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SHELLENERGIESZENARIENDEUTSCHLAND
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Den Haag, den 28. April 2017
Hinweis: Seit über 40 Jahren erstellt Shell Szenario-Studien, so auch die „New Lens Scenarios“ und „A Better Life with a Healthy Planet“. Szenarien sollen dem Management helfen, neue Perspektiven für denkbare künftige Entwicklungen ihres Geschäftsumfeldes zu gewinnen. Auf Basis plausibler Annahmen und Quantifizierungen überwinden die Studien vorherrschende Denkschemata und berücksichtigen auch eher unwahrscheinliche Ereignisse. Die Szenarien sind also nicht als Vorhersage künftiger Ereignisse oder Auswirkungen gedacht. Anleger sollten sie daher nicht als Grundlage für Investmententscheidungen in Wertpapiere von Royal Dutch Shell plc heranziehen.
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass das heutige Shell-Portfolio über Jahrzehnte hinweg entwickelt wurde. Obwohl wir davon überzeugt sind, dass unser Portfolio in einem breiten Spektrum von Prognosen robust ist – auch unter Zugrundelegung des 450-Szenarios der IEA -, umfasst es Aktiva mit unterschiedlichen Energieintensitäten, darunter auch solche mit überdurchschnittlichen Werten. Mit neuen Projekten und der Veräußerung von Unternehmensteilen streben wir zwar eine Senkung unserer durchschnittlichen Energieintensität an, in einem Investmenthorizont von 10 bis 20 Jahren verfolgen wir jedoch keine unmittelbaren Pläne für ein Net-Zero-Emissions-Portfolio. Im vorliegenden Kontext bezeichnen Net-Zero-Emissions das Bestreben, anhand technischer und sonstiger Aspekte zu ermitteln, ob die Emissionen einer Industrie oder eines Unternehmens netto-positiv oder netto-negativ sind. Gesellschaft, Staat und Industrie müssen einen wirksamen strategischen Gesamtrahmen für das Energiesystem in seiner Gesamtheit vorantreiben, wobei in diesem Rahmen sowohl Verbrauch als auch Produktion integriert zu berücksichtigen sind. Unserer Überzeugung nach ist das Übereinkommen von Paris ein Ausgangspunkt für den Aufbau eines solchen Rahmens. Wir freuen uns darauf, eine Rolle bei dieser sehr wichtigen gesellschaftlichen Reise spielen zu dürfen.
Royal Dutch Shell plc
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INDEX
SHELL ENERGIESZENARIEN FÜR DEUTSCHLAND 5
DIE DEUTSCHE ENERGIEWENDE 5
STROMERZEUGUNG 6
MOBILITÄT 7
INDUSTRIE 8
GEBÄUDE 8
UMGANG MIT UNGEWISSHEITEN 9
SZENARIEN FÜR DEUTSCHLAND 9
EINFLUSSFAKTOREN 10
DEMOGRAFIE UND ZUWANDERUNG 10
WIRTSCHAFT 11
POLITIK (VORSCHRIFTEN/GESETZGEBUNG) 11
TECHNOLOGISCHE HERAUSFORDERUNG UND IHRE
KONSEQUENZEN FÜR DIE PRODUKTIVITÄT 12
EXTERNE ENTWICKLUNGEN (WELTPOLITIK UND WELTWIRTSCHAFT) 12
SZENARIO-ÜBERSICHT 13
TRIEBKRÄFTE DER ENERGIENACHFRAGE 14
ERGEBNISSE 17
ZUSAMMENFASSUNG 25
ABSCHLIESSENDE BEMERKUNGEN 26
ANHANG 27
5
Die Geschwindigkeit dieses Wandels wird sich von
Region zu Region und von Sektor zu Sektor unterscheiden:
aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen, der
jeweiligen Bevölkerungsdichte, den damit verbundenen
Raumnutzungsbeschränkungen und den Verfügbarkeiten
Erneuerbarer Energien, hohen Infrastrukturkosten, dem
Mobilitätsbedarf oder der Bezahlbarkeit und Verfügbarkeit
möglicher Alternativen.
Zusätzlich zu unseren globalen Szenarien hat Shell daher
begonnen, Dynamiken in einzelnen Ländern zu untersuchen.
Ziel ist ein besseres Verständnis der spezifischen regionalen
oder lokalen Möglichkeiten und Herausforderungen.
Deutschland ist durch die Energiewende quasi in der „Pole
Position“ dieses Wandels.
Vor dem Hintergrund der politisch vereinbarten CO2-
Senkungsziele beleuchten die Shell Energieszenarien
für Deutschland potenzielle Möglichkeiten und
Herausforderungen in den verschiedenen Sektoren der
deutschen Wirtschaft. Weiterhin werden diejenigen Faktoren
identifiziert, die sich bis 2050 am stärksten auf die konkrete
Entwicklung dieser Sektoren auswirken könnten. Dabei
handelt es sich nicht um Vorhersagen oder wahrscheinliche
Auswirkungen. Vielmehr werden „Was wäre, wenn“-Fragen
aufgeworfen und mit Hilfe der 40-jährigen Szenarioerfahrung
von Shell untersucht, wohin diese plausiblen Annahmen und
Quantifizierungen führen könnten.
DIE DEUTSCHE ENERGIEWENDE Langfristig will die deutsche Regierung
Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent im
Vergleich zu 1990 senken, d. h. von etwa 1.250 Millionen
Tonnen CO2-Äquivalent (1990) auf unter 250 Millionen
Tonnen CO2-Äquivalent (2050). Im „Energiekonzept“
wurden auch Zwischenziele festgelegt: 40 Prozent bis
2020, 55 Prozent bis 2030 und 70 Prozent bis 2040. Und
zum ersten Mal sieht der neue Klimaschutzplan für 2050
sektorspezifische Ziele bis 2030 vor (siehe Anhang).
Die Herausforderung ist gewaltig. 2014 war Deutschland
hinter China, den USA, Indien, Russland und Japan
sechstgrößter CO2-Emittent der Welt. Der CO2-Ausstoß pro
Kopf belief sich auf insgesamt 8,9 Tonnen gegenüber dem
globalen Durchschnitt von 4,5 Tonnen.
Bisher konzentrierte sich die Energiewende auf der
Angebotsseite in erster Linie auf den Stromsektor und
auf Erneuerbare Energien, auf der Nachfrageseite auf
Effizienzgewinne. Hierbei handelt es sich zweifellos
um relevante Bereiche, jedoch verbrauchen alle
Wirtschaftssektoren Energie und determinieren so den
Gesamtenergiebedarf. Auf der Nachfrageseite werden
darüber hinaus Verbraucherentscheidungen sowie
die gesellschaftliche Akzeptanz sozio-ökonomischer
Veränderungen (z. B. Kosten) entscheidende Faktoren für
SHELL ENERGIESZENARIEN FÜR DEUTSCHLANDShell ist sich seit Langem der Bedeutung des Klimawandels sowie der Rolle bewusst, die Zugang
zu Energie für die Sicherung einer angemessenen Lebensqualität spielt. Das globale Energiesystem
muss transformiert werden, so dass mehr Energie bereitgestellt und gleichzeitig Umweltbelastungen
reduziert werden.
6
den Erfolg der Energiewende sein: Für welche Produkte sind
Kunden bereit zu zahlen? Welche Verhaltensweisen und
-muster in Bezug auf ihren Energieverbrauch sind sie bereit zu
ändern? Wie werden Politikbereiche wie Arbeitsplatzsicherheit,
Sozialversicherungssysteme oder Außenpolitik mit der
weitreichenden Dekarbonisierung des Energiesystems
vereinbart? Kurz gesagt: Was wird als erschwinglich und
gesellschaftlich akzeptabel angesehen werden?
Während das Dekarbonisierungspotenzial verschiedener
Wirtschaftssektoren letztendlich von technischen Faktoren
bestimmt sein wird, hängt der tatsächliche Stand des
Fortschritts hauptsächlich von nicht-technischen Faktoren
wie Regulierung, Kosten, gesellschaftliche Akzeptanz oder
Verbraucherentscheidungen ab.
Der größte Fortschritt wurde bisher im Stromsektor
erzielt. Mindestens genauso wichtig werden aber
ähnliche Dekarbonisierungsfortschritte in den realen
Endverbrauchersektoren des Energiesystems sein: Mobilität,
Gebäude und Industrie. Auch Land- und Forstwirtschaft
wirken sich auf die Treibhausgas-Gesamtbilanz aus, jedoch
entfällt der größte Teil der von Menschen verursachten
Treibhausgasemissionen auf die Stromerzeugung und den
Endenergieverbrauch.
Jeder Sektor weist seine eigenen technischen und sonstigen
Herausforderungen sowie spezielle Charakteristika auf. In
einigen Wirtschaftssektoren wird sich die Dekarbonisierung
daher zwangsläufig als schwieriger erweisen als in
anderen. Im Laufe der Zeit werden neue Applikationen
und Verbraucherentscheidungen die Entwicklung
sektorübergreifender Energielösungen anstoßen, z. B. Mikro-
oder Mini-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zur Erzeugung
von Wärme und Strom für Privathaushalte.
