschirr mit) über den Salat geben.

Kalter Wildschweinbraten

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Servus 53

Fenchel putzen, den Strunk entfernen, 3.

halbieren und in dünne Streifen schnei-den. In einer Pfanne 1 EL Olivenöl er-hitzen, Fenchel darin unter ständigem Rühren braten. Bohnen mit kaltem Wasser abspülen und 4.

im Sieb abtropfen lassen. Blauschimmel-käse in kleine Stücke teilen. Knoblauch schälen und fein hacken. Das restliche Olivenöl mit Essig und 5.

Knoblauch verrühren, mit Salz und Pfef-fer würzen. Erdäpfel, Bohnen und Fenchel mischen, 6.

mit Essig und Öl marinieren.

Semmeringer WeichselschnittenZutaten für 1 BackBlech:150 g Staubzucker4 eidotter200 g Butter1/2 Pkg. Backpulveretwas abgeriebene Zitronenschale1 Pkg. Vanillezucker4 eiklar200 g Mehl 1/2 kg entsteinte Weichseln

ZuBereitung

Staubzucker mit Eidotter und Butter 1.

schaumig rühren. Dann Backpulver, Zitronenschale und Vanillezucker unterrühren. Eiklar zu einem festen Schnee schlagen. 2.

Abwechselnd Mehl und Schnee in klei-nen Portionen sehr vorsichtig unter die Eidotter-Zucker-Masse rühren. Ein Blech mit Backpapier auslegen und 3.

die Masse aufstreichen. Dann die Weich-seln darauf verteilen. Bei 200 °C etwa 40 Minuten lang backen. 4.

Im abgedrehten Rohr noch 10 Minuten rasten lassen, damit der Teig nicht zu-sammenfällt.

Zutaten für 4 PerSonen:500 g Spiralnudeln250 ml Joghurtkleine tube Mayonnaise (25 %)1 Dose erbsen2 rote Paprika, in Streifen geschnitten250 g Salatgurke, entkernt und gewürfelt50 ml orangensaftSaft von 1 Zitrone Salz, Pfeffer

ZuBereitung

1. Nudeln kochen, abschrecken und bei-seite stellen.

2. Mayonnaise mit Joghurt und Orangen-saft verrühren.

3. Erbsen abtropfen lassen. Mit Paprika-streifen und Gurkenwürfeln in die Sauce rühren, Zitronensaft dazugeben. Pfeffer darübermahlen, nochmals verrühren.

4. Die Nudeln nach und nach einmischen. Falls die Konsistenz zu trocken wird, mit Joghurt und Orangensaft verdünnen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Steirische PoulardenkeulenZutaten für 4 PerSonen:4 keulen von der steirischen Poularde ohne hautSalz, Pfeffer250 g Mehl2 versprudelte eier250 g BröselPflanzenöl zum herausbacken

ZuBereitung

Die Hendlhaxen salzen und pfeffern. In 1.

Mehl wenden, durch die Eier ziehen und mit Bröseln fertig panieren. Zweifingerhoch Pflanzenöl in einer 2.

Pfanne stark erhitzen. Die panierten Hendlhaxen einlegen und die Hitze redu-zieren. Die Keulen etwa 10 Minuten lang goldbraun herausbacken, dabei öfter wenden. (Achtung: Sollten keine Blasen mehr vom Fleisch aufsteigen, muss die Hitze gesteigert werden.) Poulardenkeulen herausnehmen und 3.

auf Küchenpapier abtropfen lassen. Zum Mitnehmen in frisches Küchenpapier und Alufolie wickeln.

Erdäpfel-Bohnen- FenchelsalatZutaten für 4 PerSonen:500 g kleine, speckige, heurige erdäpfel 8 el olivenöl, Salz, Pfeffer, 5 Zweige thymian1 fenchelknolle1 el Zucker1 Dose große weiße Bohnen 70 g Blauschimmelkäse1 knoblauchzehe, 4 el hesperidenessig

ZuBereitung

Backofen auf 220 °C vorheizen. 1.

Erdäpfel mit Schale gründlich abspü-2.

len, abtrocknen und halbieren. Auf ein Backblech legen und mit etwas Olivenöl bestreichen. Mit Salz, Pfeffer und abge-rebelten Thymianblättchen würzen. Im Ofen etwa 25 Minuten lang backen.