STROMERZEUGUNGLaut Umweltbundesamt entfallen auf den Stromsektor
derzeit mehr als zwei Fünftel der deutschen
energiebezogenen CO2-Emissionen. Im Gegensatz zu den
anderen Sektoren ist der Stromsektor „zwischengeschaltet“:
Primärenergie wird in Elektrizität umgewandelt, die dann in
den Endverbrauchersektoren genutzt wird.
Es gibt drei grundlegende Wege, den Stromsektor zu
dekarbonisieren: Atomstrom, Erneuerbare und CO2-
Abscheidung und -Speicherung oder -Verwendung (CCS/U -
Carbon Capture and Storage or Use). Der Atomausstieg
bis 2022 ist politisch beschlossen, und CCS/U stößt in der
deutschen Bevölkerung auf Besorgnis. Der Schwerpunkt liegt
bislang auf dem seit den 90er Jahren enorm gewachsenen
Einsatz Erneuerbarer Energien.
Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz aus dem Jahr
2000 (EEG) entstand eine Plattform für Investitionen in
Erneuerbare und ihr kontinuierliches Wachstum, insbesondere
Windenergie und Photovoltaik. Deckten Erneuerbare 1990
nur etwa drei Prozent der deutschen Bruttostromnachfrage,
waren es nach Schätzungen der AG Energiebilanzen 2016
bereits über 32 Prozent. Die CO2-Emissionen des deutschen
Stromsektors sanken trotz des eingeläuteten Atomausstiegs
und der starken Rolle der Kohle im deutschen Strommix um
etwa ein Fünftel. Allerdings verdrängt Kohle aufgrund ihres
niedrigeren Preises Erdgas.
Die Einspeisung von mehr und mehr Erneuerbaren Energien
in das Stromnetz bedeutet zudem, dass sie besser integriert,
die Übertragungsinfrastruktur ausgebaut und die Entwicklung
von Speichertechnologien zu ihrer zeitunabhängigen und
bedarfsgerechten Bereitstellung vorangetrieben werden muss.
7
MOBILITÄTAuf den Mobilitätssektor entfallen rund ein Fünftel der
deutschen energiebezogenen CO2-Emissionen. Trotz
Effizienzgewinnen ist er der einzige Sektor, der seit 1990 in
absoluten Werten nicht zur Emissionssenkung beigetragen hat.
Dies dürfte sich jedoch ändern, da der Kraftstoffverbrauch von
Personenkraftwagen, die die meisten Emissionen verursachen,
angesichts nicht weiter steigenden Gesamtfahrleistungen bei
gleichzeitig effizienteren Fahrzeugen zurückgehen wird. Auch
die veränderte Zusammensetzung der Antriebsarten wird sich
verbrauchsmindernd auswirken.
Biokraftstoffe sind ein wertvoller Teil des Energiemixes, weil
sie die CO2-Emissionen im Transportsektor kostengünstig
senken können. Voraussetzung ist, dass sie auf verantwortliche
Weise produziert werden. Für die Zukunft werden
fortschrittliche Biokraftstoffe aus Pflanzen, die nicht aus dem
Lebensmittelanbau stammen, und Abfallstoffen benötigt. Zudem
muss die Beimischungsgrenze überwunden werden – d. h.
die Menge Biokraftstoff, die Benzin oder Diesel beigemischt
werden kann, ohne dass Motoren beschädigt werden.
Noch höher sind die Erwartungen in Bezug auf die
Elektrifizierung des Transports, zumal für Strom aus „grünen“
erneuerbaren Quellen. Elektrofahrzeuge – darunter
verstehen wir Brennstoffzellenfahrzeuge (Elektrofahrzeuge
auf Basis von Wasserstoff, FCEVs), Batterie-Elektrofahrzeuge
(BEVs) oder Plug-in Hybride (PHEVs) – könnten zur
Senkung der CO2-Emissionen im Transportsektor beitragen.
Ende 2016 waren in Deutschland 34.022 Batterie-
Elektrofahrzeuge (BEVs) und 165.405 Hybridfahrzeuge
angemeldet. In den ersten drei Monaten 2017 kamen
17.236 Hybridfahrzeuge und 5.060 BEVs hinzu, bei
einem Gesamtbestand von 45,8 Millionen Pkw. Mit der
steigenden Anzahl der Elektrofahrzeuge steigt auch der
Bedarf an Lade- und Strominfrastruktur.
Brennstoffzellenfahrzeuge besitzen das Potenzial, ein
bedeutsamer Teil eines künftigen kohlenstoffarmen
Transportsystems zu sein. Wenn der Wasserstoff mit Strom
aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird, werden beim
Fahrzeugbetrieb keine Kohlenstoffe emittiert. Ferner kann
überschüssige erneuerbare Energie gespeichert werden.
Der Schwerlasttransport auf der Straße steht vor größeren
Herausforderungen. Diesem Segment stehen weniger
Optionen für die Umstellung effizienter Dieselmotoren (d. h.
hohe Energiedichte) auf andere Kraftstoffe zur Verfügung.
Insbesondere gilt dies für den Schwerlastverkehr auf
Langstrecken. Flüssigerdgas (LNG) und Wasserstoff könnten
eine Alternative werden. Herausforderungen existieren auch
für Marine und Luftfahrt, zwei Sektoren mit hohem Verbrauch
an flüssigen Kraftstoffen. Für Schiffe kann Flüssiggas, für
Flugzeuge Biokraftstoff potenziell eine zunehmend wichtige
Rolle spielen. Beim Schienentransport könnte Wasserstoff
eine Alternative zur Elektrifizierung von Strecken werden, auf
denen derzeit Diesellokomotiven verkehren.
8
INDUSTRIEDer Industriesektor trägt etwa 15 Prozent der
energiebezogenen Emissionen bei; weitere sieben
Prozent der gesamten Treibhausgase resultieren aus nicht
auf Verbrennung basierenden Fertigungsprozessen. Die
deutsche Industrie senkte ihre verbrennungsbedingten
Emissionen seit 1990 um ein Drittel, die Prozessemissionen
um 40 Prozent.
Ob – und wie schnell – ein Industriesektor dekarbonisiert
werden kann, hängt davon ab, ob die grundlegenden
Fertigungsprozesse hohe Temperaturen erfordern und ob
bestimmte chemische Reaktionen eine Rolle spielen.
Zum Beispiel wird in der Stahlindustrie mit Temperaturen über
1.200°C gearbeitet. Diese hohen Temperaturen erfordern
Kohlenwasserstoffe als thermische Energieträger. Trotz laufender
Forschung ist kurzfristig kaum mit technologischen Durchbrüchen
zu rechnen, die den Bedarf an thermischen Energieträgern und
Kohlenstoffen bei diesen grundlegenden Industrieprozessen in
großem Umfang werden reduzieren können.
Zu den derzeitigen Dekarbonisierungsoptionen zählen auch
die Wiederverwendung von kohlenstoffintensiven Materialien,
der Wechsel zu Brennstoffen mit geringerem Kohlenstoffanteil
wie Erdgas und Biomasse, thermische Energieträger ohne
Kohlenstoffanteil (Wasserstoff) und CCS/U.
Trotz weiterer Energieeffizienzgewinne werden bestehende
große Industrieanlagen und -prozesse aber für geraume Zeit
auch weiterhin erhebliche Mengen CO2 emittieren.
GEBÄUDE Der Gebäudesektor umfasst Privathaushalte und
Kleinverbraucher. Auf ihn entfallen über 15 Prozent der
direkten energiebezogenen CO2-Emissionen. Seit 1990
fielen die Emissionen um ein Drittel. Gleichzeitig trägt der
Sektor als Stromverbraucher aber auch wesentlich zu den
indirekten Emissionen bei.
In einem ersten Schritt können durch die Modernisierung
vorhandener Heizkessel auf die beste verfügbare Technologie
erhebliche Einsparungen erzielt werden. Kurz- und mittelfristig
werden sich Heizungstechnologien und Energiequellen
stärker diversifizieren (z. B. Hybridisierung, Wärmepumpen,
Mikro- oder Mini-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen). Weitere
Perspektiven eröffnet die Integration von Wärme und
Stromerzeugung (intelligente Netze oder Smart Homes).
In Neubauten können modernste Energiesparstandards
umgesetzt werden. Allerdings werden bis 2030 nur gut
12 Prozent aller Häuser und Wohnungen neu gebaut.
Daher dürfte die energetische Sanierung von Gebäuden
und Heizungsanlagen im Bestand der zweite entscheidende
Faktoren für Energie- und Treibhausgaseinsparungen im
Gebäudesektor sein.
9
Die verschiedenen energieverbrauchenden Sektoren stehen vor erheblichen Herausforderungen. Und wir
leben in einer vernetzten Welt, in der die Zukunft viele verschiedene Gestalten annehmen kann. Es sind
letztendlich unsere heutigen wie künftigen individuellen und kollektiven Entscheidungen, die die Realität
von Morgen prägen werden.