ServustV-tipp: Wohl bekomm’s – Kulinarische Ausflüge ins Waldviertel, 2. August, 19.45 Uhr.

Vegetarischer Nudelsalat

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68 Servus

hausbesuch

Rechte seite: Die für das burgen­land typischen arkadenbögen im Innenhof kamen erst bei der letz­ten Renovierung zum Vorschein. Diese seite: Vom arkadengang kommt man direkt in die Küche. Das alte backrohr in der Wand dient heute als Kastel, der ehe­malige Lehmboden wurde mit alten bodenfliesen ausgelegt.

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Servus 69

Im tiefsten Burgenland entdeckte Roswita Königswieser vor mehr als drei-ßig Jahren einen alten Hakenhof. Seither haben sich Haus und Hof sichtbar

verändert. Und blieben dabei, wie die Besitzer, immer authentisch.TexT: Uschi Korda FoToS: harald EisEnbErgEr

Ein Bild von einem Haus

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70 Servus

Der ehemalige Stadel ist heute ein loftartiger Wohnraum mit einem großen Esstisch, an dem die gesamte Patchworkfamilie Platz hat. Das Holz für das offene Feuer wird direkt neben dem Kamin gelagert.

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Servus 71

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S pitzzicken? Geben Sie das einmal in Ihr Navi ein. Nichts. Auch Google Maps gibt sich verschwiegen. Dabei hat das kleine burgenländische Dorf hinter den sieben Ber- gen, knapp an der ungarischen Grenze, gar nichts Geheimnisvolles an sich. Es gibt ein mächtiges Lagerhaus, es gibt eine Durch- zugsstraße, es gibt bunte Einfamilienhäu-ser, so, wie sie in den letzten 20 Jahren gern in Österreichs östlichstem Bundesland hingestellt wurden. Das einzig Märchen-hafte befindet sich gleich am Ortseingang hinter einem leuchtend satten Streifen voller Lavendel: ein alter Hakenhof, der so ursprünglich dasteht, als hätte er schon 100 Jahre und mehr auf dem Buckel. Was ir-gendwie stimmt, irgendwie aber auch nicht.

Nasse wäNde, eiN stall uNd eiN stadel

„Dieses Haus“, sagt Roswita Königswieser, „ist wie ein sich bewegendes Bild. Es hat sich dauernd verändert, ist dabei aber immer authentisch geblieben.“ Es war 1978, als die Wienerin auf der Suche nach einem Garten-haus über den kleinen Hof stolperte. Anfang des 20. Jahrhunderts einmal abgebrannt und wieder aufgebaut, war er auch Jahrzehnte später nicht gerade das, was man sich unter einem idyllischen Zweitwohnsitz vorstellen darf. Der Wohnbereich bestand aus drei klei-nen Räumen, die schweren 1950er-Jahre-Charme verströmten, unter dickem Lino- leum kamen nasse Mauern zum Vorschein.

In L-Form direkt daran angebaut war ein kleiner Stall, in dem kurz davor noch ein Pferd, eine Kuh und ein paar Hühner Unter-schlupf fanden. Daran wiederum schloss ein riesiger Holzstadel an, mit dem man wohn-mäßig nicht viel anfangen konnte. Und in der Mitte des Hofes stand ein Plumpsklo. Dieses musste ziemlich bald einem Nuss-baum weichen, der dort prächtig gedieh.

die dameN fühlteN sich wohl

Mithilfe von Freunden, den beiden Söhnen und der Tochter wurde zunächst einmal der Wohnbereich so adaptiert, dass man gemüt-liche Wochenenden und die Sommerferien dort verbringen konnte. Das gelang so gut, dass die beiden Schwestern des verstorbenen Vorbesitzers oft stundenlang im Innenhof saßen, dort einfach nur wie selbstverständ-lich anwesend waren, so lange sie lebten.

Ansonsten passierte baulich einmal lan- ge Zeit nichts. Roswita Königswieser absol-vierte in der Rekordzeit von vier Jahren ➻

die sammelleidenschaft der Besitzerin ist weitum bekannt. wer geflochtene Körbe, alte Reisigbesen oder Kerzenleuchter los-werden will, kommt hier vor- bei. foto oben: Kuschelige sitzecken findet man im ganzen haus – hier mit freiem Blick in den Garten.