Um mit diesen Ungewissheiten umzugehen, entwickelt
und verwendet Shell seit über 40 Jahren Szenarien.
Sie stellen „Was wäre, wenn?“-Fragen und sollen uns
ein besseres Verständnis künftiger Möglichkeiten und
Unwägbarkeiten vermitteln.
Die Szenarien basieren auf plausiblen Annahmen und
Quantifizierungen. Sie sollen unsere Denkprozesse
weitertreiben und fundiertere Entscheidungen ermöglichen.
Sie dienen nicht dazu, detaillierte Aussagen über mögliche
Ereignisse oder Entwicklungen zu treffen.
Bei ihrer Erstellung achten wir auf wichtige Trends und
Themen. Wir verwenden die Szenarien als „Lupen“, durch
die wir bestimmte Handlungsbereiche und ihre mögliche
zukünftige Entfaltung beobachten.
SZENARIEN FÜR DEUTSCHLANDZusätzlich zu den globalen Shell-Szenarien erstellt
Shell Deutschland seit vielen Jahren spezifische nationale
Pkw-, Lkw-, Kraftstoff- und Hauswärmestudien
(www.shell.de/studien), die den jeweiligen Sektor des
Energiesystems tiefgreifend analysieren.
Nun haben zum ersten Mal das globale Szenarioteam
der Royal Dutch Shell, Shell Deutschland und Experten aus
Instituten und Think Tanks gemeinsam einen gesamtheitlichen
Szenarioausblick bis 2050 für Deutschland entwickelt.
Das Ergebnis sind zwei Szenarien: „Winning the
Marathon” („Sieg beim Marathon“) und „Slowing
Momentum” („Nachlassende Dynamik“). Es handelt
sich dabei um in sich geschlossene Sichtweisen auf die
mögliche Entwicklung der deutschen Energiepfade als
Reaktion auf gesellschaftliche, wirtschaftliche, politische,
geopolitische und technologische „Triebkräfte“.
Gestützt auf diese Hauptfaktoren und zusätzliche Beiträge
angesehener externer Experten haben wir unser Shell
eigenes World Energy Model (WEM) verwendet, um
die Fortschritte hin zu den politisch festgelegten CO2-
Reduktionszielen zu ermitteln. Die Szenarien setzen sich
mit Trade-offs, Chancen, Risiken sowie den allgemeinen
gesellschaftlichen Folgen und Entscheidungen auseinander,
mit denen die Entscheidungsträger in Deutschland in den
nächsten Jahren konfrontiert sein werden.
UMGANG MIT UNGEWISSHEITEN
Deutschland – Bevölkerung & BIPBevölkerung in Mio, PPP 2010 in USD
BIP
pro
Kopf
(PPP
201
0 U
SD)
Bevö
lker
ung
in M
io
Bevö
lker
ung
in M
io
BIP
pro
Kopf
(PPP
201
0 U
SD)
84 84
70.000 70.000
80.000 80.000
82 82
60.000 60.00080 80
50.000 50.00078 78
40.000 40.000
76 76
30.000 30.000
74 7420.000 20.000
72 7210.000 10.000
2000 20002010 20102020 20202030 20302040 20402050 2050
Marathon Momentum
In Marathon bleibt die Bevölkerungszahl in Deutschland durch höhere Zuwanderung bei ca. 80 Millionen, während sie in Momentum auf ca. 75 Millionen fällt und die Gesellschaft damit “altert“. In Marathon wächst das BIP um ca. 1,6 Prozent pro Jahr, während es in Momentum nur um ca. 0,7 Prozent pro Jahr zulegt.
BevölkerungBIP
10
EINFLUSSFAKTORENFünf Faktoren werden voraussichtlich den größten Einfluss darauf haben,
wie sich die Kernsektoren Deutschlands bis 2025 und 2050 wandeln könnten.
DEMOGRAFIE UND ZUWANDERUNGZunächst haben wir uns mit den demografischen Trends
für Deutschland auseinandergesetzt. Die Demografie
einer Gesellschaft wird in der Regel von langfristigen
Faktoren bestimmt. Deutschland weist eine der niedrigsten
Geburtenraten in Europa auf. Gleichzeitig steigt die
Lebenserwartung. Dies macht Deutschland zu einer
alternden Gesellschaft und wirft Fragen zur künftigen
Produktivität und zum Wirtschaftswachstum auf.
Zuwanderung ist einer der Faktoren, die diesen Trend
verlangsamen könnten. Sie ist jedoch mit gesellschaftlichen
und kulturellen Herausforderungen verbunden. Entscheidend
ist, ob die Integration der Zuwanderer gelingen wird. In
der Vergangenheit hat Deutschland sehr viele Zuwanderer
integriert. Doch wie wird die deutsche Gesellschaft
auf den stetigen Migrationsfluss des 21. Jahrhunderts
reagieren, und wie wird sich das Bevölkerungswachstum
auf die Energienachfrage auswirken? Grundsätzlich führen
Bevölkerungs- und Vermögenswachstum zu einer höheren
Energienachfrage.
Unseren Szenarien haben wir zwei unterschiedliche
Migrationsannahmen zugrunde gelegt. In Winning
the Marathon schafft es Deutschland, die rückläufige
Bevölkerungszahl zu stabilisieren und bis 2050 auf dem
selben Niveau zu halten. In Slowing Momentum gehen
wir davon aus, dass die Zuwanderung den Rückgang der
Einwohnerzahl nicht aufhalten kann. Daher fällt auch das
Wirtschaftswachstum niedriger aus, was wiederum zu
niedrigeren Steuereinnahmen und höheren Sozialabgaben
führt. Der Staat verfügt über weniger „freie“ Finanzmittel, um
seine ehrgeizigen Dekarbonisierungsziele
zu erreichen.
11
WIRTSCHAFTDie deutsche Wirtschaft ist stark exportabhängig. In der
Vergangenheit stellte sie jedoch unter Beweis, dass sie
flexibel und schnell auf Krisen reagieren kann.
Dennoch wirken neue Kräfte auf die Weltwirtschaft,
zum Beispiel der Widerstand gegen Globalisierung.
Möglicherweise muss das Wirtschaftsmodell Deutschland
als Reaktion auf Veränderungen im Globalisierungskontext
neu durchdacht werden. Die deutsche Wirtschaft ist
sehr wettbewerbsfähig, gerät aber insbesondere in
Zukunftstechnologien wie Informationstechnologie oder der
Einführung der Elektromobilität zunehmend unter Druck.
Gleichzeitig können neue Technologien
Produktionsprozesse, bestehende Wettbewerbsvorteile
und Anforderungen an Arbeitnehmer verändern. Das
produzierende Gewerbe etwa könnte weniger, dafür aber
höher qualifizierte Arbeitnehmer nachfragen.
Eine entscheidende Frage wird sein, wie flexibel sich
die deutsche Wirtschaft neuen Herausforderungen des
internationalen Wettbewerbs stellen wird, und wie sich
die Nachfrage nach dem Faktor „Arbeit“ angesichts von
Automatisierung und Einsatz neuer Technologien auf die
Demografie auswirkt. Auch „Industrie 4.0“ – gemeint ist die
Bereitschaft, in Ausbildung und Infrastruktur zu investieren - wird
mit darüber entscheiden, wie widerstandsfähig Deutschland
in einer globalisierten Welt bleibt, und wie schnell sich
die etablierten Branchen an neue Geschäftsmodelle,
fortschreitende Digitalisierung und sich schnell verändernde
Verbraucherpräferenzen anpassen können.
POLITIK (VORSCHRIFTEN/GESETZGEBUNG)Das in Deutschland tief verwurzelte Konsensmodell – z. B.
Umverteilung der Einkommen und ihren Intergenerationen-
Transfer – hat in der Vergangenheit den sozialen
Zusammenhalt und das kollektive Verantwortungsbewusstsein
gefördert. Wenn aber der soziale Druck steigt, wird die
Gesellschaft zu wirtschaftlichen Entscheidungen über die
beste Reaktion gezwungen. Größere soziale Spannungen
und politische Volatilität könnten die Folge sein.
Werden sich die politischen Parteien auf die Förderung des
Gemeinwohls einigen? Oder werden wir mehr politische
Ad-hoc Koalitionen sehen, die sich befristet auf spezifische
Politikziele fokussieren, die stärker taktisch und kurzfristig
ausgerichtet sind und die zulasten der institutionellen
Stabilität und des langfristigen Denkens gehen? Aus den
Antworten auf diese Fragen könnten sich unterschiedliche
Auswirkungen für die Transformation des Energiesystems
ergeben, was wiederum einen längerfristigen nachhaltigen
Umsetzungsplan notwendig macht.
12
TECHNOLOGISCHE HERAUSFORDERUNG UND IHRE KONSEQUENZEN FÜR DIE PRODUKTIVITÄTNeue Technologien können sich stark auf die gesamte
Gesellschaft auswirken. Und um die festgelegten CO2-
Reduktionsziele für 2030 und 2050 zu erreichen, müssen
neue Technologien heranreifen, vom Verbraucher akzeptiert
werden und den Markt durchdringen; einschliesslich neuer
Technologien, die heute noch nicht bewährt oder bekannt sind.
Digitalisierung ist einer der entscheidenden
Technologietrends. In Verbindung mit dem enormen
Wachstum der Datenvolumina, rasanten Fortschritten
bei Datenverarbeitung und -analyse, der zunehmenden
Konnektivität nicht nur zwischen Menschen, sondern
auch zwischen Maschinen („Internet der Dinge“), und
der Fähigkeit, mit digitalen Daten neue Anwendungen
wie 3-D-Druck oder Robotik zu schaffen, verwandelt die
Digitalisierung unser Privatleben, unsere wirtschaftlichen
Prozesse und unsere Konsummuster.
Technologie reduziert bereits heute den Anteil
des Faktors „Arbeit“ in der Produktion. Durch die
Verbreitung mobiler Endgeräte und anderer moderner
Telekommunikationsmöglichkeiten können wir interagieren,
ohne dafür physisch reisen oder uns treffen zu müssen.
Intelligente Energieverbrauchsmessungen können den
Übergang von zentralisierten, durch Großkraftwerke
dominierten Energiesystemen zu dezentralisierten Systemen
mit intelligenter Haustechnik oder Kleinkraftwerken
beschleunigen. Und dies sind nur einige Beispiele.
Aber gesellschaftliche Akzeptanz neuer Technologien kann
nicht immer als selbstverständlich vorausgesetzt werden.
Gleichwohl wird die Bereitschaft zur Entwicklung und
Erstanwendung neuer Technologien ein entscheidender
Faktor dafür sein, ob Deutschland auch in Zukunft zu den
innovativsten Volkswirtschaften zählt oder seine Position an
Nationen abgeben muss, die flexibler und schneller sind
(und sein wollen). Dies hätte zur Folge, dass neue Branchen
möglicherweise an diese flexibleren, dynamischeren
Standorte wechseln würden.
EXTERNE ENTWICKLUNGEN (WELTPOLITIK UND WELTWIRTSCHAFT)Die fünfte Triebkraft ist Deutschlands mögliche Reaktion
auf geopolitische und weltwirtschaftliche Veränderungen,
oder allgemeiner ausgedrückt: Welche Stellung wird
Deutschland beispielsweise im Euroraum oder geopolitisch
in der Welt einnehmen?
2015 gingen 58 Prozent der deutschen Exporte in die
Europäische Union. Werden die europäischen Partner in
Anbetracht des Brexits, der Eurokrise und des enormen
deutschen Leistungsbilanzüberschusses die EU gemeinsam
stärker machen und kooperieren? Und wie wird sich Europa
gegen andere Handelsblöcke und Schwellenländer wie
China, Indien und die USA behaupten? Wie wird sich die
Eurozone entwickeln? Und welche Rolle wird Deutschland
zukünftig in der EU spielen?
Die deutsche Wirtschaft ist exportorientiert und hängt von der
globalen Nachfrage ab. Eine veränderte Handelsbilanz und
die Kooperation mit anderen EU-Mitgliedstaaten könnte zu
einem weniger exportgetriebenen Wirtschaftsmodell führen.
Eine etwas ausgewogenere deutsche Wirtschaft könnte unter
Umständen auch durchaus gewinnbringend sein.
13
In beiden Szenarien wurden Annahmen für die fünf wichtigsten Triebkräfte gemacht
(siehe Überblick in der Tabelle „Energieentwicklungen“).
„Winning the Marathon” ist ein normatives Szenario.
Wir haben betrachtet, wie sich das Energiesystem und
der Energiemix in Deutschland entwickeln könnten, um
das 80 Prozent Reduktionsziel bis 2050 (im Vergleich
zu 1990) zu erreichen. Dabei zeigt sich, dass das Ziel
erreichbar ist, wenn alle Hebel maximal genutzt werden.
Die Ziele werden in diesem Szenario nach einer langen
Strecke mit vielen zu überwindenden Hindernissen
erreicht. Einige dieser Hindernisse werden einfacher
zu überwinden sein als andere, das ein oder andere
wird Deutschland möglicherweise vor unerwartete
zusätzliche Herausforderungen stellen. Am Ende wird der
„Marathonhürdenlauf“ für Deutschland jedoch erfolgreich
ausgehen.
„Slowing Momentum” basiert auf den selben
Triebkräften, jedoch mit anderen Quantifizierungen.
Hier wird angenommen, dass der Wandel insgesamt
langsamer vonstatten geht, die Bevölkerung schrumpft
und das Bruttoinlandsprodukt langsamer wächst. Gestützt
auf die nachgewiesenen Erfolge der letzten 10 bis 20
Jahre wird die Energiewende durch Staat und Bevölkerung
zunächst mit hoher Dynamik fortgesetzt. Deutschland setzt
sich ehrgeizige Ziele, aber durch interne und/oder externe
Faktoren entstehen unerwartete Hindernisse, die die weitere
Umsetzung verzögern, die Dynamik abbremsen und damit
den Trend verändern. Dies führt schließlich dazu, dass die
Treibhausgasemissionen bis 2050 um etwa 70 Prozent fallen
und das Ziel damit verfehlt wird. Da sich die Welt außerhalb
Deutschlands weiterhin schnell entwickelt, steht die Position
Deutschlands als führende Exportnation auf dem Spiel.
SZENARIO-ÜBERSICHT
14
Annahmen für die künftige Entwicklung der Energienachfrage bis 2050 im jeweiligen Szenario.
Triebkräfte Winning The Marathon Slowing Momentum
Demografische Entwicklung / Zuwanderung
Erfolgreiche Integration von Zuwanderern, dadurch Stabilisierung des Bevölkerungsrückgangs
Netto etwa 350.000 Zuwanderer pro Jahr
Die Einwohnerzahl bleibt bis 2050 konstant bei etwa 80 Millionen
Probleme bei der Integration von Zuwanderern
Widerstand gegen Zuwanderung; Arbeitsplatz- und gesellschaftliche Probleme
Nettozuwanderung von etwa 100.000 Personen pro Jahr
Die Einwohnerzahl geht bis 2050 auf etwa 75 Millionen zurück
Wirtschaft Deutschland bleibt trotz Rückschlägen widerstandsfähig
Hohe Investitionen in Ausbildung und Infrastruktur
Deutschland startet die 4. industrielle Revolution
Handel und Exporte werden angekurbelt
Die Automobilbranche bleibt sehr wettbewerbsfähig und kann ihren hohen Exportanteil auch unter CO2-armen oder -freien Bedingungen halten
Neue Branchen entstehen, nachdem in der traditionellen Industrie keine Produktivitätssteigerungen mehr erzielt werden
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wächst bis 2030 zwei Prozent/Jahr und bis 2050 durchschnittlich 1,6 Prozent/Jahr
Das produzierende Gewerbe verliert an Wettbewerbsfähigkeit, weitere Produktivitätssteigerungen bleiben aus
Niedrigere Investitionen in Ausbildung und Infrastrukturen führen zu sinkender Wettbewerbsfähigkeit der Industrie
Durch Ungleichheiten zwischen Regionen (teure Ballungsräume gegenüber dem preiswerteren ländlichen Raum) sinkt der Urbanisierungsgrad
Die Wirtschaft stagniert, Deutschland muss sich neu erfinden und kämpft um Wachstum
Das BIP wächst um 0,5 Prozent pro Jahr; da die Bevölkerung schrumpft, wächst das BIP pro Kopf um 0,7 Prozent pro Jahr
Politik Über lange Zeiträume hinweg werden starke Regierungen mit klaren Mehrheiten gewählt
Die wichtigsten Parteien einigen sich auf die Förderung des Gemeinwohls
Der langfristige staatliche Plan für die Energiewende wird umgesetzt und von der Öffentlichkeit und Industrie unterstützt
Die zur Erreichung der ehrgeizigen CO2-Ziele notwendigen Entscheidungen werden getroffen
Kohleausstieg bis ca. 2040; ab 2030 wird sukzessive CCS/U benötigt, so dass insgesamt bis 2050 etwa 0,9 Gt CO2 kompensiert werden
Kurzfristiger staatlicher Handlungsbedarf überschattet die Umsetzung eines langfristigen Plans
Die Parteienlandschaft diversifiziert sich zunehmend
Den Parteien gelingt es nicht, sich zu einigen und ihre Wiederwahl zu gewährleisten
Gemeinsame Entscheidungen bzw. ein Konsens sind schwer zu erzielen
Sehr langsame Einführung neuer Gesetze und Vorschriften
Kohle ist 2050 noch im begrenztem Umfang im Energiemix vorhanden; kein CCS/U
TRIEBKRÄFTE DER ENERGIENACHFRAGE
15
Triebkräfte Winning The Marathon Slowing Momentum
Internationale Politik und Weltwirtschaft
Das Zusammenwachsen stärkt Europa und fördert die Zusammenarbeit
Der Aufstieg Chinas stärkt Deutschland angesichts seiner umfangreichen Investitionen in den Handel mit Asien
Im Vergleich zu China, Indien und den USA ist die EU zwar geografisch „kleiner“, tritt aber geschlossen auf
Internationale Institutionen werden bedeutsam
EU der unterschiedlichen Geschwindigkeiten; schwächer ausgeprägter Konsens der Mitgliedstaaten
Außenpolitisch ist die EU weniger geeint, ihr internationaler Einfluss leidet
Deutschland ist auf den Binnen- und EU-Markt fokussiert
Schwankungen in den Beziehungen zwischen den verschiedenen EU-Partnern und den USA, China und Russland
Technologie Der Klimawandel ist weltweit spürbar und leitet politische, geschäftliche und Verbraucherentscheidungen
Der Klimawandel und neue Qualifikationen im Zuge der 4. industriellen Revolution stärken Deutschlands Rolle
Deutschland handelt und wird zum „Testlabor“ für neue Technologien
Aufstrebende disruptive Technologien entwickeln sich schnell und mit wirtschaftlich positiven Ergebnisse
Wachsender Widerstand gegen neue Technologien, da der sozio-ökonomische Nutzen ihre Kosten nicht aufwiegt
Die Entwicklung neuer Technologien wandert möglicherweise an dynamischere Standorte wie die USA oder China ab, die flexibler und schneller agieren können
2000 2010 2020 2030 2040 2050 2000 2010 2020 2030 2040 2050
0
2
4
6
8
10
12
14
16
Öl Erdgas Kohle AtomkraftWasserkraft Biokraftstoffe Biomasse ErdwärmeSolar Wind Andere Erneuerbare
Marathon Momentum
Beide Szenarien gehen davon aus, dass der Atomausstieg bis 2022 abgeschlossen sein wird und sich das Energie-Mix in den 2020er Jahren ähnlich entwickelt. Danach bleibt der Energiebedarf in Marathon weiterhin hoch, während er in Momentum von 2020 bis 2050 aufgrund der niedrigeren Bevölkerungszahl und des schwächeren BIP-Wachstums um rund 30 Prozent sinkt. In Marathon wird der Kohleausstieg bis 2040 abgeschlossen sein. Im Gegensatz dazu bleibt Kohle in Momentum im Energiemix. Beide Szenarien sehen ein großes Wachstum bei Photovoltaik und Wind. Marathon benötigt durch die schnelle Energiewende im Mobilitätssektor weniger Öl.