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Die Balken des alten Dachstuhls wurden ins Konzept integriert. Bei den Farben für die Ein-richtung wählte man sanfte Naturtöne. Und das Bild mit der schlummernden Katze schaut verblüffend echt aus. Rechte Seite oben: Der alte Holzkasten war ein Glücksfall, weil er nur 1,55 Meter hoch ist. Die schlichte antike Truhe (rechts ganz hinten) hat Roswita Königswieser von ihrem ersten verdienten Geld erstanden.

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xx Die Wände seines Arbeitszimmers hat

Reinhard Steger mit alten Familienerb­stücken dekoriert. Den hölzernen Schlitten, der als Zeitschriftenablage fungiert, hat allerdings seine Frau beigesteuert.

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Die beiden Messingleuchten hat Roswita Königs-wieser vor ewigen Zeiten einem Theater abgekauft. So wie alle Stühle, die sie zuhauf gesammelt hat, wurde auch dieser hier neu geflochten.

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ein Doppelstudium – Sozialwissenschaften/Tiefenpsychologie und Kunstgeschichte –, baute in Wien eine Unternehmensbera-tungsfirma auf und zog ihre Kinder allein groß.

Man darf annehmen, dass Frau Königs-wieser großes Organisationstalent und Durchsetzungskraft besitzt. Nicht dass sie in ihrem burgenländischen Refugium der Einfachheit halber den alten Obstgarten schleifte, weil sie eh genug um die Ohren gehabt hätte. Nein, sie stand auch noch jedes Jahr mit hunderten Kilo Äpfel, Birnen und Zwetschken da, die sie allesamt zu Saft presste, einkochte oder einlegte. „Ich musste alles allein schaffen“, sagt Roswita Königswieser, „und ich wollte es auch!“

Das geheimnis eines schönen gartens

Das änderte sich erst, als sie Ende der 1980er- Jahre ihren zweiten Ehemann, den Salzbur- ger Rechtsanwalt Reinhard Steger, traf. Ne-ben allem anderen, was man für eine glück- liche Zweisamkeit so braucht, teilten die beiden vor allem eine Leidenschaft: die Gar-tengestaltung. Und dafür war das kleine An-wesen im Burgenland die ideale Spielwiese.

Man kaufte hinterm Haus noch ein biss-chen Ackerland und legte nach britischen Vorbildern ein prächtiges Pflanzenreich an. Richtige Räume unter freiem Himmel, für jede Lust und Laune einen eigenen Winkel und egal, wo man steht, immer mit einer spannenden Perspektive. „Das Geheimnis ist“, sagt Frau Königswieser, „dass man nie alles mit einem Blick erfassen kann.“

alte Ziegel, balken unD Pflastersteine Eines Tages sei man dagestanden, so die Hausherrin, und der Garten sei schöner als das Haus gewesen. Hier kommt jetzt Sohn Rupert ins Spiel, der beim ersten Umbau mit Muskelkraft beteiligt war, mittlerweile als Architekt (www.raum-werk-stadt.at) auch das nötige Wissen einbringen konnte. Gemeinsam mit seinem Stiefvater plante er eine Renovierung, bei der unterm Dach Zimmer errichtet sowie der alte Stadel sei-ner Funktion als Rumpelkammer enthoben und als Wohnraum integriert wurde. Das alles mit alten Materialien, die in ganz Österreich zusammengetragen wurden. So holte man sich zum Beispiel die Dachziegel, die in burgenländischer Tradition mit Fle-dermausgaupen verlegt wurden, von einem Schloss in Baden. Die Kaminhaube stammt von einem alten Bauernhaus aus der Ge-gend, im Stadel wurden alte Wiener Dach-bodenziegel für die Wände benutzt.

In dem riesigen neuen Raum wollte man eigentlich alle Schlafräume für die in- ➻

hier stand zunächst nur die bauerntruhe, ein geschenk einer freundin. auf einem flohmarkt fand die hausherrin den teppich mit den pas-senden farben. sowohl die Wanne als auch der herd machen zwar auf alt, sind aber neu (u.).