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Deutschland – Primärenergie – Erzeugung nach QuelleEJ/Jahr (nach Energiequelle)
17
ERGEBNISSE Sektoren Winning The Marathon Slowing Momentum
STROMERZEUGUNG Von heute bis 2050 steigt die Stromnachfrage um den Faktor 2,5
Der Anteil Erneuerbarer Energien - insbesondere Onshore- und Offshore-Wind sowie Solar-Photovoltaik – steigt von heute 20 Prozent auf über 50 Prozent des gesamten Energieverbrauchs
Atomausstieg bis 2022
Gesellschaftlicher Druck führt zum schnelleren Kohleausstieg mit sozialverträglichem Arbeitsplatzabbau, akzeptierten Strompreissteigerungen für Privathaushalte und Ausnahmern für die Industrie zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit
Das Stromnetz kann reibungslos umgestellt werden, um die neuen Anforderungen zu erfüllen; wachsende Akzeptanz des Ausbaus der Fernleitungsnetze
Speicher-/Backup-Lösungen für Erneuerbare Energien, wodurch diese im Stromsektor auf weit über 50 Prozent wachsen
Zubau dezentraler Erzeugungseinheiten; zunehmende Marktdurchdringung z.B. von Mini-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, Nutzung vorhandener Fernwärmenetze
Umstellung des Stromsystems auf Erneuerbare Energien mit stabilem Backup-System; Strompreise sind niedrig angesichts geringer variablen Kosten in einer vollständig integrierten dezentralisierten und zentralisierten Stromerzeugung
Aufgrund sinkender Strompreise denken traditionelle Öl- und Gasnutzer (z. B. Hauswärme) über den Wechsel zur elektrischen Heizung nach; die Versorungsunternehmen stellen sich schnell darauf ein und machen vorhandene Synergien nutzbar
Von heute bis 2050 steigt die Stromnachfrage um fast 50 Prozent
Langsameres Wachstum der Erneuerbaren angesichts eines Überangebots an Energie zu Nullwert bzw. zu Nullpreisen; öffentliche Diskussion der Garantiezahlungen für Erneuerbare. Aufgrund der insgesamt geringeren Stromnachfrage im Vergleich zu Marathon machen die Erneuerbaren bis 2050 fast 90 Prozent der heimischen Stromerzeugung aus
Der Atomausstieg erfolgt plangemäß, aber die Versorgungsunternehmen können die unerwartet hohen Kosten nicht tragen. Der Staat greift ein und löst damit eine erneute breite Diskussion über die Kosten der Energiewende aus
Der Kohleausstieg zieht sich aufgrund hoher Strompreise, Arbeitsplatzverlusten und Auswirkungen auf die Betreiber in die Länge. Populistische Parteien greifen das Thema auf. Der Ausbau von Fernleitungen verliert an Dynamik, weil sich Widerstände in der Bevölkerung regen (NIMBY = „Not in my Back Yard“ - nicht vor meiner Haustür)
Es mangelt an kostengünstigen Speicher- und Back-Up-Lösungen und kohlenstoffarmen Alternativen. Kohlekraftwerke bleiben in Betrieb, Gas wird zurückgedrängt
Die Dezentralisierung wird mit geringerem Tempo fortgesetzt und führt zu vielfältigen unterschiedlichen Insellösungen wie Kraft-Wärme-Kopplung und Wärmepumpen
Strikte Effizienzmaßnahmen werden erforderlich, die sich auf den Lebensstil auswirken und nicht auf breite gesellschaftliche Akzeptanz stossen
(Fortsetzung)
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In Marathon findet eine größtmögliche Elektrifizierung statt, der Strombedarf wächst (bis 2050) um mehr als das Doppelte und erreicht einen Anteil von 50 Prozent am Gesamtenergiebedarf. In Momentum steigt der Strombedarf um nur etwa 50 Prozent und erreicht 40 Prozent am Gesamtenergiebedarf. Beide Szenarien sehen ein großes Wachstum bei Erneuerbaren Energien mit ca. 9-12 GW neu installierter Kapazität pro Jahr in Wind und Photovoltaik.