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Die orange blühende Trompetenwinde war 1978 die erste Pflanze im Hakenhof. Der massive Steintisch (li.) hinter dem Rosen bogen stand früher im Alpengarten des Belve dere. Das Biotop (rechte Seite) ist noch relativ jung.

Der Lavendel vorm Haus sei ära-risch, sagt Anwalt Reinhold Steger (re. mit seiner Frau Roswita). Heißt: Er darf ihn auf dem Grundstück vorm Haus, das dem Land Burgenland gehört, anpflanzen und pflegen.

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zwischen auf sechs erwachsene Kinder plus acht Enkelkinder angewachsene Patchwork- familie unterbringen. Eine komplette Wär- meisolierung wäre allerdings nahezu uner-schwinglich gewesen. Also ist es heute ein Esswohnraum mit loftartiger Anmutung und einem gemütlichen Kaminplatz.

Eine Glasfront, die man im Sommer kom-plett aufmachen kann, öffnet den Blick in den Hof, der mit alten Wiener Pflasterstei-nen verlegt ist. Hier nicht mehr zu sehen: das einzige Umbau-Opfer, der alte Nussbaum, an dessen Stelle jetzt ein Kirschbaum wächst.

Wie ein HaftelmacHer …

Dafür kamen plötzlich die alten Arkaden-bögen zum Vorschein, die in grauer Vorzeit einmal rechteckig verschalt wurden. Bei de-ren Restaurierung stand übrigens Reinhard Steger wie ein Haftelmacher neben den Handwerkern, damit freihändig verputzt und nicht zu glatt verspachtelt wurde.

Im alten Wohnhaus wurde der Original- dachstuhl optisch ins Gesamtkonzept inte-griert. Hier entstanden drei Schlaf- und ein Kinderzimmer, ein Bad sowie ein Arbeits-zimmer für Reinhard Steger.

Im Haus geht es einem übrigens so wie im Garten: Man weiß nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Für das Interieur ist Ros-wita Königswieser zuständig, die seit ihrer Jugend passionierte Sammlerin alter Stücke ist. Eines erlesener als das andere, weil sie im Lauf der Jahre einen Blick dafür ent- wickelt hat, was etwas wert ist und was nicht. Alte Türen, Sessel, Lampen, Tische und Truhen hat sie zusammengetragen, ohne eine Bestimmung dafür zu wissen. Sie alle haben jetzt ihren Platz gefunden und fügen sich ins Ambiente, als wären sie ge-nau dafür gemacht worden.

Wobei Roswita Königswieser geschmack-voll auch Neues daruntermischt. So steht in

ihrem Schlafzimmer eine uralte, schlichte Truhe mit Holznägeln im Angesicht einer kleinen Kommode anno 2010 im Shabby Chic. Und weil einmal Sammlerin, immer Sammlerin, findet sie immer wieder etwas, das irgendwo dazupasst. Wie etwa für das kleine Wohnzimmer im Erdgeschoß einen alten Teppich in genau den gleichen Farben wie die antike Bauerntruhe, die ihr eine Freundin geschenkt hat.

Im selben Raum hängt auch ein Aquarell mit dem Haus ihrer Großmutter. Dort, im niederösterreichischen Gaweinstal, habe sie die glücklichste Zeit ihrer Kindheit ver-bracht, sagt Roswita Königswieser. Ein Bild in zarten Farben, wie sie sich durch den gan-zen Hakenhof ziehen. Und mit einem Haus, das erstaunliche Parallelen zu dem zeigt, in dem wir gerade in Spitzzicken stehen. Ob-wohl oder gerade weil es sich im Laufe der Jahre immer wieder verändert und bewegt hat und so schön langsam zum Lebensmit-telpunkt einer Familie geworden ist. 3

9All die Alten

fundStücke fügen Sich inS Ambiente,

AlS wären Sie genAu dAfür gemAcht

worden. 9

Buchtipp: „Das große Wohnbuch: 1000 Ideen für ein schöneres Zuhause“ von Caro-line Clifton-Mogg u. a., Callwey, 29,95 Euro.

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mensch & natur

Seit einem halben Jahrhundert lebt Bio-Imker Hans Rindberger mit, von und vor allem für Bienen. 200 Völker hat er am Irrsee. Und für jeden Stock

hat er ein ganz besonderes Platzerl ausgesucht – mit der Wünschelrute.TexT: Daniela schuster FoTos: michael reiDinger

Der Bienenkönig

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Hans Rindberger bei der Ar-beit. Den Imkeranzug trägt er nur selten: „Bienen sind übrigens gar nicht so fleißig. Ich würde eher von intelli-genter Faulheit sprechen …“ Linke Seite: eine unverde-ckelte Wabe. Die dunkel abgesetzten Flächen wur- den bereits bebrütet.

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as Summen im Lavendelstrauch hinterm Haus ist fast ohrenbetäubend – falls man ein Summen überhaupt so nennen darf. „Ja, heute sind sie ein wenig unruhig“, sagt Hans Rindberger. Und das Lächeln, das in seiner Stimme mitklingt, ähnelt jenem von stolzen Hundehaltern, wenn sie Gäste am Gartentor mit einem „Der will doch nur spielen“ begrü­ßen. Nein, Angst muss man nicht haben, gibt es einem zu verstehen. Aber natürlich sollte man sich den 25 hölzernen Bienenstöcken rund um sein Haus in Zell am Moos respekt­voll nähern. Schließlich kann der Hans seine Tiere ja nicht mit einem „Sitz“ oder „Platz“ zur Ordnung rufen, wenn sie das tun, was ihre Natur ist: Vorrat und Brut zu schützen, sobald jemand dem Nest zu nahe kommt.

Noch dazu sind Bienen und Brut mo­mentan sehr hungrig. Während der kühlen Regentage Anfang Juli sind die Arbeiterin­nen – 60.000 tummeln sich allein in einem Stock – selten ausgeflogen. „Der Topos von der fleißigen Biene stimmt so nämlich nicht ganz“, erklärt der Hans. Sicher, im Sommer ist eine Biene, die täglich bis zu 18.000 Blü­ten befliegt und bestäubt, nach zwei Mo­naten abgearbeitet und stirbt. „Doch muss man eher von intelligenter Faulheit spre­chen. Die Tiere sind nur dann unterwegs, wenn es draußen etwas zu holen gibt. Sonst warten sie im Stock auf bessere Zeiten und sparen Energie.“

Von Angesicht zu Angesicht

Bessere Zeiten, das weiß der Imker, werden heuer wohl nicht mehr kommen. Die ersten Sonnenstrahlen nach der sommerlichen Kälteperiode haben die Völker zwar wieder mobilisiert, doch sie kommen nur noch mit wenig Nektar zurück. Denn auch wenn die rund 200 Völker vom Hans das Glück ha­ben, in der Bioheu­Region Mondseeland zu leben, die von Intensiv agrarwirtschaft bis­lang verschont blieb, ist der Tisch im Hoch­sommer nicht mehr so blütenreich gedeckt. „Die Bienen sind jetzt quasi auf Diät – und ergo nicht bester Laune.“

Selbst der Smoker, mit dem der 63­Jäh­rige sanft etwas Rauch über die Rahmen mit den Waben bläst, bevor er eine aus dem obersten Magazinkasten des Stockes holt, be­sänftigt die Tiere heute kaum. „Es wird wohl Zeit, dass ich sie langsam für den Winter fer­tigmache.“ Normalerweise macht der Rauch die Bienen glauben, dass es brenne, sagt

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Wunderbare Welt der Bienen

• Der Tagesablauf der Bienen ist dem der Menschen sehr ähnlich: 8 stunden schlaf, 8 stunden stockpflege, 8 stunden auf Flug.

• Eine Biene legt in ihrem Leben 8.000 Flugkilometer zurück, bestäubt täglich bis zu 18.000 Blüten und stirbt nach etwa sechs Wochen an „Überarbeitung“.

• Ein Kilo honig ist die Lebensarbeit von 400 Bienen, die dafür 1,5 Millionen Blüten besuchen müssen.

• Ein Bienenvolk benötigt als Eigenbedarf im Jahr ungefähr 50 bis 60 Kilo honig.