3.5
4.5
4
5
Öl Biokraftstoffe Erdgas BiomasseKohle Atomkraft Wasserkraft ErdwärmeSolar Wind Andere Erneuerbare
Deutschland – Gesamter Stromverbrauch (nach Quellen) Stromverbrauch – EJ/Jahr (Energieträger)
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
2000 2010 2020 2030 2040 20502000 2010 2020 2030 2040 2050
Marathon Momentum
Sektoren Winning The Marathon Slowing Momentum
Gesamtgesellschaftlich sind zunächst die Auswirkungen der hohen Kosten für Privathaushalte, der Sicherung von Arbeitsplätzen und des intensiven internationalen Wettbewerbs spürbar, jedoch werden die Auswirkungen gut gemanagt
60 Prozent der fossil befeuerten Kraftwerke sowie ein Teil der Schwerindustrie verwenden CCS/U; größere soziale Akzeptanz der Technologie nach 2030
Gesellschaftlicher Widerstand gegen CCS verhindert dessen Nutzung in Deutschland
Sektoren Winning The Marathon Slowing Momentum
MOBILITÄT Zu bestimmten Zeiten ist Strom angesichts steigender Einspeisungen Erneuerbarer Energien günstig. Kombiniert mit attraktiven Fahrzeugangeboten floriert die E-Mobilität, sei es durch Aufladen daheim (PV-Heimanlagen) oder am freien Markt
Steigende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen (Batterie-Elektrofahrzeuge, Plug-in Hybride und Brennstoffzellenfahrzeuge) führt zu einem breiteren Angebot, Fortschritten und Kostensenkungen bei Batterien und neuen intelligenten Systemlösungen. Elektrofahrzeuge werden zunächst als Zweitwagen oder (in Großstädten) im Rahmen von Car-Sharing-Modellen verwendet. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ermöglicht es, längere Strecken zu fahren. Die Verwendung im SUV/Premiumsegment ermöglicht bessere Deckung hoher Entwicklungskosten für neue E-Komponenten. Der Markt für Elektrofahrzeuge wird sich jedes Jahr verdoppeln und erreicht bis 2020 etwa eine Million Fahrzeuge. 2050 wird ihr Marktanteil bei etwa 75 Prozent liegen
Es gibt alternative Beförderungsmöglichkeiten, und die Errichtung emissionsfreier Zonen mit Einschränkungen für Dieselfahrzeuge wird von der Gesellschaft unterstützt
Es werden sauberere Lösungen für den Diesel-Schwerlastverkehr eingeführt, z. B. auf Basis von LNG oder Wasserstoff. Die Politik widmet sich auch Luftqualitätsproblemen und anderen speziellen Anwendungen (z. B. öffentlicher Busverkehr)
Biokraftstoffe wachsen insbesondere im Bereich Schwerlastverkehr
In größeren Städten beginnen der emissionsfreie öffentliche Nahverkehr sowie fahrerlose Fahrzeuge das Straßenbild zu dominieren. Deutschland wird zum Vorreiter beim vernetzten Fahren und Elektroautos. Durch das Wachstum des Marktes für emissionsfreie Fahrzeuge werden auch Brennstoffzellen billig
Staatliche Anreize für den Kauf von Elektrofahrzeugen beschleunigen nicht deren Marktdurchdringung; die (Schnell-)Ladeinfrastruktur bleibt spärlich; die Kosten für Elektrofahrzeuge bleiben hoch, und ihre begrenzte Reichweite wird als starke Einschränkung gesehen
Die Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen nimmt mehr Zeit in Anspruch; die Umstellung auf die E-Mobilität lahmt
Batteriekosten fallen nur langsam, so dass Verbraucher weiterhin effiziente Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor kaufen. Car-Sharing-Angebote in größeren Städten werden verstärkt angenommen, um die Auflagen in Städten zu erfüllen
Regionale Ungleichheiten (teure Ballungsräume gegenüber dem preiswerteren ländlichen Raum) verlangsamen die Urbanisierung (weniger Menschen ziehen in Städte, z.B. Car Sharing und spezielle „Stadtlösungen“ werden auf dem Land weniger angeboten und genutzt; lange Fahrwege machen den Besitz eines eigenen Autos attraktiver)
Die niedrige globale Akzeptanz für Elektrofahrzeuge, insbesondere in den USA und China, trägt dazu bei, dass die Wende im Mobilitätssektor langsamer vorankommt als gewünscht. Hiervon profitieren andere alternative Technologien wie LNG und Wasserstoff, nachdem sie von der globalisierten Automobilbranche angenommen und für Fahrzeuge wirtschaftlich gemacht wurden
19
(Fortsetzung)
Sektoren Winning The Marathon Slowing Momentum
Nach 2030 wird der überwiegende Anteil neu zugelassener Pkw Batterie-Elektrofahrzeuge oder Brennstoffzellenfahrzeuge sein
Die Dekarbonisierung des Schiff- und Flugverkehrs ist schwieriger. Flüssige fossile Kraftstoffe werden weiterhin die Führungsrolle spielen. Bei Schiffen werden gasförmige Kraftstoffe (z. B. LNG) das Angebot diversifizieren
Wasserstoff entwickelt sich zur Alternative zur Elektrifizierung von Schienenwegen
Die Ziele für 2030 und 2050 können erreicht werden
Dies alles führt dazu, dass ein breiter Mix aus verschiedenen Flüssigkraftstoffen und E-Mobilität koexistieren, und flexible, aber hohe Infrastrukturinvestitionen vorgenommen werden
Die Ziele für 2030 können erreicht werden. Das Ziel für 2050 wird jedoch verfehlt.
20
2000 20002010 20102020 20202030 20302040 20402050 2050
Deutschland – Endenergieverbrauch – nach Energieträger Straßengüterverkehr – EJ/Jahr (Energieträger)
0.1
0.4
0.7
0
0.2
0.3
0.5
0.6
0.9
0.8
1.0Marathon Momentum
Mineralöl Biokraftstoffe CNG/LNG Strom Wasserstoff
In Marathon nimmt der Straßengüterverkehr weiter zu. Auch Biokraftstoffe wachsen. Bei schweren Lkws nimmt LNG, im mittleren Segment Strom und Wasserstoff eine wichtigere Rolle ein. In Momentum bleibt der Straßengüterverkehr stabil. Biokraftstoffe legen zu, LNG kommt bei speziellen Anwendungen zum Zuge und Wasserstoff kommt später. Insgesamt geht die Umstellung langsamer voran.
Deutschland – Endenergieverbrauch – nach Energieträger Personenstraßenverkehr (Pkw) – EJ/Jahr (Energieträger)
0
0.4
0.6
1.0
1.2
1.6
1.8
0.2
0.8
1.4
Mineralöl Biokraftstoffe CNG/LNG Strom Wasserstoff
Marathon Momentum
2000 2010 2020 2030 2040 2050 2000 2010 2020 2030 2040 2050
In Marathon werden Pkws immer effizienter und die jährliche Fahrleistung nimmt weiter ab. Biokraftstoffe ersetzen konventionelle Kraftstoffe, während elektrische (BEV, PHEV) und Wasserstoff-Antriebe (FCEV) zunehmend Verbrennungsmotoren ablösen. In Momentum geht der spezifische Energieverbrauch der Fahrzeuge ebenfalls zurück, auch Biokraftstoffe entwickeln sich weiter, aber die elektrischen und Wasserstofffahrzeuge werden erst nach 2030 sichtbar weiter zunehmen.
Sektoren Winning The Marathon Slowing Momentum
HAUSWÄRME Die demografische Entwicklung führt zu mehr kleineen Haushalten mit höherer durchschnittlicher Quadratmeterzahl pro Person
Heizsysteme werden von Gas auf Solarenergie, Wärmepumpen oder Fernwärme aus Geothermie umgestellt
Hohe Investitionen in effizientere Gebäude; mehr als ein Prozent pro Jahr werden auf die neuen Energiestandards umgestellt. Konventionelle Öl- und Gasheizungen werden ersetzt, ergänzt durch bessere Isolierung und einige Wärmepumpen
Mit fallenden Strompreisen beginnt nach 2030 bei Neubauten und bei Renovierungen im Bestand die Umstellung von Öl- und Gasheizungen auf elektrische Heizsysteme
Insgesamt werden die CO2-Emissionen des Wohnungssektors trotz einer erheblichen Zunahme der Wohneinheiten bis 2050 im Vergleich zu heute um 80 Prozent reduziert
Der derzeitige Trend zu mehr Wohnraum (in m²) pro Person setzt sich fort; aufgrund der kleineren Bevölkerung werden aber weniger Wohneinheiten benötigt
Wärmenachfrage nimmt ab. Höherer Wohnraumbedarf pro Person wird durch Effizienzgewinne ausgeglichen
Es wird begrenzt in Renovierung, Isolierung und effizientere Heizsysteme investiert
„Business as usual“ mit begrenzter Modernisierungsrate (0,5 bis 1 Prozent pro Jahr). Vorhandene Heizungen werden durch effizientere Öl- und Gasheizungen ersetzt, ergänzt durch bessere Isolierung und Wärmepumpen
Im Vergleich zum Marathon-Szenario könnten die CO2-Emissionen des Gebäudesektors bis 2050 im Vergleich zu heute aufgrund der kleineren Bevölkerung und geringeren Anzahl der Wohneinheiten um 90 Prozent reduziert werden
INDUSTRIE Die Regierung muss zwecks Arbeitsplatzsicherung die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie erhalten. Dies macht es zunehmend schwieriger, weiter zu den bereits erzielten erheblichen Senkungen der Treibhausgase beizutragen
Das Hauptaugenmerk wird auf der Steigerung der Energieeffizienz mit einem „Best-in-Class“-Ansatz bei gleichzeitigem Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit liegen
Elektrifizierung der Industrie, bis maximale Produktivität erreicht wird
Der Hauptfokus liegt auf Energieeffizienz. Der „Best-in-Class“-Ansatz wird so weit vorangetrieben, wie es der Erhalt der industriellen Wettbewerbsfähigkeit erlaubt
Die Industrie wird von Umlagen des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) ausgenommen, damit sie international wettbewerbsfähig bleibt und Arbeitsplätze erhalten werden können
Aufgrund mangelnden politischen Konsenses kann CCS nicht zur Senkung industrieller Treibhausgase beitragen
21
(Fortsetzung)
Sektoren Winning The Marathon Slowing Momentum
Es bilden sich neue „saubere“ Industrien, die sich auf neue Entwicklungen bei der Integration von Energielösungen, Softwarelösungen und intelligente Systeme stützen
Nach 2035 bieten nur noch CO2-Abscheidung und -speicherung (oder eine andere neue Technologie zur CO2-Nutzung) ausreichendes Potenzial für die weitere Dekarbonisierung der kohlenstoffintensiven Schwerindustrie
Insgesamt wächst die Produktivität im produzierenden Gewerbe weiter
Im Sektor für hochwertige Dienstleistungen entstehen nur wenige Arbeitsplätze
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Deutschland – Endenergieverbrauch – nach Energieträger Hauswärme – EJ/Jahr (Energieträger)
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
Feste Kohlenwasserstoffe Heizöl Erdgas StromFernwärme Solarthermie Biomasse
2000 20002010 20102020 20202030 20302040 20402050 2050
Marathon Momentum
In beiden Szenarien vollzieht sich ein Wandel von Öl zu Gas zu Strom. Bei Marathon beginnt die Umstellung auf Strom früher und entwickelt sich schneller als in Momentum.