• Vom Ei bis zur fertigen Biene dauert es 21 Tage, bis zur Drohne 24 und bis zur Königin 16 Tage. Aus befruchteten Eiern schlüpfen weibliche Bienen, aus unbefruchteten männliche Drohnen. Jedes befruchtete ei und jede noch nicht drei Tage alte Arbeite-rinnenlarve kann Königin werden. Eine Bienenlarve bekommt 2.000 Pflegebesuche.

• Drohnen sind für die Begattung wichtig, obwohl sie selbst keinen Vater haben, da sie aus unbefruchteten Eiern hervorgehen. Sie sterben nach der Begattung der Königin.

• Honig hemmt Entzündungen, stärkt das herz, wirkt verdauungs- und schlaffördernd.

• Ein Bienenvolk, das im Sommer etwa 60.000 Arbeitsbienen, mehrere hundert Drohnen und eine Königin hat, erzeugt pro Jahr ca. 500 g Wachs. Ca. 1,25 Millionen Wachsschüppchen sind erforderlich, um 1 kg Wabenbau zu bewerkstelligen.

• Bienen sind zahlenmäßig die haustiere nummer eins. Über 52 Millionen Bienen-stöcke weltweit beherbergen über drei Billionen Bienen.

• Bienen werden auch als Bakterienbekämpfer eingesetzt. In Obstplantagen tritt oft der „Feuerbrand“ auf. Bienen, die Blüten erkrankter obstbäume ansteuern, werden beim Verlassen der Stöcke mit einem Gegenmittel (Erwinia herbicola) eingenebelt und bringen es zu den Blüten.

• Es gibt ca. 30.000 bis 40.000 Bienenarten. Nur wenige leben – wie unsere Honig-biene – in Völkern, die meisten sind einzelgänger.

• Bienen sind die ältesten süßstofflieferanten der Menschheit. Davon zeugen fast 8.000 Jahre alte Abbildungen von Honigwaben in einem Tempel in Anatolien/Türkei.

Quelle: Lungauer Bienenlehrpfad Göriach

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Mit dem Smoker gaukelt der Imker den Bienen vor, dass es brenne (Foto linke Seite). Dann verhalten sie sich ruhig, und er kann die Waben aus dem Magazin nehmen, um den Honig zu ernten. Oder sich einfach vergewissern, ob es Bienen und Brut auch gutgeht.

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der Hans. „Dann stellen sie sich ruhig.“ So ruhig, dass er sich nur bei der Honigernte einen Imkeranzug überzieht oder ein Netz vors Gesicht hängt. Unterm Jahr begegnet er seinen Bienen lieber „von Angesicht zu Angesicht“. Was mit den Jahren zunehmend „ungefährlicher“ geworden ist. Denn sein dunkles Haupt- und Barthaar – dessen an das Fell von Honig- und Puppen räubern er-innernde Farbe die Hautflügler zur Verteidi-gung übergehen lässt, wie das seit Urzeiten in ihren Genen verankert ist – ist ergraut und überhaupt weniger geworden. „Gestochen werde ich nur noch selten. Man sammelt halt Erfahrung. Aber immun wird man nicht. Je-der Stich tut genauso weh wie der erste.“

Das ist aber nicht der Grund, weshalb sich der Hans vergleichsweise selten an den Käs-ten zu schaffen macht. Als Bio-Imker gehört es zu seiner Philosophie, nicht zu viel in das Tun der Insekten einzugreifen: „Die besten Bienen sind die, die man in Ruhe lässt. Weil sie von selbst eh alles richtig machen.“

Die Flügel Der Königin

Absperrgitter, wie sie Imker alter Schule gern verwenden, damit ja keine Brut in die Honigwaben gelegt wird und der Ertrag ein wenig höher ausfällt, kommen ihm nicht ins Haus: „Man kann Bienen doch nicht ein-sperren wie Kühe. Bei uns bleibt die Wabe mit der Brut im Stock. Ab Mitte Juli ist sie dann eh geschlüpft.“ Die Ausbeute gibt ihm recht: Denn mit 20 bis 30 Kilo Blüten- und Waldhonig pro Stock erntet er von Mai bis Juni nicht weniger als die Gitter-Vertreter.