Feste Kohlenwasserstoffe Mineralöl Erdgas StromWasserstoff Fernwärme Biomasse
Deutschland – Endenergieverbrauch – nach EnergieträgerSchwerindustrie – EJ/Jahr (Energieträger)
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
2000 20002010 20102020 20202030 20302040 20402050 2050
Marathon Momentum
In Marathon nimmt die Energieeffizienz zu, feste und flüssige Brennstoffe werden über den Zeithorizont durch günstigen Strom ersetzt. CCS/U wird nach 2030 benötigt, um das CO2-Reduktionsziel für 2050 zu erreichen. In Momentum steigt die Energieeffizienz langsamer, und die Umstellung auf Strom braucht länger. CCS wird weiterhin abgelehnt.
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Die CO2-Emissionen je Verbrauchergruppe beinhalten sowohl die direkten (z.B. aus der Verbrennung) als auch die indirekten Emissionen durch den Stromverbrauch im jeweiligen Sektor. Der Mobilitätssektor umfasst den Straßen-, Schienen- , Schiffs- und Flugverkehr.
In Marathon sinken die CO2-Emissionen der Stromerzeugung von 0,29 Gt/Jahr in 2000 auf 0,17 Gt/Jahr. 0,09 Gt/Jahr müssen durch CCS oder eine andere neue Technolgie nach 2030 kompensiert werden, damit das Ziel für 2050 (0,08 Gt/Jahr) erreicht wird. Da der Energiebedarf in Momentum erheblich geringer ausfällt, sinken die Emissionen auch ohne Anwendung von CCS auf 0,09 Gt/Jahr in 2050.
Deutschland – CO2-Emissionen fossiler Energieträger – nach SektorenGt CO2 / Jahr (Energiequellen)
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.7
0.8
0.9
0.6
Kleinverbraucher PersonentransportGütertransport Hauswärme
Marathon Momentum
2000 2010 2020 2030 2040 2050 2000 2010 2020 2030 2040 2050
In Marathon wird das 80-Prozent-Reduktionsziel erreicht (2050 gegenüber 1990). Damit verbunden ist die größtmögliche Elektrifizierung aller Sektoren, großes Wachstum der Erneuerbaren und extreme Effizienzsteigerungen in der Schwerindustrie und im Mobilitätssektor. Nach 2030 wird CCS oder eine ähnliche neue Technologie benötigt. In Momentum sinken die CO2-Emissionen um 70 Prozent, ermöglicht durch eine rückläufige Einwohnerzahl, ein geringeres Wirtschaftswachstum und starkes Wachstum der Erneuerbaren. CCS wird weiter abgelehnt.
Industrie
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25
In beiden Szenarien wird davon ausgegangen, dass der
Atomausstieg bis 2022 erfolgt und sich das Energiemix in
den 2020er-Jahren in etwa gleich entwickelt. Danach bleibt
die Energienachfrage im Szenario Winning the Marathon
weiterhin hoch, während sie in Slowing Momentum
aufgrund einer rückläufigen Einwohnerzahl und des
geringeren Wachstums des Bruttoinlandsprodukts von 2020
bis 2050 um insgesamt 30 Prozent stetig abnimmt.
Im Szenario Winning the Marathon wird angenommen,
dass Kohle bis etwa 2040 vollständig aus dem Energiemix
entfernt wird. Im Szenario Slowing Momentum hingegen
bleibt Kohle im Energiemix enthalten. Photovoltaik und
Windkraft wachsen in beiden Szenarien stark. Winning the
Marathon benötigt wegen der schnellen Elektrifizierung des
Personenverkehrs weniger Mineralöl.
2050 decken in Winning the Marathon Erneuerbare
Energien (Solar, Wind, Biomasse) etwa die Hälfte des
Primärenergiebedarfs, Öl und Gas die andere. Insgesamt
deckt Gas etwa 40 Prozent des Primärenergiebedarfs,
d. h. Gas ist die bevorzugte Back-up-Lösung im Stromsektor,
um die Gesamtnachfrage von etwa 11,5 EJ/Jahr zu decken
(etwa 15 Prozent weniger als heute). Die Dekarbonisierung
des Energiemixes wird maßgeblich durch eine verstärkte
Elektrifizierung, den Atom- und Kohleausstieg sowie Nutzung
von Erdgas zum Ausgleich der unregelmäßigen Verfügbarkeit
Erneuerbarer Energien getrieben. Nach 2030 werden CCS
oder ähnliche CO2-Senkungstechnologien benötigt, um das
für 2050 formulierte Ziel einer 80-prozentigen CO2-Reduktion
im Vergleich zu 1990 zu erreichen.
Im Szenario Slowing Momentum führen die rückläufige
Bevölkerungsentwicklung und das niedrigere Wachstum
des Bruttoinlandsprodukts zu einer Primärenergienachfrage
von etwa 8,5 EJ/Jahr (fast 40 Prozent geringer als heute).
Durch die geringere Elektrifizierung des Verkehrs bleibt
die Nachfrage nach Mineralöl höher als in Winning the
Marathon, im Stromsektor werden durch den geringeren
Strombedarf hingegen weniger fossile Kraftstoffe als Backup
benötigen. Öl, Gas und Kohle decken über die Hälfte der
deutlich geringeren Primärenergienachfrage. Nach dem
Atomausstieg umfasst dies auch eine deutliche Verschiebung
von Kohle zu Erneuerbaren und von Öl zu Strom,
Biokraftstoffen und Wasserstoff. Ungeachtet ihres starken
Wachstums bleibt der Anteil Erneuerbarer (Solar, Wind und
Biomasse) im Primärenergiemix unter 50 Prozent, während
der CO2-Ausstoß ohne Nutzung von CCS im Vergleich zu
1990 nur um 70 Prozent zurückgeht.
In Winning the Marathon nehmen wird für alle Sektoren
die höchste Elektrifizierungsrate an. Strom wird 2050
mehr als die Hälfte des Energieverbrauchs decken – heute
sind es etwa 20 Prozent. Im Vergleich zu 2015 wird
sich die Stromnachfrage mehr als verdoppeln. Um die
Nachfrage decken zu können, wird die installierte Kapazität
Erneuerbarer Energien mit etwa 11-12 GW pro Jahr um rund
das Sechsfache gegenüber heute wachsen müssen – bei
der Solarenergie (PV) von heute 40 GW installierte Leistung
um etwa das Siebenfache (im Durchschnitt um etwa 7 GW
pro Jahr), bei der Windenergie von heute 50 GW installierte
Leistung um etwa das Vierfache (im Durchschnitt um etwa
4,5 GW pro Jahr).
In Slowing Momentum werden ebenfalls hohe
Elektrifizierungsraten angenommen, aber weniger Einwohner
und das langsamere Wachstum des Bruttoinlandsprodukts
ziehen eine insgesamt geringere Energie- und damit
Stromnachfrage nach sich. 2050 deckt Strom über
40 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs in
Deutschland. Die Stromnachfrage wird damit im Vergleich
zu 2015 um fast 50 Prozent zunehmen. Um die höhere
Nachfrage decken zu können, wird die Kapazität der
installierten Erneuerbaren Energie mit etwa 9-10 GW pro Jahr
um etwa das Fünffache steigen müssen - die Solarenergie
(PV) von heute 40 GW um etwa das Siebenfache (im
Durchschnitt um etwa 7 GW pro Jahr), die Windenergie von
heute 50 GW um etwa das Dreifache (im Durchschnitt um
etwa 2,5 GW pro Jahr).
ZUSAMMENFASSUNG
26
Diese Publikation basiert auf Shells Expertise in der Entwicklung von Szenarien und auf unseren
Ansichten, wie sich Deutschlands Energiesystem unter Zugrundelegung nationaler politischer Ziele und den
internationalen Stellungnahmen der deutschen Regierung entwickeln könnte.
Die Szenarien beschreiben einige der wichtigsten
Verschiebungen und Transformationen, denen das deutsche
Energiesystem in den kommenden Jahren unterzogen
werden muss, wenn die Ziele für 2030 und 2050 erreicht
werden sollen. Ferner zielen sie darauf, das Zusammenspiel
zu durchleuchten von demografischen Entwicklungen,
Zuwanderung, gesamtwirtschaftlicher Entwicklung, Politik
und Regulierungen, technologischen Herausforderungen
und ihren Auswirkungen auf die Produktivität sowie
außenpolitischen Entwicklungen, die das Ausmaß und die
Geschwindigkeit der deutschen Energiewende beeinflussen
könnten. Die Arbeit verdeutlicht das Ausmaß der vor uns
liegenden Aufgabe und der erforderlichen politischen
Stabilität und gesellschaftlichen Konsensbereitschaft.