Die Bio-Imkerei, wie sie der Hans und ein Prozent seiner Kollegen betreiben, gilt als die hohe Schule der Bienenwirtschaft. Der Königin etwa dürfen die Flügel nicht beschnitten werden, die man sonst stutzt, um einem Schwarmverlust vorzubeugen. Der Honig wird nur in Edelstahl und Glas gelagert, die Bienen werden in Holzmaga-zinen gehalten.

Zugefüttert wird nur Biozucker. Und vor allem muss das Betriebswachs in den Rahmen ausgetauscht werden, damit es rückstandsfrei ist von Medikamenten, die in Nichtbiobetrieben zur Bekämpfung der Varroamilbe eingesetzt werden – eines ag-gressiven Brutparasiten, der ganze Völker binnen weniger Wochen vernichten kann. „Letzteres ist ein großer Aufwand, der bis-lang viele Imker von einer Umstellung auf bio abhält“, sagt Rindberger. „Viele hatten lange Zeit Angst, dass sie sich dadurch die Schädlinge geradezu heranzüchten.“

Er jedoch kann das Gegenteil berichten. In den rund 200 Stöcken, die er bewirtschaf-tet, hat er die Varroamilbe mit natürli- ➻

9„Bei mir giBt’S keine

gitter. man kann Bienen doch nicht einSperren wie

kühe“, Sagt der hanS. 9

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Zu Studienzwecken hält Hans Rindberger auch ein paar Wildbienenvölker, die er ganz sich selbst überlässt. Rechte Seite: Gleich hinterm Haus stehen 25 Bienenstöcke. Ehe-frau Gertrude hilft bei der Honigernte und verkauft den Blüten- und Waldhonig, Met und Propolisprodukte auf Wochenmärkten in Salzburg, Vöcklabruck und Bad Ischl. Darunter: ein alter Bienen-korb, wie er früher auf jedem Bauernhof zu finden war. Rechts unten: Blick von oben in einen Bienenstock. 60.000 Arbeiterinnen wohnen hier.

Große Sorge um die kleinen Weltverbesserer Intensive Nutzung von Agrarlandschaften, Schäd-lingsbekämpfungsmittel, genveränderte Saaten, Parasiten und Blütenmangel setzen Bienen weltweit zu. Vor allem die Europäische Honigbie-ne gilt als gefährdet. Wildbienen können nicht an ihre Stelle treten, wenn auch ihre natürlichen Le- bensräume durch Monokulturen ersetzt werden.

Die Auswirkungen auf Flora und Fauna Wenn die Biene von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Dieses Zitat wird Albert Einstein zugeschrieben. Tatsächlich hätte das globale Sterben der Bienen, vor dem erst im März die UNO warnte, massive Auswirkungen auf Flora und Fauna – und damit auf uns. Es ist eine Illusion zu glauben, im 21. Jahrhundert wären wir dank Technik unabhängig von der Natur.

Weniger Ertrag für die Landwirtschaft Ohne Bienen drohen massive Engpässe in der Nahrungsmittelproduktion. Denn sie produzieren

nicht nur wertvollen Honig, sondern bestäuben alle Arten von Nutzpflanzen und Bäumen. Die Bestäubung der Frühjahrsblüher (Obst) ist fast zu 100 Prozent ihrer Arbeit zu verdanken. Forscher haben errechnet, dass ohne Bienen europaweit Ernteverluste von 150 Milliarden Euro drohen; der Wert ihrer Bestäubungsarbeit, die Bauern dann selbst durchführen müssten, bezifferten sie mit rund 300 Milliarden Euro. Ein Birnbaum etwa würde ohne Bienenbestäubung 45 Kilo Ertrag bringen, mit Bienenbestäubung 156 Kilo.

Die Zukunft unseres Speiseplans Es würde zwar noch Weizen und andere Getrei-desorten geben und somit Brot, Teigwaren und Bier. Aber von den Früchten, dem Gemüse und selbst der Baumwolle bliebe ohne Bestäubung nicht viel übrig. Denn 70 der 100 wichtigsten Nutzpflanzen sind darauf angewiesen, von Bie-nen angeflogen und befruchtet zu werden. Und diese Arten sind noch dazu für etwa 90 Prozent der weltweiten Nahrungsproduktion verantwort-

lich. Was es noch gäbe, wäre rar und teuer; selbst die Preise für Fleisch und Milchprodukte würden steigen, weil wichtige Pflanzen zur Fütterung des Viehs knapp werden – Luzerne und Klee etwa.

Geht’s den Bienen gut, geht’s uns Menschen gut Fast ein Drittel der Nahrungsmittel, die ein Mensch zu sich nimmt, ist auf die Bestäubung durch Bienen zu-rückzuführen, schreiben Alison Benjamin und Brian McCallum in ihrem Buch „Welt ohne Bienen“ (Fackelträger Verlag, 20,60 Euro). Eine Studie der Leuphana Universität Lüneburg belegt, dass Kulturpflanzen mit dem höchsten Anteil an Fetten und Vitaminen A, C und E sowie einem hohen Anteil an Calcium, Fluorid und Eisen besonders von der Bestäubung profitieren. Entstehen Bestäu-bungsdefizite, wirkt sich das unmittelbar auf die Qualität der menschlichen Ernährung und damit auf die Gesundheit aus. Wissenschaftler schätzen, dass mit dem Verschwinden der Bienen bis zu 40 Prozent einiger durch Pflanzen bereitgestellter, essenzieller Nährstoffe verloren gehen könnten.

Was wäre die Welt ohne Bienen

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chen Mitteln wie Ameisen- und Milchsäure derart gut im Griff, dass seine Bienenverlus-te selbst in schlechten Jahren weit weniger dramatisch ausfallen als bei Kollegen, die auf Chemie setzen. Er ist aufgrund seiner Erfahrungen sogar überzeugt, dass Medi-kamentenrückstände im Bienenwachs den Brutparasiten quasi resistent werden lassen und seine Aggressivität dadurch weiter zu-nimmt. „Heute halten die Völker nur mehr die Hälfte des Milben befalls aus als vor 25 Jahren. Wenn die Milbe weiter mutiert, haben wir bald eine Super-Varroa – und dann ist es aus mit un serer Europäischen Honigbiene.“

Ein Szenario (siehe Kasten links), das er sich gar nicht ausmalen will. Und deshalb gibt der Obmann der ARGE Bio-Imkerei sein in über 50 Jahren erworbenes Wissen auch in Kursen weiter – zum Beispiel, dass man Bienenkästen am besten an „gestörten“ Or-ten aufstellt – an Plätzen, unter denen sich Wasseradern befinden: Während Menschen solche Stellen aus gesundheitlichen Grün-den besser meiden, sind Hautflügler wie Bienen Strahlensucher. „Können sie selbst wählen, haben sie ihren Bau immer über solchen Störzonen“, sagt der Hans.

Ein MusikEr findEt sEinE BErufung

Um die besten Plätze für seine Bienenkästen zu finden, ist der Hans mit dem Pendel oder der Wünschelrute unterwegs. Manchmal sind es nur ein paar Zentimeter, die ein Ma-gazin versetzt werden muss – und schon wird aus einem Volk ein Supervolk. „Es ist dann viel vitaler, weniger anfällig für Krank-heiten und bringt auch mehr Ertrag.“

Früher war der Hans Musiker von Beruf. Er hat Trompete studiert und lange eine Musikschule geleitet. Die Imkerei betrieb er nur als Hobby. Doch vor zehn Jahren wurde die Liebe zu den Bienen, die er schon in Kindertagen verspürte – weshalb er sich mit 13 keinen Hund, sondern ein eigenes Volk wünschte und bekam – so groß, dass er sich ganz der Bienenwirtschaft widmete. „Die Imkerei ist eine wunderbare Beschäftigung. Näher an der Natur kann man nicht sein. Bienen sind ein Umweltindikator. Wenn die Bienen leiden, stimmt da draußen was nicht. Und es wird höchste Zeit umzudenken.“

Deshalb und „weil ohne Bienen nichts läuft“ würde er sich auch wünschen, dass sich wieder mehr Menschen der Haltung von Bienen zuwenden. Denn: Summ ergo sumus. 3

Bio-imkerei rindberger: 4893 Zell am Moos, Gassen 12, Tel.: 06234/83 56