Wir hoffen, dass diese Studie Unternehmen, Politik
sowie der Zivilgesellschaft dabei hilft, Erkenntnisse
und gemeinsame Perspektiven zu entwickeln. Ein
gemeinsames Verständnis würde nicht nur die Fortsetzung
der Energiewende im Stromsektor bedeuten – mit den
jeweiligen Rollen etwa für Erneuerbare, Gas, Kohle
und Atom –, sondern auch das bessere Verständnis
der Dekarbonisierungspfade in den wichtigen
Sektoren Mobilität, Raumwärme und energieintensiver
Schwerindustrie und sowie der relevanten Interdependenzen
und Komplexitäten. Es gibt keine einfachen Antworten
für den notwendigen tiefgreifenden strukturellen Wandel
bei gleichzeitiger Sicherung des Wirtschaftswachstums
und Erfüllung aller Bedürfnisse und Erwartungen einer
fordernden, „reifen“ Gesellschaft.
Ein Ziel des Szenarioansatzes in der strategischen Planung
ist es, die von einer konventionellen Weltsicht abweichenden
Herausforderungen, Chancen und Verhaltensmuster besser
erkennen zu können. Szenarien helfen uns, die wichtigsten
Triebkräfte und Ungewissheiten einzuschätzen, die die
Zukunft mit sich bringen kann. Sie helfen uns auch zu
erkennen, dass es eventuell eine Bandbreite möglicher
Ereignisfolgen gibt, die nicht vollständig kontrolliert
oder ignoriert, möglicherweise aber beeinflusst werden
können. Wir hoffen, dass diese Arbeit Führungskräften die
notwendigen Informationen und Inspiration bietet, um die
Entwicklungen konstruktiv zu beeinflussen.
Wir möchten uns bei den externen Experten für ihre Zeit,
ihre Expertise und ihre wertvollen tiefen Einblicke in eine
Vielzahl von Aspekten wie den technischen Fortschritt,
die Entwicklung der Energiekosten oder gesellschaftliche
Veränderungen bedanken. Wir haben unsere Arbeit auch
auf unsere zahlreichen internen Spezialisten - insbesondere
aus den Bereichen Technik, Wirtschaft, Gesellschaft
und Politik, sowie Energiemodelle -, aber auch auf die
Erfahrungen gestützt, die wir im Laufe der Jahre durch
unsere zahlreichen Aktivitäten in neuen Energietechnologien
in Deutschland gesammelt haben.
ABSCHLIESSENDE BEMERKUNGEN
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Vorgeschlagene Sektorziele, Klimaschutzplan 2050
Der Klimaschutzplan 2050 adressiert die Sektoren Energie, Gebäude, Transport, Industrie, Landwirtschaft, Landverbrauch
und Forstwirtschaft. Er zeigt Grundlinien für die Umsetzung der langfristig angelegten Klimaschutzstrategie Deutschlands auf
und definiert konkrete Ziele für 2030.
Die Emissionen der Aktionsbereiche sind der Zieldefinition zu entnehmen
Aktionsbereich 1990
(in Mio. Tonnen CO2-Äquivalent)
2014
(in Mio. Tonnen CO2-Äquivalent)
2030
(in Mio. Tonnen CO2-Äquivalent)
2030
(prozentuale Senkung im Vergleich
zu 1990)
Energiesektor 466 358 175 - 183 62 - 61 %
Gebäude 209 119 70 - 72 67 - 66 %
Transport 163 160 95 - 98 42 - 40 %
Industrie 283 181 140 - 143 51 - 49 %
Landwirtschaft 88 72 58 - 61 34 - 31 %
Zwischensumme 1.209 890 538 - 557 56 - 54 %
Sonstige 39 12 5 87 %
Summe 1.248 902 543 - 562 56 - 55 %
ANHANG
Weitere Informationen finden Sie auf
www.shell.com
PCoE _ NSR00351
WARNHINWEISE AN INVESTORENThis brochure contains data from Shell’s New Lens Scenarios. The New Lens Scenarios are a part of an ongoing process used in Shell for 40 years to challenge executives’ perspectives on the future business environment. We base them on plausible assumptions and quantifications, and they are designed to stretch management to consider even events that may only be remotely possible. Scenarios, therefore, are not intended to be predictions of likely future events or outcomes and investors should not rely on them when making an investment decision with regard to Royal Dutch Shell plc securities.
It is important to note that Shell’s existing portfolio has been decades in development. While we believe our portfolio is resilient under a wide range of outlooks, including the IEA’s 450 scenario, it includes assets across a spectrum of energy intensities including some with above-average intensity. While we seek to enhance our operations’ average energy intensity through both the development of new projects and divestments, we have no immediate plans to move to a net-zero emissions portfolio over our investment horizon of 10-20 years. The companies in which Royal Dutch Shell plc directly and indirectly owns investments are separate legal entities. In this presentation “Shell”, “Shell group” and “Royal Dutch Shell” are sometimes used for convenience where references are made to Royal Dutch Shell plc and its subsidiaries in general. Likewise, the words “we”, “us” and “our” are also used to refer to subsidiaries in general or to those who work for them. These expressions are also used where no useful purpose is served by identifying the particular company or companies. ‘‘Subsidiaries’’, “Shell subsidiaries” and “Shell companies” as used in this brochure refer to companies over which Royal Dutch Shell plc either directly or indirectly has control. Entities and unincorporated arrangements over which Shell has joint control are generally referred to as “joint ventures” and “joint operations” respectively. Entities over which Shell has significant influence but neither control nor joint control are referred to as “associates”. The term “Shell interest” is used for convenience to indicate the direct and/or indirect ownership interest held by Shell in a venture, partnership or company, after exclusion of all third-party interest. This brochure contains forward-looking statements concerning the financial condition, results of operations and businesses of Royal Dutch Shell. All statements other than statements of historical fact are, or may be deemed to be, forward-looking statements. Forward-looking statements are statements of future expectations that are based on management’s current expectations and assumptions and involve known and unknown risks and uncertainties that could cause actual results, performance or events to differ materially from those expressed or implied in these statements. Forward-looking statements include, among other things, statements concerning the potential exposure of Royal Dutch Shell to market risks and statements expressing management’s expectations, beliefs, estimates, forecasts, projections and assumptions. These forward-looking statements are identified by their use of terms and phrases such as ‘‘anticipate’’, ‘‘believe’’, ‘‘could’’, ‘‘estimate’’, ‘‘expect’’, ‘‘goals’’, ‘‘intend’’, ‘‘may’’, ‘‘objectives’’, ‘‘outlook’’, ‘‘plan’’, ‘‘probably’’, ‘‘project’’, ‘‘risks’’, “schedule”, ‘‘seek’’, ‘‘should’’, ‘‘target’’, ‘‘will’’ and similar terms and phrases. There are a number of factors that could affect the future operations of Royal Dutch Shell and could cause those results to differ materially from those expressed in the forward-looking statements included in this brochure, including (without limitation): (a) price fluctuations in crude oil and natural gas; (b) changes in demand for Shell’s products; (c) currency fluctuations; (d) drilling and production results; (e) reserves estimates; (f) loss of market share and industry competition; (g) environmental and physical risks; (h) risks associated with the identification of suitable potential acquisition properties and targets, and successful negotiation and completion of such transactions; (i) the risk of doing business in developing countries and countries subject to international sanctions; (j) legislative, fiscal and regulatory developments including regulatory measures addressing climate change; (k) economic and financial market conditions in various countries and regions; (l) political risks, including the risks of expropriation and renegotiation of the terms of contracts with governmental entities, delays or advancements in the approval of projects and delays in the reimbursement for shared costs; and (m) changes in trading conditions. No assurance is provided that future dividend payments will match or exceed previous dividend payments. All forward-looking statements contained in this brochure are expressly qualified in their entirety by the cautionary statements contained or referred to in this section. Readers should not place undue reliance on forward-looking statements. Additional risk factors that may affect future results are contained in Royal Dutch Shell’s Form 20-F for the year ended December 31, 2016 (available at www.shell.com/investor and www.ksec.gov). These risk factors also expressly qualify all forward-looking statements contained in this brochure and should be considered by the reader. Each forward-looking statement speaks only as of the date of this brochure, April 2017. Neither Royal Dutch Shell plc nor any of its subsidiaries undertake any obligation to publicly update or revise any forward-looking statement as a result of new information, future events or other information. In light of these risks, results could differ materially from those stated, implied or inferred from the forward-looking statements contained in this brochure. We may have used certain terms, such as resources, in this brochure that United States Securities and Exchange Commission (SEC) strictly prohibits us from including in our filings with the SEC. U.S. investors are urged to consider closely the disclosure in our Form 20-F, File No 1-32575, available on the SEC website www.sec.gov. You can also obtain this form from the SEC by calling 1-800-SEC-0330.
Die in der vorliegenden Broschüre geäußerten Standpunkte sind lediglich die von Shell. Sie entsprechen nicht notwendigerweise einem Konsens oder den Standpunkten einzelner Partner.
TeamDeutschland:Dr. Frithjof KublikAnnet StonesDr. Matthias von Glischinski-Kurc
Den Haag:Dr. Cho KhongArmanda BorggreveJessica Whysall
10. März 2017